Der Held und andere Novellen

By Wilhelm Holzamer

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Title: Der Held und andere Novellen

Author: Wilhelm Holzamer

Commentator: Richard Wenz

Release date: December 15, 2024 [eBook #74906]

Language: German

Original publication: Leipzig: Philipp Reclam jun

Credits: Richard Scheibel and the Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net


*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER HELD UND ANDERE NOVELLEN ***

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Anmerkungen zur Transkription

  Besondere Schriftschnitte werden im vorliegenden Text mit Hilfe der
  folgenden Symbole gekennzeichnet:
        kursiv:              *Sternchen*
        fett:                =Gleichheitszeichen=
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        anderer Schriftfont: #Raute#

Detaillierte Hinweise zu Änderungen gegenüber dem Original am Textende

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[Illustration: Bild und Signatur Wilhelm Holzamer.]




                            Der Held

                      und andere Novellen.

                              Von

                       Wilhelm Holzamer.

                     Mit einer Einleitung

                              von

                         Richard Wenz.

                  Mit dem Bildnis des Dichters.

                            Leipzig

            Druck und Verlag von Philipp Reclam jun.




                Uebersetzungsrecht vorbehalten.




Einleitung des Herausgebers.


Wie eine lange, beschwerliche Bergwanderung war das Leben Wilhelm
Holzamers. Vor dem Aufstieg ein frohes Schreiten über saftig grüne
Matten, durch die klare, heitre Luft des Frühlenzes, darein drängende
Lebenslust ihre Lieder schmetterte. Ein kurzes, behagliches Verweilen,
aber doch die Unruhe im Herzen, hinaufzukommen zur Höhe, die sein Ziel
sein sollte. Und nun das Aufwärts! Zuerst über öde, dürre Steinhalden,
wo die Stimmen des Lebens schwiegen, wo nur die Helle von oben das
Wandern noch erträglich machte, wo aber auch schon dann und wann eine
fliehende Wolke ihren raschen Schatten über ihn hinwarf, daß ihm einen
Augenblick lang das Herz klopfte vor ungewisser Ahnung. Aber die
Sehnsucht in ihm drängte, und rüstig schritt er fürbaß. Der Pfad ward
steiler. Ueber Felsvorsprünge ging's, dann wieder durch enge, dunkle
Schluchten, in denen wirres Gestrüpp wucherte. Schritt um Schritt hemmte
es seinen Fuß; aber das Licht und die Höhe lockten. Und dann wieder,
kaum in der Sonne, der huschende, geheimnisvoll drohende Schatten der
Wolke! Die Ahnung in ihm wuchs und machte ihn müd und traurig. Und
einmal im Traum sah er den Tod schreiten, der ihm winkte. Da war ihm
sein Ahnen zur schlummernden Gewißheit geworden. Aber die Wanderung und
das weitgesteckte Ziel, die machten sie vergessen. Hohe Schroffen
türmten sich auf vor ihm, und ganz oben lockte das üppige Grün einer
Bergwiese. Sein Stab griff aus; aber dann: Fuß über Fuß, mit klammernden
Händen die steile Bergwand hinauf! Und oft, daß ihm der Atem ausging,
wenn er hinuntersah in die Tiefe, wohin es heil kein Zurück gab. Und
wieder schreckte ihn der Schatten. Ein Straucheln -- aber eine
unsichtbare, starke Hand hielt ihn, und nun, aus schweren Träumen
erwachend, stand er müd auf blumiger Au, stand er auf der Höhe. Und
neben ihm die Gefährtin, die den gleichen mühseligen Aufstieg gemacht,
die Fremde und doch Vertraute, die ihm die Hand gereicht hatte, als sein
Fuß strauchelte. Dann ein frohes Wandern über die Höhe, der Sonne
entgegen, reich und glückvoll, bis wieder die Wolke ihren schwarzen
Schatten über ihn hinwarf, der nicht mehr weichen wollte ... Der Tod
hatte ihn eingeholt. Mitten auf seinem Weg. Mitten aus seinem Schaffen
riß es ihn, den Frühgereiften aber nicht Vollendeten; denn sein letzter,
großer Roman, »Der Entgleiste«, ist kein Ausklang, sondern eine
volltönige Introduktion, ein kraftvoller Aufstieg zu neuen Höhen.

»Zum Licht« hieß seine erste Gedichtsammlung, die er 1897
veröffentlichte. Fast alles darin ist noch gärend und draufgängerisch;
man spürt Dehmel, Falke, Liliencron und: Nietzsche, als einen, den er
eben erst erlebte, der alles aufwühlte in ihm. Aber ein ganzer
»Holzamer« war auch dieses Buch schon. Es umzirkte weit aber fest den
Kreis seines Lebens und Schaffens. Und auch von seinen
Erstlingserzählungen her, »Auf staubigen Straßen«, geht deutlich
erkennbar ein einziger Weg, eine einzige Entwicklungslinie. Es hieße
daher, das Bild des Dichters fälschen, wollte man, wie es geschehen ist,
seine hessischen Dorferzählungen der Heimatkunst zuweisen und seine über
die Grenzpfähle der Heimat hinausstrebende Allgemeinkultur als
Abwärtsentwicklung oder Entartung abtun. »Im Dorf und draußen« war die
zweite Novellensammlung, in deren Titel er, bewußt oder unbewußt, schon
äußerlich andeutete, daß sich seine Kunst nicht in der Volks– und
Bauerngeschichte erschöpfen wollte. Und innerlich? Sind nicht hier schon
seine Gestalten meist Eingänger und Sonderlinge, wertbewußte Starke, die
dem Leben ihre Notwendigkeit abtrotzen? Und keinem einzigen begegnet man
unter seinen Helden, von dem man nicht sagen müßte, der hat seine
ausgeprägte Art, der ist ein Vollmensch, ein Ganzer, so wie's nachher
sein armer Lukas ist, sein Peter Nockler und sein heiliger Sebastian, so
wie's die Frauen in diesen Büchern sind und ihre nur konsequenter
gezeichneten, bis zur Härte eigenartigen Schwestern in den späteren
Romanen »Inge« und »Ellida Solstratten«, in denen nur engherziges
Pfahlbürgertum Dekadenz und Verkümmerung erkennen konnte. Und doch waren
auch diese Frauen nicht andrer Art als die im höchsten Maße
problematische Figur der jungen Dorth in »Vor Jahr und Tag«, dem Roman
also, der zeitlich nach den beiden vielfach angefeindeten
»Frauen«–Romanen liegt, aber unbedingt mit dem »Peter Nockler«
zusammengenannt werden muß. Wäre Holzamer wirklich jemals der einseitige
Heimatdichter und Volkserzähler gewesen, wie ihn seine Gegner sich
wünschen, so hätte er in jener Schaffensperiode nicht die »Kunstbriefe
an den deutschen Michel« über »Die Siegesallee« schreiben können, so
hätte ihn auch nicht der Großherzog Ernst Ludwig von Hessen vom
Schulkatheder in seine Kabinettsbibliothek und als Leiter an die
Darmstädter Spiele berufen. Wenn einer, so erkannte dieser fürstliche
Mäzen klar, welche hohen künstlerischen Qualitäten allgemeinkultureller
Art in Holzamers Werken lagen.

Lediglich zur stofflichen Gruppierung darf man also die drei Romane
(»Der arme Lukas«, »Peter Nockler« und »Der heilige Sebastian«)
zusammenfassen und sie von den folgenden sondern. Ihre Ausgeglichenheit
bis ins kleinste, die Holzamer selber sah und die ihn den »Peter
Nockler« so hoch einschätzen ließ, mag man in »Inge« und »Ellida
Solstratten« vermissen; dafür entschädigen aber der kühne Zug ins Große
und die von Lebensernst gestählte Energie, die da ihren Ausdruck sucht.
Wer diese neue Phase des Dichters künstlerisch oder auch nur
psychologisch werten will, der darf ihn nicht im Werden ergreifen,
sondern im Gewordensein, der muß ihn messen an seinen letzten Arbeiten,
den zahlreichen Novellen aus den fünf Jahren seiner Pariser und Berliner
Zeit, die in zwei Bänden erscheinen sollen, sowie seinen beiden Romanen
»Vor Jahr und Tag« und »Der Entgleiste«, der im Herbst dieses Jahres
herauskommt.

Kann damit die scheinbare Kluft in des Dichters Schaffen als überbrückt
gelten, so wird man nun die markantesten Züge seiner
Künstlerpersönlichkeit leicht erkennen können. Von seiner Bevorzugung
besonders individuell gearteter Menschen war schon kurz die Rede. In
zweiter Linie müßte die Ruhe und Sicherheit der Gestaltung hervorgehoben
werden: scharfe Skizzierung und dann, Strich um Strich Tönung und
Nuancierung bis ins feinste, bis zum blutwärmsten Leben. Und wo dann
noch verborgene Unterströmungen aufzudecken sind, da greift, kaum
merklich, seine überlegene Reflexionskunst ein, die Hand in Hand geht
mit einer subtilen psychologischen Tiefgründigkeit. Schon der ruhige
Fluß seiner Sprache, die erschöpfende Klarheit des Ausdrucks, der kaum
die Feile verrät, kennzeichnen die Überlegenheit, mit der er
charakterisiert. Und schön ist diese Sprache, voll Wohllaut, schmiegsam,
weich und anderswo doch auch wieder kraftvoll und wuchtig. Dazu kommt
eine feine poetische Stimmungsgabe; aber das Maß des lyrischen
Einschlags ist so verständig innegehalten, daß man ihn vermissen würde,
wenn er nicht da wäre.

Es ist schade, daß an dieser Stelle auf die Tendenz der einzelnen Romane
ebensowenig eingegangen werden kann wie auf ihren Inhalt. Es würde einem
dann auch der Mensch Holzamer näher gerückt werden. Man würde sich nicht
nur mit dem träumerisch gemütvollen, dem edlen und weisen Manne
befreunden, der aus dem »Peter Nockler« und dem »Armen Lukas« spricht;
wir würden auch willig mit ihm gehen, wenn er uns vom »Heiligen
Sebastian« bis zur »Ellida Solstratten« führte, und auch in der Härte,
die weniger verwunden will als verwunden muß, Ehrlichkeit, Größe und
Kraft sehen, die gepaart mit jener weisen Güte unserer Verehrung und
Liebe würdig ist. Die ihn kannten, wissen gut, wie sehr Holzamer seine
Künstler–Ideale auch lebte. Wer einmal den tiefen Eindruck dieser
sympathischen Persönlichkeit empfing, konnte ihn nicht mehr vergessen.
Er war ein vornehmer Charakter; aber seine Vornehmheit hatte eine Wärme,
die man schon im Druck seiner Hand, im Blick seines Auges spürte.

Zwischen Holzamers ersten Gedichten und dem späteren Band, »Carnesie
Colonna«, lagen die zart getönten dramatischen »Spiele«, die aber mit
ihrer Weichheit und ihrem hohen Stimmungsgehalt eher seiner Lyrik
zugezählt werden müssen als dem einzigen Drama (»Um die Zukunft«), das
wiederum viel mehr auf seine wuchtige Epik, etwa die im »Heiligen
Sebastian«, hinweist. Aber wenn man den Lyriker Holzamer einschätzen
will, so muß man auf die zart rhythmische Musik des Leides und Glücks in
den Phantasien »Carnesie Colonna« hinhören. Und klingt mancher Ton darin
auch noch als Verheißung, so wird die Lyrik des durch Kampf und Schmerz
gereiften Dichters, die der Nachlaß enthält, Erfüllung sein.

Sein Drama, das in die Pariser Zeit fällt, war ein erster Wurf, hatte
als solcher aber seine große Tragweite und bewies jedenfalls, daß
Holzamer auch auf diesem Gebiet ungewöhnlich starke Möglichkeiten bot.
Daß es von keinem besondern Glück begünstigt war, lag am »Theater«, das
außer Kunst ja auch eine gewisse Routine fordert. Ob er ihm nach dieser
Richtung noch Konzessionen gemacht hätte, wer weiß!

So wenig aber, wie man den Dramatiker Holzamer übersehen darf, so wenig
darf man auch an dem Essayisten vorübergehen. Sein selbständiges Urteil
hatte Wert und Gewicht, nicht nur in der Literatur, sondern in der Kunst
überhaupt. Unkenntnis und Vorurteil haben seinem dreijährigen Aufenthalt
in Frankreich Unfruchtbarkeit nachgesagt; aber schon allein die
Essaysammlung »Im Wandern und Werden«, eine Monographie über Conrad
Ferdinand Meyer, der später eine solche über Heine folgte, könnten das
Gegenteil beweisen, außer ihnen Dutzende von Aufsätzen und Kritiken in
führenden Blättern. Holzamer war in seiner kritischen Tätigkeit kein
Fanatiker irgendeiner Richtung; aber auch hier verleugneten sich nie
seine unbestechliche Ehrlichkeit und sein hoher künstlerischer Ernst.

Von den sechs Novellen des vorliegenden Bändchens zeigen uns »Cellist
Behnke«, »Hochsommerglück« und »Der böse Wunsch« des Dichters starkes
Talent im ersten Wachsen, während »Der Held« und »Sein letztes Hochamt«
die deutlichen Merkmale einer kräftigen Entwicklung an sich tragen. »Die
Freite« endlich darf als eine reife Frucht aus der letzten Zeit seines
Schaffens hingenommen werden.

Am 28. März dieses Jahres hätte Holzamer erst die Vierzig erreicht, und
nun jährt sich am 28. August schon zum drittenmal sein Todestag. Ein
Frühgereifter, aber kein Vollendeter.

  *Köln*, im April 1910.

                                Richard Wenz.




Der Held.


Der Ochsenwirt zu Schafbach hatte ein Preiskegeln ausgeschrieben.
»Erster Preis: eine goldene Uhr, zweiter Preis: ein Regulator, dritter
Preis: ein Revolver.«

Er hatte damit die ganze Gegend in Aufruhr gebracht. So hohe Preise, das
war ja unerhört! Allerdings war auch der Einsatz ziemlich hoch. Aber das
war ja natürlich.

Der Ochsenwirt lachte sich ins Fäustchen. Er hatte es gut gemacht
diesmal. Die ganze Woche war sein Lokal jeden Abend gestopft voll. Jeder
wollte die Preise sehen. Es war ja nicht zu glauben, so hohe Preise! Und
erst am Sonntag! Da war's ein Geschäft! Von Latzenbach kamen sie, von
Werden, von Bellenbach, von Sundsbach, ja von Hatzbach, ganz drüben
hinterm Gebirge, und von Weilau und Buchenau, ganz drunten im Tal, fünf,
sechs Stunden Wegs.

Er hatte es dem Sternwirt zum Ärger getan. Darüber konnte der nicht. Es
war für die Pfingstmusik, die der ihm abgespannt hatte.

»Dem hewwe mer emol -- ha, ha, ha! -- E Schoppe noch, Hannes? -- un Sie
auch noch an, Herr Nochber? -- Na -- un sein Se de Sunndag aach debei?
-- Die schön guldenig Uhr! -- Do gucke Se nor emol! -- -- -- Prost!
bekumm's Ihne!«

Es war erst Mittwoch heut, aber der Ochsenwirt animierte schon tüchtig.
Er war ein Geschäftsmann. »Wann mer Wert is, muß mer Wert sein!« war
sein Wort. Und darin lag ihm alle Klugheit und Geschicklichkeit, alle
List und Verschmitztheit als Recht und Sinn des Lebens.

Eins war dumm, daß ihm jetzt grad -- es war am Donnerstagnachmittag --
seine »Alte« ins Kindbett kommen mußte. -- Wer, Deiwel, sollte die
Arbeit all schaffen am Sonntag! Da hieß es Beine machen -- unter
Umständen auch Fäuste. Vor allen Dingen aber: Hand zu und Augen auf!

Aber der Peter Knoll war ein Geschäftsmann. »Wann mer Wert is, muß mer
Wert sein!«

Er ließ ausschellen und ins »Kreisblättchen« setzen, daß das Kegeln auf
den Sonntag darauf verschoben sei -- »auf Wunsch vieler Kegler aus
Schafbach und Umgegend« -- und daß die Preise im großen Saal »zum
Ochsen« ausgestellt blieben.

Das gab Ärger. Das vermehrte aber auch die Hitze. Jeder war jetzt
ungeduldig. Der Ochsenwirt wußte das, er verstand sein Geschäft. Er
kannte aber auch seine Leute. Jeder hatte ja in Gedanken schon die
goldene Uhr in der Tasche -- oder den Regulator an der Wand -- oder
wenigstens knallte er schon mit dem Revolver.

Der Ochsenwirt hatte so noch einmal am Sonntag ein vollbesetztes Lokal
und das Haus »voll Disput«, wobei er tapfer ausschenken konnte. Er hatte
»seinen Schnitt« bereits gemacht. »Ja, das Geschäft muß man verstehen!«
Er hatte beinahe die Preise schon wieder verdient. Denn wieder waren sie
gekommen, von Latzenbach und Werden, von Bellenbach und Sundsbach, ja
von Hatzbach, von Weilau und Buchenau sogar. Es war ja »was Unerhörtes«,
kaum zu glauben. So hohe Preise!

Man hatte »das Kreisblättchen« dreimal durchstudiert und jedem Schellen
genau zugehört, ob es nicht wieder eine Verschiebung gegeben habe.
Keiner hatte was davon gelesen, ausgeschellt war's auch nicht worden.
Das Preiskegeln fand also statt. »Sonntagnachmittag von drei Uhr ab.«

Schon am Sonntagmorgen ging's beim Ochsenwirt hoch her. »Ich wett' en
Humpe« -- »ich e Fäßche« -- »der krickt die Uhr -- der krickt se!«

»Halt die Meiler!« sagte der Schusteranton. »De Hannphilipp von Garnbach
hot noch all die Preiskegele rundherum gewunne, der krickt aach die Uhr
diesmol -- do will ich eich mein Kopp verwette. Un ich were den
Regulator krieje, daß er meiner Fraa als die Stunne schlägt, wann ich
owends hocke bleib« -- fügte er hinzu. Es war noch kein rechter Witz,
wie sie der Schusteranton sonst machte, aber er hatte auch noch nichts
»unnerm Dach«.

Schlag drei Uhr warf dann Peter Knoll eine Kugel in die Vollen. Damit
eröffnete er das Preiskegeln. Und dann begann die Reihe. Auf jeden
Einsatz drei Kugeln, die erste in die Vollen. Der Polizeidiener und der
Lehrer führten die Liste. Die waren unparteiisch.

Anfangs ging's still her. Nur bei einem guten Wurf ein kurzes Hallo.
Dann ruhig die Reihe weiter. Der Lehrer rief die Namen und bestimmte die
Kugeln, der Polizeidiener rief die Würfe.

Gegen vier Uhr kamen die Burschen aus Buchenau. Sie kamen alle auf
einmal, während sich die Gäste aus den anderen Ortschaften vereinzelt,
zu zweien oder dreien, eingefunden hatten.

Bei den Buchenauern war der »Jean«. Der genoß ein ganz besonderes
Ansehen. Der Jean wurde in der Gegend nur mit seinem Vornamen genannt.
Höchstens hieß er auch noch »der Herr Ober«. Er war nicht in der Gegend
geboren, er war ein Rheinhesse. Er war mit dem Grafen »herüber«
gekommen, als dieser vom Militär kam. Er war sein Bursche gewesen -- bei
der Artillerie hatten sie gedient -- und der Jean hatte dem Grafen
gefallen. Und der Jean war auch gerne mit ihm gegangen. Während des
Manövers hatte er mal im Odenwald gelegen, und da hatte es ihm gefallen:
der Wald, die Berge! Seit zwei Jahren etwa war er nun der Oberknecht auf
dem Gute des Grafen. So hatte er sich in die Höhe geschafft.

Und er war auch ganz der Kerl dazu. Schöner war keiner weit und breit.
Und keiner stolzer.

Und gut war er. Er sorgte für seine Knechte; was sie ihm klagten,
vertrat er beim Grafen. Und er forderte auch nicht zu viel von ihnen,
keine Arbeit, die er nicht selbst tat. Er tat allen voraus.

Er hatte die schönsten Pferde. Die Schimmel hatte er sich genommen. Und
wie sauber waren sie immer, wie glänzten sie. Er tat alles selbst, er
ließ sich nichts tun, so leicht er das gekonnt hätte. -- Der Jean hielt
sich stramm. Man mußte ihn fahren sehen, um ihn zu bewundern. Er stand
immer auf seinem Wagen. Und man mußte den Jean gehen sehen, um zu
wissen, daß er ein »anderer« war. Er hatte nicht den schweren, tappenden
Gang der Gebirgler, er schritt rasch, gerade, kerzengerade mit gehobener
Brust. Er stieß nie an, er stolperte nie. In seinem Tritt war Tempo.
Aber auch Kraft und noch mehr Selbstbewußtsein lag darin.

Der Gutsverwalter, in seinem besten Staat, sah neben dem Jean wie ein
gewöhnlicher Knecht aus. Der Jean hätte der Graf selbst sein können. Er
hatte Augen, die förmlich glühten, die alles festhielten, die alles
lenkten. Wenn er über den Hof schritt, entging ihm nichts, wenn er über
die Straße ging, war's, als ginge er allein. Er war kein Diener und kein
Ducker. Der Jean war ein Herr.

Er war Knecht, aber wem fiel das ein! Niemand dachte daran. Er war's am
Gesindetisch -- und da saß er oben! -- sonst war er's nie. Er war der
»Ober«. Unser »Ober« sagten die Knechte und die Mägde -- »der Gutsober«
hieß er in Buchenau.

Die Mägde waren sämtlich in ihn verschossen, die Mädchen von Buchenau
träumten von ihm. Er hätte sie billig wie Wecken haben können, die armen
wie die reichen. Er wollte keine. Er hatte keiner Magd noch einen
verlangenden Blick zugeworfen, wie er sie auch schon gesehen hatte. Und
nichts hatte bei ihm verfangen, wie's auch manche schon angelegt hatte.
Kein Mädchen von Buchenau konnte sich seiner Gunst rühmen, er sah jede
so stolz und unbefangen mit seinen scharfen Augen an, als seien sie alle
gleich schön oder gleich häßlich. Alle waren sie ihm gleichgültig.

Man sagte darum, er habe einen Schatz »überm Rhein«, dem sei er treu.

Außerdem -- man mußte den Jean noch am Sonntag sehen, wenn er im
Wirtshaus war. Da war er vornehm. Da rüpelte er nicht, da schrie er
nicht. Er saß vor seinem Bier und hörte zu, gerade als gehöre er nicht
zu den Leuten, als sei er nur zufällig unter sie geraten und suche auf
gute Art mit ihnen auszukommen. Als sei er andere Gesellschaft gewöhnt.
Und wirklich, der Schullehrer setzte sich zu ihm, der Bahnassistent und
der Postassistent, der Gutsverwalter und der Gemeindeschreiber. Er war
ihnen der »Ober«, und man brauchte sich nicht zu schämen mit ihm. Er
sprach, was er verstand, und was er nicht verstand, redete er nicht.
Hatte er sich aber eine Meinung gebildet, vertrat er sie mit Wärme. So
jüngst, als die Hübnerslies mit ihrem Kind in den Grafenteich gegangen
war. Alle verurteilten sie -- wegen des Kindes und wegen des
Selbstmordes. Der Jean allein tat's nicht. Er sprach für sie -- er
entschuldigte nicht, er erklärte nur. »Leid ist mir für die arme Lies,
was soll ich sie verdammen! Das Kind -- ich kann's schon verstehen, wie
das Mädel vertraute und fiel. Sie hat den Franz wohl gern gehabt, und
das kann was heißen bei einem jungen, feurigen Ding -- und daß sie, wie
alles so ausging und zu Ende ging, verzweifelte -- ich kann's schon
verstehen. Da sind die Menschen alle so gut und haben nie einen Fehler
gemacht und werfen darauf, als ob sie dazu bestellt seien. Aber helfen,
helfen! -- gibt's nicht. Die Menschen haben da immer Mitschuld, und ein
gut Teil, gerade die ›guten‹, die das Maul so voll nehmen und die
›strengen‹, die so harte Augen, so verächtliche Blicke haben. Weh tun --
wer nicht weiß, was weh tun heißt, der soll da nicht richten, das ist
meine Meinung,« schloß er. Und er war sogar ein wenig hitzig dabei
geworden, ganz gegen seine Art.

