Belagerung von Mainz

By Johann Wolfgang von Goethe

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Title: Belagerung von Mainz

Author: Johann Wolfgang von Goethe

Release Date: February 1, 2006 [EBook #17657]

Language: German


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Belagerung von Mainz

Goethe



Montag den 26. Mai 1793 von Frankfurt nach Höchst und Flörsheim;
hier stand viel Belagerungsgeschütz. Der alte freie Weg nach Mainz
war gesperrt, ich mußte über die Schiffbrücke bei Rüsselsheim; in
Ginsheim ward gefüttert; der Ort ist sehr zerschossen; dann über die
Schiffbrücke auf die Nonnenaue, wo viele Bäume niedergehauen lagen,
sofort auf dem zweiten Teil der Schiffbrücke über den größern
Arm des Rheins. Ferner auf Bodenheim und Oberulm, wo ich mich
kantonierungsmäßig einrichtete und sogleich mit Hauptmann Vent nach
dem rechten Flügel über Hechtsheim ritt, mir die Lage besah von
Mainz, Kastel, Kostheim, Hochheim, Weißenau, der Mainspitze und den
Rheininseln. Die Franzosen hatten sich der einen bemächtigt und sich
dort eingegraben; ich schlief nachts in Oberulm.

Dienstag den 27. Mai eilte ich, meinen Fürsten im Lager bei
Marienborn zu verehren, wobei mir das Glück ward, dem Prinzen
Maximilian von Zweibrücken, meinem immer gnädigen Herrn, aufzuwarten;
vertauschte dann sogleich gegen ein geräumiges Zelt in der Fronte des
Regiments mein leidiges Kantonierungsquartier. Nun wollt' ich auch
die Mitte des Blockadehalbkreises kennen lernen, ritt auf die
Schanze vor dem Chausseehaus, übersah die Lage der Stadt, die neue
französische Schanze bei Zahlbach und das merkwürdig-gefährliche
Verhältnis des Dorfes Bretzenheim. Dann zog ich mich gegen das
Regiment zurück und war bemüht, einige genaue Umrisse aufs Papier zu
bringen, um mir die Bezüge und die Distanzen der landschaftlichen
Gegenstände desto besser zu imprimieren.

Ich wartete dem General Grafen Kalckreuth in Marienborn auf, und
war abends bei demselben; da denn viel über eine Märe gesprochen
wurde, daß in dem Lager der anderen Seite vergangene Nacht der
Lärm entstanden, als sei ein deutscher General zu den Franzosen
übergegangen, worüber sogar das Feldgeschrei verändert worden und
einige Bataillons ins Gewehr getreten.

Ferner unterhielt man sich über das Detail der Lage überhaupt,
über Blockade und künftige Belagerung. Viel ward gesprochen über
Persönlichkeiten und deren Verhältnisse, die gar mancherlei wirken,
ohne daß sie zur Sprache kommen. Man zeigte daraus, wie unzuverlässig
die Geschichte sei, weil kein Mensch eigentlich wisse, warum oder
woher dieses und jenes geschehe.

Mittwoch den 28. Mai bei Obrist von Stein auf dem Forsthause, das
äußerst schön liegt; ein höchst angenehmer Aufenthalt! Man fühlte,
welch eine behagliche Stelle es gewesen, Landjägermeister eines
Kurfürsten von Mainz zu sein. Von da übersieht man den großen
landschaftlichen Kessel, der sich bis Hochheim hinüber erstreckt, wo
in der Urzeit Rhein und Main sich wirbelnd drehten und restagnierend
die besten Äcker vorbereiteten, ehe sie bei Bieberich westwärts zu
fließen völlige Freiheit fanden.

Ich speiste im Hauptquartier; der Rückzug aus der Champagne ward
besprochen; Graf Kalckreuth ließ seiner Laune gegen die Theoristen
freien Lauf.

Nach der Tafel ward ein Geistlicher hereingebracht, als
revolutionärer Gesinnungen verdächtig. Eigentlich war er toll, oder
wollte so scheinen; er glaubte Turenne und Conde gewesen, und nie von
einem Weibe geboren zu sein; durch das Wort werde alles gemacht! Er
war guter Dinge und zeigte in seiner Tollheit viel Konsequenz und
Gegenwart des Geistes.

Ich suchte mir die Erlaubnis, Lieutenant von Itzenplitz zu besuchen,
welcher am 9. Mai in einer Affäre vor Mainz mit Schuß und Schub
verwundet und endlich gefangen genommen worden. Feindlicherseits
betrug man sich auf das schonendste gegen ihn und gab ihn bald wieder
heraus. Reden durft' er noch nicht, doch erfreute ihn die Gegenwart
eines alten Kriegskameraden, der manches zu erzählen wußte.

Gegen Abend fanden sich die Offiziere des Regiments beim Marketender,
wo es etwas mutiger herging als vorm Jahr in der Champagne: denn wir
tranken den dortigen schäumenden Wein, und zwar im Trocknen beim
schönsten Wetter. Meiner vormaligen Weissagung ward auch gedacht; sie
wiederholten meine Worte: "Von hier und heute geht eine neue Epoche
der Weltgeschichte aus, und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen."

Wunderbar genug sah man diese Prophezeiung nicht etwa nur dem
allgemeinen Sinn, sondern dem besondern Buchstaben nach genau
erfüllt, indem die Franzosen ihren Kalender von diesen Tagen an
datierten.

Wie aber der Mensch überhaupt ist, besonders aber im Kriege, daß er
sich das Unvermeidliche gefallen läßt und die Intervalle zwischen
Gefahr, Not und Verdruß mit Vergnügen und Lustbarkeit auszufüllen
sucht: so ging es auch hier; die Hautboisten von Thadden spielten ca
ira und den Marseiller Marsch, wobei eine Flasche Champagner nach der
andern geleert wurde.

Abends 8 Uhr kanonierte man stark von den Batterien des rechten
Flügels.

Donnerstag den 29. Mai früh 9 Uhr Viktoria wegen des Siegs der
Östreicher bei Famars. Dieses allgemeine Abfeuern nützte mir, die
Lage der Batterien und die Stellung der Truppen kennen zu lernen;
zugleich war ein ernstlicher Handel bei Bretzenheim, denn freilich
hatten die Franzosen alle Ursache, uns aus diesem so nahe gelegenen
Dorfe zu vertreiben.

Inzwischen erfuhr man, woher das Märchen der gestrigen Desertion
entstanden: durch seltsam zufällige Kombinationen, so abgeschmackt
als möglich, aber doch einige Zeit umherlaufend.

Ich begleitete meinen gnädigsten Herrn nach dem linken Flügel,
wartete dem Herrn Landgrafen von Darmstadt auf, dessen Lager
besonders zierlich mit kiefernen Lauben ausgeputzt war, dessen Zelt
jedoch alles, was ich je in dieser Art gesehen, übertraf, wohl
ausgedacht, vortrefflich gearbeitet, bequem und prächtig.

Gegen Abend war uns, mir aber besonders, ein liebenswürdiges
Schauspiel bereitet; die Prinzessinnen von Mecklenburg hatten im
Hauptquartier zu Bodenheim bei Ihro Majestät dem Könige gespeist und
besuchten nach Tafel das Lager. Ich heftelte mich in mein Zelt ein
und durfte so die hohen Herrschaften, welche unmittelbar davor ganz
vertraulich auf und nieder gingen, auf das genauste beobachten. Und
wirklich konnte man in diesem Kriegsgetümmel die beiden jungen Damen
für himmlische Erscheinungen halten, deren Eindruck auch mir niemals
verlöschen wird.

Freitag den 30. Mai. Früh hörte man hinter dem Lager
Kleingewehrfeuer, welches einige Apprehension gab; dies klärte sich
dahin auf, daß die Bauern den Fronleichnam gefeiert. Ferner ward
Viktoria geschossen aus Kanonen und kleinem Gewehr, jenes glücklichen
Ereignisses in den Niederlanden wegen; dazwischen scharf aus der
Stadt und hinein. Nachmittag ein Donnerwetter.

Holländische Artillerie-flottille ist angekommen, liegt bei Ebenheim.

In der Nacht vom 30. zum 31. Mai schlief ich, wie gewöhnlich ganz
angezogen, ruhig im Zelte, als ich vom Platzen eines kleinen
Gewehrfeuers aufgeweckt wurde, das nicht allzu entfernt schien.
Ich sprang auf und heraus und fand schon alles in Bewegung; es war
offenbar, daß Marienborn überfallen sei. Bald darauf feuerten unsere
Kanonen von der Batterie vor dem Chausseehaus, dies mußte also einem
herandringenden Feinde gelten. Das Regiment des Herzogs, von dem eine
Schwadron hinter dem Chausseehaus gelagert war, ruckte aus; der
Moment war kaum erklärbar. Das kleine Gewehrfeuer in Marienborn, im
Rücken unserer Batterien, dauerte fort, und unsere Batterien schossen
auch. Ich setzte mich zu Pferde und ritt weiter vor, wo ich, nach
früher genommener Kenntnis, ob es gleich Nacht war, die Gegend
beurteilen konnte. Ich erwartete jeden Augenblick, Marienborn in
Flammen zu sehen, und ritt zu unseren Zelten zurück, wo ich die Leute
des Herzogs beschäftigt fand, ein- und aufzupacken, auf alle Fälle.
Ich empfahl ihnen meinen Koffer und Portefeuille und besprach unsern
Rückzug. Sie wollten auf Oppenheim zu; dorthin konnte ich leicht
folgen, da mir der Fußpfad durch das Fruchtfeld bekannt war, doch
wollt' ich den Erfolg erst abwarten und mich nicht eher entfernen,
bis das Dorf brennte und der Streit sich hinter demselben weiter
heraufzöge.

In solcher Ungewißheit sah ich der Sache zu, aber bald legte sich
das kleine Gewehrfeuer, die Kanonen schwiegen, der Tag fing an, zu
grauen, und das Dorf lag ganz ruhig vor mir. Ich ritt hinunter. Die
Sonne ging auf mit trübem Schein, und die Opfer der Nacht lagen neben
einander. Unsere riesenhaften, wohlgekleideten Kürassiere machten
einen wunderlichen Kontrast mit den zwergenhaften, schneiderischen,
zerlumpten Ohnehosen; der Tod hatte sie ohne Unterschied hingemäht.
Unser guter Rittmeister La Viere war unter den ersten geblieben,
Rittmeister von Voß, Adjutant des Grafen Kalckreuth, durch die Brust
geschossen, man erwartete seinen Tod. Ich war veranlaßt, eine kurze
Relation dieses wunderbaren und unangenehmen Vorfalls aufzusetzen,
welche ich hier einschalte und sodann noch einige Partikularitäten
hinzufüge.

       *       *       *       *       *

Von dem Ausfall der Franzosen in der Nacht auf Marienborn vermelde
ich folgendes:

Das Hauptquartier Marienborn liegt in der Mitte des Halbkreises von
Lagern und Batterien, die am linken Ufer des Rheins oberhalb Mainz
anfangen, die Stadt nicht gar in der Entfernung einer halben Stunde
umgeben und unterhalb derselben sich wieder an den Fluß anschließen.
Die Kapelle zum heiligen Kreuz, die Dörfer Weißenau, Hechtsheim,
Marienborn, Drais, Gunzenheim, Mombach werden von diesem Kreise
entweder berührt oder liegen nicht weit außerhalb desselben. Die
beiden Flügel bei Weißenau und Mombach wurden vom Anfang der Blockade
an von den Franzosen öfters angegriffen und ersteres Dorf abgebrannt,
die Mitte hingegen blieb ohne Anfechtung. Niemand konnte vermuten,
daß sie dahin einen Ausfall richten würden, weil sie in Gefahr kamen,
von allen Seiten ins Gedränge zu geraten, abgeschnitten zu werden,
ohne irgend etwas von Bedeutung auszurichten. Indessen waren die
Vorposten um Bretzenheim und Dalheim, Orte, die vor Marienborn in
einem Grunde liegen, der sich nach der Stadt zieht, immer aneinander,
und man behauptete Bretzenheim diesseits um so eifriger, als die
Franzosen bei Zahlbach, einem Kloster nahe bei Dalheim, eine Batterie
errichtet hatten und damit das Feld und die Chaussee bestrichen.

