Der Adlerwirt von Kirchbrunn

By Peter Rosegger

The Project Gutenberg eBook of Der Adlerwirt von Kirchbrunn
    
This ebook is for the use of anyone anywhere in the United States and
most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms
of the Project Gutenberg License included with this ebook or online
at www.gutenberg.org. If you are not located in the United States,
you will have to check the laws of the country where you are located
before using this eBook.

Title: Der Adlerwirt von Kirchbrunn

Author: Peter Rosegger

Release date: March 31, 2025 [eBook #75761]

Language: German

Original publication: Hamburg-Großborstel: Verlag der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung, 1908

Credits: The Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net


*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER ADLERWIRT VON KIRCHBRUNN ***



=======================================================================

                     Anmerkungen zur Transkription.

Das Original ist in Fraktur gesetzt. Die Schreibweise und Interpunktion
des Originaltextes wurden übernommen; offensichtliche Druckfehler
sind stillschweigend korrigiert worden.

Wörter in Antiqua sind so +gekennzeichnet+; gesperrte so: ~gesperrt~

=======================================================================




                            [Illustration]


                              Volksbücher
               der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung
                                Heft 19


                            Peter Rosegger:
                     Der Adlerwirt von Kirchbrunn


                          Hamburg-Großborstel
           Verlag der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung
                                 1908




                            11.-20. Tausend




                            [Illustration]




                                Inhalt.

                                            Seite

  Einleitung von Wilhelm Lottig               3-4

  ~Peter Rosegger~: Der Adlerwirt von
  Kirchbrunn                                7-139


                            [Illustration]

Für die Abdruckserlaubnis dieser Novelle schulden wir dem Herrn
Verfasser und der Verlagsbuchhandlung L. Staackmann in Leipzig Dank.
Die Novelle ist dem Bande »Hoch vom Dachstein« von Peter Rosegger
entnommen.

                            [Illustration]

       Ein Bild Peter Roseggers ist hinter Seite 4 eingeheftet.

                            [Illustration]


~Peter Rosegger~[1], geboren den 31. Juli 1843, war also vor
50, 60 Jahren noch das nichtige Waldbauernpeterl in der weltab
liegenden kleinen steirischen Dorfgemeinde Alpel bei Krieglach,
danach vom 17. bis übers 20. Lebensjahr hinaus Lehrbub und Gesell
beim Bauernschneider zu Kathrein am Hauenstein. Heut ist er unser
bester Volksschriftsteller, einer, der sich selbst die Aufgabe stellen
durfte: Ich will mitarbeiten an der sittlichen Klärung unserer Zeit.
So seltsam solche Entwicklung scheint, so folgerichtig ist sie doch.
Die Landschaftsbilder, die unbewußt schon das helle Kindesauge aufsog,
die Menschen und die Menschenschicksale, die der Wachsende, in mehr
als 60 Bauernhäusern schneidernd, regen Sinnes mit erlebte, sie sind
der Grundstock des reichen Vermögens, das der »Waldpoet« so köstlich
verwaltete. 21jährig wagte er, halb gedrängt vom übermächtigen inneren
Emporquellen, halb gezogen von helfend sich entgegenstreckenden Händen,
den Sprung vom Naturdasein als bäuerlicher Handwerker hinüber ins
Weltleben des Kulturmenschen. Die schwierige Verpflanzung gelang nach
harten Übergangswehen; aber der Riß in der Entwicklung vernarbte nur,
weil und soweit die abgerissenen Wurzelfäden den Weg zurück fanden zu
dem Nährboden ihrer Kraft. Sie gruben ihn mit Urgewalt; ein schier
krankhaftes Heimweh zwang den körperlich auf Reisen oder stofflich
in seinem Schaffen sich von seiner »Waldheimat« Entfernenden immer
wieder in ihre Mutterarme zurück. Rosegger wohnt jetzt abwechselnd
in Graz und auf dem bescheidenen Sommersitz, den er sich, zunächst
dem Ursprung seines Werdens und Wesens, in Krieglach gegründet. Aus
allen seinen Werken, von dem 1869 erschienenen ersten Büchelchen an
die lange Reihe von Bänden hindurch, die sein unermüdlicher Fleiß,
sein unerschöpflicher Gestaltungsdrang uns gegeben haben, quillt
dieselbe Urwüchsigkeit, dieselbe gottgegebene Frische des Gemüts im
Ernst und im »Hamur«, dieselbe Kraft und Tiefe der Erfassung, die
schon den Waldbauernbuben schmerzhaft und glückhaft über seine Umwelt
hinaushob. »Der ewige Waldbauernbub«, in dies Wort schließt Rosegger
einmal selbst seine ganze Entwicklung ein; seine Dichtergröße aber ist,
wie durch seine Augen gesehen ein kleines Einzelschicksal wächst und
sich verklärt zu einem uns im Innersten ergreifenden und reinigenden
Abbild großen Menschheitsringens und Gottheitssiegens. Wer die in
diesem Bändchen abgedruckte Novelle mit so gerichteten Gedanken liest,
der wird selbst etwas von der schmerzhaften und doch glückhaften
Erschütterungsfähigkeit spüren, deren Vollbesitz den Waldbauernbuben
zum Dichter krönte.

  Hamburg, im Juli 1907.        W. Lottig.

[1] Die Deutsche Dichter-Gedächtnis-Stiftung druckte schon
im 3. Bande ihrer »Hausbücherei« zwei kleine Humoresken Roseggers:
»Als ich das erste Mal auf dem Dampfwagen saß« und »Wie wir die
Gürtelsprenge haben gehalten«.]


                   [Illustration: _Peter Rosegger_]


                            [Illustration]

                            Peter Rosegger:

                     Der Adlerwirt von Kirchbrunn.

                            [Illustration]




                     Der Adlerwirt von Kirchbrunn.

                        Eine Dorfgeschichte.




                             1. Abschnitt.


»Also vorwärts!« rief das Männlein und sprang flink in den Wagen.
»Wolfram, komm an meine grüne Seite, du hast ganz nett Platz neben dem
alten Knaben! Wir wollen ja schwatzen unterwegs!«

Demnach setzte sich der junge Kutscher nicht auf den Bock, sondern
schickte sich an, vom bequemen Sitze des Landauers aus die Pferde zu
leiten. Es waren zwei muntere Braune, deren glatte Haut einen feinen
Seidenglanz hatte, als ob sie wie das Riemzeug gewichst worden wäre.

Der Kutscher war Wolfram Seltensteiner, der junge Wirt vom »Schwarzen
Adler« zu Kirchbrunn. Ein froh und freundlich in die Welt blickender
Blondkopf von etwa dreiundzwanzig Jahren. »Ein Gesicht, länglich-rund
wie ein Taubenei, Augen hell und blau wie der Himmel im Mai, Nase
schlank Und stramm, rote Oberlippe keck und zahm, der Mund so angetan,
daß er gut lachen und küssen kann. Vom Scheitel bis zur Zehe hinab ein
schlanker, hübscher, gesunder Knab'.«

»Junger Mann!« rief ihm der kleine Alte zu, »stelle ja nichts an! Wenn
du durchgehst und ich erlasse auf dich den Steckbrief, so kommst du
nicht weit, die Weiber fangen dich ein!«

Einen Schnalzer mit der Zunge machte der junge Mann, da trabten die
Rößlein fürbaß.

»Behüt' Gott, Herr Professor! Kommen Sie fein wieder im nächsten
Jahr!« So riefen jetzt die vor dem Wirtshause stehenden Leute. Männer
schwenkten die Hüte, Weiber die Sacktücher.

Das ältliche Herrlein im Wagen streckte die offene Hand zurück nach den
Leuten, als wollte er ihnen noch wie Körner die Worte hinstreuen, die
er sprach: »Grüß Gott das letzte Mal und gebet acht, Kinder, daß ihr
nicht weniger werdet, bis ich wiederum komm', und betet manchmal ein
Vaterunser oder ein Schnaderhüpfel für den alten Professor Nix!«

Der Wagen rollte die glatte Straße davon und verschwand bald im
tauenden Herbstnebel.

»Ist ein lieber Herr!« sagten jetzt die Zurückbleibenden untereinander,
»ist ein lustiger Herr! Alleweil heiter! So pudelnärrisch und so
gescheit dabei! Wer wird uns jetzt Geschichten erzählen, Liedeln lehren
am Feierabend, Rätsel aufgeben, Zaubereien vormachen und guten Rat
austeilen? Das ist ein lieber Schatz!«

»Er heißt Nix!« brummte einer der Umstehenden.

»Was sagst du! der Professor heißt Nix? Ich denk' wohl ein bissel
mehr wie du! Gib acht, daß wir dir dein Lästermaul nicht mit einer
Feigensalbe verkleben!«

»Nein, er heißt Nix!« lachte ein Junge.

»Nix heißt er!« lachten jetzt auch die übrigen.

»Wenn ich nur wüßte, woher er den dummen Namen hat!«

»Muß ein Spitzname sein, weil er allemal nix antwortet, wenn man ihn
fragt, wer er ist, was er treibt, was er weiß, was er hat, was er will!
Er ist nix und treibt nix und weiß nix und hat nix und will nix! Darauf
haben sie ihn den Professor Nix geheißen.«

»Ist nicht wahr!« rief der Nagelschmied. »Seit Jahren kommt er auf die
Sommerfrische nach Kirchbrunn, wir kennen ihn als braven Mann. Das ist
etwas! Nachher geht er in der Gegend umher, Pflanzen sammeln, Bäume und
Hunde zeichnen, traurige Leut' lustig machen. Das ist auch etwas. Er
weiß zu erzählen von Himmel und Erden, von den Russen und Franzosen,
auch wie die Eisenstiften gemacht werden, weiß er, und wie er zu mir
einmal in die Werkstatt kommt, nimmt er mir das Zeug aus der Hand und
macht den Eggnagel fertig, daß es nur so eine Form hat. Das ist schon
was, meine lieben Leut'. Wer ein Handwerk kann! Handwerk ist besser
wie Kopfwerk! Nur fürs Nixhaben und Nixwollen mag sein Name passen,
ich hab' mir oft gedacht: der lebt von der Luft und vom Wasser und vom
Lustigsein.«

»Er hat gegessen und getrunken und seine Sach' bezahlt!« berichtete der
alte Adlerwirt, der in Hemdärmeln und unter dem grünen Sammetkäppchen
am Pferdetrog stand und mit dem kurzen Worte die Ehre seines Hauses und
seines Gastes rettete.

Der Wagen fuhr mittlerweile hinaus über Wiesen und Fluren, durch Dörfer
und Wälder, dem Bahnhofe in Geßnitz zu.

»Wolfram!« sagte der kleine hagere Mann, den sie den Professor Nix
geheißen hatten, »warum rauchst du heut' keine Zigarre?«

»Weil ich keine habe,« antwortete der Bursche und zog den
Leitriemen an.

»Was ist denn das?« fragte der Professor und tippte an Wolframs
Brusttasche, aus welcher ihrer drei oder vier Glimmstengelspitzen
hervorguckten.

»Das da?« fragte der Bursche schmunzelnd entgegen, »das sind Zigarren.«

»Knabe, du glaubst, daß mir der Rauch unangenehm sei!«

»Wer selber nicht raucht --«

»Ich will dich nicht zwingen. Weiß nur, daß man den Mund nicht gern
leer stehen läßt. Wir Alten schwatzen, Ihr Jungen wollet busseln oder
rauchen. Zum Busseln wirst keine im Sack haben. Also steck' etwas
anderes in Brand!«

Lächelnd zündete Wolfram sich eine an.

Als sie aus dem Gebirgstal in die Fläche herausgekommen waren und
am Dorfe Schwambach vorüberfuhren, kehrten im dortigen Wirtshause,
denn es war Sonntag, gerade vier Musikanten ein: ein Trompeter, ein
Klarinetter, ein Geiger und ein Baßgeiger.

»Was denkest du darüber?« fragte Professor Nix seinen Kutscher.

»Bis ich zurückfahre, wird's schon umgehen,« antwortete dieser. »Der
Schwambacher gibt einen Freiball.«

»Du, da gib nur acht, daß dir die Pferde nicht scheuen auf der
Rückfahrt! Ein paar feurige Tiere, die du hast!« so neckte das magere
Männlein.

Auf der Hochebene, über die sie nachher wieder dahintrabten, kamen sie
in einen Eichenwald, an welchem bereits die Blätter gilbten. Manchmal
wehte ein goldig leuchtendes Blatt nieder auf die weiße Straße, und der
Wald war so still und feierlich, daß es dem Professor wie ein Seufzer
aus der Brust kam: »Ja, der Herbst!«

Jetzt sahen sie neben der Straße im Laubwerk und Schlinggewächse zwei
Mädchen. Junge, erwachsene Mädchen, das eine in putziger Bauerntracht,
das andere bürgerlich angetan; das eine mit einem roten Tuch über dem
Haupt, das andere mit einem schwarzen Hütchen. Die unter dem Tuche
hatte ein lachendes Rundgesichtlein, die unter dem Hute war blaß und
ernsthaft und hatte schwarze Augen.

»Was wollen denn die?« fragte der Professor den jungen Kutscher.

»Sie haben Körblein bei sich. Wahrscheinlich Brombeeren pflücken.«

        »Wollt' ein Madel früh aufstehn,
        Wollt' Brombeer brocken gehn« --

trillerte der Alte. »Kennst du das?«

»Ja, man singt so,« antwortete Wolfram.

»Wenn du der Jägerssohn wärest,« neckte der Alte weiter, »mit welcher
von den zweien wolltest du Brombeer brocken?«

»Weiß 's nit,« sagte der Bursche.

»Na, dann ist es mit dir noch nicht gefährlich!« lachte der Professor,
dem Burschen auf die Achsel klopfend.

»Just übel wär' keine -- von den zweien,« sagte der Wolfram.

»Na, dann ist es gefährlich,« setzte jener bei. Sein frisches
Gesichtlein unter dem grauenden Haar war plötzlich ernsthaft. Und die
Mädchen waren ihren Augen entschwunden.

Als der Wagen wieder aus dem Walde kam, sah man in der Ferne die
zwei weißen Türme von Geßnitz. Sie leuchteten nur schwach durch die
nebelgraue Luft. Hinter dem stattlichen Marktflecken die Berglehne
konnte man nicht mehr erkennen. Und gerade dorthin hatte Wolfram sein
Auge gerichtet.

»Siehst du den Salmhof?« fragte ihn der Professor.

»Man sieht nichts,« antwortete der Bursche.

»Liegt sie dir im Sinn?« fragte der Professor.

»Aber ich kenne sie ja gar nicht,« entgegnete Wolfram. »Das ist wieder
nur so von meinem Vater etwas. Weil sie Geld hätte, meint er. Ich
denke, es muß nicht alles Geschäft sein, was der Mensch tut.«

»Brav bist, mein Sohn!« sagte der Professor, »für Geld heiratest keine.
Aber ganz verachten mußt auch das Geld nicht, wenn sie zufällig eins
hat. Geld ist Mist, aber Mist ist Dung, und Geld ist der Dung des
ehelichen Glückes.«

»Die Salmhoferische wäre mir auch viel zu fürnehm,« bemerkte der
Bursche, »die will höher fliegen als auf ein Wirtshaus, sagen sie.
Körbe kann ich auch in Kirchbrunn haben, da brauch ich d'rum nicht gar
bis Geßnitz zu gehen.«

»Junge!« rief der Alte und hieb ihm die Hand auf den Rücken, »du bist
nur zu wenig keck! Ein Kerl, wie du bist, verlegt sich nicht auf
Korbhandel. Aber auch nicht dreinpatschen! Keck und klug!«

Der Wolfram schwieg. Über die Hochebene her strich ein kühler Wind, der
brachte Regenschauer.

»Ist schon gut,« rief der Professor ins Weite hinaus; »Herrgott, ich
sehe deinen guten Willen, mir den Abschied von der Sommerfrische so
leicht als möglich zu machen. Hast du nichts dagegen, Wolfram, so
machen wir den Wagen zu!«

Das war bald geschehen, aber dann saß der Kutscher auf dem Bock und der
alte Herr in dem finsteren Lederkotter. An das hatte er nicht gedacht.
Nach einer Weile klärte sich der Himmel wieder, und da waren sie auch
schon in Geßnitz auf dem Bahnhof. Professor Nix sprang rüstig aus dem
Wagen. »Wolfram, mein Sohn!« sagte er noch, »geweint und gelacht wird
nicht. Höre auf zum Wachsen, bleibe munter und mach' keine Dummheit. So
Gott will, im nächsten Sommer komme ich wieder!«

Damit sprang er auf das Trittbrett, denn es läutete das dritte Mal, und
der Sommerfrischler dampfte ab in die große Stadt.

Wolfram schaute dem Zuge nach und dachte: Der gute Professor Nix!
Seinen bluteigenen Oheim kann man nicht lieber haben. Die elf Jahre
kommt er schon nach Kirchbrunn und ist immer der gleiche. Wenn er
lacht, ein Kind, wenn er schwärmt, ein Jüngling, und wenn er guten Rat
gibt, ein Greis. Wenn man nur eigentlich wüßte, wie alt! Die Leute
tragen ihn auf den Händen, das deutet auf ein Kind hin. -- Und jetzt,
Fuchsen, heimwärts nach Kirchbrunn.

Der Bursche war seit fünf Minuten anders geworden. Früher der fast
befangene, wortkarge, dienstwillige Dorfwirt, der sein Verhältnis
fühlt dem vornehmen Gaste gegenüber; jetzt der aufgeweckte, keck
dareinschauende Hausbesitzerssohn von Kirchbrunn, sein eigener Diener
und Herr, Kutscher und Kavalier zugleich auf dem Wagen. Nachdem er
im Posthause etliche Briefe abgegeben, ein Kistchen mit Likören in
Empfang genommen und auf dem Kutschbocke noch ein paar Gläser Bier
ausgetrunken hatte, ließ er seine Zunge schnalzen, das ersetzte bei den
klugen Rößlein stets die Peitsche, und ließ heimwärts traben.

Bei einer Straßenbiegung sah er vor sich an der Berglehne einen
stattlichen Bauernhof liegen; der nahm sich fast schloßartig aus, hatte
sogar ein Türmchen, auf dem eben Mittag geläutet wurde. Es war, als ob
die Glocke zur Straße herabriefe: Komm, komm! Komm, komm! -- Allein der
Wirtssohn aus Kirchbrunn fuhr stolz vorüber. -- Oh, zu ~der~ hätte
ich weit! dachte der Wolfram. Wenn ich jetzt zur Haustochter im Salmhof
hinauf wollte, um zu freien, da müßt' ich erst wissen, ob sie mich gern
hat. Und ihr Gernhaben möchte mich nur freuen, wenn ich in sie verliebt
wäre. Und verliebt in sie könnte ich nur sein, wenn ich mit ihr bekannt
wäre, und das ist wieder nur möglich, wenn man sie einmal gesehen hat.
-- Ich weiß gar nichts von ihr, als daß mein Vater sagt, das wäre
eine Frau für den »Schwarzen Adler« zu Kirchbrunn. Gott, bis sich so
ein langer Faden abwickelt! Und am Ende wär' nachher ein Scheusal im
Knäuel. Hübsche Dirndln haben kein Geld. Reiche sind oft nicht recht
sauber. -- Hia, Füchseln! Heim zu geht's! --

Der Himmel hatte sich fast aufgeheitert, es ward ein sommerlich warmer
Mittag. Als der Wagen in den Eichenwald kam, leckerte es die Pferde
nach grünem Kraute, das am Wege wuchs, und sie nahmen im Vorbeigehen
manche Schnauze mit sich.

»Wenn es euch so sehr nach Preiselbeerkraut und Enzianen gelüstet,«
sagte der Wolfram, »ich fände zwar nichts Gutes dran, aber es sei euch
wohl vergunnt. Spannen wir ein bißchen aus.«

Er ließ den Wagen ein wenig von der Straße seitwärts auf ein grünes
Angerlein ziehen, löste die Pferde los und hieß sie sich frei ergehen
zwischen den Bäumen. Er selbst schlenderte auch so dahin, und da es gar
warm und wohlig geworden war und die Pferde eine prächtige Grasbank
gefunden hatten, so streckte er sich aufs Moos. Ein Stündel Rast kann
nicht schaden. Heute ist ja doch alles beim Schwambachwirt, und in
Kirchbrunn nichts los. Da kommt man noch früh genug heim. -- Die Arme
unter dem Haupte, so lag er auf dem Rücken schlank ausgestreckt und
schaute in die hohen Baumkronen auf. -- Warum im Herbst die Vögel nicht
singen wollen! dachte er, kein einziger! Ist es denn gar so schlimm?
Ich merke keinen Unterschied zwischen Frühjahr und Herbst ...

Fast ein wenig geschlafen mußte er haben. Regentropfen weckten ihn
auf. -- Ja, Knabe, es ist doch ein Unterschied zwischen Frühjahr und
Herbst. -- Eilig stand er auf, die Pferde waren nicht weit, er führte
sie über das weiche Moos hin gegen den Wagen. Jetzt erlebte Wolfram
eine Neuigkeit. In seinem Wagen hatten sich fremde Wesen eingeheimt.
Er hörte schon von weitem kichern und lachen. Die zwei Brombeermädchen
waren vom Sprühregen unter dieses Dach gejagt worden, und der Fürwitz
der einen hatte alsogleich Besitz ergriffen von dem herrenlosen Wagen,
der so mutterseelenallein unter den Bäumen stand. Der Schlag zu beiden
Seiten geschlossen und zugefenstert, so hockten sie nun darinnen auf
dem Lederpolster und waren just daran, in diesem feinen Gelasse ihr
mitgebrachtes Mittagsmahl zu verzehren. Brot und Käse hatten sie, das
schnitten sie auf dem Schoße säuberlich in Stückchen, naschten auch von
den gesammelten Brombeeren dazu. Die eine mit dem blassen Gesichtchen
war ernsthaft, die andere mit den blühenden Wangen und dem roten
Kopftuche darüber war voller Schalkheiten.

»Hui sauer!« kicherte diese; »da wär' mir schon ein Bussel lieber.«

»Das kannst auch haben, Frieda,« sagte die andere und tat, als wollte
sie einen Kuß hergeben.

»Geh, geh, Haustochter Kundel!« wehrte die Frieda ab, »da müßtest erst
einen Schnurrbart haben!«

»Ach so!« antwortete die andere. »Wie kommst du mir denn vor,
Jungdirn?«

Da trillerte Frieda:

        »Busserlgebn, busserlgebn,
        Das is nit Sünd,
        Hat mir's schon d' Muater glernt
        Als a kloans Kind!«

»Ich kann da nicht mitreden,« gestand die mit dem Hütchen.

»Mich ärgert 's nur,« warf die Frieda ein, »da reden und singen sie
immer davon, daß einem ordentlich der Mund wässerig wird, und wann's
Ernst werden will, ist's verboten. Und das ist auch dumm: heimlich
möcht' man's probieren, und kommt einer, schwupps hat er eine auf der
Wange!«

»Wer wird denn so leckerig sein!« sagte die Kundel, »das sind lauter
Dummheiten.«

»Weißt, von wem ich ein Bussel möcht'?« gab das frische Rundgesichtel
zu raten, denn es schien, als wollte sie einlenken.

»Wahrscheinlich von einem schönen Junggesellen,« antwortete die Kundel.

»Von einem Mannsbild nit!« versicherte die andere. »Von einem Mannsbild
möcht' 's mir grausen. Weißt du: ein Kindel, wenn ich hätt', von dem
möcht' ich ein Bussel.«

In demselben Augenblick machte der Wagen einen Ruck und rollte davon.

Einen grellen Schreckruf hatten die beiden Mädchen ausgestoßen und dann
ein Jammergeschrei erhoben. Das nützte nichts und schadete nichts, die
Rößlein trabten flink die Straße entlang, der Wolfram auf dem Bocke
schnalzte tapfer mit der Zunge, und so rollte es dahin wie der Wind,
die Richtung gegen Kirchbrunn. Der Wolfram hörte das Gekreische und
Hilfegeschrei in der Kutsche, er schmunzelte bei sich: »Das ist kein
schlechter Spaß, ich entführe sie zum Freiball nach Schwambach. Zwei
fremde Brombeerbrockerinnen, denen die Brombeeren nicht süß genug sind.
Na, wartet!«

Als die gefangenen Dirndeln merkten, daß ihr Geschrei nichts richtete
und das Hinausspringen zum Wagenschlag gefährlich sei, wurden sie
mäuschenstill und berieten unter sich.

»Zwei Rösser sind angespannt und auf dem Bock ein Mannsbild!« flüsterte
die Kundel. »Frieda, was wird mit uns geschehen?«

»Haustochter, wir kommen ins Afrika und werden als Sklaven verkauft,«
antwortete die in dem roten Tuche mit einer Ernsthaftigkeit, in der man
den Schalk kaum herausmerkte.

»Ich spring' aus!« rief die Kundel.

»Dann bist hin!« antwortete die Frieda. »Ich glaube, wir bleiben hübsch
sitzen. Kommen wir durch eine Ortschaft, so schlagen wir Lärm.«

»Um keinen Streich!« versetzte die Kundel. »Die Schande! Eher laß ich
mich entführen bis zum großen Wasser, dort springe ich hinein.«

Die Frieda hatte mittlerweile zum Fenster hinausgelauert und gefunden,
daß der Mann auf dem Kutschbocke, soweit man von ihm etwas erblicken
konnte, nicht allzu schrecklich aussehe. Ja, es wollte sie bedünken,
als hätte sie diesen Menschen schon irgendwo gesehen, ohne Furcht vor
ihm zu empfinden. Darüber waren die beiden nun ein bißchen getröstet.

Draußen regnete es, die Tropfen schlugen scharf ans Fenster, und
schwere Nebel hatten sich niedergelegt über die Ebene, daß es schier
dunkel ward. Und der Wagen rollte unablässig fort und in das Ungewisse
hinein.

»Ach, mein junges Leben!« seufzte die Kundel. »O dieses unglückliche
Brombeerbrocken.«

»So kommt es, wenn man am Sonntag die heilige Messe versäumt und im
Walde umgeht,« sagte die Frieda lustig.

»Zwick' mich am Arm!« bat die Kundel.

»Du kommst mir wunderlich für, Haustochter. Warum soll ich dich jetzt
am Arm zwicken?« fragte die Frieda.

»Damit ich wach werde. Drei Heuschöber verwett' ich, das ist nur ein
Traum. Ich habe vor kurzer Zeit eine Rittergeschichte gelesen, wie der
Raubritter Kuno das schöne Burgfräulein Adelgunde auf einem Rappen
entführt hat. Das kommt mir jetzt im Schlafe vor. Ich bitte dich, so
wecke mich doch auf!«

Frieda kicherte. »Wenn es bei mir auch ein Traum sollt' sein, dann
sei so gut, wecke mich nicht auf,« sagte sie. »In einer so fürnehmen
Kalesch' bin ich mein Lebtag noch nie gefahren und werd' auch gewiß
nicht mehr die Gnad' haben. Jetzt laß ich mir's schmecken und denk' an
nichts. Wenn er uns hinführt, so muß er uns auch zurückführen, jetzt
kommt mir die Kurasch.«

»Frieda, du bist schrecklich leichtsinnig!« sagte die andere.

»Du bist nicht leichtsinnig und mußt auch mit.«

»Wenn ich glücklich davonkomme, so stifte ich eine Kapelle im
Eichenwald,« beteuerte die Kundel.

»Und ich gehe hinein beten!« nahm die Frieda sich vor. »Jetzt wollen
wir die gnädige Frau spielen und Brombeeren naschen.«

Die Brombeeren wären großenteils auf dem Kutschboden zu suchen gewesen,
auf welchem sie zerstreut umherlagen.

»Sind die Rösser schwarz?« fragte die Kundel plötzlich.

»Fuchsbraun,« antwortete die Frieda.

»Gott sei Lob und Dank!« warf die Kundel hin.

»Warum?«

»'s kunnt auch der Teufel sein Spiel haben!«

»Ich weiß mich nicht schuldig. Bin eine arme Magd.«

»Schuldig weiß ich mich auch nicht,« sagte die Kundel, »wenn nicht etwa
die fürwitzigen Träume was machen, manchmal. Dem Ritter Kuno traue ich
um keinen Preis.«

»Ritter machen mir wieder nichts,« gestand die Frieda, »aber wenn
gerade so ein sauberer Bauernknecht käm', da wollt' ich für nichts
gutstehen.«

»Oder ein kernfester Holzknecht aus dem Siebenbachwald!« neckte die
andere.

»Laß das gut sein, Haustochter, ich mag nichts hören von ihm,« so
antwortete die Frieda.

Ähnliches sprachen sie halb im Ernst, halb im Scherz, halb in süßer
Verwirrung. Der Jungmagd Frieda kam es possierlich vor, daß sie heute
einmal mit der gleichen Elle wie die Haustochter gemessen wurde.
Plötzlich hielt der Wagen. Ringsum standen, von düsteren nässelnden
Nebeln halb verschleiert, Scheunen und Häuser, und aus einem solchen
klang helle und grelle Tanzmusik.

»Du,« flüsterte die Frieda zur Genossin, »jetzt kenn' ich mich aus, wir
sind in Schwambach.«




                             2. Abschnitt.


Der Wolfram öffnete den Wagenschlag. »Schöne Jungfrauen,« sagte er
schmunzelnd, »da sind wir. Ich bin der Adlerwirt aus Kirchbrunn, ein
durch und durch bösartiger Geselle, und lade euch zu einem Tanzel mit
mir beim Schwambachwirt.«

Die mit dem roten Tuche wollte zeigen, daß sie sich durchaus nicht so
leicht ins Bockshorn jagen lasse; sie machte daher, rasch aus dem Wagen
steigend, einen Knix und sagte: »Wird uns eine große Ehr' sein! Aber
nimm dich in acht, Adlerwirt, wir sind auch bösartig.«

»Nachher stimmt's,« versetzte der Wolfram, Roß und Wagen dem
Hausknechte überlassend. Er nahm die eine gleich am rechten Arme,
während die andere sich an seinen linken hielt. Diese schwieg, dachte
aber bei sich: Ist er nett, so wird's fein, und sonst wird er gefoppt.

