Almansor: Eine Tragödie

By Heinrich Heine

The Project Gutenberg eBook, Almansor, by Heinrich Heine, Edited by Erwin
Kalischer and Raimund Pissin


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Title: Almansor
       Eine Tragödie


Author: Heinrich Heine

Editor: Erwin Kalischer and Raimund Pissin

Release Date: May 7, 2014  [eBook #45600]

Language: German


***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK ALMANSOR***


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      Die auf dem Titelblatt genannten Werke »Ratcliff«,
      »Der Doktor Faust« und »Die Göttin Diana« sind in
      diesem E-Book nicht enthalten.





Heines Werke in fünfzehn Teilen

Herausgegeben mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von
Hermann Friedemann, Helene Herrmann, Erwin Kalischer,
Raimund Pissin und Veit Valentin


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Berlin -- Leipzig -- Wien -- Stuttgart
Deutsches Verlagshaus Bong & Co


Heines Werke

Fünfter Teil

Almansor -- Ratcliff -- Der Doktor Faust
Die Göttin Diana

Herausgegeben
von
Erwin Kalischer und Raimund Pissin


      *       *       *       *       *


Berlin -- Leipzig -- Wien -- Stuttgart
Deutsches Verlagshaus Bong & Co.


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Alle Rechte vorbehalten

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Druck von =August Pries= in Leipzig




Einleitung des Herausgebers.


Das leidenschaftliche Erlebnis Heines, das seine ersten
Gedichtsammlungen beherrscht, hat sich auch in dramatischer Form
aussprechen wollen; 1823 erschienen die beiden Tragödien Heines,
»Almansor« und »William Ratcliff«. -- Der »Almansor« ward in jenem
Spätsommer 1820, den Heine im Dorfe Beul bei Bonn verbrachte, zu
schreiben angefangen und während des darauffolgenden Göttinger
Aufenthalts nahezu beendigt. Ein Brief Heines an Fouqué (10. Juni
1823) bekennt, die Romanze »Donna Clara und Don Gayferos« aus Fouqués
»Zauberring«, an die er in bedeutenden Lebenssituationen habe denken
müssen, habe ihm vorgeschwebt, als er den »Almansor« schrieb. Indessen
ist es nicht vielmehr als die Gegnerschaft von Mauren und Christen und
das Motiv der Liebe, die aus dem einen Lager in das andere übergreift,
was die Fouquésche Romanze für den Almansor abgab (sie wirkte viel
stärker auf Heines Gedicht »Donna Clara« ein). Vielleicht war es jene
schwüle Spannung zwischen Christen und Juden, die Heine in Hamburg
verspürte, und die 1819 in einigen deutschen Städten zu Beunruhigungen
der Juden durch den Pöbel führte, welche in ihm, der von Haus aus
nichts weniger als Haß gegen das Christentum kannte, das Gefühl des
konfessionellen Gegensatzes zum Bewußtsein gebracht, zu einer
lebendigen Angelegenheit für ihn gemacht hat; dergestalt, daß er das
dargebotene Motiv religiöser Gegnerschaft mit persönlicher Erbitterung
aufgriff. Heine selbst bezeichnete das Stück als »religiös-polemisch«,
und so verstand man es auch; am Rhein erhoben sich sogleich
katholische Stimmen dagegen. Es ist die Indignation des Juden, die aus
der maurischen Maske redet. -- Heine gestand sich schon in Göttingen
ein, was er da geschrieben, sei nicht nur keine gute Tragödie, sondern
verdiene gar nicht mal den Namen Tragödie (4. Februar 1821). In der
Tat ist sein »Almansor« nichts weiter als ein Geschöpf des
aufflackernden Gefühls, ohne Körperlichkeit, ohne Schwere. Der junge
Mensch, der dies Stück verfaßt hat, will nicht ein Weltbild schaffen,
sondern sich nur einen Exzeß der Leidenschaft bereiten. Dieselbe
juvenile Einschätzung der Leidenschaft, wie sie den Gedichten Heines
aus dieser Zeit zugrunde liegt, wählt sich hier einen auf nichts als
auf seinen maßlosen Affekt gestellten Helden, der bereit erscheint,
ohne daß er darum minder ernst genommen würde, um dieses Affekts
willen die Glaubenspartei preiszugeben. Was nur eine moralische
Bildungsstufe des Verfassers zu sein scheint, ist zugleich eine
künstlerische: soweit nicht seine subjektivste Empfindung die Figuren
zum Reden bringt, versiegt die Gestaltung. Er ergreift Partei, er ist
nicht mit derselben bildenden Liebe wie bei seinem Helden beim
Antagonisten, den er vielmehr zu einer magern Karikatur verzerrt; er
fühlt seine Menschen nicht nach ihrem ganzen seelischen Komplex durch,
es ist ihm genug, sie pittoreske Stimmungen aussprechen zu lassen: das
Finale des Stückes, daß Zuleima in allem Ernst und ohne mehr zur
Besinnung zu kommen, im Himmel zu sein glaubt und so sich hingibt und
untergeht, ist ein Balladeneinfall. Und balladenhaft, ein bloßes
Stimmungsbedürfnis befriedigend, bewegen sich die Figuren
gegeneinander: zu rechter Zeit ist der alte Hassan da, wenn Almansor
eine Frage in den Wind tut; Zuleima hat ein langes Liebesgespräch mit
Almansor, bis ihr einfällt, daß sie ja heut mit einem andern Hochzeit
machen muß; und wie in der Ballade, wo die einfachste Replik schon,
indem sie als symbolisch empfunden wird, die schwerste Wirkung tun
kann, stürzt Almansor auf ihre wenigen Worte hin unter Verfluchungen
auf und davon. Wie das Renegatentum des Hauses durch die drei Motive
der bisher verbotenen Speise (der Schweinskopf), der Kleider (das
maurische Kostüm, das noch als Maske gut ist), des Tanzes (statt des
maurischen der spanische Fandango) ironisch schmerzlich fühlbar
gemacht wird, das hat ganz die Art, wie Heine so etwas in der Ballade
behandeln würde: dort mit voller Wirkung, denn man nimmt es andeutend;
hier in der »Tragödie« bleibt es ein dünnes Spiel. So schwankt
schließlich auch das Zuständliche dieser dramatischen Welt zwischen
dem Wirklichen und dem Sinnbildlichen: daß etwa Almansor in Zuleimas
Garten statt der Myrte, die Zypresse findet; den Granatbaum vermißt,
wo die Nachtigall ihr Liebesweh den roten Rosen klagte, und ihm
erwidert wird: »Die rote Rose ward vom Sturm entblättert, Die
Nachtigall samt ihrem Liede starb, Und böse Äxte haben abgehau'n Den
edlen Stamm des blühenden Granatbaums.« Und wenn er sich im Schwärmen:
»Bekannte Bilder hüpfen aus den Büschen ..« unterbricht: »Doch
sprich, mein Lieb, dort steht ein fremdes Bild«, so besitzt dies Bild,
das Bild des Crucifixus, wie nur durch das Wort herbeigezogen, kaum
mehr die Realität eines wirklichen Requisites. Ganz ungegenständlich
ist vollends der Chor, der in seinen epischen Zwischensatz eine
aktuelle Anspielung auf den modernen spanischen Insurgenten Rafael del
Riego einwebt. Die völlig undramatische Organisation dieser Arbeit
läßt sich am sichersten in der Sprache fühlen. Einem empfindlichen
Gehör wird schon der Versstil, in welchem Satzende und Versende allzu
wohlig zusammenfallen, verdächtig sein. Der ornamentale Aufbau der
Reden in parallelen Satzgefügen mit gleichen Anfangsworten, bereichert
durch Antithesen, entgeht niemandem. Auch die rhythmische Gliederung
im großen ist auffallend genug: etwa im Zwiegespräch Almansors und
Zuleimas durch die dreimal in Abständen vorgebrachten Einwürfe
Almansors: »Doch, sprich mein Lieb ...«, was unmittelbar an die
Technik Heinescher Gedichte erinnert. Die verblümte Beredsamkeit, mit
der jedes Gefühl mehr umschrieben als ausgesprochen wird, die
Bilderfülle hat Heine selbst schon als Mängel seines dramatischen
Gedichtes empfunden. Im Grunde bedeuten diese Künste des musikalischen
Aufbaues der Reden, des in sich selbst schwelgenden Ausdruckes nichts
anderes, als daß die Personen gar nicht miteinander reden, sondern
jede für sich; daß nicht dialogisch, sondern auf dem Boden der
Einzelrede die Steigerung des Gefühls gewonnen wird. Ja, man muß nur
an die Arie denken, die Almansor auf die einfachen Worte Zuleimas
anstimmt: »Zuleima wird vermählt heut Mit einem Mann, der nicht
Almansor heißt«, wie er sich monomanisch, durch Bilder, durch
Redefiguren auf den Gipfel der Erregung bringt; oder: wie er sich aus
der Rede Zuleimas »Ins Haus der Liebe trat dein Fuß, Almansor ...«
allein das Wörtchen »Liebe« herausholt, um gleich darüber ein
Wortfeuerwerk abzubrennen, und man wird der tief undialogischen Natur
dieses Dichtwerks inne werden. Mit seinen Figuren, die so schlecht
ihrem Gegenspieler zuhören, muß man die Geschöpfe eines wirklichen
Dramatikers wie Heinrichs von Kleist vergleichen, die mit einer wahren
Begierde sich das Wort vom Mund abfragen. Was der Dichter dieses
»Almansor« in der Welt sieht, ist nicht das Aneinandergebundensein der
Menschen, das eigentliche Thema des Dramatikers; es ist vielmehr die
einzelne Seele, der Zustand einer Seele, was ihn gefangen nimmt.