Eine Absicht, die man dem Feinde nicht zutraute, bewog ihn endlich zu
einem Ausfall gegen das Hauptquartier. Die Franzosen wollten -- so
ist man durch die Gefangenen überzeugt -- den General Kalckreuth, der
in Marienborn, den Prinzen Ludwig, Ferdinands Sohn, der auf dem
Chausseehause einige hundert Schritte vom Dorfe in Quartier lag,
entweder gefangen fortführen oder tot zurücklassen. Sie wählten die
Nacht vom 30. zum 31., zogen sich, vielleicht 3000 Mann, aus dem
Zahlbacher Grunde, schlängelnd über die Chaussee und durch einige
Gründe bis wieder an die Chaussee, passierten sie wieder und eilten
auf Marienborn los. Sie waren gut geführt und nahmen ihren Weg
zwischen den östreichischen und preußischen Patrouillen durch, die
leider, wegen geringen Wechsels von Höhen und Tiefen, nicht an
einander stießen. Auch kam ihnen noch ein Umstand zu Hülfe.

Tags vorher hatte man Bauern beordert, das Getreide, das gegen die
Stadt zu steht, in dieser Nacht abzumähen; als diese nach vollendeter
Arbeit zurückgingen, folgten ihnen die Franzosen, und einige
Patrouillen wurden dadurch irre gemacht. Sie kamen unentdeckt
ziemlich weit vorwärts, und als man sie bemerkte und auf sie schoß,
drangen sie in der größten Eile nach Marienborn vor und erreichten
das Dorf gegen 1 Uhr, wo man sorglos entweder schlief oder wachte.
Sie schossen sogleich in die Häuser, wo sie Licht sahen, drängten
sich durch die Straße und umringten den Ort und das Kloster, in
welchem der General lag. Die Verwirrung war groß, die Batterien
schossen, das Infanterieregiment Wegner rückte gleich vor, eine
Schwadron des Herzogs von Weimar, die hinter dem Orte lag, war bei
der Hand, die sächsischen Husaren desgleichen. Es entstand ein
verwirrtes Gefecht.

Indessen hörte man im ganzen Umkreis des blockierenden Lagers das
Feuern von falschen Attacken, jeder wurde auf sich aufmerksam
gemacht, und niemand wagte, dem andern zu Hülfe zu eilen.

Der abnehmende Mond stand am Himmel und gab ein mäßiges Licht. Der
Herzog von Weimar nahm den übrigen Teil seines Regiments, das eine
Vietelstunde hinter Marienborn auf der Höhe lag, und eilte hinzu,
Prinz Ludwig führte die Regimenter Wegner und Thadden, und nach
einem anderthalbstündigen Gefechte trieb man die Franzosen gegen die
Stadt. An Toten und Blessierten ließen sie 30 Mann zurück, was sie
mit sich geschleppt, ist unbekannt.

Der Verlust der Preußen an Toten und Blessierten mag 90 Mann sein.
Major La Viere von Weimar ist tot; Rittmeister und Adjutant von
Voß tödlich verwundet. Ein unglücklicher Zufall vermehrte den
diesseitigen Verlust: denn als sich die Feldwachen von Bretzenheim
auf Marienborn zurückziehen wollten, kamen sie unter die Franzosen
und wurden zugleich mit ihnen von unsern Batterien beschossen.

Als es Tag ward, fand man Pechkränze und mit Pech überzogene
Birkenwellen an allen Enden des Dorfes; sie hatten die Absicht, wenn
der Coup gelänge, zuletzt das Dorf anzuzünden.

Man erfuhr, daß sie zu gleicher Zeit versucht hatten, eine Brücke
von einer Rheininsel an der Mainspitze, in die sie sich seit einiger
Zeit genistet, auf die nächste Insel zu schlagen, wahrscheinlich in
der Absicht, gegen die Schiffbrücken bei Ginsheim etwas vorzunehmen.
Das zweite Treffen der Kette ward näher an das erste herangezogen,
und des Herzogs Regiment steht nah bei Marienborn.

Man weiß, daß beim Ausfall Nationaltruppen vorangingen, dann
Linien-, dann wieder Nationaltruppen folgten; es mag daher das
Gerücht entstanden sein, die Franzosen seien in drei Kolonnen
ausgezogen.

       *       *       *       *       *

Den 1. Juni rückte das Regiment näher nach Marienborn; der Tag ging
hin mit Veränderung des Lagers; auch die Infanterie veränderte ihre
Stellung und man traf verschiedene Verteidigungsanstalten.

Ich besuchte Rittmeister von Voß, den ich ohne Hoffnung fand; er saß
aufrecht im Bette und schien seine Freunde zu kennen, zu sprechen
vermocht' er nicht. Auf einen Wink des Chirurgen begaben wir uns weg;
und ein Freund machte mich unterwegs aufmerksam, daß vor einigen
Tagen in demselben Zimmer ein heftiger Streit entstanden, indem einer
gegen viele hartnäckig behauptet: Marienborn, als Hauptquartier,
liege viel zu nahe an der blockierten und zu belagernden Stadt, man
habe sich gar wohl eines Überfalls zu versehen.

Weil aber überhaupt eine heftige Widerrede gegen alles, was von
obenherein befohlen und veranstaltet war, zur Tagesordnung gehörte,
so ging man drüber hinaus und ließ diese Warnung, so wie manche
andere, verhallen.

Den 2. Juni ward ein Bauer aus Oberulm gehangen, der beim Überfall
die Franzosen angeführt hatte: denn ohne die genauste Kenntnis des
Terrains wäre das schlängelnde Heranziehen nicht denkbar gewesen; zum
Unglück für ihn wußte er nicht ebenso gut mit den Rückkehrenden die
Stadt zu erreichen und wurde von den ausgesandten Patrouillen, die
alles auf das sorgfältigste durchsuchten, eingefangen.

Ward Major La Viere mit allen militärischen Ehren vor den Standarten
begraben. Starb Rittmeister von Voß. Waren Prinz Ludwig, General
Kalckreuth und mehrere bei dem Herzog zur Tafel. Abends Feuern an der
Rheinspitze.

Den 3. Juni große Mittagstafel bei Herrn von Stein auf dem
Jägerhause; herrliches Wetter, unschätzbare Aussicht, ländlicher
Genuß, durch Szenen des Todes und Verderbens getrübt. Abends wurde
Rittmeister von Voß neben La Viere niedergesenkt.

Den 5. Juni. Man fährt fort, an der Verschanzung des Lagers ernstlich
zu arbeiten.

Große Attacke und Kanonade an der Mainspitze.

Den 6. Juni war die preußische und östreichische Generalität bei
Serenissimo zu Tafel, in einem großen, von Zimmerwerk zu solchen
Festen auferbauten Saale. Ein Obristlieutenant vom Regiment Wegner,
schief gegen mir über sitzend, betrachtete mich gewissermaßen mehr
als billig.

Den 7. Juni schrieb ich früh viel Briefe. Bei Tafel im Hauptquartier
schwadronierte ein Major viel über künftige Belagerung und redete
sehr frei über das Benehmen bisher.

Gegen Abend führte mich ein Freund zu jenem beobachtenden
Obristlieutenant, der vor einigen Tagen meine Bekanntschaft zu machen
gewünscht hatte. Wir fanden keine sonderliche Aufnahme; es war Nacht
geworden, es erschien keine Kerze. Selterswasser und Wein, das man
jedem Besuchenden anbot, blieb aus, die Unterhaltung war null. Mein
Freund, welcher diese Verstimmung dem Umstande zuschrieb, daß wir zu
spät gekommen, blieb nach dem Abschiede einige Schritte zurück, um
uns zu entschuldigen, jener aber versetzte zutraulich, es habe gar
nichts zu sagen: denn gestern bei Tafel habe er schon an meinen
Gesichtszügen gesehen, daß ich gar der Mann nicht sei, wie er sich
ihn vorgestellt habe. Wir scherzten über diesen verunglückten Versuch
neuer Bekanntschaft.

Den 8. Juni setzte ich meine Arbeit an 'Reineke Fuchs' fleißig fort,
ritt mit durchlauchtigstem Herzog nach dem darmstädtischen Lager, wo
ich den Herrn Landgrafen als meinen vieljährigen unabänderlich
gnädigsten Herrn mit Freuden verehrte.

Abends kam Prinz Maximilian von Zweibrücken mit Obrist von Stein zu
Serenissimo; da ward manches durchgesprochen; zuletzt kam das
offenbare Geheimnis der nächstkünftigen Belagerung an die Reihe.

Den 9. Juni glückte den Franzosen ein Ausfall auf Heiligkreuz; es
gelang ihnen, Kirche und Dorf unmittelbar vor den östreichischen
Batterien anzuzünden, einige Gefangene zu machen und sich nicht ohne
Verlust hierauf zurückzuziehen.

Den 10. Juni wagten die Franzosen einen Tagesüberfall auf
Gunzenheim, der zwar abgeschlagen ward, aber uns doch wegen des
linken Flügels, und besonders wegen des Darmstädter Lagers, einige
Zeit in Verlegenheit und Sorge setzte.

Den 11. Juni. Das Lager Ihro Majestät des Königs war nun etwa 1000
Schritte über Marienborn bestimmt und angelegt, gerade an dem
Abhange, wo der große Kessel, in welchem Mainz liegt, sich endigt, in
aufsteigenden Lehmwänden und Hügeln; dieses gab zu den anmutigsten
Einrichtungen Gelegenheit. Das leicht zu behandelnde Erdreich bot
sich den Händen geschickter Gärtner dar, welche die gefälligste
Parkanlage mit wenig Bemühung bildeten: die abhängige Seite ward
geböscht und mit Rasen belegt, Lauben gebaut, auf- und absteigende
Kommunikationsgänge gegraben, Flächen planiert, wo das Militär in
seiner ganzen Pracht und Zierlichkeit sich zeigen konnte, anstoßende
Wäldchen und Büsche mit in den Plan gezogen, so daß man bei der
köstlichsten Aussicht nichts mehr wünschen konnte, als diese
sämtlichen Räume ebenso bearbeitet zu sehen, um des herrlichsten
Parks von der Welt zu genießen. Unser Krause zeichnete sorgfältig die
Aussicht mit allen ihren gegenwärtigen Eigentümlichkeiten.