Und als der Schullehrer und der Gemeindeschreiber abends noch ein Stück
zusammen gingen auf dem gleichen Heimweg, da meinte der Lehrer: »Was der
›Herr Ober‹ da gesagt hat -- es ging an mich. Das steht nicht im
Katechismus -- das kommt aus dem Herzen. Der muß schon was erlebt haben,
der ›Herr Ober‹. Mir ist das heut abend eingefallen, so was kann man nur
erleben. Der trägt was in sich herum, kommt's mir jetzt vor. Aber ich
hab' Respekt. Ich hab' Respekt.«

       *       *       *       *       *


Manche sagten, der Jean sei selbst ein Grafensohn. Andere aber
behaupteten -- und das waren ein paar, die mit ihm beim Militär waren --
er sei das uneheliche Kind einer Schauspielerin. Man erzählte sich das
im ganzen Dorf. Aber es schadete dem Jean nicht. Er war einer von den
Menschen, die man nicht nach Stellung, nach Herkunft und Anhang
beurteilt, die man als sie selbst nimmt und nach dem Werte schätzt, der
in ihrem Benehmen, ihrem Tun, ihren Leistungen, ihrer Art, eben in ihrer
Persönlichkeit in die Erscheinung tritt. Darin war er ein Glücklicher.

Was aber seine Herkunft anbetrifft, so war er wirklich der Sohn einer
Schauspielerin, in wilder Ehe geboren, als seine Mutter die »Direktrice«
einer Schmiere war. Und er hatte ein Schicksal, er hatte »was erlebt«.
Als Kind hatte er schon auf der Bühne gestanden. Als Kind schon hatte er
gehungert, hatte er stehlen müssen, und oft war gerade er's gewesen, den
man geschickt benutzt hatte, die vielen Gläubiger, die's an jedem Orte
rasch gab, wo ihr Karren hielt, hinters Licht zu führen.

Und welches Leben hatte gerade er gehabt bei dem Vater, dem »Direktor«.
Manchmal fielen ihm die hübschen Titel ein, die ihm der Vater beigelegt
hatte. Dann knirschte er. Aber weinen hätt' er mögen, wenn er an all die
Gemeinheiten und Liederlichkeiten dachte, die er hatte ansehen müssen.
Wozu hatte die Not nur seine Mutter oft gezwungen! Er schämte sich heute
noch. Eine Blutwelle stieg ihm jedesmal heiß ins Gesicht.

Da hatte er Verachtung und -- Verzeihung gelernt. Denn er hatte sie in
Verzweiflung gesehen, wildfeindlich gegen sich selbst, erstickend vor
Ekel -- vor Haß und Scham. Da hatte er das Mitleid gelernt.

Früh war er reif geworden. Das Schicksal hatte ihn in die Lehre
genommen. Es hatte ihm die Jugend vergiftet, denn es hatte seinen
Kinderaugen das Leben gezeigt, in seiner Härte und seinem Schmutz, in
seinen Abgründen, Lockungen und Falschheiten.

Da ward er in sich selbst zurückgeschreckt. Er fühlte sich als Gegner
zum Leben, zu all seinen Reizen und Genüssen.

Sein Wille ward so geweckt. Dem Leben einen besseren Wert! schrie's in
ihm.

Er hielt sich allein. Er war ernst. Er ward froh im Freien, befreit und
gesund in der Natur draußen, wenn er im Grase lag, wenn er die Straße
hinwanderte, wenn er die Vögel singen hörte, die Blumen blühen sah und
die Bäume Früchte tragen. Den Bauer liebte er, der den Acker bestellte,
und er hätte einen Tag lang zusehen können, wie sein Pflug durch den
Boden schnitt.

So hatte ihn sein Schicksal geformt.

Gering war er, aber so jung er noch war, er hatte sich nicht herabziehen
lassen. Er hatte einen Stolz in sich und eine starke Sicherheit. Und das
wußte er: Klagen und Sehnen konnten ihm nicht helfen, es galt eine Tat.

Er war siebzehn geworden und eines Tages wußte er, was er tun mußte.
Eine ekelhafte Szene zu Hause hatte ihn zum Entschluß gebracht. Ganz
plötzlich war's ihm eingefallen: er wollte ein Bauer werden. Morgen
wollte seine Gesellschaft weiterziehen. Am Abend ging er. Ohne Abschied,
gleichsam ein Wankendwerden fürchtend. Und er fand auch eine Stelle und
blieb, bis er »einrücken« mußte.

So war er frei geworden. Er arbeitete mit Pflug und Hacke, unermüdlich,
und atmete auf. Er befreite sich. Manchmal zerrte es ja in ihm, so
gering zu sein und unbeachtet. Aber er sprach sich Mut und Hoffnung zu.
Geduld und Ausdauer, sagte er sich. Er würde schon »hinauf« kommen.
Langsam in sich -- und dann auch vor den Menschen.

Und er hatte ja auch ein wenig Glück dabei. Wenigstens war's ein Glück
zu nennen, daß er an den Grafen gekommen war.

       *       *       *       *       *


Der Jean war also mit den Buchenauer Burschen zur Kegelbahn nach
Schafbach gekommen. Er war unterwegs zu ihnen gestoßen.

In der Kegelbahn war's nun schon laut. Und heiß, sehr heiß. Die Luft
dick vom Tabaksqualm.

Der Jean wünschte, lieber nicht hierher gegangen zu sein. Wenn er noch
mal draußen wäre, ginge er vorbei. Da er aber nun mal drin war --
immerzu.

Er begrüßte den Lehrer, den er kannte.

Dann suchte er sich einen Platz abseits, von wo aus er gut sehen konnte.
Er wollte nur zusehen.

Der Ochsenwirt brachte ihm ein Glas Bier.

»Nicht mitkegeln, Herr ›Ober‹?«

»Will mal sehen, später mal einen Wurf, warum nicht!«

Ein paar am Tisch hörten das.

»Dann kriegt der Herr ›Ober‹ die Uhr, dann adje Partie!«

Der Jean sagte aber nichts darauf, er sah still zu.

Weitere Gäste kamen, einzeln, zu zweien und dreien -- meist aus den
umliegenden Ortschaften. Die Schafheimer waren schon ziemlich vollzählig
da.

Es war besetzt in der Kegelbahn. Nun kamen noch die Weilauer und gleich
nach ihnen die Hatzbacher. Sie hatten die weitesten Wege und wurden
darum allgemein begrüßt.

Jetzt hieß es zusammenrücken. Und man tat's auch. Nur da und dort war
mal einer, der schimpfte.

»Der Knoll soll for Disch und Stiehl sorje, so e Drickerei!«

An Jeans Tisch saßen ein paar Hatzbacher. Einer erzählte, die Italiener
aus Hatzbach, die da beim Bahnbau beschäftigt waren, kämen noch.

»Gibt's aach noch Krawall heit,« sagte einer.

Ja, und sie hätten auch noch die Tremplers Anna bei sich. Die hätt' sich
dem einen an den Hals geworfen, am Sonntag vor acht Tagen, auf der
Tanzmusik hätt' sich's gemacht. Ein »schöner Kerl« sei der Italiener ja.
Aber es sei doch schad für die Anna. Sie habe auch schon ihr Teil
Schläge daheim gekriegt. Aber sie lasse scheint's nicht los.

Sie habe doch ein paar tausend Mark Vermögen und sei von guten Leuten.
Und sei auch immer so still und ordentlich gewesen. Und auf einmal ganz
vernarrt.

Man mußt's ja sagen, schön sei der Italiener, der schönste und »feinste«
von denen. Aber 's gäb doch auch noch »schöne Kerl« im »eigene Ort«.

Und dann wisse man auch, wie's da gehe. Erst alles Lieb's und Gut's.
Dann mal so ein Suff -- und dann sei's geschehen. Bis dann's Kind da
sei, sei der Kerl längst verduftet -- oder käm's mal zur Heirat, dann
Hunger und Schläge.

Da wär's doch schad um die Tremplers Anna. Und dann hätt' man ja immer
's Totenhemd bei den Kerlen an. Beim geringsten 's Messer.

Der Jean hörte nur mit halbem Ohr.

Er kannte das ja all geradesogut. Und bei der Hübnerslies war's ja
geradeso gewesen. Die Mädels nehmen ja aber nicht Vernunft an.

Da waren die Italiener schon. Sechs, acht Mann.

Sogleich gab's ein Lärmen, daß das Kegeln einen Augenblick aussetzen
mußte. Die Italiener forderten einen Tisch für sich.

Der Ochsenwirt sprang. Man mußte den rauflustigen Burschen rasch den
Willen tun. Er hätte ihnen schon lieber gleich auf den Rücken gesehen.
Das waren immer böse Gäste, und erst wenn sie betrunken waren! Und das
waren sie bald. Sie tranken ja das Bier wie Wasser. Und das starke
Rauchen und Lärmen dazu -- da stieg's rasch ins Hirn.

Nun hatten sie ihren Tisch.

Die Anna saß mitten unter ihnen. Es wurde ihr doch bald ein bißchen
genierlich, dies Lärmen der Italiener, dies Welschen, das sie ja nicht
verstand. Erst war ihr das so merkwürdig vorgekommen, und sie lachte
dazu. Bald war's ihr aber doch keine Unterhaltung mehr. Das Fremde hatte
sie gereizt, die Gesten, die redenden Augen, das hatte ihr gefallen.
Auch die gewandtere Art der Italiener. Wie wurde ihr nur das Glas
hingehalten zum Prosit! #Cara mia!# wie lag ihr das im Ohr!

Bald hatte das alles aber den ersten lockenden Reiz verloren. Sie
staunte nicht mehr, es war ihr bekannt, fast gewohnt. Fremd freilich
blieb es ihr, so eine halbwehe Komik lag ihr darin. Heute wenigstens. Es
war ihr unbehaglich. Vielleicht weil sie das einzige Mädchen auf der
Bahn war.

Doch da wollte sie sich drüber wegsetzen.

Aber ewig dieses Italienisch um sie herum. Sie war ordentlich froh, wenn
sie deutsch radebrechten. Sie hatte das neulich bei der Tanzmusik gar
nicht so bemerkt, gar nicht gefühlt. Da war die Musik, da waren die
anderen Mädchen.

»Ein schöner Italiener!« hatten die gesagt.

Und sie hatte er zum Tanz geholt. Darauf war sie stolz. Sie hatte ja
auch bei der Tanzmusik bei ihm und den anderen Italienern gesessen. Aber
das war ihr ganz anders vorgekommen. Dies Lärmen, dies Fluchen und
Spucken, es war ihr heute rein zum Ekel.

Sie betrachtete sich ihre Freunde. Die braunen, hartknochigen Gesichter
unter den großen Hüten, die schwarzen Augen. Sie hätte sich fürchten
mögen. Selbst ihr Lächeln war bös, kam ihr verzerrt vor.

Ein paar Geschichten fielen ihr ein. Sie schauderte heimlich. Sie mußte
an die Hübnerslies denken, die mit ihrem Kinde in den Grafenteich
gegangen war. Und der Italiener war fort über alle Berge.

Und an den Rothekarl mußte sie denken, wie er tot dalag am dritten
Kirchweihtag. Wegen einer Kleinigkeit hatten sie ihn erstochen. Und
keiner hätte sagen können, wer's getan hatte.

Die Anna mußte an ihren Heimweg denken. Nein, nicht für alles, sie ginge
allein mit denen nicht nach Hause -- am Abend, die fünf Stunden Weg.

Und wie die wieder heut tranken! Auch der Fiori. Sie mußte immer mit ihm
trinken.

O, wenn sie nur heraus könnte! Fortlaufen möchte sie. Beständig mußte
sie an den Abend denken, an den Heimweg. Und die Hübnerslies fiel ihr
ein, und der Rothekarl. O, sie hatte Angst! Eine Angst hatte sie! --

Sie betrachtete den Fiori. Er war ja schön. Diese dunklen, leuchtenden
Augen! Die roten Lippen und das schwarze Schnurrbärtchen darüber.

Aber sie hatte Angst.

Ein bißchen Furcht hatte sie ja immer gehabt, wenn sie sich abends
hinterm Garten trafen. Aber so noch nicht wie heute.

Hätte sie ihr Vater nicht gleich geschlagen -- sie hätt' ja nicht den
Kopf aufgesetzt. Aber so --

Doch jetzt wußte sie's, sie mochte doch den Fiori nicht.

Sie malte sich ihr zukünftiges Leben mit ihm aus. Er verdiente ja viel,
er verbrauchte aber auch viel. Dies starke Trinken! Und den ganzen Tag
sie allein, ein paar Kinder zu besorgen, und dann in der Mittagshitze
hinaus auf den Arbeitsplatz, den Essenkorb in der Hand. Und immer die
Angst um ihn bei der gefährlichen Arbeit! Wie oft geschah ein Unglück
bei den Sprengarbeiten! --

O, dann wär' sie auch bald so alt und abgerackert wie die anderen
Italienerweiber! Und schließlich ging's wo anders hin! Gott weiß wohin!
Unter ganz, ganz fremde Leute! Lauter fremde Menschen! Weinen könnt' sie
ihr gut Teil, das Lachen wär' ihr was Seltenes! Und die armen Würmchen,
die Kinder! --

Noch nie hatte sie seither ans Heiraten gedacht, so ernstlich wenigstens
noch nie.

Ach, wie war's ihr jetzt so furchtbar!

Da stieß der Fiori schon wieder an ihr Glas.

Sie war ganz verzweifelt. Sie wollte nicht mehr trinken.

Da stieg ihm eine Zornglut zu Kopfe, er stieß sein Glas hin, er zischte
einen Fluch, und er kollerte einen langen italienischen Satz heraus, daß
ihn die anderen beruhigten. Sie beruhigten ihn, sie merkte es an ihren
Gebärden; denn sie verstand ja ihre Sprache nicht.

Aber ganz außer sich war sie. Wenn sie nur eine Hilfe finden könnte!
Aber wen, aber wie!

»Du lieber Herrgott!«

Sie nahm ihr Glas und trank.

Sie sah sich um, als ob sie eine Hilfe finden könnte. Über alle Tische
ging ihr Blick, in jedes Auge. Er fiel auch auf den Jean. Der hatte
schon die ganze Zeit beobachtend zu ihr herübergesehen.

Er musterte sie. Er musterte sie mit tiefer Befriedigung und stillem
Wohlgefühl. Ein Weib! Es war sofort ein unbewußtes Einssein, ein
Verlangen, ein Besitz. Es war wie ein Erwachen über den Jean gekommen,
wie eine Verklärung lag's in ihm.

Und so wuchs alles in ihm, wie er diese Anna der Italiener betrachtete.
Es wuchs still, wie eine heimliche Glut. Es machte ihm nicht heiß, es
machte ihm nur wohl. Es nahm ihm nicht die Herrschaft über sich und
peitschte ihm nicht die Sinne.

Diese Anna war schön. Sie hatte volles, blondes Haar, große blaue Augen.
Ihr runder Kopf saß auf einem schlanken Hals, der aus einer weißen
Krause wie feines Elfenbein leuchtete. Ihre Wangen waren rot, aber zart
wie das Rot des Pfirsichs. Sie waren sauber und appetitlich zum
Anbeißen.

Der Jean sah nach der Bewegung ihrer Hände. Auf ihre Anmut legte er
Wert. Er hatte sich schon oft dabei ertappt, daß er das bei allen
Menschen tat. Leute mit ungeschickten Händen, mit Steifheit und
Ungeschick in ihren Handbewegungen, konnten ihn abstoßen. Das hatte er
wohl noch vom Theater her in sich.

Ohne weiteres Gezier mit den Fingern hatte sie ihr Glas genommen. Die
Hand hatte sich hübsch gerundet, das Gelenk leicht gebogen. Er lächelte.
Sie hatte nicht gerade eine kleine Hand, aber groß war sie auch nicht.
Und daß sie nicht plump und täppisch war, war ihm jetzt alles.

Die Anna saß da wie eine beleidigte Prinzessin, wie ein ängstliches
Kind.

Und wie jetzt ihre Blicke umgingen!

Jean erkannte sofort: die schämte sich.

Und alles war in ihr gespannt. Es wirkte direkt auf ihn, auch in ihm
trieb etwas zu einer Spannung. Er sah scharf zu ihr hin. Wie sie sich
vor dem Italiener hütete, förmlich vor ihm verbarg.

Sie hatte Angst -- das wußte er mit einem Male.

Sie war voller Unruhe, aber sie verhielt sich ruhig. Sie wußte, daß sie
ein gewagtes Spiel spielte.

Voller Harmlosigkeit deutete sie dem Italiener dies und das in der
Kegelbahn, wohin ihre Augen gegangen waren. Er sah hin -- ihr Auge ging
darüber weg. Fast mit einer Rührung fühlte der Jean: die fleht zu den
Menschen fromm und stumm.

Er sah ihr lange zu.

Und nun dachte er: sie ist doch raffiniert.

Doch wie er sie nun weiter sah, hilflos, flehend, da schalt er sich. Sie
war doch herzlich, arm und bittend wie ein Kind. Keiner verstand ihren
Blick. Blitzschnell ging er weiter.

Eine Verzweiflung lag nun schon darin. Er wurde heißer und heißer. Er
war fast irr. Sie würde es nicht mehr aushalten können, sie würde sich
ihm verraten. Und sie wäre verloren -- er würde sie niederstechen.

Da sah sie zu Jean.

Sie sah seinen Blick. Sie zuckte. Einen Moment.

Sie flehte, flehte, flehte. Ganz Kind. Einen Moment.

Sie wußte schon, daß sie verstanden und erhört sei.

Sie atmete auf. Ihre Brust hob sich. Ein Weiches trat in ihren Blick,
legte sich über ihre Züge.

Die Spannung in ihr wollte sich lösen, sie fühlte es, und man sah es
deutlich.

Da ging's wieder wie ein Schreck über ihr Antlitz, fuhr in ihr Auge. Sie
raffte sich auf.

Sie warb, warb, warb. Einen Moment. Einen heißen, tiefen Moment. Der
Jean rührte sich nicht. Aber sie verstand sein Auge.

In diesem Augenblick war sie nur noch Weib. Sie strich sich ein
Stirnlöckchen von der Stirne hoch und glitt mit der Hand über die Augen.
Sie lockte. Aber es war nicht gewöhnlich, es war ein unendliches Glück
darin. Und sie mußte die Augen schließen, sie mußte sie schließen. Sie
war wie im Taumel.

Ein Lächeln spielte um ihren Mund.

Der Italiener stieß sie an.

»Prost!« sagte sie. -- Er tat einen tiefen Zug.

Aber in seinen Augen flackerte es.

Er verfolgte jede ihrer Bewegungen, jeden ihrer Blicke. Er lag auf der
Lauer wie ein Luchs. In dem Jean war die Glut zur Flamme geworden. Sie
schlug nun auf und wuchs hoch in ihm.

Und er selbst wuchs dabei. Er fühlte seine Kräfte, und er fühlte sich
ihr Meister.

Er hatte sich vorhin gefragt: wie bring ich dies Mädchen aus dieser
Gesellschaft? Er fragte sich's nicht mehr. Er sagte sich: dies Mädchen
muß aus dieser Gesellschaft heraus.

Er hatte sich einen Augenblick geängstigt: kann dies Mädchen in dieser
Gesellschaft rein geblieben sein? Es fiel ihm ein -- sie war ja zu kurz
darin, sie mußte rein sein -- sie war rein.

Er sah noch ihren flehenden Kinderblick, ihr ängstliches Werben. Immer
sah er diese Augen, diese Wimpern, die weit aufschlugen, die sich scheu
senkten und schlossen, während die Hand von der Stirne herunter über die
Augen glitt.

Und plötzlich wußte er's: sie mußte sein werden.

»Sie muß mein werden!« rief's in ihm. »Ich will sie erringen!«

Er stand auf -- er ging wie im Traume.

Er kam sich viel größer vor als alle, viel stärker, viel wichtiger. Die
anderen sah er nicht, er war nur ganz von sich erfüllt. Aber ganz in ihr
und nur in ihr. Als ginge er eine weite Straße hin, war's ihm, in ein
weites Land, ihr entgegen. Und aller Widerstand war ihm ein Spiel,
spielend überwand er ihn -- und sie sah ihm zu. Lächelnd, winkend.

So ging er wie im Traume. Weit war ihm die Welt geworden, und doch nur
eine enge Bühne für seine Taten. Vornehm, stolz–gerüstet, ein glänzender
Ritter -- seine Jugend grüßte ihn. Das Beste seiner Jugend -- in seinem
schönsten Lebensmomente.

Er zahlte seinen Einsatz.

»Der Jean wirft! Hurra!«

Er würde gewinnen, er wußte es. Siegen! Es war die größte Tat, die er
jetzt vollbringen konnte.

Er stellte sich in die Reihe, er wartete geduldig. Er sah gar nicht, was
die anderen warfen. Das war ihm gleichgültig.

Es rief seinen Namen. Er trat vor -- wieder wie im Traume. Er nahm eine
Kugel. Er prüfte nicht erst. Die erste beste nahm er und schob sie
hinaus.

»Hurra! Alle neune!«

Sie lagen alle.

»Alle neune, richtig!« rief der Polizeidiener.

»Zweite Kugel, Herr ›Ober‹!« rief der Lehrer.

Jean schob die zweite.

»Runde! -- Bravo, bravo!«

»Der hot Glick! Dunnerwetter! Der hot die Uhr!«

»Runde, richtig!« rief der Polizeidiener.

»Dritte Kugel, Herr ›Ober‹ -- auf den König!« rief der Lehrer.

»E fein Spritzkigelche jetzt,« sagte einer wohlmeinend zum Jean und
klopfte ihm auf die Schulter, »do kimmt kaner driwwer.«

Der Jean schob die dritte. Er zielte jetzt doch ein wenig.

Zweimal zagte er. Dann beim drittenmal flog die Kugel. Fein mitten
setzte sie auf. Drei Schritte lief er mit. »Der liegt!« sagte er und
drehte sich um.

In der halben Bahn tat die Kugel den ersten Sprung, gleich darauf noch
einen, beim dritten »spritzte« sie über den liegenden Bauer, und der
König lag.

»König!«

»König, richtig!« rief der Polizeidiener.

»Neun, Runde, König --«

Der Lehrer zählte dann die Würfe zusammen, aber der Lärm, das Hallo war
so groß geworden, daß man's nicht mehr verstehen konnte.

Jean schritt auf seinen Platz zu. Stolz, hoch in die Brust geworfen. Die
Buchenauer brachten ihm ein Hoch aus. Er schwenkte ihnen den Hut zu.

»Danke!« rief er. Dabei sah er die Anna an. Mit einem großen
verschlingenden Blick.

»Einen Humpen! Einen Humpen Wein!«

Die Anna strahlte. Ihr Blick hing an dem seinen, so tief, so innig, so
eins.