Die kleine Tragödie »William Ratcliff«, in der Heimat der Ballade, im
Schottischen Hochland angesiedelt, nannte er später selbst einmal eine
»dramatisierte Ballade«. Ihre »Grundidee« bezeichnete er dem
Buchhändler, dem er sie zum Verlag anbot, als »ein Surrogat für das
gewöhnliche Fatum«. »Das gewöhnliche Fatum« -- der Ausdruck ist nicht
ohne Humor. In der Tat: es ist das von Hand zu Hand gegebene
Inventarstück der damals Mode gewordenen Schicksalstragödie; kurz
bevor Heine den »Ratcliff« schrieb, hatte er die »Ahnfrau« im Theater
gesehn. Aber wie dies modische Fatum ist auch die »Grundidee« des
Ratcliffs nichts, was mit einer persönlich notwendigen Konzeption des
Wirklichen zu schaffen hätte. Das Motiv, daß eine ungestillte Liebe
zwischen dem Vater des Helden und der Mutter der Geliebten dem Helden
seinen Pfad vorzeichnet, bleibt eine poetische Seltsamkeit; es ist nur
dekorativ gefaßt und bringt mit seiner Pantomimik allenfalls den
Effekt einer ahnungsvollen Stimmung hervor. Die Sprache faßt sich hier
knapper und unverblümter als im »Almansor«, doch muß über die
dichterische Organisation, die hinter dieser Arbeit steht, dasselbe
gesagt werden, was bei Gelegenheit des ersten Stücks gesagt worden
ist. -- Auch der »Ratcliff« bezieht sich auf das entscheidende
Erlebnis des jungen Heine: ja, er hat dem Dichter für eine
»Hauptkonfession« gegolten. Was in den »Jungen Leiden« sich andeutete,
springt hier nackt in Lebensgröße hervor. Amalie Heine hatte sich 1821
verheiratet, und das alte Gefühl, das noch einmal hervorbrach, ist zur
phantastischen Wildheit gesteigert: weil die Geliebte nein sagt, wird
der Liebhaber zum Vagabunden. Jenes Leben in Hamburg -- »toll, wüst,
zynisch, abstoßend« -- das er damals in seinem wütenden Schmerz
geführt haben will (an Wohlwill, 7. April 1823), spiegelt sich mit
einem finstern Glanz nun hier in dem romantischen Leben William
Ratcliffs wider, und so ist es für den Dichter eingebracht: »Auch hab'
ich mich ehrlich Tag und Nacht Mit Lumpengesindel herumgetrieben, Und
als ich all diese Studien gemacht, da hab' ich ruhig den Ratcliff
geschrieben«. Es war nichts als ein Stimmungsrausch, eine
Selbstrechtfertigung, Selbstverklärung, eine Exaltation des Ich,
woraus der Ratcliff hervorging; man glaubt es gern, daß diese atemlose
Flucht kleiner Szenen in drei Januartagen des Jahres 1822 improvisiert
wurde, »in einem Zug und ohne Brouillon«. Ihre Substanz erschöpft sich
fast im Erzählen. Ihre Figuren -- bis auf den Helden -- sind wieder
nur obenhin angelegt, sie setzen eine vage Situation voraus, mit der
eine Ballade, nicht ein Drama auskommt. Sie wirken nicht durch
Verwicklung, durch dialogisches Ineinandergreifen der Spieler, sondern
durch Gefühlsaufruhr und durch stimmungmachende Akzessorien: die
greise Margarete ist nichts als eine unheimliche Staffage, die
Edwardballade ist wie ein musikalisches Motiv in das Ensemble der
Stimmen verwoben.

Als Heine 1851 den »Ratcliff« seinen »Neuen Gedichten« einverleibte,
wußte er besonders zu rühmen, daß darin schon »die große Suppenfrage«
brodle. Er dachte an die Szene in der Diebsherberge. In Paris bildeten
die sozialen Probleme eines seiner lebhaftesten Interessen: so
begreift sich, daß er auch diesen Ton aus seinem geliebten Jugendwerk
heraushören wollte. Mit ruhigem Blute wird man in den Bitterkeiten
dieses William Ratcliffs, die dem jugendlichen Dichter sein
allgemeines Verhältnis der Opposition eingab, kaum eine Gesinnung
verspüren, der der soziale Organismus im Ernst fragwürdig geworden
ist.

Auf die Bühne kam zu Heines Lebzeiten nur der »Almansor«. Er wurde am
20. August 1823 in Braunschweig unter dem Direktor Klingemann
aufgeführt, der das Stück, in dem »eine südlich brennende Phantasie«
herrsche, wert hielt. Einer Personenverwechslung halber -- es ward
verbreitet, ein Braunschweiger Geldwechsler Heine sei der Verfasser --
scheiterte die Aufführung, man konnte nicht zu Ende spielen.
Klingemann wagte nicht, die Vorstellung zu wiederholen, die Absicht,
den »Ratcliff« zu geben, ließ er fallen.

Andere dramatische Pläne, mit denen Heine umging, sind nicht reif
geworden. Im Sommer 1823 dämmern ihm die Umrisse einer venezianischen
Tragödie, er liest Italienisches dafür, will »Naturmystik« darin geben
(23. Juni, 23. August 1823), -- man weiß nichts weiter darüber. In den
Jahren 1824 bis 1826 meldet sich immer wieder der Schatten einer
Faustdichtung. Das Tagebuch seines Freundes Wedekind (vgl. Blumenthals
»Neue Monatshefte für Dichtkunst und Kritik« V., 325 f.) erzählt
unterm 20. Juni 1824: »Wir kamen auf Goethes Faust zu sprechen. 'Ich
denke auch einen zu schreiben,' sagte er [Heine]; 'nicht um mit Goethe
zu rivalisieren, nein, nein, jeder Mensch sollte seinen Faust
schreiben.'« Man erfährt weiter (16. Juli): Heines Faust soll nicht,
wie der Goethesche, selbst handeln, befehlen, vielmehr von
Mephistopheles zu allen Teufeleien verführt werden. Sein Faust soll
ein Göttinger Professor sein; der Teufel belegt Kolleg bei ihm, macht
ihn kirre, so daß er anfängt liederlich zu werden. Er kann sich in der
Stadt nicht halten und geht mit dem Teufel auf Reisen. »Auf den
Sternen haben die Engel inzwischen Teegesellschaften, zu denen sich
Mephistopheles auch einfindet, und dort beratschlagen sie über den
Faust. Gott soll ganz aus dem Spiele bleiben. Der Teufel schließt mit
den guten Engeln eine Wette über Faust. Die guten Engel liebt
Mephistopheles sehr, und diese Liebe, besonders zum Engel Gabriel,
denkt Heine so zu schildern, daß sie ein Mittelding zwischen der Liebe
guter Freunde und der Liebe der Geschlechter wird, die bei den Engeln
nicht sind.« »Über das Ende ist sich Heine noch nicht gewiß.« Man
könnte Heine einen solchen phantastisch-satirischen Faustentwurf ganz
gut zutrauen und braucht wohl nicht anzunehmen, daß er damit den
Freund habe mystifizieren wollen; es läßt sich in jenen Heineschen
Jahren gar kein Gehalt, außer dem der Satire, entdecken, der in einem
Faust niedergelegt werden sollte. Indessen kann man mit Wedekind wohl
zweifeln, ob er überhaupt ernstlich die Absicht hegte, den Faust
auszuführen. Als er 1824 Goethe in Weimar aufsuchte, soll er sich
gegen ihn über einen Faustplan geäußert haben (Maximilian Heine,
Erinnerungen). 1826 kommt er auf seinen Faust zurück: »Ihnen
[Varnhagen] ist es nicht hinreichend, daß ich zeige, wieviel Töne ich
auf meiner Leier habe, sondern Sie wollen auch die Verbindung dieser
Töne zu einem großen Konzert -- und das soll der Faust werden.« Und
noch einmal schrieb er im Sommer dieses Jahres aus Norderney: »In
diesem toten Zustande nehme ich dennoch viel Naturanschauung in mich
auf, und verarbeitet die Phantasie manches begonnene Gedicht,
Seebilder und neue Szenen zu meinem Faust.« Danach läßt er nichts mehr
über den Plan vernehmen. Das Tanzpoem vom »Doktor Faust«, das er 1847
schrieb, hat wohl nichts mehr mit den damaligen Gedanken zu tun.

Nur in der Form des Balletts, eben in diesem »Doktor Faust« (1847) und
in der »Göttin Diana« (1846), beide für den Direktor des Londoner
Theaters der Königin geschrieben, hat Heines Produktion seit seinen
dramatischen Anfängen auf die Vision selbständig bewegter Gestalten
gegriffen; ja auch in diesen Ballettentwürfen ist der Stoff nicht
überall rein in den pantomimischen Ausdruck übergegangen, hin und
wieder zehrt ein Bild von dem erzählerisch interpretierenden Wort des
Schriftstellers (wenn sich etwa Faust mit einer »Mischung von
Unbeholfenheit und Mut, von linkischer Magisterhaftigkeit und
trotzigem Doktorstolz« bewegen soll). Auf die Erfindung eines
individuellen Gebärdenspiels, eigentümlicher Tanzfiguren hat der
Dichter sich nicht eingelassen, es sind vielmehr die ausgebildeten
Tänze der Nationen und Zeiten, die er mit großer Geschicklichkeit
verwendet, und er begnügt sich vorzuschreiben, was die Gebärden
ausdrücken sollen. Auch die Dekorationen wirken mehr charaktergebend,
symbolisch, als daß sie als individuelle Bilder durchgedacht wären. --
Was den »Doktor Faust« betrifft, so war sich Heine von vornherein
bewußt, daß er bei den Mitteln, die ihm das Ballett zur Verfügung
stellte, nicht mit Goethe konkurrieren könnte; doch, von aller
Behandlungsweise abgesehen, bleibt ein »Faust«, wie dieser Heines, der
allein auf das erotische Motiv abgestellt ist, außerhalb jedes
Vergleichs mit der Universalität von Motiven, die der Goethesche in
sich begreift. Heines »Faust« steht in engstem Zusammenhange mit den
Sagenstudien, die er in Paris betrieb, eine Vorrede von nicht ganz
zuverlässiger Gelehrsamkeit, eine gelehrte Nachschrift, in die Form
eines Briefes gekleidet, rahmen ihn ein; ja im Gefühl dieser
Gelehrsamkeit, in irgendeiner historisch-romantischen Zärtlichkeit für
das Überlieferte, wirft er es dem Gedicht Goethes vor, daß es seinen
Helden, der Sage zuwider, der Hölle entreißt, und glaubt selber darin
den Vorzug zu verdienen, daß er der alten Sage treu bleibt. Man
braucht über diesen Vorwurf Heines, der einem seiner allzumenschlichen
Augenblicke entstammt, kein Wort zu verlieren: er hat schließlich mit
der Pietät gegen die Überlieferung, in welcher der Teufel am Ende den
Helden holt, nur ein Kuriosum hervorgebracht.