Den 14. Juni. Eine kleine Schanze, welche die Franzosen unterhalb
Weißenau errichtet hatten und besetzt hielten, stand der Eröffnung
der Parallele im Weg; sie sollte nachts eingenommen werden, und
mehrere davon unterrichtete Personen begaben sich auf diesseitigen
Schanzen unseres rechten Flügels, von wo man die ganze Lage übersehen
konnte. In der sehr finstern Nacht erwartete man nunmehr, da man die
Stelle recht gut kannte, wohin unsere Truppen gesendet waren, Angriff
und Widerstand sollten durch ein lebhaftes Feuer ein bedeutendes
Schauspiel geben. Man harrte lang, man harrte vergebens; statt dessen
gewahrte man aber eine weit lebhaftere Erscheinung. Alle Posten
unserer Stellung mußten angegriffen sein, denn in dem ganzen Kreis
derselben erblickte man ein lebhaftes Feuern, ohne daß man dessen
Veranlassung irgend begreifen konnte; auf der Stelle aber, von der
eigentlich die Rede sein sollte, blieb alles tot und stumm.
Verdrießlich gingen wir nach Hause, besonders Herr Gore, als auf
solche Feuer- und Nachtgefechte der Begierigste. Der folgende Tag
gab uns die Auflösung dieses Rätsels. Die Franzosen hatten sich
vorgenommen, in dieser Nacht alle unsere Posten anzugreifen,
und deshalb ihre Truppen aus den Schanzen weg und zum Angriff
zusammengezogen. Unsere Abgesendeten daher, die mit der größten
Vorsicht an die Schanze herangingen, fanden weder Waffen noch
Widerstand; sie erstiegen die Schanze und fanden sie leer, einen
einzigen Kanonier ausgenommen, der sich über diesen Besuch höchlich
verwunderte. Während des allgemeinen Feuerns, das nur sie nicht
betraf, hatten sie gute Zeit, die Wälle zu zerstören und sich
zurückzuziehen. Jener allgemeine Angriff hatte auch keine weitern
Folgen; die alarmierten Linien beruhigten sich wieder mit dem
Einbruch des Tags.

Den 16. Juni. Die immer besprochene und dem Feind verheimlichte
Belagerung von Mainz nahte sich denn doch endlich; man sagte sich
ins Ohr, heute nacht solle die Tranchee eröffnet werden. Es war
sehr finster, und man ritt den bekannten Weg nach der Weißenauer
Schanze; man sah nichts, man hörte nichts, aber unsere Pferde
stutzten auf einmal, und wir wurden unmittelbar vor uns einen kaum zu
unterscheidenden Zug gewahr. Östreichische, grau gekleidete Soldaten,
mit grauen Faschinen auf den Rücken, zogen stillschweigend dahin,
kaum daß von Zeit zu Zeit der Klang aneinander schlagender Schaufeln
und Hacken irgend eine nahe Bewegung andeutete. Wunderbarer und
gespensterhafter läßt sich kaum eine Erscheinung denken, die sich
halb gesehen immer wiederholte, ohne deutlicher gesehen zu werden.
Wir blieben auf dem Flecke halten, bis daß sie vorüber waren, denn
von da aus konnten wir wenigstens nach der Stelle hinsehen, wo sie im
Finstern wirken und arbeiten sollten. Da dergleichen Unternehmungen
immer in Gefahr sind, dem Feind verraten zu werden, so konnte man
erwarten, daß von den Wällen aus auf diese Gegend, und wenn auch nur
auf gut Glück, gefeuert werden würde. Allein in dieser Erwartung
blieb man nicht lange, denn gerade an der Stelle, wo die Tranchee
angefangen werden sollte, ging auf einmal Kleingewehrfeuer los, allen
unbegreiflich. Sollten die Franzosen sich herausgeschlichen, bis an
oder gar über unsere Vorposten herangewagt haben? Wir begriffen es
nicht. Das Feuern hörte auf, und alles versank in die allertiefste
Stille. Erst den andern Morgen wurden wir aufgeklärt, daß unsere
Vorposten selbst auf die still heranziehende Kolonne wie auf eine
feindliche gefeuert hatten; diese stutzte, verwirrte sich, jeder warf
seine Faschine weg, Schaufeln und Hacken wurden allenfalls gerettet;
die Franzosen, auf den Wällen aufmerksam gemacht, waren auf
ihrer Hut, man kam unverrichteter Sache zurück, die sämtliche
Belagerungsarmee war in Bestürzung.

Den 17. Juni. Die Franzosen errichten eine Batterie an der Chaussee.
Nachts entsetzlicher Regen und Sturm.

Den 18. Juni. Als man die neulich mißglückte Eröffnung der Tranchee
unter den Sachverständigen besprach, wollte sich finden, daß man viel
zu weit von der Festung mit der Anlage geblieben sei; man beschloß
daher sogleich, die dritte Parallele näher zu rücken und dadurch aus
jenem Unfall entschiedenen Vorteil zu ziehen. Man unternahm es, und
es ging glücklich vonstatten.

Den 24. Juni. Franzosen und Klubisten, wie man wohl bemerken konnte,
daß es Ernst werde, veranstalteten, dem zunehmenden Mangel an
Lebensmitteln Einhalt zu tun, eine unbarmherzige Exportation gegen
Kastel, von Greisen und Kranken, Frauen und Kindern, die ebenso
grausam wieder zurückgewiesen wurden. Die Not wehr- und hülfloser,
zwischen innere und äußere Feinde gequetschter Menschen ging über
alle Begriffe.

Man versäumte nicht, den östreichischen Zapfenstreich zu hören,
welcher alle andere der ganzen alliierten Armee übertraf.

Den 25. Juni nachmittag entstand ein heftiges, allen unbegreifliches
Kanonieren am Ende unsers linken Flügels; zuletzt klärte sich's auf,
das Feuern sei auf dem Rhein, wo die holländische Flotte vor Ihro
Majestät dem Könige manövriere; Höchstdieselben waren deshalb nach
Elfeld gegangen.

Den 27. Juni. Anfang des Bombardements, wodurch die Dechanei sogleich
angezündet war.

Nachts glückte den Unsern der Sturm auf Weißenau und die Schanze
oberhalb der Kartause, freilich unerläßliche Punkte, den rechten
Flügel der zweiten Parallele zu sichern.

Den 28. Juni nachts. Fortgesetztes Bombardement gegen den Dom; Turm
und Dach brennen ab und viele Häuser umher. Nach Mitternacht die
Jesuitenkirche.

Wir sahen auf der Schanze vor Marienborn diesem schrecklichen
Schauspiele zu; es war die sternenhellste Nacht, die Bomben schienen
mit den Himmelslichtern zu wetteifern, und es waren wirklich
Augenblicke, wo man beide nicht unterscheiden konnte. Neu war uns das
Steigen und Fallen der Feuerkugeln; denn wenn sie erst mit einem
flachen Zirkelbogen das Firmament zu erreichen drohten, so knickten
sie in einer gewissen Höhe parabolisch zusammen, und die aufsteigende
Lohe verkündigte bald, daß sie ihr Ziel zu erreichen gewußt.

Herr Gore und Rat Krause behandelten den Vorfall künstlerisch und
machten so viele Brandstudien, daß ihnen später gelang, ein
durchscheinendes Nachtstück zu verfertigen, welches noch vorhanden
ist und, wohl erleuchtet, mehr als irgend eine Wortbeschreibung die
Vorstellung einer unselig glühenden Hauptstadt des Vaterlandes zu
überliefern imstande sein möchte.

Und wie deutete nicht ein solcher Anblick auf die traurigste Lage,
indem wir, uns zu retten, uns einigermaßen wieder herzustellen, zu
solchen Mitteln greifen mußten!

Den 29. Juni. Schon längst war von einer schwimmenden Batterie die
Rede gewesen, welche, bei Ginsheim gebaut, auf den Mainkopf und die
zunächst liegenden Inseln und Auen wirken und sie besetzen sollte.
Man sprach so viel davon, daß sie endlich vergessen ward. Auf meinem
gewöhnlichen Nachmittagsritte nach unserer Schanze über Weißenau war
ich kaum dorthin gelangt, als ich auf dem Fluß eine große Bewegung
bemerkte: französische Kähne ruderten emsig nach den Inseln, und
die östreichische Batterie, angelegt, um den Fluß bis dorthin
zu bestreichen, feuerte unausgesetzt in Prellschüssen auf dem
Wasser, -- für mich ein ganz neues Schauspiel. Wie die Kugel zum
erstenmal auf das bewegliche Element aufschlug, entsprang eine
starke, sich viele Fuß in die Höhe bäumende Springwelle; diese war
noch nicht zusammengestürzt, als schon eine zweite in die Höhe
getrieben wurde, kräftig wie die erste, nur nicht von gleicher Höhe,
und so folgte die dritte, vierte, immer ferner abnehmend, bis sie
zuletzt gegen die Kähne gelangte, flächer fortwirkte und den
Fahrzeugen zufällig gefährlich ward.

An diesem Schauspiel konnt' ich mich nicht satt sehen, denn es
folgte Schuß auf Schuß, immer wieder neue mächtige Fontänen, indessen
die alten noch nicht ganz verrauscht hatten.

Auf einmal löste sich drüben auf dem rechten Ufer zwischen Büschen
und Bäumen eine seltsame Maschine los; ein vierecktes, großes, von
Balken gezimmertes Lokal schwamm daher, zu meiner großen
Verwunderung, zu meiner Freude zugleich, daß ich bei dieser
wichtigen, so viel besprochenen Expedition Augenzeuge sein sollte.
Meine Segenswünsche schienen jedoch nicht zu wirken, meine Hoffnung
dauerte nicht lange: denn gar bald drehte die Masse sich auf sich
selbst, man sah, daß sie keinem Steuerruder gehorchte, der Strom zog
sie immer im Drehen mit sich fort. Auf der Rheinschanze oberhalb
Kastel und vor derselben war alles in Bewegung, Hunderte von
Franzosen rannten am Ufer aufwärts und verführten ein gewaltiges
Jubelgeschrei, als dieses trojanische Meerpferd, fern von dem
beabsichtigten Ziel der Landspitze, durch den einströmenden Main
ergriffen und nun zwischen Rhein und Main gelassen und unaufhaltsam
dahinfuhr. Endlich zog die Strömung diese unbehülfliche Maschine
gegen Kastel, dort strandete sie ohnfern der Schiffbrücke auf einem
flachen, noch vom Fluß überströmten Boden. Hier versammelte sich nun
das sämtliche französische Kriegsvolk, und wie ich bisher mit meinem
trefflichen Fernrohr das ganze Ereignis aufs genauste beobachtet,
so sah ich nun auch, leider, die Falltüre, die diesen Raum
verschloß, niedersinken und die darin Versperrten heraus und in
die Gefangenschaft wandern. Es war ein ärgerlicher Anblick: die
Fallbrücke reichte nicht bis ans trockene Land, die kleine Garnison
mußte daher erst durchs Wasser waten, bis sie den Kreis ihrer Gegner
erreichten. Es waren vierundsechzig Mann, zwei Offiziere und zwei
Kanonen, sie wurden gut empfangen, sodann nach Mainz und zuletzt ins
preußische Lager zur Auswechselung gebracht.

Nach meiner Rückkehr verfehlte ich nicht, von diesem unerwarteten
Ereignis Nachricht zu geben; niemand wollt' es glauben, wie ich ja
selbst meinen Augen nicht getraut hatte. Zufällig befanden sich Ihro
Königliche Hoheit der Kronprinz in des Herzogs von Weimar Gezelt, ich
ward gerufen und mußte den Vorfall erzählen; ich tat es genau, aber
ungern, wohl wissend, daß man dem Boden der Hiobspost immer etwas von
der Schuld des Unglücks, das er erzählt, anzurechnen pflegt.