Das Fremdartige, was ihr an dem starken und schönen Italiener so sehr
gefallen hatte, das wurde jetzt ganz in Schatten gestellt von der Kraft
und Schönheit der eigenen Stammesart.

Heiß entbrannt war ihr Herz. Doppelt heiß in dieser Stunde, da er sie
aus ihrer Bedrängnis befreien, aus der Gefahr, in die sie sich begeben,
erlösen wollte. Sie war sein! Sie fühlte: der konnte sie fordern, er
würde es tun. Ihr Blick gab ihm alle Rechte auf sie.

Sie zitterte. Nicht aus Angst -- in glücklicher Erregtheit. Den
Italiener fürchtete sie jetzt nicht mehr. Der war ihr gleichgültig.

Sie vertraute voll auf den Jean. Wie es werden sollte, was werden
sollte, wußte sie ja nicht, konnte sie nicht ausdenken. Am liebsten wäre
sie ihm in die Arme gestürzt, hätte ihn geküßt, nur geküßt, geküßt!

Aber sie tat nichts. Sie wartete auf ihn. Er würde alles schon machen,
dieser starke, stolze, umjubelte Mann.

Der Italiener knirschte. Er sprach erregt mit seinen Kameraden. Er hatte
erkannt, daß hier einer um sein Mädchen warb -- daß er ihm den Rang
ablaufen würde. Ja, daß er schon gewonnen hatte.

Die Italiener tranken rasch leer.

»Auf!« zischte er, »#amante mia#; Anna!« flötete er nach. -- Sie
gehorchte.

Da kam der Jean mit dem Humpen auf sie zu.

Flamme ging zu Flamme.

»Auf deine Gesundheit, Mädchen!«

»Prost! -- Bravo!« schrie's rings. Man hatte jetzt den Jean verstanden.

»Prost!«

Hinten rollte dumpf eine Kugel in die Vollen.

Anna schlug die Augen nieder.

Der Jean tat einen tiefen Zug. Dann reichte er den Humpen dem Mädchen.

Der Italiener hatte die Anna schon am Arm.

»Die bleibt hier!« sprach der Jean, als ob er ihr Herr, ihr Vater sei.

Sie stand schon an seiner Seite und atmete tief auf.

Die Italiener waren doch verblüfft. Einen Augenblick waren sie
sprachlos. Dann brachen sie in Fluchen aus.

Die Anna schmiegte sich eng an den Jean. Der legte seinen Arm um ihren
Nacken.

»Wer will nun noch was?«

Und groß stand er da.

»Bravo!« rief's.

Eben kam der Humpen mit dem Rest zurück.

Der Jean leerte ihn. Wie er trank, flog ihm ein Messer an den Augen
vorbei.

»Ha, ha!« sagte er. »Jetzt gilt's! Aber offen und ehrlich, Kraft gegen
Kraft. Ein Schuft, der sich sein Mädchen nehmen läßt. Nun wer gewinnt!«

Rasch hatte er die Anna hinter sich auf einen sicheren Platz gesetzt.

Nun stand er zum Kampfe bereit.

»Hier stehe ich -- allons!« sagte er.

Ein Italiener war schon gepackt worden. Der habe das Messer geworfen.
Der Polizeidiener war dazwischengesprungen -- er war machtlos. Von allen
Seiten sausten die Hiebe. Stöcke, Gläser, Fäuste. Alles ging schon
drunter und drüber.

»Ehrlich!« rief der Jean, »Kraft gegen Kraft, nicht das Messer! Ein
feiger Schuft, wer sticht!«

Vor ihm rangen sie, in einem solchen Durcheinander, daß Freund oder
Feind schwer zu unterscheiden war. Nun sprang der Jean hinein. Wer von
ihm gepackt wurde, fiel, den Freund befreite er, half ihm, den
Verletzten riß er heraus. Keine Waffe hatte er, seine Faust, sein
starker Arm genügten ihm.

Der verschmähte Liebhaber kämpfte wütend. Er suchte an den Jean
heranzukommen.

Und auch dem Jean war's recht.

Jetzt hatte er freie Bahn.

»Ach Gott!« schrie die Anna.

Sie wußte, jetzt ging's auf Leben und Tod.

Der Italiener fiel den Jean an. Der war aber gefaßt. Kragen, Rock,
Weste, Hemd wurden ihm nur aufgerissen.

Nun kämpfte er mit freier Brust.

Er packte den Gegner an den Armen. Wie Eisenringe legte er seine Finger
um des Feindes Muskeln. Er drückte ihm die Arme in die Seiten. Der
Italiener keuchte.

Anfangs leistete er Widerstand. Auf einmal ward er geringer. Aber der
Jean war vorsichtig. Die Kraft des Gegners konnte ja noch nicht
erschöpft sein.

Plötzlich schnellte er denn auch auf, den Jean, den er siegesgewiß
wähnte, zu werfen.

Aber der hatte ihn schon an der Kehle gepackt und zusammengerissen, daß
er sich überschlug.

»Hurra!« schrie's. »Der Jean hot gewunne!«

Der Italiener bäumte sich auf. Der Jean hielt ihm die Arme bei. Auch
jetzt fürchtete er eine List.

Der Italiener warf sich auf die Seite. Er suchte nach seiner
Messertasche.

»Freundchen, Messer nicht!« sagte der Jean.

»Steh doch einer dem Herrn ›Ober‹ bei!« rief's.

»Wenn der Kerl sein Messer erwischt!«

»Nicht helfen, keiner helfen -- Kraft gegen Kraft! So will ich
gewinnen!« rief der Jean halb außer Atem dagegen. Und mit aller Kraft
suchte er dem Gegner den Kopf auf den Boden zu zwingen.

»Er hot gesiegt -- gewunne! hoch der Herr ›Ober‹!« rief's schon.

Da gellte ein Schrei. Er gellte furchtbar durch Mark und Bein. Ein
Menschenschrei -- und doch kaum zu glauben, daß er aus einer
Menschenkehle kommen könnte.

»Ah -- hui--u--u--io!«

Das schnitt, das riß, das pfiff, das röchelte. Das ging durch eine ganze
Tonleiter, durch alle Vokale. Entsetzen machte alle starr.

Der Streit war aus.

Der Jean war rücklings hingeschlagen.

»Schu--u--ffft!« stöhnte er.

Einer der Italiener hatte ihm hinterrücks das Messer ins Herz gestoßen.
Er stöhnte noch einmal -- noch einmal warf er sich auf. Er schnellte
hoch.

Schwer und dumpf fiel er nieder.

Dann lag er still, die Arme weit auseinander, Blut vorm Munde.

Die Italiener waren fort. In der Bestürzung hatte sich keiner nach ihnen
umgesehen, selbst der Polizeidiener nicht. Unbemerkt hatten sie sich
davongemacht.

Welcher hatte gestochen? Der Fiori nicht.

Man stand um den Toten.

Einer bückte sich nieder und legte dem Jean das Ohr auf die freie Brust.
»Er ist tot!« sagte er.

Die Anna saß auf ihrem Platz und weinte.

Sie konnte nichts denken, nichts begreifen.

Der Jean war tot.

Da lag er -- nie wieder würde er aufstehen. Tot, tot!

       *       *       *       *       *




Sein letztes Hochamt.


Man darf das jetzt von ihm erzählen, wenn er selbst es auch nie getan
hätte. Er ist ja nun schon beinahe zwei Jahrzehnte tot. Und er war immer
so schweigsam gewesen und sprach gar nie von sich. Es lag so in seiner
Natur. Und es war auch wohl ein gut Teil Angewöhnung. Er war nie so
recht verstanden worden, nie in seiner engsten Umgebung, und auch in
seiner weiteren nur selten. Bei seinen Freunden höchstens hat er sich
tiefer ausgesprochen. Aber das waren selbst wieder so stille Leute, und
sie sind ja nun auch alle tot.

Es war in den Jahren der Reaktion nach der Volkserhebung 1848–1849. Der
einzelne war durchaus unsicher geworden, die Gegensätze der Parteien
waren heftig und wuchsen immer mehr. Die Wühlarbeit machte stets größere
Fortschritte, und ihre Erfolge, die anfangs noch heimlich waren, traten
offen zutage.

Besonders wer ein Amt hatte, mußte sich hüten. Nichts unbedacht sagen,
nicht immer ehrlich seine Meinung sagen. Nicht mal eine Meinung haben
wollen. Das war im Amt so verderblich und war so unvereinbar mit dem
Amt, wie das Aufklären und Agitieren am Wirtstisch. Oder gar im
vertrauten Kreise, denn überall hockten die Heuchler und Horcher, und
brühwarm und gehörig vergröbert kam alles ins Pfarrhaus. Denn der
Pfarrer war der Hüter des zahmen und unterwürfigen Geistes, der Hüter
der Meinungslosigkeit und der Verdammer der Freiheit. Und die Falschen
und Ohrenbläser, die Locker und Lügner waren ihm gute Werkzeuge.

Eine Meinung haben und ein Mann sein -- ja oft einen »Kopf« haben und
nicht dumm sein, das hieß frei sein, hieß anrüchig, ja direkt gefährlich
sein.

Da red' ich von meinem Heimatdorfe. Es war der Schullehrer Andreas
Krafft, der der Stein des Anstoßes geworden war. Es wäre schwer zu sagen
gewesen, warum.

Es lag vielleicht im Krafft. Ich stelle mir ihn vor, wie er über die
Straße ging. Ein Schullehrer vom alten Schlage. Auf den ersten Blick ein
Schullehrer. Aber mehr als das, auf den ersten Blick zu sehen: eine
Persönlichkeit. Einer, der mehr hatte vom Leben als sein armes Amt.
Einer, der ein Leben gelebt hatte, dem das Leben einen Inhalt gegeben
hatte, und der seinen Idealismus, den alten guten, hohen, heiligen
Idealismus, durch sein Leben trug. Er leuchtete auf seiner Stirn, er
glühte in seinen Augen. Und mag er uns öde und töricht geworden sein --
wo er uns heute noch so ganz eins mit dem ganzen Menschen begegnet,
ziehen wir den Hut ab.

Der Krafft war nach oben nicht genehm. Er war gewissermaßen schon
prädestiniert dazu. Es lag so in seiner ganzen Art. Sie machte nicht
warm, sie machte vielleicht scheu, machte einem unbehaglich. Es war so
etwas Starkes, Abwehrendes in ihm, es wurde oft etwas Herausforderndes,
Herrschendes. Man sah's auf den ersten Blick, man hörte es beim ersten
Wort. Vielleicht ein starkes geistiges Übergewicht. Vielleicht war's
etwas Äußeres nur: der Blick, die Stirn, die Schädellinie -- vielleicht
der graue Hambacher Bart, das lange Haar -- vielleicht die Art zu gehen
oder zu sitzen, ja nicht zum wenigsten die Art zuzuhören, stille zu
sein.

Ja, das war's vielleicht beim Krafft, wie still er war. Und wie ernst
immer. Er ging durchs Feld, immer in den gleichmäßigen breiten Schritten
-- »guten Tag, Herr Lehrer!« rief's, er dankte und schritt weiter. Und
wenn er in den Gesangverein kam -- und war der lauteste Lärm im Saale,
und ging die Tür auf und der Krafft trat ein, war's mäuschenstill. Und
alle sahen nach ihm, und alle hingen an seinem Blick, und es war mehr
als Furcht, es war ein hoher Respekt. Etwas Vornehmes trug er an sich,
trug er überall hin, so einfach er war. Keiner kam ihm zu nahe, selbst
wenn er scherzte. Und keiner wagte sich so recht aus sich heraus, wenn
der Krafft dabei war. Jede Bemerkung wurde zweimal bedacht, eh' sie
gemacht wurde. Und doch -- wer den Krafft respektierte, und es waren die
Besten meines Dorfes, der hing ihm auch an.

Doch war der Krafft nicht hochmütig. Einige behaupteten auch das, aber
schon die Freunde, die er sich ausgewählt hatte, bewiesen gegen sie. Die
Freunde waren nicht aus den sogenannten »vornehmen« Kreisen, nicht
»Doktor« und Apotheker, nicht Schullehrer und Angestellte -- es war der
Musikant Jakob Veit, kurz der Veitjakob genannt, der die Violine spielte
auf den Kirchweihen und im Gesangverein den ersten Tenor sang, war der
Botsieben–Hannes, der die Post hatte von Thurn und Taxis und Musikant
war nebenbei, war der Pankraz Klein, der den zweiten Baß »hielt« im
Gesangverein, war freilich auch der Rudolf Schwarz, der Bürgermeister,
der auch Freimaurer war, vielleicht auch sonst noch was Geheimnisvolles
und Böses, was den Krafft anzog.

Der Krafft sah aber nicht aufs Äußere und nicht aufs Böse, er suchte in
seinen Freunden eine Ergänzung zu sich selbst. Oder das nicht einmal,
oder wenigstens nicht so bös egoistisch ausgedrückt -- er suchte
gesunden Menschenverstand und ein warmes Herz, Liebe und Begeisterung.
So beim Veitjakob, dem Musikanten -- beim »alten Schwarz« aber war's oft
ein Aufblicken und Bewundern, öfter die freudige Gewißheit und
Dankbarkeit, verstanden zu werden, angeregt und bestärkt zu werden. Denn
der Schwarz war ein Weltmann. Das Leben hatte ihn nach allen Richtungen
schon umhergeworfen, er hatte sich auf dem Dorfe vor Jahren festgesetzt,
hatte erst eine Wirtschaft eröffnet, dann eine Branntweinbrennerei und
war dann zum Bürgermeister gewählt worden. Denn er war reich. Er war
aber auch ein heller Kopf. Und er war auch -- ein Demokrat.

Ein Demokrat war der Krafft nun freilich auch. Er hatte in seiner Jugend
das Hambacher Fest mitgemacht und hatte flüchten müssen: er hatte im
»tollen Jahre« geredet und geschrieben für die Freiheit und die
Verwirklichung der Träume der deutschen Seele.

Aber nun war er still geworden, ganz still. Still im Kreise seiner
zahlreichen Familie, für die er schwer zu sorgen hatte, still bei seinen
Büchern und Noten, in seinem Schulgarten, den er fleißig bepflanzte. Und
wenn er von seiner Arbeit ausruhte, saß er unter dem hohen Efeu an der
alten Schloßmauer und paffte aus seiner Pfeife. Und alte Träume und alte
Lieder wurden in ihm wach, er lächelte des Vergangenen und leid ward ihm
um all das, was unerfüllt blieb -- aber er blieb still. Ja, ganz still
war der Andreas Krafft. Er hatte sich vom Leben zurückgezogen, er hatte
seinen Kreis verengert, und was er von dem Draußen dabei verloren hatte,
das suchte er sich zu ersetzen durch die innigere Beschäftigung mit dem,
was ihm lieb war.

So hatte seine Persönlichkeit ihre Gewichtigkeit und Schwere bekommen,
und auch eine Ruhe war ihm geworden, und Kampf und Leid waren nicht
verloren. Und so wurde der Krafft auch nicht zur Maschine, trotz der
gleichmäßig schweren Tätigkeit, die er entfalten mußte. Er fand sich
überall einen Punkt, von dem aus betrachtet alles einen eigenen Wert und
Ansehen erhielt, von dem aus trotz aller Anstrengung und Überwindung der
Krafft noch Werte für seinen inneren Menschen herausschlug, so daß er
sich seine Freudigkeit bewahren konnte. Warm fühlte er sich von ihr
durchströmt, wenn er seinen Gesangverein übte, wenn er ein Lied oder ein
Präludium für die Orgel einrichtete, und ganz besonders, wenn er an der
Orgel saß und die Töne ihm die Sprache seines Herzens wurden, in der
sich das letzte sagen ließ, was sein Herz verborgen hielt.

Und nun war plötzlich die Hetze gegen ihn losgegangen. Es war fast über
Nacht gekommen. Der eigentliche Anlaß wäre schwer zu finden gewesen. Der
Anlässe und Gründe wußte man viele anzugeben. Kraffts politische
Vergangenheit, seine geistige Selbständigkeit, sein Übergewicht, die
Sicherheit und Reinheit seiner Persönlichkeit, ja gerade das mochte
vielen ein Dorn sein. Auf einmal fand man ihn kirchlich zu lax, man fand
bald, daß er kirchenfeindlich sei. Man gab hundert heimliche Anlässe zum
Streit, tausend heimliche Stiche. Aber der Krafft stand über der
Kleinlichkeit der Menschen, er blieb ruhig. Da riß die Geduld. Man ging
im Amt gegen ihn vor. Man schikanierte ihn, man tadelte, rügte, drohte.
Da stand der Krafft seinen Mann, er verteidigte sich. In seinem Amt ließ
er sich nicht antasten. Er hatte allzeit seine Pflicht getan, er hatte
sich nichts vorzuwerfen -- keiner sollte ihm etwas vorwerfen dürfen.

Da war die Flamme aufgeschlagen. Das Dorf war plötzlich in zwei Lager
geteilt: hie Pfarrer! hie Lehrer! Und eigentlich hatte der Krafft gar
nichts dazu getan. Er hatte seine Angelegenheit allein vertreten, fest
und still, wie es seine Art war. Niemandes Hilfe hatte er angerufen,
niemandes Beistand erbettelt. Nur einmal hatte er in der Erregung das
Zeugnis seiner Schulkinder gefordert. Sonst war er passiv geblieben. Er
glaubte an sein gutes Recht und seinen Sieg.

Aber Beichtstuhl und Kanzel hatten gute Arbeit getan und taten sie
weiter. Die Gemeinde blieb in zwei Parteien gespalten. Und heiß war der
Kampf. Auf den Straßen, in den Wirtshäusern begann er, in den Familien
setzte er sich fort, und sogar die Jugend beteiligte sich daran.

Kraffts Partei war eigentlich ohne Führer, denn der Andreas Krafft
wollte nichts mit dem Zwist zu tun haben. Er ermahnte immer zur Ruhe und
ihn allein zu lassen. Aber die Fanatiker und Herausforderer der
Gegenpartei ruhten nicht. Und der Streit spann sich immer weiter. Er
wurde dann auch noch bei der Behörde gegen Krafft benutzt, dem alle
Schuld zugeschoben wurde, und eines Samstags, da er gerade
unterrichtete, wurde ihm sein Absetzungsdekret zur Unterschrift
vorgelegt. Es riß ihn hin, es seinen Schülern vorzulesen. Dann
unterschrieb er's und ging.

Die Gesangstunde für den Abend sagte er ab, er fürchtete einen heftigen
Ausbruch von Streitigkeiten im Vereinslokal oder auf der Straße, wenn er
sich jetzt zeigen würde. Und er fürchtete auch, sich nicht halten zu
können und in der Erregung ein unbedachtes Wort zu reden, wenn er
herausgefordert würde. Am Nachmittag kam noch einmal ein amtliches
Schreiben. Es war vom Pfarrer, »daß er gehalten sei, die Orgel bis zum
Eintreffen seines Nachfolgers zu spielen.«

Diesen Sonntag +wollte+ der Krafft noch einmal spielen, aber es sollte
zum letztenmal sein. Er hatte sich's fest vorgenommen: Es sollte sein
Abschied von der Orgel sein.

Am Sonntagmorgen, als es anfing »zusammenzuläuten«, ging der Krafft in
seiner gewohnten Weise nach der Kirche. Er ließ sich vom Glöckner die
Weisungen des Pfarrers holen, dann schritt er langsam die Treppe zur
Empore hinauf. Als sein grauer Kopf sichtbar wurde, sah man von allen
Seiten nach ihm. Auf allen Gesichtern lag ein tiefer Ernst. Der
grimmigste Feind hätte jetzt im Gefühl seines Sieges nicht lächeln
können. So ernst Kraffts Gesichtszüge waren, so ruhig und fast klar
waren sie doch auch, denn nichts Bitteres sprach in ihm. So sah er fast
feierlich aus, und allen war es feierlich bei seinem Anblick. Als ob
jeder fühlte, daß da einer zwischen ihnen gehe, der ein Schicksal auf
seinen Schultern trage. Es mochte manchem sein, als ob dies Haar, das in
diesen schweren Tagen fast schlohweiß geworden war, mehr fordere als nur
die Ehrfurcht vor dem Alter. Und manchem mochte auch das Herz bange
geworden sein im Gedanken an des alten Lehrers Zukunft, und er mochte
sich in diesem Augenblick seiner eigenen Schuld erinnern, die er selbst
an dem Unglück des Lehrers trug, dem er doch nur hätte dankbar sein
müssen. Einem oder dem anderen gar mochte es aufgehen, daß es etwas
Gebietendes, Großes und Erhebendes sein müsse, so fest und sicher
dahinzugehen, sich aufrecht zu halten und kein Mitleid zu fordern, wenn
ein großes Leid die Seele beschwert, ein Wirken, eine Zukunft, eine
Existenz zertrümmert liegt.

Alle waren ergriffen, jedem schlug das Herz höher. Das Schicksal erzwang
sich Achtung, sein Anblick mahnte zur Einkehr. Der Krafft hatte jetzt
die Orgel aufgeschlossen und die Noten aufgestellt. Dann setzte er sich
auf den Orgelbock. Er wartete, bis der Priester aus der Sakristei trat.

Ernst und feierlich spielte er das Präludium, ernst und einfach
begleitete er den Gesang des Volkes und des Priesters, schlicht und
unverschnörkelt präludierte er und spielte die Zwischenstücke ohne viel
Stimmenaufwand.

Durch nichts Äußerliches verriet sich die Bewegung seines Herzens, und
sie niemand auch nur im leisesten zu künden, befleißigte sich Krafft der
größten Strenge und bewahrte sie während des ganzen Gottesdienstes im
begleitenden und füllenden Spiele.

Der Pfarrer hatte die Predigt ausfallen lassen. Der Krafft war froh
darüber. Er hätte ihm heute nicht zuhören können. Er war froh, an seiner
Orgel sitzen bleiben zu können. Zu spielen, zu vergessen. So wichtig
waren ihm sonst die einzelnen Akkorde nie gewesen. Sie flossen ihm nicht
zu -- er wählte streng und vorsichtig aus, alles Prunkende vermeidend.
Er war schwer und ernst gestimmt. Er spielte nicht nur vor dem Gotte,
dem der Priester opferte, den die Gemeinde anbetete -- groß und streng
sah er sein Schicksal vor sich. Er spielte vor seinem Schicksal. Und er
wollte nicht klein sein vor ihm.

Als sei es sein Richter, war ihm, als wäge es nun, ob er zu leicht sei
und schwach, oder wert, die Schwere seiner Last zu tragen und seinen Arm
zu fühlen, der wie aus einer Ferne, einer Höhe, einer Ewigkeit
herüberreichte.

Gut und groß ward der Krafft vor seinem Blick.

Er hatte alle Kränkungen und Beleidigungen vergessen, er stand über dem
Augenblick, der so schwer war, und es war ihm, als weihe er sich jetzt,
sein Verhängnis zu tragen. Er fühlte sich so außerhalb der Menschen,
außerhalb ihres Kreises gesetzt. Er fühlte sich ganz allein. Und er gab
sich für das geringste, was er tat, tief und streng Rechenschaft.

So weihevoll gestimmt, wählte er die Akkorde aus. Dann war das #Ite
missa est# gekommen, -- und Krafft atmete tief auf. Der Gottesdienst war
zu Ende.

Und jetzt dachte der Krafft an den Abschied, an den Abschied von seiner
Orgel, die er die langen Jahre gespielt, der er das verborgenste seiner
Seele und ein ganzes Leben anvertraut hatte.

Mächtig durchdrang ihn, was die Musik je in ihm ausgelöst hatte, mächtig
packte ihn, was sie ihm gewesen war. Daß sie ihm mehr war als ein Spiel,
als eine Pflicht, daß sie ein Leben war, das außer ihm lebte und doch
seinen Puls hatte.