Also trat zum Erstaunen der Leute der Schwarze Adler von Kirchbrunn
mit den beiden hübschen Dirndln ins Haus und alsogleich die Stiege
hinan auf den Tanzboden. Einen funkelnden Silbergulden warf er auf den
Spielleuttisch, da schrieen die Pfeifer und Geiger vor Freuden auf, und
einen »gestrampften« Steirischen machte der Wolfram mit der, welche
Frieda hieß. Wenigstens ein Dutzend junger Paare reigten zugleich, die
Burschen mit den Händen klatschend, mit der Zunge schnalzend, lustig
jauchzend oder kecke Liedlein singend, die Mädchen sich den Tänzern
sanft anschmiegend, ihre Köpflein hingegeben an die Brust der Burschen
legend; manche schloß also im Arme des Trauten die Augen, als wolle sie
die Seligkeit bis an die äußerste Grenze austräumen. -- Macht es nicht
auch die Frieda so? Liegt sie nicht hingegossen an die breite wogende
Brust Wolframs, von seinen Armen fest umschlossen, von seinem Auge, das
unverwandt auf ihrem blühenden Gesichtlein ruhte, bewacht, und angeweht
die heiße Stirn, die glühenden Wangen von seinem warmen Atemhauch!
Wohl war's nach ihrer scheinbar gelassenen Sicherheit zu vermuten, daß
sie heute vielleicht nicht ganz das erste Mal einer solchen Kopflehne
sich erfreute, doch aber der Unterschied! Ach Gott, was nicht für ein
Unterschied ist zwischen Mannsbild und Mannsbild! -- O du herziger
Schatz! dachte sich der Wolfram, dich habe ich gefangen, wie man das
Vöglein fängt mit der Falle, und dich laß ich nimmer frei, nimmer! mein
Lebtag nimmer! -- Die Frieda, die dachte gar nichts mehr, sie fühlte,
als würde sie hingetragen durch die Lüfte, hoch über den Erdboden,
hoch über den Wolken -- wohin? Das wußte sie nicht, war ihr auch ganz
gleichgültig.

Endlich war der Tanz aus. Der Wolfram ließ seine Genossin lockerer
und erinnerte sich nun, daß er deren zwei gehabt hatte. Wo war denn
die andere! -- Der Schwambachwirt hatte schon Lichter aufgesteckt im
Saale, aber die andere war nicht zu sehen. Sie wird schon auch gut
aufgehoben sein, flüsterte eins dem anderen zu, und die beiden machten
sich nicht viel daraus. Mittlerweile tranken sie auch Wein, die Frieda
mit, der Wolfram ohne Zucker. Die Leute ringsum wurden immer lauter,
lustiger und toller, und Weindunst und Menschendunst betäubten die
Herzen und regten sie auf. Dort und da im dämmernden Winkel kauerte
ein Einschichtiger und schleuderte scheelsüchtige Blicke auf die
glücklichen Pärchen, wovon viele ganz in sich selber versunken und
weder Auge noch Ohr hatten für die Umgebung. So auch der Adlerwirtssohn
von Kirchbrunn und seine Entführte. War nur erst der Abend vorgerückt,
dann wollte er mit ihr ein unbelauschtes Plauderstündchen halten und
sie nach ihrem Herkommen fragen. Übrigens war es recht reizend, daß er
nicht wußte, wer sie war, und falls er hätte voraussetzen können, daß
auch er ihr unbekannt gewesen, tat es ihm fast leid, sich vorgestellt
zu haben. Sich so weltfremd sein und sich so innig umschlungen halten,
das ist ja doch ein Hauptspaß, wie es nicht leicht einen zweiten gibt.

Als es draußen rabenschwarze Nacht geworden war, trat durch das
Gedränge ein Holzknecht aus der Kirchbrunner Gegend auf den Wolfram zu
und sagte: »Der Adlerwirt soll hinaus kommen in den Hof, dort möcht'
wer sprechen mit ihm.«

Aha, fiel es dem Burschen bei, die andere! Jetzt will die andere dran.
Hätte sie sich nicht einen anderen aussuchen können? Nun aber, da er
sie schon mit hergeführt hat, muß er auch an ihr Ritterdienste üben.

Es war aber nicht ~die~ andere, sondern ~ein~ anderer, der im
Hofe seiner wartete. Am Brunnentroge lehnte er, und vom Küchenfenster
hinaus fiel das breite Licht auf seine Gestalt. Ein baumstarker Kerl
stand da, in der Tracht der Gebirgsholzhauer, mit wildwucherndem Bart
und tief ins Gesicht gedrücktem Hute.

»Grüß dich Gott, Adlerwirt! Geh nur her! Komm nur herüber da!« Also
lockte der ruppige Geselle mit einem zarten Fistelstimmlein den Wolfram
hinter den Brunnentrog.

»Wer ist's denn?« fragte der Wolfram.

»Komm nur her zu mir!« sagte der andere.

Der junge Adlerwirt erkannte in dem Manne jetzt einen Holzarbeiter aus
dem Siebenbachwalde, welcher von den Leuten der Schopper-Schub genannt
ward. Der Mann war mehrmals schon im Adlerwirtshause zu Kirchbrunn
eingekehrt, hatte sich dort aber stets in die hinterste Ecke gesetzt,
ein paar Gläschen Branntwein getrunken und dabei stier vor sich auf
den Tisch geblickt. Er war ein Mann von etwa dreißig Jahren, aber
stets im Äußern so zerfahren und ungepflegt, daß es sogar den Weibern
zweifelhaft schien, ob das ein hübscher oder ein häßlicher Mann sei.
Er war nicht in der Gegend daheim, und man wußte nicht viel von ihm,
als daß er ein tüchtiger Arbeiter, sonst aber ein ungeselliger und
sonderbarer Mensch wäre. Irgend jemand wollte von seiner Vergangenheit
etwas gehört haben und deutete an, daß in derselben so etwas wie
Brandgeruch zu verspüren wäre.

»Du bist ja der Holzknecht Schopper,« sagte nun der Wolfram.

»Ah, kennst mich schon?«

»Was willst denn von mir?«

»Auf ein ganz kleines Wörtel, Adlerwirt. Da stell dich her, daß ich
auch was seh' von dir. So.« Hernach hob er seine Stimme in eine noch
weichere Tonlage und sagte: »Adlerwirt, was geht denn dich die Frieda
an?«

»Welche Frieda?«

»Tu' nicht so, mein Lieber, liegt dir doch nur eine im Kopf. Wo hast
sie denn her, deine Tänzerin?«

»So?! Meine Tänzerin? Wen kümmert denn die?«

»Die wird schier ~mich~ kümmern, Adlerwirt.« Dann wurde er um
einen halben Kopf höher und setzte in einer keuchenden, wie vor Wut
erstickten Stimme bei: »Wenn du mir sie nochmal anrührst, nachher --«

»Nachher --? -- Nun!« also jetzt der Adlerwirt und stellte sich stramm
vor den Waldgesellen hin.

»-- nachher siehst du keine Sonne mehr aufgehen!«

Der Wolfram trat einen Schritt zurück, so daß er über den Unterbalken
des Troges stolperte. In demselben Augenblicke war der finstere Bursche
schon über ihm, in der Hand das blinkende Messer.

»Stechen?!« schrie der andere, im Hause gellte die Musik, polterten die
Tanzenden.

»Stechen --« sagte es der Waldmensch langsam nach und ließ den Arm
sinken. »Nein, jetzt noch nicht. Du hast es vielleicht nicht wissen
können, daß sie mein ist. Das Unband sagt's ja keinem! Aber aufgesetzt
ist sie mir! Das Grausen, das sie haben, diese Gäns', vor einem
Manne, der kein Nest hat und bei dem 's Weib selber sein Brot muß
verdienen. Na freilich, besser ist's schon, wenn das Mandel alles
zusammenschleppt, was Weib und Kind not haben -- ich glaub's. Ein armer
Holzarbeiter kann so was nicht leisten und desweg ist er der Niemand
bei den Weibsbildern. Aber wenn eine ins Wasserfloß stürzt und unters
Mühlrad kommt, da ist er gut genug, der Waldbär, daß er sich gegen das
Rad stemmt, ehe die Kröt' -- Kreatur, will ich sagen -- totgedrückt ist
-- ja freilich, da ist er gut --«

Der Wolfram war wieder frei geworden und so fragte er nun: »Red'
deutlich, wie stehst denn mit ihr?«

»Hast es nicht gehört, im vorigen Winter? Am Faschingdienstag! Der
Salmhofer läßt seine Leute zum Freiball gehen nach Geßnitz. Die Frieda
auch mit. Ich vor sie hin, werb' um einen Tanz. Dank schön! sagt sie
und geht einem anderen nach. Sich halb zu Tod tanzen und beim Heimgehen
in der Nacht auf dem Steg schwindelig werden -- und plumps in den
Mühlbach. Schwimmen kann sie wie ein toter Spatz, und schnurgerade
der Mühle zu, wo das Rad geht. Jesus, wenn ich ihr in derselbigen
Nacht nicht wäre nachgeschlichen! Gleich spring' ich in die Radlaufe,
stemm' mich an. Das Zeug steht still, und wie mein stolzes Schätzel
dahergeschwommen kommt, zieh' ich's heraus und sag': Guten Morgen! --
Nach einer langen Weile, wie sie wahrnimmt, wo und bei wem sie ist,
und wie sie fertig vom Wasserspucken, sagt sie: Dank schön! und läuft
davon. Just wie auf dem Tanzboden. Dank schön! sagt sie und läuft
davon.«

»Das ist wohl brav von dir gewesen,« versetzte jetzt der Adlerwirt.

»Still sei!« knurrte der Holzhauer, »gelobt bin ich schon mehr als
genug worden, das hilft mir nichts. Die Dirn will ich haben.«

»Hätte ich das gewußt,« also der Wolfram, »daß du ein Recht auf sie
hast, so wollt' ich mich nicht an sie gemacht haben. Aber das möchte
ich wissen: hat sie dich auch gern?«

Jetzt zuckte der andere zusammen, tief ließ er sein Haupt sinken,
preßte das Gesicht in den Ellbogen seines Armes und hub an zu grölen.

»Zur Liebe kann man niemand zwingen,« sagte der Wolfram.

»Verfault! Ihre Knochen von den Würmern abgenagt, wenn ich nicht bin!«
gurgelte der Waldmensch schluchzend. »Und ihr Leben, mit dem sie jetzt
da drinnen wie eine Mairose steht, das hat sie von mir, das gehört mir!
Und wenn ich zum hohen Gericht gehe, so muß es mir zugesprochen
werden.«

»O du guter, armer Mensch,« sagte nun der Wolfram. »Leben und Liebe,
das wird wohl ein großer Unterschied sein. Dir ist gewiß noch die Zeit
im Kopfe, wo die Leute leibeigen gewesen sind. Wen du dazumal gekauft
oder gewonnen hast oder auf der Straße gefunden oder im Mühlbach,
der ist dein gewesen mit Seel' und Leib. Das ist anders geworden.
Eine Dienstmagd hat freilich auch ihren Herrn; wenn ihr wer das Leben
rettet, so soll sie dankbar sein, aber ihr Herz kann sie verschenken,
an wen sie will.«

»Nachher ist's aus,« sagte der Schopper-Schub.

»Hast sie denn gar so gern, Holzknecht?«

»Sündhaft gern. Und schon lang her. Und gerade die! Und just die! Als
ob ich besessen wär'! Zu Wallischdorf draußen habe ich einen Vetter,
der hat mir vor einem Jahre sein Bauerngut wollen in Pacht geben, es
wär' mir besser gangen, als wie da oben im Siebenbachwald. -- Ich habe
nicht fort können -- ihretwegen nicht. Alle Sonntage gehe ich hinaus in
die Geßnitzer Kirche und stehe hinter dem Turmpfeiler und schau' hin
auf den Platz unter der Kanzel, wo sie sitzt. Und geh' dann wieder in
den Wald zurück. -- Wenn ich wüßt', wer mir diese Lieb' hat angetan!«
Er knirschte mit den Zähnen, als wollte er einen Missetäter zermalmen.

Eine Magd, die mit dem Wasserzuber zum Brunnen kam, unterbrach dieses
Gespräch. Der Schopper-Schub packte den jungen Adlerwirt am Arm und
raunte ihm zu: »Hüte dich!« dann schritt er rasch über den dunklen Hof
dahin.

Als der Wolfram in einer recht wunderlichen Stimmung zurück ins Haus
kam, hörte er von mehreren Seiten zugleich, daß die Salmhofertochter
von Geßnitz da sei! -- Die Salmhofertochter! da horchte der junge
Adlerwirt einmal auf. Und die Erregung im Wirtshaus war keine geringe.
Das ist schon eine besondere Auszeichnung des Freiballes beim
Schwambachwirt, daß ihn die Salmhofertochter besucht. Die Fürnehmste
in der ganzen Gegend, die von den Burschen heimlich Begehrte und
doch nur wenig Umworbene, weil sie stolz und unnahbar. Ist sie mit
ihrem Vater da? oder mit einer Gesellschaft von Geßnitzer Bürgern und
Bürgerinnen? oder gar mit einem Bräutigam, der sie heute das erste
Mal als Braut aufzeigt! Das alles nicht! Ganz allein soll sie sitzen
d'rin im Extrazimmer, nur die Schwambachwirtin bei ihr, welche ihr
Gesellschaft leisten zu müssen glaubt, trotzdem sie draußen in der
Küche alle Hände voll Arbeit hätte. Will denn niemand ins Stübel, die
Salmhofertochter zu unterhalten? -- Dachte der Wolfram: Kennen lernen
möchte ich sie doch, dieselbige, von der es immer heißt, sie wäre die
richtige Adlerwirtin. Was kann mir geschehen, wenn ich sie zu einem
Tanz auffordere? Weist sie mich ab, so drehe ich mich vor ihrer Nase
mit einer anderen um und um.

Wie nun aber der Wolfram ins Extrazimmer trat, sah er am weißgedeckten,
mit feinem Backwerk besetzten Tische neben der dicken Wirtin das
schwarzbraune Mädel sitzen, welches er mit der anderen, der Frieda, in
seinem Wagen kecklich dem Walde entführt und nach Schwambach gebracht
hatte. Und das -- das wäre die Salmhofertochter, die stolze Kundel?

Er brauchte sich nicht erst nach einer Ansprache zu besinnen.

»Da ist er ja, der tapfere Ritter,« so redete sie ihn schier ernsthaft
und gelassen an. »Schön ist es nicht vom Adlerwirt, daß er sich um die
zweite Entführte gar nicht mehr umsehen will, bevor er die erste zu
Tode getanzt.«

Der Wolfram stammelte eine Entschuldigung. Die Kundel sah recht gut
ein, daß es das beste sei, das Abenteuer, welches ihr nun gar nicht
geheuer schien, ins Scherzhafte zu ziehen. Sie rückte daher ein wenig
auf der Bank und sagte: »Setzen Sie sich nur willig her zu mir, es
wird Ihnen nichts mehr anderes übrig bleiben. Sie zahlen mir jetzt ein
feines Nachtmahl, tanzen einen mit mir und führen mich dann wieder nach
Hause.«

Das war alles so ernsthaft und kühl gesprochen, als ob sie zu einem
Diener redete. Er setzte sich hin neben sie und tat, wie sie befohlen
hatte. Alsogleich ward es im ganzen Hause kund: der schwarze Adler von
Kirchbrunn und die Salmhofertochter von Geßnitz sitzen beieinander,
essen und trinken miteinander wie ein Brautpaar. Und als die beiden
gar Arm in Arm auf den Tanzboden traten, da wichen die Leute nur so in
Staunen und Ehrfurcht zurück, daß das schöne junge Paar fast allein
den Reigen tanzte im Saale. In der Ecke hinter dem Stiegenverschlag
stand die Frieda, ein großer Schreck hatte ihr Antlitz blaß gemacht.
-- Er ist verspielt! so konnte sie noch denken, meine Haustochter hat
ihn, da ist er verspielt für die arme Magd. Ist das ein Tag, dieser
heutige Sonntag! -- Wie das Paar in der Nähe vorüberreigte, trafen sich
die Blicke des Wolfram und der Frieda. In diesem Augenblick war ihm,
er tanze mit einem Stück Holz. Fast plötzlich, bevor der Tanz aus war,
ließ er die Kundel los und machte vor ihr eine höfliche Verbeugung.

Es half ihm aber nichts, er hatte für den Abend ihr Ritter zu sein und
war recht froh, als die Kundel den Wunsch aussprach, nach Hause zu
fahren. Endlich saßen die beiden Mädchen wieder im geschlossenen Wagen
und der Wolfram auf dem Kutschbock.

Als sie aus dem Hoftor des Schwambacher Wirtshauses fuhren, noch zum
Abschiede mit hellem Musikklang begrüßt, sah der Wolfram, wie hinter
dem Pfosten sich der Waldmensch duckte -- dann ging es fort, hinaus in
Nacht und Nebel.

Die beiden Mädchen im Wagen führten nicht die angelegentliche
Unterhaltung miteinander, wie auf der Herfahrt. Die Kundel war mürrisch
und breitete sich so sehr aus, daß die andere völlig in die Ecke
gedrückt wurde. Wohl auch die Frieda war nicht aufgelegt zum Sprechen,
sie hatte zu denken genug und zu tun genug, ihre Gedanken nicht zu
verraten. Wie erschrocken war sie daher, als die Haustochter mit einem
Male den Mund auftat: »Eine wahre Schand' ist's, wie du dich heute
aufgeführt hast!«

Es hatte schon den Anschein, als wollte die Magd nichts entgegnen,
endlich sagte sie aber doch: »Kann ich etwas dafür, daß er zuerst mit
mir gegangen ist?«

»Du hast dich ihm ja angeklettet! Männersüchtige Rassel, du!«

Nun sagte die Frieda nichts mehr.

»Ich werd' mir's merken,« setzte die Kundel noch bei, und damit war das
Gespräch zu Ende.

Der Kutscher Wolfram sah träumerisch auf die Bäume, Büsche und
Wegplanken hin, die im Scheine der Wagenlaternen gespenstisch
auftauchten und verschwanden. Die Laternenlichter warfen im dichten
Nebel eine Art Heiligenschein um die Kutsche. -- Ein sauberer
Heiligenschein, das! dachte der Wolfram; wenn ich heute nicht sündige,
so geschieht's einzig nur, weil die Gelegenheit dazu fehlt. Jetzt kann
ich in der ödweiligen Nacht den langen Weg dahinradeln und nachher
wieder zurück. Ein hübsches Vergnügen. Bis ich nach Kirchbrunn komme,
stehen schon die Leute auf. Das hat man von seinem Übermut. Sonst
nichts. -- Hia! den Braunen wird's auch schon zu dumm.

Endlich waren sie auf dem Marktplatz zu Geßnitz. Der Wolfram wollte
halten, aber die Kundel rief zum Wagenschlag heraus: »Vorwärts! Zum
Salmhof hinauf!«

Und nach einer weiteren Weile hielten sie vor dem großen Hofe, der
mit seinen weitläufigen Gebäuden wie leblos dalag. Nur ein gewaltiger
Hund reckte sich mitten im Hofe und der knurrte ein wenig, schien ihm
aber nicht der Mühe wert, sich weiter um das herangerollte Gefährte zu
bekümmern.

Die Kundel wartete im Wagen, bis der junge Adlerwirt abgestiegen war
und ihr den Arm zum Aussteigen bot.

»Und was wird jetzt mein Vater sagen?« fragte das Mädchen. »Wenn ich
ihm nicht gleich nach der Ankunft in Schwambach einen Boten geschickt
hätte, daß er weiß, wo ich bin -- Sie hätten seiner Angst nicht
geachtet.«

Jauchzen wollte der junge Mann über dieses Wort, es war ein Herzenswort
gewesen, das erste, welches er von ihr gehört. Ein gutes Kind kann wohl
auch ein gutes Weib sein ... Ei ja, mein Vater kann doch recht haben!
Wer die einmal heimführt!

»Anläuten, geh'!« hastete die Kundel der Jungmagd zu, die schier
kopflos dagestanden; und während diese nun an die Haustür eilte und den
Glockenstrang zog, flüsterte die Salmhofertochter zum Wolfram: »Seien
Sie schön bedankt, kühner Ritter! Aber wie böse ich auf Sie bin, das
sollen Sie noch erfahren. Warten Sie nur! Schnell hinweg! Gute Nacht!«

Diesen raschen Abschied erklärte der Adlerwirt sich so, als sollten die
Hausbewohner das nächtliche Gefährte nicht wahrnehmen; das war aber ein
wenig anders, die Haustochter wollte es verhindern, daß er der Jungmagd
gute Nacht sagen konnte. Und den Wolfram wurmte es richtig den ganzen
Weg heimwärts, daß er ohne einen Händedruck, ohne ein einziges gutes
Wort von Frieda hatte scheiden müssen.

                            [Illustration]




                             3. Abschnitt.


Jetzt würde männiglich raten, daß am anderen Tage der alte Adlerwirt
zu Kirchbrunn seinem Sohne ein arges Wetter gemacht hätte. Anstatt am
Sonntagnachmittage, war der Wolfram mit den Rössern am Montag früh nach
Hause gekommen!

Männiglich hätte aber schlecht geraten. Als am Montag nach zwölf Uhr
mittags der Wolfram erwacht war und die Küchenmagd ihm den Kaffee
ans Bett brachte, kam auch der alte Adlerwirt herein, er brachte
das Semmelkörbchen, schaute schmunzelnd auf den Burschen hin, der
kerzengerade ausgestreckt da lag und gähnend sich noch ein Weiteres
streckte.

»Geschlafen hast nicht schlecht,« sagte der Wirt.

Jetzt kommt's, dachte der Wolfram, und er hat ganz recht, ich verdiene
schon eine Portion.

Aber es kam nicht.

»Trink' ihn, so lange er noch heiß ist,« riet der Alte, auf die
Kaffeetasse deutend, »was Warmes tut immer gut nach einer solchen
Nacht.«

Der Wolfram richtete sich, auf den Ellbogen gestützt, halb empor; der
Hemdkragen war abzubinden vergessen worden, er lag noch um den Hals;
durch die Spalte des weißen Hemdes sah man einen Teil der nackten
Brust; das Gesicht des jungen Mannes war ein wenig blässer als sonst,
also daß der junge Bart um so dunkler schattete. Die wirren, feuchten
Haare hingen in braunen Tatzen und Ringen über die Stirn herab. Der
Wirt schaute nicht ohne Wohlgefallen auf seinen Sohn. So ein hübscher
Junge ist auch ein Kapital. Nur muß man ihn versilbern oder vergolden
lassen. Sind ja auch in der Kirche die größten Heiligen vergoldet.

»Trau' einer noch einmal so einem Duckmäuser!« sprach nun der alte
Wirt mit schwerem Wiegen des Hauptes und im Tone des Vorwurfes. »Wo
unsereiner erst hindenkt, ist der schon gewesen. -- Aber,« fuhr er
fort, »lachen habe ich auch müssen gestern abends. Wie der Weidknecht
heimkommt, sag' ich: Wo denn heute der Wolfram stecken mag mit den
Pferden! Daß ihm am Ende kein Malheur passiert ist! -- Oh, gibt
der Weidknecht Antwort, dem jungen Herrn fehlt nichts, der sitzt
draußen beim Schwambachwirt im Extrastübel und tut mit der jungen
Salmhofertochter aus Geßnitz Nachtmahl essen. Wär nicht schlecht! sage
ich. Ja freilich nicht, meint der Knecht und erzählt mir die ganze
Geschichte, wie du sie mit dem Wagen zum Tanz geholt hättest. Teufel!
denk' ich, der geht's scharf an! Der kennt sich aus. Je schwerer man
an eine herankann, desto kecker muß man sie anpacken. -- Jetzt hast
gewonnen, Wolf, und ich kann dir's nicht sagen, wie mich das freut.
Wirst sehen, jetzt stehst auf einmal ganz anders da. Neider wirst genug
haben, ich glaub's! Und nun, Wolf, kann ich dir's wohl sagen: wir
brauchen eine reiche Heirat so notwendig wie der Fisch den Schluck
Wasser. Seit die neue Eisenbahn drüben geht, steht's nicht gut mit
uns Wirtsleuten auf der Kirchbrunnerstraße. Zu harter Not, daß es mir
bisher gelungen ist, unser Ansehen aufrecht zu halten, lange wär' das
nicht mehr möglich gewesen. Wir stecken tief in der Schlamaß, mein
Bub', wir stecken tief!«

Der Wolfram war von dieser Mitteilung nicht gerade erbaut, er sagte
aber nichts darauf, sondern war von diesem bitteren Augenblicke an
entschlossen, das Abenteuer mit der Salmhoferischen ernsthafter
aufzufassen, als er es bisher getan.

»Schau nur dazu, Wolf, daß Ihr bald Hochzeit macht!« mahnte der Alte
noch. »Ist gut, daß dem Professor sein Zimmer leer geworden, das lassen
wir jetzt gleich herrichten. Wird Euch eh am liebsten sein, ist hübsch
groß und ruhig.«

»Ja ja!« sagte der Wolfram ziemlich barsch, um dieses Gespräch
abzubrechen, welches ihm durchaus nicht heimlich war. Er sah sein
Verhältnis zur Salmhofertochter lange nicht so rosig als sein Vater,
und wenn etwas Rosiges für ihn dabei war, so konnte es nur das blühende
Gesichtlein der -- anderen sein.

Auf gar keinen Fall war es zu leugnen, daß Wolframs Sinn nach dem
Salmhofe in Geßnitz stand. Und es ereignete sich auch, daß er nun
häufig nach Geßnitz fuhr, immer in Geschäften, wie es hieß. Einige
Wochen vergingen so, da hatte der alte Adlerwirt die feinste
Brautwerberfahrt veranstaltet.

Rollte eines Tages das sorgfältig aufgewichste Gefährte die Straße
entlang gegen Geßnitz. Auf dem Bock saß heute der Pferdeknecht, aber
hübsch mit flatterndem Hutbande. Im Wagen saßen der alte Adlerwirt
und sein Schwager, der Herr Amtskontrollor aus der Kreisstadt. Beide
im schwarzen Anzuge, mit Seidenhut und bunten Halsmaschen. Dem
Adlerwirt war besonders in den weißen, stramm um die fleischigen Finger
gespannten Handschuhen höchst unbehaglich, er war nicht imstande, den
einfachsten Handgriff zu tun, selbst den Überrock mußte -- als es gegen
Geßnitz hin schwüler wurde -- der Herr Schwager ihm aufknöpfen, und als
sie zur Wegmauth kamen, fanden die eingepferchten Finger in den Taschen
kein Geldschnäppchen, so daß wieder der Schwager aushelfen mußte.
Trotzdem war der Adlerwirt guten Mutes und hieb dem Genossen ein-
ums anderemal die breite Hand auf den Oberschenkel: »Na, was meinst,
Schwager, wirst stecken bleiben bei der Anrede?«

»Du wirst dir noch die Hundeledernen zersprengen!« mahnte der Schwager
fürsorglich.

Der Amtskontrollor war ein dürres Herrchen, dem auch die Kampflust,
das heißt die Brautwerbelust aus den Augen blitzte. Der Adlerwirt
hatte ihn eigens für diesen Zweck aus der Kreisstadt verschrieben.
Es fährt sich doch ganz anders auf mit einer Autorität aus der
Stadt, die Schick kennt und Vornehmheit hat. Das Amt, in welchem der
Herr Schwager saß, oder vielmehr auf und ab sprang, bestand in einer
Fahrkartenkontrollorstelle auf der Pferdeeisenbahn.

Nun also, im Bewußtsein voller Ehrenhaftigkeit fuhren sie den Hügel
hinan gegen den Salmhof. Da fielen ihnen die zahlreichen armen
Kinder auf, die -- obzwar schon zur Allerheiligenzeit -- barfuß und
in schlechten Gewändlein den Weg hin und her liefen. Durch das weit
offenstehende Tor rollte der Wagen so rasch in den Hof, daß es mit
einem der Kleinen schier ein Unglück gegeben hätte. Alsogleich stand
auch der dienstbare Bursche da, der die beiden Pferde in Obhut nahm,
während die beiden Herren sich an einen Mann wandten, um so gleichsam
wie im Vorübergehen ein wenig die Wirtschaft begucken zu können. Der
Angesprochene führte sie bereitwilligst durch verschiedene Gebäude, und
überall war es erstaunlich. Dieser Wohlstand, dieser Überfluß in allem.
Die Haustiere in schönsten Rassen, die Vorräte an Feldfrüchten, an Heu,
an Werkzeug, an Wagen und Schlitten, an Häuten, Pelzwerk und Wolle, an
Edelholz, kurz an allerlei, woran die meisten Leute gar nicht denken,
geschweige es besitzen.

Nach einem solchen Rundgang im Hofe kamen sie zum Eingange in das
stattliche Wohnhaus; das Untergeschoß desselben war gemauert und
weiß übertüncht, der obere Stock aus Holz gezimmert. Es hatte viele
Fenster, die größer waren als solche bei anderen Bauernhöfen und mit
zierlichen Holztäfelungen ausgeschlagen. Auch an den Dachvorsprüngen
waren Holzschnitzereien, das Dach selbst war aus Schindeln, und über
demselben ragten mehrere weiß übertünchte Schornsteine empor. Neben der
Haustür an der Wand hing eine schwarze Tafel, auf welcher Kundmachungen
klebten, denn der Salmhofer war Vorstand der Landgemeinde Geßnitz, die
sich einen eigenen »Bürgermeister« wählte, seitdem der Ort Geßnitz
selbst eine Marktgemeinde geworden war. Als die beiden Gemeinden sich
trennten, wollte jede den Salmhof für sich haben, der lag so gut
bürgerlich als bäuerlich, allein der Salmhofer mochte gedacht haben:
lieber der erste Bauer, denn der letzte Bürger, und hatte sich zur
Landgemeinde geschlagen, was ihm seine Nachbarn gar nicht hoch genug
anrechnen konnten.