Unter den Täuschungen mancher Art, die uns bei unerwarteten
Vorfällen in einem ungewohnten Zustande betreffen mögen, gibt es gar
viele, gegen die man sich erst im Augenblick waffnen kann. Ich war
gegen Abend ohne den mindesten Anstoß den gewöhnlichen Fußpfad nach
der Weißenauer Schanze geritten; der Weg ging durch eine kleine
Vertiefung, wo weder Wasser noch Sumpf, noch Graben, noch irgend
ein Hindernis sich bemerken ließ; bei meiner Rückkehr war die Nacht
eingebrochen, und als ich eben in jene Vertiefung hereinreiten
wollte, sah ich gegenüber eine schwarze Linie gezogen, die sich von
dem verdüsterten braunen Erdreich scharf abschnitt. Ich mußt' es für
einen Graben halten, wie aber ein Graben in der kurzen Zeit über
meinen Weg her sollte gezogen sein, war nicht begreiflich. Mir blieb
daher nichts übrig als drauf los zu reiten.

Als ich näher kam, blieb zwar der schwarze Streif unverrückt, aber
es schien mir vor demselbigen sich einiges hin und wider zu bewegen,
bald auch ward ich angerufen und befand mich sogleich mitten unter
wohlbekannten Kavallerie-offizieren. Es war des Herzogs von Weimar
Regiment, welches, ich weiß nicht zu welchem Zwecke ausgerückt, sich
in dieser Vertiefung aufgestellt hatte, da denn die lange Linie
schwarzer Pferde mir als Vertiefung erschien, die meinen Fupfad
zerschnitt. Nach wechselseitigem Begrüßen eilte ich sodann
ungehindert zu den Zelten.

Und so war nach und nach das innere grenzenlose Unglück einer Stadt,
außen und in der Umgegend, Anlaß zu einer Lustpartie geworden.
Die Schanze über Weißenau, welche die herrlichste Übersicht
gewährte, täglich von einzelnen besucht, die sich von der Lage einen
Begriff machen und, was in dem weiten übersehbaren Kreis vorginge,
bemerken wollten, war sonn- und feiertags der Sammelplatz einer
unzählbaren Menge Landleute, die sich aus der Nachbarschaft
herbeigezogen. Dieser Schanze konnten die Franzosen wenig anhaben:
Hochschüsse waren sehr ungewiß und gingen meist drüber weg. Wenn die
Schildwache, auf der Brustwehr, hin und wider gehend, bemerkte, daß
die Franzosen das hieher gerichtete Geschütz abfeuerten, so rief sie:
"Buck!" und sodann ward von allen innerhalb der Batterie befindlichen
Personen erwartet, daß sie sich auf die Knie wie aufs Angesicht
niederwürfen, um durch die Brustwehr gegen eine niedrig ankommende
Kugel geschützt zu sein.

Nun war es sonntags und feiertags lustig anzusehen, wenn die große
Menge geputzter Bauersleute, oft noch mit Gebetbuch und Rosenkranz,
aus der Kirche kommend die Schanze füllten, sich umsahen, schwatzten
und schäkerten, auf einmal aber die Schildwache "Buck!" rief und sie
sämtlich flugs vor dieser gefährlich-hochwürdigen Erscheinung
niederfielen und ein vorüberfliegendes göttlich-sausendes Wesen
anzubeten schienen; bald aber nach geschwundener Gefahr sich wieder
aufrafften, sich wechselsweise verspotteten und bald darauf, wenn es
den Belagerten gerade beliebte, abermals niederstürzten. Man konnte
sich dieses Schauspiel sehr bequem verschaffen, wenn man sich auf der
nächsten Höhe etwas seitwärts außer der Richtung der Kugel stellte,
unter sich dieses wunderliche Gewimmel sah und die Kugel an sich
vorbeisausen hörte.

Aber eine solche über die Schanze weggehende Kugel verfehlte nicht
Zweck noch Absicht. Auf dem Rücken dieser Höhen zog sich der Weg von
Frankfurt her, so daß man die Prozession von Kutschen und Chaisen,
Reitern und Fußgängern aus Mainz sehr gut beobachten und also
zugleich die Schanze und die Wallfahrtenden in Schrecken setzen
konnte. Auch wurde bei einiger Aufmerksamkeit des Militärs der
Eintritt einer solchen Menge gar bald verboten, und die Frankfurter
nahmen einigen Umweg, auf welchem sie unbemerkt und unerreicht in das
Hauptquartier gelangten.

Ende Juni. -- In einer unruhigen Nacht unterhielt ich mich,
aufzuhorchen auf die mannigfaltigen fern und nah erregten Töne,
und konnte folgende genau unterscheiden:

  "Werda!" der Schildwache vorm Zelt.
  "Werda!" der Infanterieposten.
  "Werda!", wenn die Runde kam.
  Hin- und Widergehen der Schildwache.
  Geklappere des Säbels auf dem Sporn.
  Bellen der Hunde fern.
  Knurren der Hunde nahe.
  Krähen der Hähne.
  Scharren der Pferde.
  Schnauben der Pferde.
  Häckerlingschneiden.
  Singen, Diskurieren und Zanken der Leute.
  Kanonendonner.
  Brüllen des Rindviehs.
  Schreien der Maulesel.

       *       *       *       *       *

Lücke.

Daß eine solche hier einfällt, möchte wohl kein Wunder sein.
Jede Stunde war unglücksträchtig; man sorgte jeden Augenblick für
seinen verehrten Fürsten, für die liebsten Freunde, man vergaß an
eigene Sicherheit zu denken. Von der wilden, wüsten Gefahr angezogen,
wie von dem Blick einer Klapperschlange, stürzte man sich unberufen
in die tödlichen Räume, ging, ritt durch die Trancheen, ließ die
Haubitzgranten über dem Kopfe dröhnend zerspringen, die Trümmer neben
sich niederstürzen; manchem Schwerblessierten wünschte man baldige
Erlösung von grimmigen Leiden, und die Toten hätte man nicht ins
Leben zurückgerufen.

Wie Verteidiger und Angreifende nunmehr aber gegeneinander standen,
davon wäre im allgemeinen hier so viel zu sagen. Die Franzosen hatten
bei androhender Gefahr sich zeitig vorgesehen und vor die Hauptwerke
hinaus kleinere Schanzen kunstgemäß angelegt, um die Blockierenden in
gewisser Ferne zu halten, die Belagerung aber zu erschweren. Alle
diese Hindernisse mußten nun weggeräumt werden, wenn die dritte
Parallele eröffnet, fortgesetzt und geschlossen werden sollte, wie
im nachfolgenden einzeln aufgezeichnet ist. Wir aber indessen, mit
einigen Freunden, obgleich ohne Ordre und Beruf, begaben uns an die
gefährlichsten Posten. Weißenau war in deutschen Händen, auch die
flußabwärts liegende Schanze schon erobert; man besuchte den
zerstörten Ort, hielt in dem Gebeinhause Nachlese von krankhaften
Knochen, wovon das Beste schon in die Hände der Wundärzte mochte
gelangt sein. Indem nun aber die Kugeln der Karlsschanze immer in die
Überreste der Dächer und Gemäuer schlugen, ließen wir uns durch einen
Mann des dortigen Wachtpostens, gegen ein Trinkgeld, an eine bekannte
bedeutende Stelle führen, wo mit einiger Vorsicht gar vieles zu
übersehen war. Man ging mit Behutsamkeit durch Trümmer und Trümmer
und ward endlich eine stehen gebliebene steinerne Wendeltreppe hinauf
an das Balkonffenster eines freistehenden Giebels geführt, das
freilich in Friedenszeiten dem Besitzer die herrlichste Aussicht
gewährt haben mußte. Hier sah man den Zusammenfluß des Main- und
Rheinstroms, und also die Main- und Rheinspitze, die Blei-Au, das
befestigte Kastel, die Schiffbrücke und am linken Ufer sodann die
herrliche Stadt: zusammengebrochene Turmspitzen, lückenhafte Dächer,
rauchende Stellen untröstlichen Anblicks.

Unser Führer hieß bedächtig sein, nur einzeln um die Fensterpfosten
herumschauen, weil von der Karlsschanze her gleich eine Kugel würde
geflogen kommen, und er Verdruß hätte, solche veranlaßt zu haben.

Nicht zufrieden hiermit schlich man weiter gegen das Nonnenkloster,
wo es freilich auch wild genug aussah, wo unten in den Gewölben für
billiges Geld Wein geschenkt wurde, indes die Kugeln von Zeit zu
Zeit rasselnde Dächer durchlöcherten.

Aber noch weiter trieb der Vorwitz; man kroch in die letzte Schanze
des rechten Flügels, die man unmittelbar über den Ruinen der
Favorite und der Kartause tief ins Glacis der Festung eingegraben
hatte und nun hinter einem Bollwerk von Schanzkörben auf ein paar
hundert Schritte Kanonenkugeln wechselte; wobei es denn freilich
darauf ankam, wer dem andern zuerst Schweigen aufzulegen das Glück
hatte.

Hier fand ich es nun, aufrichtig gestanden, heiß genug, und man nahm
sich's nicht übel, wenn irgend eine Anwandlung jenes Kanonenfiebers
sich wieder hervortun wollte; man drückte sich nun zurück, wie man
gekommen war, und kehrte doch, wenn es Gelegenheit und Anlaß gab,
wieder in gleiche Gefahr.

Bedenkt man nun, daß ein solcher Zustand, wo man sich, die Angst zu
übertäuben, jeder Vernichtung aussetzte, bei drei Wochen dauerte, so
wird man uns verzeihen, wenn wir über diese schrecklichen Tage wie
über einen glühenden Boden hinüber zu eilen trachten.

       *       *       *       *       *

Den 1. Juli war die dritte Parallele in Tätigkeit und sogleich die
Bocksbatterie bombardiert.

Den 2. Juli. Bombardement der Zitadelle und Karlsschanze.

Den 3. Juli. Neuer Brand in der Sankt-Sebastians-Kapelle; benachbarte
Häuser und Paläste gehen in Flammen auf.

Den 6. Juli. Die sogenannte Klubistenschanze, welche den rechten
Flügel der dritten Parallele nicht zustande kommen ließ, mußte
weggenommen werden; allein man verfehlte sie und griff vorliegende
Schanzen des Hauptwalles an, da man denn freilich zurückgeschlagen
wurde.

Den 7. Juli. Endliche Behauptung dieses Terrains; Kostheim wird
angegriffen, die Franzosen geben es auf.

       *       *       *       *       *

Den 13. Juli nachts. Das Rathaus und mehrere öffentliche Gebäude
brennen ab.

Den 14. Juli. Stillstand auf beiden Seiten, Freuden- und Feiertag;
der Franzosen, wegen der in Paris geschlossenen Nationalkonföderation,
der Deutschen, wegen Eroberung von Conde; bei den letzten Kanonen- und
Kleingewehrfeuer, bei jenen ein theatralisches Freiheitsfest, wovon
man viel zu hören hatte.

Nachts vom 14. zum 15. Juli. Die Franzosen werden aus einer Batterie
vor der Karlsschanze getrieben; fürchterliches Bombardement.
Von der Mainspitze über den Main brachte man das Benediktinerkloster
auf der Zitadelle in Flammen. Auf der andern Seite entzündet sich das
Laboratorium und fliegt in die Luft. Fenster, Läden und Schornsteine
dieser Stadtseite brechen ein und stürzen zusammen.

Am 15. Juli besuchten wir Herrn Gore in Klein-Wintersheim und fanden
Rat Krause beschäftigt, ein Bildnis des werten Freundes zu malen,
welches ihm gar wohl gelang. Herr Gore hatte sich stattlich
angezogen, um bei fürstlicher Tafel zu erscheinen, wenn er vorher
sich in der Gegend abermals würde umgeschaut haben. Nun saß er,
umgeben von allerlei Haus- und Feldgerät, in der Bauernkammer eines
deutschen Dörfchens, auf einer Kiste, den angeschlagenen Zuckerhut
auf einem Papiere neben sich; er hielt die Kaffeetasse in der einen,
die silberne Reißfeder, statt des Löffelchens, in der andern Hand;
und so war der Engländer der ganz anständig und behaglich auch in
einem schlechten Kantonierungsquartier vorgestellt, wie er uns noch
täglich zu angenehmer Erinnerung vor Augen steht.