Und nun Abschied. Krafft bebte. Der Künstler in ihm bebte, der
vielleicht nie seinen ganzen Ausdruck hatte finden können, der ihm
vielleicht nie klar geworden war. Der nichts weiter in ihm war als
Liebe, als eine Freudigkeit, ein Vertrauen. Der vielleicht nie etwas
mehr getan hatte, als in Stunden der Ergriffenheit seine Zuflucht zur
Musik zu nehmen, und das nur in unklarem Trieb, fast mechanisch und
unbewußt.

Aber der Krafft wollte es kurz machen. Er wollte abbrechen und gehen. Er
konnte nicht. Es hielt ihn.

Daß er ja zum letztenmal spiele, rief's in ihm, daß er den Schluß machen
müsse zu all dem, was er die Jahre hier in Tönen gesagt hatte. Daß er
dann erst gehen könne für immer von diesen Tönen, die sein waren, sein
eigen und seines Wesens -- und daß ihr Inhalt dann erst ganz sein
könnte, wenn er seinen letzten Sinn bekäme, den Sinn seines schwersten
Erlebnisses.

Mächtig fühlte Krafft dieses Erlebnis in sich. Seinen ganzen Schmerz,
all das Traurige, all die schweren Folgen, all das Ungewisse -- freilich
auch seinen Mut, seine Kraft, seinen Stolz und seinen Willen.

Daß er gefallen, fühlte er, aber nicht geschlagen fühlte er sich. Ja,
ihm war, als habe er einen Sieg errungen.

Ein paar Akkorde hatte der Krafft wie im Traume gegriffen. Die Rechte
war ihm von den Tasten gesunken, die Linke hielt die Akkorde fest. Ein
Postludium von Bach hatte er fast mechanisch aufgeschlagen. Eine Fuge,
deren Thema er jetzt spielte.

Er machte eine Pause und strich mit der Rechten über seine Stirn. Eine
Strähne war ihm tief ins Gesicht gefallen.

Sein Schicksal stand nicht mehr vor ihm, es sprach in ihm. Er spielte.
Er wiederholte das Thema. Zart und feierlich leitete er im oberen Manual
ein. Dann zog er die Koppel. Immer inniger wurde die Verschlingung,
immer mächtiger und sicherer schien das Thema zu werden, je gewaltiger
die Gegensätze anwuchsen. Und immer wieder und wieder setzte er ein.

Der Krafft hatte die ganze Orgel gezogen. Der Schluß des Postludiums
brauste durch die Kirche.

Die Gläubigen waren auf ihren Plätzen geblieben. Keiner hätte gehen
können. Sie standen und sahen hinauf zur Empore.

Ein paar Männer waren tiefer ins Schiff gegangen und standen lauschend,
staunend in den Gängen.

Krafft spielte weiter.

Etwas Großes brauste über die Gemeinde hin, etwas Großes, das kein Wort
hat: der Atem einer Seele, die verhauchen möchte und festgehalten ist.

Keiner mochte wissen, was es war. Aber alle fühlten, daß es ein Etwas
sein müsse, das stärker war als die Musik, die es trug, stärker als
Feier und Andacht, die dem Gotte gegolten hatte.

Alle standen und lauschten und sahen empor.

Und Krafft spielte noch. Er hatte den Blick von den Noten abgewandt, er
hatte den Kopf vorgebeugt, das rechte Ohr der Orgel zugewandt. Er
lauschte tief in sein Spiel hinein. Er lauschte auf das letzte, das er
+sich+ spiele, das er nicht hinauskündete in die Welt.

Er hatte alle Register eingeschoben bis auf die #vox humana# und einen
Baß -- und nun schlug er #unisono# eine schlichte Folge von Tönen an,
hielt jeden fest und sicher aus und faßte zuletzt einen Akkord, den er
sacht verklingen ließ. Es war wie ein Verbluten, ein Seufzen. Oder es
mochte wie ein Vergeben und Weinen sein.

Der Pfarrer war aus der Sakristei getreten. Er stand oben vor dem
Marienaltar, deren Kerzen der Glöckner löschte. Er hatte die Rechte zur
Faust geballt und stützte sie auf die Kommunionbank auf. Mit flammenden
Augen sah er zur Orgel hinauf. Und er knirschte.

Krafft schloß die Orgel und zog die Schlüssel ab. Er blickte sich um. Er
sah, daß die Leute jetzt erst ihre Plätze verließen. Es ging ihm auf --
sein Spiel hatte sie festgehalten. Er hatte alles vor allen gesagt, was
sein Herz bewegt hatte. Und alle hatten's verstanden.

Er wurde tief rot. Er strich sich verlegen durchs Haar. Er schämte sich.
Ihm war, als habe er sich der Menge preisgegeben.

Er war erlegen, er war schwach gewesen.

Er mußte sich stützen -- er griff nach dem Orgelbock. Er griff fehl.

»Herr Lehrer!« klang eine Männerstimme neben ihm.

Einer seiner Sänger hatte ihn beobachtet und war auf ihn zugetreten, ihn
zu stützen. Der Krafft beherrschte sich wieder: »Ich danke!« sagte er.

Dann ging er. Er ging ruhig und sicher, wie er gekommen war. Die Kirche
hatte sich geleert. Alle Kerzen waren gelöscht. Die Kirche lag im
Dämmer. Nur durch ein offenes Fenster floß ein Sonnenstrahl. Andreas
Krafft stand an der Tür. Er wollte sie aufziehen. Da mußte er sich noch
einmal umsehen. Voll fiel das Sonnenlicht in sein Gesicht. Er senkte es
ein wenig. Da sah er oben den Pfarrer stehen.

Sie standen einander gegenüber, die Gegner, der leere Raum nur zwischen
ihnen.

Wenn sie hätten Freunde werden können, wenn es gekommen wäre, daß sie
Freunde geworden wären?!

Krafft zitterte ein wenig. Dann aber hob er rasch den Kopf, obgleich das
Licht seinen Augen weh tat. Und rasch ging er.

Auf dem freien Platz, vor der Kirche stand noch die Menge. Geteilt wie
immer: links die Freunde, rechts die Gegner. Aber alle standen stumm.
Aller Augen waren auf den Alten gerichtet, der jetzt oben auf der
Freitreppe der Kirche stand. Der Krafft hielt betroffen den Fuß an.
Unmerklich reckte er sich auf.

Dann schritt er fest und sicher die Treppe hinab.

Noch einmal hielt er an und nahm die Brille ab. Er wollte nicht scharf
sehen jetzt, er konnte nicht.

Und er wollte auch nicht gerührt werden.

Er ging festen Schrittes zwischen den Reihen hin.

Es schnitt ihm durch die Seele: »Ich bin ein Gezeichneter.«

Ein Graukopf nahm tief den Hut ab.

Und er blieb stark und ging groß und stolz. Man hörte nur seinen Tritt
-- und fast auch den Atem der Leute.

       *       *       *       *       *




Cellist Behnke.


Seit vierzehn Tagen studierte das Theaterorchester des Kapellmeisters
neue symphonische Dichtung »Märchen«. Der gemütliche Kapellmeister
Hornbach brachte die Musiker diesmal fast um. Nichts konnte ihm recht
sein. Ton nicht und Tempo. Er fand späte Einsätze, falsche Töne,
Schwankungen in den einzelnen Stimmen, die er gewiß sonst übergangen
hätte. Es waren nur sehr geringe Fehler, die immerhin mal passieren
konnten. »Mehr Temperament, mehr Verve!« rief er ein übers andere Mal.
»Mittun, bitte, nicht so lahm, nicht so hängen lassen.«

Die Musiker schüttelten die Köpfe. Sie taten doch schon alles mögliche.
Aber weil sie Hornbach so lieb hatten und ihn als Künstler so hoch
schätzten, setzten sie immer wieder froh und frisch die ganze Kraft und
bestes Wollen ein. Hornbach aber schien eine Manie erfaßt zu haben,
abzuklopfen.

Sonntag im Symphoniekonzert sollte die Premiere sein.

Am Samstag war Hauptprobe.

In den letzten Tagen war der Kapellmeister etwas milder geworden. So,
wie er sonst war. Es ging flott, daß es eine Freude war. Und wenn er
auch hier und da mal ein Gesicht zog, zuletzt lächelte er doch.

Fritz Behnke, der Cellist, war diesmal erster. Zum erstenmal, da der
geniale Poppel, der seither als erster das Cello gespielt hatte,
gestorben war.

Hornbach hatte lange gezögert. Im Cello lag ein großes Solo. Es
verlangte einen ganzen Künstler. Ja, wenn das der Poppel noch streichen
könnte. Da würde es zittern und wieder zittern bis in den letzten
Saalwinkel. Bis in die Fußspitzen würd's prickeln.

Aber der Behnke!?

Er war ja fleißig, äußerst fleißig. Er hatte sich eine respektable
Fertigkeit angeeignet. Wohl. Und er konnte auch Ton geben. Ja Gott,
alles recht brav und ordentlich, gewissenhaft bis ins einzelnste. Aber
es fehlte doch etwas. Das Individuelle, das persönlich Tiefe. Behnke war
ein brauchbarer, guter Musiker, aber halt kein Künstler.

Aber es mußte doch sein. Und es ging auch nicht anders. Er war der
älteste. Hornbach wollte ihn sein Bedenken und Zögern gar nicht merken
lassen. Als er die Stimmen ausgab, sagte er liebenswürdig leichthin:
»Behnke, Sie spielen erster. Seien Sie brav. Ein Solo, auf das ich alles
setze, Behnke.«

Behnke verneigte sich tief, sehr tief. Er war krebsrot geworden,
glücklich, als ob er's große Los gewonnen hätte.

Nun hatte er den Lohn, den großen Lohn für seinen Fleiß, seine
jahrelange Mühe, sein Streben und seinen Eifer.

Er sollte das große Solo spielen, auf das der gute Hornbach »alles
setzte«.

»Fritz Behnke, erster Cellist des Hoftheaterorchesters«, ließ er sich
jetzt Visitenkarten drucken.

Er übte halbe Nächte lang. Es war kein Zeichen, das unbeachtet blieb.
Die ganze Stimme stand bald sauber vor seinem Geiste. Er kannte sie
genau auswendig. Er blätterte sogar im Gedächtnis um. Es sollte eine
Musterleistung geben.

Hornbach lächelte vergnügt in sich hinein. Ein bißchen spöttisch, aber
doch zufrieden. Es ging besser, als er gedacht hatte.

Und dann der Behnke. Man kannte ja den kleinen Kerl gar nicht mehr. Er
war ordentlich gewachsen. Der gute Behnke! ... Nur ein bißchen
Genialität! ...

-- Hauptprobe! Hornbach war in bester Laune. Behnke war ganz zappelig.
Er stimmte schon eine Viertelstunde lang sein Cello. Immer wieder strich
er und horchte. Das große Solo! -- ging's ihm beständig im Kopfe herum.

Er schmierte den Bogen. Seine Finger trommelten nervös auf dem
Griffbrett.

Er betrachtete sein Cello. Da in der Fuge saß ein Fleckchen Staub. Er
nahm sein sauberes weißes Taschentuch und wischte ihn aus.

Die zweite Piece war Hornbachs symphonische Dichtung.

Die Pause war jetzt um. Ganz leise und vorsichtig rupfte Behnke noch
einmal an den Saiten. Er schüttelte den Kopf.

Aber Hornbach gab schon das Zeichen.

Es durchfuhr alle wie ein elektrischer Strom.

Behnke perlte der Schweiß von der Stirn.

Gar fein bebten die Geigen ... Zitternd jauchzten die Klarinetten und
Flöten. Mächtig schmetterten die Blechbläser. Voller und voller
rauschten die Akkorde. Das war der Tag, der erwachte.

Behnke hatte bis jetzt nur in der Begleitung zu spielen. Die Celli
schwollen an und sanken wieder wie leichte Wellen eines Sees.

Und immer höher und mächtiger schwollen die anderen Stimmen an. Licht
und Jubel und Leben ...!

Nun mußte es bald kommen.

Noch einmal riefen die Posaunen wie ein Halleluja! ins Land hinaus. --
Und Flöten und Klarinetten und Geigen vereinigten sich zu freudiger
Antwort. Dann der große Triller ... und gleich nach dem Nachschlag kam
das große Solo im Cello.

... Und die Lotosfee schwimmt ans Land ... und die Wasser murmeln ...
und die Nixen haschen sich und neiden die schöne Schwester ... Und aus
dem Dickicht tritt der Ritter mit klingendem Sporn ... Und kosend und
schmeichelnd, verführerisch, in begehrender Brunst singt die Fee so süß
das Lied der Liebe ...

Behnke schloß die Augen.

Als ob der Genius seine Hand gesegnet habe -- er hatte einen Ton und
eine Tiefe, eine Wärme und einen Schmelz, goldig geradezu. Hornbach
lauschte entzückt. War das der Behnke?!

Die Geigen malten die zitternde Glut ... Aber alles übersang das Cello.

Der Behnke hatte seine Stunde. Das war der Behnke nicht. Da war etwas
lebendig geworden, das sonst nicht da war.

Voll setzte das Orchester ein, und der Jubel des Glückes und Genusses
durchbrauste den Saal ...

Da klatschten die Geladenen Beifall.

»Bravo, Behnke!« rief der Theaterdirektor.

Und Hornbach legte den Stab hin. Er lächelte vergnügt.

»Behnke!« sagte er mit eigener Betonung und nickte ihm zu. »Famos!« Der
arme Behnke aber wußte sich vor Glück nicht zu fassen und betrachtete
dann sein Instrument.

Die Probe nahm ihren Fortgang. Die große symphonische Dichtung Hornbachs
wurde tapfer bewältigt. Es mußte einen Erfolg geben.

Ein Meisterwerk, darin waren sich die Kunstverständigen, die zur
Hauptprobe geladen waren, einig.

»Ich danke Ihnen, meine Herren,« schloß Hornbach die Probe. »Nur morgen
so, dann ist's gut.«

Behnke konnte die ganze Nacht kein Auge zutun. Sein großes Solo! Der
Applaus morgen! Die Lorbeerkränze! Nun war er der erste Künstler in der
Stadt. Dem genialen Poppel, den sie so vergöttert hatten, gleich.

Der Fürst wird sicher der Premiere beiwohnen. O, dann das große Solo!

Er wird ihn sicher zum Kammermusiker, vielleicht zum Professor ernennen.
Dann müßte er sich wieder andere Visitenkarten drucken lassen: --

»Kammermusiker Fritz Behnke, Professor« -- oder vielleicht besser:
»Professor Fritz Behnke, Kammermusiker.«

Er entschied sich für diese Fassung.

In Gedanken ging er noch einmal seine ganze Stimme durch. Jede Note,
haarklein. Es wird einen Triumph geben. Trotz Hornbach.

Ob er wohl gerufen würde?!

Er würde dann einen tiefen Knicks machen und die Hand aufs Herz legen.
Aber wohin mit dem Cello? Er würde dann rasch den Bogen in die linke
Hand nehmen und den Knicks machen. Das würde gewiß gut aussehen. Ob's
wohl auf dem Zettel stehen würde, auf dem offiziellen natürlich:

Cello–Solo ..... Herr Fritz Behnke .....

Um fünf Uhr morgens hatte er schon wieder sein Instrument in der Kur. Er
stimmte es nämlich. Auf einmal mußte sich sein Gehör zehnfach verfeinert
haben. Bis auf die letzten Schwingungen hörte er genau. Es konnte ihm
gar nicht genügen. So -- einigermaßen! -- Und er schloß die Augen und
spielte sein Solo. Ganz Gefühl.

Ob er wohl den Tremulant etwas mehr anwenden sollte? Da lag doch alles
Gefühl drin.

Hornbach mochte ja freilich das Tremulieren nicht so recht leiden.
Persönliche Ansichten! Ja, er könnt's ja auch lassen. Also wie in der
Hauptprobe.

Er hatte das Anklopfen wohl überhört. Die Hauswirtin brachte den
offiziellen Zettel.

Da stand's wahrhaftig:

Cello–Solo ........... Herr Fritz Behnke.

Er hüpfte in die Höhe, daß ihm die Pantoffel von den Füßen flogen. Er
hätte laut schreien mögen; Er hätte das Fenster aufmachen und auf die
Straße rufen mögen:

Cello–Solo ........... Herr Fritz Behnke!

Er tanzte vor Vergnügen in seinem Zimmer herum.

»Ach was!« sagte er dann. »Selbstverständlich! Man muß ein bißchen
blasiert sein, wie alle Genies. -- Der erste Cellist in der Stadt! Weit
und breit!«

Dann suchte er die Plätze aus für die Lorbeerkränze. Einen über den
Spiegel, einen über sein Bild, und da einen über das Bild seiner Eltern.

Er war ein pietätvoller Mensch.

Wenn er jetzt nur eine Braut hätte! Die würde er mit dem vierten
bekränzen. Aber so war er ein alter Hagestolz. Er würde also seinen Ruhm
und sein Glück allein tragen.

Heute schmeckte ihm nicht Essen und Trinken.

Er hatte nirgends Ruhe. Er konnte den Abend nicht abwarten.

Als erster kam er ins Theater. Der Dienstmann stellte sein Cello unsanft
hin. Behnke räsonierte gewaltig.

Dann fing er an zu stimmen. Bald kamen die Kollegen und störten ihn. Das
Theater füllte sich. Bis auf den letzten Platz. Die elektrische Klinge!
ertönte. Da traten die Hofdamen in die Loge. Das Fürstenpaar folgte
nach.

Behnke fühlte unwillkürlich an seine Krawatte, ob's auch die neue weiße
sei, und ob er auch den Hemdenknopf richtig verdeckt habe.

Hornbach hatte das Zeichen gegeben.

Die Musiker spielten die erste Nummer etwas zurückhaltend. Man merkte,
sie wollten sich nicht ausgeben. Schumann fand immer Beifall.

Nun aber bei Hornbachs Symphonie! Es war schon gleich eine Wärme in
ihnen, als sie nur die Notenblätter in die Hand nahmen.

Sie sahen nach Hornbach. Der schien ganz ruhig. Er strich nur ein
paarmal über seinen Schnurrbart. Ob das nervös war?

Behnke zitterte wie Espenlaub. Es hatte ihn plötzlich eine Angst
überlaufen. Wenn er sich verpassen würde! Fehlgreifen? Nein, bei Gott,
das war ausgeschlossen. Wenn er nur auch im Tempo nichts verfehlen
würde! Um Gottes willen keine Saite reißen würde! Er sah sie sich noch
einmal an. Alles in Ordnung.

Aber er litt jetzt doch sehr. Wenn nur Hornbach anfangen wollte!

Jetzt klopfte er.

Und wie gestern, wärmer noch, voller, reicher. Bis ins einzelne klappte
es, bis aufs Tremolo der Pauke. Haarscharf. Hornbach hatte sein
Orchester ganz in der Gewalt.

Man hörte ordentlich das Feuer der Musiker heraus.

Nun schwoll der glanzvolle Jubel des neuerwachten Lebens zu höchster
Höhe. Der große Triller ... der Nachschlag ...

Nun strich Behnke sein Solo.

Er schloß die Augen. Warm und wärmer Ton um Ton. -- Süß schmeichelte die
Melodie. Wie aus einer Jungfrau Kehle -- wie aus silberner Quelle.

Die Geigen malten die zitternde Glut ... in goldigen Tönen sang das
Cello ...

Und voll setzte das Orchester ein und schwelgte in Tönen des Glückes und
Genusses.

Da brach der Beifall los -- im Parkett, droben auf der Galerie, in den
Logen, und raste durchs Theater. Der Fürst klatschte Beifall.

Blumen und Kränze flogen nach dem Dirigenten hin. Der Fürst sandte einen
großen Lorbeerkranz. Behnke zitterte. Er wollte danach greifen. Da hing
ihn der Direktor über Hornbachs Pult.

Behnke wartete noch auf etwas. Er hatte sich schon ein paarmal verneigt,
kaum merklich, als könne er so den Beifall auf sich ziehen. Er war in
äußerster Erregung. Da kam ein Kranz geflogen, gerade zu Behnkes Füßen.
Schnell stand er auf. --

»Hornbach!« rief's in demselben Augenblick.

Da knickte Behnke zusammen. Es ging ihm ein Schnitt durchs Herz, es
glühte ihm ins Gehirn ...

Hornbach hing liebenswürdig den Kranz über seines Cellisten Pult. Ja, er
sollte ihm gehören. Aber Behnke lächelte nur stumpf.

Das Solo mußte wiederholt werden.

»Noch einmal also, lieber Behnke, bitte,« sagte der Kapellmeister. »Noch
einmal so.« Und er hob den Stab.

Behnke spielte. Mit der gleichen Fertigkeit wohl, aber es klang tot. Die
zitternden Geigen deckten das Cello.

Die symphonische Dichtung Hornbachs hatte rauschenden Erfolg errungen.
Der Komponist feierte höchste Triumphe.

Gebrochen schlich Fritz Behnke heim.

Kaum daß er sein Zimmer erreichen konnte. Fieber schüttelte ihn.

Als die Zeitungen reiches Lob für sein treffliches Spiel brachten, lag
er sterbenskrank.

Der Fürst ernannte ihn zum Kammermusiker. Als er's hörte, lächelte er.

Behnke wurde nicht wieder ganz gesund. Vom Nervenfieber genesen, mußte
er pensioniert werden. --

       *       *       *       *       *




Hochsommerglück.


Da hinter den Bergen reckte sich schon der Tag. Die Sonne riß mit ihren
glühenden Fingern heftig an der grauen Wolkenwand, ohne sie niederreißen
zu können. Nur obenauf legte sich ein schmales, rotglänzendes
Streifchen, der allererste Schimmer Morgenrot.

Es war noch sehr früh.

Im weiten Felde war es noch still. Hier und da ein leiser Vogelweckruf,
kurz hervorgestoßen. Und dazwischen auch mal ein kleiner Lerchentriller.
Wie zur Probe, ob's noch ginge, so kurz abgebrochen.

Nur der Kaspar und die Lene standen schon im reifen Roggenfeld. Ihr
Herr, der allerfrüheste im Dorf, hatte sie schon herausgeschickt, als es
noch dunkel war. Er wollte was getan haben für sein gutes Geld. Kaum die
Bettruhe ließ er den Leuten.

So waren sie die einzigen im weiten Feld.

Die beiden murrten darüber nicht. Sie waren jung und schafften gern. Und
übrigens waren sie das Frühaufstehen gewöhnt.

Der Kaspar trug das Frühstück und den Weinkrug tief in den Kleeacker
nebenan und ging dann zur Lene zurück. Er guckte sich ein paarmal in der
Runde um und sagte kurz: »'s wird heiß heut, Lene.« Dann zog er sein
Wams aus, schürzte die Hemdärmel auf, schob den Hut in die Anke, und
nachdem er den Wetzstein einigemal hin und her durch den feuchten Klee
gestrichen hatte, wetzte er flott die Sense. Wie das in die Morgenfrühe
klang! Der Kaspar hatte selbst seine Freude dran, und er schlug ein paar
kurze Schläge wie einen Wirbel. --

Die Lene aber guckte ihm zu und freute sich. Ihre Augen glänzten und ihr
Mund lachte. Sie hatte unterdessen ihre Jacke ausgezogen und ihr
frischgewaschenes Kopftuch um den Kopf gebunden. Dann streifte sie noch
ihren Oberrock ab und stand nun zur Arbeit bereit.

»Also!« kommandierte der Kaspar, und die Sense schnitt in weitem Bogen
durchs Korn.