An der offenen Haustüre war in der unteren Weite ein zierliches
Holztörchen, wie solche an vielen Bauernhöfen üblich sind und dazu
dienen, daß vom Hofe das Kleinvieh nicht ins Haus laufen kann. An
diesem Türchen grunzten heute aber weder Schweine, noch meckerten
Lämmer oder Ziegen, es war umdrängt von armen Kindern, dreijährigen bis
etwa zwölfjährigen, die ihre Händchen aufhoben und mit hellen Stimmen
schrieen: »Bitt' gar schön um ein Allerheiligenbrot!«

Und hinter dem Törchen stand ein feines, etwas blasses, ernsthaftes
Mädchen in dunkelblauem, fast städtisch geschnittenem Anzug, am Halse
ein weißes Kräglein, wie es Männer tragen. Dieses Mädchen nahm aus
einem großen Korbe, der neben ihm stand, geschnittene Brotstücke und
verteilte sie an die Kinder. Die vorne standen, denen gab sie es in
die Hand, den hinteren, vergeblich nach vorne drängenden warf sie
die Stücke über den Köpfen zu und kümmerte sich nicht weiter um das
Gebalge, welches darüber entstand.

»Da ist sie!« flüsterte der alte Adlerwirt dem Herrn Amtskontrollor zu,
und sie zogen ehrerbietig vor ihr die hohen Hüte. Das Mädchen dankte
dem Gruße mit einem fast unmerklichen Neigen des Hauptes, scheuchte mit
einer lebhaften Handbewegung die Kinder auseinander, und unsere beiden
Männer traten in das Haus.

Nach den »Herren Eltern« erkundigten sie sich bei der Kundel. »Bitte
nur die Treppe hinauf, Mutter wird in der Küche sein!« Also in
höflichem, aber entschiedenem Tone der Bescheid. Der Adlerwirt nickte
dem Genossen vielsagend zu. Der Kundel war ihr erheuchelter Gleichmut
ganz ausgezeichnet gelungen, nun aber huschte sie rasch unter die
Stiege hin und spähte nach. Es schwante ihr etwas, als gehe dieser
Besuch sie an. Für das Austeilen des Allerheiligenbrotes war nun alle
Neigung dahin, sie stellte den Kindern den Korb mit dem Reste der
Brote vor die Tür und schlich die Treppe hinan.

In der Küche waren zwei Weiber, welche mit langen Messern die
Kohlkopfstengel zerschnitten und die Scheibchen in einen Kessel warfen.
Beide waren wie Mägde angezogen, nur daß die ältere, eine magere und
fast kümmerlich aussehende Person, ein weißes breites Schürzenband
hatte, an welchem ein Schlüsselbund hing.

»Können wir mit der Frau Salmhoferin reden?« sprach diese der alte
Adlerwirt auf gut Glück an.

»Was wird's denn sein?« fragte das Weib in fast schüchterner Weise
entgegen und wischte ihre Hände an der Schürze ab.

»Wir sind von Kirchbrunn,« sagte nun der Herr Kontrollor, »und kommen
in einer wichtigen Angelegenheit, wie sich's schon manchmal so fügt auf
dieser Welt.«

»Dann müssen Sie schon zu meinem Manne gehen. Ich weiß nichts,« so
antwortete die Salmhoferin, wies sie über den Gang bis zur letzten Türe
links und ging wieder an die Bereitung des Schweinefutters.

Bei der letzten Türe links klopften die Männer höflich an. Drinnen
hustete jemand. Nach einem Weilchen klopften sie zum zweiten Male, und
drinnen hustete es zum zweiten Male. Nach dem dritten Klopfen schnarrte
es im Zimmer: »Zum Satan, ja hab' ich gesagt!«

Es war barsch, doch der Adlerwirt hielt das Ja im Vorhinein für ein
gutes Zeichen. Sie traten ein.

Es war eine schmale, längliche Stube mit zwei Fenstern und einem großen
Kachelofen. Zwischen den Fenstern stand eine lange Lehnbank und daneben
ein braunangestrichener Tisch. Auf der Lehnbank lag ein alter Mann, der
nur mit Socken, einem schwarzen Beinkleide und einem grauen, locker um
Brust und Arme flatternden Wollenhemde bekleidet war. Der Mann hatte
auf dem Haupte fast kein Haar, hingegen einen üppigen, schneeweißen
Bart. Das Gesicht war gerötet und hatte eine lange, wulstige Nase.
Auf dem Schoß hatte der Mann ein weißes Kätzchen, das er fortwährend
streichelte und mit Brotkrümchen fütterte. Auf dem Tische lag ein
blaues, zusammengeknülltes Sacktuch, ein paar Brillen und ein Pack mit
Schriften. Daneben stand ein grünglasierter Krug, aus welchem er häufig
einen Schluck nahm.

Dieser Mann war der Salmhofer. Der alte Adlerwirt verleugnete seine
Befangenheit und grüßte ihn wie einen Bekannten, denn der Salmhofer war
ja oftmals eingekehrt bei ihm in Kirchbrunn.

»Au!« sagte der Alte und richtete sich ein klein wenig auf. »Das ist
seltsam. Was seid Ihr denn so närrisch aufgestiefelt?«

Da stellte sich der Herr Kontrollor vor und begann so zu reden:
»Hochachtbarer Herr! Die Schicksale der Menschen sind mannigfach und
unerforschlich. Sie hätten wohl auch nie gedacht, daß wir einmal an
Ihres Hauses Schwelle stehen würden, und zwar in einer Angelegenheit,
die -- in einer Angelegenheit, welche --« Da stak er.

»Was wollt's denn?« fuhr der Salmhofer mit seiner breiten, röchelnden
Stimme drein.

»Daß wir an Ihres Hauses Schwelle stehen werden, und zwar in einer
Angelegenheit, die --« Trotz des neuen Anrandes konnte er noch nicht
weiter. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn.

»Still sei, Mistvieh!« sagte der Salmhofer zum Kätzchen, welches
miaute, und gab ihm mit dem Finger einen zärtlichen Klapps.

»Bitt' Euch, macht's keine Faxen!« hierauf zu den Ankömmlingen,
»kann mir's ja eh denken. Meiner Tochter die Fahrgelegenheit zum
Schwambachwirt soll ich zahlen. Was kostet sie denn?«

Jetzt lachten die beiden und meinten, nun wären sie schon bei der
Stange. »Billig fahre der junge Adlerwirt nicht bei Nacht und Nebel,
leicht koste es den Passagier selber.«

Der Salmhofer hob von der Katze die Hand und machte damit einen Schlag
in die leere Luft. War das die Antwort? War das nicht gerade, als ob er
sagen wollte: Fort mit Schaden?

»Dafür stehe ich gut,« sprach nun der alte Adlerwirt, »einen braven
Mann bekommt sie. Und lieb haben sich die jungen Leut' wie Tauben.«

Der Salmhofer tat aus dem Kruge einen langen Schluck, und auf seinem
Barte noch die Tropfen, schnarrte er: »Mein Geld willst, Adlerwirt!«

»Aber! Aber!« rief der Adlerwirt. »Wer denkt denn an so was! Geld macht
nicht glücklich, sage ich alleweil. Daß sie zusammenpassen, ist die
Hauptsache. Das andere wird sich alles geben.«

»Losgehen kann's, wann's will,« sagte der Salmhofer und trank wieder.
Während er trank, sprang das Kätzchen auf den Fußboden hinab; da fuhr
der Alte empor, fing es ein und setzte es wieder sachte auf seinen
Schoß.

»Nachher könnten wir vielleicht jetzt mit der Kundel reden?« meinte der
Adlerwirt.

»Weiß schon, weiß schon,« wehrte der Salmhofer ab. »Das Mädel ist ja
schon ganz dumm vor lauter Verliebtheit. -- Da bleibst, Vieherl.«

Den beiden Männern kam es schier vor, der Alte sei nicht recht bei
Trost. Der grüne Krug! Auf jeden Fall reichte der Adlerwirt ihm nun die
Hand und sagte in feierlicher Stimmung: »Also abgemacht, Schwieger!
Bruder! Gott segne unsere Kinder!«

»Ist schon recht, ist schon gut!« murmelte der Alte, und seine
Handbewegung deutete an, sie könnten wieder gehen.

»Er hat zwar einen martialischen Rausch,« sagte der Herr Kontrollor
vor der Tür, »aber richtig ist's. Er hat mehr gestanden, als er im
nüchternen Zustande beigegeben hätte, und das kann uns recht sein.«

Auf der Hausflur begegneten sie der Kundel. Der alte Adlerwirt hielt
ihr die Hand hin und sagte weichmütig: »Jetzt mache ich nicht viel
Umstände mehr, Töchterl, ich darf wohl einen Gruß ausrichten beim
jungen Adlerwirt zu Kirchbrunn?«

»Bitt' schön,« antwortete das Mädchen und senkte das Aug'.

»Und wann darf die Hochzeit sein?« fragte kühnlich der Herr Kontrollor.

»Je eher, desto besser,« antwortete das Mädchen. Da wußten die
Brautwerber einstweilen genug.

                            [Illustration]




                             4. Abschnitt.


Der Winter war mit viel Schnee gekommen. Das wirtschaftliche Leben des
Dorfes nahm eine neue Gestalt an, vom Walde wurden auf Schlarpfen[2]
große Reisigfuhren gezogen, aus den Berggräben mächtige Holzblöcke
geschleift, von den Teichen her schwere Eisladungen geführt. Wer einen
Bau vorhatte im nächsten Jahre, der zog jetzt Zimmerholz und Steine
zusammen; der Schnee -- von welchem nicht Unterrichtete glauben, daß
er die Wege versperre -- hatte die Bahnen geschaffen, auf welchen die
schwersten Lasten leicht weiter befördert werden konnten. Die Straße
entlang schellte manch leichtes Schlittenzeug lustig fürbaß und hielt
wohl mit seinen Insassen an in Kirchbrunn beim Adlerwirt auf ein Glas
Wein. Seit es laut geworden, daß die einzige Tochter des Großbauern
zu Geßnitz bald einfahren werde in das Adlerwirtshaus, war dieses
den Leuten neuerdings anziehend geworden. Einzig nur das Weibervolk
betrachtete nun dieses Haus nicht mehr ganz mit den wohlwollenden Augen
als ehedem, aber das verdirbt nicht viel; Weibsbilder, meinte der alte
Wirt, sind ohnehin nicht die besten Gäste.

[2] Aus zwei Baumstämmen gebaute Waldschlitten.]

Um diese Zeit kehrte eines Tages der Schopper-Schub ein im
Adlerwirtshause. Er hatte immer denselben verwilderten Bart, der nie
geschnitten wurde und der auch nicht eigentlich in die Länge wuchs,
sondern mehr Neigung hatte, sich zu kräuseln und zu filzen, was dem
Waldmenschen auch recht war. Mit dem Haupthaar stand es wahrscheinlich
auch ähnlich, man sah es aber nie, weil der Mann den Hut immer auf
hatte und die schweren schwammigen Krempen zu allen Seiten tief
herabhingen. Das mattbraune Lodengewand hatte einige Flicken, doch
sah man es an ihrer Ungefügigkeit, daß sie nicht von schlichtender
Weibeshand herrührten. Eben fast so unbehilflich war der Verband, den
er am linken Arme trug. Daß der Schopper mitten in der Woche Feiertag
hatte, kam daher, weil er sich mit der Holzaxt unversehens die Hand
gespalten hatte. Weiter war es nichts. Ein Kamerad hatte ihm ein
Harzpflaster gemacht und den Verband angelegt; somit ist die Sache in
Ordnung, nur daß der Mann einstweilen nicht arbeiten kann.

Also saß der Holzknecht da am dämmerigen Winkeltisch und trank etliche
Gläschen Branntwein.

»Wo ist denn der Jungherr?« fragte er auf einmal kurz und scharf.

»Wo wird er denn sein!« antwortete der alte Adlerwirt, »in Geßnitz wird
er sein. -- Hast was mit ihm?«

»Will selber mit ihm reden,« sagte der Schopper. »Ich kann ihm ja
nachgehen. Hab' eh Zeit dazu. Was macht's!«

»Dreimal drei macht neun,« rechnete der Wirt die drei Gläschen
zusammen. »Bekommst von zehn einen Kreuzer heraus.«

»Schenkt ihn einem Bettler,« sagte der Schopper. Da lugte der Wirt
einmal. -- Seit wann geben denn die Herren vom Siebenbachwald
Trinkgeld? Wahrscheinlich, seit sie sich selber die Knochen
entzweihauen.

»-- Soll einmal ein Vaterunser dafür beten,« setzte der Holzknecht bei,
während er sich rasch von der Bank erhob und, den Stock fest auf den
Boden stoßend, davoneilte.

»Für einen Kreuzer ein Vaterunser,« murmelte der Wirt, die kleine
Münze in der hohlen Hand schüttelnd, »viel Andacht wird man da nicht
verlangen können.«

Der Schopper-Schub wanderte die Straße entlang gegen Geßnitz. Der Weg
war wohl für den Schlitten eingerichtet, aber nicht für ungelenkige
Füße. Das glitt immer nach rechts oder nach links und brachte den Mann
in Gefahr, auf seine wunde Hand zu fallen. Trotzdem setzte er seinen
Stock fest ein und kam vorwärts. Er sann unterwegs, wie er es machen
werde auf dem Salmhof. Das waren ja zwei triftige Gründe, wesweg er
jetzt hinausging. Ein fast leidenschaftliches Dankgefühl hatte ihn
vom Siebenbachwald herausgetrieben. Der in sein enges Wesen zutiefst
eingesponnene und doch vielleicht gelegentlich einer Selbstentäußerung
fähige Waldmensch glaubte, daß der junge Adlerwirt rein ihm zuliebe von
der Frieda abgestanden sei und, damit aller Zwiespalt aufhöre, rasch
die andere heiraten wolle; denn es war ihm nicht möglich zu denken,
daß unter allen jungen Weibern der Welt nicht die Jungmagd Frieda die
Begehrenswerteste sein sollte! -- Adlerwirt! wollte er sagen und ihn um
den Hals packen, für mein Lebtag bin ich dein Knecht! Wenn du einmal
in Not solltest sein, so rufe mich! Du bist mein treuester Freund auf
der Welt! Du hättest das Mädel haben können und hast es mir überlassen,
hast dich einer Fremden angeschmiedet, die dir gleichgültig ist,
höllisch gleichgültig. Gott geb's, daß sie dich recht lieb hat! Und
wenn du einmal wen brauchen solltest, Wolfram, der für dich lebt und
stirbt, so laß mich holen! -- Also wollte der Schopper zu ihm sprechen,
daß seinem heißen, in Zorn wie in Freude überschwänglichen Herzen
Genüge getan werde. Dann wollte er aber auch ernstlich an die andere
herantreten und am heutigen Tage die Sache endgültig machen. -- Hopp!
jetzt lag er im Schnee.

Wenn es so fortgeht auf der Rutsche, so wird das mühsam bis Geßnitz.
Ein feines Schellen hörte er hinter sich. Mit flinkem Rößlein jagte und
auf leichtem Schlitten saß der Groß-Grübinger von Kirchbrunn, er fuhr
auch gegen Geßnitz. Ei, dachte der Holzknecht, dem ist's ein leichtes,
daß er mich mitnimmt. Als der Schlitten vorüberschliff, rückte der
Schopper manierlich den Hut, aber der Grübinger tat nichts desgleichen.

»He!« rief nun der Holzknecht dem Gefährte nach, zog sein blaues
Sacktuch aus der Tasche und hielt es hoch in die Luft, »he, Vetter!
Vetter Grübinger!«

Der Bauer hielt an: »Was ist denn?«

»Ihr habt Euer Sacktuch verloren!« rief der Holzknecht. Die List
gelang; während der Bauer seine Taschen durchsuchte, kam der Schopper
zum Schlitten heran und legte seine Hand schon an das Joch.

»Mir gehört er nicht, der Fetzen!« brummte der Bauer und wollte es
wieder vorwärts gehen lassen.

»Nachher muß er wem anderen gehören,« meinte der Holzknecht und steckte
das Tüchel in seinen Sack. »Aber gelt, Vetter Grübinger, Ihr seid so
gut und habt nichts dagegen, wenn ich mich da hinten auf die Kurve
stelle. Ich will nach Geßnitz und es geht so kläglich auf den Füßen.
Euer braver Rappen --«

»Kunnt mir einfallen!« lachte der Bauer grell auf, »Hia!« Und der
Schlitten glitt rasch dahin, kaum hatte der Schopper Zeit, das Joch
auszulassen; sich an dasselbe haltend, stolperte er eine Weile hinten
drein, bis der Bauer ihm mit dem Peitschenstock eins auf die Finger
gab. Da ließ er los und stand wieder allein mitten in Schnee und Nebel.

»Die Leute sind hart,« murmelte er vor sich hin; um so weicher ist der
Schnee, in welchen er seine Fersen wieder kräftig einsetzte. Es ging
langsam fürbaß.

Als er nach Stunden durch den Markt Geßnitz schritt, war es finster,
was sich gar nicht übel traf. Schon einmal hatte ihn hier der Gendarm
festgenommen, obschon auch bald wieder losgelassen, nachdem es sich
herausgestellt, daß hinter der verwilderten Hülle ein gewöhnlicher
Holzknecht steckte. -- Auf dem Turme läutete die Abendglocke. Er zog
seinen Hut vom Kopfe und betete: »Der Engel des Herrn brachte Maria
die Botschaft ...« Der junge Adlerwirt war ihm nicht begegnet, also
mußte er wohl noch im Salmhofe sein. Der Schopper ging den Hügel
hinan, aber nicht nach dem breiten Fahrweg, sondern hinterwärts auf
dem Rainsteige. Den Wirtschaftsgebäuden trachtete er zu, er wußte wohl
die Futterkammer, in welcher die Jungmagd um diese Zeit ihre Arbeit zu
verrichten pflegte. -- »Heut' nimm dich zusammen, Schopper-Schub,« so
ermahnte er sich selbst. »Denk' nicht immer daran, daß du verachtet
bist. Denk', daß du auch ein Mensch bist wie alle anderen, und
sei herzhaft. Gesund und stark zum Arbeiten, niemand kann dir was
ausstellen im Holzschlag, du verstehst dein Geschäft. Niemand kann dir
was nachsagen; was du dein Lebtag hast angestellt, das ist nur dein
eigener Schaden gewest. Die neue Riesen wird sich machen im Waldschlag.
In ein paar Jahren bist Holzmeister, da kannst Weib und Kind erhalten
so gut wie ein Graf. Warum soll sie dich nicht gern haben? Wenn ihr
dein Gewand nicht gefällt, so wirf's weg, der inwendige Kerl wird nicht
zu schlecht sein für eine brave Dirn. In Gottesnamen, Schopper!«

Der junge Adlerwirt hatte sich im Laufe desselben Nachmittags in der
großen Wirtschaft des Salmhofes herumgetrieben. Anfangs tat er solches
in Begleitung seines künftigen Schwiegervaters, dieser wurde aber bald
zurückgerufen, er hatte in Gemeindevorstandsgeschäften zu tun. Der
Wolfram spähte überall umher und spielte mit dem Gedanken, was mit
all dem geschehen werde, wenn einmal Vater und Mutter mit Tod abgehen
sollten. Gegen Abend ins Haus zurückgekommen, gab's eine Jause, aber
eine etwas zerrissene. Die Salmhoferin trank ihren Kaffee in der Küche,
der Salmhofer trank seinen Weinkrug auf der Stube aus, die Haustochter
Kundel schlürfte ihren Tee im Küchenzimmerchen und knusperte süßes
Backwerk dazu. Der Wolfram, welcher neben ihr saß, dankte für den ihm
gebotenen Imbiß, er sei nicht gewohnt, eine Jause zu nehmen, aber
eine Zigarre, wenn er sich anzünden dürfte! Hierauf besprachen sie
die Hochzeit. Die Kundel gestand vielleicht mehr unwillkürlich als
absichtlich, daß es ihr manchmal schrecklich sei auf dem Salmhofe,
daß sie froh sei, diesem Orte zu entkommen. Elternliebe, wovon andere
Leute sprechen, habe sie ja doch nie kennen gelernt. Der Vater habe
sie ein paar Jahre lang in ein Institut gesteckt, sie nachher zu einer
Zierpuppe herrichten wollen, um sich mit ihr zu prahlen; bei der
Mutter wäre überhaupt nichts zu suchen, diese verrichte in der Küche
ihre tägliche Arbeit, die gerade so gut auch eine Magd besorgen könne,
und sei dann zufrieden. -- Dem jungen Adlerwirt schmeichelte dieses
Vertrauen der Braut und es kam ihm fast gemütlich vor im Stübchen, bis
die Kundel plötzlich und ziemlich rasch das Fenster aufmachte. Der
Tabakrauch ging freilich hinaus, aber die kalte, neblige Winterluft
ging herein. Endlich verabschiedete der Bräutigam sich, und während
die Pferde eingespannt wurden, stand er draußen in der Tür der
Heukammer und plauderte ein wenig mit der Jungmagd. Er lehnte an dem
einen Pfosten der Tür, sie an dem anderen, weiter ließ sie ihn mit
der brennenden Zigarre nicht in die Kammer. Sie tat's aber nicht des
Rauches, sondern der Feuersgefahr wegen.

Ihr Gespräch wurde ganz leise geführt. »Frieda,« sagte der Wolfram, »du
wirst doch auch bei der Hochzeit sein?«

»Weiß es nicht,« antwortete sie, »ich werde wohl müssen haushüten. Die
Haustochter hat schon so etwas gesagt.«

»Hat sie?« fragte flüsternd der Bräutigam. »Nein, Frieda, ich will's
haben, daß du bei meiner Hochzeit die erste Kranzljungfrau sein sollst.
Es geht doch!«

»Ja, gehen tät's schon,« meinte die junge Magd, »aber sein darf's
nicht.«

»Wer sagt das?«

»-- Sie.«

»Das möchte ich wissen. Ihr seid ja immer gut gewesen miteinander? Und
kameradschaftlich.«

»Früher, ja,« sagte die Frieda, »aber seit dem Tanz beim Schwambachwirt
ist sie arg auf mich.«

»Laß es gut sein, Dirndel,« entgegnete der junge Adlerwirt. »In das
Kapitel werde ich auch etwas dreinzureden haben. Sie mag zur Hochzeit
laden, wen sie will, ich werde es auch tun. Und verhoff's, daß wir
uns bei der Hochzeit nicht das letzte Mal sehen werden, Dirndel. Gib
mir die Hand drauf!« Und er schnalzte mit der Zunge, was so seine
Gewohnheit war, wenn er Mut und Übermut in sich fühlte. »Dirndel, die
Hand drauf!«

»Auf das gebe ich keine Hand,« war ihre Antwort, »der Mensch weiß nicht
Zeit und Stund.« Zögernd und zagend hatte sie das gesprochen.

»Und auch zum Abschied willst mir die Hand nicht geben?« fragte er
nicht ohne Beklommenheit.

»Zum Abschied -- schon gar nicht,« antwortete das Mädchen.

»Frieda!« erscholl es in diesem Augenblicke von der Stallwand her. Die
beiden stoben auseinander. Eine männliche, hohle Stimme war es gewesen.
Der junge Adlerwirt sprang in den Schlitten, und vorwärts ging's durch
Nacht und Winter gegen Kirchbrunn.

An demselben Abende war's, als die Jungmagd Frieda die Tür ihrer Kammer
verschlossen hatte und nun vor einem Muttergottesbildchen, welches an
der Wand klebte, ihr Nachtgebet sprach, als auf einmal wie ein Gespenst
der Holzknecht vor ihr stand. Der Schreck war so groß, daß ihr zum
Schrei die Stimme versagte. Beide Hände ans Herz gedrückt, so sank sie
mit einem Hauch auf den Schemel hin.

»Geschehen tut dir nichts,« also sprach nun der Schopper. »Aber das
Leutrufen laß sein. Sie brauchen es nicht zu wissen, was wir zwei
miteinander zu reden haben.«

»Wir haben nichts miteinander zu reden,« konnte jetzt die Frieda sagen.
»Geh fort! Du hast dich wie ein Dieb hereingeschlichen! Geh fort!«

»Hast wohl recht, Dirndel, wie ein Dieb!« entgegnete der Schopper.
»Weil ich deinetwegen schlecht werden muß. Aber daran schuldig bist du.
Zu einem Engel hättest mich machen können. Und jetzt -- jetzt kann ein
Teufel draus werden.«

»Fort geh!« rief das Dirndel und sprang zur Tür, um sie zu öffnen.
Er fing sie auf, hielt ihr die Hand fest und sagte: »Frieda. Sei
barmherzig. Schau, ich bin ein armer Bursch'. Glaubt hätt' ich's
nimmer, daß einen die Lieb' so kunnt zurichten. Zwingen kann ich dich
nicht, Frieda. Ich sag' dir nur das: Wenn du mich nicht nimmst, so
erleben wir was. Mit mir und mit dir! Ich spring' ins Verderben und du
in dein Unglück. Der junge Adlerwirt! Unterwegs her bin ich noch voller
Vertrau gewesen zu ihm. Und was ich jetzt hab' gehört!«

»Was hast denn gehört?«

»Mehr, als er geredet hat, meine liebe Dirn! Daß der so schlau ist, das
hätte ich mir nicht gedacht. Die eine heiraten, die andere gern haben!
Bist denn du blind, Frieda! Oder bist wirklich so schlecht?«

»Holzknecht,« versetzte jetzt das Mädchen ruhiger, »laß mich aus, dann
will ich reden.«

Im Augenblick ließ er ihre Hand los.

»Für mich,« so redete sie nun, »wär' es auch besser, du hättest mich
zerdrucken lassen vom Mühlrad. Ich dank' dir's nicht, daß du mich hast
herausgezogen. In der Unschuld wäre ich gestorben, und wie es jetzt
steht, seh' ich vor mir nichts, als lauter Sünd' und Elend.«

»Den Adlerwirt mußt vergessen!« sagte der Schopper.

»Vergessen! Weißt du, was du redest? Kannst du vergessen? So vergiß
mich, ich geh' dich ja nichts an. Bin nicht deine Schwester und nicht
dein Geschwisterkind. Such' dir eine, die besser für dich paßt, und
mich laß in Gottesnamen zugrunde gehen, wenn es mir schon aufgesetzt
ist, daß ich seinetwegen zugrunde gehen soll.« Sie weinte.

Der Waldmensch stand wie erstarrt vor ihr. Endlich antwortete er: »Um
~das~ von dir zu hören, bin ich heute weit aus dem Siebenbachwald
herausgekommen. -- Du, Frieda! Flennen darfst mir nicht! Flennen kann
ich dich nicht sehen!« Fast wie drohend stieß er die letzten Worte
heraus, und dann fuhr er mit den Fingerspitzen über ihr Haar hin, als
ob er sie streicheln wollte. »Frieda!« fuhr er milder fort. »Vor neun
Jahren am Magdalenatag, wie sie deine Mutter haben in die Erden gelegt,
habe ich dich zum ersten Mal gesehen. Wie du dazumal geweint hast,
du liebes Kind, du arme Waise, so verlassen auf der Welt, -- wie du
dazumal so geweint hast, das geht mir nimmer aus dem Kopf, gar nimmer.«

»Mein Gott,« flüsterte jetzt die Frieda, »du bist ja ein guter Mensch,
ein herzensguter Mensch. Aber jetzt mußt du fortgehen, du armer Bursch,
schau, es kann nicht anders sein. Ich habe ja nichts gegen dich, wenn
ich nur könnt', wie wollt' ich dich lieb haben mit Freuden, dich ganz
allein. Und es hätt' eine gute Wendung. Wie es jetzt steht, ich weiß
mir ja nicht zu raten und nicht zu helfen.«

»Sollst schuldigerweis so reden?« fragte er.

»Gott Lob und Dank, nein!« antwortete die Jungmagd, »aber fürchten
tu' ich mich, so oft ich ihn sehe. Bei der Hochzeit will ich nicht
sein, nach Kirchbrunn auch mein Lebtag nicht gehen. Ich will mich
ja hüten, soviel es menschenmöglich ist. An meine Mutter hast mich
gemahnt, Schopper. Ihr letztes Wort zu mir ist gewesen: Frieda, wenn
du dir nicht aus weißt, so knie' hin und tu' beten. Ich will's tun,
Holzknecht, und will so lange beten, bis ich dich recht lieb hab, und
nur dich allein.«

Das sagte sie mit solcher Innigkeit, als wäre die Liebe zu ihm bereits
da.

»O glückselige Stund'!« wimmerte der Waldmensch und drückte sein
bärtiges Gesicht an ihre Schulter, in ihr Haar, »du herzliebe Dirn,
ich geh' schon, ich geh' gern. Beten! Beten! Gute Nacht, du
herzliebe Dirn!«

Also stürzte er wie rasend vor Glück davon, hinaus in die tiefe
Winternacht, den jauchzenden Himmel im Herzen, seinen fernen
Wäldern zu.

                            [Illustration]




                             5. Abschnitt.


Ganz Geßnitz war in Aufruhr. Bald nach Mitternacht schon hatten sie
angefangen mit den Pöllern zu knallen, und zwar nicht bloß auf dem
Salmhof, wo hinter dem Hause ein großes Feuer brannte, sondern auch
bei anderen Bauernhöfen der Umgegend, die da zeigen wollten, welch
freudigen Anteil sie nähmen an dem Fest- und Ehrentage der Familie
ihres großständigen Gemeindevorstandes. Und als über den Dunstschichten
der große, rote Sonnenball heraufstieg und die Hochzeitsgäste gegangen,
gefahren kamen von allen Seiten her, da knatterten auch die Pistolen
drein, das Kleingewehrfeuer zu den Kanonenschüssen, daß es schier
zu hören war, als würde eine große Schlacht geschlagen im Tale von
Geßnitz. Wo der Weg vom Salmhofe in den Markt hineinmündet, war
sogar ein Schwibbogen gebaut aus Fichtenreisern. Von der Gärtnerei
der Herrschaft Klobenstein war ein großer Brautstrauß gekommen als
Hochzeitsgabe, denn der Klobensteiner Baron und der Salmhofer standen
miteinander in reger Geschäftsverbindung.