Wenn wir nun dieses Freundes allhier gedenken, so verfehlen wir
nicht, etwas mehreres über ihn zu sagen. Er zeichnete sehr glücklich
in der Camera obscura und hatte, Land und See bereisend, sich auf
diese Weise die schönsten Erinnerungen gesammelt. Nun konnte er, in
Weimar wohnhaft, angewohnter Beweglichkeit nicht entsagen, blieb
immer geneigt, kleine Reisen vorzunehmen, wobei ihn denn gewöhnlich
Rat Krause zu begleiten pflegte, der mit leichter, glücklicher
Fassungsgabe die vorstehenden Landschaften zu Papier brachte,
schattierte, färbte, und so arbeiteten beide um die Wette.

Die Belagerung von Mainz, als ein seltener, wichtiger Fall, wo das
Unglück selbst malerisch zu werden versprach, lockte die beiden
Freunde gleichfalls nach dem Rhein, wo sie sich keinen Augenblick
müßig verhielten.

Und so begleiteten sie uns denn auch auf einem Gefahrzug nach
Weißenau, wo sich Herr Gore ganz besonders gefiel. Wir besuchten
abermals den Kirchhof, in Jagd auf pathologische Knochen; ein Teil
der nach Mainz gewendeten Mauer war eingeschossen, man sah über
freies Feld nach der Stadt. Kaum aber merkten die auf den Wällen
etwas Lebendiges in diesem Raume, so schossen sie mit Prellschüssen
nach der Lücke; nun sah man die Kugel mehrmals aufspringen und
Staub erregend herankommen, da man sich denn zuletzt hinter die
stehengebliebene Mauer oder in das Gebeingewölbe zu retten wußte
und der den Kirchhof durchrollenden Kugel heiter nachschaute.

Die Wiederholung eines solchen Vergnügens schien dem Kammerdiener
bedenklich, der, um Leben und Glieder seines alten Herrn besorgt,
uns allen ins Gewissen sprach und die kühne Gesellschaft zum Rückzug
nötigte.

Der 16. Juli war mir ein bänglicher Tag, und zwar bedrängte mich die
Aussicht auf die nächste, meinen Freunden gefährliche Nacht; damit
verhielt es sich aber folgendermaßen. Eine der vorgeschobenen kleinen
feindlichen Schanzen, vor der sogenannten Welschen Schanze, leistete
völlig ihre Pflicht; sie war das größte Hindernis unserer vordern
Parallele und mußte, was es auch kosten möchte, weggenommen werden.
Dagegen war nun nichts zu sagen, allein es zeigte sich ein
bedenklicher Umstand. Auf Nachricht, oder Vermutung: die Franzosen
ließen hinter dieser Schanze und unter dem Schutz der Festung
Kavallerie kampieren, wollte man zu diesem Aus- und Überfalle auch
Kavallerie mitnehmen. Was das heiße: aus der Tranchee heraus,
unmittelbar vor den Kanonen der Schanze und der Festung, Kavallerie
zu entwickeln und sich, in düsterer Nacht, damit auf dem feindlich
besetzten Glacis herumzutummeln, wird jedermann begreiflich finden;
mir aber war es höchst bänglich, Herrn von Oppen, als den Freund, der
mir vom Regiment zunächst anlag, dazu kommandiert zu wissen. Gegen
Einbruch der Nacht mußte jedoch geschieden sein, und ich eilte zur
Schanze Nr. 4, wo man jene Gegend ziemlich im Auge hatte. Daß es
losbrach und hitzig zuging, ließ sich wohl aus der Ferne bemerken,
und daß mancher wackere Mann nicht zurückkehren würde, war
vorauszusehen.

Indessen verkündigte der Morgen, die Sache sei gelungen, man habe
die Schanze erobert, geschleift und sich ihr gegenüber gleich so
festgesetzt, daß ihre Wiederherstellung dem Feinde wohl unmöglich
bleiben sollte. Freund Oppen kehrte glücklich zurück; die Vermißten
gingen mich so nah nicht an; nur bedauerten wir den Prinzen
Ludwig, der als kühner Anführer eine, wo nicht gefährliche, doch
beschwerliche Wunde davontrug und in einem solchen Augenblick den
Kriegsschauplatz sehr ungern verließ.

Den 17. Juli ward nun derselbe zu Schiffe nach Mannheim gebracht;
der Herzog von Weimar bezog dessen Quartier im Chauseehause; es war
kein anmutigerer Aufenthalt zu denken.

Nach herkömmlicher Ordnungs- und Reinlichkeitsliebe ließ ich den
schönen Platz davor kehren und reinigen, der bei dem schnellen
Quartierwechsel mit Stroh und Spänen und allerlei Abwürflingen eines
eilig verlassenen Kantonnements übersäet war.

Den 18. Juli nachmittags auf große, fast unerträgliche Hitze
Donnerwetter, Sturm und Regenguß, dem Allgemeinen erquicklich, den
Eingegrabenen als solchen freilich sehr lästig.

Der Kommandant tut Vergleichsvorschläge, welche zurückgewiesen
werden.

Den 19. Juli. Das Bombardement geht fort, die Rheinmühlen werden
beschädigt und unbrauchbar gemacht.

Den 20. Juli. Der Kommandant General d'Oyré überschickt eine
Punktation, worüber verhandelt wird.

Nachts vom 21. auf den 22. Juli. Heftiges Bombardement, die
Dominikanerkirche geht in Flammen auf, dagegen fliegt ein preußisches
Laboratorium in die Luft.

Den 22. Juli. Als man vernahm, der Stillstand sei wirklich
geschlossen, eilte man nach dem Hauptquartier, um die Ankunft des
französischen Kommandanten d'Oyré zu erwarten. Er kam: ein großer
wohlgebauter, schlanker Mann von mittlern Jahren, sehr natürlich in
seiner Haltung und Betragen. Indessen die Unterhaltung im Innern
vorging, waren wir alle aufmerksam und hoffnungsvoll; da es aber
ausgesprochen ward, daß man einig geworden und die Stadt den
folgenden Tag übergeben werden sollte, da entstand in mehreren das
wunderbare Gefühl einer schnellen Entledigung von bisherigen Lasten,
von Druck und Bangigkeit, daß einige Freunde sich nicht erwehren
konnten, aufzusitzen und gegen Mainz zu reiten. Unterwegs holten wir
Sömmerring ein, der gleichfalls mit einem Gesellen nach Mainz eilte,
freilich auf stärkere Veranlassung als wir, aber doch auch die Gefahr
einer solchen Unternehmung nicht achtend. Wir sahen den Schlagbaum
des äußersten Tores von fern und hinter demselben eine große Masse
Menschen, die sich dort auflehnten und andrängten. Nun sahen wir
Wolfsgruben vor uns, allein unsere Pferde, dergleichen schon gewohnt,
brachten uns glücklich zwischen durch. Wir ritten unmittelbar bis vor
den Schlagbaum; man rief uns zu: was wir brächten? Unter der Menge
fanden sich wenig Soldaten, alles Bürger, Männer und Frauen; unsere
Antwort, daß wir Stillstand und wahrscheinlich morgen Freiheit und
Öffnung versprächen, wurde mit lautem Beifall aufgenommen. Wir gaben
einander wechselsweise so viel Aufklärung, als einem jeden beliebte,
und als wir eben von Segenswünschen begleitet wieder umkehren
wollten, traf Sömmering ein, der sein Gespräch an das unsrige
knüpfte, bekannte Gesichter fand, sich vertraulicher unterhielt und
zuletzt verschwand, ehe wir's uns versahen; wir aber hielten für
Zeit, umzukehren.

Gleiche Begierde, gleiches Bestreben fühlten eine Anzahl
Ausgewanderte, welche, mit Viktualien versehen, erst in die
Außenwerke, dann in die Festung selbst einzudringen verstanden,
um die Zurückgelassenen wieder zu umarmen und zu erquicken. Wir
begegneten mehreren solcher leidenschaftlichen Wanderer, und es
mochte dieser Zustand so heftig werden, daß endlich, nach
verdoppelten Posten, das strengste Verbot ausging, den Wällen sich
zu nähern; die Kommunikation war auf einmal unterbrochen.

Am 23. Juli. Dieser Tag ging hin unter Besetzung der Außenwerke
sowohl von Mainz als von Kastel. In einer leichten Chaise machte ich
eine Spazierfahrt, in einem so engen Kreis um die Stadt, als es die
ausgesetzten Wachen erlauben wollten. Man besuchte die Trancheen und
besah sich die nach erreichtem Zweck verlassene unnütze Erdarbeit.

Als ich zurückfuhr, rief mich ein Mann mittleren Alters an und bat
mich, seinen Knaben von ungefähr acht Jahren, den er an der Hand mit
fortschleppte, zu mir zu nehmen. Er war ein ausgewanderter Mainzer,
welcher, mit großer Hast und Lust seinen bisherigen Aufenthalt
verlassend, herbeilief, den Auszug der Feinde triumphierend
anzusehen, sodann aber den zurückgelassenen Klubisten Tod und
Verderben zu bringen schwor. Ich redete ihm begütigende Worte zu und
stellte ihm vor: daß die Rückkehr in einen friedlichen und häuslichen
Zustand nicht mit neuem bürgerlichen Krieg, Haß und Rache müsse
verunreinigt werden, weil sich das Unglück ja sonst verewige. Die
Bestrafung solcher schuldigen Menschen müsse man den hohen Alliierten
und dem wahren Landesherrn nach seiner Rückkehr überlassen, und was
ich sonst noch Besänftigendes und Ernstliches anführte; wozu ich ein
Recht hatte, indem ich das Kind in den Wagen nahm und beide mit einem
Trunk guten Weins und Bretzeln erquickte. An einem abgeredeten Ort
setzt' ich den Knaben nieder, da sich denn der Vater schon von weitem
zeigte und mit dem Hut mir tausend Dank und Segen zuwinkte.

Den 24. Juli. Der Morgen ging ziemlich ruhig hin, der Ausmarsch
verzögerte sich, es sollten Geldangelegenheiten sein, die man so bald
nicht abtun könne. Endlich zu Mittag, als alles bei Tisch und Topf
beschäftigt und eine große Stille im Lager sowie auf der Chaussee
war, fuhren mehrere dreispännige Wagen, in einiger Ferne voneinander,
sehr schnell vorbei, ohne daß man sich's versah und darüber nachsann;
doch bald verbreitete sich das Gerücht: auf diese kühne und kluge
Weise hätten mehrere Klubisten sich gerettet. Leidenschaftliche
Personen behaupteten, man müsse nachsetzen, andere ließen es beim
Verdruß bewenden, wieder andere wollten sich verwundern: daß auf dem
ganzen Wege keine Spur von Wache, noch Pikett, noch Aufsicht
erscheine; woraus erhelle, sagten sie, daß man von oben herein durch
die Finger zu sehen und alles, was sich ereignen könnte, dem Zufall
zu überlassen geneigt sei.