Es »schutzte« in der Frühe. Die Lene konnte kaum die Schwaden alle legen
und hinter dem Kaspar her sein, so rasch ließ er die Sense fliegen.

Und so Reihe um Reihe -- ein kurzes Zittern und Zucken -- und die reifen
Halme lagen am Boden. Und die Lene hob die Mahden mit ihrer Sichel
vorsichtig auf, teilte sie gleichmäßig ab und trug sie in gleichen
Abständen zu schwach gebogenen, hübsch parallelen Reihen auf. Denn man
sollte sehen, wer hier gearbeitet hatte.

Wie der Kaspar so die Lene: sie waren beide tüchtig und verstanden ihre
Arbeit aus dem ff. Darauf waren sie aber auch nicht wenig stolz.

Und mählich war der Tag erwacht. Im Wiesental drunten flogen die weißen
Nebel scheu hin. Die Lerchen jubelten der sieghaften Sonne entgegen, die
die Wolkenmauer tief weit dahinten in die Ecke geschoben hatte. Einzelne
Menschen bewegten sich schon auf den Pfaden und Feldwegen, Schnitter und
Schnitterinnen, Bauersleute mit Rechen und Hacken. Aber noch kein
Fuhrwerk freilich.

Im Dorfe drunten läutete es jetzt zu Tag. Süßfeierlich klang die
Frühglocke. Lange, lange Töne, über Tal und Hügel, sanft wie Flehen;
kein hartes Rufen, weiche, in der Ferne sacht verzitternde Schwingungen.

Der Kaspar hielt plötzlich den Atem an -- eben hatte er das Läuten erst
gemerkt.

»Lene, der Tag läut' an!« sagte er, stellte die Sense auf und nahm den
Hut ab. Er faltete die Hände. Und auch die Lene, die Sichel in der Hand
behaltend, schlug, so gut's ihr gelingen wollte, die Finger ineinander.

Und ein paar Augenblicke Stille und Ausruhen. Die beiden sahen zu Boden
und bewegten die Lippen. Um sie und über ihnen die verzitternden
Glockenklänge, auf ihrer Stirn der sanfte Glanz der Morgensonne. Ein
Moment des Friedens und der Andacht.

Wo sich's anderen von der Brust gelöst hätte, einer schweren Last frei,
in einem hellen Jubel -- ein Umfangen mit brünstigen Armen, ein
Einsaugen in gierigen Zügen, da hatten sie nur ein mechanisches Murmeln,
ihnen seltsam dünkender, tiefer Worte. Und doch fühlten sie etwas von
der großen, heiligen Schönheit, ein Etwas, das sie bezwang und erhob und
sich in sie ergoß, so klar und mild und rein, daß ein Glanz sie erfüllte
und ein wunschloser Friede, dem sie Ausdruck gaben in ihrem
unverstandenen Gebet, weil sie nicht eigne Worte hatten.

Einen Augenblick lang, und die Sense rauschte wieder durch die Halme.
Und immer so.

Schritt um Schritt ging der Kaspar vor. Selten ruhte er. Nur manchmal
wetzte er die Sense, oder er wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht.
Es war nämlich schon gehörig warm geworden. Aber es gab noch kein Ruhen;
dafür war das Stück, das sie gearbeitet hatten, noch nicht groß genug.
An ihrer Arbeit lasen sie die Zeit ab.

Endlich hielt der Kaspar einmal länger an. Er sah sich um und schätzte
ab, was sie hinter sich hatten, um dann kurz zu sagen: »Lene, wollen
Frühstück machen!«

Der Kaspar ging ein paar Schritte in den Kleeacker hinein und holte
Frühstück und Weinkrug. Dann setzten sich die beiden nebeneinander in
die Furche, und der Kaspar schnitt das Brot vor und teilte den Käse aus.
Sie aßen tüchtig.

Nach einer Weile entkorkte der Kaspar den Krug und hielt ihn der Lene
hin. »Da trink, Lene!«

Die Lene setzte ihn an die Lippen und sog tief. Dann reichte sie den
Krug zurück.

Und der Kaspar setzte ihn an. Ihm war's, als fühle er noch eine Wärme am
Munde des Kruges. Und er behielt ihn lang an den Lippen. Auch noch, als
er schon getrunken hatte.

Sie aßen weiter.

Der Kaspar war dicht an die Lene herangerückt. Ihre nackten Arme
berührten sich.

Der Kaspar sah die Brüste der Lene, die nur von dem groben weißen
Leinenhemde lose bedeckt, sich sanft mit dem Atem bewegten.

Und es stieg ihm heiß zu Kopfe.

Ihm war's, als müsse er die Lene umfassen. Fest und innig. Und an sich
drücken mit all seiner Kraft. Ihre Brust an seiner Brust.

Er rückte dichter an sie heran. Ganz unauffällig.

Aber er durfte nicht mehr zu ihr hinübersehen. Das fühlte er in sich. Er
durfte nicht mehr. Er hätte sonst die Lene unbedingt umfaßt.

Wie köstlich war's, ihren weichen, warmen Arm zu fühlen. Wohlig und
wonnig. Und die Erregung bohrte sich immer tiefer in ihn hinein und
jagte sein Blut, daß ihm fast wirbelte.

Aber er meisterte sich. Er aß hastig. Und öfter reichte er der Lene den
Weinkrug, ohne sie anzusehen. Und wohlig fühlte er jedesmal die Wärme
ihrer Lippen noch.

Sie hatten gefrühstückt --

In ihm sang's, die süße Lust auszukosten.

Er wollte die Arbeit wieder aufnehmen.

In ihm drängte es zu bleiben --

Er schwankte. Nein. Und er sprang auf und nahm seine Sense.

Er arbeitete jetzt mit Hast. Die Lene merkte es gleich. Er würde sich
bald die Hörner abgelaufen haben. Aber der Kaspar hielt's aus.
Bewundernd sah ihm die Lene zu, und sie blickte nun gern und öfter zu
ihm auf und hatte Gefallen und Freude an seiner kräftigen Gestalt,
seinen braunen Armen, den dicken, festen Muskeln.

Dem Kaspar war's heiß. Aber er setzte nicht aus.

Ihm kam alles so verändert vor. Alles, alles, rund um ihn. Er wußte
selbst nicht wie. Er arbeitete nur so nebenbei. Die Hauptsache war ihm
die Lene. Immer die Lene. Er mußte fortwährend an sie denken. An ihre
Arme, ihre Brüste. Wie sie frei im Hemde lagen. Wie sie sich bewegen
würden, mußte er sich vorstellen, wenn sie sich bückte, wenn sie die
Garben aufnahm, wenn sie sie wieder hinlegte. Und von Zeit zu Zeit mußte
er mal so halb rückwärts zu ihr blinzeln. Auf einen Moment trafen sich
ihre Augen, wenn die Lene zu ihm sah.

Er wußte jetzt auch, was die Lene für Augen hatte: große dunkle. Früher
hatte er das gar nicht gesehen.

Überhaupt fühlte sich der Kaspar jetzt ganz anders. Es war ein
Glücksgefühl in ihm, eine Kraft, ein Mut und eine Heiterkeit! Er hätte
jetzt alles fertig bringen können, das Allerschwerste.

Der Kaspar stellte die Sense auf und wetzte sie. +Wie+ er sie wetzte!
Das klang lustig wie ein Werben. Er wollte auch mal der Lene eins
zeigen. Und der Wetzstein sprang über den Stahl in leichtem, lustigem
Spiel.

Kling -- kling, kling, ling klang -- --

Von Zeit zu Zeit mußte er jetzt doch einen kurzen Moment einhalten. Er
war wie betäubt.

Lene! -- wollte er rufen -- aber die Kehle war ihm wie zugeschnürt.

Es verließ ihn nicht. Lene, Lene. -- Und ihr ganzes Bild ... Vor ihm, um
ihn, überall ... Und Lene, Lene -- aus dem Rauschen der Halm, dem
Klingen der Sense.

Und jetzt hörte er auch die Vögel singen, was er vorher gar nicht
bemerkt hatte. Und Lene, Lene, sang's, und Lene, Lene -- auf sie bezog
er alles. Für sie arbeitete er nur. Er wollte ihr seine Kraft zeigen.
Sie sollte noch keinen so gesehen haben. -- Und sie hatte auch noch
keinen so gesehen!

Oder wen denn? Im ganzen Dorf war keiner so. Wie er, wie er -- und
kräftiger warf er die Sense aus, weiter führte er den Bogen.

Die Lene kam ihm kaum nach. Ja, sogar die kräftige Lene nicht. Sie
schnaufte ordentlich, das freute ihn.

Die Lene aber sah zu ihm und wußte nicht, was sie davon halten sollte.
Sie mußte ihn nur bewundern. Solche Kraft hatte doch keiner mehr. Wie
der Kaspar! der Kaspar! Sie bekam einen großen Respekt vor seiner Kraft.
Und sie mußte immer wieder zu ihm hinsehen.

Einmal konnte sie sich nicht mehr halten. »Kaspar, so geht's nicht mehr.
Langsam, ich komm' nicht mit.«

Da stellte der Kaspar die Sense auf und lachte sie an. Das war ein
Triumph! Und er lachte erst kichernd mit blinkenden Zähnen, dann packte
ihn mächtig die Freude über seinen Erfolg, und er lachte unbändig, daß
die Lene ganz rot wurde.

So gefiel sie ihm noch viel besser, er wußte selbst nicht warum.

Und von neuem ging's an die Arbeit. Und wieder wie vorher die Lene,
immer die Lene, die Lene. --

Es kam ihm jetzt auf einmal wie ein Ärger darüber. Er wollte sich's aus
dem Kopfe schlagen. Aber 's ging nicht.

Dann gefiel's ihm. Es war ihm so wohl dabei. Und wieder packte es ihn,
einzuhalten und herumzusehen und so laut und jubelnd und jauchzend er
konnte, Lene! Lene!! Lene!!! zu rufen.

Aber er tat's nicht. Dann fühlte er, wie's ihm zu Kopfe stieg, siedend
heiß, und wie sein Herz hoch schlug. Da schämte er sich. Und er mähte
kräftig weiter.

Ja, auf die Dauer wurd's ihm doch zur Qual, was ihm da mit der Lene in
den Kopf geschossen war -- und doch war's ihm lieb.

Hinter dem Kaspar her schaffte immer tapfer die Lene. Wenn sie auch mal
zu ihm hinäugte, sie hielt sich doch nicht weiter dabei auf. Aber sie
bewunderte den Kaspar und hielt ihn für den stärksten Kerl, den sie
kannte. Auch für den besten und trefflichsten.

Was nur mit ihm los war!

Wenn sie merkte, wie er etwas sagen wollte, fragte sie jedesmal: Was?
Aber er schüttelte nur den Kopf.

Etwas war, das war ihr sicher.

Und auch mit ihr war eine Veränderung vorgegangen. Was ging sie der
Kaspar an! der war heut ein Schaffnarr! Einfältig, sie so ins Keuchen zu
bringen! --

Aber sie konnte ihm doch nicht böse sein. Nein, er war doch -- ja, er
war doch ein Prachtkerl. Immer mußte sie zu ihm sehen, immer stak ihr
nur der Kaspar im Kopf. Es ärgerte sie halb, halb war's ihr recht. Aber
-- äh brr! -- was ging sie der Kaspar an! Und sie schlug in Gedanken ein
Schnippchen. --

Mittlerweile hatte ein Bube das Mittagessen herausgebracht.

Der Kaspar hörte auch endlich mit seiner wilden Mäherei auf und sagte
wieder kurz: »Lene, wollen Mittag machen.« Aber es war etwas Unsicheres
in seiner Stimme; er keuchte es mehr als er's sagte.

Die Lene wurde ganz verwirrt davon.

Die beiden setzten sich jetzt wieder in die Furche, ihre Mittagsmahlzeit
zu halten, diesmal aber war's ein gut Stück weiter im Feld drin.

Wieder berührten sich die nackten Arme. Eines fühlte die Wärme vom
andern. Und beide rückten sie dicht zueinander, unwillkürlich mehr. In
beiden war etwas, was sie zueinander drängte.

Der Kaspar ließ die Lene wieder zuerst aus dem Weinkrug trinken und warf
ihr einen eigentümlichen, verschlingenden Blick zu, als er ihr den Krug
abnahm. Und nun schoß es ihm wie Feuer durchs Blut und stieg ihm glühend
zu Kopfe, da er wieder die Wärme von ihren Lippen spürte. Er schmeckte
den Wein nicht, er berauschte sich nur an dieser milden Wärme, die sich
ihm so zart wie Flaum auf den Mund legte.

Er zitterte vor Erregung.

Sie waren fertig und saßen noch eine Weile beieinander.

»Kaspar!« sagte die Lene, denn ihr war's, als müsse sie etwas sagen.

»Was?« fragte er. Aber die Lene wußte nichts weiter zu sagen.

Eine Weile saßen sie wieder stumm. Dem Kaspar war's als fühle er einen
leisen, ganz leisen Druck am Arme.

»Lene!« sagte er da, und die Lene fragte: »Was?« -- aber jetzt wußte der
Kaspar nichts weiter zu sagen.

Ein eigentümlicher Bann lag über beiden. Sie hatten das Gefühl, sich
etwas sagen zu müssen, waren sich aber nicht klar darüber. Beiden war
das so seltsam genierlich, und doch zugleich so beseligend.

Von der Welt beachteten sie nichts. Sie waren allein. Sie wurden sich
ihrer selbst nur in bezug aufeinander bewußt, das Sein und Leben des
einen erwuchs aus dem des anderen. Der Kaspar dachte nur an die Lene --
und die Lene mußte nur an ihn denken, als ob er sie dazu gezwungen
hätte. Und wie ein förmlicher Zwang war's auch über sie gekommen.

Die Grillen zirpten, die Lerchen trillerten. --

Die Sonne brannte glühend, und Insekten umflogen und belästigten sie.
Aber sie merkten nichts davon, sie starrten vor sich hin und wagten
nicht einander anzusehen.

Noch einmal reichte der Kaspar der Lene den Weinkrug.

Und diesmal konnte er nicht anders, er mußte sie voll ansehen. Ein
heftiges Zittern überlief ihn.

Das war die Lene!

Das!!

Wie ihr der Wein durch die Kehle rann, und wie sich ihre Brust hob und
senkte! Diese starke, volle Brust! Sie gab ihm den Krug zurück und
lachte ihn herzig an.

Er warf ihn in den Klee -- und frei war er von allem Banne! Er umfaßte
Lene mit starken Armen.

Lene! -- erst kam's heiß und keuchend aus der tiefen Brust. Lene! und
jetzt frei und jubelnd.

Lene! Lene!!

Er hob sie empor und drückte sie an sich. Und sie lachte und zeigte ihm
dabei ihre gesunden, kräftigen Zähne und sah ihm mit leuchtenden stolzen
Augen gerad in die seinen. Etwas verwirrt stammelte sie: »Aber Kaspar!«
schlug dann aber gleich die Arme um seinen Hals und hielt sich mit aller
Kraft fest.

Und der Kaspar hob sie hoch und jauchzte laut. Er trug sie tiefer in den
Klee hinein, tanzend, wie im Rausche. Seine Augen glühten, seine Zähne
bissen sich in ihre Lippen.

Zart legte er sie nieder, wie ein Kind die Puppe.

Die Lene aber hielt ihn fest und zog ihn zu sich herab. Mund an Mund. In
den Augen der Lene spielte es in wechselnden heißen Lichtern. Und sie
umfaßten sich fester. Noch ein ersticktes: Lene! -- und es ward still.

Die Luft flimmerte wie heißer Atem -- hoch auf stieg eine trillernde
Lerche. Und der Schöpfer ruhte und schloß die Augen, denn er wußte, daß
alles gut war in seiner Schöpfung.

       *       *       *       *       *




Der böse Wunsch.


Er war Schullehrer in einem lumpigen Nest, ganz hinten im dicksten
Odenwald. Da ging er auf in christlicher Übung der Armut und marterte
seine Nerven in »Berufsfreudigkeit«. So wurde er immer dürrer und
blasser. Böse Menschen sagten, seine Nase sei schon so eingehutzelt, daß
die Brille gar nicht mehr sitzen bleiben wolle und jede Woche mindestens
ein Millimeterchen abwärts rutsche ...

Es wäre ihm übrigens ein leichtes gewesen, sein Gelübde der Armut zu
brechen, denn bei neunhundert blanken Mark Gehalt und einer Frau und
sechs Kindern, da läßt sich's doch leben --! Und +wie+ leben! Aber doch
deklamierte der arme Schulmeister von Dingskirchen tagtäglich, wenn er
auf der kahlen Höhe stand, an der großen Eiche, wo die Touristenwege
zusammenlaufen und so viele vornehme Herren aus den Städten so stolz und
wohlgenährt an ihm vorübergingen: »Ja, wer sich heitigendags zum
Schulmaster versteht, hot vun vornerein des Gelibd der Aarmut abgeleht.«
Wie oft hatte er dies Verschen drüben in Rheinhessen, im gesegneten
Rheinhessen, wo er seine Jugendzeit verlebt hatte, sagen hören. Damals
lächelte er dazu und wollte dem schalkhaften Lennig aus Mainz, der das
gedichtet hat, nicht glauben. Damals träumte er von goldnen Zeiten und
sah den Himmel voller Baßgeigen und hörte die Engel, all die
wohlgenährten, pausbackigen Engel ein Tedeum singen. »Mein Sohn werd
Schulmaster,« prahlte sein Alter. »Des is emol e Kerl, der hot's
fauschtedick hinner de Ohren. Soll mer aach was Rechtes wern -- un wann
vun drei Johr de Wein druff geht -- -- Schulmaster!«

Dem Schullehrer von Dingskirchen gab's einen Stich in die Seele, wenn er
+daran+ dachte. Und sein Magen knurrte. -- Ob er wohl nun nach Hause
trollte, um den Quäler zur Ruhe zu bringen? Auch im Hungern kriegt man
bald einige Übung und erfindet allerhand dagegen, wenn man das
Radikalmittel nicht anwenden kann ...

So lebte der dürre Schullehrer schon seit Jahren in seinem lumpigen
Nest, ganz hinter der Welt. Und da hockte er nun fest. Früher hatte er
sich ein paarmal fortgemeldet, an bessere Stellen, gar einmal nach einer
Kreisstadt. Aber es war ihm nie gelungen. Er wußte eigentlich selbst
nicht warum. Seine Pflicht tat er wie jeder andere. Einen ernstlichen
Rüffel hatte er auch noch nicht bekommen. Auch die schlechtesten
Zeugnisse hatte er nicht gerade. Aber es gelang ihm doch nie. Es war
halt immer so eine Sache, wenn seine Meldung aus dem armseligen Nest
kam. Bald gab er das Melden auf und sagte sich in frommer Resignation:
Ich habe halt kein Glück. Und dann kam er in die Jahre, wo so ein
einfaches Gemüt sein Heim und seinen Halt sucht. Er kam sich unter den
seßhaften Odenwälder Bauern wie ein Vagabund vor, der immer herumfliegt.
Dem wollte er ein Ende machen. Und er heiratete. Eine dralle Bauerndirne
aus dem Dorf, die gescheitste nicht und die dümmste nicht, auch nicht
die ärmste, aber auch nicht die reichste. Reiche waren überhaupt keine
da.

So hatte denn der Schulmeister auch seinen Halt und sein Heim. Und nun
kamen auch bald Kinder in das Heim. Jedes Jahr eines, und einmal sogar
Zwillinge. Wie die Orgelpfeifen kamen sie. Einige starben bald. Und als
das Kinderkommen endlich anscheinend aufhörte, waren's gerade sechs. Das
Jüngste war nun +zwei+ Jahre. Jetzt war's sicher vorbei ...

Das Jüngste aber war nicht ganz gesund. Die Schullehrersleute hatten
viel Last mit ihm. Doktor– und Apothekerkosten! Und die Rechnungen
fielen immer gehörig aus. Der Schullehrer hielt etwas auf Ehre. Lieber
litt er Hunger, als daß er die Rechnungen nicht bezahlte. Und doch galt
der Schullehrer von Dingskirchen bei seiner Behörde und bei seinen
Kollegen als versackt und verkommen. Dem äußeren Schein nach zu
urteilen. Es war gut, daß er da hinten in Dingskirchen hockte -- da
hinten, hinter der Welt, wo er mit den anderen nicht in Berührung kam.
Sie mieden ihn übrigens geflissentlich. Das wußte der Schullehrer, und
das nagte auch noch in seiner Seele. Denn eigentlich war er nicht
verkommen ...

Der Schullehrer kam müd und matt von seinem Spaziergange am Abend heim.
Frau Grete hatte schon das Essen aufgetragen: Gesottene Kartoffeln und
Schmierkäse. Die fünf »Freßsäcke«, wie die Mutter die Kinder
gelegentlich nannte, saßen schon um den Tisch und erwarteten den Vater.

Er legte seinen Rock ab, hängte den Hut vorsichtig an den Haken und
sagte dann zum Ältesten: »Beten, Karl!«

Der Junge stellte sich und plapperte das Vaterunser herunter. Dann wurde
gegessen.

»War jemand da?« fragte der Schullehrer seine Frau.

»Em Herr Parre sein Knächt,« lautete die Antwort.

»Und was wollte er?«

»Du müßt morje Mittag um ein Uhr in Heimdingsen sein, do wär' Leich.«

Dem Schullehrer fiel's zwar ein, daß er da gleich nach seiner Schule
fortspringen müsse, ohne vorher etwas essen zu können, daß er eine
Stunde hin und eine her auf schlechtem Wege zu gehen habe, daß er sich
in Heimdingsen höchstens ein Käsebrot leisten könne, des Kostenpunkts
wegen, aber er machte nur: hm, hm. Denn er hatte sich daran gewöhnt, zu
allem nichts anderes mehr zu sagen.

Dann aß er seine Kartoffeln weiter.

Am anderen Tage, gleich nach der Schule, machte sich der Schullehrer auf
nach Heimdingsen. Die Grete hatte ihm doch ein Stück Brot und Wurst
eingewickelt. Er war ordentlich froh. Wie seine Grete doch so besorgt
war! --

Als die Leiche gehalten war, winkte der Pfarrer den Schullehrer zu sich.

»Morgen haben Sie Kreisschulkommissionsprüfung, Herr Lehrer. Ich habe es
die ganze Zeit vergessen. Wird ja wohl nichts zu sagen haben, Ihre
Schule ist ja wohl in Ordnung.«

Dem Schullehrer wurde das Herz schwer. Das kam zu unverhofft. Daß es der
Pfarrer auch vergessen hatte! --

Er stammelte so etwas wie Dank; und daß es nicht zu spät sei. Er wußte
selber nicht, was er sagte.

Wie immer, wenn's die Schule anging, war er heftig erregt. Alles
wippelte und zappelte in ihm. Dann eilte er nach Dingskirchen hinunter.
Er brauchte höchstens eine halbe Stunde.

Er lief direkt in die Klasse. Da lag noch ein Stoß Hefte. Aufsätze, die
noch nicht korrigiert waren. Und ein Stoß Diktate. Er nahm sie unter den
Arm, steckte seine rote Tinte ein und lief nach Hause. Da fiel ihm ein,
daß er in seinen Listen noch etwas nachzutragen hatte. Er eilte wieder
in die Klasse, sah alles nach, trug ein, legte und rückte dann alles in
Ordnung, nahm ein frisches Stück Kreide, stäubte das Kruzifix ab,
stellte sich dann mitten ins Schulzimmer und musterte alles.

-- In Ordnung -- gut so! --

Dann ging er.