Übrigens hatte die Hochzeit des jungen Adlerwirtes mit der Salmhofer
Tochter etwas Städtisches. Es gab dabei Herrschaften in Frack und mit
hohen Seidenhüten, worunter der Herr Schwager Amtskontrollor eine der
würdigsten Erscheinungen war. Auch der Salmhofer trug einen sehr langen
Frack, einen schwarzen Röhrenhut, einen hohen, aufgesteiften Halskragen
mit zwei an beiden Seiten des Kinnes hervorstehenden Spitzen, eine
schneeweiße Weste, die über den halben Bauch hinabging, ein schwarzes
Beinkleid und tadellose weiße Handschuhe. Die Salmhoferin an seiner
Seite sah dagegen ganz bäuerlich und fast ärmlich aus. Der Bräutigam
war in schwarzem, dorf-bürgerlichem Anzug, der sich nur auszeichnete
durch das Myrtensträußchen am linken Brustflügel. Dieses schwarze
Gewand gab dem jungen Manne ein überaus interessantes Aussehen, sein
Gesicht schien blasser als sonst, und in seinem großen Auge war ein
seltsamer Schmelz, wer es nur hätte sagen können, ob mehr auf frischen
Mut oder auf weichmütige Rührseligkeit hinweisend. Seine natürliche
Heiterkeit schien er heute daheimgelassen zu haben beim Alltagsgewand,
ernsthaft, gesetzt, wie es einem Bräutigam ansteht, war sein Wesen,
und man sah gleich, daß die Würde des Großbauernhofes sich auf ihn
zu vererben begann. Die Braut Kunigunde trug ein schweres weißes
Seidenkleid mit Schleppe, und auf dem kunstvoll geflochtenen, fast
schwarzglänzenden Haar ein Myrtenkränzlein. Ihr schönes Gesicht war
jetzt, wie sie vor dem Altare standen, als ob es von reinstem weißen
Marmor gemeißelt wäre. Man hatte zu Geßnitz nie eine Braut gesehen,
die so würdig und ernst war, und nie eine, die am Hochzeitstage
nicht einmal ein wenig gelächelt und nicht einmal ein wenig geweint
hätte. Aber die Kunigunde war eine solche. Manche behaupteten, das
wäre ein tiefes Wasser, auswendig eine Mutter Gottes, inwendig
--. Ein Glücksmensch sei dieser Adlerwirt! Die Braut so schön, so
achtunggebietend, so reich! -- Ob sie für eine Wirtin am Ende nicht
doch ein wenig zu vornehm ist! Wirtinnen können nicht artig genug
sein. -- Oho, Wirtinnen können nicht zurückhaltend und ernsthaftig
genug sein! -- Ein Glücksmensch, dieser Adlerwirt!

Als das Brautpaar vor dem Altare stand, als der Wolfram ihre zarte
kleine Hand in der seinen hielt, als der Priester die Stola darüber
wand, da machte der junge Adlerwirt im Herzen ein Gelöbnis. -- Ich will
ein treuer Mensch sein. Junge, leblustige Weiber gibt es genug, auch
solche, die Ehrenhaftigkeit verkaufen! Nein. Ich habe jetzt mein Weib.
Und ist sie gleichwohl noch frostig wie ein Märztag, ich will so viel
Sonnenschein auf sie legen, bis die Blume aufblüht. Durch die Liebe
kann man alles überwinden, sagt mein Professor Nix, auch die schlimmen
Weiber. Schlimm aber ist sie gar nicht, nur ein wenig herb. Und herbe
Trauben geben den haltbarsten Wein. Mein liebes Weib, du! -- Er drückte
ihre Hand, sie wußte freilich nicht, was er dachte.

Die Mahlzeit im Salmhofe war üppig bis zum Tischbrechen. Auch dabei
ging es so vornehm zu, daß alle Kellner von Geßnitz anwesend waren,
um an der Tafel die Speiseschüsseln herumzutragen von Gast zu Gast.
Die Braut winkte fast jedes Gericht mit einer Handbewegung ab, sie aß
nichts, sie trank nichts, sie sprach nur wenig, ließ aber ihr wachsames
Auge stets in die Runde gehen, um die Ordnung des Dienervolkes zu
überwachen und etwaige Verstöße desselben mit einem strafenden Blick,
mit einem tadelnden Worte zu rügen. Der Wolfram suchte mit der
nebensitzenden Schwiegermutter ein Gespräch zu unterhalten; es war
jedoch mit der einfachen, bescheidenen Frau nicht viel anzufangen. Um
so mehr fröhlichen Lärm machte der Salmhofer, besonders wenn das weiße
Kätzchen, welches er bei sich auf dem Schoß hatte und mit Leckerbissen
fütterte, auf den Tisch sprang und ungebührlich ward. Also, dachte der
Wolfram, werden wir uns nur ans Essen und Trinken halten, dieser Tag
wird mit Gottes Hilfe ja auch nicht ewig dauern.

Am Abende, als die Lichter gekommen waren und die Musikanten, hub die
Hochzeitsgesellschaft einen anderen Takt an. Es ward laut und lustig,
die Leute wogten durcheinander, aber die Braut zog sich zurück auf
ihr Stübchen, weil ihr die Aufregung und der Lärm des Tages ein wenig
Kopfschmerz verursacht hatten.

Der Wolfram ging hinaus in die frische Luft. Ein klarer Sternenhimmel
flimmerte, der Adlerwirt sah ihn kaum, er war in verschiedenerlei
Empfindungen versunken, und auf einmal tat er einen tiefen Atemzug und
sagte halblaut: »Also wäre ich verheiratet!«

Dann kam ihm zu Sinn, was er am Altare gedacht und daß er nun von
jemandem Abschied nehmen müsse mit allem Ernst.

Im Wirtschaftsgebäude war die Gesindestube hell beleuchtet, da drin
ging's fröhlich zu, der Wolfram trat ein. Mit hellem Geschrei hoben
sie ihm die Gläser entgegen und tranken auf seine Gesundheit. Er
setzte sich ein bißchen zu dem Gesinde an den Tisch, da erschien die
Aufträgerin mit frischem Teller und Glase, legte ihm Krapfen vor, und
einschenken, meinte sie, würde er sich wohl selber können.

»Ja, Frieda!« lachte der Bräutigam der jungen Aufträgerin zu,
»einschenken, das kann ich, aber austrinken mußt du. Auch von dir will
ich eine Gesundheit haben.«

Die Jungdirn nahm das Glas, schwenkte es ein wenig gegen ihn: »Zur
guten Gesundheit!« und nippte.

»Jetzt ist's recht!« rief der Wolfram lustig mit der Zunge schnalzend
und faßte sie an der Hand und blickte ihr frisch ins Auge, »trink' noch
einmal, Frieda!«

»Dank' schön!« antwortete sie schmunzelnd, »es möcht' zu viel sein.«

»So gib her!« Er nahm ihr das Glas aus der Hand, und während er ihr
fest ins Auge blickte, leerte er es auf einen Zug.

Als er nachher wieder über den Hof schritt, ward ihm bedenklich. -- Ein
Abschied das? --

                   *       *       *       *       *

Also das war die Hochzeit gewesen.

Und nun kam das Siedeln. Der Möbelfuhren von Geßnitz nach Kirchbrunn
waren so viele, daß die Leute schon sagten: »Mein Gott, wie wird denn
das alles Platz haben beim Adlerwirt, es zersprengt ja das Haus!«

Frau Kunigunde war eingerichtet wie eine Gräfin. Alles nagelneue
Sachen. Rokoko war Mode. Rokoko! Man wußte zwar nicht, was das war,
bestellte es aber. »Kosten tut auch ein Trödel was,« hieß es, »also
am besten, sich gleich ordentlich einrichten.« Es gab Überraschungen,
als die Sachen ankamen. Frau Kunigunde war nicht so leicht
zufriedengestellt von den Arbeiten der Tischler und Tapezierer aus der
Kreisstadt, sie meinte, das plumpe Zeug sei gar nicht anzusehen und
es wäre am klügsten, solche Dinge geradeswegs aus Paris zu bestellen.
Mit diesem Sinn für die feinste Vornehmheit setzte die junge Frau ganz
Kirchbrunn in Erstaunen.

Ungefähr eine Woche nach der Hochzeit war der Salmhofer angefahren
gekommen, um sich das neueingerichtete Nest der jungen Leute
zu besehen.

»Nur so zu, Wolf!« schnarrte er den Schwiegersohn an. »Meine Tochter
hat Erziehung genossen. Halt' sie fein! Laß ihr nichts abgehen! Für die
Küche nimm dir eine Köchin, mein Kind hat Nerven, die nicht für den
Küchendunst sind.«

Der Wolfram nahm diese Verhaltungsmaßregeln ganz ruhig hin. Nach einem
Imbiß, der dem Schwiegervater vorgesetzt worden und wobei der Salmhofer
einmal seinen würdigen Bart streichelte und das andere Mal seinen
Oberschenkel, obzwar heute das weiße Kätzchen nicht darauf saß -- bat
der alte Adlerwirt ihn auf ein Wort in seine Stube. Der alte Wirt war
vor langem Zuwarten auf eine gewisse Unterredung schon ganz aufgeregt
geworden. Und weil der Schwieger auch heute wieder nichts desgleichen
tat, als wäre eine solche an der Zeit, so machte der Wirt nun keine
Umstände mehr.

»Schwieger,« sagte er, ihm einen Sessel hinschiebend, »mußt schon
entschuldigen, es ist, daß man sich einmal ausredet von wegen Lebens
und Sterbens. Wir sind nimmer jung, und mein Sohn weiß, was er von
mir zu erwarten hat. Es ist, daß er weiß, wie er daran ist und die
Wirtschaft einrichten kann.«

»Hast ganz recht, Adlerwirt, nur alles in Ordnung machen,« antwortete
der Salmhofer. »Weiß auch, daß mein Kind bei Euch gut gestellt ist. Ist
ein gutes Kind, wer es zu behandeln versteht, ein herzensgutes Kind.«

»Und eine rechtschaffen stolze Natur,« lenkte der schlaue Adlerwirt
über, »so daß ich mir schon gedacht habe, ob sie nicht etwa gedrückt
ist, wenn ... Das möchte ich ihr nicht wünschen! Sie wird auch auf was
pochen wollen, und hat ganz recht. Ich meine, Schwieger, du -- sollst
was schreiben lassen.«

Der Salmhofer hatte sich kaum gesetzt, so stand er jetzt wieder auf,
nahm Hut und Stock; aber noch an der Tür wendete er sich um und stieß
sprudelnd die Worte hervor:

»Ich glaube, die Ausstattung ist nicht zu gering ausgefallen. Hat mich
bare zweitausend Gulden gekostet. Nach meinem Ableben -- wenn ich um
ein Eichtel Geduld bitten darf! -- wird sie kriegen, was da ist. Wer
denn sonst?«

Ohne ein weiteres Abschiedswort ging der Großbauer zur Tür hinaus und
fuhr davon.

Etwas kleinlaut teilte der alte Adlerwirt dem jungen dieses Gespräch
mit und fügte bei: »Heißt's halt so weiter fretten derweil. Wie lang
wird er's denn machen! Er trinkt zu viel.«

Der Frau Kunigunde war es nach ihrem Einzuge ins Adlerwirtshaus vor
allem darum zu tun gewesen, jedermann zu zeigen, daß sie hier die Frau
sei. Alles wurde geändert, schon in den ersten Tagen. Kein Möbelstück
blieb an seinem Platze stehen, und wenn der Wolfram einwendete, das
sei schon bei seiner Mutter Lebzeiten so gewesen, gab sie zur Antwort:
»Liebes Kind, also hat's deine Mutter gestellt nach ihrem Belieben, und
ich werde es auch tun.« Im Salmhofe war um zwölf Uhr Mittagszeit, also
mußte auch im Adlerwirtshause die Suppe um zwölf Uhr auf dem Tische
stehen. »Kundel,« gab ihr der Wolfram zu bedenken, »in den Wirtshäusern
macht sich eine spätere Mittagsstunde besser, wenn die Gäste gespeist
haben.« -- »Was kümmern mich die Gäste!« war ihre Entgegnung.

Der Wolfram wußte wohl, was darauf zu sagen war, doch er wollte nicht
streiten. »Junge Hausfrauen sind schon so,« tröstete ihn der Vater,
»und sie wird sich die Hörner schon abstoßen.«

Auch mehrere Dienstboten, die sich nicht gleich in die neue Hausordnung
schicken konnten, wurden entlassen und neue aufgenommen. Und gerade
wenn eins recht brauchbar war und schon lange im Hause, gerade das
mußte fort. Die Frau Kunigunde wollte nicht, daß ein Dienstbote im
Hause sei, welcher besser Bescheid wußte als sie selber.

»Daß dir die fremden Gesichter nicht zuwider sind!« sagte einmal der
Wolfram zu seiner Frau.

»Mir sind die einen wie die anderen fremd,« war ihre Antwort.

»So möchte ich an deiner Stelle wenigstens solche nehmen, die ich schon
kenne. Dein Vater wollte dir gewiß gerne ein paar Leute von seinem
Hofe abtreten, die deiner Art und Weis' leichter nachkommen könnten.
Besonders Weibsleute solltest verläßliche um dich haben.«

»Meinst?« gab sie lauernd zurück.

»Wir haben jetzt keine ordentliche Küchenmagd und keine Weidmagd.«

»Wie soll sie denn heißen?«

»Heißen kann sie wie sie will, aber brav und fleißig muß sie sein.«

»Soll sie nicht Frieda heißen?« fragte spitzig die Frau Kunigunde.

Der Wolfram tat überlaut einen Lacher. »Wie du jetzt auf die Frieda
kommst!« Er brach ab und ging hinaus.

Von diesem Tage an war er eine Weile wortkarg. Und damit Frau
Kunigunde die Ursache nicht merken sollte, warf er ihr unverhohlen vor,
daß das nicht schön wäre von ihr, dem alten Vater die liebgewordenen
Gewohnheiten zu vergällen, ihm sogar die Mittagszeit nach ihrem
Gutdünken zu verlegen. Über die Speisen selbst rede man ohnehin
nichts, diese würden zubereitet nicht nach seinem, sondern nach ihrem
Geschmack, und der sei nicht allemal der beste.

»Einen besseren hast du,« gab sie rasch wie immer zur Antwort, »weil du
deiner eigenen Frau schon jetzt, wenige Wochen nach der Hochzeit, das
Essen mißgönnst und dich nach einer Stalldirne umsehen möchtest.« Da
weinte sie auch schon heftig in ihr Spitzentuch.

»Aber Kunigunde!« rief nun der Wolfram und wollte kosend begütigen, sie
stieß mit dem Ellbogen heftig nach ihm, da ging er zum Herde, zündete
sich eine Zigarre an, stieg in die Gaststube und unterhielt sich mit
den Gästen.

Ein Fleischhauergeselle aus Geßnitz war da, den fragte der junge
Adlerwirt nach Neuigkeiten. Natürlich marschierte der drohende Krieg
auf, der in den Zeitungen stand, denn er steht immer drin. Aber dem
Wolfram war das zu wenig. Als braver Schwiegersohn fragte er dem
Salmhofe nach, ob dort alles gesund sei, oder sonst beim alten? Ja,
der Salmhofer liege auf seiner Holzbank, schäkere mit den Katzen und
habe so manchmal sein Räuschchen. Man merkte es dem Fleischergesellen
an, welche Gewalt er sich antun mußte, um die ganz unverhältnismäßige
Verkleinerung zuwege zu bringen, aber anders mochte er mit dem
Schwiegersohne doch nicht sprechen. -- Und was die Mutter mache? wollte
der Wolfram wissen. -- »O Gott!« sagte der Fleischer.

»Daß sie nicht am Ende mehr Sorgen zu tragen hat, jetzt, weil die
Tochter fort ist!« fürchtete der junge Adlerwirt. »Sie wird sich doch
von den Dienstmägden eine abrichten fürs Haus oder so?«

»Im Gegenteil,« erzählte der Geßnitzer, »verjagen tut sie eins ums
andere. Gestern ist bei der Jungmagd die Dienstzeit aus worden.«

»Bei der Frieda?« fragte der Wolfram.

»Wird so geheißen haben. Bin just mit einem Kalb vorübergekommen, wie
sie mit ihrem Bündel den Hof verlassen hat. Und Augenwasser, daß ich
sie noch frag': Was hat's denn, Dirndel? Wandern mußt? Ja, wohin denn
jetzt im Winter? Wisse es selber nicht, hat sie gesagt, und fort nach
der Straßen.«

Nun wußte er's, der Adlerwirt, was er wissen wollte. Daß er jetzt aber
noch mehr wissen wollte, und was alles, das konnte er niemandem sagen.

                            [Illustration]




                             6. Abschnitt.


Endlich war der Winter vorbei.

Und eines Tages in den Maien kam der junge Adlerwirt zu seiner Frau mit
einem erbrochenen Briefe und sagte froh erregt: »Dies Jahr kommt er
früh. Er kann es schon kaum erwarten, die junge Adlerwirtin kennen zu
lernen, schreibt er. Der Professor Nix.«

»Wer ist denn der?« fragte Frau Kunigunde gleichmütig.

»Ich habe dir ja erzählt von dem Herrn, der allsommerlich zu uns kommt
und bei uns bleibt, und der mich so mancherlei gelehrt hat. In diesem
deinem Zimmer hat er immer gewohnt.«

»So soll ich wohl jetzt ausziehen und den Herrn Professor Nix
hereinlassen?«

»Kundel,« sprach der junge Adlerwirt und machte einen vorwurfsvollen
Blick. »Kundel, du bist immer so boshaft. Wie kann denn vom Ausziehen
die Rede sein! Der Professor bekommt das Stübchen gegen den Baumgarten
hinaus, er wird damit zufrieden sein. Es ist ein netter Herr, du wirst
ihn gewiß liebgewinnen.«

»Das Baumgartenzimmer kann ich ihm nicht abtreten, ich habe meine
Garderobe drin.«

»Vielleicht wolltest du deine Kleider hier in der Nebenkammer
unterbringen, es wäre bequemer für dich.«

»Geh, geh, Wolf,« entgegnete sie, »meine Bequemlichkeit, daß ich
nicht lachen muß! Nur um deinen Herrn Professor geht's dir. Nein, das
Baumgartenzimmer bekommt er nicht!«

»So werde ich ihm das große Zimmer über der Gaststube einräumen,«
sagte er, aber in einem Tone, der anzeigte, daß er nicht gewillt sei,
weiter mit sich handeln zu lassen.

»Das kannst du tun,« antwortete Frau Kunigunde. »Ich kümmere mich
nicht um deine guten Freunderln. Nur bitte ich dich, auch mir nichts
dreinzureden, ich will Ruhe haben.«

Und eine Woche nach Ankunft seines Briefes kam er selber. Es war noch
ganz der alte wie im vorigen Jahre. Dem Wolfram fiel er mit den Worten:
»Junge! Hat die Liebe noch ein Stückchen Wolfram übrig gelassen für den
alten Nix?« in die Arme.

Die Artigkeiten, welche der Adlerwirt stotterte, unterbrach er sofort:
»Ist schon recht. Laß die Torheiten, dein Weibchen will ich sehen.«

Er stürmte in die Gaststube, in die Küche, da war sie aber nicht. Als
er später hinaufstieg zu seiner neuen Stube, begegnete ihm auf der
Treppe eine Dame, die er flüchtig grüßte, weil er sie für eine Fremde
hielt. Es war aber Frau Kunigunde. Als er das gewahr wurde, eilte
er ihr nach: »Frau Adlerwirtin! So wollen wir zwei nicht beginnen
selbander. Einen herzhaften Händedruck oder so etwas! Mit meinem Segen
für den heiligen Ehestand komme ich wohl spät! Aber nie zu spät! Nie zu
spät! Gottes Gruß zu tausendmal, Frau Adlerwirtin!«

»Guten Morgen!« entgegnete die Frau ruhig.

Professor Nix war hübsch abgekühlt, und sie wechselten einige höfliche
Worte.

Mit der Stube war der Professor recht zufrieden, da hatte er Platz
genug für alle seine Bücher und Schriften und Ledertaschen und
Botanisierbüchsen und Staffeleien, und er breitete sich behaglich aus.
»Ein Herzenskerl bist du!« rief er dem Wolfram zu, »gut meinst du
mir's. Wenn ich einmal sterbe, so bedenke ich dich in meinem Testament.
Du sollst das ganze Firmament haben mit allen Sonnen und Sternen. Nur
der Halbmond ist ein Legat für die Türken. Ein charmantes Zimmer das!«

Der Wolfram sagte nichts auf diese Ergießung. Und bald machten sich
zwei kleine Nachteile fühlbar in der schönen großen Stube. Tagsüber
war's der Rauch des scharfen Bauerntabaks, dessen Düfte von dem
Gastzimmer durch die Fugen in des Professors Stube drangen. Aber das
war nicht das schlimmste, am Bauerntabak war auch noch eine Pfeife,
und an der Pfeife sog so ein unsauberer Geselle, der bis in die Nacht
hinein sitzen blieb und mit anderen ähnlichen Gesellen lärmte, so
daß der gute Professor Nix oben kein Auge schließen konnte. Aber er
tat nichts desgleichen, sondern tröstete sich damit, daß solches zur
Sommerfrische gehöre.

Bei einer nächsten Gelegenheit sagte er zu seinem jungen Wirte
folgendes: »Wolf! Ich muß dir nur gestehen, du hast ein schneidiges
Weib. Das hat mir alle Kurasch abgekauft. Eine solche Hausfrau wird
ganz gut sein, sie erspart den Kettenhund. Die Diebe und die Betrüger
und die Heuchler und Schmeichler wirst du nicht zu fürchten brauchen,
Frau Kunigunde hält sie alle fern. Einer Untreue wirst du bei ihr auch
sicher sein, sie läßt keinen an sich herankommen. Wenn sie dir so recht
ist, nachher bist du geborgen, nachher kann dir nichts mehr geschehen.«

Der Wolfram wußte nicht recht, waren diese Bemerkungen ein Lob auf
seine Frau oder etwas anderes. Er nahm's in Gottesnamen fürs erstere
und war's zufrieden.

Der Professor ging, wie es in den früheren Sommern geschehen, seinen
Vergnügungen nach in Wald und Flur. Die Gegend um Kirchbrunn ist so
recht das, was man freundlich nennt. Mittelhohe Berge mit sanften
Kuppen und Muldungen und alles, was nicht im Tale Feld und Wiese war,
hübsch bedeckt mit hellgrünenden Buchenwäldern, in welchen dunklere
Fichtenbestände eingesprenkelt waren. Aus den schattigen Engtälern
kamen Bäche hervor, zwischen den Wiesen gab es Teiche und Heuschoppen
und Getreidemühlen. Professor Nix kannte alle Wege und Stege und die
meisten Bewohner des Tales. Mit dem einen sprach er ernsthaft, mit dem
anderen scherzte er. Wenn er aber in Regentagen an das Adlerwirtshaus
gebannt war, da kam's ihm -- so sehr der Regen draußen auch rieseln
mochte -- in der Stube nicht mehr ganz so gemütlich vor wie sonst.
Häufig saß er in der Gaststube, doch es fehlte auch hier manchmal an
Gesellschaft. Der alte Wirt war mißlaunig, der junge wortkarg und die
Wirtin gar nicht zu sehen.

Eines Tages war der Wolfram davon. Am ersten Tage kümmerte sich um
seine Abwesenheit niemand; am zweiten Tage meinte der alte Wirt, sein
Sohn müsse auf einen Vieheinkauf gegangen sein, aber man wunderte sich
doch, daß er weder seiner Frau noch seinem Vater davon etwas gesagt
hatte. Als er am dritten Tage immer noch nicht zurück war, wurde dem
alten Wirt bang und wurde dem Professor bang. -- Wenn der Wolf nichts
gesagt hat, wohin, so dachte letzterer sich, und in der Nachbarschaft
weiß auch niemand etwas von ihm, und es ist sonst nicht seine Art, daß
er so davonläuft, so sieht das ja aus wie ein Unglück! Frau Kunigunde
hub an zu zanken. Der Professor stellte ihr vor, daß dem Wolfram etwas
zugestoßen sein könne.

»Ja natürlich, der Leichtsinn ist ihm zugestoßen!« rief sie. »Gott
weiß, wo er umherzigeunert! Ich laufe ihm nicht nach. Meinetwegen mag
er fortbleiben über Jahr und Tag. Wenn ich nicht will, da kriegt mich
keiner mit Lieb' und keiner mit Trutz.« --

Der Wolfram war unter dem Vorwande, vorjährigen Apfelwein zu kaufen,
die Geßnitzergegend abgegangen bis hinaus nach Niederleuth und Sankt
Magdalena; in allen Bauernhäusern hatte er zugesprochen, sich nebenbei
auch um Zuchtkälber umgesehen; erstanden jedoch hatte er nirgends
etwas. Dann war er in großem Umkreis gegen das Gebirge gewandert, hatte
dort anstatt nach Apfelwein nach Bauholz gefragt, aber auch hier nichts
gekauft. Endlich rückte er seiner Absicht näher und erkundigte sich
nach Dienstboten für die Sommerarbeit, vor allem nach Heuheberinnen und
Schnitterinnen -- es war vergebens, die er suchte, fand er nicht.

Und als er ratlos schon auf dem Heimweg war, fiel es ihm ein: sie ist
im Siebenbachwald bei den Holzleuten. Er mußte es aber wissen. Er
wanderte in die Wälder und kam zu den Siebenbachhütten, welche in einem
engen Waldtale standen, von zerrissenen Bergen umgeben. Hoch von einem
Bergschlag nieder ging eine neue Holzriesen, in deren Rinne glatte
wuchtige Blöcke herabglitten. Sausend und dröhnend kam das niederwärts
auf steiler Riesen, die in großen Bogen sich wand, über Hänge und
Schluchten gebrückt war und so sorgfältig und wohlberechnet gemuldet,
daß kein Block ausspringen konnte. So kam das herab bis zu Tale, wo die
Riesen sachte sich ebnete und die schwersten Blöcke fast sanft aufs
Erdreich warf, daß die Blöcke dann von etlichen Männern zur Kohlstatt
geschafft werden konnten. Bei diesen Männern war sie nicht. Der Wolfram
fragte dem Schopper-Schub nach. Der sei auf dem Berge an dem obersten
Ende der Riesen. Der Adlerwirt stieg hinauf; der Berghang war steil
und vielfach von Schluchten und Gräben durchfurcht. Da sah man erst
die ganze Kühnheit des Baues der Holzleitung. Streckenweise strich
sie in schönen Kurven an dem steilen Hang dahin, dann setzte sie, auf
schlanken Stämmen wie auf Strohhalmen gestützt, über Waldwipfel und
Abgründe, in deren Tiefen Wässer rauschten.

»Seit Menschengedenken,« so erzählte der Holzknecht, welcher den
Adlerwirt hinaufbegleitete, »hätte man es nicht für möglich gehalten,
daß wir den Zagelwald herabkriegen könnten. Zu Hunderten und zu
Tausenden sind sie vermodert und verfallen, oben, die schönsten
Tannen und Lärchen, und kein Mensch hat sie nutzen können, weil sie
nicht herabzubringen gewesen sind. Jetzt geht's spielend. Und haben
ihn zuerst alle ausgelacht, den Schopper, wie er gesagt, er baut die
Riesen. Hat aber den Holzmeister sauber überzeugt, daß es geht, hat
sie mit dreißig Holzknechten in vier Monaten gebaut, und jetzt lacht
niemand mehr. Der Schopper ist Vorknecht geworden.«

»Also der Schopper-Schub hat dieses Werk gebaut!« Der Adlerwirt hätte
es ihm nicht angesehen. Der Mann, der solches kann, darf sich am Ende
doch keck um die Herzliebste bewerben.

Auf der Höhe gab es eine schöne Aussicht hin in die Waldberge, aber
dem Wolfram ging es nicht um das. Rings um ihn lag der geschlagene
Urwald in vielen tausend Stämmen, welche von den Holzhauern entschält,
zu Blöcken geschnitten und an die Einmündung der Riesen gebracht
wurden; dem Wolfram ging's auch nicht um Holz. Inmitten der Leute
stand der Schopper in braunen Hemdärmeln und barhaupt. Er hielt einen
langen Maßstab in den Boden gestemmt und traf Anordnungen. Der Wolfram
hatte ihn erkannt an dem üppigen Barte und ging nun, über Stämme und
Rindenwälle kletternd, auf ihn zu.

Die beiden Männer standen sich ein Weilchen gegenüber und schauten sich
an, bevor das erste Wort gesprochen wurde.

»Dich suche ich,« sagte endlich der Adlerwirt. »Wenn ich den weiten Weg
her mache zu dir, so kannst dir denken, daß es etwas Wichtiges wird
sein. Willst so gut sein, Schopper, und mit mir ein wenig auf die Seite
gehen?«

»Das kann ich schon tun,« antwortete der Holzknecht, und sie gingen
gegen einige Schirmtannen hin, die man stehen gelassen hatte.

»Schopper,« bemerkte der Wolfram, »deine Riesen ist ein Meisterwerk.«

»Daß du mir das sagst, deswegen bist du nicht gekommen,« entgegnete der
Holzknecht. »Adlerwirt, tu' nicht lang' um und sag', was du willst.«

»Schopper,« sprach nun der andere im vertraulichen Tone. »Du kannst
dir's denken, es ist der Frieda wegen. Du bist offenherzig mit mir
gewesen, und ich will es auch sein. Hast du das Dirndel noch im Kopf?«

Der Schopper starrte den Fragenden an und entgegnete: »Was geht das
dich an? Du hast dein Weib.«

»Das wohl, Schopper, das habe ich, und just deswegen kann ich offen
mit dir sprechen. Die Frieda ist eine Jugendfreundin meiner Frau, und
wir wollen nicht, daß sie sollte verderben müssen. Vielleicht, daß ihr
meine Frau einen Platz verschaffen könnte.«

»Hat sie denn keinen?« fragte der Schopper.