Das andere Ballett »Die Göttin Diana« hat eine etwas persönlichere
Wendung. Die Antithese: deutsch-christlicher Spiritualismus und antike
Sinnlichkeit, die seit der Berührung mit dem Saint-Simonismus in
Paris Heines Denken beherrscht, löst er hier im Sinne seines
Tannhäusergedichts: mit einer Glorie des Genusses. Stofflich knüpft
dies Tanzpoem an die Erzählungen an, die er in Erinnerung an das
Eichendorffische »Marmorbild« in den »Elementargeistern« gegeben
hatte; er schloß es in seinen vermischten Schriften den »Göttern im
Exil« bei, mit denen es sich auch unmittelbar berührt. -- Aufgeführt
worden ist keines der beiden Poeme. Eine »Satanella«, die 1851 auf der
Berliner Bühne getanzt wurde, lehnte sich wie es scheint, im Stoff an
seinen »Doktor Faust« an. Sie erinnerte aber, wie Heinrich Laube
aussagt, nur wenig an diesen, und Heines Ansprüche auf Entschädigung
blieben unbefriedigt.

Es ist etwas Sinnvolles, daß der Dichter des »Almansor« der das
stimmende Abendrot mit in das Spiel eingreifen ließ, dessen »Ratcliff«
in schauerlich-pittoresken szenischen Effekten gedichtet ist, am Ende
sich in dieser Form der musikalisch-malerischen Pantomime äußert; was
ihn hier reizt, ist dasselbe, wodurch er sich anfänglich zu
dramatischen Produktionen veranlaßt fühlte: nämlich die Eigenschaft
des Dramatischen, daß es durch Gegenwart bewegter Gestalten, durch
bedeutende Hintergründe und Beleuchtungen unmittelbar auf das Gefühl
wirkt. Dies ist aber nur eine Seite des Dramatischen; wenn
dramatischer Dichter sein heißt, den Streit der Dinge so fühlen, daß
man ihn in seiner ganzen Verfänglichkeit, mit Blut und Schmerzen, in
sich heraufbeschwören muß, so war Heine es nicht. Er verstand selber
ausgezeichnet zu streiten, er konnte tödlich lächeln und sich
entrüsten, aber der Streit blieb ihm immer das Unvernünftige, das
Schlechte; das, was zwischen Vernünftigen und Guten vermeidbar wäre:
was jenseits von aller Vernunft, jenseits auch von Böse und Gut den
Einzelnen in sein Schicksal verwickelt, hat niemals sein Denken
gebannt.

    Erwin Kalischer.




    Almansor

    Eine Tragödie

         *       *       *       *       *




          Glaubt nicht, es sei so ganz und gar phantastisch
        Das hübsche Lied, das ich euch freundlich biete!
        Hört zu: es ist halb episch und halb drastisch,
        Dazwischen blüht manch lyrisch zarte Blüte;
        Romantisch ist der Stoff, die Form ist plastisch,
        Das Ganze aber kam aus dem Gemüte;
        Es kämpfen Christ und Moslem, Nord und Süden,
        Die Liebe kommt am End' und macht den Frieden.




      Das Innere eines alten, verödeten Maurenschlosses.
      Durch die Seitenfenster fallen Strahlen der
      untergehenden Sonne. _Almansor_ allein.

  _Almansor._ Es ist der alte, liebe Boden noch,
  Der wohlbekannte, buntgestickte Teppich,
  Worauf der Väter heil'ger Fuß gewandelt!
  Jetzt nagen Würmer an den seidnen Blumen,
  Als wären sie des Spaniers Bundgenossen.                           5
  Es sind die alten, treuen Säulen noch,
  Des stolzen Hauses stolze Marmorstützen,
  Woran ich oft mich angelehnt als Knabe.
  O, hätten unsre Gomeles und Ganzuls,
  Abencerragen und hochmüt'ge Zegris                                10
  So treu wie diese Säulen hier, getragen
  Den Königsthron im leuchtenden Alhambra!
  Es sind die alten, guten Mauern noch,
  Die glattgetäfelten, die hübsch bemalten,
  Die stets dem müden Wandrer Obdach gaben!                         15
  Gastlich geblieben sind die guten Mauern,
  Doch ihre Gäste sind nur Eul' und Uhu.

      (Er geht ans Fenster.)

  Still bleibt's! Nur du, o Sonne, hörtest mich;
  Mitleidig schickst du mir die letzten Strahlen,
  Und streust mir Licht auf meinen dunkeln Pfad!                    20
  Du, güt'ge Sonne, hör' mein dankbar Wort:
  Entflieh auch du nach Mauritaniens Küste,
  Und nach Arabiens ewig heitrer Flur; --
  O, fürchte Don Fernand und seine Räte,
  Die Haß geschworen allem schönen Lichte;                          25
  O, fürchte Donna Isabell, die Stolze,
  Die, im Gefunkel ihrer Diamanten,
  Allein zu glänzen glaubt, wenn Nacht ringsum;
  O, flieh auch du den schlimmen, span'schen Boden,
  Wo schon gesunken deine Schwestersonne,                           30
  Die goldgetürmte, leuchtende Granada!

      (Geht vom Fenster.)

  Beklommen ist mein Herz, als habe sich
  Der untergeh'nden Sonne Flammenball
  Auf diese arme, schwache Brust gewälzt.
  Wie morsche, glühnde Asche ist mein Leib,                         35
  Und unter meinen Füßen wankt der Boden.
  So heimisch ist mir hier, und doch so ängstlich!
  Das Lüftchen, das mir lind die Wange kühlt,
  Haucht Grüße mir aus längstverschollner Zeit.
  In jener Schatten wechselnder Bewegung                            40
  Seh' ich die Märchen meiner Kinderjahre;
  Sie regen sich, und nicken mir, und lächeln
  Mit klugen Mienen, und verwundern sich
  Daß jetzt der alte Freund so bang, so fremd tut.
  Dort schwankt hervor die liebe, tote Mutter,                      45
  Und schaut wehmütiglich besorgt, und weint,
  Und winkt, und winkt mit ihrer weißen Hand.
  Und auch den Vater seh' ich dorten sitzen,
  Auf grünem Sammetpolster, leise schlummernd.

      (Er steht sinnend. Es ist ganz dunkel geworden. Man
      sieht im Hintergrunde eine Gestalt, mit einer Fackel
      in der Hand, vorüberschreiten.)

  Welch Nebelbild kam dort vorbei geflirrt?                         50
  War's nur ein Blendwerk, das mich toll umgaukelt?
  War's nicht der alte Hassan, der dort ging?
  Vielleicht liegt Hassans toter Leib im Grab,
  Und nur sein Geist noch wandelt hier als Wächter
  Der Burg, die er im Leben treu gehütet?                           55
  Es rauscht und rollet dumpf, und immer näher,
  Als stiegen meine Väter aus den Gräbern,
  Um mir zum Gruß die Knochenhand zu reichen,
  Zum Willkommkuß die weißen, kalten Lippen --
  Sie kommen schon -- Eu'r Grüßen könnt' mich töten --              60

      _Mehrere Mauren_ stürzen hervor mit blanken Säbeln.

  _Erster Maure._ Das könnte wohl geschehn!

  _Almansor_ (zieht sein Schwert aus der Scheide). So komm hervor,
  Du wunderreiches, blankes Amulett,
  Und schütze mich vor solchen schlimmen Geistern!

  _Zweiter Maure._ Wie kömmst du, Fremdling, hier in unsre Burg?

  _Almansor._ Ich geb' die Frag' zurück, die Burg ist mein,         65
  Und dieser Anwalt

      (zeigt sein Schwert)

                     soll mein gutes Recht,
  Auf eure Haut, mit roten Zügen schreiben.

  _Erster Maure._ Ei! ei! wenn unser Anwalt Einspruch tut,
  Ist seine Zunge nicht von Holz; fürwahr,
  Metallvoll klirret seine Eisenstimme.                             70

      (Sie fechten.)

  _Erster Maure._ Ei! ei! dein Anwalt kommt ja recht in Hitze,
  Und seine Rede sprühet Feuerfunken.

  _Almansor._ Schweig nur, in deinem Blut soll er sie löschen.

  _Dritter Maure._ Der Spaß geht bald zu End', ergib dich uns.

      _Hassan_, in der linken Hand eine Fackel, in der
      rechten einen Säbel, stürzt wild herbei.

  _Hassan._ Ho! ho! habt ihr den Alten ganz vergessen?              75
  Blutrache, wißt ihr ja, ist mein Gewerbe,
  Und mir gehört der dort, =ich= muß ihn töten.

      (Er ficht mit dem schon ermatteten Almansor; wie er
      ihn eben niederhauen will, erblickt er das Gesicht
      desselben beim Scheine der Fackel, und erschüttert
      stürzt er zu Almansors Füßen.)

  Allah! Es ist Almansor ben Abdullah!

  _Almansor._ Das bin ich noch, und du bist Hassan noch;
  Steh auf du treuer Diener meines Hauses.                          80
  Ein nächtig Blendwerk hat uns hier verwirrt,
  Und bald wär' mir die Vaterburg zum Grab,
  Die alte Wiege mir zum Sarg geworden.