Er sprach daheim kein Wort. Sogleich fiel er über seine Hefte her und
arbeitete fieberhaft. Es wollte ihm ganz schwindlig werden. Aber er
bezwang sich. Ein roter Strich nach dem anderen -- da ein Wort
eingeflickt -- da einen ganzen Satz ausgestrichen -- dann überblickte er
das Ganze noch einmal und schrieb dann die Note darunter. So bei jedem
Heft.

Die Zeit ging weiter, ohne daß er's merkte.

Seine Frau rief zum Nachtessen. Er winkte ab, ohne aufzusehen.

Seine Frau brachte ein Licht.

Er arbeitete weiter, immer weiter.

Schlag zwölf Uhr war er fertig.

Aber wie war ihm nun. Er spürte in seinem Kopfe ein Stechen, wie wenn
Nadeln darin wären. Er mußte sich den Kopf halten und drückte ihn.
Darauf wurde es ein bißchen besser.

»Eß noch was!« rief die Grete vom Bett aus.

Aber er konnte vor lauter Aufregung nichts essen.

Er legte sich. Aber an Einschlafen war gar nicht zu denken. Er war zu
aufgeregt. Und alle Augenblicke schrie das Jüngste. Es war eine harte
Nacht.

Ganz abgespannt stand der Schullehrer bei guter Zeit auf und trug seine
Hefte in die Klasse.

Schlag sieben trat der Schulinspektor mit dem Ortsschulvorstand ein.

Die Prüfung begann.

Der Schullehrer zitterte am ganzen Leibe.

»Lesen!« befahl der Inspektor.

Das Lesen ging so leidlich. Dem Lehrer wollte es ein bißchen leichter
werden.

»Kopfrechnen!« befahl der Inspektor.

Der Lehrer gab eine Aufgabe. Nach einer Weile gingen die Finger in die
Höhe.

»Wieviel? -- Du? -- Du? -- Du?«

»Falsch!« rief der Lehrer mit seiner dünnen Stimme nach jeder Antwort.

Er spürte es ganz heiß, daß ihn der Inspektor scharf ansah.

Die Aufgabe wurde vorgerechnet. Das Resultat war das der Schüler. Dem
Lehrer hämmerte es in den Schläfen. Er gab eine zweite Aufgabe. Die fiel
ihm schwer; er verschluckte, verbesserte sich, die Aufgabe war nicht
recht klar. Auf den Gesichtern in der obersten Bank erschien ein
Lächeln. Der Lehrer wiederholte dieselbe Aufgabe noch einmal. Jetzt
war's ihm gelungen.

Es gab verschiedene Antworten. Der Lehrer wurde ganz verwirrt. Er konnte
sich nicht entscheiden.

»Wir wollen die Aufgabe vorrechnen,« stammelte er.

»Wer hat 253?« fragte der Inspektor.

Die Finger gingen in die Höhe.

»Die haben's recht,« sagte der Inspektor, dann führte er das Kopfrechnen
weiter.

Er machte sich einige Notizen in sein Büchelchen.

Mit dem Lehrer ging alles herum. Er sah alles grün. Über die Gesichter
seiner Schüler ging ein grüner Schein. Und er hörte ein leises Geflüster
und Gekicher neben sich und hinter sich.

Der Schweiß wurde ihm kalt. Seine Zähne klapperten. Er fror.

»Geographie, bitte,« sagte der Schulinspektor sehr freundlich. Er hatte
wohl Mitleid mit dem armen, blassen, zitternden Lehrer.

Als der Inspektor sprach, ging es ihm wie ein elektrischer Strom durch
den Körper. Er rappelte sich auf und fing an zu prüfen. Aber in seinem
Kopfe war alles verwirrt, alles lag durcheinander. Ein Name jagte den
andern. Und alles waren nur noch Namen. Er fragte und wußte selbst nicht
was. Er fühlte nur so dunkel, daß alles falsch war. Da hörte er den
Schulinspektor mit der Zunge schnalzen. Er fühlte es deutlich, jetzt
schüttelte er wohl den Kopf. Aber es mußte, mußte gehen. Er tat noch ein
paar Fragen und verhaspelte sich immer mehr. Die Schüler lachten hell
auf.

Der Inspektor berührte ihn an der Schulter.

»Das ist ja gräßlich, lassen Sie es, bitte.«

»Herr Inspektor -- ich -- -- -- --«

»Sie sind wohl unwohl -- ich sehe es Ihnen an -- -- oder -- --?«

»Ach Gott,« seufzte der Lehrer.

Dann besprach sich der Inspektor mit dem Ortsschulvorstand. Sie
betrachteten die Hefte. Der Lehrer merkte deutlich, der Pfarrer trat für
ihn ein. Der Schulinspektor widersprach. Er erhitzte sich nun sogar.

Dem Lehrer wurde nun alles gleichgültig.

»Nun denn,« hörte er den Inspektor sagen, »wollen wir es beschließen.
Unter solchen Umständen -- -- also,« wandte er sich an den Lehrer,
»Schluß für heute -- ich sehe bald wieder nach -- unbegreiflich ... ihr
könnt gehen, ihr Kinder.«

Und nach und nach leerte sich das Schulzimmer. Der Schulinspektor sagte
dem Lehrer noch etwas, aber das hörte er gar nicht. Er war ganz
abwesend. Ihm war, als sei er geköpft worden, oder doch wenigstens, als
sei ihm mit einem schweren Hammer auf den Kopf geschlagen worden, gerade
vorn oben hin, wo die Stirn anfängt. Denn da spürte er noch den Druck.

Er stand allein in seinem Schulzimmer. Noch eine kurze Weile nur, und er
ging auch.

Wohin er gehen wollte, wußte er selbst nicht. Er ging nur. Zur Tür
hinaus, die Treppe hinunter und dann die Straße weiter. Er schritt dem
Walde zu. Als ob der Weg ganz eben wäre, so leicht schritt er die Höhe
hinauf. Ziellos ging er weiter. Und endlich stand er vor der großen
Eiche.

Ein scharfer Wind ging da. Er nahm seinen Hut ab. Die Kühlung tat ihm
wohl.

Und er ging weiter. Allmählich verlor sich der Schmerz in seinem Kopfe,
und er fühlte sich kräftiger.

Auch die Erinnerung seines heutigen Erlebnisses begann sich zu
verwischen. Bald war es ihm, als habe er einen Kater. Nur noch ein
schwaches Brummen im Kopfe. Und nun dachte er an seine Frau und seine
Kinder.

Er trat den Heimweg an.

Er kam gerade recht zum Nachtessen. Die Grete wußte schon alles; aber
sie sagte nichts. Der Pfarrer hatte es ihr ausdrücklich verboten -- ihr
Mann sei überarbeitet, hatte er gesagt. Obgleich sie zuerst darüber
ungläubig gelacht hatte, denn von Überarbeiten begriff sie nichts,
folgte sie doch dem Rate des Pfarrers und schwieg.

Die Schullehrersleute legten sich früh ins Bett. Sie hatten ja immer
schlechte Nächte mit dem Jüngsten. Das ließ gar nicht ruhen. Frau Grete,
um ihren Mann nicht zum Legen überreden zu müssen, legte sich zuerst.
Ihr Mann tat ihr alsbald nach. Er saß noch im Hemd auf der Bettkante und
zog seinen Strumpf aus, als das Jüngste schon anfing zu schreien.

»Ach Gott!« stöhnte die Grete.

»Bsch -- wsch -- wsch,« sang der Schullehrer.

Aber das Jüngste schrie immer ärger.

Nun sang die Grete:

     »Feierche, Feierche brennt --
     Mein Kind des friert an de Händ',
     Mein Kind des friert am linke Fuß,
     Daß des Feierche brenne muß.« ...

Geschrei und Singen dauerten eine Weile. Endlich hörte der Gesang auf.

»Ach Gott, was en Last, was en Last!« seufzte die Mutter. Der Vater
machte nur »hm, hm«.

»Tag und Nacht kein Ruh,« fuhr die Mutter fort. »Und das viele Geld, was
es kost! Ach Gott, ach Gott!«

Nun kam wieder eine unheimliche Erregung über den Schullehrer.
Tausenderlei schwirrte ihm durch den Kopf. Unglück -- Krankheit --
Brotlosigkeit -- Not -- Elend -- ohne Stelle -- --! Wo das nur all auf
einmal herkam!? Er dachte nun sogar ans Sterben ...

»So en Last wie mir, so en Last wie mir,« fing die Grete wieder an. »Des
saure Lewe -- is denn beim liebe Herrgott gar kein Erbarmen!«

Das kam mitten in des Schullehrers Gedanken vom Sterben hinein.

Rasch, ohne daß er's eigentlich merkte, stieg ein schlimmer Wunsch auf
und schlüpfte über seine Lippen: »Ja, wenn er es zu sich nähme, der
liebe Gott --« Er erschrak heftig, und nun war's ihm, als ob er erwache
-- --.

Er lag nun im Bette. In einem fort hörte er wie drohend den argen
Wunsch. Das ließ ihm keine Ruhe.

Das Jüngste war nun still. Die Mutter schlief. Aber der Vater konnte den
Schlaf nicht finden. Immer und immer wieder der arge Wunsch. Er stand
auf und sah nach seinem Kinde. Es schlief ruhig. Aber ihm war doch so
sonderbar. Es schien ihm, als sei's noch blasser als sonst, als gehe
sein Atem schneller. Er sah genauer und horchte. -- Nein, doch nicht --
beruhigte er sich. Er legte sich wieder. Das Wort »Erfüllung« ging ihm
durch den Sinn. Eine unheimliche Angst faßte ihn. Er weckte seine Frau.

»Grete, sieh mal nach dem Kind!«

»Loß mich schlofe,« knurrte die. »Wann mer emol Ruhe kennt.« Sie schlief
schon weiter.

Der Schullehrer stand wieder auf und sah nach seinem Kinde. Alles wie
vorhin. Er legte sich wieder.

Jetzt zitterte er am ganzen Körper. Schweiß trat auf seine Stirn. Eine
Last legte sich auf seine Brust. Das nahm ihm fast den Atem. Nun wurde
es ihm zum Ersticken heiß. »Erfüllung« -- das gespenstische Wort wieder
und wieder.

Er sah eine Gestalt auf sich zukommen, halb Habicht, halb Mensch. Die
Hände waren mächtige Fänge, die Augen glühten, in dem krummen Schnabel
staken spitze, blutige Zähne. Dieses Untier würgte alles Leben. Und ein
junges, liebes, blasses Kind spielte da am Wege. Sein Kind. Und der
Habichtmensch griff schon nach ihm ...

Eine stöhnende Angst ... Und das Kind hob das Auge, sah seinen Vater an,
so gehorsam–vorwurfsvoll, so traurig ... Welch ein Schmerz! -- Und er
lief davon, weit fort, über Steine, über Felsen -- immer den Berg hinauf
... Aber es heftete sich etwas an seine Fersen. Er trat nach hinten ...
Er hörte das Weinen seines Kindes, als habe es den Tritt bekommen ...
Aber es hielt ihn fest, fest wie mit einem scharfen Haken ... Und es
lief an ihm hinauf ... Das Leben war's, das junge Leben, das nicht
vergehen wollte ...

»Du Mörder, du Egoist!« schrie's ihm gellend ins Ohr.

Nun saß es ihm fest im Genick -- und es drückte seine Nägel in seinen
Hals ... Es überlief ihn starr, kalt ...

»Gleiches Recht -- Recht zu leben wie du -- oder Kampf!« schrie's.

Er konnte nur noch stöhnen.

»Kampf! -- Kampf!« jubelte es.

Da drückte es ihn nieder, nieder auf einen Felsengrat über einem dunklen
Abgrund. -- Er schlug sich die Schläfe auf -- da fühlte er einen
schnellen scharfen Schnitt, noch einen blutigen Riß im Gehirn -- --
alles war auseinander ...

»Leben, Leben!« schrie's über ihm. »Triumph!« ... Da brach er in sich
zusammen zu einem morschen Klumpen ...

-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --

»Johann! -- Johann!« rief die Grete.

Aber er rührte sich nicht.

Sie schüttelte ihn. Da lallte er etwas und sang: »Bsch -- wsch -- wsch
-- -- wsch« und zog's immer länger.

Die Grete sah ihm in die Augen. Die waren erloschen, beinahe wie bei
einem Toten.

Sie griff sich in die Haare. -- --

       *       *       *       *       *

Draußen rappelte eine Chaise. Der Kreisarzt fuhr am Hause vorbei. Er war
ins Dorf gekommen, um die Impfung vorzunehmen. Die Grete rief ihn
herein.

Er betrachtete den Schullehrer, fragte ihn dies und das, konnte aber
nichts aus ihm herausbringen.

Dann murmelte er etwas vor sich hin -- Nervenschlag! --
Gehirnerweichung? -- so etwas murmelte er ...

Bis Mittag riefen sich die Kinder, die froh waren, daß sie keine Schule
hatten, auf der Straße zu: »Unser Schullähre is närrischt worn ... ja --
er is +närrischt+ worn ...«

       *       *       *       *       *




Die Freite.


Also nun war es wieder November geworden. Trübe Tage. Der Oktober war
noch einmal licht und freundlich gewesen, und das Land hatte weit und
breit klar gelegen. Nur am Morgen waren die Nebel aufgezogen, lang und
dicht das Selztal hin, aber bald war die Sonne gekommen und hatte sie
vertrieben. Da hatten sie dann in den Weiden und Erlen in losen Fetzen
geflattert, bis die auch verflogen waren und nur in den ausgespannten
Spinnennetzen als dünne glitzernde Perlchen eine Spur zurückgelassen
hatten. Es waren so schöne Tage gewesen, die Oktobertage diesmal, und
man hatte noch einmal ans Leben gedacht, als wär's Sommer, hatte hinaus
gedacht zu den Menschen, ins Weite und Gesellige.

Und nun war's November und trübe, und man war mit seinem ganzen Sinnen
und Sorgen zurückgetrieben in seine vier Wände, in die Enge, und man
mußte sich einrichten auf den Winter, auf Frost und Feuchte, auf die
lange tote und unliebe Zeit.

Nun blieb die Wiesenmühle ganz abgeschlossen von der Welt. Niemand mehr,
der im Felde arbeitete. Höchstens vielleicht, wenn es Eis gab, daß die
Eismacher herauskamen. Dann die paar Bauern, die mahlen ließen. Es waren
nicht mehr viel. Die Hauptsache war schon weggemahlen, das wenige, das
noch in den Scheunen lag, das war nicht mehr der Mühe wert.

Die Wiesenmühle hatte sehr nachgelassen in den letzten Jahren. Alles
fuhr nach der mittleren Mühle, die dem Jerrisepp gehörte, weil dahin die
neue Chaussee vorbeiführte und die Bauern bequemer anfahren konnten, als
den holprigen Feldweg zur Wiesenmühle hin. Der war nun fein heraus, der
Jerrisepp. Oben, die Ecklocher Mühle, hat auch fast gar nichts mehr zu
mahlen, die Kettenmühle hätte auch fast das Rad abstellen können. Nur
noch ein paar alte Kunden waren ihr treu geblieben, und nur dadurch, daß
der Kettenmüller eine Bäckerei eingerichtet hatte, hatte er sich über
Wasser halten können.

Der Wiesenmüller war keiner von denen, die sich allzu viel Sorgen
machten. Im Gegenteil, er gönnte es dem Schlauberger Jerrisepp, daß er
so viel zu tun hatte. Er dachte, das würde auch einmal wieder anders
werden, und die vier Mühlen liefen wieder wie in guten Jahren, da sie
Tag und Nacht geklappert hatten und keiner dem anderen Neid getragen
hatte. Wozu auch neiden! Damit schadet man sich nur selbst und ändert
die Dinge doch nicht.

Vor ein paar Tagen, bei dem hellen Oktoberwetter, hatte der Wiesenmüller
noch gern droben gestanden am Giebelfenster und hatte über die Wiesen
hin hinauf zum Jerrisepp gesehen, ob noch tüchtig die Kornwagen bei ihm
einfuhren. Und richtig, der ganze Hof stand ihm noch voll. Aber dann
hatte der schöne Sonnenschein den Blick weiter gelockt, und er hatte
nach dem Dorfe gesehen, wo die Schornsteine rauchten und woher die
Glocken klangen, klar und rein herüber in den stillen Mühlengrund, in
dem die Töne verhallten wie in einem weiten Dom. Er war nicht von Sorgen
bedrückt. Er und seine Frau, sie hatten genug zusammengebracht und genug
zusammen errungen, wenn es auch einmal einen Winter lang gar nichts war,
sie verhungerten noch nicht. Was sie zum Leben brauchten, das wuchs auf
ihren Feldern um die Mühle herum, und was sonst nötig war, das konnte
von den Zinsen bestritten werden, wenn die Kasse leer wurde. Nein, es
war dem Wiesenmüller leicht und froh sogar ums Herz, wie er da oben
stand. Der Himmel war so klar und rein wie frisch ausgewaschen, und das
Land war so voll von seltenen Farben, wie man sie sonst im Jahre gar
nicht sah, und die Sonne hatte etwas so Mildes und Zartes, wie wenn sich
eine Mutter über die Wiege von ihrem Neugeborenen bückt. Er wußte gar
nicht, was es war und wie er es sich klarmachen sollte. Er kannte doch
das Land und hatte es zu den verschiedensten Zeiten gesehen, aber so
schön und anziehend hatte es noch nie dagelegen, soweit er sich erinnern
konnte. Es lockte ordentlich hinaus, und man konnte sich gar nicht
vorstellen, daß der Winter vor der Tür stünde. Er dachte daran, daß er
am Sonntag einmal mit seiner Frau und seiner Tochter ins Dorf gehen
könnte, den »Neuen« zu probieren. Ja, das könnte man wirklich einmal, es
war ganz gut, sich von Zeit zu Zeit im Wirtshaus sehen zu lassen. Sonst
wurde man den Leuten ganz fremd und muffelte sich so in sein Alleinsein
ein, daß kein Mensch mehr etwas mit einem zu tun haben wollte und die
Welt einen gar nicht mehr verstand. Er summte ein altes Liedchen vor
sich hin. Dann pfiff er. Und weil in der Mühle der Gang jetzt leer
gelaufen war, hallte die Schelle laut zu ihm herauf, daß er aus seiner
Stimmung gerissen wurde und ein barsches Hallo! hinunterrief. Dann ging
er, aufzuschütten. Aber das behielt er sich, daß er am Sonntag ins Dorf
zum »Neuen« gehen wollte.

Da er aber am Sonntag aufwachte und zum Fenster hinaussah, war alles in
dichten Nebel gehüllt, daß man keine drei Schritt weit sehen konnte. Und
der Wiesenmüller sagte nichts zu seinen Leuten vom »Neuen« und behielt
seinen Gedanken für sich. Aber er sagte zu seiner Frau, daß man jetzt an
den Winter denken und sich verwahren müsse.

       *       *       *       *       *

Richtig, am Montag, in aller Frühe, saß er denn auch schon auf seiner
Scheunentenne am langhalmigen Stroh und legte sich's zu Schichten und
Wulsten, machte dann eine Strohtür für den Stall, rahmte Fenster und
Haustür mit Strohzöpfen ein, stopfte sonst noch zu, was die Kälte
hereinlassen konnte, die Keller– und Dachluken, die Löcher in den
Stalltüren und die Tröge des Schweinestalles. Die Wasserpumpe und die
Pfuhlpumpe umwickelte er so geschickt mit den hellen Strohzöpfen, daß
sie ordentlich stolz aussahen und so recht behaglich in ihren warmen
Kleidern dastanden, wie junge Mädchen, die zum erstenmal die neuen
Wintermäntel anhaben.

Die Müllerin saß indessen drin am wärmenden Kastenofen und strickte
warme Wintersocken und Knie– und Pulswärmer. Sie stopfte die
Fausthandschuhe Und sah auch die wollene Strumpfkappe des Müllers nach,
ob nicht die Motten Löcher hineingefressen hätten oder eine Masche
aufgegangen war. Es war eine recht mechanische Arbeit, und sie duselte
von Zeit zu Zeit ein kleines Weilchen drüber ein und nickte ein
Stückelchen herunter. Wenn dann die Schelle am Mahlgang riß, fuhr sie
auf und strickte oder stopfte hastig weiter und sah sich jedesmal dabei
ein wenig in der Stube um, ob sie niemand beobachtet hatte, obgleich sie
wußte, daß sie allein war.

Nur für die Eve, die einzige Tochter, brachte die Zeit nichts Neues und
keine Veränderung. Sie besorgte die Arbeit in der Küche, und Sommer wie
Winter wollten die Menschen ihren Tisch gedeckt haben, und das Vieh
wollte sein Futter; Küche und Stube und Ställe brachten immer die
gleiche Arbeit. Nur die Feldarbeit fiel freilich ein paar Wochen lang
weg. Dafür half sie der Mutter etwas bei ihren Ausbesserungen, wenn sie
mit dem anderen fertig war.

Die Eve tat ihre Arbeit mit Fleiß und Lust. Es freute sie, etwas hinter
sich zu bringen, was es war, war ihr gleich. Sie wußte, es war auf der
Welt keinem Menschen etwas gespart. Warum sollte es ihr sein. Und sie
schaffte ja auch für sich selbst. Wenn's für andere Leute wäre, ja dann
wär's eher zum Murren und Überdrüssigwerden, aber so. Sie war eine
vergnügliche Natur, freute sich, mit jemand zu plaudern, hörte gern
Neuigkeiten, fragte gern aus -- was hatte sie denn auch sonst hier
draußen in der Abgelegenheit! -- sang gelegentlich ein Liedchen und lief
gern in die Kirche. Sie konnte den Rosenkranz aus dem »ff« beten. Und
das war so bequem. Dabei konnte sie sich in der Kirche umsehen -- links
ein bißchen herausschielen, rechts ein bißchen -- und das Lippenwerk
ging immer weiter, und wenn die Kirche aus war, waren es nur wenige, von
denen sie nicht gewußt hätte, was sie anhatten und was sie auf dem Kopfe
trugen, wer etwas Neues hatte und wer nur immer und ewig dasselbe trug.
Selten auch, daß sie sich in ihren Berechnungen getäuscht hatte, wenn
sie im Dorfe fragte, ob denn da und dort das Kleine noch nicht
angekommen sei.

Es stimmte denn auch fast immer, und wenn es einmal nicht stimmte, so
war daran ein Grund schuld, den die Eve nicht vorher hatte wissen
können. Aber alles, was sie von den Menschen wußte, das plauderte sie
nicht weiter aus. Sie sagte keinem etwas Böses nach. Nur ihrer Mutter
erzählte sie die Dorfmirakel, und die war schon so abgestumpft, die
hörte sie nur mit einem halben Ohr. Die Eve war keine Ausmacherin. Sie
war nur neugierig. Sie ließ sich mehr erzählen, als sie selber erzählte.
Und von jedermann war sie wohl gelitten, wenn sie auch einige eine
»Trutschel« nannten. Das waren aber meist solche, die bei dem alten
Wiesenmüller abgefahren waren, wenn sie um die Eve angehalten hatten.
Denn der alte Wiesenmüller, so ein guter Kerl er auch war, vormachen
ließ er sich doch nichts. Er wußte ganz genau, daß es den Werbern nicht
um die Eve zu tun war, sondern um das, was sie mitbekam, und da sagte er
immer nein. Ganz hart und schroff. Die Eve war nicht schön. Der Müller
wußte das. Ihr eckig Gesicht verlockte keinen. Darum war's keinem zu
tun. Aber die einzige Tochter, der einmal das ganze Vermögen zufiel, das
stach ihnen in die Augen. Zudem hatte die Eve zu keinem eine besondere
Zuneigung verraten, und der Müller war noch aus der alten Zeit, in der
man gemeint hatte, zum Heiraten gehöre auch noch etwas anderes, als nur
ein Schrank voll Weißzeug, ein paar Verschreibungen, ein Bündel blaue
Scheine, und die Frau nur so als Dreingabe, weil man sich ja trösten
konnte, daß bei Nacht alle Katzen grau sind. Und seine Verweigerung
mußte die Eve dann büßen. Sie wurde eine dumme »Trutschel« genannt.