Diese Betrachtungen jedoch wurden durch den wirklichen Auszug
unterbrochen und umgestimmt. Auch hier kamen mir und Freunden die
Fenster des Chausseehauses zustatten. Den Zug sahen wir in aller
seiner Feierlichkeit herankommen. Angeführt durch preußische
Reiterei, folgte zuerst die französische Garnison. Seltsamer war
nichts, als wie sich dieser Zug ankündigte; eine Kolonne Marseiller,
klein, schwarz, buntscheckig, lumpig gekleidet, trappelten heran, als
habe der König Edwin seinen Berg aufgetan und das muntere Zwergenheer
ausgesendet. Hierauf folgten regelmäßigere Truppen, ernst und
verdrießlich, nicht aber etwa niedergeschlagen oder beschämt. Als die
merkwürdigste Erscheinung dagegen mußte jedermann auffallen, wenn die
Jäger zu Pferd heraufritten; sie waren ganz still bis gegen uns
herangezogen, als ihre Musik den Marseiller Marsch anstimmte. Dieses
revolutionäre _Te Deum_ hat ohnehin etwas Trauriges, Ahndungsvolles,
wenn es auch noch so mutig vorgetragen wird; diesmal aber nahmen sie
das Tempo ganz langsam, dem schleichenden Schritt gemäß, den sie
ritten. Es war ergreifend und durchtbar und ein ernster Anblick, als
die Reitenden, lange hagere Männer von gewissen Jahren, die Miene
gleichfalls jenen Tönen gemäß, heranrückten; einzeln hätte man sie
dem Don Quichote vergleichen können, in Masse erschienen sie höchst
ehrwürdig.

Bemerkenswert war nun ein einzelner Trupp, die französischen
Kommissarien. Merlin von Thionville in Husarentracht, durch wilden
Bart und Blick sich auszeichnend, hatte eine andere Figur in gleichem
Kostüm links neben sich; das Volk rief mit Wut den Namen eines
Klubisten und bewegte sich zum Anfall. Merlin hielt an, berief sich
auf seine Würde eines französischen Repräsentanten, auf die Rache,
die jeder Beleidigung folgen sollte: er wolle raten, sich zu mäßigen,
denn es sei das letztemal nicht, daß man ihn hier sehe. Die Menge
stand betroffen, kein einzelner wagte sich vor. Er hatte einige
unserer dastehenden Offiziere angesprochen und sich auf das Wort des
Königs berufen, und so wollte niemand weder Angriff noch Verteidigung
wagen; der Zug ging unangetastet vorbei.

Den 25. Juli. Am Morgen dieses Tags bemerkt' ich, daß leider abermals
keine Anstalten auf der Chaussee und in deren Nähe gemacht waren,
um Unordnungen zu verhüten. Sie schienen heute um so nötiger, als
die armen ausgewanderten, grenzenlos unglücklichen Mainzer, von
entfernteren Orten her nunmehr angekommen, scharenweis die Chaussee
umlagerten, mit Fluch- und Racheworten das gequälte und geängstigte
Herz erleichternd. Die gestrige Kriegslist der Entwischenden gelang
daher nicht wieder. Einzelne Reisewagen rannten abermals eilig die
Straße hin, überall aber hatten sich die Mainzer Bürger in die
Chausseegraben gelagert, und wie die Flüchtigen einem Hinterhalt
entgingen fielen sie in die Hände des andern. Der Wagen ward
angehalten, fand man Franzosen oder Französinnen, so ließ man sie
entkommen, wohlbekannte Klubisten keineswegs.

Ein sehr schöner dreispänniger Reisewagen rollt daher, eine
freundliche junge Dame versäumt nicht, sich am Schlage sehen zu
lassen und hüben und drüben zu grüßen; aber dem Postillion fällt man
in die Zügel, der Schlag wird eröffnet, ein Erz-klubist an ihrer
Seite sogleich erkannt. Zu verkennen war er freilich nicht, kurz
gebaut, dicklich, breiten Angesichts, blatternarbig. Schon ist er bei
den Füßen herausgerissen; man schließt den Schlag und wünscht der
Schönheit glückliche Reise. Ihn aber schleppt man auf den nächsten
Acker, zerstößt und zerprügelt ihn fürchterlich; alle Glieder seines
Leibes sind zerschlagen, sein Gesicht unkenntlich. Eine Wache nimmt
sich endlich seiner an, man bringt ihn in ein Bauernhaus, wo er auf
Stroh liegend zwar vor Tätlichkeiten seiner Stadtfeinde, aber nicht
vor Schimpf, Schadenfreude und Schmähen geschützt war. Doch auch
damit ging es am Ende so weit, daß der Offizier niemand mehr
hineinließ; auch mich, dem er es als einem Bekannten nicht
abgeschlagen hätte, dringend bat: ich möchte diesem traurigsten und
ekelhaftesten aller Schauspiele entsagen.

Zum 25. Juli. Auf dem Chausseehause beschäftigte uns nun der fernere
regelmäßige Auszug der Franzosen. Ich stand mit Herrn Gore daselbst
am Fenster, unten versammelte sich eine große Menge; doch auf dem
geräumigen Platze konnte dem Beobachtenden nichts entgehen.

Infanterie, muntere wohlgebildete Linientruppen, kamen nun heran;
Mainzer Mädchen zogen mit ihnen aus, teils nebenher, teils
innerhalb der Glieder. Ihre eigenen Bekannten begrüßten sie nun mit
Kopfschütteln und Spottreden: "Ei, Jungfer Lieschen, will Sie sich
auch in der Welt umsehen?" und dann: "Die Sohlen sind noch neu, sie
werden bald durchgelaufen sein!" ferner: "Hat Sie auch in der Zeit
Französisch gelernt? -- Glück auf die Reise!" und so ging es
immerfort durch diese Zungenruten; die Mädchen aber schienen alle
heiter und getrost, einige wünschten ihren Nachbarinnen wohl zu
leben, die meisten waren still und sahen ihre Liebhaber an.

Indessen war das Volk sehr bewegt, Schimpfreden wurden ausgestoßen,
von Drohungen heftig begleitet. Die Weiber tadelten an den Männern,
daß man diese Nichtswürdigen so vorbeilasse, die in ihrem Bündelchen
gewiß manches von Hab und Gut eines echten Mainzer Bürgers mit sich
schleppten, und nur der ernste Schritt des Militärs, die Ordnung
durch nebenhergehende Offiziere erhalten, hinderte einen Ausbruch;
die leidenschaftliche Bewegung war furchtbar.

Gerade in diesem gefährlichsten Momente erschien ein Zug, der sich
gewiß schon weit hinweggewünscht hatte. Ohne sonderliche Bedeckung
zeigte sich ein wohlgebildeter Mann zu Pferde, dessen Uniform
nicht gerade einen Militär ankündigte, an seiner Seite ritt in
Mannskleidern ein wohlgebautes und sehr schönes Frauenzimmer, hinter
ihnen folgten einige vierzpännige Wagen mit Kisten und Kasten
bepackt; die Stille war ahndungsvoll. Auf einmal rauscht' es im Volke
und rief: "Haltet ihn an! Schlagt ihn tot! Das ist der Spitzbube von
Architekten, der erst die Domdechanei geplündert und nachher selbst
angezündet hat!" es kam auf einen einzigen entschlossenen Menschen
an, und es war geschehen.

Ohne Weiteres zu überlegen, als daß der Burgfriede vor des Herzogs
Quartier nicht zuletzt werden dürfe, mit dem blitzschnellen
Gedanken, was der Fürst und General bei seiner Nachhausekunft sagen
würde, wenn er über die Trümmer einer solchen Selbsthülfe kaum seine
Tür erreichen könnte, sprang ich hinunter, hinaus und rief mit
gebietender Stimme: "Halt!"

Schon hatte sich das Volk näher herangezogen; zwar den Schlagbaum
unterfing sich niemand herabzulassen, der Weg aber selbst war von der
Menge versperrt. Ich wiederholte mein "Halt!" und die vollkommenste
Stille trat ein. Ich fuhr darauf stark und heftig sprechend fort:
hier sei das Quartier des Herzogs von Weimar, der Platz davor sei
heilig; wenn sie Unfug treiben und Rache üben wollten, so fänden sie
noch Raum genug. Der König habe freien Auszug gestattet, wenn er
diesen hätte bedingen und gewisse Personen ausnehmen wollen, so würde
er Aufseher angestellt, die Schuldigen zurückgewiesen oder gefangen
genommen haben; davon sei aber nichts bekannt, keine Patrouille zu
sehen. Und sie, wer und wie sie hier auch seien, hätten, mitten in
der deutschen Armee, keine andere Rolle zu spielen, als ruhige
Zuschauer zu bleiben; ihr Unglück und ihr Haß gebe ihnen hier kein
Recht, und ich litte ein für allemal an dieser Stelle keine
Gewalttätigkeit.

Nun staunte das Volk, war stumm, dann wogt' es wieder, brummte,
schalt; einzelne wurden heftig, ein paar Männer drangen vor, den
Reitenden in die Zügel zu fallen. Sonderbarerweise war einer davon
jener Perückenmacher, den ich gestern schon gewarnt, indem ich ihm
Gutes erzeigte. -- "Wie!" rief ich ihm entgegen, "habt Ihr schon
vergessen, was wir gestern zusammen gesprochen? Habt Ihr nicht
darüber nachgedacht, daß man durch Selbstrache sich schuldig macht,
daß man Gott und seinen Oberen die Strafe der Verbrecher überlassen
soll, wie man ihnen das Ende dieses Elends zu bewirken auch
überlassen mußte", und was ich sonst noch kurz und bündig, aber laut
und heftig sprach.

Der Mann, der mich gleich erkannte, trat zurück, das Kind schmiegte
sich an den Vater und sah freundlich zu mir herüber; schon war das
Volk zurückgetreten und hatte den Platz freier gelassen, auch der Weg
durch den Schlagbaum war wieder offen. Die beiden Figuren zu Pferde
wußten sich kaum zu benehmen. Ich war ziemlich weit in den Platz
hereingetreten; der Mann ritt an mich heran und sagte: er wünsche
meinen Namen zu wissen, zu wissen, wem er einen so großen Dienst
schuldig sei, er werde es zeitlebens nicht vergessen und gern
erwidern. Auch das schöne Kind näherte sich mir und sagte das
Verbindlichste. Ich antwortete, daß ich nichts als meine Schuldigkeit
getan und die Sicherheit und Heiligkeit dieses Platzes behauptet
hätte; ich gab einen Wink, und sie zogen fort. Die Menge war nun
einmal in ihrem Rachesinn irre gemacht, sie blieb stehen; dreißig
Schritte davon hätte sie niemand gehindert. So ist's aber in der
Welt: wer nur erst über einen Anstoß hinaus ist, kommt über tausend.
_Chi scampa d'un punto, scampa di mille._

Als ich nach meiner Expedition zu Freund Gore hinaufkam, rief er mir
in seinem Englisch-Französisch entgegen: "Welche Fliege sticht Euch,
Ihr habt Euch in einen Handel eingelassen, der übel ablaufen
konnte."

"Dafür war mir nicht bange", versetzte ich; "und findet Ihr nicht
selbst hübscher, daß ich Euch den Platz vor dem Hause so rein
gehalten habe? Wie säh' es aus, wenn das nun alles voll Trümmer läge,
die jedermann ärgerten, leidenschaftlich aufregten und niemand
zugute kämen? mag auch jener den Besitz nicht verdienen, den er
wohlbehaglich fortgeschleppt hat!"

Indessen aber ging der Auszug der Franzosen gelassen unter unserm
Fenster vorbei; die Menge, die kein Interesse weiter daran fand,
verlief sich; wer es möglich machen konnte, suchte sich einen Weg, um
in die Stadt zu schleichen, die Seinigen und was von ihrer Habe
allenfalls gerettet sein konnte, wiederzufinden und sich dessen zu
erfreuen. Mehr aber trieb sie die höchst verzeihliche Wut, ihre
verhaßten Feinde, die Klubisten und Komitisten, zu strafen, zu
vernichten, wie sie mitunter bedrohlich genug ausriefen.