  _Erster Maure._ Du schienest Spanier durch Barett und Mantel,
  Und unser Säbel nur bewillkommt Spanier.                          85

  _Hassan_ (steht langsam auf und spricht mit strengem Tone).
          Almansor ben Abdullah! steh mir Rede!
  Wie kömmt dein Leib in diese span'sche Tracht?
  Wer hat das edle Berberroß behängt
  Mit dieser gleißend farb'gen Schlangenhaut?
  Wirf ab die gift'ge Hülle, Sohn Abdullahs,                        90
  Tritt auf das Haupt der Schlange, edles Roß!

  _Almansor_ (lächelnd). Du bist der alte Eifrer Hassan noch,
  Und klebst noch fest an Farben und an Formen.
  Die Schlangenhaut, die schützet wider Schlangen,
  So wie die Wolfsfellhülle schützt das Lamm,                       95
  Das wehrlos fromm die Waldungen durchstreift.
  Trotz Hut und Mantel bin ich doch ein Moslem,
  Denn in der Brust hier trag' ich meinen Turban.

  _Hassan._ Gelobt sei Allah! Allah sei gelobt!
  Legt euch zur Ruhe, Brüder, ich will wachen;                     100
  Verjüngt hat plötzlich sich der alte Hassan.

      (Die Mauren gehn ab.)

  _Almansor._ Wer sind die Männer, die du Brüder nanntest?

  _Hassan._ Es sind die Reste jener treuen Diener,
  Die Allah noch in diesem Land besitzt.
  Ach! ihre Zahl ist g'ring, und täglich schmilzt sie;             105
  Derweil die Zahl der Schelme täglich anschwillt.

  _Almansor._ Wie tief bist du gesunken, o Granada!

  _Hassan._ Wohl sinken muß die Stadt, wo Doppelfeinde,
  Wo drinnen Zwietracht, draußen Arglist wüten.
  O! Fluch der Nacht, wo diese Weiberarglist                       110
  Mit Männerhabsucht süß gebuhlt! O! Fluch
  Der Nacht, wo das Verderben von Granada
  In solcher Glutumarmung ward beraten;
  O! Fluch der Nacht, wo einst ins Brautbett stieg
  Don Ferdinand zu Donna Isabella!                                 115
  Wo solches Paar der Zwietracht Funken schürt,
  Da flackert bald in Flammen auf das Haus.
  Nicht durch den Speer des kräftigen Leoners,
  Nicht durch des stolzen Aragoniers Lanze,
  Nicht durch das Schwert kastil'scher Ritterschaft, --            120
  Nur durch Granada selber fiel Granada!
  Wenn der Erzeuger meuchelt seine Kinder,
  Die wehrlos eignen Kinder in der Wiege,
  Und wenn der Sohn die frevelhafte Rechte
  Entgegenballt dem heil'gen Haupt des Vaters,                     125
  Und wenn der Bruder, auf des Bruders Leiche,
  Des Thrones blut'ge Stufen frech erklimmt,
  Und wenn des Reiches pflichtvergeßne Großen
  Ehrlos der Fahne ihres Erbfeinds folgen:
  Dann fliehn mit schamerfüllten Angesichtern                      130
  Die Engel, die der Hauptstadt Tore hüten,
  Und siegreich ziehen ein der Feinde Scharen.

  _Almansor._ Ich denke noch des unheilschwangern Tags;
  Ich stand am Tor des Schlosses unten, plötzlich
  Sprengt rasch einher, auf schwarzem Roß, ein Reiter.             135
  Wild, und verstörten Blicks, und atemlos
  Fragt er nach Vater. Schnell die Trepp' hinauf, --
  Und in des Vaters offne Arme sank er.
  Da sah ich erst, es war der gute Aly --

  _Hassan_ (bitter). Der gute Aly!

  _Almansor._                      Aly, sprich, was bringst du?    140
  Sprach schnell mein Vater, -- O, da stürzten Bäche
  Blutdunkler Tränen über Alys Wangen,
  Und schluchzend sprach er: In Granada haben
  Don Ferdinand und Isabell den Einzug
  Gehalten unterm Schalle der Drommeten,                           145
  Und König Boabdil hat ihnen knieend
  Die Schlüssel überreicht auf goldnem Becken,
  Und auf Alhambras Turm steht aufgepflanzt
  Kastiliens Fahne und Mendozas Kreuz.

  _Hassan_ (hält sich die Augen zu).
  O! eine Gnade nur verlang' ich, Allah!                           150
  Lösch' aus in meinem Hirn dies Bild des Greuels!

  _Almansor._ Noch schwebt mir's vor, wie dieser Botschaft Blitz
  In jedem Mund' die Zunge kalt gelähmt.
  Bleich, stumm und stieren Blickes stand mein Vater,
  Die Arme hingen lang und schlaff herab,                          155
  Die Kniee schlotterten, und wie er hinsank,
  Erhub sich Weiberjammer und Geheul.

  _Hassan._ Lösch' aus in meinem Hirn dies Bild des Greuels!

  _Almansor._ Da schloß mich an sein Herz der gute Aly;
  Hielt mir besorgt die nassen Augen zu,                           160
  Um mir des Jammers Anblick zu verbergen,
  Und zog mich fort, und hub mich auf sein Roß --

  _Hassan_ (bitter lächelnd). Und trug dich fort nach seinem
          hübschen Schloß,
  Wo dich empfing die liebliche Zuleima,
  Und dir die Träne aus dem Aug' gelächelt,                        165
  Vielleicht geküßt --

  _Almansor._          Du boshaft saurer Hassan!
  Vergiß nicht, daß ich noch ein Knabe war.
  Auch irrst du dich, Zuleimas Augenstrahlen
  Vermochten's nicht, mein nasses Aug' zu trocknen.
  Ich stahl mich heimlich fort aus Alys Schloß,                    170
  Und war in wen'gen Stunden hier zurück.
  Hier auf dem Boden wälzte sich mein Vater,
  Sein Kleid zerrissen, Asche auf dem Haupt,
  Und wildzerrauft des Bartes weiße Locken.
  Hier neben ihm lag weinend meine Mutter,                         175
  Mitsamt den Dienerinnen schwarz verschleiert.
  Und wenn es still ward, und nur eine Stimme
  Aufseufzend rief das Wort »Granada!« so
  Ergoß sich doppelt laut die alte Klage.

  _Hassan_ (weinend). Versieget nie, ihr ew'gen Tränenquellen!     180

  _Almansor._ Sieh nicht so kläglich aus, du alter Hassan.
  Weit besser kleidet dich der Löwentrotz,
  Mit dem du, harnischglänzend, waffenklirrend,
  Zu uns Erstaunten tratest in den Saal.
  Ich seh' dich noch, wie du zum Vater sprachest:                  185
  »Ich kann nicht länger dienen dir, Abdullah,
  Dieweil mein Gott jetzt seines Knechts bedarf.«
  Und festen Gangs verließest du das Schloß,
  Und seit der Zeit sah ich dich niemals wieder.

  _Hassan._ Zu jenen Kämpfern hatt' ich mich gesellt,              190
  Die ins Gebürge, auf die kalten Höhn,
  Mit ihren heißen Herzen sich geflüchtet.
  So wie der Schnee dort oben nimmer schwindet,
  So schwand auch nie die Glut in unsrer Brust;
  Wie jene Berge nie und nimmer wanken,                            195
  So wankte nimmer unsre Glaubenstreue;
  Und wie von jenen Bergen Felsenblöcke
  Öfters herunter rollen, allzerschmetternd,
  So stürzten wir von jenen Höhen oft,
  Zermalmend, auf das Christenvolk im Tal;                         200
  Und wenn sie sterbend röchelten, die Buben,
  Wenn ferne wimmerten die Trauerglocken,
  Und Angstgesänge dumpf dazwischen schollen,
  Dann klang's in unsre Ohren süß wie Wollust.

    Doch hat solch blutigen Besuch erwidert                        205
  Unlängst Graf Aquilar mit seinen Rittern.
  Der hat zum letzten Tanz uns aufgespielt;
  Und beim Geschmetter gellender Trompeten,
  Bei der Kanonen dumpfem Paukenschalle,
  Beim Kehrausfiedeln kastilian'scher Klingen,                     210
  Und bei der Kugeln lustig hellem Pfeifen,
  Flog jählings mancher Maure in den Himmel,
  Und wen'ge nur entrannen wir dem Tanzplatz.

    Doch sprich, Almansor, wie erging es Euch?
  Mit jenen Freunden floh ich jüngst hierher,                      215
  Und fand nur öde Säle, und betrübt
  Sahn auf mich nieder diese kahlen Wände,
  Und traur'ge Ahnung gab das traur'ge Schloß.

  _Almansor._ Verlange nicht ein Klagelied, laß schlummern
  Die lieben Toten und Almansors Schmerzen.                        220
  Du sahst ja damals, wie auf schwarzem Roß
  Der gute Aly hergebracht das Unglück.
  Nie kommt das Unglück ohne sein Gefolge!
  Tagtäglich kamen aus Granada schlimmre
  Botschaften her; und wie der Wandrer schnell                     225
  Sich mit dem Antlitz auf den Boden wirft,
  Wenn ihm entgegenweht der glühnde Samum,
  So stürzten wir oft weinend hin zur Erde,
  Daß uns der Kunden gift'ger Hauch nicht töte.
  Bald hörten wir vom Abfall unsrer Priester,                      230
  Der Morabiten und der Alfaquis; --

  _Hassan._ Gibt's irgendwo 'nen Glauben zu verschachern,
  So sind zuerst die Pfaffen bei der Hand.

  _Almansor._ Bald hörten wir, daß auch der große Zegri
  In feiger Todesangst, das Kreuz umklammert;                      235
  Daß vieles Volk dem Beispiel Großer folgte,
  Und Tausende ihr Haupt zur Taufe beugten; --

  _Hassan._ Der neue Himmel lockt viel alte Sünder.