Wer aber die Leute ein bißchen besser kannte, wußte, daß da ein paar
Füchsen die Trauben zu sauer gewesen waren, und sie lachten sich
heimlich ins Fäustchen.

So ging also die Zeit herum und brachte keine Veränderung in der Mühle.
Der November war feucht und neblig, und wenn die Müllersleute abends
beisammen saßen, sagte die Eve einmal: »Es ist doch schade um den
schönen Oktober, es war doch gar so schön Wetter!«

Die Mutter nickte der Eve zu. Der Vater aber murrte: »Dumm Gered, das
ich nit hör'n kann. Nix ist schad. Der Oktober ist da, daß er vergeht,
damit auch der November vergehen kann. Du solltest's nur mal erleben, 's
ganze Jahr Mai oder 's ganze Jahr dein schöner Oktober, da könntest du
bald blau pfeifen, sag' ich dir. Man muß die Feste nehmen, wie sie
fallen, und 's Wetter, wie's wird. Alles andere ist Weibergewäsch und
hat keinen Wert. Fertig! Und wenn's Frühjahr kommt, dann fangen wir
wieder von vorn an und tun unser Bestes, das wir tun können. Fertig. Und
das ist das Richtige!«

»Du bist doch ein alter Brummbär,« sagte die Müllerin.

»Ich jammer nur nit, weiter gar nix. Wer anders besser zu seinem Teil
kommt, meinetwegen. Ich mach's auf meine Art. Fertig!«

       *       *       *       *       *


Es war wieder Sonntag. Wieder hatte er mit dem dicken Nebel begonnen,
der wie lauter graue Wolle war. Aber es schien, die Sonne könnte ihn
heute packen. Sie hing schon den ganzen Morgen als blasse Scheibe am
Himmel, und man sah sie von früh an ihren stillen Weg gehen, wenn sie
auch verborgen war. Da es gegen Mittag ging, hatte sie richtig den Sieg
davongetragen. Sie glänzte im Blauen, daß man ihr nicht ins Antlitz
sehen konnte. Und die ganzen Wiesen glitzerten, und an den Gerten der
Weiden glitzerte es.

Die Eve spülte das Eßgeschirr und sah von Zeit zu Zeit an dem
Küchenfenster vor ihr hinaus übers Land. Es war ihr ganz seltsam zumute.
Gerade als ob sie etwas erwarte. Als wenn draußen ein Wind stehe, fest
in die Weiden und Pappeln am Bach gekeilt und jeden Augenblick sich
losmachen könnte und heranbrausen. Aber nein, das war es gar nicht. Gar
nichts Brausendes. Etwas Stilles und Sanftes. Als wenn jeden Augenblick
die Glocken vom Dorf herüberklingen müßten. Oder als ob ein Festzug den
Weg herkommen müßte, jetzt oben um die Ecke herum und dann die
Wegbiegung lang und weiter her nach der Mühle zu. Der Eve schienen die
Wege so leer heute. Gerade als verlangten sie es, daß etwas auf ihnen
vorgehe, daß über sie geschritten werde. Ach, sie war ja dumm. Nichts
war natürlich von all dem, es war einfach Sonntag, und die Sonne schien,
die Wiesen glitzerten, und der Himmel hatte so ein tiefes Blau,
besonders wenn man zwischen den Bäumen durchsah, so blau, wie wenn eine
Waschfrau zu viel Bläue in die Bütte tut. Das war es einfach, und da
juckte es ihr in den Kleidern, als stecke sie in einem rauhen Bockfell
drin.

Die Eva spülte weiter. Aber die Augen gingen ihr doch immer wieder hoch
durch das Fenster hinaus und zogen die Wege hin, die zwischen den Wiesen
sich krümmten und sich oben im grauen Feld, das stellenweise von der
Feuchtigkeit ganz tiefbraun war, verloren. Sie unterbrach ihre Arbeit
nicht, aber ihre Gedanken waren nicht dabei.

Und immer wieder sah sie nach den drei Mühlen, die ganz hellklar in der
Sonne lagen, während die ihre abseits im Dämmer und in der schlummerigen
Feuchte träumte.

Die Eltern saßen drin in der Stube und erzählten sich, was sie auf dem
Kirchgang des Morgens im Dorf alles gehört hatten. Der Vater trommelte
dazu auf der Fensterbank und trat den Takt mit dem Fuße, und die weiß
und rot gefleckte Katze schnurrte hinterm Ofen. Die Mühle lief. Aber sie
lief leer, und der Müller hatte heute keine Lust, aufzuschütten.

»Der Jerrisepp ist heut so scheu an uns vorbeigegangen,« sagte die
Mutter.

»So, scheu? Hast du das gemerkt? Na, ich kann nit wissen, was er hat.
Und wenn er was hat, kann er's doch sagen. Wir haben uns nie was
nachgetragen, wir vier Müller, und hatten auch nie keinen Futterneid.«

»Es heißt, er soll sich verheiraten wollen. Wenigstens sagen's die
Leute.«

»Mein, was die Leute sagen. Aber 's könnt ja auch schon sein. Warum nit?
Er ist länger Junggesell geblieben, als es andere aushalten. Und eine
Frau ernähren, das kann er.«

»Du meinst, lang genug gesucht hätt' er?«

»Meinetwegen heiß' es so,« meinte der Alte dazu. »Was der Jerrisepp
macht, macht er vorsichtig und sicher, alles was wahr ist.«

»Auch uns die Kunden abspannen.«

»Auch das. Aber wann er's fertig bringt, bringt er's halt fertig. An
seiner Mühl' vorbei geht halt die Chaussee, da braucht er sich kein
extra Müh' zu geben. Und das will ich auch nit von ihm denken, daß er
sich darin extra Müh' gäb. Die Tauben, die einem in den Schlag fliegen,
die fängt man halt. Ich tät's auch so machen, warum nit?«

»Ich sag's ja immer, daß du die Menschen nit verstehst. Und dadrum hast
du auch immer 's Nachsehen.«

»So, Mutter, meinst das? Na ja, vielleicht hast recht. Es kann aber auch
sein, daß du nit recht hast. Guck, gönn's doch dem Jerrisepp. Es war
doch ein bißchen zurückgegangen bei ihm, durch die viele Krankheit, seit
sein Vater hat ins Gras beißen müssen. Dann immer die kranke Mutter und
die kranke Schwester, bis sich der liebe Gott erbarmt hat und sie alle
beide abgerufen.«

»Das ist ja nit unwahr --«

»Und na ja, wir haben gerade genug. Wir haben nur die Eve, und es ist
nit zu gering, was wir der einmal mitgeben können. Und was wir brauchen,
das bringt uns noch die Mühl', und kommt später einmal ein anderer
Müller herein, so soll er halt auch tun, was ich auch einmal hab' tun
müssen. Aber jetzt bin ich dazu zu alt. Dazu muß man jung sein. Also
brummel nit und gönn's dem Jerrisepp.«

Er trommelte heftiger und trat fest den Takt. Die Katze schnurrte und
der Sägemann auf dem Kastenofen setzte nur geschwinder seine Arbeit
fort. Die Alten waren jetzt still und sannen vor sich hin.

Draußen klapperten die Teller und Schüsseln. Die Eve spülte eifrig. Man
konnte es in der Stube hören trotz dem Gang der Mühle.

Plötzlich hörte das auf.

»Kann die Eve denn schon fertig sein?« fragte der Vater.

»Kann gar nit sein,« antwortete die Mutter.

Nun lauschten die beiden Alten.

Aber draußen blieb es still. Denn die Eve stand am Fenster und blickte
über die Wege, die Hand mit dem Spüllappen noch in der Spülschüssel. Sie
war vorhin schon aufmerksam geworden. Wer kam denn da den Pfad her? Da
oben kam jemand.

Sie äugte scharf.

»Der Jerrisepp! Jesses, der Jerrisepp! Rein und heilig!«

Aber was war denn dabei, wenn es wirklich der Jerrisepp war? Wie oft war
der den Wiesenpfad schon gegangen, und es war ihr nichts drüber
eingefallen. Warum denn heute?

Sie fing wieder an zu spülen?

Aber war er's denn wirklich? Sie guckte sich halb die Augen aus.
Wahrhaftig, er war's. Und er ging den Pfad nach ihrer Mühle zu.

Am Feldweg da oben konnte er freilich noch abbiegen. Sie wollte sehen.
Und sie hörte wieder mit dem Spülen auf. Nein, er ging geradeaus weiter.
Jetzt über den Steg.

Er konnte doch nicht da oben an seinen Acker gehen wollen. Was hätte er
da jetzt sehen können? Gar nichts.

Nein, er ging den Pfad weiter und weiter herunter. Jetzt war er an der
Selz selbst und ging über die weiße Brücke. Na ja, nun war's sicher, er
kam zu ihnen.

Der Eve schlug das Herz, hart und rasch. Sie wußte gar nicht warum. Sie
konnte es gar nicht begreifen. Was ging sie der Jerrisepp an? Wie konnte
ihr der Jerrisepp das verursachen? Er war ihr doch kein Fremder. Er war
freilich lange nicht hüben gewesen. Allerdings. Aber das war doch kein
Grund. Früher war er öfter gekommen. Aber was lag am Jerrisepp? Er war
der nächste Nachbar. Fertig!

»Fertig!« sagte sie. Sie gewöhnte sich das immer mehr vom Vater an. Aber
es war doch nicht fertig. Sie mußte immer wieder aufhören und nach dem
einfältigen Jerrisepp sehen. Er ging ordentlich feierlich heut. Oder kam
ihr das nur so vor? Er hatte sich fein gemacht. Das wollene Tuch um
seinen Hals war funkelnagelneu. Und auf der Kappe saß kein Riebelchen
Mehlstaub.

»Vater,« rief sie in die Stube, »ich glaub' der Jerrisepp kommt zu uns!«

»Gut, soll er kommen,« sagte der Vater.

Dann spülte die Eve weiter. Und zwar guckte sie nun auch nicht mehr auf.
Der Jerrisepp war jetzt nach der Mühle hereingebogen und vom Fenster aus
nicht mehr zu sehen.

Der Cäsar schlug an. Die Eve rief ihm zu. Da war er still und ließ den
Jerrisepp passieren. Gleich darauf ging die Haustür. Der Jerrisepp trat
ein.

Er ging direkt auf die Stubentür zu und klopfte an.

Als er eintrat, legte die Müllerin ihr Strickzeug in den Schoß, und der
Müller hörte einen Augenblick auf zu trommeln.

»Bist lang nit dagewesen, Jerrisepp!«

»Ihr auch nit bei mir, Nachbar. Und alle Gebot kommen, geht doch auch
nit.«

Es war in beider Reden etwas wie ein spitzer Ton, ohne daß sie's beide
beabsichtigten.

»Ja,« lachte der alte Müller, »ich kann halt immer nüber gucken zu dir,
bis in dein' Haustür hinein, da brauch ich nit zu dir zu gehen.«

»Ja, freilich,« stichelte der Jerrisepp, »da habt ihr auch sehen können,
daß ich tüchtig zu mahlen hatt' den Monat?«

Er lächelte spitzbübisch.

»Ja,« sagte der alte Müller, »und ich hab' dir's von Herzen gegönnt.«

Der Jerrisepp besann sich. Er war betroffen. Es hatte so gütig
geklungen. Er war ein bißchen verwirrt.

»Euer Mühl' läuft leer, Nachbar,« entfuhr es ihm. Dabei wurde er rot.

»Die feiert Sonntag heut,« erwiderte lächelnd der Müller. »Man muß so
einer Mühl' auch ihren Sonntag gönnen.«

Nun war der Jerrisepp ganz geschlagen. Um so mehr verwirrt wurde er. Er
wußte nicht mehr zu unterscheiden, was gut und was nicht gut zu reden
wäre. Und er hatte sich doch alles ganz genau ausgedacht gehabt, was er
sagen wollte.

Der Jerrisepp verwurstelte sich noch weiter. »Mein' Mühl' kann ich halt
nit Sonntag feiern lassen, das verträgt's nit. Es ist halt, daß ich
durch die neu' Chaussee so einen guten Weg gekriegt hab'. Die Fuhrleut'
wollen doch die holprigen Feldweg' heutigestags nit machen. Drum ist's
halt was anders bei Euch, Nachbar. Den langen Feldweg scheuen sie halt
all.«

»Und kommen aber doch,« fuhr die Müllerin nun heraus.

Der alte Müller bekam einen roten Kopf. Er trommelte sehr laut.

»Willst dich nit setzen, Jerrisepp?« fragte er. Der Jerrisepp tat's.

»Bei dei'm Großvater und mei'm Vater, Jerrisepp, wie ich noch Bub war
und an dich noch kein Mensch gedacht hat, war's anders. Jeder hatt'
damals sein gleich Teil.«

»Ja,« sagte der Jerrisepp, »so wie's bei den Menschen ist, daß die einen
alt werden und die anderen jung, so ist's auch mit den Mühlen. Das eine
überlebt sich, daß andere erhebt sich.«

»Hm!« knurrte der Alte.

»Ich hab' sogar noch weiter gedacht. Ich seh' ein, daß die Müllerei muß
zugrunde gehen, wenn sie nit ein bißchen aufgeholfen kriegt. Durch die
Müller mein' ich. Die alten Einrichtungen taugen nit mehr. Ich hab' mir
Bücher angeschafft, die fürs neue sind. »Der praktische Mühlenbauer«,
»Unsere Mühleneinrichtungen«, »Dampf– und Wassermühlen«, und noch so ein
paar. Man kann ja nit alles brauchen, was da grad drinsteht, aber
manches ist doch richtig und gut. Ich will jetzt die Sach' anders
einrichten. Zuerst mal das Wasser besser ausnutzen. Das geht ja so nit
mehr. Alle paar Tag' verschlammt, und wann am meisten zu mahlen ist, am
wenigsten Wasser. Alleweil drückt sich's nit so mit der Arbeit, da
kriegt man eher jemand und braucht auch die höchste Löhn' nit zu
bezahlen. Ich hab' mir drum für morgen fünf, sechs Mann bestellt, ich
heb die Bach vor der Mühl' aus, faß das Wasser enger und leit's hoch und
mach mein Rad oberschlächtig.«

»Was tausend!« knurrte der Müller.

»Dann rechne ich, geht's wieder zehn, fünfzehn Jahre. Und gehts dann nit
mehr und man erlebt's noch, so kost's halt eine Dampfmaschine.«

»Jerrisepp,« fuhr es der Müllerin heraus, »daß du dann so einen hohen
Schornstein bauen müßt?«

»Gewiß, Nachbar'n, man muß mit der Zeit gehn. Wer das richtig tut, wird
nix dabei verlier'n, aber zugucken, wie's dort weitergeht und doch still
sitzenbleiben auf sei'm alten Fleckelchen, das führt zu nix. Ja, und was
ich sagen wollt, Nachbar, mit dem Wasser das, Ihr müßt auch dabei was
tun. Ich kann dann mit wenig Wasser mahlen, aber bei dem schlechten
Zustand von der Bach wird's bei Euch dann erst recht hapern. 's ist halt
alles verschlammt, und Euer Gefäll ist so gut wie keins. Die Hauptkraft
nehm' ich dann weg, wie gesagt, weil das Wasser dann kein' Gewalt von
oben mehr für Euch hat.«

»Ich hab' aber das Wassergerecht schon von alten Zeiten her,«
protestierte hier der Müller.

»Ganz recht, Nachbar, das Wassergerecht wird Euch auch nit genommen, nur
das Wasser wird seine Kraft verlieren. Und unser Mühl' ist auch nit
jünger wie Eure. Bloß hab' ich den Vorteil, daß ich oben lieg und Ihr
unten, und daß ich also vor Euch das Wasser hab'.«

Der Alte sah, daß ihn der Jerrisepp festhatte. Und der Jerrisepp sah,
daß sich das Blättchen gewendet hatte. Nun galt's, den Vorteil
ausnützen. Der Alte brummelte etwas vor sich hin, das der Jerrisepp
nicht verstand.

»Es ist ja vorauszusehen, Nachbar, und darüber muß man sich klar sein,
wenn ich mein' Betrieb in die Höhe bring, geht Eurer herunter. Das liegt
auf der Hand. Weismachen wollen wir uns nix. Was ist, das ist. Aber ich
hab' mir gedacht, da wär' doch abzuhelfen. Ich denk' immer bloß nit von
heut auf morgen, auch auf übermorgen. Und da hab' ich gemeint, Ihr macht
einfach ganz zu, Nachbar!«

Der Müller fuhr auf. Und die Müllerin gab der Katze einen Tritt.

»Radikalkur!« sagte der Alte. »Ich bedank mich aber schön.«

Aber der Jerrisepp war jetzt im Zug.

»Ihr seid alt und habt genug geschafft Euer Lebtag, Ihr könnt jetzt
ausruhen. Was ich vom Werk brauchen kann, das nehmen wir heraus, und ich
bezahl's Euch so gut, als es zu bezahlen ist. Ihr zieht herüber zu mir,
ich setz noch einen Kniestock auf mein' Mühl' -- und, die Eve wird mein'
Frau, und der eine Betrieb nährt uns besser, als die zwei, wo Ihr nix
habt, und ich am End' auch nur Euer Feindschaft. Es will alles beraten
und bedacht sein im Leben, und ein fetter Ochs ist allemal noch besser
als zwei magere Küh', das mein' ich.«

Der Jerrisepp war während dieser Rede doch erregt geworden. Es war ja
auch nicht leicht gewesen, das mit der Eve, und er hatte seine Kappe
rasch in den Händen gedreht, wie's heraus mußte.

Der alte Müller hatte heftig getrommelt und den Takt getreten, die
Müllerin machte noch große Augen und schien gar nicht zu sich zu kommen.
So halb etwas Glänzendes war nämlich in ihren Augen.

»Das wär' schon ein Plan,« stammelte sie.

Aber der alte Müller guckte sie streng an, daß sie sich ganz
zusammennahm und ihre weitere Rede für sich behielt.

Es blieb still zwischen den dreien.

»Ihr müßt mir doch sagen Nachbar,« unterbrach der Jerrisepp das
Schweigen, »daß ich's gut mit Euch mein'.«

Das löste die Spannung beim alten Wiesenmüller.

»Auf Gnad' und Barmherzigkeit, Jerrisepp, nein, dadrauf sind wir doch
noch nit angewiesen. Nit wahr, Mutter? Wir haben all unser Tag redlich
geschafft und hausgehalten, und wann wir ruhen wollen, ruhen wir daheim,
wo wir alt geworden sind und wo wir auch sterben wollen. Nit wahr,
Mutter?«

Das hatte sehr traurig und bitter geklungen.

Aus den Augen der Müllerin war nun das Glänzende geschwunden. Sie waren
trübe geworden, und sie mußte sich schnäuzen.

»So ist das aber nit gemeint, Nachbar, und so ist das auch nit zu
verstehen. Ihr seid ja dann bei Eurer Tochter.«

»Hm, hm!«

Dann war's wieder eine Weile still.

Die Tür ging auf, und Eve steckte den Kopf herein.

»Soll ich den Kaffee bringen?« fragte sie.

»Ja, bring ihn,« sagte der Vater.

Der Jerrisepp trank eine Schale Kaffee mit und aß ein Stückchen
Apfelkuchen, den die Müllerin alle Sonntage backte, sobald es Äpfel gab
und solange es gab.

Es wurde nun vom Wetter geredet und den Kartoffeln und von den Reben und
der Traubenernte. Der Jerrisepp meinte, man müsse sich auf eine neue
Pflanzung besinnen, es sei ja doch schon lange nichts mehr mit den
Reben.

»Du willst aber gerad' alles umstürzen,« spöttelte darauf der
Wiesenmüller.

»Es kann nit alles ewig halten. Menschenwerk ist nit für die Ewigkeit,«
erwiderte ihm der Jerrisepp mit Nachdruck.

Die Mutter wechselte einen Blick mit der Eve und zog die Augenbrauen
hoch. Die Eve lächelte und wurde rot. Sie guckte in ihre Kaffeeschale
und rührte verlegen den Zucker.

Als der Kaffee getrunken war, trug die Eve ab. Und als sie draußen war
und der Jerrisepp sich mit einem scharfen Blick nach der Tür
vergewissert hatte, daß die Eve außer Hörweite war, fragte er: »Nun, wie
ist's, Nachbar, habt Ihr Euch besonnen?«

»Allerdings,« sagte der Wiesenmüller, »und zwar so, daß nix draus werden
kann. Wir sind noch nit so weit, die Mutter und ich, daß wir aus dem
Haus zu gehen brauchen auf Gnad' und Barmherzigkeit. In unseren Jahren
aber außerdem, geht man nur aus sei'm Haus, wann man hinausgetragen wird
auf den Kirchhof. Bis dahin --«

»Hm, hm,« machte nun der Jerrisepp. Er lächelte verschmitzt in sich
hinein.

»Das ist ganz schön, Nachbar, aber ob's nit doch vernünftiger wär' --«

»Du guckst's mit deinen Augen an, ich mit meinen, da sieht's jeder auf
eine andere Vernünftigkeit.«

»Also brauchen wir nix mehr zu reden?«

»Dadrüber vorläufig nit. Nein, das wollen wir doch noch mal ein bißchen
abwarten.«

»Hm, hm! Wie Ihr wollt, Nachbar.«

Dann ging der Jerrisepp, und lächelte auch dann noch verschmitzt vor
sich hin. -- --

In dieser Woche blieb plötzlich die Wiesenmühle stillstehen. Der Müller
sah nach, es fehlte an Wasser. Wie ausgetrunken war der Bach. Das hatte
der Jerrisepp gemacht. Er schaffte oben sechs Mann hoch. Nun, der
Wiesenmüller wollte den Frieden bewahren und wartete noch ein paar Tage.
Aber das Wasser kam nicht. Endlich lief ein dünnes Rinnsal. Und als es
mehr wurde, war's recht schwach und träge. Da es nicht besser werden
wollte, schickte der Wiesenmüller die Eve hinauf zum Jerrisepp, fragen,
wann er denn mit seiner Arbeit fertig sein werde. Sie sei schon fertig,
brachte die Eve Antwort. Es hatte schon immer so wie so an einem
tüchtigen Gefäll gehapert, nun war ihm alle Kraft genommen. Droben beim
Jerrisepp war's fein eingefangen und hoch gelegt und rauschte es nur so
übers Rad. Dann hatte er's unterhalb der Mühle ganz tief gelegt, so daß
es sich nur so faul durch die Wiesen hinsickerte bis es zur Wiesenmühle
kam.

Das ging dem Wiesenmüller denn doch über die Hutschnur. Er band sein
Halstuch um und ging ins Dorf zum Bürgermeister. Da erfuhr er, daß der
Jerrisepp die Genehmigung eingeholt und alles ordnungsgemäß vorgelegt
und begründet hatte. Es war freilich nicht gesagt, daß er der
Wiesenmühle das Wasser schwächen werde, aber es war genug damit, daß er
ihr es nicht genommen hatte. Wenn er seine Wasserverhältnisse
verbesserte, so war das ja ganz natürlich. An dem Wiesenmüller sein
Wasserrecht war nicht gerührt, wenigstens nach Ansicht des
Bürgermeisters. Das übrige müßten dann freilich die Advokaten besorgen.
Der Wiesenmüller kratzte sich hinter den Ohren. Schon wenn er das Wort
Advokat hörte. Er hatte sich vorgenommen, im Leben keinen Prozeß mehr zu
führen, nachdem er vor langen Jahren den ersten verloren hatte. Da hatte
er gesehen, was das kostet. Es war wegen eines Äckerchens damals
gewesen: gegen den Bruder seiner Frau. Das Äckerchen ging dabei verloren
und zwei andere noch dazu.