»Du wirst doch wissen, daß sie nicht mehr im Salmhof ist.«

»Ei freilich weiß ich das.«

»Wo sie nur mag umherirren auf der weiten Welt? Und hat keinen
Menschen, der ihr's gut tät meinen!«

»Adlerwirt!« sagte der Schopper ganz leise, aber nachdrucksvoll, »sie
hat einen!«

»Heiratest sie, Schopper? Hast sie bei dir?« Ohne daß er es recht
wollte, waren ihm diese Worte über die Lippen gesprungen, denn es war
ein großer Sturm in ihm, und das Herz pochte so heftig in seiner Brust,
daß es nachklang in den Schläfen.

Der Schopper sagte: »Mein lieber Adlerwirt. So dumm bin ich nicht, daß
ich dir sie verrate. Geh' nur ruhig heim nach Kirchbrunn und kümmere
dich um deine Leut', die Frieda geht dich nichts an.«

Damit wendete er sich seiner Arbeit zu, und dem Adlerwirt blieb nichts
übrig, als den mühevollen Weg wieder zu Tale zu steigen.

»Wenn Sie bis zum Feierabend warten wollen,« rief ihm einer der
Arbeiter zu, »so können Sie auch hinabfahren. Wir rutschen alle hinab.
Mit dem Brettel ist man in fünf Minuten zu Tal. Aber jetzt geht's
nicht, jetzt haben die Holzblöcher das Vorrecht.«

Dem Adlerwirt kam aber die ganze Gegend ein wenig unheimlich vor, und
er ging angestrengt drei Stunden lang, bis er den Turm von Kirchbrunn
sah.

Als er hinaus über die Wiesen schritt, saß dort an einem Wassertümpel
der Professor Nix und schaute den Krebsen zu. Der Alte erhob ein
Freudengeschrei, als er seinen Hausherrn sah, und wollte alsogleich
wissen, was die Adlerwirtshausbewohner verbrochen hätten, daß er sie
über drei Tage lang im Fegfeuer zappeln lasse.

Der Wolfram setzte sich hin auf den Rasen und seufzte: »Ach ja, lieber
Professor!«

»Junge, du gefällst mir nicht!« sagte der Professor.

Der Wolfram schaute bekümmert in den Tümpel, dann sprach er: »Daß es
seine Ursache haben muß, wenn einer wie halbverrückt davonläuft, ohne
dem alten Vater, ohne dem Weibe zu sagen, wohin, das können Sie sich
denken. Und eine Ursache hat es. -- Sie wohnen gemütlich in Ihrer
großen Stube, Herr, ärgern sich vielleicht ein wenig über den Lärm der
Gäste am späten Abend, haben aber freilich keine Ahnung, was zwischen
uns vorgeht. Sie ist hart. Sie ist herzlos, daß ich's nicht sagen kann.
Sie macht mich ganz verzagt ...«

»Na, na!« beschwichtigte der Professor und neigte sich über den jungen
Mann, denn dieser preßte seine Hände ins Gesicht und schluchzte.

»Ich habe mir's gedacht,« sagte der Alte gedämpft, »ich habe mir's wohl
gedacht.«

Dann schwiegen beide eine lange Zeit und starrten in das klare Wasser,
wo langsam die Krebse krochen und stets nach rückwärts -- nach
rückwärts.

»In den ersten Wochen,« so fuhr Professor Nix endlich fort, »da habe
ich vorgehabt, dir Trost zuzusprechen, habe sie wohl für eine herbe
Natur gehalten, aber wer den Schlüssel findet zu solchen Naturen, der
hat's gut. Sie zeigen und feilen ihr Herz und Gemüt nicht auf der Gasse
umher, sie geizen gegen alle Welt mit ihrer Güte, um ja recht viel
davon aufzuhäufen für den einen und einzigen, den sie selig machen
wollen. So eine goldene, habe ich gemeint, hättest du dir auserwählt.
Freilich ist mir nach und nach anders zu Mute geworden. Ganz krampfig
ist mir zu Mute geworden, mein lieber Wolf! Aber reden! Wenn er nicht
redet, ich bin auch still. Wenn einer zum jungen Ehemann hingeht und
sagt: Du, dein Weib paßt nicht für dich! so ist das ein schlechter
Kerl, den man mit einem Rattenschwanz erdrosseln soll. Aber dir sage
ich es doch, Wolf, und du erdrosselst mich nicht, wenn ich dir sage:
Sie paßt nicht für dich!«

Der Wolfram murmelte: »Ich erdrossele Sie nicht.«

»Von der mußt du los, Junge!« rief der Professor.

»Aber wie?« seufzte der junge Mann.

»Scheidung! frisch! rasch! Heute besser als morgen.«

»Ehescheidung!« sagte der Adlerwirt. »Das geht nicht. Dieses Aufsehen!«

»Wenn sie dich in die Strafanstalt führen, das wird auch ein Aufsehen
sein!«

Der Wolfram sprang empor.

»Verzeihe!« begütigte der Professor. »Das Wort war schlimm. So
endet's bei dir nicht, so nicht. Du bist ein weicher Mensch, du wirst
verderben und vergehen, und wer dich umbringt, der kommt auch nicht
ins Zuchthaus, weil du dich vor Gram und Jammer selber verzehrst. Und
der, welcher dich mit kleinen Dosen täglich vergiftet, hat noch den
Triumph, als Leidtragender an deiner Grube zu stehen. -- Wolf, wenn du
bisher alle sieben Todsünden begangen, die eine mußt du sühnen, auf der
Stelle, ohne Säumnis sühnen: daß du dieses Weib genommen hast!«

»Ich hätte mir ja leicht eine andere gewußt.«

»Eine andere!« sprach nun der Professor. »Wolf, eine andere laß
einstweilen aus dem Spiele! Das ganze Firmament, habe ich gesagt,
vermach' ich dir, nur den Halbmond nicht, der gehört den Türken. Und
Türke wirst du keiner sein wollen. Jetzt eine andere! Das wäre hübsch!
Erst scheiden, dann wieder binden!«

»Nicht mir zulieb' habe ich sie genommen.«

»Man merkt es wohl, Junge. Wäre auch nur ein bißchen Neigung da, es
müßte sich anders zeigen.«

»Mein Vater wollte es so haben,« gestand nun der junge Adlerwirt, »ihm
zuliebe bin ich hineingesprungen. Wir stehen schlecht, wir müssen uns
mit ihrem Gelde aufhelfen.«

»Wolf,« sagte hierauf der Professor. »So lang dein Weib mißt, so lang
mißt dein Unglück. Wo das Weib aufhört und das Geld anfängt, fängt in
dir der Wicht an. -- Schelm, armseliger! Das Geld! -- Adlerwirtssohn.
Ich habe dich als Kind auf den Armen getragen und dabei gesungen:
Lieber Engel, werde ein braver Mensch! Hernach der wißbegierige Knabe!
Der warmherzige Jüngling! Es war eine Freude. Er wird's! habe ich oft
gejauchzt. -- Na, und wie der Mann fertig ist, von dem man glaubt, daß
er edle Früchte wird tragen -- steht der heißhungrige Geldwolf da. Irr
und toll könnt' einer werden!«

Da der Adlerwirt bei diesen herben Worten sich abgewendet hatte, fiel
der alte kleine Professor vor ihm auf die Kniee, umfaßte seine Beine
und rief: »Mußt mir's zugute halten, Wolf, mir tut deinetwegen das Herz
so weh, daß ich schreien muß. Dem Vater zulieb'! Es war ja gut gezielt,
aber es ist schlecht getroffen. Mein Wolf, glaube mir! Folge mir! Gehe
heute noch ins Amt und laß dich scheiden!«

»Dann bin ich ein Bettler!« rief der Adlerwirt.

Der Professor stutzte. Als er seiner Verblüffung einigermaßen Herr
geworden, sagte er in singendem Tone: »So, so. Also nur eine Ausrede
ist der Herr Vater. Du selber willst Geld haben. Du willst lieber ein
elender, verächtlicher Gauch sein, von deines Weibes Groschen zehrend,
unter eines Weibes Fuß wimmernd, dich windend wie ein zertretener Wurm,
anstatt mit gesunden Armen mannbar dir dein Brot zu verdienen! --
Adlerwirt, ich mag dich nicht mehr.«

Er erhob sich rasch und ging quer über die Wiese hin durch das lange
Gras, daß kaum sein Kopf manchmal hervorragte über den Germen und
Rispen. --

Als der Wolfram nach Hause kam, gab's von Vaters Seite ein arges
Wetter. Er ertrug's gleichgültig. Frau Kunigunde blieb drei Schritte
vor ihm stehen und fragte: »Bist denn schon da, Wolfram? Hast dir die
Socken lochig getreten, oder hat dich der Hunger nach Hause getrieben?
Die Köchin soll dich nur sattfüttern, daß du wieder gehen kannst.«

In der heißen Wut über solchen Hohn tat der Wolfram schon den Mund auf,
um sie zu fragen: ~wenn~ eins gehen müsse, welches von beiden? --
Aber der alte Adlerwirt hielt ihn fest am Arm und raunte ihm zu: »Um
Christi willen, schweig still! Wir müßten vom Haus ziehen wie ein paar
Zigeuner. Kein Nagel auf dem Dach ist mehr unser Eigentum. Nur noch
kurze Zeit Geduld! Hast du's schon gehört? Der Salmhofer liegt auf den
Tod!«

Der Wolfram hat sich die Lippen blutig gebissen und geschwiegen.

                            [Illustration]




                             7. Abschnitt.


Jetzt währte es noch zwei Tage, und von Geßnitz langte ein Bote ein.
Der Jungknecht aus dem Salmhofe war's. Er stand vor dem Adlerwirtshause
so eine Weile herum, stolperte dann ins Gastzimmer und ließ sich einen
Krug Apfelwein geben. Er zerrüttete sich fast den Kopf im Nachsinnen,
wie er es angehen werde, daß seine Neuigkeit nicht tödlichen Schreck
hervorbringe. Fürs erste tat er ein paar herzhafte Züge, das machte ihn
mutiger. Und als der alte Adlerwirt -- grau und mager war er geworden
die letzte Zeit her -- in die Stube trat und den allein dasitzenden
Gast fragte, was es Neues gäbe? antwortete der Jungknecht mit
unbehilflichen Worten, es sei halt so auf der Welt. Er bringe gerade
nichts Gutes. -- Dann trank er wieder.

Der alte Wirt horchte gespannt hin. »Wenn ich mich nicht verkenne,«
sagte er, »du bist ja ein Salmhoferischer?«

»Wohl eh, wohl eh,« antwortete der Knecht und fuhr sich mit der flachen
Hand über das breite Gesicht.

»Also wie geht's daheim, wie geht's?« fragte der Wirt unter den
lebhaftesten Zeichen der Teilnahme.

»Gestern auf den Abend ist's halt gar worden mit ihm,« berichtete der
Knecht.

»Was sagst?« fuhr der Wirt auf. »Der Salmhofer! Mein Schwieger! Wird
doch nicht --«

»Er liegt schon auf der langen Bank,« sagte der Bote.

Der alte Adlerwirt schlug sprachlos die Hände zusammen.

»So viel schnell ist es gegangen,« berichtete der Knecht. »Das Blut ins
Hirn gesprungen, sagt der Doktor. Morgen nachmittags ist die Leich.«

Der Wirt schritt mit gerungenen Händen die Stube auf und ab und konnte
sich nicht fassen. Immer schüttelte er den Kopf und murmelte: »Wer
hätte sich das gedacht!« Aber auf einmal rief er mit gehobener Stimme:
»Er hat's überstanden. Man muß noch froh sein, daß er kein großes
Ableiden gehabt hat. -- Trink aus, Bub, ich füll' dir noch einmal
nach.«

Als bald darauf der Wolfram eintrat, sagte der alte Wirt zu ihm: »Du,
Wolf, eine große Neuigkeit. Mußt aber nicht zu arg erschrecken. Morgen
heißt's nach Geßnitz fahren. Das Schlimmste ist eingetroffen.«

Der Wolfram schaute seinen Vater an, sagte aber kein Wort, blieb
gelassen, zeigte weder Trauer noch Freude. Dann stieg er die Treppe
hinan zu seiner Frau. Vor ihrer Tür stand er still und schöpfte Atem.
Es kam ihm sauer an, daß er ihr jetzt einen großen Schmerz bereiten
sollte. Doch wer wird's sonst tun als er? Mit der möglichsten Schonung
will er ihr die Nachricht mitteilen und ihr liebevoll beistehen im
kindlichen Leide. An die Vorteile, die durch des Schwiegervaters Tod
dem Adlerwirtshause zukommen sollen, konnte er nicht denken, es empörte
sich in ihm etwas dagegen. Ihm war der Salmhofer nie nahe gestanden,
aber mit seinem Weibe fühlte er Mitleid, und jetzt das erste Mal war
es ihm, als ob er sie doch lieb hätte. Endlich trat er ein. Sie saß
am Tischchen, war mit einer Stickerei beschäftigt und zählte just die
Maschen. Er setzte sich ihr gegenüber und tat, als schaue er aufmerksam
ihrer Arbeit zu. Sie wollte aufstehen, er faßte sanft ihre Hand und
sagte: »Bleib' ein wenig bei mir, Kunigunde.«

Sie blickte ihn forschend an. »Was bedeutet denn das?« fragte sie kalt.

»Ich muß dir's doch sagen,« fuhr er fort, »ein Bote ist da vom Salmhof.
Mit deinem Vater steht's recht schlecht.«

»Lüg' nicht!« herrschte sie ihm zu. »Tot ist er!«

Der Wolfram schwieg.

»Tot ist er!« rief sie und brach in ein heftiges Weinen aus.

Er stand zu ihr, sagte ihr gütige Worte, streichelte ihr Haupt. Mit dem
Arm stieß sie ihn von sich. »Heuchler! Ihr habt seinen Tod doch kaum
erwarten können!«

»Kunigunde!« sprach er nun scharf und herb. »Das Wort sagst du mir
nicht noch einmal! Meinetwegen hätte er noch hundert Jahre leben
können. Ich suche nichts mehr bei ihm. So klug bin ich wohl geworden,
meine liebe Kunigunde, daß ich endlich einsehe: vom Salmhof kommt
~mein~ Glück nicht.«

Sie hatte ihr Haupt ins Bettkissen gedrückt und weinte. Ihm wollte
das Herz zerspringen darob, daß er ihr jetzt, gerade jetzt das rohe
Wort gesagt. Aber so stand's mit ihm, je wärmer sein Gemüt war, desto
leichter und plötzlicher sprang es, wenn ihm wehe getan wurde, in das
Gegenteil um. Wenn er gegen sein Weib Gleichgültigkeit, ja Abneigung
empfand, da gab es nie etwas, da blieb er ruhig und überlegsam; so
oft er aber mit einem warmen, hoffenden Gefühl an sie herantrat und
enttäuscht ward, setzte es fast immer einen Wettersturz und wilden
Sturm.

Frau Kunigunde rüstete sich, um nach Geßnitz zu fahren. Sie fuhr
allein davon. Der Wolfram wollte zum Professor gehen, um ihm das
Herz auszuschütten, aber der war nicht zu Hause und seine Stube
verschlossen. Die Stubenmagd berichtete ihm, der alte Herr wäre seit
einigen Tagen recht mißmutig und verlange an jedem Abende die Rechnung.

Das Leichenbegängnis des Salmhofers ward mit großem Pompe vollzogen.
Wie zu einem Jahrmarkte kamen die Leute zusammen. Der alte Adlerwirt
war überaus gerührt, und manche weichherzige Person mußte nur darum
weinen auf dem Kirchhofe, weil sie den alten Mann so bitterlich
schluchzen sah. Der junge Adlerwirt schien merkwürdig gefaßt zu
sein; nur als er die Großbäuerin sah, die gebeugt, aber ergeben am
Grabe ihres Mannes kniete, ward ihm das Auge feucht. Frau Kunigunde
weinte nur wenig, aber in ihrem ganzen Wesen war eine kalte, fast
ehrfurchtgebietende Trauer ausgedrückt. Sie war stets an Seite ihrer
Mutter und suchte diese damit zu trösten, daß sie ihr zum künftigen
Aufenthalte das Adlerwirtshaus antrug. Der Salmhof soll verkauft werden
und die Mutter nach Kirchbrunn ziehen.

»Das wäre ja gut,« meinte die alte Bäuerin, »wenn's nur auch deinem
Manne recht ist.«

»Meinem Manne!« rief Frau Kunigunde fast lachend aus. »Was geht denn
das meinen Mann an! Glaubst du, Mutter, ich werde mich vom Manne auch
so tyrannisieren lassen wie du? Das wirst du anders erfahren, bis du im
Adlerwirtshaus bist. Was du hast leiden müssen, Mutter! Du bist still
gewesen, aber ich weiß es, und ich werde es den Männern heiß entgelten,
das hab' ich mir vorgenommen.«

»Gott tröst' seine Seel'!« sagte die alte Salmhoferin mit gefalteten
Händen, »ich trag' ihm nichts nach, meinetwegen soll er nichts zu
leiden haben.«

»Ja, ja, es soll's statt seiner nur ein anderer büßen!« versetzte Frau
Kunigunde.

Auf den Hof zurückgekehrt, sahen die beiden Frauen mehrere fremde Leute
in den Wirtschaftsgebäuden umhersteigen.

»Was wollen denn diese?« fragte die Adlerwirtin.

»Laß sie umhergehen,« antwortete die Mutter, »die Neugier plagt sie.
Mir scheint, es ist auch der Klobensteiner Verwalter dabei. Der wird
Vieh kaufen wollen. Der Großknecht wird's schon ordnen. -- Komm',
Kundel, wir wollen einen warmen Kaffee trinken.«

Die erste Zeit nach dem Tode des Großbauers blieb Frau Kunigunde nun im
Salmhofe bei ihrer Mutter.

Die beiden Adlerwirte kehrten alsbald nach Kirchbrunn zurück. Den
Wolfram erwartete zu Hause die Nachricht, daß der Professor Nix
abgereist sei und einen Brief hinterlassen habe. Dieser Brief lautete:

  »Lieber Wolfram!

  Mich geht die Sache nichts an, aber zusehen mag ich nicht. Und still
  sein mag ich auch nicht. Ich werde unwirsch. Was soll ich Dir weh
  tun? Du hast schon auch so Dein Teil. Zu helfen ist Dir nicht. Also
  breche ich meinen Sommeraufenthalt im schönen Kirchbrunn ab und
  gedenke eine Reise zu machen. Sei bedankt für alles. Umkehren wirst
  Du kaum. Du stehst jetzt auf dem Punkte, wo viele Wege sich zweigen.
  Schlimm ist jeder, aber wähle nicht den allerschlimmsten.
  Gott walt's.

  ~Josue Nix.~«

Als der Wolfram diesen Brief gelesen hatte, befiel ihn ein solches
Leid, daß er zusammenbrach auf eine Bank und stöhnte. Jetzt war dieser
Mann von ihm gewichen, der seit Jahren als fröhlicher Genosse und
Ratgeber sein Vertrauen gewonnen. Er hatte einen Vater, aber der war
oft herrisch, eigennützig, launenhaft und nicht immer verläßlich. Er
hatte Jugendfreunde gehabt, hatte viele gute Kameraden, aber sie waren
Schmarotzer, Schelme oder Dummiane. So recht aus Herzensgrund sich
geben und vertrauen glaubte er nur mehr diesem Manne zu können, der
allsommerlich sich eingefunden mit seinem hellen Kopfe, mit seinem
heiteren, treuen Herzen. Er war selber schier ein anderer geworden in
dieser Gesellschaft, er hatte, bei aller Verehrung für ihn, manche
Schalkerei, manchen kecken Burschenstreich mit dem kleinen Alten
durchgemacht, er hatte manchen ernsten Rat desselben befolgt, und er
hatte es nicht ein einziges Mal zu bereuen gehabt. Und diesen seinen
letzten Rat -- Ehescheidung! kann er nicht befolgen, unmöglich! Wie
wird das enden?

Der alte Adlerwirt lebte ordentlich auf. Neue Geschäfte hub er
an, Bauholz kaufte er, einen Steinbruch unweit des Dorfes wollte
er erstehen, denn für das nächste Jahr hatte er einen Neubau des
Adlerwirtshauses vor. Kirchbrunn soll ein Hotel bekommen! Eine
Sommerfrischanstalt mit Lustgarten und Bädern. -- Seine Zeit muß man
verstehen! Die Passionen der Mitwelt muß man ergründen, auf die Lösung
dieses Rätsels ist eine große Prämie gesetzt -- die Million.

Endlich kam ein Schreiben aus Geßnitz vom Notar. Der alte Adlerwirt
atmete auf, er hatte es schon seit Wochen erwartet. Der Adlerwirt
zu Kirchbrunn wird ersucht, in Angelegenheit des Salmhoferischen
Nachlasses bei dem Notariat zu Geßnitz sich einzufinden.

»Einspannen!« kommandierte der alte Adlerwirt. Er selber wollte fahren,
der Wolfram war auf einem Holzeinkauf aus.

Der Notar, ein alter, hagerer Mann mit brauner Perücke und
schwarzgefärbtem Schnurrbarte, empfing den Adlerwirt sehr höflich,
kramte hernach eine Weile in Papieren um und stellte die Frage, ob
der Adlerwirt, als Schwiegersohn des seligen Salmhofers, geneigt sei,
dessen Erbe anzutreten.

Der alte Wirt war über die förmliche Frage in so selbstverständlicher
Sache etwas erstaunt. Er antwortete: »Ich brauche wohl nicht zu sagen,
daß ich als Bevollmächtigter meines Sohnes Wolfram hier bin, und daß
ich in seinem Namen erkläre --«

»Gemach!« unterbrach ihn der Notar. »Ich glaube, die Sache müßte wohl
überlegt werden. Ich würde nicht raten.«

»Wieso? Wie meinen Sie das, Herr Doktor?«

»Außer Ihr Sohn denkt so vornehm, daß er die Ehre seines
Schwiegervaters retten will.«

»Ich verstehe nicht, Herr Doktor.«

»Es ist höchst wahrscheinlich,« fuhr der Notar fort, »daß in dem
Nachlasse des verstorbenen Salmhofers die Passiven größer sind, als die
Aktiven.«

Es war heiß in der Kanzlei. Der Adlerwirt trocknete sich mit dem
Taschentuche die Stirn, dann lallte er mit grinsendem Gesichte: »Ist
ein Spaß, hi, hi.«

»Ist kein Spaß, lieber Adlerwirt,« sagte der Notar. »Mit dem Vermögen
des Salmhofers steht es ganz anders, als man angenommen hat. Es steht
unerhört schlecht.«

»Aber, Jesses, man sieht ja, was da ist!« brauste der alte Wirt auf.

»Nichts ist da,« versetzte der Notar mit fürchterlicher Ruhe. »Alles
gehört dem Baron Klobenstein. Seit vielen Jahren hat der Baron Geld
geborgt, den Viehbestand beigestellt, die Steuern bezahlt für den
Salmhof. Der Großknecht auf dem Hof war so viel als Klobensteinischer
Verweser, der alte Salmhofer genoß seit einiger Zeit vom Baron eine Art
Gnadenbrot. Alles, was Sie heute sehen, und mehr als alles, gehört der
Herrschaft Klobenstein. Leider, so steht es.«

Und jetzt wußte es der Adlerwirt. »Der Teufel hol' eine solche
Erbschaft!« schrie er in wilder Empörung. »Schulden! die habe ich
selber.«

Betäubt war er, wie er spät abends nach Hause kam. Als ein reicher
Mann war er ausgefahren, als Bettler kam er heim. In die Wut brachte
ihn erst der Wolfram. Als er diesem die saubere Neuigkeit mitteilte,
was geschah? Der Wolfram fuhr nicht auf, wurde nicht rasend, sagte gar
nichts, zuckte nur die Achseln.

»Ist das ein Hosenlupf?« fragte der Alte den Sohn voll giftigen
Grimmes. »Nein, Freund, das ist kein Hosenlupf. Wie wir jetzt
hingeworfen sind, da stehen wir nicht wieder auf. Was sagst denn dazu?
Pfeif' eins, wir sind ruiniert! Pfeif' eins, großer Geist, Narr,
angesteckt vom alten Narren, der gottlob zum Teufel gegangen ist.«

»Ich weiß nicht, was du willst, Vater,« sagte nun der Wolfram. »Dir
muß es immer sehr gut ergangen sein. Was mich anbelangt, habe ich
schon Schlimmeres erfahren, als was du mir da sagst. Du hast freilich
nur auf das Salmhoferische Geld gewartet und nicht gespürt, daß ich
deine Habsucht im Fegefeuer büße. Und nicht darnach gefragt, was
ich ausstehen muß neben dieser Person. Den Eltern zu gefallen eine
heiraten, das ist die achte Todsünde; heute noch gehe ich zum Pfarrer
und lasse sie in den Katechismus schreiben.«

»Du bist ein dummer Knabe!« schrie der Alte.

»Der Vatername schützt dich, daß ich dir jetzt nicht ein anderes Wort
sage!« so der Wolfram, blaß, glühenden Auges, am ganzen Körper bebend.
So viel Besinnung hatte er noch, daß er merkte, es wäre die höchste
Zeit, aus der Stube zu eilen.

In seinem einsamen Zimmer, nächtig dunkel, feindselig fast die Stimmung
des Raumes, in welchem Frau Kunigunde zu walten pflegte, saß der
Wolfram und stützte seinen schweren Kopf auf die Hand. Und weil in
dem Menschen etwas ist, das ihn nicht ganz versinken lassen will in
Verzweiflung, so fiel es ihm ein: Vielleicht ist diese Wendung zum
Glücke. Vielleicht ist ihr Stolz, ihre Härte jetzt gebrochen, wenn
sie weiß, daß sie arm ist wie ein Karnerweib, vielleicht kommt jetzt
ihre bessere Natur zum Vorschein. Ich will ihr's leicht machen. Kein
Vorwurf, keine Anspielung soll über meine Lippen kommen; beweisen will
ich ihr, daß ich nicht das Geld in ihr achte und suche, wohl aber das
warme Herz.

Zu seinem Vater ging er noch einmal, der im Hofe wie wahnsinnig hin
und her rannte, und zu diesem sprach er: »Vater! Eines merke dir! Sage
meiner Frau, wenn sie heimkommt, kein ungeschaffenes Wort! Ich will sie
respektiert wissen, verstehst!«

»Ja versteht sich,« höhnte der Alte, »eine ~solche~ Frau muß man
respektieren!« Dann schlug er um: »Bettelbub! Was ist das für eine
Manier?! Glaubst du, Laff', weil ich dich nicht mehr enterben kann, du
darfst mit mir umgehen, wie mit einem Landstromer?«

Der Sohn schritt ins Haus zurück.

In der Gaststube saßen ein paar angeheiterte Bauern und machten faule
Späße über ihre Weiber. Jeder prahlte sich damit, daß die seine daheim
die Häßlichste und Unsauberste und Zuwiderste wäre; und der eine
stieß sein leeres Glas von sich, hieb mit der Faust auf den Tisch und
gurgelte: »Das weiß ich!« Er wollte etwas sagen, wußte aber nichts.

»Wenn mich meine Alte recht fuchtig macht, so geh' ich ins Wirtshaus
und sauf' mir einen Rausch!« rief der andere.

»Ha ha, ha ha!« lachte der eine, »und wenn du nachher heimkommst,
siehst du den Drachen doppelt und dreifach. Das muß eine Freud' sein!«

Der Wolfram hörte ihnen mit Wehmut zu, diesen unglücklichen Ehemännern,
die so lustig sein und so tapfer trinken konnten. Auch er hatte das
Trinken schon versucht, es ging aber nicht. Nur in der Frohstimmung
schmeckte ihm der Wein, aber es kam nie zu einer.

Und es wird doch wieder zu einer kommen! also ermutigte er sich selbst.
Vielleicht nimmt's eine Wendung. Denn daß es so bleiben sollte fürs
ganze Leben -- er vermochte es nicht zu denken, geschweige zu ertragen.

Ein so hartes Weib als er -- also empfand er's -- hat keiner mehr auf
der Welt. Ihre Herbheit, ja Roheit gegen ihn tat ihm um so weher,
als Frau Kunigunde sonst manchmal und gegen andere Herz und Gemüt
zeigte. So war sie nicht karg gegen Arme; manchem Bettelmann, der ihr
zu schmeicheln wußte, gab sie mit vollen Händen. Ward ein Dienstbote
krank, so war sie zwar ungehalten, besorgte aber schleunigst Pflege und
Arzt; noch mehr Neigung wendete sie den Tieren zu, von denen sie sagte,
sie verdienten mehr Liebe als die Menschen. Am rücksichtsvollsten
und aufmerksamsten war sie gegen ihre Verwandten. So unzufrieden sie
zu Hause auf dem Salmhofe gewesen war, so lebhaft strebte sie jetzt
manchmal nach dem Salmhofe zurück, all ihre Herzenswärme verschwendete
sie dahin. Und nur ihrem Manne nichts und gar nichts als Trotz und
Bitterkeit.

Nach diesen ruppigen Tagen stand es an zwei Wochen lang, da kamen sie
plötzlich angefahren, die Frau Kunigunde und ihre Mutter. Und mit Sack
und Pack.

Für die Salmhoferin wurde alsbald das Baumgartenzimmer eingerichtet,
und als der Wolfram endlich Gelegenheit hatte, mit seiner Frau ein paar
Worte zu sprechen, sagte er: »Ganz recht, Kundel, daß du deine Mutter
mitgebracht hast. Solange wir selber in diesem Hause sind, wird sie
auch noch Platz haben. Es ist recht, es ist schon recht.«

»Habe ich dich darum gefragt?« entgegnete sie.

»Kundel,« sagte er und wollte ihre Hand fassen, was sie aber zu
verhindern wußte, »Kundel! wie du hart bist auf mich! Das kann nicht
dein Ernst sein. Du bist jetzt nur unglücklich, und das macht halt
bitter. Mich erbarmst du.«

»Schenke du dein Mitleid einer anderen, ich brauch' es nicht!« so ihre
Antwort, ging in ihr Zimmer und schlug hinter sich die Tür zu.