  _Almansor._ Wir hörten, daß der furchtbare Ximenes,
  Inmitten auf dem Markte, zu Granada --                           240
  Mir starrt die Zung' im Munde -- den Koran
  In eines Scheiterhaufens Flamme warf!

  _Hassan._ Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher
  Verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.

  _Almansor._ Am Ende kam die allerschlimmste Botschaft:           245

      (Stockt.)

  Daß auch der gute Aly Christ geworden.

      (Pause.)

  Da quoll kein Tropfen aus des Vaters Augen,
  Kein Klagelaut entstahl sich seinem Mund,
  Kein Haar entraufte er dem greisen Haupte; --
  Nur seine Antlitzmuskeln zuckten krampfhaft,                     250
  Und wildverzerrt, und schneidend brach hervor
  Aus seiner Brust ein gellendes Gelächter.
  Und wie ich mich mit leisem Weinen nahte,
  Ergriff's wie Wahnsinnwut den armen Vater.
  Er zog den Dolch und nannt' mich »Schlangenbrut«                 255
  Und wollt' mir schon die Brust durchstoßen, -- plötzlich
  Zog sich's wie sanftrer Schmerz um seine Lippen.
  »Du, Knabe, sollst die Schuld nicht büßen,« sprach er,
  Und wankte fort nach seiner stillen Kammer.
  Dort saß er schweigend, ohne Speis' und Trank                    260
  Drei Tage lang. Doch wie er da hervorkam,
  Schien er wie umgewandelt. Ruhig war er,
  Befahl den Knechten: all sein Hab und Gut
  Auf Maultier' und auf Wagen aufzuladen;
  Befahl den Weibern: uns mit Wein und Brot,                       265
  Für eine lange Reise zu versorgen.
  Als das geschehn, nahm er in seine Arme,
  Und trug es selbst, das allerbeste Kleinod,
  Die Rolle der Gesetze Mahomets,
  Dieselben alten, heil'gen Pergamente,                            270
  Die einst die Väter mitgebracht nach Spanien.
  Und so verließen wir der Heimat Fluren,
  Und zogen fort, halb zaudernd und halb eilig,
  Als wenn es unsichtbar, mit weichen Armen
  Und schmelzend lieber Stimm', uns rückwärts zöge,                275
  Und dennoch Wolfsgeheul uns vorwärts triebe.
  Als wär's ein Mutterkuß beim letzten Scheiden,
  So sogen wir begierig ein den Duft
  Der span'schen Myrten- und Zitronenwälder:
  Derweil die Bäume klagend uns umrauschten,                       280
  Wehmütig süß die Lüfte uns umspielten,
  Und traur'ge Vöglein, wie zum Lebewohl,
  Uns stumme Wandrer stumm umflatterten.

  _Hassan._ Ihr hieltet fest in Euren treuen Händen
  Den besten Wanderstab, der Väter Glauben.                        285

  _Almansor._ Wo Tariks Fuß zuerst dies Land betrat,
  Setzten wir schleunig über nach Marokko,
  Wohin die Besten unsres Volkes flohn.
  Doch als wir landeten, erblich die Mutter,
  Und legte still ins Grab ihr müdes Haupt.                        290

  _Hassan._ Von rauher Hand versetzt in fremden Boden,
  Hat welken müssen solche zarte Lilie.

  _Almansor._ In Trauerkleidern reisten wir von dannen,
  Und schlossen uns an jene Karawanen,
  Die nach dem heil'gen Mekka gläubig wallen.                      295
  In Yemen, in dem Land der Stammesbrüder,
  Schloß auch Abdullah die verweinten Augen,
  Und schlummerte hinüber nach der Heimat,
  Wo kein Ximenes, keine Isabella.

  _Hassan._ Und gibt es in Arabien keine Örter,                    300
  Wo man den toten Vater kann beweinen?

  _Almansor._ O, kenntest du die Qual des Ruhelosen,
  Den unsichtbare Flammengeißeln treiben!
  Noch einmal wollt' ich küssen Spaniens Boden --

  _Hassan._ Und bei Gelegenheit Zuleimas Lippen.                   305

  _Almansor_ (ernst). Des Vaters Diener ist nicht Herr des Sohnes
  Drum, bittrer Hassan, laß dein bittres Deuteln.
  Ja, ich bekenn' es, nach Zuleima schmacht' ich,
  Wie nach dem Morgentau der Sand der Wüste.
  Noch diese Nacht geh' ich nach Alys Schloß.                      310

  _Hassan._ Geh nicht nach Alys Schloß! Pestörtern gleich
  Flieh jenes Haus, wo neuer Glaube keimt.
  Dort zieht man dir mit süßen Zangentönen
  Aus tiefer Brust hervor das alte Herz,
  Und legt dir eine Schlang' dafür hinein.                         315
  Dort gießt man dir Bleitropfen, hell und heiß,
  Aufs arme Haupt, daß nimmermehr dein Hirn
  Gesunden kann vom wilden Wahnsinnschmerz.
  Dorten vertauscht man dir den alten Namen,
  Und gibt dir einen neu'n, damit dein Engel,                      320
  Wenn er dich warnend ruft beim alten Namen,
  Vergeblich rufe. O, betörtes Kind,
  Geh nicht nach Alys Schloß! -- du bist verloren,
  Wenn man in dir Almansorn wiedersieht!

  _Almansor._ Besorge nichts; denn niemand kennt mich mehr.        325
  Mein Antlitz trägt des Grames tiefe Furchen,
  Getrübt von salz'gen Tränen ist mein Aug',
  Nachtwandlerartig ist mein schlanker Gang,
  Gebrochen, wie mein Herz, ist meine Stimme --
  Wer sucht in mir den blühenden Almansor?                         330
  Ja, Hassan, ja, ich liebe Alys Tochter!
  Nur einmal noch will ich sie schaun, die Holde!
  Und hab' ich mich noch einmal süß berauscht
  Im Anblick ihrer lieblichen Gestalt,
  In ihre Augen meine Seel' getaucht,                              335
  Und schwelgend eingehaucht den süßen Odem; --
  Dann geh' ich wieder nach Arabiens Wüste,
  Und setze mich auf jenen steilen Felsen,
  Wo Mödschnun saß und Leilas Namen seufzte! --
  Drum sei nur ohne Sorge, alter Hassan,                           340
  Im span'schen Mantel geh' ich, unbemerkt
  Und unerkannt, im ganzen Schloß herum,
  Und meine Bundgenossin ist die Nacht.

  _Hassan._ Trau' nicht der Nacht, sie birgt im schwarzen Mantel
  Viel arge Fratzenbilder, Molch' und Schlangen,                   345
  Und wirft sie heimlich hin vor deine Füße.
  Trau ihrem bleichen Buhlen nicht, der droben
  Liebäugelnd aus den Wolken niederblinzelt,
  Und hämisch bald, mit schrägen, fahlen Lichtern,
  Die Schreckgestalten deines Wegs beflimmert.                     350
  Trau' nimmer ihrer Bastardbrut dort oben,
  Den goldnen Kindlein, die so munter funkeln,
  Und freundlich tun, und liebeschmeichelnd nicken,
  Und dennoch, wie mit tausend glühnden Fingern,
  Am Ende spöttisch auf dich niederdeuten.                         355
  Geh nicht nach Alys Schloß! Am Eingang sitzen
  Drei dunkle Fraun, und harren deiner Rückkehr;
  Um würgend dich mit Inbrunst zu umarmen,
  Im Liebeskuß dein Herzblut auszusaugen!

  _Almansor._ Wirf hemmend dich in eines Mühlrads Speichen,        360
  Dräng mit der Brust zurück des Stromes Flut,
  Halt mit den Armen auf des Bergquells Sturz, --
  Doch halte mich nicht ab von Alys Schloß.
  Dort zieht's mich hin mit tausend Demantfäden,
  Die sich verwebt in meines Hirnes Adern,                         365
  Und in den Fasern meines Herzens; -- Hassan,
  Schlaf wohl! mein altes Schwert ist mein Begleiter.

  _Hassan._ Und deine Leuchte sei dein alter Glaube.

         *       *       *       *       *


      Alys Schloß. Erleuchtetes Kabinett mit einer großen
      Mitteltüre. Man hört Tanzmusik. _Don Enrique_ liegt zu
      _Zuleimas_ Füßen.

  _Don Enrique_ (pathetisch). Ein Zauberduft betäubet meine Sinne,
  Und schauernd weiß ich nicht, was ich beginne!                   370
  Anbetend sink' ich hin zu deinen Füßen,
  Um dich als heil'ge Jungfrau zu begrüßen!
  Du bist des Himmels Strahlenkuniginne,
  Der ich nicht nahen darf mit ird'scher Minne!
  Und wenn auch Hymens Bande uns umschließen --                    375
  Ich lieg' als Knecht dir immerdar zu Füßen!

      Die Musik hat aufgehört. _Don Diego_ ist während
      dieser Apostrophe hereingeschlichen und hat beide
      Flügel der Mitteltüre geöffnet. Man sieht einen
      prächtigen, menschenvollen Ballsaal. Die tanzenden
      Paare bleiben stehen und schauen freudig nach Don
      Enrique und Zuleima. Einige Stimmen rufen:

  Heil! Heil! Heil! unserm schönen Brautpaar!

      (Trompetentusch. Don Enrique steht auf. Don Diego
      schleicht sich wieder fort. Die Mitteltüre bleibt
      offen stehen.)

  _Zuleima_ (ernst). Führt mich zum Saal!

  _Don Enrique_ (reicht ihr den Arm; verwirrt). Sennora, mein
          Bedienter,
  Der Schalk hat dies getan.

  _Zuleima._                 Gut, Sennor, gut.

      _Aly_ und _ein Ritter_ treten in der Türe den Vorigen
      entgegen.

  _Aly_ (er faßt Don Enrique beim Arm). Nein, liebe Clara, laß
          mir deinen Bräut'gam;                                    380
  Hier Don Rodrigo führet dich zum Saal.