Der Wiesenmüller besann sich unterwegs, wie er die Sache auf gütlichem
Wege schlichten könne. Er dachte an den Paul Ludwig. Das war der Müller
von der Ecklocher Mühle. Der mußte einmal mit dem Jerrisepp reden, ehe
es zur Klage kam und das Gericht sich in die Sache mischte.

Der Paul Ludwig war ein sonderbarer Kauz. Seit Jahren war er nicht aus
seiner Mühle herausgekommen. Um die Menschen kümmerte er sich gar nicht.
Er hatte nur seine Mühle, das Feld, die Wolken und seine Pfeife. Er war
der Wetterkenner. Morgens in aller Frühe reckte er den Kopf aus seinem
kleinen Mühlenfensterchen heraus und schaute sich nach dem Wetter um.
Und das geschah so noch ein paarmal am Tage. Er wußte ganz genau
Bescheid. Wenn der Paul Ludwig sagte, daß es zur Kirchweih regnen werde,
so konnte man ganz sicher sein, daß es eintraf. Wenn ein Verein ein Fest
feiern wollte, ging man erst zum Paul Ludwig, um ihn wegen des Wetters
zu befragen. Das meiste Ansehen hatte der Paul Ludwig gewonnen, als er
die schlechten Weinjahre prophezeit hatte. Und sie waren alle so
eingetroffen, wie er es vorausgesagt hatte. Er beobachtete alles, die
Kleeblüte und den Bienenflug, die Vogelstimmen und den Nestbau der
Vögel, und noch viele ganz natürliche Dinge, die er den Leuten gar nicht
sagte, wenn sie ihn fragten. Außerdem putzte er die Schwarzwälder Uhren
aus, wenn sie stehen geblieben waren, und ölte sie auch ein. Er konnte
alles. Nichts, was er nicht hätte bosseln können. Er reparierte sogar
den Musikanten des Dorfes die Instrumente, und wenn sich einer einen
ganzen Tag lang abgemüht hatte, den Stimmstock in einer Geige zu stellen
und es ihm doch nicht gelungen war, so ging er eben zum Paul Ludwig, der
machte es im Handumdrehen. Wie aber der Bienenstand vom Paul Ludwig
aussah, so schön gab's keinen mehr in der ganzen Gegend.

Von den Umgestaltungen, die der Jerrisepp mit seinem Wasser und in
seiner Mühle vorgenommen hatte, war ihm schon erzählt worden, aber so
sehr er sich dafür interessierte, hingegangen wäre er nicht. Nun ihn der
Wiesenmüller bat, ihm den Vermittler zu spielen, war's ihm gerade recht,
das war ihm eine Gelegenheit, sich die Arbeit vom Jerrisepp anzusehen.
Er stülpte also sein besseres Käppchen auf, zündete seinen Kloben noch
einmal an, steckte sich ein Päckchen Tabak ein und ging hin zum
Jerrisepp.

Der Jerrisepp zeigte ihm alles, die ganzen Verbesserungen und
Einrichtungen, und der Paul Ludwig guckte ganz genau. Sagen tat er nicht
viel. Höchstens mal ein »Hm, hm,« oder mal ein paar tiefere Züge aus der
Pfeife. Das war schon ein bedeutender Beifall. Der Jerrisepp freute
sich. Wenn es einer verstand, war es der Paul Ludwig. Und er guckte ins
allerkleinste und einzelnste. Alles stieberte er aus. Aber von der Sache
mit dem Wiesenmüller sagte er nichts. Die hatte er ganz über dem Neuen,
was er da sah, vergessen. Und sie zählte ihm auch nicht mehr, nachdem
was er gesehen hatte. Er hatte vielmehr einen richtigen Respekt vor dem
Jerrisepp gewonnen. So was hätte er dem gar nicht zugetraut. Der war
doch ein dicker Duckmäuser, der. Und daß er jetzt so freundlich und
bereitwillig im Zeigen war, das war lauter Stolz von dem. Aber, dachte
der Paul Ludwig, was schadet's! Er darf stolz sein. Was er da gemacht
hat, hat wirklich Hand und Fuß und kann sich sehen lassen. Dumm nur, daß
man nicht schon früher darauf gekommen ist. Die Welt macht doch
Fortschritte. Es war schon richtig düster, als er ging. Und er war schon
ein Stück Wegs gegangen, da fiel ihm der Wiesenmüller wieder ein. So
ging er noch einmal zurück. Aber nun wußte er gar nicht, was er sagen
sollte. Es war ja alles richtig und in seiner Ordnung.

»Du, Jerrisepp,« sagte er, »der Wiesenmüller beklagt sich, er hat kein
Wasser.«

»Die Wiesenmühl' hat zu Lebtag noch nit viel Wasser gehabt. Und soll ich
vielleicht dem Wiesenmüller Wasser hinunterbringen?«

»Ja, recht hast du, Jerrisepp.«

»Die vierte Mühl' war schon zu Lebtag ein Stiefkind. Immer hat da das
Gefäll gefehlt. Ich wunder' mich, daß sie so lang' sich gehalten hat und
das Wasser nit schon längst ausgegangen ist.«

»Recht hast du eigentlich.«

»Wer die da hingebaut hat, der hat auch nit allzuviel Überlegung und
Verständnis gehabt, oder die Bach ist damals anders gelaufen.«

»Das ist's, die Bach ist damals anders gelaufen. Das war alles anders.
Und früher war die Wiesenmühl' eine von den allerbesten in der ganzen
Umgegend. Aber seit der Wiesenentwässerung ist das anders geworden.«

»Also müßt' der Wiesenmüller eigentlich die Gemeind' verklagen und nit
mich, wenn er kein Wasser hat.«

»Ja, eigentlich müßt' er das,« sagte der Paul Ludwig. »Denn seit der
Wiesenentwässerung, die die Gemeinde gemacht hat, geht's ihm so schlecht
mit dem Wasser.«

Dann ging der Paul Ludwig wieder und hatte das Gefühl, daß er die Sache
vom Wiesenmüller sehr gut vertreten habe.

Der Wiesenmüller beruhigte sich aber dabei nicht. Er wollte jetzt
unbedingt sein Recht haben. Und trotz seiner Scheu vor den Advokaten
fuhr er nach Mainz und machte die Klage anhängig. Und legte gleich einen
tüchtigen Batzen Geld auf den Tisch.

Nun kamen die Sachverständigen und prüften die neue Anlage vom Jerrisepp
und den Wassermangel von der Wiesenmühle, und prüften alle Einsprüche,
zum Beispiel den, daß der Jerrisepp das Wasser unterhalb der Mühle zu
tief gelegt habe. Aber der Jerrisepp war sattelfest. Er hatte sich genau
an die Bestimmungen gehalten.

Es war wenig Aussicht. Dazu mußten immer neue Vorlagen gemacht werden.

Der alte Müller war ganz krank. Von Bub auf an hatte er die Mühle jeden
Tag klappern hören, von morgens bis abends und sogar in der Nacht, nun
stand sie still. Totenstill war's, abgestorben, begraben. Der Alte
konnte nicht mehr ruhen, nicht schlafen. Die Stille weckte ihn. Sie
verjagte ihn aus seiner Mühle. Auch der Müllerin ging's so. Als ob sie
nun ohne Haus und Heimat wären, ganz verstoßen und verlassen war ihnen.
Dann und wann nur bekam das Wasser einen stärkeren Trieb und das Rad
lief ein wenig, aber es war nicht der Mühe wert. Auch Stauungen halfen
wenig. Wenn überhaupt etwas zu machen gewesen wäre, so hätte das
wenigstens ein paar Hundert Mark gekostet. Die ganze Mühle war nun aber
dem Wiesenmüller verleidet. Geld wollte er keines mehr an sie hängen. Er
schickte die Eve zum Jerrisepp, fragen, wann er zu ihm kommen könnt'.
Die Eve kam zurück mit der Antwort, daß es sein könne, wann es dem Vater
passe. Dabei wußte sie des Rühmens kein Ende zu finden, wie fein alles
in der Reihe sei beim Jerrisepp, wie er nun mit zwei Gängen mahle, und
wie er nun gar nie mehr trocken sitzen könne. Der alte Müller kraute
sich hinter den Ohren. Er sah die Eve lang' und durchdringend an.

»Es hat dir also gefallen?«

»Ich könnt' nit anders sagen, Vater.«

»Hm, hm! 's ist fein in der Reih'?«

»Ich müßt' lügen, Vater.«

Der Alte ging hinaus auf den Hof und machte sich da zu schaffen. Nach
einer Weile kam er wieder herein.

Er fragte die Eve: »Willst ihn?«

»Wen?« fragte die Eve lachend.

»Hm!« -- er deutete zur Mühle hinüber.

»'s ist alles fein in der Reih', Vater.«

»Willst ihn also?«

»Wann's Euch recht wär', Vater.«

»Hm!«

Am Sonntag lag der Wiesengrund tief im Nebel. Man konnte den Nebel
schneiden. Er benahm einem ordentlich den Atem.

Als die Kirche aus war, sagte der Wiesenmüller zu seiner Frau: »Mutter,
es wird uns nix anders übrigbleiben. Die Wasserregulierung vor ein paar
Jahr, jetzt der Jerrisepp ... 's hilft halt nix. Und das ganze Geld zu
verprozessieren, und am End' noch mit der Gemeind' anfangen ... Wo ist
denn mein kariert wollen Halstuch? 's ist mir, meiner Seel, kein
leichter Gang ...«

Die Mutter nickte.

Der alte Wiesenmüller schritt langsam und vorsichtig durch den Nebel
nach der Mühle vom Jerrisepp.

»Kommt Ihr, Nachbar?«

Der Wiesenmüller sah sich um, Küch' und Keller, das Wasser, das neue
Rad, den neuen Gang, den Stall, den Dachboden. Es gefiel ihm alles sehr
gut. Ordentlich begeistert war er von allem, was der Jerrisepp
eingerichtet hatte, und er kargte nicht mit seinem Lobe.

»Aber in der Mühle drunten bleiben wir wohnen, wir zwei Alten. Fertig!«

»Wie Ihr wollt.«

»Den Kniestock sparst du dir. Fertig!«

»Wie Ihr wollt,« lächelte der Jerrisepp.

»Und die Hochzeit?«

»Noch vor der Fastnacht,« sagte der Jerrisepp.

»Noch vor der Fastnacht? Soll mir recht sein.«

Dann besprachen sie noch die Mitgift, und was so drum und dran hing.

»Es trifft sich halt so,« meinte nach einer Pause der Jerrisepp, »die
neu' Chaussee hätt' auch an Euch können vorbeigehen, dann hätt' ich's
Nachgucken gehabt. Freilich, mein Wasser war immer besser gewesen als
Eures. Aber man muß sich zu helfen wissen. Wenn man's Leben verkehrt
anpackt, nur an einer Stell', dann bleibt's verkehrt für sein Lebtag.«

Der alte Wiesenmüller klopfte ihm auf die Schulter: »Du brauchst dir nix
einzubilden. Wenn ich's nit gewollt hätt', dann wär's nit geschehen. Und
man weiß noch nit, wer's von uns zwei am längsten ausgehalten hätt'.
Fertig!«

Dann ging der Wiesenmüller wieder seinen Weg zurück. Der Heimweg war ihm
ein gut Teil leichter. Es wär' aber gar nit notwendig gewesen, daß die
Freierei so viel Geld gekostet hätt', der Jerrisepp hätt's nur gleich
richtig anpacken sollen. Na, was vorbei war, war vorbei. So dachte er.

Am Sonntag drauf wartete der Jerrisepp auf der Kirchentreppe auf die Eve
und führte sie heim. Da wußte das ganze Dorf, daß die Heirat ausgemacht
war. Trotz Prozeß, man hatte sich's ja freilich immer gedacht. Denn was
ein rechter Müller ist, freit in einer Mühl'. Das war zu Lebtag so. --


                    +Ende.+




    Holzamer, Der Held und andere Novellen.

    Inhalt.


                                      Seite

    Einleitung des Herausgebers           3

    Der Held                              9

    Sein letztes Hochamt                 32

    Cellist Behnke                       45

    Hochsommerglück                      54

    Der böse Wunsch                      64

    Die Freite                           76




~Schriften von Wilhelm Holzamer~


  Im Verlage von Schuster & Loeffler in Berlin erschienen:

  =Zum Licht.= Gedichte.

  =Auf staubigen Strassen.= Erzählungen. (Daraus im vorliegenden
  Bändchen: »Cellist Behnke«, »Hochsommerglück« und »Der böse
  Wunsch«.)

  =Conrad Ferdinand Meyer.= Monographie.

  =Heinrich Heine.= Monographie.

       *       *       *       *       *


  Im Verlage von Eugen Diederichs in Jena erschienen:

  =Im Dorf und draussen.= Novellen. (Daraus im vorliegenden Bändchen:
  »Der Held« und »Sein letztes Hochamt«.)

  =Die Siegesallee.= Kunstbriefe an den deutschen Michel.

  =Spiele.= Dramatische Skizzen.

       *       *       *       *       *


  Im Verlage von Wiegandt & Grieben in Berlin erschien:

  =Im Wandern und Werden.= Essays.




  Im Verlage von Egon Fleischel & Co. in Berlin erschienen:

  =Der arme Lukas.= Eine Geschichte in der Dämmerung.

  =Peter Nockler.= Die Geschichte eines Schneiders.

  =Der heilige Sebastian.= Roman eines Priesters.

  =Die Sturmfrau.= Eine Seenovelle.

  =Inge.= Ein Frauenleben.

  =Ellida Solstratten.= Roman.

  =Vor Jahr und Tag.= Roman.

  =Carnesie Colonna.= Phantasien.

  =Um die Zukunft.= Drama.

       *       *       *       *       *


  Aus dem Nachlass sind in Vorbereitung:

  =Abschied.= Gedichte.

  =In hellen Hallen.= Gedichte.

  =Pendelschläge.= Novellen.

  =Den Weg gekreuzt.= Novellen.

  =Der Entgleiste.= Roman.

  =Aus Rosen–, Regen– u. Wandertagen.= Plaudereien.

  =Im Sammeln und Sichten.= Essays.




  Deutsche Erzähler und Erzählerinnen der Gegenwart in der
  Universal–Bibliothek. Preis pro Nummer 20 Pf.


  Achleitner, Eisenbahnstreik. 4557/58. Geb. 80 Pf.

  Adlersfeld–Ballestrem, Die blonde Ida und and. Humoresken. 4440.
  -- Halali.
  -- Fall Stachelberg. 4329.

  Algenstaedt, Frau Rübezahl und andere Novellen. 5338.

  Baudissin, E. v., Von nah und fern. 4910.

  Bernhard, Die Glücklichen. 4050. Geb. 60 Pf.

  Bierbaum, Reife Früchte. 5171/72. Geb. 80 Pf.

  Bleibtreu, Bei Jena und andere Novellen. 4840. Geb. 60 Pf.
  -- Friedrich der Große bei Kolin. 5098/99. Geb. 80 Pf.

  Blüthgen, V., Gedankengänge eines Junggesellen. 3700.
  -- Aus gärender Zeit. 4232–35. Geb. M. 1.20.

  Bock, Die Meßfahrt u. a. Nov. 5435. Geb. 60 Pf.

  Böttcher, M., Künstlerehe. 5094/95.

  Boy–Ed, Aus Tantalus Geschlecht. 4211–14. Geb. M. 1.20.

  Brie, Der Ruf des Vaters. 5828.

  Briesen, Gemütsmenschen. I. 5420. II. 5421. Zus. geb. 80 Pf.

  Busse, Carl, Der dankbare Heilige u. and. Nov. 5500. Geb. 60 Pf.

  Busse–Palma, Reif im Frühling und andere Novellen. 5461.

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  Croissant–Rust, Nikolaus Nägele u. andere Novellen. 5653.

  Dauthendey, E., Ein Abend u. andere Novellen. 5701.

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  Eysell–Kilburger, Brillanten und andere heitere Geschichten. 4560.

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  Fleischer, Bauerngeschichten. 5062.

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  Fraungruber, Ausseer G'schichten. 4850. 4887. 5386. (Bd. 1 und 2 in 1
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  Glümer, Frau Domina. 4285/86.

  Grabein, Der tolle Hans. 5288/89. Geb. 80 Pf.
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  Greinz, R., Lustige Tiroler Geschicht. 5100. Geb. 60 Pf.

  Groller, Eine Panik u. and. humoristische Erzählungen. 4935.
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  Gubalke, Locken–Berta und andere Novellen. 4800.

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  Haushofer, Der Floßmeister. -- Scharka. 5355. Geb. 60 Pf.

  Heiberg, Die Andere. -- Einmal im Himmel. 3381/82. Geb. 80 Pf.

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  Herzog, Komödien des Lebens. I. 5049. II. 5050. Zus. geb. 80 Pf.

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  Höcker, P. O., Leichtsinniges Volk. 3212.

  Hochstetter, #D#–Zug–Geschicht. 5530.

  Hollaender, F., Der Pflegesohn und zwei andere Novellen. 5300. Geb. 60
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  Holzamer, Der Held und andere Novellen. 5200. Geb. 60 Pf.

  Hopfen, Böswirt. 4400. Geb. 60 Pf.
  -- Mein Onkel Don Juan. 4541–44. Geb. M. 1.20.

  Jensen, Die Erbin von Helmstede. 4421–23. Geb. M. 1.
  -- Hunnenblut. =3000.= Geb. 60 Pf.

  Junghans, Wisel. -- Das Gelübde. 4981.

  Klinckowstroem, A. v., Novellen. 5376.

  Kretzer, Der Baßgeiger. 3207.

  Krickeberg, Die Krähe und andere Novellen. 5250.

  Kröger, Wohnung d. Glücks. 4570. Geb. 60 Pf.

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  Land, Ja -- die Liebe! und andere Novellen. 5330. Geb. 60 Pf.

  Lingg, Byzantinische Novellen. 3600. Geb. 60 Pf.

  Mackay, Die letzte Pflicht u. Albert Schnells Untergang. 5236/37. Geb.
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  Marriot, Kinderschicksale. Novellen und Skizzen. 5608.

  Migerka, Das Glück der Häßlichen u. and. Skizzen u. Satiren. 5598.

  Milow, Novellen. 5005. Geb. 60 Pf.

  Molo, Totes Sein. 5419. Geb. 60 Pf.

  Muellenbach, Waldmann u. Zampa u. and. Nov. 4500. Geb. 60 Pf.

  Niese, Ch., Der verrückte Flinsheim u. zwei and. Nov. 5676. Geb. 60
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  Olden, Eine brillante Idee. -- Die Versöhnung. 4496.

  Ortmann, Der Teufelswalzer und sieben andere Novellen. 4428.

  Perfall, A. v., Die Uhr. 4130.
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  Peschkau, Suzons Ende. 5112.

  Pötzl, Der Herr von Nigerl. 3005/6. Geb. 80 Pf.

  Presber, Das Eichhorn und and. Satiren. 4715. Geb. 60 Pf.
  -- Der Untermensch u. a. Satiren. 4688. Geb. 60 Pf.

  Raabe, W., Zum wilden Mann. =2000.= Geb. 60 Pf.

  Reichenbach, Oberschlesische Dorfgeschichten. 4240.

  Resa, Villa Idylle und andere Humoresken. 5656.

  Reuter, Gabriele, Eines Toten Wiederkehr und andere Novellen. 5001.
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  Roberts, Um den Namen. 4249/50. Geb. 80 Pf.

  Rosegger, P., Geschichten u. Gestalten a. den Alpen. =4000.= Geb. 60
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  --, Ludw., Peter Lenz und andere Geschichten. 5515.

  Salus, Nachdenkliche Geschichten. Novellen. 5700. Geb. 60 Pf.

  Schanz, Wolken. 4959/60. Geb. 80 Pf.

  Schlaf, Tantchen Mohnhaupt und Anderes. 5626/27. Geb. 80 Pf.

  Schnitzer, Wunderliche Lebensläufe. 5255.

  Schönaich–Carolath, Die Rache ist mein u. a. Nov. 5800. Geb. 60 Pf.

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  Schullern, v., Berggenossen und andere Erzählungen. 5650.

  Skowronnek, Fr., Garbata. -- Der Kawaljer. 5131.

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  Stona, Maria, Die Heidelerche und andere heitere Geschichten. 5817.

  Suttner, Bertha, Ku–i–kuk. 5568.

  Telmann, Unheilbar. 3750.

  Torrund, Weiße Narzissen u. andere Novellen. 4540.
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  Trinius, Tauwind u. a. Thüringer Geschichten. 3649.

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  Wildberg, Dunkle Geschichten. 5160. Geb. 60 Pf.

  Willomitzer, Eine Nacht im Mittelalter und andere Geschichten. 5340.
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  Zobeltitz, H. v., König Pharaos Tochter und and. Novellen. 4200. Geb.
  60Pf.




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  Das Erscheinungsjahr 1910 wurde gemäß Nachweis im Gemeinsamen
    Verbundkatalog (GVK) angegeben.
  Das Umschlagbild wurde vom Bearbeiter restauriert. Ein Urheberrecht
    wird nicht geltend gemacht. Das Bild darf von jedermann unbeschränkt
    genutzt werden.
  Bild und Signatur des Autors, welche sich im Original vor dem
    Innentitel befinden, wurden vor die Einleitung verschoben.
  Einige kleine offensichtliche Druckfehler wurden stillschweigend
    korrigiert.
  S. 45 Satzfehler Manuel in Manual verbessert („leitete er im oberen
    Manual ein.“)
  S. 89 Fragezeichen hinter „fing wieder an zu spülen“ belassen, da
    unklar ist, ob es sich um einen Satzfehler handelt.

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*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER HELD UND ANDERE NOVELLEN ***


    

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written explanation to the person you received the work from. If you
received the work on a physical medium, you must return the medium
with your written explanation. The person or entity that provided you
with the defective work may elect to provide a replacement copy in
lieu of a refund. If you received the work electronically, the person
or entity providing it to you may choose to give you a second
opportunity to receive the work electronically in lieu of a refund. If
the second copy is also defective, you may demand a refund in writing
without further opportunities to fix the problem.

1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth
in paragraph 1.F.3, this work is provided to you ‘AS-IS’, WITH NO
OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT
LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.

1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
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including legal fees, that arise directly or indirectly from any of
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or any Project Gutenberg™ work, (b) alteration, modification, or
additions or deletions to any Project Gutenberg™ work, and (c) any
Defect you cause.

Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg™

Project Gutenberg™ is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of
computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
from people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s
goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will
remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg™ and future
generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org.

Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification
number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
U.S. federal laws and your state’s laws.

The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West,
Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up
to date contact information can be found at the Foundation’s website
and official page at www.gutenberg.org/contact

Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread
public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine-readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment. Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements. We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state
visit www.gutenberg.org/donate.

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg web pages for current donation
methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations. To
donate, please visit: www.gutenberg.org/donate.

Section 5. General Information About Project Gutenberg™ electronic works

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
Gutenberg™ concept of a library of electronic works that could be
freely shared with anyone. For forty years, he produced and
distributed Project Gutenberg™ eBooks with only a loose network of
volunteer support.

Project Gutenberg™ eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
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