Indessen konnte sich mein guter Gore nicht zufrieden geben, daß
ich, mit eigener Gefahr, für einen unbekannten, vielleicht
verbrecherischen Menschen so viel gewagt habe. Ich wies ihn immer
scherzhaft auf den reinen Platz vor dem Hause und sagte zuletzt
ungeduldig: "Es liegt nun einmal in meiner Natur: ich will lieber
eine Ungerechtigkeit begehen, als Unordnung ertragen."

Den 26. und 27. Juli. Den 26. gelang es uns schon, mit einigen
Freunden zu Pferd in die Stadt einzudringen; dort fanden wir
den bejammernswertesten Zustand. In Schutt und Trümmer war
zusammengestürzt, was Jahrhunderten aufzubauen gelang, wo in der
schönsten Lage der Welt Reichtümer von Provinzen zusammenflossen und
Religion das, was ihre Diener besaßen, zu befestigen und zu vermehren
trachtete. Die Verwirrung, die den Geist ergriff, war höchst
schmerzlich, viel trauriger, als wäre man in eine durch Zufall
eingeäscherte Stadt geraten.

Bei aufgelöster polizeilicher Ordnung hatte sich zum traurigen
Schutt noch aller Unrat auf den Straßen gesammelt; Spuren der
Plünderung ließen sich bemerken in Gefolg innerer Feindschaft.
Hohe Mauern drohten den Einsturz, Türme standen unsicher, und was
bedarf es einzelner Beschreibungen, da man die Hauptgebäude
nacheinander genannt, wie sie in Flammen aufgingen. Aus alter
Vorliebe eilte ich zur Dechanei, die mir noch immer als ein kleines
architektonisches Paradies vorschwebte; zwar stand die Säulenvorhalle
mit ihrem Giebel noch aufrecht, aber ich trat nur zu bald über den
Schutt der eingestürzten schöngewölbten Decken; die Drahtgitter
lagen mir im Wege, die sonst netzweise von oben erleuchtende Fenster
schützten; hie und da war noch ein Rest alter Pracht und Zierlichkeit
zu sehen, und so lag denn auch diese Musterwohnung für immer
zerstört. Alle Gebäude des Platzes umher hatten dasselbige Schicksal;
es war die Nacht vom 27. Juni, wo der Untergang dieser Herrlichkeiten
die Gegend erleuchtete.

Hierauf gelangt' ich in die Gegend des Schlosses, dem sich niemand
zu nähern wagte. Außen angebrachte bretterne Angebäude deuteten auf
die Verunreinigung jener fürstlichen Wohnung; auf dem Platze davor
standen, gedrängt ineinander geschoben, unbrauchbare Kanonen, teils
durch den Feind, teils durch eigene hitzige Anstrengung zerstört.

Wie nun von außen her durch feindliche Gewalt so manches herrliche
Gebäude mit seinem Inhalt vernichtet worden, so war auch innerlich
vieles durch Roheit, Frevel und Mutwillen zugrunde gerichtet.
Der Palast Ostheim stand noch in seiner Integrität, allein
zur Schneiderherberge, zu Einquartierungs- und Wachstuben
verwandelt -- eine Umkehrung, verwünscht anzusehen! Säle voll Lappen
und Fetzen, dann wieder die gips-marmornen Wände mit Haken und großen
Nägeln zerspengt, Gewehre dort aufgehangen und umher gestellt.

Das Akademiegebäude nahm sich von außen noch ganz freundlich aus,
nur eine Kugel hatte im zweiten Stock ein Fenstergewände von
Sömmerrings Quartier zersprengt. Ich fand diesen Freund wieder
daselbst, ich darf nicht sagen eingezogen, denn die schönen Zimmer
waren durch die wilden Gäste aufs schlimmste behandelt. Sie hatten
sich nicht begnügt, die blauen reinlichen Papiertapeten, so weit sie
reichen konnten, zu verderben; Leitern, oder übereinander gestellte
Tische und Stühle mußten sie gebraucht haben, um die Zimmer bis an
die Decke mit Speck oder sonstigen Fettigkeiten zu besudeln. Es
waren dieselbigen Zimmer, wo wir vorm Jahr so heiter und traulich
zu wechselseitigem Scherz und Belehrung freundschaftlich beisammen
gesessen. Indes war bei diesem Unheil doch auch noch etwas
Tröstliches zu zeigen; Sömmerring hatte seinen Keller uneröffnet und
seine dahin geflüchteten Präparate durchaus unbeschädigt gefunden.
Wir machten ihnen einen Besuch, wogegen sie uns zu belehrendem
Gespräch Anlaß gaben.

Eine Proklamation des neuen Gouverneurs hatte man ausgegeben. Ich
fand sie in eben dem Sinne, ja fast mit den gleichen Worten meiner
Anmahnung an jenen ausgewanderten Perückenmacher; alle Selbsthülfe
war verboten; dem zurückkehrenden Landesherrn allein sollte das
Recht zustehen, zwischen guten und schlechten Bürgern den Unterschied
zu bezeichnen. Sehr notwendig war ein solcher Erlaß, denn bei der
augenblicklichen Auflösung, die der Stillstand vor einigen Tagen
verursachte, drangen die kühnsten Ausgewanderten in die Stadt und
veranlaßten selbst die Plünderung der Klubistenhäuser, indem sie die
hereinziehenden Belagerungssoldaten anführten und aufregten. Jene
Verordnung war mit den mildesten Ausdrücken gefaßt, um, wie billig,
den gerechten Zorn der grenzenlos beleidigten Menschen zu schonen.

Wie schwer ist es, eine bewegte Menge wieder zur Ruhe zu bringen!
Auch noch in unserer Gegenwart geschahen solche Unregelmäßigkeiten.
Der Soldat ging in einen Laden, verlangte Tabak, und indem man ihn
abwog, bemächtigte er sich des Ganzen. Auf das Zetergeschrei der
Bürger legten sich unsere Offiziere ins Mittel, und so kam man über
eine Stunde, über einen Tag der Unordnung und Verwirrung hinweg.

Auf unseren Wanderungen fanden wir eine alte Frau an der Türe eines
niedrigen, fast in die Erde gegrabenen Häuschens. Wir verwunderten
uns, daß sie schon wieder zurückgekehrt, worauf wir vernahmen, daß
sie gar nicht ausgewandert, ob man ihr gleich zugemutet, die Stadt zu
verlassen. "Auch zu mir", sagte sie, "sind die Hanswürste gekommen
mit ihren bunten Schärpen, haben mir befohlen und gedroht; ich habe
ihnen aber tüchtig die Wahrheit gesagt: Gott wird mich arme Frau in
dieser meiner Hütte lebendig und in Ehren erhalten, wenn ich euch
schon längst in Schimpf und Schande sehen werde. Ich hieß sie mit
ihren Narreteien weiter gehen. Sie fürchteten, mein Geschrei möchte
die Nachbarn aufregen, und ließen mich in Ruhe. Und so hab' ich die
ganze Zeit teils im Keller, teils im Freien zugebracht, mich von
wenigem genährt, und lebe noch Gott zu Ehren; jenen aber wird es
schlecht ergehen."

Nun deutete sie uns auf ein Eckhaus gegenüber, um zu zeigen, wie nahe
die Gefahr gewesen. Wir konnten in das untere Eckzimmer eines
ansehnlichen Gebäude hineinschauen, das war ein wunderlicher Anblick!
Hier hatte seit langen Jahren eine alte Sammlung von Kuriositäten
gestanden, Figuren von Porzellain und Bildstein, chinesische Tassen,
Teller, Schüsseln und Gefäße; an Elfenbein und Bernstein mocht'
es auch nicht gefehlt haben, so wie an anderem Schnitz- und
Drechselwerk, aus Moos, Stroh und sonst zusammengesetzten Gemälden
und was man sich in einer solchen Sammlung denken mag. Das alles war
nur aus den Trümmern zu schließen: denn eine Bombe, durch alle
Stockwerke durchschlagend, war in diesem Raume geplatzt; die
gewaltsame Luftausdehnung, indem sie inwendig alles von der Stelle
warf, schlug die Fenster herauswärts, mit ihnen die Drahtgitter,
die sonst das Innere schirmten und nun zwischen den eisernen
Stangengittern bauchartig herausgebogen erschienen. Die gute Frau
versicherte, daß sie bei dieser Explosion selbst mit unterzugehen
geglaubt habe.

Wir fanden unser Mittagsmahl an einer großen Wirtstafel; bei vielen
Hin- und Widerreden schien uns das beste, zu schweigen. Wundersam
genug fiel es aber auf, daß man von den gegenwärtigen Musikanten den
Marseiller Marsch und das _Ça ira_ verlangte; alle Gäste schienen
einzustimmen und erheitert.

Bei unserm folgenden Hin- und Herwandern wußten wir den Platz, wo die
Favorite gestanden, kaum zu unterscheiden. Im August vorigen Jahrs
erhub sich hier noch ein prächtiger Gartensaal; Terrassen, Orangerie,
Springwerke machten diesen unmittelbar am Rhein liegenden Lustort
höchst vergnüglich. Hier grünten die Alleen, in welchen, wo der
Gärtner mir erzählte, sein gnädigster Kurfürst die höchsten Häupter
mit allem Gefolge an unübersehbaren Tafeln bewirtet; und was der gute
Mann nicht alles von damastnen Gedecken, Silberzeug und Geschirr zu
erzählen hatte. Geknüpft an jene Erinnerung, machte die Gegenwart nur
noch einen unerträglichern Eindruck.

Die benachbarte Kartause war ebenfalls wie verschwunden, denn man
hatte die Steine dieser Gebäude sogleich zur bedeutenden Weißenauer
Schanze vermauert. Das Nonnenklösterchen stand noch in frischen, kaum
wieder herzustellenden Ruinen.

Die Freunde Gore und Krause begleitete ich auf die Zitadelle. Da
stand nun Drusus' Denkmal ohngefähr noch ebenso, wie ich es als
Knabe gezeichnet hatte, auch diesmal unerschüttert, so viel
Feuerkugeln daran mochten vorbeigeflogen sein, ja daraufgeschlagen
haben.

Herr Gore stellte seine tragbare dunkle Kammer auf dem Walle
sogleich zurechte, in Absicht, eine Zeichnung der ganzen durch die
Belagerung entstellten Stadt zu unternehmen, die auch von der Mitte,
vom Dom aus, gewissenhaft und genau zustande kam, gegen die Seiten
weniger vollendet, wie sie uns in seinen hinterlassenen, schön
geordneten Blättern noch vor Augen liegt.

Endlich wendeten sich auch unsere Wege nach Kastel; auf der
Rheinbrücke holte man noch frischen Atem wie vor alters und betrog
sich einen Augenblick, als wenn jene Zeit wiederkommen könnte.
An der Befestigung von Kastel hatte man während der Belagerung
immerfort gemauert; wir fanden einen Trog frischen Kalks, Backsteine
daneben und eine unfertige Stelle; man hatte nach ausgesprochenem
Stillstand und Übergabe alles stehn und liegen lassen.