      (Zuleima, vom Ritter geführt, geht ab. Die Mitteltüre
      schließt sich.)

  _Don Enrique._ Ich wundre mich --

  _Aly_ (ernst).                    Erinnert Ihr Euch nicht,
  Daß ich noch ein Geheimnis für Euch habe,
  Das ich versprach noch vor dem Hochzeitstag
  Euch mitzuteilen, Sennor?

  _Don Enrique_ (neugierig und schmeichelnd). Ach, Ihr habt        385
  So vieles schon für mich getan --

  _Aly._                              Ich nichts,
  Nur, nur von Donna Clara hing es ab,
  Ob sie die Hand Euch reichen wollt'.

  _Don Enrique._                       Nein, Sennor,
  Nur Eure Stimme, die des Vaters, galt.

  _Aly._ Wohl hatt' ich Gründe, Claras Hand Euch nicht             390
  Zu geben. Doch ich hatte nicht das Recht.
  Denn wisset: Claras Vater bin ich nicht.

  _Don Enrique_ (kleinlaut). Ihr Vater nicht?

  _Aly_ (lächelnd).                    Seid ohne Sorge, Sennor.
  Urkundlich und durch Testamentes Kraft
  Hab' ich sie anerkannt als eigne Tochter.                        395
  Jetzt, Sennor, seht Ihr wohl, warum nur Clara
  Verfügen konnte über ihre Hand.
  Doch merkt's Euch, niemand hier, sie selber nicht,
  Kennt dies Geheimnis.

  _Don Enrique._        Sennor, staunen muß ich --

  _Aly._ Mitteilen aber muß ich's Euch, dem Bräut'gam.             400
  Doch erst gelobt mir, daß Ihr es verschweigt,
  Sogar vor Eurer Braut, damit ich ihr
  Den großen Schmerz erspare, und die Ruh'
  Aus ihrem süßen Herzchen nicht verscheuche.

  _Don Enrique_ (gibt ihm den Handschlag). Mit meinem Ritterwort'
          gelob' ich Schweigen.                                    405

  _Aly._ Ihr wißt, ich hieß nicht immer Don Gonzalvo.

  _Don Enrique._ Nicht minder schön und herrlich war der Name,
  Den jedermann Euch gab, dem guten Aly.

  _Aly._ Ja, ja! den guten Aly nannt' man mich!
  Doch hätt' man mich mit besserm Recht genannt:                   410
  Den Glücklichen. Denn Aly war einst glücklich,
  Durch Freundschaft und durch Liebe.

                                      Einen Freund,
  Den seltensten der Schätze, gab mir Gott.
  Und auch ein Weib, ein Weib, so schön, so mild --
  Nein, Sünde ist es, sie ein Weib zu nennen --                    415
  Ein Engel lag an meinem sel'gen Herzen;
  Und auch noch Vaterfreuden sollt' ich fühlen.
  Mein holdes Weib gebar mir einen Knaben;
  Sie selber aber wurde bleich und bleicher, --
  Und starb.

             Da goß der Freund mir Trost ins Herz,                 420
  Und da sein Weib, just zu derselben Zeit,
  Ein Töchterchen gebar, hat diese Gute
  Zu sich genommen mein verwaistes Kind,
  Und großgesäugt und mütterlich gepflegt.
  Doch als ich wieder zu mir nahm ins Schloß                       425
  Den Schmerzensohn, ergriff bei seinem Anblick
  Mich jedesmal aufs neu' der alte Schmerz
  Ob seiner toten Mutter. Dieses merkte
  Mein kluger Freund, und einst sprach er zu mir:
  Was dünkt dir, Aly, wenn wir unsre Kinder                        430
  Schon jetzt als Braut und Bräutigam verlobten,
  Um unsre Freundschaft fester noch zu gründen?
  Laut weinend fiel ich in des Freundes Arm,
  Und in derselben Stunde ward beschlossen:
  Daß ich des Freundes Tochter zu mir nehmen,                      435
  Und unter Ammenleitung hier im Schlosse,
  Selbst auferziehen sollt', damit ich selbst
  Dem eignen Sohn ein wackres Weib erziehe,
  Und daß mein Sohn erzogen werden sollte
  Von meinem Freund', damit er selber bilde                        440
  Den künft'gen Eh'mann seiner einz'gen Tochter.
  Und dies geschah.

  _Don Enrique._    Ich brenne vor Begier --

  _Aly._ Die Kinder wuchsen auf, und sahn sich oft,
  Und liebten sich, -- bis das Gewitter kam.
  Ihr wißt wohl, wie sein Blitzstrahl eingeschlagen                445
  In des Alhambras höchsten Turm, wie viele
  Der edelsten Geschlechter von Granada
  Zur Religion des Kreuzes sich gewandt.
  Ihr wißt, daß es der frommen Christenamme
  Schon längst gelang, Zuleimas sanftes Herz                       450
  Für Christum zu gewinnen, daß die Holde
  Den Heiland auch bald öffentlich bekannte,
  Und durch der Taufe heil'ges Sakrament
  Den schönen Namen Clara sich gewann.
  Ich ging denselben Weg, dem eignen Herzen                        455
  Und der geliebten Pflegetochter folgend.
  Ich hegte keinen Zweifel, daß mein Freund,
  Der Gleichgesinnte, gleichem Beispiel huld'ge.
  Doch wehe mir, er war ein blinder Moslem,
  Und nahm die Botschaft auf mit kaltem Zorne,                     460
  Und ließ mir melden: Seines Gottes Feind,
  Den hasse er, als seinen eignen Feind,
  Er wolle nie der Gottesleugnerin,
  Der eignen Tochter Antlitz wiedersehn,
  Er wolle fliehen aus dem Land der Schlangen                      465
  Und meinen Sohn, das eigne Pflegekind,
  Den wolle er dem Zorne Allahs opfern,
  Und mit des Sohnes Blut den Vater sühnen.
  Und Wort gehalten hat der Wüterich!
  Vergebens eilte ich nach seinem Schlosse;                        470
  Er war entflohn, entflohn mit seiner Beute.
  Ich sah den armen Knaben nimmer wieder;
  Und Krämer einst, die von Marokko kamen,
  Erzählten mir vom Tode meines Sohns.

  _Don Enrique_ (mit affektiertem Schmerze). O schrecklich!
          schrecklich! Rührung übermannt mich!                     475
  Mein Herz verblutet! Und Ihr habt Euch nicht
  Furchtbar gerächt an diesem Wüterich?
  Ihr hattet ja des Buben eigne Tochter
  In der Gewalt? Wie habt Ihr da gehandelt?

  _Aly_ (stolz). Ich hab' gehandelt, Sennor, wie ein Christ.       480

      (Geht ab.)

  _Don Enrique_ (allein). Soll ich es Don Diego sagen? Ja, ja.
  Er soll mal sehn, daß er nicht alles weiß.
  Er sieht mich an für dumm. Nur immer zu.
  Wir wollen sehen, wer der Klügste ist.

      (Die Tanzmusik beginnt wieder.)

  Doch still davon. Da rufen schönre Töne,                         485
  Und meine schöne Donna darf nicht warten.

      (Er geht ab.)

         *       *       *       *       *


      Nacht. Alys Schloß von außen. Die Fenster sind
      erleuchtet. Fröhliche Tanzmusik im Schlosse.
      _Almansor_ steht sinnend davor. Die Musik schweigt.

  _Almansor._ Fürwahr, recht hübsch ist die Musik. Nur schade,
  Hör' ich der Zimbeln hüpfend helles Klingen,
  Fühl' ich im Herzen tausend Natterstiche;
  Hör' ich der Geigen langsam weiche Töne,                         490
  Zieht mir ein Messer schneidend durch die Brust;
  Hör' ich dazwischen die Trompeten schmettern,
  Zuckt's mir durch Mark und Bein, wie'n rascher Blitz;
  Und hör' ich dröhnend dumpf die Pauken donnern,
  So fallen Keulenschläge auf mein Haupt.                          495

    Ich und dies Haus, wie passen wir zusammen?

      (Wechselnd nach dem Schlosse und nach seiner Brust
      zeigend.)

  Dort wohnt die Lust mit ihren Harfentönen;
  Hier wohnt der Schmerz mit seinen gift'gen Schlangen.
  Dort wohnt das Licht mit seinen goldnen Lampen;
  Hier wohnt die Nacht mit ihrem dunkeln Brüten.                   500
  Dort wohnt die schöne, liebliche Zuleima; --

      (Sinnet, zeigt endlich auf seine Brust.)

  Wir passen doch, -- hier wohnt Zuleima auch.
  Zuleimas Seel' wohnt hier im engen Hause,
  Hier in den purpurroten Kammern sitzt sie,
  Und spielt mit meinem Herzen Ball, und klimpert                  505
  Auf meiner Wehmut zarten Harfensaiten,
  Und ihre Dienerschaft sind meine Seufzer, --
  Und wachsam steht auch meine düstre Laune,
  Als schwarzer Frauenhüter, vor der Pforte.

      (Zeigt nach dem Schlosse.)

  Doch was dort oben in dem hellen Saal                            510
  Prachtvoll geschmückt und prangend stolz einhergeht,
  Und mit dem Lockenhaupte freundlich zunickt
  Dem seidnen Buben, der sich zierlich krümmt, --
  Das dort ist nur Zuleimas kalter Schatten,
  Nur eine Drahtfigur, der man ein Glasaug'                        515
  Im Wachsgesichte künstlich eingefugt,
  Und die, durch aufgedrehter Federn Kraft,
  Den leeren Busen wechselnd hebt und senkt.

      (Trompetentusch.)

  O weh! da kommt der seidne Bube wieder,
  Und fordert auf zum Tanz die Drahtfigur.                         520
  Das holde Glasaug' sendet süße Blitze!
  Das liebe Wachsgesicht bewegt sich lächelnd!
  Der schöne Federbusen schwillt und schwillt!
  Mit rauher Hand berühret dort der Bube
  Das leichtgebrechlich zarte Kunstgewebe --                       525

      (Rauschende Musik.)