Der Wolfram stand noch eine Weile so allein da, dann tat er einen
Seufzer: »Ach! das ist ein Leben!«

Der alte Adlerwirt ließ sich von nun an selten mehr sehen. Er saß in
seiner kleinen Stube neben der Küche und brütete vor sich hin. Manchmal
ging er, anstatt zu seinen wenigen, verdrossenen Gästen sich zu setzen,
zum zweiten Dorfwirte hinüber und trank erstaunlich viel Wein. Aber die
Gläubiger und die Exekutionsbögen fanden ihn auch dort, und endlich
war es nicht mehr zu vertuschen, wie es stand. Und eines Tages war im
Bezirks-Wochenblatte die Anzeige zu lesen von einer großen Vergantung
zu Kirchbrunn.

Der Wolfram hätte sein schweres Herz gerne abgelastet vor dem einzigen
Menschen, der ihm beigesellt worden zum gemeinsamen Tragen von Freud
und Leid, aber die Tür ihres Zimmers war verschlossen und blieb
verschlossen, wenn er auch klopfte. Also litt es ihn nicht mehr in
den unwirtlichen Mauern seines Hauses, nicht mehr im Dorfe, wo er aus
jedem Gesichte Mitleid oder Schadenfreude und Hohn zu lesen glaubte.
Immer noch unter dem Vorwande, Vieh oder Holz einzukaufen, strich er im
Gebirge um, verbrachte manche Nacht auf harter Bank der Schenkstuben
oder in Heuscheunen. Mehrmals stieg er auf hohe Berge und blickte
hinaus ins weite, schöne, sonnige Land, und da ward er noch trauriger.
-- Wie ist die Welt so schön! Und wie sind die Menschen so arg!

In Waldgeschlägen fragte er an, ob man einen kräftigen Holzarbeiter
brauchen könne, er wisse einen solchen. Denn klar und gewiß war es
ihm endlich geworden, daß er mit seinem Weibe nicht mehr weiterleben
könne. So wollte er auch von ganz Kirchbrunn nichts mehr wissen,
sondern auf einem anderen Fleck ein neues Leben anfangen -- sei es noch
so armselig, besser als dieses auf jeden Fall. Es gibt ja so viele
Millionen Menschen, die Bankerott gemacht mit ihrem Glücke, und sie
fügen sich und leben geduldig dahin so lange, bis sie sterben. Warum
will es unsereiner besser haben als die meisten anderen? Je länger
einer an seinem Glücke baut, desto tiefer baut er in die finstere
Erde hinein, desto kümmerlicher wird's. Und es ist ganz gut so. Wie
hart wäre das Sterben, wenn diese Welt desto schöner würde, je länger
der Mensch daran verbessert und verschönert. Wenn es dem Unschuldigen
schon oft gottlos schlecht geht, was will erst ich sagen! Ich habe das
unrechte Weib genommen, habe es doch rechtzeitig bemerkt und bin nicht
zurückgestanden. Ich kann mich zum Teil auf meinen Vater ausreden, der
mich in diese Heirat hineingelockt hat, aber zum anderen Teil habe
ich auch selber an ihren Reichtum gedacht und darnach geplant. Mir
geschieht schon recht.

Also richtete der Wolfram sich selbst, und dann saß er wieder in
Straßenschenken und goß Wein auf sein wehes Herz.

Kauerte er einmal an einem heißen Sonntagsnachmittag auf dem
Schabelberg. Niemand war da als ein altes Weib, das im Bankwinkel
nickend den Wünschen des Gastes harrte. Zahllose Fliegen umsummten
den einsamen Zecher und sein Glas. Er starrte durch die trübe
Fensterscheibe hinaus auf die blendend weiße Straße und auf die
halbverdorrten, graubestaubten Halme und Sträucher, die am Rande hin
und her standen. Da ging ein Weibsbild vorüber. Dieses Weibsbild
hatte, um den schwarzen Spenzer, sowie das rote Halstuch vor Staub und
ihr Haupt vor den glühenden Sonnenstrahlen zu schützen, den blauen
Außenkittel so über ihre Gestalt geschlagen, daß er wie ein Schirmdach
muschelförmig den Oberkörper einhüllte. Der graue Unterrock ging bis
halb über die weißbestrümpften Waden und schlug bei jedem Schritte
in pendelartiger Gleichmäßigkeit sachte hin und her. Aus der Muschel
guckte ein frischrotes Gesicht, und dieses Gesicht war -- dem Wolfram
schoß alles Blut zum Herzen.

Rasch warf er ein paar Münzen auf den Tisch, stand auf und ging hinaus.
Die Straße zog bergwärts, das Dirndel stieg tapfer an, der Adlerwirt
duckte sich ein wenig hinter der Hausecke, und als sie einen gewissen
Vorsprung hatte, schnalzte er mit der Zunge und ging ihr nach.

                            [Illustration]




                             8. Abschnitt.


Die Jungmagd Frieda einst auf dem Salmhofe. Ein paarmal hatte sie sich
ihren Dienstgenossen gegenüber geäußert: die Ehre wäre ihr doch zuteil
geworden, daß der junge Adlerwirt an seinem Hochzeitstage mit ihr gute
Gesundheit getrunken! Und dieses Prahlen hatte ihr den Dienst gekostet.
Es war schon so etwas in der Luft gelegen, und der alten Salmhoferin
sogar kam es nicht ganz richtig vor. Ein Brieflein von der Kundel
schlug dem Fasse den Boden aus, und die Frieda wurde verjagt.

Einen halben Tag lang war sie fortgegangen auf Wegen, Stegen und
Steigen, ohne irgendwo um Arbeit zuzusprechen. Und als sie ins Gebirge
gekommen war, wo die Bauerngüter seltener und die armen Waldhütten
häufiger wurden, besann sie sich. Je entlegener und versteckter der
Bergwinkel ist, in dem sie bleiben wird, desto besser. Es braucht's
im Salmhofe niemand zu erfahren, wo sie ist, es braucht's im
Adlerwirtshause niemand zu erfahren, und es braucht's der Holzknecht
Schopper nicht zu wissen. Es wird sich mit Gottes Willen wohl auch
anders wer finden, mit dem sich gut Freund sein läßt. Oder ist der
junge Adlerwirt der einzige auf der Welt? Gott sei Dank, nein.

In der Abachleuten beim Möstl nahm sie Dienst. Die Abachleuten war ein
zwischen Berghalden schräge ansteigendes Wiesental mit einigen kleinen
Kornäckern und Erdäpfelgärten. Ein kaltes Wässerlein rauschte durchs
Tal, und an den Wildstrüppen, die am Bachesrand standen, hingen auch
an den Sommermorgen manchmal kleine Eiszapfen. An der sonnseitigen
Lehne der Abachleuten stand das kleine Haus des Möstl, das letzte hier,
welches sich noch kümmerlich von Feld- und Wiesenwirtschaft fristete.
In diesem Waldhause lebten zwei ältliche Eheleute, die sehr arbeitsam,
sehr häuslich und immer frohen Gemütes waren. Man merkte gar nicht,
wie viel Sorge und Mühsal und Beschwerde es gab dahier. Der Möstl,
ein rasches, gebücktes, ununterbrochen tätiges, stets glattrasiertes
Männlein, war allezeit munter und aufgeräumt, und machte über jeden
Graben, den das Schicksal ihm zog, einen kecken Sprung und lachte dazu.
Seinem Weibe war's auch recht. Beide waren etwas schwerhörig und hatten
daher sich eine laute Stimme angewöhnt, so daß man sie schon von weitem
sprechen hörte mit klingendem Schall. Sie hatten sich immer etwas zu
erzählen, zu fragen, zu raten, manchmal neckten sie sich einander
sogar, daß ein helles Gelächter entstand. Der Ehekrieg, den auch diese
Leute führten, bestand darin, daß sie einander immer zu überlisten
suchten: beim Essen schmuggelte eines dem anderen möglichst unbemerkt
die besseren Bissen zu, bei der Arbeit trachtete eines dem anderen die
härtesten Dinge abzulasten.

Diese Möstlleute im Abachtale hatten auch ein Kind, eine bereits
erwachsene Tochter, die aber schon seit Jahr und Tag in einem
Strohsessel lehnte, weil infolge eines Wettersturmes, bei dem sie unter
Wasser gekommen, ihre Füße lahm geworden waren. Das Mädchen mußte
in vielem wie ein Kind gepflegt werden, konnte nur wenige Arbeiten
verrichten helfen, hatte bisweilen Schmerzen zu leiden und blickte
trotzdem mit ihrem blassen, gutmütigen Gesichte fröhlich ins Leben
hinein, wenn man ihr Dasein und ihr Genießen überhaupt Leben nennen
konnte.

Bei diesen Leuten nun hatte die wandernde Frieda eines Abends um
Nachtlager gebeten, und bei diesen Leuten war sie verblieben. Ein guter
Lohn, wie auf dem Salmhofe, war hier nicht zu haben, die Arbeiten
hatten viele Beschwer, und doch war es der Magd, als sei sie im Himmel.
Was war das im großen, reichen Salmhofe für ein Streiten, Beißen,
Übervorteilen und Murren gewesen der Leute untereinander! Und hier,
welcher heitere Frieden, welche herzliche Einigkeit! Die Möstlleute
machten aus der Arbeit eine Unterhaltung, aus jedem Werktage einen
Festtag, denn alles, was da war, packten sie von der erträglichsten
Seite an und taten, als machten sie eine Kurzweil daraus. Das hatte
die Frieda auch noch nicht gesehen, daß man laut lacht, als ob man
gekitzelt würde, wenn man schwere Schmerzen leidet am siechen Körper.
Die Adelheid konnte das! Das arme Mädchen lachte in den Nächten manch
halbes Stündchen lang. Die Mutter tat ihr alles, was in ihrer Macht
stand, zugute und hatte bisweilen in ihrem freundlichen Auge etwas
Nasses. Aber ein heiteres Wörtlein mußte doch immer gesagt werden. Und
wenn es manchmal besonders schlimm ward, so daß die Adelheid nicht mehr
lachte, sondern ganz still war und die Zähne aufeinanderbiß, da huben
die Alten ein emsiges Beraten an, verfielen auf allerlei Mittel und
ergriffen jedes mit solcher Zuversicht und Hoffnungsfreudigkeit, als ob
alles Heil vor der Tür wäre.

Die Magd Frieda lebte neu auf in diesem Hause; neigte doch auch ihre
warmlebige Natur zum Frohsinn hin. Als ob sie wieder Eltern und
Schwester gefunden hätte, so war ihr, und sie trachtete, den Leuten
nach ihren Kräften zu dienen, Hartes zu mildern, Liebes zu tun, und
besonders verstand sie bald, sich als Pflegerin der armen Siechen so
zu erweisen, daß der Möstl einmal seinem Weibe zuschrie: »Alte! an der
hat uns der Herrgott eine geschickt, daß wir ihm dafür die große Zehe
wegküssen sollten wie die Betschwestern zu Rom dem heiligen Petrus.«

Was das Möstlweib darauf antworten wollte, das durfte aber nicht so
herausgeschrieen werden. Erst draußen am Feldraine teilte sie ihm ihre
Bedenken mit: »Daß sie dir gefällt, die Frieda, wäre schon recht.
Aber: auweh und auweh! möcht' ich sagen, sie gefällt auch anderen
Mannsbildern. Wenn du Zehen wegküssen willst, so mußt bald anfangen,
sonst frißt sie vorher der Fuchs. Schon das zweite Mal habe ich am
vorigen Samstag wahrgenommen, daß einer vor ihrem Fenster steht. Ein
ganz fremder Kund ist's, habe mich zuerst schier gefürchtet vor ihm,
aber geplaudert mit ihr hat er ganz gutmütig.«

Und das Möstlweib hatte nicht schlecht beobachtet. Kaum daß die Magd
Frieda ein paar Wochen in diesem weltverlorenen Hause gelebt, war
eines Abends auch schon der Schopper-Schub da. Vor dem gab's kein
Verstecken! Eben wollte sie desselben Abends einschlafen, als er durch
ein leises Klopfen an ihrem Fenster sich anmeldete. Sie war zuerst sehr
erschrocken und sogar empört, allmählich jedoch kam es ihr zu Sinn,
daß dieser Mensch doch gar zu anhänglich wäre, fast wie ein Bruder.
Sie hatte ja ohnehin keinen Bruder. Sie setzte sich in ihrem Bette
auf, er setzte sich draußen auf den vorspringenden Wandschrott, und
so sprachen sie eine Weile miteinander. Er sagte, daß sie ganz recht
habe mit ihrem neuen Dienstorte, und daß er schon bemerkt hätte, wie
brav sie den armen Krüppel pflege und die Anhänglichkeit der Möstlleute
besitze. Das würde ihr gewiß den Segen Gottes bringen, und ihr würde es
noch einmal viel besser ergehen, als mancher reichen und hochmütigen
Großbauerntochter. Ihm -- so erzählte der Schopper treuherzig -- fehle
auch nichts. Er habe jetzt im Siebenbachwaldgraben eine große Riesen
gebaut, welche von allen Holzmeistern gelobt wurde und welche ihm auch
Geld und die Vorknechtstelle eingetragen habe. Vielleicht bringe er
es doch noch einmal zu einer Eigenstatt, zu einer Hütte. Er wolle mit
einer solchen klüger sein als das erste Mal.

»Ja, hast schon einmal eine Hütte besessen?« fragte die Jungmagd.

»So groß wie das Möstlhaus,« antwortete er.

»Ein Häusel hast gehabt? Und hast es denn vertan? vertrunken?
verspielt?«

»Verraucht,« sagte der Holzknecht.

»Jessas! So viel Tabak rauchen tust?«

»Angezündet hab' ich's, mein Haus, und niedergebrannt.«

»Nicht gescheit bist!« hauchte die erschrockene Frieda. »Aber wie hat
das können sein?«

»Weil ich ein rabiater Mensch bin,« sagte der Schopper. »Zufleiß hab'
ich's getan. Und gereut hat's mich auch noch nie!«

»Bei dir kennt man sich frei nicht aus,« meinte die Jungmagd.

»Bist neugierig?« fragte er. »Nachher kunnt' ich dir's ja erzählen.
Aber sitzen tu ich schlecht auf dem Schrottkopf.«

»Einen anderen Platz hab' ich nicht,« gab sie schneidig zurück.

»Alsdann bleib' ich sitzen auf dem Schrottkopf,« sagte er geduldig
und hub an zu erzählen: »Von Wallischdorf bin ich her. Dort hat der
Schopper-Rüppel ein Gütel gehabt und zwei Söhne, meinen Bruder Juch
und mich, den Schubhart. Und da geht einmal am Frohnleichnamstag nach
dem Umgang, er hat noch den Himmel tragen helfen, der Schopper-Rüppel
her und verstirbt. So schnell ist das gegangen, daß er nicht einmal
Testament machen hat können. Nur so viel hat er gesagt: Dem Buben
gehört das Häusel und den anderen soll er mit dreihundert Gulden
hinauszahlen. Jetzt, weil er keinen Namen genannt, so hat jeder von uns
zwei Brüdern wollen der Bub sein. Denn du kannst dir denken, der ist
im Vorteil. Und haben angefangen zu streiten. Der Juch hat das Gütel
haben wollen, und ich hab' es auch haben wollen. Ist eine Wirtschaft
mit ihrer zwölf Joch Grundstücken. Haben uns vorher gar nicht unlieb
gehabt, der Juch und ich, aber jetzt ist der Teufel los gewesen.
Gestritten wie die Bettelbuben, und gar beim Gericht hat's jeder
beweisen wollen, er wäre der Bub, und ihn hätte der Vater gemeint, und
ihm täte das Häusel gehören. So währt's ein halbes Jahr und länger,
keiner von uns hat mehr gearbeitet, jeder nur sinniert, wie er den
anderen möcht' hinaustauchen. Geld hat's gekostet und Hirnschmalz
und Herzblut -- und die ewige Seligkeit hätt's kosten können, uns
beiden. Und wie wir einmal so im Wirtshaus sitzen und schauderlich
gegeneinander geraten -- die Leute haben uns noch angehetzt -- und wie
wir schon kein gutes Haar aneinander lassen, daß einer wie der andere
einem rechten Spitzbuben gleichsieht vor dem ganzen Dorf, und zuletzt
noch unseren verstorbenen Vater verschandieren -- da spring ich gäh auf
und davon. Nächtig Stund' ist, getrunken habe ich stark gehabt. Und
wie ich zu meinem Häusel komm', das wie ein schwarzes Gespenst dasteht
mitten in den Feldern, da fällt's mir ein: Niederbrennen! Das Gerümpel
ist's nicht wert, was wir treiben. Im Aschen hat der Streit ein End'.
-- Kaum gedacht, bin ich mit dem Zündholz auch schon im Strohdach. Wie
es licht wird im Tal und die Leute zusammenlaufen und ich auf einmal
neben meinem Bruder steh' und vor uns bricht das Elternhaus nieder, da
wird mir ganz eigen. Ich halte dem Juch die Hand hin und sag': Mein
Teil ist verbrannt, die Grundstücke sollen dein sein, und wir wollen
Fried' machen miteinand. -- Er schaut mich an im Feuerschein und sagt:
Schlecht genug bist du, daß du's selber hast getan. -- Auf das bin ich
fort ins Gebirg herein und Holzknecht geworden im Siebenbachwald. --
Jetzt weißt es.«

»Du bist ja ein grundschlechter Mensch!« sagte die Jungmagd ganz
verblüfft.

»Neid ist's nicht gewesen,« setzte der Schopper bei, »daß ich etwa
hätte gemeint, wenn ich das Häusel nicht kann haben, so soll's auch der
Bruder nicht haben. Aber Trotz ist's gewesen und Dummheit, und hinter
mir immer der Teufel: Nicht nachgeben, nicht nachgeben! -- Dabei das
Streit-Elend, die Bruderfeindschaft! Und wie schon manchmal ein Sturm
in mich fährt, daß ich selber nicht mehr weiß, was ich tu', so ist's
über mich gekommen, und so ist's geschehen. Mit meinem Bruder bin ich
immer noch nicht auf gleich. Er hat seine Sach', ich gönne es ihm, und
was ich getan, hat mich noch nicht ein einziges Mal gereut.«

Die Jungmagd sagte: »Ein seltsamer Mensch bist.« Und bei sich dachte
sie: Weiß nicht, soll man sich vor ihm fürchten oder was? ...

Also plauderten sie von diesem und jenem, und der Schopper kam nun
öfter an ihr Fenster. Von allerhand redete er, aber nie von Liebe.
Nichts von dergleichen. Nur einmal fragte er sie bescheidentlich, ob es
ihr wohl auch recht sei, daß er so manches Stündlein an ihrem Fenster
sitze, er tue es halt gerne und wäre so froh dabei.

Die Frieda brachte es nicht übers Herz, ihm zu gestehen, daß seine
Gegenwart sie beklemme, daß sie ihn vielleicht gerne haben könne wie
einen Bruder, aber Brüder kämen nicht ans Fenster der Schwestern, und
ob er nicht besser täte, nach seiner schweren Tagesarbeit im Bette
zu rasten, als den weiten Weg zu machen in die Abachleuten her. --
Mehrmals nahm sie Anlauf, ihm das zu sagen, aber sie brachte es nicht
übers Herz, ihn so zu kränken. Sie nahm sogar die kleinen Geschenke,
als Wecken, frische Kaiserbirnen, welche er ihr mitzubringen pflegte
-- sie nahm derlei und sagte schön »Vergelt's Gott« dafür. Insgeheim
jedoch waren ihr die Gaben von diesem Menschen zuwider, und es tat
ihr selber weh', daß sie so undankbar sein mußte. -- Viel schlechter,
so rief es einmal in ihr, viel schlechter ist der andere Wicht, der
nächtig meine Ruhe stört. Was hat der junge Adlerwirt von Kirchbrunn
in meinen Träumen zu tun! Das geht ihn gar nichts an, ob ich mein Haar
flechte oder nicht, und er soll nur seiner Frau Adlerwirtin die Augen
küssen und nicht ein armes Dienstbot foppen.

Auf der Schabelhöhe, über welche eine Bergstraße führt, stand unter
sieben alten Lärchen eine Kapelle. In derselben war ein frischer
Brunnen und ein Muttergottesbild, genannt: Maria unter den sieben
Lärchen. Dieses Bild war als wundertätig bekannt und besonders von
Leuten aufgesucht, die an heimlichem Herzweh litten. Der Volkswitz
sagte: Wenn eine Jungfrau siebenmal am Brunnen bei Maria unter den
Lärchen trinkt, dann bekommt sie einen Mann. Obzwar dieser Ausspruch
in der Gegend nicht gerade als Glaubensartikel bezeugt war, so ließ
sich doch nicht leugnen, daß jahraus jahrein viel junges Frauenvolk
hinaufkam zur Schabelhöhe, andächtig vor dem alten, ungefügen Bildnis
betete und dann einen kräftigen Schluck nahm aus dem Brunnen. Also war
es auch der Magd Frieda schon mehrmals zu Sinn gekommen, ob sie nicht
eine Wallfahrt machen sollte zu den sieben Lärchen; der Platz war vom
Abachtale aus in einer guten Stunde zu erreichen. Ganz fern stand das
Gnadenbild den menschlichen Liebesangelegenheiten auf keinen Fall.
Ein heimlich Herzweh -- das stimmt ja. War nicht einst der sterbenden
Mutter letztes Wort: Frieda, wenn du nicht aus weißt, so knie' hin und
tu' beten! -- Und hatte die Frieda nicht auch dem Schopper versprochen,
sie wolle so lange beten, bis sie ihn recht lieb habe?

Und eines Sommersonntags am Nachmittage ging die Magd an den Waldhängen
hinan, über die sonnigen Weiden fort, bis sie zur heißen, staubigen
Straße kam. Wie von diesen Höhen aus der Blick sich weitete hin auf die
blauen Berge, so weitete sich auch ihr Herz, und eine frohe Hoffnung
kam über sie, daß sie nicht umsonst den Wallfahrtsweg machen werde zu
der lieben Mutter Gottes.

Endlich stieg sie die Stufen hinan zur hölzernen Kapelle, die schon
etwas hinfällig sich an eine der Lärchen lehnte. Sie hörte das
Geplätscher des Brunnens, der an der Seitenwand aus dem Rohre in einen
Steinkessel rann. Niemand war da, sie war ganz allein. Ihren Überkittel
ließ sie vom Kopfe hinabgleiten, ihr Gebetbuch zog sie aus dem Säcklein
und also kniete sie nieder vor der Mutter Gottes mit dem Kinde, die,
aus Holz geschnitzt und mit Farben bemalt, fast in Lebensgröße auf
dem Altare stand. Die Maria hatte eine Krone auf dem Haupte, hielt
ein Zepter in der Hand, das Christkind trug im kleinen, nackten
Händchen die Weltkugel. So viel Herrlichkeit und Würde lag in diesem
Bildnis, daß die Frieda sich dachte: Und hier soll ich mein sündig Herz
auspacken?

Mit dem Gebetbuche ging es heute gar nicht. Da sind allerhand Anliegen
darin, aber das ihre nicht. Wie soll sie es denn nur anfangen, daß
sie nach ihrer Meinung jetzt beten kann? -- »Der gute arme Mensch,
der Schopper. Ist er denn wirklich so unbegehrt? Ist er denn häßlich,
so dumm, so ungefüg und selbstisch? Das ist er nicht. Er ist ein
herzensguter Mensch, und wenn er seinen Bart kämmen und pflegen möchte,
wer weiß, was draus werden könnt'! Hernach, wenn man bedenkt, was er
für ein tüchtiger Mann in der Arbeit ist und bringt's über kurz zum
Holzmeister. Schlecht kann's bei dem ein Weib nicht haben, ernähren
kann er auch etwas. Und wenn er eine so recht lieb hat, als wie er
sagt, daß er mich mag, da wird's kaum einen besseren Mann geben als
den. Ich habe schon Beweise genug, wie er zu mir hält. Der wird ja
närrisch, wenn er mich nicht kann haben. Also warum will ich ihn denn
nicht, das möchte ich wissen, du liebe barmherzige Mutter Gottes!
Ich bin ja gewiß nicht zu gut für ihn, schon eher zu schlecht. Ich
weiß mir ja nichts auf der Welt und soll als arme Magd alt werden und
versterben. Auf wen wart' ich denn? Ja, du himmlische Maria, warum will
ich ihn denn nicht? Sei mir doch gnädig und gib mir deinen Segen. --
Harte Anfechtungen habe ich oft, als müßte ich wohin gehen und was
anstellen, daß es groß Unglück gäbe für Zeit und Ewigkeit. O heilige
Mutter Gottes, führe uns nicht in Versuchung! Gib mir die Gnade, daß
ich den Holzknecht recht kann lieb haben und sein Weib werden. O liebes
Christkindel mit dem krausen Haar! Und wenn es schon nicht möglich kann
sein, daß ich ihn lieb hab' wie einen Herzensschatz, so gib mir die
Kraft, daß ich das Opfer mag bringen, so wie es für alle drei am besten
ist. Ich will dir ja nicht zu sparsam sein mit Wachskerzen, wenn du mir
hilfst und den rechten Weg weisest. O gegrüßt seist du, Königin, Mutter
der Barmherzigkeit!«

Also dachte und murmelte die junge Magd vor sich hin, manches sprach
sie laut und traumhaft, dann schlug sie das Buch auf, machte sich
Vorwürfe, daß sie nicht einmal mehr beten könne, sie war sich's kaum
bewußt, welch heißes, kindliches Gebet sie eben verrichtet hatte.

Und während sie so kniete in der Kapelle und mit sich rang, ehrlich und
tapfer, wie noch selten ein Weibesherz gerungen, stand am Eingang einer
und beobachtete sie. Sie entfaltete ein weißes Handtüchlein, fuhr sich
damit über die heißen Wangen und erhob sich -- da sah sie ihn.

»Schau,« sagte er und schnalzte mit der Zunge -- der Wolfram war es --
»da sehe ich eine Seltsame. Die will sich auch einen Liebsten
erbitten.«

Sie verbarg ihre Überraschung hinter Trotz und antwortete: »Ja, das
will ich auch. Aber nicht etwa so, wie es der Herr Adlerwirt meint.«

»Das hilft alles nichts, Frieda,« sagte der Wolfram. »Komm, Dirndel,
setzen wir uns da auf die Bank. Wir haben schon lange nimmer
miteinander geplaudert.«

Unter dem Schatten der Lärchen, am Rande von jungem Fichtendickicht
hin waren aus rohen Brettern Tische und Bänke aufgeschlagen, weil
alljährlich am Maria Heimsuchungs-Tage ein Fest hier abgehalten und
dabei Getränke ausgeschenkt wurden. Die Frieda wollte eigentlich fest
stillstehen und den Adlerwirt keines Blickes würdigen, aber ihre Füße
stiegen sachte die Stufen herab und an seiner Seite über den grünen
Anger zu einer Bank hin.

Als sie völlig zu sich kam, saß sie neben dem Wolfram, der, seinen
Ellbogen auf den Tisch gestemmt, den Kopf in der Hand hielt.

»Ach ja, Dirndel!« seufzte er auf. »Seit wir zwei uns das letzte Mal
gesehen, habe ich viel durchgemacht, du glaubst es nicht.« Und nun
begann er zu erzählen von seinem häuslichen Elende, daß er so viel als
vertrieben sei aus seinem Vaterhause, ja selbst aus Kirchbrunn, und daß
er jetzt auf dem Punkte stehe, wo der Mensch nimmer weiß, ob er noch
warten soll auf den nächsten Tag oder nicht.

»Mein Gott, Wolfram,« sagte sie voller Teilnahme. »Was willst
~denn~, als warten, bis es wieder besser wird! Sollst dich nicht
so viel kränken, Wolf, was hast denn davon, wenn du krank auch noch
wirst!«

»Ich wollt', es hätt' alles sein Ende, alles, alles!« so rief er mit
schriller Stimme und schlug sich die Faust auf die Stirn.

»Wolf! So mußt nicht. Mußt nicht auch noch selber dein Feind sein.« Sie
legte ihre Hand auf seine Achsel. Er schlang mit Leidenschaft seinen
Arm um ihren Nacken, sie warf dieses Joch heftig von sich, stand auf,
um zu flüchten. Aber am Stamme eines Lärchenbaumes blieb sie stehen und
strich wie traumhaft die losen Haarlocken aus dem Gesichte.

Der Wolfram war kauern geblieben auf der Bank, jetzt schaute er
vorgeneigten Hauptes hin auf sie, in allen Enden seines Angesichtes
zuckte es, dann lachte er auf.

»Das ginge noch ab,« sprach er. »Das Gedenken an dich ist meine einzige
Labnis gewesen in dieser traurigen Zeit. Eine lebt doch auf der Welt,
die zu mir steht. Wenn sie auch weit von mir ist und ich sie nicht mag
finden, irgendwo ist sie doch und denkt an mich und wir sind beisammen.
Und jetzt --«, er sprang auf, »jetzt bist auch ~du~ so?!«

Sie stand bewegungslos wie eine Bildsäule und schaute ihn an.

»Soll ich denn meines Irrtumes wegen ganz verloren sein?« sprach er
weiter. »Soll ich mein junges Leben selber zertreten, wie man einen
Waldwurm zertritt, vor dem sich alle entsetzen? Ja, Frieda, ich tue
es. Sie, im Adlerwirtshaus, hätte mich nie so weit vermocht, sie ist
mir eine Fremde. Aber wenn ich weiß, daß auch du dich von mir wendest,
dann ist es aus!«

»Wann,« entgegnete nun das Dirndel zagend, »wann habe ich dir denn
einen Beweis gegeben, Adlerwirt, daß ich -- dir so gut wäre?«

»Leugne es nicht, Frieda!« sprach er mit Nachdruck, als wollte er
einen Verbrecher überweisen. »Und wenn du mir ~nie~ was Liebes
gesagt hättest, kein gutes Wort, und wenn du mir zehnmal weiter
noch ausgewichen wärest, ich hätte es doch gewußt, daß du mich gern
hast, und so gewiß, als ~du's~ von mir mußt wissen. Du hast
es tapfer niedergedämpft, vielleicht tapferer als ich. Wir haben
uns beide redlich voreinander gewehrt. Es hilft alles nichts. Von
jenem Tanzabende in Schwambach an hat's so gespielt, daß wir zwei
zusammenkommen sollen, wir haben's nicht verstanden, haben uns so
lange gesträubt, bis es uns heute auf diesem Platze ganz zornig
zusammenwirft. Ist es nicht so, Frieda? Ist es nicht so?«

Das Dirndel preßte die Hände ins Gesicht. »Ich hab' so gebetet da
drinnen,« wimmerte sie, »so inständig gebetet zu der Mutter Gottes. Es
ist alles umsonst! -- ~Ich kann ja auch nicht sein, ohne deiner!~«
-- Mit diesem Schrei stürzte sie ihm an den Hals.