So merkwürdig aber als traurig anzusehen war der Verhau rings um die
Kasteler Schanzen; man hatte dazu die Fülle der Obstbäume der
dortigen Gegend verbraucht. Bei der Wurzel abgesägt, die äußersten
zarten Zweige weggestutzt, schob man nun die stärkeren, regelmäßig
gewachsenen Kronen ineinander und errichtete dadurch ein
undurchdringliches letztes Bollwerk, es schienen zu gleicher Zeit
gepflanzte Bäume, unter gleich günstigen Umständen erwachsen, nunmehr
zu feindseligen Zwecken benutzt, dem Untergang überlassen.

Lange aber konnte man sich einem solchen Bedauern nicht hingeben,
denn Wirt und Wirtin und jeder Einwohner, den man ansprach, schienen
ihren eigenen Jammer zu vergessen, um sich in weitläufigere
Erzählungen des grenzenlosen Elends herauszulassen, in welchem die
zur Auswanderung genötigten Mainzer Bürger zwischen zwei Feinde, den
innern und äußern, sich geklemmt sahen. Denn nicht der Krieg allein,
sondern der durch Unsinn aufgelöste bürgerliche Zustand hatte ein
solches Unglück bereitet und herbeigeführt.

Einigermaßen erholte sich unser Geist von alle dem Trübsal und
Jammer, bei Erzählung mancher heroischen Tat der tüchtigen
Stadtbürger. Erst sah man mit Schrecken das Bombardement als ein
unvermeidliches Elend an, die zerstörende Gewalt der Feuerkugeln war
zu groß, das anrückende Unglück so entschieden, daß niemand glaubte,
entgegenwirken zu können; endlich aber, bekannter mit der Gefahr,
entschloß man sich, ihr zu begegnen. Eine Bombe, die in ein Haus
fiel, mit bereitem Wasser zu löschen, gab Gelegenheit zu kühnem
Scherz; man erzählte Wunder von weiblichen Heldinnen dieser Art,
welche sich und andre glücklich gerettet. Aber auch der Untergang von
tüchtigen wackern Menschen war zu bedauern. Ein Apotheker und sein
Sohn gingen über dieser Operation zugrunde.

Wenn man nun, das Unglück bedauernd, sich und andern Glück wünschte,
das Ende der Leiden zu sehen, so verwunderte man sich zugleich, daß
die Festung nicht länger gehalten worden. In dem Schiffe des Doms,
dessen Gewölbe sich erhalten hatten, lag eine große Masse
unangetasteter Mehlsäcke, man sprach von andern Vorräten und von
unerschöpflichem Weine. Man hegte daher die Vermutung, daß die letzte
Revolution in Paris, wodurch die Partei, wozu die Mainzer
Kommissarien gehörten, sich zum Regiment aufgeschwungen, eigentlich
die frühere Übergabe der Festung veranlaßt. Merlin von Thionville,
Reubel und andere wünschten gegenwärtig zu sein, wo, nach überwundnen
Gegnern, nichts mehr zu scheuen und unendlich zu gewinnen war. Erst
mußte man sich inwendig festsetzen, an dieser Veränderung teilnehmen,
sich zu bedeutenden Stellen erheben, großes Vermögen ergreifen,
alsdann aber bei fortgesetzter äußerer Fehde auch da wieder mitwirken
und, bei wahrscheinlich ferner zu hoffendem Kriegsglück, abermals
ausziehen, die regen Volksgesinnungen über andere Länder
auszubreiten, den Besitz von Mainz, ja von weit mehr wieder zu
erringen trachten.

Für niemand war nun Bleibens mehr in dieser verwüsteten öden
Umgebung. Der König mit den Garden zog zuerst, die Regimenter
folgten. Weiteren Anteil an den Unbilden des Krieges zu nehmen, ward
nicht mehr verlangt; ich erhielt Urlaub, nach Hause zurückzukehren,
doch wollt' ich vorher noch Mannheim wieder besuchen.

Mein erster Gang war, Ihro Königlichen Hoheit dem Prinzen Louis
Ferdinand aufzuwarten, den ich ganz wohlgemut auf seinem Sofa
ausgestreckt fand, nicht völlig bequem, weil ihn die Wunde am Liegen
eigentlich hinderte; wobei er auch die Begierde nicht verbergen
konnte, baldmöglichst auf dem Kriegsschauplatz persönlich wieder
aufzutreten.

Darauf begegnete mir im Gasthofe ein artiges Abenteuer. An der
langen, sehr besetzten Wirtstafel saß ich an einem Ende, der
Kämmerier des Königs, von Rietz, an dem andern, ein großer,
wohlgebauter, starker, breitschultriger Mann; eine Gestalt, wie sie
dem Leibdiener Friedrich Wilhelms gar wohl geziemte. Er mit seiner
nächsten Umgebung waren sehr laut gewesen und standen frohen Mutes
von Tafel auf; ich sah Herrn Rietz auf mich zukommen, er begrüßte
mich zutraulich, freute sich meiner lang' gewünschten, endlich
gemachten Bekanntschaft, fügte einiges Schmeichelhafte hinzu und
sagte sodann: ich müsse ihm verzeihen, er habe aber noch ein
persönliches Interesse, mich hier zu finden und zu sehen. Man habe
ihm bisher immer behauptet: schöne Geister und Leute von Genie müßten
klein und hager, kränklich und vermüfft aussehen, wie man ihm denn
dergleichen Beispiele genug angeführt. Das habe ihn immer verdrossen,
denn er glaube doch auch nicht auf den Kopf gefallen zu sein, dabei
aber gesund und stark und von tüchtigen Gliedmaßen; aber nun freue er
sich, an mir einen Mann zu finden, der doch auch nach etwas aussehe,
und den man deshalb nicht weniger für ein Genie gelten lasse. Er
freue sich dessen und wünsche uns beiden lange Dauer eines solchen
Behagens.

Ich erwiderte gleichfalls verbindliche Worte; er schüttelte mir die
Hand, und ich konnte mich trösten, daß, wenn jener wohlgesinnte
Obristlieutenant meine Gegenwart ablehnte, welcher wahrscheinlich
auch eine vermüffte Person erwartet hatte, ich nunmehr, freilich in
einer ganz entgegengesetzten Kategorie, zu Ehren kam.

In Heidelberg, bei der alten treuen Freundin Delph, begegnete ich
meinem Schwager und Jugendfreund Schlosser. Wir besprachen gar
manches, auch er mußte einen Vortrag meiner Farbenlehre aushalten.
Ernst und freundlich nahm er sie auf, ob er gleich von der Denkweise,
die er sich festgesetzt hatte, nicht loskommen konnte und vor allen
Dingen darauf bestand, zu wissen: inwiefern sich meine Bearbeitung
mit der Eulerischen Theorie vereinigen lasse, der er zugetan sei. Ich
mußte leider bekennen, daß auf meinem Wege hiernach gar nicht gefragt
werde, sondern nur, daß darum zu tun sei, unzählige Erfahrungen ins
Enge zu bringen, sie zu ordnen, ihre Verwandtschaft, Stellung
gegeneinander und nebeneinander aufzufinden, sich selbst und andern
faßlich zu machen. Diese Art mochte ihm jedoch, da ich nur wenig
Experimente vorzeigen konnte, nicht ganz deutlich werden.

Da nun hiebei die Schwierigkeit des Unternehmens sich hervortat,
zeigt' ich ihm einen Aufsatz, den ich während der Belagerung
geschrieben hatte, worin ich ausführte: wie eine Gesellschaft
verschiedenartiger Männer zusammen arbeiten und jeder von seiner
Seite mit eingereifen könnte, um ein so schwieriges und weitläufiges
Unternehmen fördern zu helfen. Ich hatte den Philosophen, den
Physiker, Mathematiker, Maler, Mechaniker, Färber und Gott weiß wen
alles in Anspruch genommen; dies hörte er im allgemeinen ganz
geduldig an, als ich ihm aber die Abhandlung im einzelnen vorlesen
wollte, verbat er sich's und lachte mich aus: ich sei, meinte er, in
meinen alten Tagen noch immer ein Kind und Neuling, daß ich mir
einbilde, es werde jemand an demjenigen teilnehmen, wofür ich
Interesse zeige, es werde jemand ein fremdes Verfahren billigen und
es zu dem seinigen machen, es könne in Deutschland irgend eine
gemeinsame Wirkung und Mitwirkung stattfinden!

Ebenso wie über diesen Gegenstand äußerte er sich über andere;
freilich hatte er als Mensch, Geschäftsmann, Schriftsteller gar
vieles erlebt und erlitten, daher denn sein ernster Charakter sich
in sich selbst verschloß und jeder heitern, glücklichen, oft
hülfreichen Täuschung mißmutig entsagte.

Mir aber machte es den unangenehmsten Eindruck, daß ich, aus dem
schrecklichsten Kriegszustand wieder ins ruhige Privatleben
zurückkehrend, nicht einmal hoffen sollte auf eine friedliche
Teilnahme an einem Unternehmen, das mich so sehr beschäftigte und
das ich der ganzen Welt nützlich und interessant wähnte.

Dadurch regte sich abermals der alte Adam; leichtsinnige
Behauptungen, paradoxe Sätze, ironisches Begegnen und was dergleichen
mehr war, erzeugte bald Apprehension und Mißbehagen unter den
Freunden: Schlosser verbat sich dergleichen sehr heftig, die Wirtin
wußte nicht, was sie aus uns beiden machen sollte, und ihre
Vermittlung bewirkte wenigstens, daß der Abschied zwar schneller als
vorgesetzt, doch nicht übereilt erschien.

Von meinem Aufenthalt in Frankfurt wüßte ich wenig zu sagen,
ebensowenig von meiner übrigen Rückreise; der Schluß des Jahrs, der
Anfang des folgenden ließ nur Greueltaten einer verwilderten und
zugleich siegberauschten Nation vernehmen. Aber auch mir stand ein
ganz eigener Wechsel der gewohnten Lebensweise bevor. Der Herzog von
Weimar trat nach geendigter Campagne aus preußischen Diensten; das
Wehklagen des Regiments war groß durch alle Stufen, sie verloren
Anführer, Fürsten, Ratgeber, Wohltäter und Vater zugleich. Auch ich
sollte von eng verbundenen trefflichen Männern auf einmal scheiden;
es geschah nicht ohne Tränen der besten. Die Verehrung des einzigen
Mannes und Führers hatte uns zusammengebracht und gehalten, und wir
schienen uns selbst zu verlieren, als wir seiner Leitung und einem
heiteren verständigen Umgang untereinander entsagen sollten. Die
Gegend um Aschersleben, der nahe Harz, von dort aus so leicht zu
bereisen, erschien für mich verloren, auch bin ich niemals wieder
tief hineingedrungen.

Und so wollen wir schließen, um nicht in Betrachtung der
Weltschicksale zu geraten, die uns noch zwölf Jahre bedrohten, bis
wir von eben denselben Fluten uns überschwemmt, wo nicht verschlungen
gesehen.






End of Project Gutenberg's Belagerung von Mainz, by Johann Wolfgang von Goethe

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809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email
[email protected].  Email contact links and up to date contact
information can be found at the Foundation's web site and official
page at http://pglaf.org

For additional contact information:
     Dr. Gregory B. Newby
     Chief Executive and Director
     [email protected]


Section 4.  Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment.  Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States.  Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements.  We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance.  To
SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
particular state visit http://pglaf.org

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States.  U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses.  Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations.
To donate, please visit: http://pglaf.org/donate


Section 5.  General Information About Project Gutenberg-tm electronic
works.

Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm
concept of a library of electronic works that could be freely shared
with anyone.  For thirty years, he produced and distributed Project
Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.


Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
unless a copyright notice is included.  Thus, we do not necessarily
keep eBooks in compliance with any particular paper edition.


Most people start at our Web site which has the main PG search facility:

     http://www.gutenberg.org

This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.