  Umschlingt's mit frechem Arm, und zieht es fort
  In wilder Tänzer flutendes Gedränge!
  Halt ein! halt ein! Ihr Geister meiner Leiden,
  Reißt fort den Buben von dem Leib der Holden!
  Schlagt ein! schlagt ein! Ihr Blitze meines Zorns!               530
  [Und lähmt die Hand, die meinen Himmel faßt!]
  Brecht ein! brecht ein! Ihr Mauern dieses Schlosses,
  Und stürzt zermalmend auf des Frevlers Haupt!

      (Pause; leisere Musik.)

  Sie bleiben ruhig stehn, die alten Mauern,
  Und meine Wut zerschellt an ihren Quadern.                       535

    Ihr seid gar stark gebaut, ihr festen Mauern,
  Und doch habt ihr ein schwach und schlecht Gedächtnis!
  Ich heiß' Almansor, und war sonst der Liebling
  Des guten Aly, und auf Alys Knieen
  Wohnt' ich, und »lieber Sohn« nannt' Aly mich,                   540
  Und strich mir dann mit sanfter Hand den Kopf; --
  Und jetzt steh' ich, wie'n Bettler, vor der Türe!

      (Die Musik schweigt. Man hört im Schlosse verworrene
      Stimmen und lautes Gelächter.)

  Da spottet's mein; holla! ich lache mit!

      (Schlägt an die Pforte.)

  Macht auf! macht auf! ein Gast will übernachten!

      Die Schloßtüre öffnet sich. _Pedrillo_ erscheint mit
      einem Armleuchter; er bleibt in der Türe stehen.

  _Pedrillo._ Beim heiligen Pilatus! Ihr klopft stark;             545
  Auch kommt Ihr spät zum Ball, er ist schon aus.

  _Almansor._ Ich suche keinen Ball, ich such' ein Obdach;
  Bin fremd und müd', und dunkel ist die Nacht.

  _Pedrillo._ Beim Barte des Propheten -- ich wollt' sagen
  Der heiligen Eli -- Elisabeth --                                 550
  Das Schloß ist keine Herberg mehr. Unweit
  Von hier steht so ein Ding, das nennt man Wirtshaus.

  _Almansor._ So wohnt allhier nicht mehr der gute Aly,
  Wenn Gastlichkeit aus diesem Schloß verbannt ist.

  _Pedrillo._ Beim heil'gen Jago von -- von Compostella!           555
  Nehmt Euch in acht, denn Don Gonzalvo zürnt,
  Wenn man ihn noch den guten Aly nennt.
  Zuleima nur, (schlägt sich vor die Stirn) wollt' sagen
          Donna Clara,
  Darf noch den Namen Aly nennen. Aly,
  Der irr't sich auch, und nennt sie oft Zuleima.                  560
  Auch ich, ich heiße jetzt nicht mehr Hamahmah,
  Pedrillo heiß ich, wie in seiner Jugend
  Der heil'ge Petrus hieß; und auch Habahbah,
  Die alte Köchin, heißt jetzt Petronella,
  Wie einst die Frau des heil'gen Petrus hieß;                     565
  Und was die alte Gastlichkeit betrifft,
  So ist das eine jener Heidensitten,
  Wovon dies christlich fromme Haus gesäubert.
  Gut Nacht! Ich muß jetzt leuchten unsern Gästen,
  Es ist schon spät, und manche wohnen weit.                       570

      (Er geht ins Schloß zurück und schlägt die Pforte zu.
      Im Schlosse wird es bewegter.)

  _Almansor_ (allein). Kehr' um, o Pilger, denn hier wohnt
          nicht mehr
  Der gute Aly und die Gastlichkeit;
  Kehr' um, o Moslem, denn der alte Glaube
  Ist ausgezogen längst aus diesem Hause;
  Kehr' um, Almansor, denn die alte Liebe                          575
  Hat man mit Hohn zur Tür hinausgestoßen,
  Und laut verlacht ihr leises Todeswimmern.
  Verändert sind die Namen und die Menschen;
  Was ehmals Liebe hieß, heißt jetzo Haß. --
  Doch hör' ich schon die lieben Gäste kommen,                     580
  Und gar bescheiden geh' ich aus dem Weg.

      (Geht ab.)

      Das Schloßtor öffnet sich ganz; _buntes Gewühl_ und
      verworrene Stimmen. _Bediente_ mit Lichtern treten
      hervor.

  _Alys Stimme._ Nein, Sennor, nein, das leid' ich nimmermehr.

  _Eine andre Stimme._ Die Nacht ist ja recht schön und
          sternenhell.
  Unweit von hier stehn unsre Pferd' und Maultier',
  Und weiche Sänften für die weichen Damen.                        585

  _Eine dritte Stimme_ (beschwichtigend). Nur eine kleine Strecke
          ist's, Sennora,
  Und nicht zu groß für Euren kleinen Fuß.

      _Damen_, _Ritter_, _Fackelträger_, _Musikanten_ usw.
      kommen aus dem Schlosse. Jede Dame wird von einem
      Ritter geführt.

  _Erster Ritter._ Verstandet Ihr den leisen Wink, Sennora?

  _Seine Dame_ (lächelnd). Ihr seid heut' boshaft, boshaft, Don
          Antonio.

      (Gehn vorüber.)

  _Eine andre Dame_ (heftig). Doch überladen war die Stickerei,    590
  Und noch ein bißchen maurisch war der Schnitt.

  _Ihr Ritter_ (mit verstelltem Ernste). Jedoch was soll das
          arme Mädchen machen
  Mit all den alten, reichen Maurenkleidern?

  _Die Dame._ Gibt's keine Maskenbälle, süßer Spötter?

      (Gehn vorüber.)

      _Zwei Ritter_ gehn im Arm gefaßt.

  _Der Erste._ Dem alten Herrn sah man den Ärger an,               595
  Als ihm der Diener, mit =gekreuzten= Armen,
  Des Bratens Unfall in der Angst berichtet.

  _Der Zweite_ (spöttisch). Das war noch nichts. Er biß sich
          blau die Lippen,
  Als Carlos laut den wilden Schweinskopf lobte,
  Und scherzhaft drollig den Propheten schalt,                     600
  Der seinem Volk' ein solch Gericht versagt hat.

  _Der Erste_ (gutmütig). Aus lieber Dummheit tat's der alte
          Schlemmer,
  Dem Wein und Bratenduft den Sinn umnebelt.

  _Der Zweite_ (mit schlauem Seitenblick). Die Dummheit geht oft
          Hand in Hand mit Bosheit.

      (Gehn vorüber.)

      _Zwei andre Ritter_ kommen sprechend.

  _Der eine Ritter_ (sieht sich sorgsam um). Wir waren wohl die
          einz'gen Maurenchristen,                                 605
  Die Aly eingeladen, und als Carlos --

  _Der andre Ritter._ Versteh', Schmerz zuckte über Alys Antlitz,
  Er sah uns forschend an, -- wem traut man jetzt?

      (Gehn langsam vorüber.)

      _Musikanten_, ihre Instrumente stimmend, gehen
      vorüber.

  _Ein junger Fiedler._ Gesprungen ist mir wieder eine Saite.

  _Der Alte._ Ja, ja, im Kopfe springt dir sicher keine;           610
  Die Saiten des Gehirns strengst du nicht an,
  Und plagst mich immer mit den dümmsten Fragen.

  _Der junge Fiedler_ (schmeichelnd). Nur eins noch sag mir,
          dein Verstand ist ja
  So fein, wie eines Fiedelbogens Härchen;
  Und du bist ja der Klügste von uns allen,                        615
  Du stehst ja zwischen uns, so wie dein Brummbaß
  Großmächtig stehet zwischen unsern Geigen --
  Doch du bist auch so brummig wie dein Brummbaß --
  O sag' mir doch: warum denn Don Gonzalvo
  So hastig und so ängstlich auf uns einsprang,                    620
  Als wir den hübschen Maurentanz, den Zambrah,
  Aufspielen wollten, und warum statt dessen
  Hieß er den spanischen Fandango spielen?

  _Der Alte_ (mit selbstgefällig pfiffiger Miene). He! he! das
          weiß ich wohl, doch sag' ich's nicht;
  Denn so was spielt schon in die Politik.                         625

      (Sie gehn vorüber.)

      (Man hört im Schlosse Don Enriques Stimme.)

  _Don Enrique._ Ich hab' genug an =einem= Fackelträger.
  Mein Esel, der Diego, leuchtet mir;

      (zärtlich)

  Und vor mir schweben immer, freundlich leitend,
  Zwei Liebessternlein, Donna Claras Augen!

      Verworrene Stimmen. Die Türe wird geschlossen. _Don
      Enrique_ und _Don Diego_ treten auf; letzterer in
      Bedientenkleidung und eine Fackel tragend.

  _Don Diego_ (stolz). Wir tauschen jetzt die Rollen, gnäd'ger
          Herr,                                                     630
  Und Ihr seid jetzt der Diener und -- der Esel.

  _Don Enrique_ (nimmt die Fackel). Ich tat nach Kräften, Sennor,
          seid nicht launisch.

  _Don Diego_ (mit Grandezza). Auf Ehre, Sennor, ganz ein andrer
          schien't Ihr,
  Als ich zuerst Bekanntschaft mit Euch machte,
  Im Zuchthaus zu Puente del Sahurro.                              635

  _Don Enrique_ (beschwichtigend). Grollt nicht, ich bin Eu'r
          treuer Zögling, Sennor.

  _Don Diego._ Mein Zögling muß, mit beßren Schmeichelein,
  Sich reicher Damen Gunst erwerben können.
  Was soll denn der Vergleich mit schmächt'gen Sternlein?
  Mit Sonnen muß man so ein Lieb vergleichen!                      640
  Lernt nur auswendig besser unsre Dichter,
  Und schmiert mit Öl geschmeidig Eure Zung',
  Die Euch wie eingerostet lag im Munde,
  Als Ihr so stumm an Claras Seite saßet.