                            [Illustration]




                             9. Abschnitt.


Vom Schopper-Schub wissen wir, daß er seit Jahren die Jungmagd
Frieda nicht mehr aus den Augen ließ. Er verfolgte immer ihre Spuren
und oft war er in ihrer Nähe, ohne daß sie es ahnte. Beim Möstl
in der Abachleuten war es ihm gar bequem, da konnte er sich aus
seinem Holzschlag an den Samstagabenden und manchmal auch an den
Sonntagnachmittagen einfinden, um mit ihr zu plaudern. Die ganze Woche
hindurch freute er sich auf das Stündlein, an welchem er nahe bei ihr,
wenngleich durch eine Wand getrennt, sitzen konnte. Es waren zumeist
die allergewöhnlichsten Dinge, über die gesprochen wurde, aber dem
Holzknecht war wohl, wenn er ihre Stimme hörte und wenn er sah, wie sie
manchmal so kindlich lachte.

Also war er auch an diesem Sonntagnachmittage in die Abachleuten
gekommen, beim Möstlhaus zugekehrt, hatte sich auf die Stubenbank
hingesetzt und gesagt, er müsse doch ein wenig in den Schatten gehen.

»Ja,« hatte das Möstlweib neckend geantwortet, »Schattens wegen wirst
du in die Abachleuten kommen! Den hast in deinem Siebenbacherwald weit
besser. Wirst den weiten Weg heut wohl umsonst gemacht haben. Sie ist
zu den sieben Lärchen hinauf wallfahrten gegangen.«

»So,« antwortete der Schopper ganz gleichgültig. »Da hat sie schon
recht. Das Beten schadet niemandem.«

Und wenn das Beten niemandem schadet, dachte er für sich weiter, so
wird's ja auch mir nicht schaden. Und stieg an gegen die Schabelhöhe.
Er ging nicht den guten Fahrweg, er wählte die steileren, aber kürzeren
Steige; Bergesmühsal gibt's für den Holzknecht keine, und durch den
Wald hinauf mag er sich das Schlagholz ansehen. Als er auf die freien
Weiden kam und auf die weiße Straße hinüberblicken konnte, sah er sie
dort gehen, er erkannte sie ja schnell. Und einen Büchsenschuß hinter
ihr eilte ein Mann drein. Der Schopper schärfte sein Auge und erkannte
den jungen Adlerwirt von Kirchbrunn. -- Vor Überraschung wie gelähmt
blieb er einen Augenblick stehen. -- Was ist das? -- Was ist das? --
Steht es so mit der Wallfahrt zu den sieben Lärchen? Ei, da wollen wir
ihnen doch einen Baum über den Weg werfen. Ist denn schon alles falsch
auf der Welt? Gut, alsdann will ich's auch sein. -- So seine Gedanken.
Neuerdings zog er sich in den Wald zurück und lief durch denselben an
der rückwärtigen Berglehne der Kapelle zu. Er kam früher hinauf als
die anderen. Hinter der Kapelle kroch er in das Fichtendickicht und
kauerte sich an die Holzwand, um durch eine Spalte in das Innere der
Kapelle lugen zu können, während durch das Gezweige hin der Anger mit
den Tischen sichtbar war. So beherrschte er den Schauplatz nach beiden
Seiten. Er langte mit der Hand in seinen Sack, ob er das Messer bei
sich habe. -- Ja, mein lieber Adlerwirt, ich habe dir's gesagt, und
du hast es nicht geglaubt. Des Herrgotts Mühlen mahlen langsam, aber
sicher! --

Er hatte gesehen, wie die Frieda beklommen in die Kapelle getreten war,
und als er merkte, daß ihr Gebet ihm galt, da löste sich von seinem
Auge ein salziger Tropfen los und rann über die rauhe Wange, durch den
struppigen Bart bis an die Lippen. Dann stand plötzlich an der Tür der
junge Adlerwirt mit heißbegehrendem Blick. Der Holzknecht erfaßte die
Hirschhornschale seines Messers. Als er hernach vernahm, was draußen
gesprochen wurde an den Tischen, jedes Wort des armen Burschen voller
Unglück und voller Liebe, und wie das Dirndel dagegen ankämpfte, bis
doch in beiden die wilde Allgewalt Siegerin ward -- da loderte in ihm
Wut und Rachgier auf, daß der fliegende Atem glühte an seinem Munde.
Und er stürzte mit gezücktem Messer hin auf das Paar. Die Frieda tat
einen Schrei und wollte sich schützen unter dem Brette eines Tisches.
Der Wolfram jedoch stand wie ein Baumstamm da und fragte: »Holzknecht!
Was willst du?«

Diese starre Ruhe lähmte den Schopper für den Augenblick, denn er war
auf Gegenwehr gefaßt gewesen und in einem Zweikampfe wollte er siegen
oder fallen.

»Bist du da, um mich zu töten?« fragte der Wolfram. »So stoße zu. Ich
habe mein Leben verspielt und wehre mich nicht. Willst aber ihr etwas
zu Leide tun --!« Er ballte die Fäuste.

Dem Schopper sank der Arm mit dem Messer. Plötzlich wendete er sich,
stürzte in das Dickicht und hastete davon durch den Wald hin. -- Halb
betäubt war er, und seine Gedanken wurden wirr. -- Warum hast du es
denn nicht getan? fragte er sich selbst. Und er selbst antwortete: Er
hätte einen Bankbalken losreißen müssen. Nicht davonlaufen wollen und
sich auch nicht wehren, wer kann denn da zustoßen? Einen Baum fällt
man so, aber einen Menschen --. Und hernach, weiß ich denn, welches
fort muß? Soll der Adlerwirt sterben? Ist er nicht der Ehebrecher und
Verführer und der Räuber derer, die mir Gott gegeben hat? -- Oder
soll sie sterben? Ist nicht sie die Ursache seiner Treulosigkeit, die
den Sünder anlockt und einen treuen Menschen verschmäht, verachtet,
in Verzweiflung treibt? -- Oder soll ein dritter sterben? Soll der
Schopper sterben, weil alles aus ist, und freiwillig sterben, bevor er
zum Mörder wird? Mir kommt's nur auf den Schuldigen an. -- Denn das
sah er nun wohl, es war die unbändige, rasende Liebe, in welcher das
junge wehrlose Menschenpaar hinschmolz wie Wachs im brüllenden Feuer
eines brennenden Hauses. Armer Holzknecht, so wie du selber wehrlos
bist gegen diese Macht, so sind auch sie es. Was können sie dafür! --
Du hast dir vorgenommen, Schopper-Schub, für die Frieda alles zu wagen
und zu opfern, um sie glücklich zu machen. Siehst du es denn nicht,
~jetzt ist sie glücklich~! -- Was willst du denn noch? -- Einmal
hast du dein eigenes Haus angezündet, weil es böse Ursach' ist gewesen.
-- Kannst du rechnen, Holzknecht? Wenn du ein bißchen rechnen kannst,
so sage, was mehr ist, eins oder zwei. Wenn zwei mehr sind als eins, so
ist einer weniger als zwei. Laß die zwei sein, und den einen streiche
weg. --

Also dachte der arme Mensch und ging -- ach wie traurig! -- den
Holzhütten seines Tales zu.

                            [Illustration]




                            10. Abschnitt.


Wer genug Zeit und Tiefblick hat, um die Ursachen und Wirkungen zu
betrachten, der wird -- sei es zu seinem Schreck, sei es zu seinem
Trost -- finden, daß alle Fehltritte und Verstöße des Menschen gegen
Sitte und Gesetz, gegen das Gute und Rechte überhaupt, sich fast
allemal strafen, und zwar an derselben schuldigen Person oder an
demselben Geschlechte. Schade nur, daß die Strafe nicht unmittelbar
genug folgt, um stets als Strafe für Sünde und Vergehen empfunden zu
werden. So mancher, der sein Elend selbst geschmiedet, hält sich für
den Unschuldigsten von der Welt und ist geneigt, die Ursache dieses
Elendes anderen in die Schuhe zu schieben. Solches Mißkennen führt ihn
zu weiteren Fehlern und Ungerechtigkeiten, und im Gefühle des eigenen
Sturzes sucht er auch andere mit sich zu reißen. Leichter kehrt der
um, welcher ein schweres Verbrechen begangen, als einer, der tausend
Fehler hat und den Mitmenschen täglich im kleinen tausendmal unrecht
tut. Doch ist letzterer ebenso Verbrecher als ersterer, nur schreit er
Zeter und Mordio, wenn endlich auch an ihn die Nemesis herantritt mit
dem Richtschwert.

Frau Kunigunde hatte kaum eine Ahnung davon, daß sie eine der
Hauptursachen an dem Niedergang ihres Hauses und die einzige Ursache
an ihrem und ihres Mannes Unglück war. Sie war immer nur geneigt,
alles auf ihren Mann, auf seinen Vater, auf alles andere zu schieben.
Und je weher ihr ward, um so höher stieg ihre Verbitterung gegen die
eingebildeten Feinde. Und das Schicksal nahm seinen Lauf.

Bei dem Adlerwirtshause zu Kirchbrunn hatte sich reges Leben entfaltet
wie schon lange nicht. Allerhand Wägen kamen angefahren von oben
und von unten und spannten aus, Bauern, Bürger und Herren waren da,
Schacher und Händler, und die Wirtsstube war viel zu enge, auch im
Vorhause und im Hofe standen Tische, und die Kellnerinnen liefen über
die Gasse hin und her. Das gab doch wieder einmal ein Geschäft.

Meint ihr?

Da müßte man erst noch die Wirtsleute fragen. Der alte Adlerwirt
lag bei einem Nachbar im Scheunenstroh und bat mit lallender Stimme
fortwährend um Branntwein. Er wolle nie mehr nüchtern werden auf dieser
verdammten Welt. Der junge Adlerwirt war seit Wochen verschollen. Im
Siebenbachwald, so hieß es, wäre er einmal gesehen worden, aber ganz
seltsam aufgeregt, er müsse etwas Besonderes im Sinne haben, man werde
noch merkwürdige Geschichten von ihm hören. So kam es, daß auch Frau
Kunigunde nicht ruhig sitzen bleiben konnte in ihrem Zimmer. Sie ließ
ihre Mutter, der ja alles gleichgültig war, allein, und als sie auf
einem Steirerwäglein und in ihrer tadellosen Trauerkleidung hübsch
fein geputzt aus dem Hofe fuhr, klang in demselben das erste Mal der
Ganthammer. Alles wurde versteigert im Adlerwirtshause, nur nach den
Insassen war keine Nachfrage.

Frau Kunigunde fuhr in das Gebirge hinein. Sie hieß auf das Pferd
dreinhauen, sie bewarf den Pferdeknecht mit Schimpfnamen, denn sie
wußte ihrer Galle kein Ende. Was sie dem Knecht und dem Pferde antat,
das war alles ihrem Manne vermeint. Dem Flüchtling! dem gewissenlosen
Ausreißer! Solange er Geld erwartet von ihrem Vater, hat er den
Hausherrn gespielt, jetzt weil nichts ist, weil alles in die Brüche
geht, verläßt er sein armes Weib in Not und Schande und stromert in
allen Weiten um, man weiß nicht wo und mit wem. Aber warte, Schelm,
wir werden dich noch einfangen. Du sollst Gott erkennen lernen! Du
sollst mir kirre werden! Hinwärts zieht mich noch das spottschlechte
Roß, es ist aber vieltausendmal besser als du; herwärts sollst du den
Bettelkarren ziehen, und daß du zahm wirst wie ein Pfründnerschaf und
mir Brennesseln aus der Hand frißt, das soll meine Sorge sein. --

Unter solchen Liebesgedanken fuhr Frau Kunigunde auf die Suche
nach ihrem Manne. Sie sprach bei manchen Häusern zu, schämte sich
aber, geradehin zu fragen: Habt Ihr meinen Mann, den Adlerwirt von
Kirchbrunn, nicht irgendwo gesehen? -- Ja, Frau Adlerwirtin, ist Euch
Euer Mann durchgegangen? -- Das wäre eine hübsche Unterhaltung gewesen.

Also faßte sie es so: »Hat nicht mein Mann hier zugefragt?« -- »Wissen
nichts, vor einer Woche oder wann haben wir ihn vorbeigehen gesehen.«
-- »Sollte er nach mir fragen, so weiset ihn, ich bin vorausgefahren in
den Siebenbacherwald, wegen des Holzkaufes.«

Bei den Holzknechthütten im Siebenbachwald ließ sie ausspannen und
begehrte etwas zu essen.

»Ja,« meinte ein resches Holzerweib, »kein Wirtshaus ist halt bei uns
nicht. Geißmilch mit Schoten, wenn's recht wäre?«

Von Herzen gern hätte Frau Kunigunde geantwortet, daß sie
Schweinefutter nicht gewohnt sei, wäre nur ihr Hunger nicht gar zu
groß gewesen. Während sie die Milch trank, erzählte sie, daß mit ihrem
Mann eine Zusammenkunft draußen bei den drei Brücken verabredet gewesen
sei, daß sie sich aber verfehlt hätten. Und sie fragte, ob er, der
Adlerwirt von Kirchbrunn, nicht etwa hier herum gesehen worden wäre?

»Seid Ihr die Adlerwirtin?« fragte das Holzerweib. »Nachher glaub'
ich's gern, daß er bei den drei Brücken nicht gekommen ist. Von Euch
ist er ja eben davongelaufen, sagen die Leute.«

Frau Kunigunde warf eine Münze hin und machte sich entrüstet auf die
Wander zu den Köhlerstätten.

Bei der Kohlenbrennerei fragte sie wieder an.

»Der Adlerwirt?!« schrie der alte Köhler, denn er war schwerhörig,
daher hielt er auch andere dafür. »Weiß nichts davon. Aber der
Vorknecht soll letzt' Zeit her alleweil vom Adlerwirt reden.«

»Wo ist denn dieser Vorknecht?«

»Der ist jetzt nicht da, der ist oben im Zagelwald. Für ein Weibsbild
nicht gut hinaufzusteigen.«

»Ich ~will~ hinauf!« sagte Frau Kunigunde.

»Weiß nicht, ob es Euch viel nutzen wird,« meinte der Kohlenbrenner,
»letzt' Zeit her ist der Schopper -- so heißt der Vorknecht -- nicht
recht im Kopf, ganz kleinsinnig oder was lauter. Ist nichts Rechtes von
ihm herauszubringen. Vom Adlerwirt redet er nächtig im Traum.«

Die Frau dingte sich einen herumlungernden Knaben und stieg mit diesem
hinan gegen den Zagelwald. Mehrmals ging es in tiefen Schluchten über
Sand, Gerölle und wuchtige Steinblöcke dahin an brausenden Wässern,
mehrmals unter einem schwindelnd hohen Holzgerüste durch.

»Was das für ein hoher Steg wäre?« fragte die Adlerwirtin.

»Das ist kein Steg,« antwortete der Knabe, »das ist die neue
Holzriesen, wo die großen Blöcker herabrutschen und zum Feierabend die
Holzknechte selber. Wie viele Kreuzer krieg' ich denn dafür, daß ich
mitgeh'?«

Nach einer Stunde waren sie auf der Höhe bei dem Holzschlag. Die Leute,
welche hier arbeiteten, blickten einander nur so an, als sie vernahmen,
die junge Frau wolle mit dem Vorknecht sprechen. Der Vorknecht sei aber
gar nicht auf dem Schlag, der liege auf dem Buchenanger im Grase; er
sage, er arbeite nichts mehr, und das liebe Christenvolk möge gesund
bleiben und ihm an den Buckel gucken. »Wollt Ihr das, so könnt Ihr ihn
ja aufsuchen,« setzte der Berichterstatter bei.

Da ist etwas dahinter! dachte Frau Kunigunde und ließ sich zum
Buchenanger führen.

Der Schopper, als er sah, wer daherkam, sprang rasch vom Rasen auf. Er
sah wirklich wild und wirr aus. Ohne viele Einleitung fragte sie in
strengem Tone nach ihrem Manne, dem Adlerwirt.

»Was weiß ich?« knurrte der Holzknecht. »Habt Ihr mir ihn zum Aufheben
geschickt?«

»Du weißt, wo er ist!« sprach sie scharf.

»So? Na, wenn ich's weiß, dann muß ich's freilich sagen. Den Adlerwirt
hat sein Weib verlassen, da ist er zu einer anderen gegangen.«

»Wo er ist, will ich wissen!«

»Vor etlichen Tagen,« antwortete der Holzknecht gottlos ruhig, fast
träge, »hat er sich auf der Schabelhöh' aufgehalten oder im Wirtshaus
dort herum. Jetzt kann's sein, daß er drüben in der Abachleuten ist.«

»Ein Schandmensch! Ein Schandmensch!« keuchte sie, und fast verging
ihr der Atem vor Wut. »Der soll das höllische Feuer beizeiten kennen
lernen, dafür stehe ich gut!«

»Dieweilen sitzt er im Himmel,« sagte der Schopper. »Und ich wäre der
Meinung, wer so fest drin sitzt, den laßt man sitzen.«

Frau Kunigunde hatte sich niedergelassen auf einem Baumstock, ihr
zitterten die Beine.

»Wie weit ist's bis in die Abachleuten?« fragte sie.

»Zwei Stunden, wer gut antaucht.«

»Mein Gott, mich verlassen schon die Füße.«

»Wenn die Frau ein Stündlein wartet, so kann sie mit mir auf dem
Brettel hinabrutschen,« sagte der Holzknecht.

Ja, sie wolle warten. Und der Schopper dachte: Herrgott im Himmel, was
ist das für ein Schick! Ich rutsche mit seinem Weib auf der Riesen
hinab. Und ganz plötzlich fuhr es ihm durch den Kopf: Wenn er mir die
Meine nimmt, so nimm ich die Seine. Wert ist sie's, daß sie mit mir
kommt. Es geht nichts über die Ordnung. Und nachher ist Fried. --

Dieweilen Frau Kunigunde erschöpft auf dem Baumstock saß und mißmutig
den Holzhauern zusah, die immer Blöcke an die Riesen schleppten und
hinabgleiten ließen, strich der Schopper wie halb verloren auf dem
Schlage um. Manchmal blieb er stehen und starrte auf den Erdboden, dann
hob er das krause Haupt gegen Himmel und schnappte nach Luft. Dann
lachte er hell auf, und einer der Männer hörte ihn sagen: »Besser kunnt
sich's nicht mehr reimen. Wer ungeschickt ist, der muß hinab, daß er
anderen nicht im Wege steht.«

»Du, Franzel,« redete er, als die Abendstunde kam, einen Arbeiter an.
»Wenn du einmal beim Möstl in der Abachleuten vorbeigehst, gelt, so
bist so gut und gibst das Ding dort ab. Es ist für die Magd Frieda.«
Damit gab er ihm ein rotes, zusammengeknulltes Tüchlein. »Und jetzt,
Leute!« rief er laut hinaus über den Schlag, »jetzt ist Feierabend. --
Fahrt ihr nur voraus hinab, wir, ich und die Frau Adlerwirtin, rutschen
hinten drein.«

Die Werkzeuge brachte man in Sicherheit, die Lodenröcke hing man sich
über die Achsel, und da war's fertig.

Muldenförmige, vorn ein wenig aufgekurfte Bretter wurden in die Rinne
der Riesen gelegt, und auf je einem solchen Fahrzeuge glitten ein oder
auch zwei Mann hinab. In der Hand hatten sie lange Stöcke, mit welchen
sie sich nötigenfalls leiten, anstemmen oder weiterschnellen konnten.
Auf etwa hundert Schritte Zwischenräume wurden sie abgelassen. Anfangs
glitt es gemächlich dahin, allmählich kam's in rascheren Lauf, und
auf steileren Strecken sauste es unheimlich schnell dahin, manchmal
an Erdeinschnitten und zweimal über grauenhaft tiefe Schluchten, aus
welchen Schutt und Gestein und schäumendes Wasser heraufleuchtete. Über
den schwindelndsten Stellen jauchzten einige. An den Rinnbäumen der
Riesen dröhnte noch lange das Rollen herauf, selbst als die Bretter
schon den Augen entschwunden waren.

Als die Holzknechte dermaßen alle angefahren waren, ging der Schopper
zur Frau Kunigunde, die noch immer auf dem Stocke saß, machte eine
kleine Verbeugung und sagte: »Also, Adlerwirtin, jetzt ist's an uns
zweien.«

»Ist wohl doch keine Gefahr dabei?« fragte sie.

»Ihr seht ja, wie sie jauchzen unterwegs. In die ewige Seligkeit kann
man nicht lustiger hineinfahren. Im Siebenbachwald gibt's halt keine
so feinen Eisenbahnzüge wie in Geßnitz. Wir haben das lange Brettel
mit zwei Sitzen. Ich setze mich voran, Ihr habt hinterwärts Platz. Nur
frisch dran, Frau Adlerwirtin!«

»Es ist grauenhaft!« sagte die Frau.

»Nichts ist grauenhaft,« lachte der Schopper. »An fünf Minuten sind wir
unten. Kommt nur. Prächtig wird's.«

»Ich will heut' ja noch weiterfahren.«

»Freilich, Adlerwirtin. Nur hübsch anhalten. Sitzen wir fest?«

»Ich sitze.«

»Also, im Gottesnamen!« Mit diesem Worte stieß der Schopper aus,
und das Schifflein begann zu gleiten. Erst hielt der Mann mit
beiden Händen den langen, derben Stock in die Luft. Vorwärts ging's
rasch und rascher. Steiler wurde die Bahn, und da sauste das Brett
pfeifend dahin. Es schoß über den ersten Abgrund, es schoß durch den
Erdeinschnitt, es schoß dem zweiten großen Abgrunde zu, und als es hoch
über der Schlucht rasend schnell hinglitt, senkte ganz plötzlich der
Schopper den Stock, stemmte ihn vor sich in die Riesen, da sprang das
Fahrzeug hinten empor, schlug über, und die beiden Menschen flogen in
weitem Bogen durch die Luft -- stürzten in die Tiefe.

Ein ganz kurzer Schrei gellte durch die abendlichen Lüfte, und dann war
nichts mehr zu hören als das rauschende Wasser in der Schlucht. -- --

                            [Illustration]




                            11. Abschnitt.


»Du, Alte!« schrie der Möstl in der Abachleuten seinem Weibe zu, als
er von der Heuarbeit heimkam, »das wird nicht gehen mit der Frieda,
's ist schad', aber fortschicken mußt sie. Das Umziehen mit einem
verheirateten Menschen können wir ja nicht leiden. Hab' sie just wieder
auseinander gejagt allzwei.«

»Geh!« entgegnete das Weib, »bist doch nicht g'scheit! Schon wieder
dagewesen ist er?«

»Soll ganz Kirchbrunn im Stich gelassen haben, sitzt jetzt da draußen
im Zeilinger Hammer als Kohlenvermesser.«

»Das ist sauber,« sagte sie, »da hätten wir ihn alle Tag in der Hütten.
Recht hart ist mir um die Magd, aber wenn sie's so macht, soll sie
gehen, lieber heut' als morgen.«

»Ein Plangen haben die zwei zu einander, rein als ob's ihnen wär'
angetan worden. Der Vorknecht Schopper soll ganz toll sein drüber, ich
glaub's. Wenn nur da kein unliebsamer Handel herauskommt. Alte, der
Schopper, wer ihn kennt, das ist ein gefährlicher Mensch!«

Noch sprachen sie so, als ein Holzknecht aus dem Siebenbachwald
hereinstolperte. »Abrasten muß ich,« sagte er als Gruß und setzte sich
gleich auf die Bank. »Bist eh daheim, Möstl, ist mir recht. Habt es
schon gehört? das groß' Unglück im Siebenbachwald? Gestern auf dem
Abend. Beim Abrutschen. Von der neuen Riefen in die Karwasserschlucht
gestürzt!«

»Mutter Anna!« rief der Möstl aus. »Wer denn?«

»Er -- der Schopper und ein fremdes Frauenzimmer!«

»Was sagst?«

»Die Adlerwirtin von Kirchbrunn soll's gewesen sein.«

»Was sagst?« schrie der Möstl und lachte auf.

»Na ich danke, wer bei so was lachen kann!« sagte der Holzknecht.

»Ist nicht schlecht gemeint,« redete das Möstlweib drein. »Der lacht
alleweil, hat's Weinen und's Lachen in einem Sackel beisammen.«

»Der Schopper und die Adlerwirtin!« murmelte der Möstl und faltete die
Hände. »Aber Herr, himmlischer Vater, ist das dein Ernst?« Er lachte
wieder.

»Wir können es uns auch gar nicht denken, wie es geschehen ist,«
berichtete der Bote. »Es kann was dahinterstecken. Wird schon
aufkommen. Schauderlich, wer's gesehen hat! Von ihr ist kein Knocherl
ganz verblieben. Bei ihm fehlt nur der Kopf.«

»Aber mein Gott!« rief das Möstlweib, »wie soll sich denn ein
Christenmensch so was zusammenreimen!«

»Ist nicht eine Magd Frieda bei Euch da?« fragte der Holzknecht. »An
die hab' ich ein Tüchel abzugeben. Ich weiß nicht, mir hat's der
Schopper zugesteckt, gerade vor dem Unglück. Wir kennen uns nicht aus.
Ein Knoten ist im Tüchel und ein Papierl ist drinnen, aber wir können
keiner lesen. Weil ich's versprochen hab', daß ich der Magd Frieda die
Sach' übergeben will.«

Alsbald wurde die Magd von der Wiese heraufgerufen.

»Du Frieda,« redete der Möstl sie an, »der da, der hat was für dich.«

Mit Hast löste sie den Knoten, mit zitternden Fingern entwirrte sie das
Papier, es war ein abgerissenes, graues Streifchen, und darauf standen
mit grobem Bleistift ungefüg geschrieben die folgenden Worte:

                          »Liebe Friederika!

  Bin überflüssig, mach mich davon. Nehm auch eine andere mit, die Euch
  im Weg möchte stehen. Mehr kann ich nicht tun für Dich. Sei glücklich
  mit ihm.

                                                   Schubhart Schopper.«

                   *       *       *       *       *

Also hat sich's zugetragen. Und was wird jetzt geschehen sein? Alles
Menschengeschick steht in Gottes Hand, alles vollzieht sich nach seinem
Ratschlusse und fast nichts nach dem Sinne der Menschen.

Als die Magd Frieda in dem Opfertode des armen Waldmenschen seine
unermeßliche Liebe zu ihr besiegelt sah, als das letzte Hindernis
gefallen war zwischen ihr und dem Adlerwirt, daß sie sich nun vor
Gott und der Welt hätten können die Hände reichen -- fand sie, daß
ihre heiße Leidenschaft für Wolfram anfing zu schwinden. Was war das
für ein Unterschied! Was sind die gewöhnlichen Männer für zage,
gemeinsinnliche, engherzige Schelme gegen diesen einen einsamen,
heldenhaften! Von diesem allein war sie geliebt worden mit einer
Liebe, wie wenigen Weibern auf Erden sie zuteil wird, mit einer Liebe,
die stärker ist als der Tod. -- Aber gekannt hat er es nicht, das
Weibesherz, sonst hätte er im voraus wissen müssen, daß sein Opfer
umsonst ist.

An demselben Tage, als die Reste der beiden Verunglückten auf einem
kleinen Alpenkirchhofe still bestattet worden waren, schrieb die Frieda
einen Brief an den Adlerwirt:

                           »Lieber Wolfram!

  Weil das geschehen ist, muß es aus sein und ganz aus sein bei uns
  zweien. Er tät' immer zwischen uns stehen mit seinen blutigen Wunden.
  Ich habe wohl einmal gemeint, ich kunnt Dich glücklich machen,
  jetzt nimmer. Und im Unglück bist schon genug gewesen. Du bist frei
  geworden vor drei Tagen, ich habe geheiratet. Sein Sterbetag ist der
  Hochzeitstag zwischen ihm und mir geworden. Ich bin sein, und Du
  wirst auch wieder eine andere finden. Ich wünsche Dir alles Gute, und
  was vergangen ist, das soll vergessen sein.«

                            [Illustration]




                    Nachwort zu dieser Geschichte.

                  (Als Ohrenbeichte an den Kritiker.)


Weil unser Dasein ohnehin überreich an Drangsal und Leid ist, so wollte
ich -- beginnend mit heiterem Liebesabenteuer des jungen Adlerwirtes
von Kirchbrunn -- in dem süßen Herzensleben junger Menschen eine
Idylle schreiben, mir und anderen zur Ergötzung. Allein es ist anders
gekommen. Wie es im Leben sich so häufig fügt, daß alles ganz anders
wird, als der Mensch gehofft hat, kommt solches bisweilen sogar auch
in der Dichtung vor. Nicht das erste Mal -- ich gestehe es -- ist es
mir hier passiert, daß während der Entwicklung einer Geschichte ganz
von dem ursprünglichen Plane abgewichen wurde, weil sich folgerichtig
andere Dinge ereignen mußten, als im Plane ausgeheckt waren. Den Plan
macht der Kopf, dem ist im Übermut und Fürwitz alles möglich, der hat
hundert Leitern, um dem Erdboden zu entkommen und in willkürlichen
Zonen seine Luftschlösser zu bauen. Wenn nachher aber das Herz
anhebt, dichterisch zu schaffen, nach Vorbildern der Wirklichkeit
sinnlich zu gestalten, nach göttlichen und dämonischen Gesetzen des
Gemütes zu handeln, da wird die Luftlinie verlassen und je nach der
Bodenbeschaffenheit vorangegangen. Da ist es am besten, wenn der
Dichter seiner Geschichte nicht vorangeht, sondern ihr folgt, wenn er
sie nicht leitet, sondern von ihr geleitet wird, das heißt, wenn er
der Entwicklung nicht Gewalt antut, sondern dieselbe nach gegebenen
Verhältnissen sich selbst frei vollziehen läßt.

So habe ich es auch hier gehalten. Meine Gestalten -- bestimmt
veranlagte Menschen -- sah ich vor mir. In harmlosem Spiele führte
ich sie durcheinander, wie der Zufall oder das Geschick uns selbst
durcheinander würfelt. Sie gewannen eine bestimmte Stellung zu
einander, und nun war die Lage gegeben; im Augenblicke begann eine
Entfaltung und eine Entwicklung, die sachte vom gezogenen Plane abwich,
immer weiter und unheimlicher, bis zu jener letzten Folge, vor der ich
selbst erschrak. Aus der lockenden Idylle ist ein tragischer Roman
geworden, der nicht beabsichtigt war.

Es wird einem auch oft recht langweilig auf dem Tummelplatze des
gewöhnlichen Lebens. Der Alltagsmenschen Begierden und Taten sind
lächerlich schnöde, man wird mit ihnen weder warm, noch kalt. Wenn
aber unvermutet irgendwo ein starkes Herz auftaucht, sei es in
wildwetternder, zerstörender Leidenschaft, sei es in heldenhaftem
Opfermut, alsbald reißt es des Dichters Aufmerksamkeit auf sich und
läßt sie nicht wieder los, und so lange nicht wieder, bis es an einer
großen Tugend zugrunde geht.

Als auf dem Freiballe beim Schwambachwirt mein Held plötzlich
hinausgerufen wurde zu einem halbverkommenen Holzknechte, da ahnte ich
noch nichts. Als dieser Holzknecht aber vom Adlerwirt verlangte: Laß'
ab von der Dirn! Sie ist mein, und wenn du sie noch einmal anrührst,
so wirst erstochen! -- da war ich in seinem Banne. Als ich hernach
der weiteren Entwicklung meiner Geschichte mit doppeltem Interesse
folgte, war ich überzeugt, daß der Schopper-Schub den Adlerwirt ganz
gewiß ermorden würde. Es kam anders, der weichmütige Adlerwirt ward
zu einem beklagenswerten Dulder, seine Liebe zu Frieda suchte er
redlich zu dämpfen, bis er endlich vom Zufall unbarmherzig mit dem
Mädchen seiner heimlichen Leidenschaft zusammengeführt wurde. Jetzt
standen die Dinge so, daß der Schopper-Schub wohl ans Messer griff,
aber nicht mehr zuzustoßen vermochte. Denn durch lange Entsagung war
in seinem großen Herzen die Liebe zum Weibe weit und hoch über die
sinnliche Leidenschaft hinausgewachsen, und mächtig erfüllte ihn der
eine Gedanke: glücklich machen das geliebte Wesen um jeden Preis.
Ein zweites Wort sprach der Rechtssinn des Naturmenschen: Wenn die
zwei sich in der Tat lieben, so sollen sie sich haben. -- In dem
Augenblicke, als ich den armen Menschen in weher Verzichtung dahingehen
sah, wußte ich freilich, daß da noch etwas geschehen würde. Ich glaubte
nicht recht, daß der Schopper ein Opfer nur halb vollbringt, und daß er
selbst nicht mehr würde weiterleben wollen, das fürchtete ich.

Als Frau Kunigunde von dem der Gant verfallenen Adlerwirtshause auf dem
Steirerwäglein fortfuhr, ließ ich sie sehr ungern in den Siebenbachwald
ziehen. Aber ihre Rachsucht gegen den durchgegangenen Mann war so
groß, daß sie keine Macht der Welt zurückgehalten haben würde, seine
Spuren zu verfolgen. Ich ahnte nichts Gutes, als sie dem Schopper-Schub
nachfragte, und leider -- meine Ahnung hat mich nicht betrogen.

So leid es mir um den Schopper tat, so fiel mir doch ordentlich
ein Stein vom Herzen, als das gräßliche Unglück auf der Holzriesen
geschehen war. -- Jetzt endlich! jetzt können die zwei jungen
Leute, die wirklich füreinander geschaffen zu sein scheinen,
zusammen heiraten! -- Und da tut sich mir eine ungeahnte Tiefe des
Weibesherzens auf: jetzt, da ~solches~ sich zugetragen, mag sie keine
Liebschaft mehr, und am wenigsten eine mit dem, der ihr so lange im
Wege gestanden, dessentwegen sie den treuesten Menschen auf der Welt
mißkannt und abgewiesen hat.

Wenn meine heiteren Geschichten auf solche Art enden, dann will ich
mich zweimal besinnen, ehe ich wieder einmal eine Idylle anfange zu
schreiben. Und vielleicht tut auch jeder andere wohl daran, sich
zweimal zu besinnen, bevor er -- sei es mit einer armen Magd, oder
sei es mit einer feinen Großbauerntochter -- ein Liebesverhältnis
anhebt. Ist die Dichtung schon so schlimm, um wieviel mehr erst die
Wirklichkeit ...

Von den wenigen Bekannten, die noch leben, haben wir uns gar nicht
verabschieden können. Es ging zu schnell. Wenn der Chronist dieser
Ereignisse sich schließlich selbst als einen alten Bekannten vorstellen
wollte, als den kleinen, in den Sand verlaufenden Professor Nix, so
wäre uns damit nicht sehr gedient. Als Figur in der Erzählung tut
der kleine Nix zu wenig, seine Hauptleistung besteht darin, uns die
Geschichte übermittelt zu haben. Der Frieda und dem Wolfram hätten wir
noch gerne die Hand gedrückt. Wenn schon die Jungdirn schrieb, daß, was
vergangen ist, auch vergessen sein soll, so möchten wir ihnen doch für
das, was kommen wird, alles Gute wünschen, vor allem ein starkes Herz,
welches die unvergeßlichen Erfahrungen der Vergangenheit in der Zukunft
sich zunutze mache.

                            [Illustration]

                            [Illustration]


                 Druck von Grimme & Trömel in Leipzig.




               [Illustration: =F= 1501 =IX=09: 100.000]




                 Deutsche Dichter-Gedächtnis-Stiftung


Die Stiftung ist ein rein gemeinnütziges Unternehmen unter Ausschluß
aller privaten Erwerbsinteressen. Ihr Zweck ist, »hervorragenden
Dichtern durch Verbreitung ihrer Werke ein Denkmal im Herzen des
deutschen Volkes zu setzen« und durch Verbreitung guter Bücher
der schlechten Literatur den Boden abzugraben. Sie begann ihre
~Tätigkeit~ i. J. 1903 damit, daß sie an 500 Volksbibliotheken je
20 Bände verteilte, unter denen sich z. B. Fontanes »Grete Minde« --
M. v. Ebner-Eschenbachs »Gemeindekind« -- eine Auswahl der »Deutschen
Sagen« der Brüder Grimm -- Roseggers »Als ich noch der Waldbauernbub'
war« befanden. Die zweite Bücherverteilung umfaßte 40 Werke (in 23
Bände gebunden) in je 750 Exemplaren -- die dritte 42 Bücher (31 Bände)
in je 750 Exemplaren -- die vierte 43 Bücher (86 Bände) in je 800
Exemplaren, die fünfte 28 Bücher (25 Bände) in je 900 Exemplaren -- die
sechste 45 Bücher (35 Bände) in je 1000 Exemplaren.

Abzüge des ~Werbeblatts~, des letzten Jahresberichts, auch des
Aufrufs und der Satzungen usw. werden von der Kanzlei der Deutschen
Dichter-Gedächtnis-Stiftung in Hamburg-Großborstel gern unentgeltlich
übersandt. -- Die Stiftung hatte 1905 erst 934 Mitglieder, im Jahre
1906 schon 3.688, 1907 6.500, Ende 1908 9.161. Sie führt diesen
Aufschwung auf das allgemeine Wachsen des Kulturinteresses zurück und
bittet alle Freunde, ihr durch Zusendung von Adressenmaterial an ihr
Werbeamt bei der Ausnutzung dieser Wendung zum Besseren zu helfen.

Die Stiftung erbittet besonders jährliche, aber auch einmalige
Beiträge. Für ~Jahres-Beiträge von 2 Mk.~ aufwärts gewährt die
Stiftung durch Übersendung eines Einzelbandes ihrer »Hausbücherei«
oder ihrer »Volksbücher« oder des Schillerbuches Gegenleistung. Wer
25 Mark Jahresbeitrag zahlt, erhält auf Wunsch alle im gleichen Jahre
erscheinenden Bände der »Hausbücherei«.

Die ~Beiträge~ werden in jeder Höhe entgegengenommen von: der
Deutschen Bank, Hamburg, und ihren sämtlichen Zweiganstalten und
Depositenkassen -- Postscheckkonto Hamburg Nr. 737 -- der k. k.
Postsparkasse, Wien [auf Konto Nr. 859112] -- und der Stiftung selbst
in Hamburg-Großborstel.

Alle ~Briefe~, ~Anfragen~ usw. werden unpersönlich mit der
Aufschrift »Deutsche Dichter-Gedächtnis-Stiftung, Hamburg-Großborstel«
(möglichst unter Hinzufügung der betr. Abteilung) erbeten.

                Man verlange die erwähnten Drucksachen.




                        Gute und billige Bücher

                            [Illustration]

Unter den mancherlei billigen Sammlungen, die in den letzten Jahren
zur Verbreitung guter Literatur geschaffen wurden, zeichnen sich die
Bücher der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung durch sorgfältige
literarische Auswahl und ausgezeichnete Ausstattung aus: holzfreies
Papier, schönen und großen Druck, abwaschbaren, geschmackvollen
Einband. Diese Eigenschaften haben in Verbindung mit dem äußerst
billigen Preise den beiden Sammlungen der Stiftung schnell große
Verbreitung verschafft. Bisher sind erschienen:


                             Hausbücherei

(nur gebunden, jeder Band 1 Mark)

  Bd. 1. ~Heinrich von Kleist~: Michael Kohlhaas. Mit Bild
  Kleists. 7 Vollbilder von Ernst Liebermann. Einleitung von =Dr.=
  Ernst Schultze. _11.-20. Taus._ 170 S.

  Bd. 2. ~Goethe~: Götz von Berlichingen. Mit Bild Goethes.
  Einleitung v. =Dr.= W. Bode. _6.-10. Taus._ 178 S.

  Bd. 3. ~Deutsche Humoristen.~ _1. Bd._: Ausgew. humor.
  Erzählungen v. P. Rosegger, W. Raabe, Fr. Reuter und A. Roderich.
  _36.-45. Taus._ 221 S.

  Bd. 4. ~Deutsche Humoristen.~ _2. Bd._: Cl. Brentano, E.
  Th. A. Hoffmann, H. Zschokke. _16.-20. Taus._ 222 S.

  Bd. 5. ~Deutsche Humoristen.~ _3. Bd._: Hans Hoffmann, Otto
  Ernst, Max Eyth, Helene Böhlau. _36.-45. T._ 196 S.

  Bd. 6/7. ~Balladenbuch.~ _1. Bd._: Neuere Dichter.
  _11.-20. T._ 498 S. 2 Mark.

  Bd. 8. ~Herm. Kurz~: Der Weihnachtsfund. Eine Volkserzählung.
  Mit Bild Kurz'. Einleitung v. Prof. Sulger-Gebing. _6.-10.
  Taus._ 209 S.

  Bd. 9. ~Novellenbuch.~ _1. Bd._: C. F. Meyer, E. v.
  Wildenbruch, Fr. Spielhagen, Detl. v. Liliencron. _21.-25.
  Taus._ 194 S.

  Bd. 10. ~Novellenbuch.~ _2. Bd._ (Dorfgeschichten): E.
  Wichert, H. Sohnrey, W. v. Polenz, R. Greinz. _11.-15. T._ 199 S.

  Bd. 11. ~Schiller~: Philosophische Gedichte. Ausgew. u. eingel.
  v. Prof. E. Kühnemann. Mit Bild Schillers. _6.-10. T._ 230 S.

  Bd. 12/13. ~Schiller~: Briefe. Ausgew. und eingel. von Prof. E.
  Kühnemann. Mit 2 Bildern Schillers. 2 Bände in 1 Bande. _6.-10.
  Taus._ 226 u. 302 S. 2 Mark.

  Bd. 14. ~Novellenbuch.~ _3. Bd._ (Geschichten aus deutscher
  Vorzeit): A. Schmitthenner, J. J. David, W. Hauff. _11.-15.
  Taus._ 246 S.

  Bd. 15. ~Novellenbuch.~ _4. Bd._ (Seegeschichten): Joachim
  Nettelbeck, W. Hauff, Hans Hoffmann, W. Jensen, Wilh. Poeck, Johs.
  Wilda. _11.-15. Taus._ 179 S.

  Bd. 16. Auswahl aus den Dichtungen ~Eduard Mörikes~. Herausgeg.
  u. eingel. v. =Dr.= J. Loewenberg-Hamburg. Mit Bild u.
  Silhouette Mörikes. _6.-10. Taus._ 285 S.

  Bd. 17. ~Heine-Buch.~ Eine Auswahl aus Heinrich Heines
  Dichtungen. Herausgeg. und eingel. von Otto Ernst-Hamburg. Mit Bild
  Heines. _6.-10. Taus._ 203 S.

  Bd. 18 u. 19. ~Goethes~ ausgewählte Briefe. Herausgeg. u.
  eingel. v. =Dr.= Wilh. Bode-Weimar. Mit Bildern Goethes. 2
  Bände. _11.-15. Taus._ 169 u. 197 S.

  Bd. 20/21. ~Deutsches Weihnachtsbuch.~ Eine Sammlung der
  schönsten u. beliebtesten Weihnachtsdichtungen in Poesie u. Prosa.
  _11.-20. Taus._ 413 S. 2 Mark.

  Bd. 22. ~Novellenbuch.~ _5. Bd._ (Frauennovellen): Cl.
  Viebig, L. v. Strauß u. Torney, Lou Andreas-Salomé, M. R. Fischer.
  _11.-20. Taus._ 198 Seiten.

  Bd. 23. ~Novellenbuch.~ _6. Band._ (Kindheitsgeschichten):
  A. Schmitthenner, H. Aeckerle, M. Lienert, M. v. Rentz, Hans Land, A.
  Bayersdorfer, Ch. Niese, Th. Mann. _6.-10. Taus._ 199 S.

  Bd. 24. ~Novellenbuch.~ _7. Bd._ (Kriegsgeschichten): Carl
  Beyer, H. v. Kleist, W. v. Conrady, M. v. La Roche, D. v. Liliencron,
  Th. Fontane. _11.-20. Taus._ 177 S.

  Bd. 25/26. ~Balladenbuch.~ _2. Bd._: Ältere Dichter.
  _6.-10. T._ 518 S. 2 Mark.

  Bd. 27. ~Karl Immermann~: Preußische Jugend zur Zeit Napoleons.
  Herausgeg. u. eingeleitet von =Dr.= Wilhelm Bode-Weimar. Mit
  Bild Immermanns und 3 Bildern Magdeburgs. _6.-10. Taus._ 171
  Seiten.

  Bd. 28. ~Martin Luther als deutscher Klassiker~, nebst einer
  Einführung von =Dr.= Eugen Lessing. Mit Bild Luthers. 176 Seiten.

  Bd. 29/30. ~Deutsche Humoristen.~ _4. und 5. Bd._
  (Humoristische Gedichte). 351 Seiten. 2 Mark.

  Bd. 31. ~Deutsche Humoristen.~ _6. Bd._: E. Th. A.
  Hoffmann, B. v. Arnim, Fr. Th. Vischer, A. Bayersdorfer, Henry F.
  Urban, Ludw. Thoma. 160 S.

  Bd. 32. ~Max Eyth~: Geld und Erfahrung (humoristische
  Erzählung). Mit Original-Illustrationen von Th. Herrmann und
  Einleitung von =Dr.= C. Müller-Rastatt, Hamburg. 176 Seiten.

  Bd. 33. ~Ludwig Uhland~: Ausgewählte Balladen und Romanzen. Mit
  Einleitung von K. Küchler, Altona, und mit mehreren Vollbildern.


                            Geschenkausgabe

~mit prächtigem, biegsamem Einband~ mit Goldschnitt sind ~zum
Preise von je 4 Mark~ hergestellt von:

  Bd. 6/7 (rot, Ganzleder)
  Bd. 12/13 (grün, Ganzleder)
  Bd. 18/19 (grau, Ganzleder)
  Bd. 20/21 (weiß, Dermatoid)
  Bd. 25/26 (rot, Ganzleder)
  Bd. 29/30 (rot, Ganzleder).

Schillerbuch, enth. Einltg. über Schillers Leben, die Glocke, Balladen,
Tell. Mit Bild Schillers. 346 S. _11.-20. T._ Geb. 1 M.


                             Volksbücher.

Heft 1. 50 Gedichte v. ~Goethe~. 95 S. Geh. 20, geb. 50 Pf.

Heft 2. ~Schiller~: Tell. _11.-20. T._ 19 S. Geh. 30, geb. 60 Pf.

Heft 3. ~Schiller~: Balladen. _31.-40. T._ 108 S. Geh. 20,
geb. 50 Pf.

Heft 4. ~Schiller~: Wallensteins Lager. Die Piccolomini. 215 S.
Geh. 30, geb. 60 Pf.

Heft 5. ~Schiller~: Wallensteins Tod. 222 S. Geh. 30, geb. 60 Pf.

_Heft 4 und 5 in einen Band gebunden 1 Mark._

Heft 6. ~Brentano~: Die Geschichte vom braven Kasperl u. dem
schönen Annerl. 59 S. Geh. 15, geb. 40 Pf.

Heft 7. E. Th. A. ~Hoffmann~: Das Fräulein von Scuderi. 113 S.
Geh. 20, geb. 50 Pf.

Heft 8. ~Fr. Halm~: Die Marzipanliese. -- Die Freundinnen. 124 S.
Geh. 20, geb. 50 Pf.

Heft 9. ~Reuter~: Woans ick tau 'ne Fru kamm. 61 S. Geh. 15,
geb. 40 Pf.

Heft 10. ~Max Eyth~: Der blinde Passagier. _11.-20. T._ 68 S.
Geh. 20, geb. 50 Pf.

Heft 11. ~Marie von Ebner-Eschenbach~: Die Freiherren von
Gemperlein. _11.-20. T._ 82 S. Geh. 20, geb. 50 Pf.

Heft 12. ~Wilhelm Jensen~: Über der Heide. 127 S. Geh. 25,
geb. 55 Pf.

Heft 13. ~Ernst Wichert~: Der Wilddieb. 144 S. Geh. 30, geb. 60
Pf. _11.-20. T._

Heft 14. ~Levin Schücking~: Die drei Großmächte. 96 S. Geh. 25,
geb. 55 Pf.

Heft 15. ~Ludwig Anzengruber~: Der Erbonkel u. andere Geschichten.
Geh. 25, geb. 55 Pf.

Heft 16. ~Helene Böhlau~: Kußwirkungen. _11.-20. T._ 68 S.
Geh. 20, geb. 50 Pf.

Heft 17. ~Ilse Frapan-Akunian~: Die Last. 87 S. Geh. 25,
geb. 55 Pf.

Heft 18. ~H. v. Kleist~: Die Verlobung in St. Domingo. Das
Erdbeben in Chili. Der Zweikampf. 142 S. Geh. 80, geb. 60 Pf.

Heft 19. ~Peter Rosegger~: Der Adlerwirt von Kirchbrunn. 139 S.
Geh. 30, geb. 60 Pf. _11.-20. T._

Heft 20. ~Ernst Zahn~: Die Mutter. _11.-20. T._ 66 S. Geh. 20,
geb. 50 Pf.

Heft 21. ~E. J. Groth~: Die Kuhhaut (Humoreske). Mit Illustr. v.
Gg. O. Erler. 40 S. Geh. 15, geb. 40 Pf.

Heft 22. ~A. Schmitthenner~: Die Frühglocke Mit Illustr. v. Wilh.
Schulz. 64 S. Geh. 20, geb. 50 Pf.

Heft 23. ~G. Freytag~: Karl d. Große. -- Friedrich Barbarossa.
Minnesang und Minnedienst zur Hohenstaufenzeit. 80 S. Geh. 25,
geb. 55 Pf.

Heft 24. ~Fr. Spielhagen~: Hans u. Grete. Mit Illustr. v. Th.
Herrmann. 174 S. Geh. 40, geb. 75 Pf.


_Jedes Heft enthält ein Bildnis des Verfassers. Weitere Hefte sind in
Vorbereitung._


                 Druck von Grimme & Trömel in Leipzig.






*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER ADLERWIRT VON KIRCHBRUNN ***


    

Updated editions will replace the previous one—the old editions will
be renamed.

Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright
law means that no one owns a United States copyright in these works,
so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United
States without permission and without paying copyright
royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part
of this license, apply to copying and distributing Project
Gutenberg™ electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG™
concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark,
and may not be used if you charge for an eBook, except by following
the terms of the trademark license, including paying royalties for use
of the Project Gutenberg trademark. If you do not charge anything for
copies of this eBook, complying with the trademark license is very
easy. You may use this eBook for nearly any purpose such as creation
of derivative works, reports, performances and research. Project
Gutenberg eBooks may be modified and printed and given away—you may
do practically ANYTHING in the United States with eBooks not protected
by U.S. copyright law. Redistribution is subject to the trademark
license, especially commercial redistribution.


START: FULL LICENSE

THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE

PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK

To protect the Project Gutenberg™ mission of promoting the free
distribution of electronic works, by using or distributing this work
(or any other work associated in any way with the phrase “Project
Gutenberg”), you agree to comply with all the terms of the Full
Project Gutenberg™ License available with this file or online at
www.gutenberg.org/license.

Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg™
electronic works

1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg™
electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to
and accept all the terms of this license and intellectual property
(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all
the terms of this agreement, you must cease using and return or
destroy all copies of Project Gutenberg™ electronic works in your
possession. If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a
Project Gutenberg™ electronic work and you do not agree to be bound
by the terms of this agreement, you may obtain a refund from the person
or entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8.

1.B. “Project Gutenberg” is a registered trademark. It may only be
used on or associated in any way with an electronic work by people who
agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few
things that you can do with most Project Gutenberg™ electronic works
even without complying with the full terms of this agreement. See
paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project
Gutenberg™ electronic works if you follow the terms of this
agreement and help preserve free future access to Project Gutenberg™
electronic works. See paragraph 1.E below.

1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation (“the
Foundation” or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection
of Project Gutenberg™ electronic works. Nearly all the individual
works in the collection are in the public domain in the United
States. If an individual work is unprotected by copyright law in the
United States and you are located in the United States, we do not
claim a right to prevent you from copying, distributing, performing,
displaying or creating derivative works based on the work as long as
all references to Project Gutenberg are removed. Of course, we hope
that you will support the Project Gutenberg™ mission of promoting
free access to electronic works by freely sharing Project Gutenberg™
works in compliance with the terms of this agreement for keeping the
Project Gutenberg™ name associated with the work. You can easily
comply with the terms of this agreement by keeping this work in the
same format with its attached full Project Gutenberg™ License when
you share it without charge with others.

1.D. The copyright laws of the place where you are located also govern
what you can do with this work. Copyright laws in most countries are
in a constant state of change. If you are outside the United States,
check the laws of your country in addition to the terms of this
agreement before downloading, copying, displaying, performing,
distributing or creating derivative works based on this work or any
other Project Gutenberg™ work. The Foundation makes no
representations concerning the copyright status of any work in any
country other than the United States.

1.E. Unless you have removed all references to Project Gutenberg:

1.E.1. The following sentence, with active links to, or other
immediate access to, the full Project Gutenberg™ License must appear
prominently whenever any copy of a Project Gutenberg™ work (any work
on which the phrase “Project Gutenberg” appears, or with which the
phrase “Project Gutenberg” is associated) is accessed, displayed,
performed, viewed, copied or distributed:

    This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
    other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
    whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms
    of the Project Gutenberg License included with this eBook or online
    at www.gutenberg.org. If you
    are not located in the United States, you will have to check the laws
    of the country where you are located before using this eBook.
  
1.E.2. If an individual Project Gutenberg™ electronic work is
derived from texts not protected by U.S. copyright law (does not
contain a notice indicating that it is posted with permission of the
copyright holder), the work can be copied and distributed to anyone in
the United States without paying any fees or charges. If you are
redistributing or providing access to a work with the phrase “Project
Gutenberg” associated with or appearing on the work, you must comply
either with the requirements of paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 or
obtain permission for the use of the work and the Project Gutenberg™
trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or 1.E.9.

1.E.3. If an individual Project Gutenberg™ electronic work is posted
with the permission of the copyright holder, your use and distribution
must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any
additional terms imposed by the copyright holder. Additional terms
will be linked to the Project Gutenberg™ License for all works
posted with the permission of the copyright holder found at the
beginning of this work.

1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg™
License terms from this work, or any files containing a part of this
work or any other work associated with Project Gutenberg™.

1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this
electronic work, or any part of this electronic work, without
prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with
active links or immediate access to the full terms of the Project
Gutenberg™ License.

1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary,
compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including
any word processing or hypertext form. However, if you provide access
to or distribute copies of a Project Gutenberg™ work in a format
other than “Plain Vanilla ASCII” or other format used in the official
version posted on the official Project Gutenberg™ website
(www.gutenberg.org), you must, at no additional cost, fee or expense
to the user, provide a copy, a means of exporting a copy, or a means
of obtaining a copy upon request, of the work in its original “Plain
Vanilla ASCII” or other form. Any alternate format must include the
full Project Gutenberg™ License as specified in paragraph 1.E.1.

1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying,
performing, copying or distributing any Project Gutenberg™ works
unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9.

1.E.8. You may charge a reasonable fee for copies of or providing
access to or distributing Project Gutenberg™ electronic works
provided that:

    • You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from
        the use of Project Gutenberg™ works calculated using the method
        you already use to calculate your applicable taxes. The fee is owed
        to the owner of the Project Gutenberg™ trademark, but he has
        agreed to donate royalties under this paragraph to the Project
        Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments must be paid
        within 60 days following each date on which you prepare (or are
        legally required to prepare) your periodic tax returns. Royalty
        payments should be clearly marked as such and sent to the Project
        Gutenberg Literary Archive Foundation at the address specified in
        Section 4, “Information about donations to the Project Gutenberg
        Literary Archive Foundation.”
    
    • You provide a full refund of any money paid by a user who notifies
        you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he
        does not agree to the terms of the full Project Gutenberg™
        License. You must require such a user to return or destroy all
        copies of the works possessed in a physical medium and discontinue
        all use of and all access to other copies of Project Gutenberg™
        works.
    
    • You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of
        any money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
        electronic work is discovered and reported to you within 90 days of
        receipt of the work.
    
    • You comply with all other terms of this agreement for free
        distribution of Project Gutenberg™ works.
    

1.E.9. If you wish to charge a fee or distribute a Project
Gutenberg™ electronic work or group of works on different terms than
are set forth in this agreement, you must obtain permission in writing
from the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, the manager of
the Project Gutenberg™ trademark. Contact the Foundation as set
forth in Section 3 below.

1.F.

1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable
effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
works not protected by U.S. copyright law in creating the Project
Gutenberg™ collection. Despite these efforts, Project Gutenberg™
electronic works, and the medium on which they may be stored, may
contain “Defects,” such as, but not limited to, incomplete, inaccurate
or corrupt data, transcription errors, a copyright or other
intellectual property infringement, a defective or damaged disk or
other medium, a computer virus, or computer codes that damage or
cannot be read by your equipment.

1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the “Right
of Replacement or Refund” described in paragraph 1.F.3, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project
Gutenberg™ trademark, and any other party distributing a Project
Gutenberg™ electronic work under this agreement, disclaim all
liability to you for damages, costs and expenses, including legal
fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT
LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3. YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE
TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE
LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
DAMAGE.

1.F.3. LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a
defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can
receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a
written explanation to the person you received the work from. If you
received the work on a physical medium, you must return the medium
with your written explanation. The person or entity that provided you
with the defective work may elect to provide a replacement copy in
lieu of a refund. If you received the work electronically, the person
or entity providing it to you may choose to give you a second
opportunity to receive the work electronically in lieu of a refund. If
the second copy is also defective, you may demand a refund in writing
without further opportunities to fix the problem.

1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth
in paragraph 1.F.3, this work is provided to you ‘AS-IS’, WITH NO
OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT
LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.

1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
warranties or the exclusion or limitation of certain types of
damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement
violates the law of the state applicable to this agreement, the
agreement shall be interpreted to make the maximum disclaimer or
limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or
unenforceability of any provision of this agreement shall not void the
remaining provisions.

1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
providing copies of Project Gutenberg™ electronic works in
accordance with this agreement, and any volunteers associated with the
production, promotion and distribution of Project Gutenberg™
electronic works, harmless from all liability, costs and expenses,
including legal fees, that arise directly or indirectly from any of
the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this
or any Project Gutenberg™ work, (b) alteration, modification, or
additions or deletions to any Project Gutenberg™ work, and (c) any
Defect you cause.

Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg™

Project Gutenberg™ is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of
computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
from people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s
goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will
remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg™ and future
generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org.

Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification
number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
U.S. federal laws and your state’s laws.

The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West,
Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up
to date contact information can be found at the Foundation’s website
and official page at www.gutenberg.org/contact

Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread
public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine-readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment. Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements. We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state
visit www.gutenberg.org/donate.

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg web pages for current donation
methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations. To
donate, please visit: www.gutenberg.org/donate.

Section 5. General Information About Project Gutenberg™ electronic works

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
Gutenberg™ concept of a library of electronic works that could be
freely shared with anyone. For forty years, he produced and
distributed Project Gutenberg™ eBooks with only a loose network of
volunteer support.

Project Gutenberg™ eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper
edition.

Most people start at our website which has the main PG search
facility: www.gutenberg.org.

This website includes information about Project Gutenberg™,
including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.