  _Don Enrique_ (schmachtend). Ich sah entzückt auf ihr
          schneeweißes Händchen!                                   645

  _Don Diego_ (auflachend). Hätt' Euch das Blitzen ihrer
          Demantringe
  Das Aug' geblendet, und die Zung' gelähmt,
  So ließ' ich gelten solch ein süß Verstummen.

      (Ironisch langsam)

  Entzücken soll Euch freilich Claras Hand,
  Wenn sie der alte Herr gefüllt mit -- Gold.                      650
  Dann will ich mit Euch teilen Eu'r Entzücken,
  Das klingend helle, goldene Entzücken!
  Doch überlass' ich Euch allein die Freude
  Am süßen Spiele ihrer weißen Finger,
  An ihrer Muskeln sanftgeschwellter Weichheit,                    655
  Und an der Adern bläulichem Gewebe!

  _Don Enrique_ (aufgeblasen). Kein Spott! Ich freie zwar des
          Vaters Schätze,
  Jedoch gesteh' ich: Claras Schönheit rührt mich.

  _Don Diego._ Mistpfütze, hüte dich, daß man dich rühre!
  Kein Ambraduft steigt auf durch solche Rührung.                  660
  Lieb' nicht nach innen, liebe nur nach außen!
  Gefühle sind gar schlechte Liebeswerber;
  Wort, Miene und Bewegung sind weit bess're.
  Und dringen diese Werber noch nicht durch,
  So helfen schön gefärbte Jünglingswangen,                        665
  Elastisch üpp'ge Waden aus Madrid,
  Schnürleiber, hohe Polsterbrust und Kunstbauch,
  Die Waffen aus dem Schneiderarsenal.
  Und sind auch die zu stumpf, so helfen sicher
  Die Mauerbrecher, --

      (Sieht ihn kalt lächelnd an.)

                       Sennor, kennt Ihr noch                      670
  Die Dokumente, die ich ausgefertigt,
  Mit alter Schrift und mit erlosch'ner Dinte,
  Die vorsätzlich im Schloß verlornen Briefe,
  Die Don Gonzalvo fand, und draus ersah --

      (Lachend)

  Ja, Sennor, mir, mir habt Ihr es zu danken,                      675
  Daß Ihr ein Prinz geworden; -- Seid jetzt folgsam;
  Sprecht nur wie ich's Euch habe einstudiert;
  Sprecht viel von Religion und von Moral;
  Zeigt jene Wunden oft, die Euch im Zuchthaus
  Der Büttel schlug, und nennt sie heil'ge Narben,                 680
  Die Ihr im Feldzug für die gute Sache
  Erbeutet habt; sprecht viel von der Courage;
  Vor allem aber kräuselt oft den Schnauzbart.

  _Don Enrique._ Ich beuge mich vor Eurer Klugheit, Sennor.
  Nur kann ich noch Eu'r Kunststück nicht begreifen,               685
  Wie Ihr den Pfaffen ins Intresse zoget?

  _Don Diego._ Die Pfaffen sind ja auch vom Handwerk, Sennor,
  Und heil'ge Männer haben heil'ge Zwecke,
  Und brauchen Gold für ihre Kirchenkelche,
  Und brauchen Wein, um sie damit zu füllen.                       690
  Ihr merktet nicht daß ich die Volte schlug?
  Ich gab Euch gute Karten, und da trumpft
  Nun Euer Herz die Dame, und den König,
  Den Alten, trumpft Ihr lustig mit dem Kreuz;
  Und morgen ist das Spiel gewonnen, morgen,                       695
  Dann gratulier' ich Euch zu Eurer Hochzeit.

  _Don Enrique_ (andächtig gen Himmel schauend). Ich danke dir,
          du Vater in der Höh'!

  _Don Diego._ Ja, freilich in der Höh', denn luftig schwebt er
  Am hohen Galgen, zu San Salvador.

      (Sie gehn ab.)

      _Almansor_ tritt auf.

  _Almansor._ Die buntgeputzten Fledermäus' und Eulen              700
  Sind nun vorbei geflirrt. Recht widerlich
  Drang mir ins Ohr ihr heiserharsches Schrillen,
  Und atmen konnt' ich kaum in ihrer Näh'.
  Zuleima, dich umschwärmt solch Nachtgevögel?
  Dich, weiße Taub', umkreisen solche Raben?                       705
  Dich, schöne Ros', umkriechet solch Gewürm?
  Hält denn ein Zauber dich umstrickt, Zuleima?
  Ist denn das Bild des flehenden Almansors
  In deiner Seele ganz und gar erloschen?
  Kommt nie Erinn'rung an Almansors Liebe                          710
  Aus deinem Busen seufzend aufgestiegen?

    Dort oben wallen tausend Liebesboten,
  Und jedem gab ich tausend Liebesgrüße,
  Und schmerzlich süß entfloß mein glühend Blut
  Bei jedem Gruß, aus tausend Liebeswunden;                        715
  Und dennoch brachte keiner dieser Boten
  Der Heißgeliebten meine heißen Grüße!
  Schämt euch, untreue Boten, Sterne oben,
  Die ihr so klug und pfiffig niederblinzelt,
  Und euch als Menschenschicksal-Lenker brüstet!                   720
  Ihr konntet nicht bestellen meine Grüße --
  Und blöde Tauben tragen, treu und sicher,
  Den Liebesbrief des Hirten in der Wüste! --

    Das Schloßgesinde ist zu Bett gegangen,
  Bedächtig sind die Lichter ausgelöscht,                          725
  Und nur ein einz'ges noch strahlt dort durchs Fenster.
  Ich kenn' dies Fenster noch; dort schläft Zuleima.
  Dort stand ich manche schöne Sommernacht,
  Und ließ die Laute klingen, bis die Liebste
  Mit süßem Wort auf dem Balkon erschien.                          730

      (Er zieht eine Laute hervor.)

  Hier ist die alte Laute. Klingend schwebt mir
  Im Kopf' das alte Lied; und sehen möcht' ich,
  Ob auch der alte Zauberklang noch wirkt.

      (Er spielt und singt.)

          Güldne Sternlein schauen nieder
        Mit der Liebe Sehnsuchtwehe;                               735
        Bunte Blümlein nicken wieder,
        Schauen schmachtend in die Höhe.

          Zärtlich blickt der Mond herunter,
        Spiegelt sich in Bächleins Fluten,
        Und vor Liebe taucht er unter,                             740
        Kühlt im Wasser seine Gluten.

          Wollustatmend, in der Schwüle,
        Schnäbeln weiße Turteltäubchen;
        Flimmernd, wie zum Liebesspiele,
        Fliegt der Glühwurm nach dem Weibchen.                     745

          Lüftlein schauern wundersüße,
        Ziehen feiernd durch die Bäume,
        Werfen Kuß und Liebesgrüße
        Nach den Schatten weicher Träume.

          Blümlein hüpfet, Bächlein springet,                      750
        Sternlein kommt herabgeschossen,
        Alles wacht und lacht und singet, --
        Liebe hat ihr Reich erschlossen.

  _Zuleimas_ (Stimme im Schloß). Ist es ein Traum, der
          freundlich mich umgaukelt,
  Und liebe Töne in mein Ohr zurückruft?                           755
  Ist es ein Unhold, der mich zu verlocken,
  Des Freundes süße Stimme künstlich nachäfft?
  Ist's gar der tote, irrende Almansor,
  Der in der Nacht gespenstisch mich umschleicht?

  _Almansor._ Es ist kein Traum, der täuschend dich umgaukelt,     760
  Es ist kein Unhold, der dich will verlocken,
  Auch ist's kein toter, irrender Almansor --
  Es ist Almansor selbst, der Sohn Abdullahs.
  Er ist zurückgekehrt, und trägt noch immer
  Lebend'ge Liebe im lebend'gen Herzen.                            765

      _Zuleima_ tritt mit einem Lichte auf den Balkon.

  _Zuleima._ Sei mir gegrüßt, Almansor ben Abdullah,
  Sei mir gegrüßt im Reiche der Lebend'gen!
  Denn längst kam uns die trübe Mär': tot sei
  Almansor, -- und Zuleimas Augen wurden
  Zwei unversiegbar stille Tränenquellen.                          770

  _Almansor._ O süße Lichter, holde Veilchenaugen,
  So seid ihr mir noch immer treu geblieben,
  Als meiner schon vergaß Zuleimas Seele!

  _Zuleima._ Die Augen sind der Seele klare Fenster,
  Und Tränen sind der Seele weißes Blut.                           775

  _Almansor._ Und floß auch Blut schon aus Almansors Seele,
  Am Grab' der Mutter und am Grab' des Vaters,
  So muß sie jetzt doch ganz und gar verbluten,
  Hier an dem Grabe von Zuleimas Liebe.

  _Zuleima._ O schlimme Worte und noch schlimm're Kunde!           780
  Ihr bohrt euch schneidend ein in meine Brust,
  Und auch Zuleimas Seele muß verbluten.

      (Sie weint.)

  _Almansor._ O weine nicht! Wie glühnde Naphthatropfen,
  So fallen deine Tränen auf mein Herz.
  Mein Wort soll dich jetzt nimmermehr verletzen!                  785
  Verehren will ich dich wie'n Heiligtum,
  In dessen Näh' sogar des Blutes Rächer
  Die scharfe Spitze abbricht von der Lanze;
  In dessen Näh' die Taube und Gazelle
  Gesichert sind vor schlimmen Jägerspfeilen;                      790
  In dessen Näh' selbst gier'ge Räubershände
  Sich demutsvoll nur zum Gebet bewegen.
  Zuleima, du bist meine heil'ge Kaaba,
  Dich glaubte ich zu küssen, als zu Mekka
  Mein glühnder Mund berührt den heil'gen Stein; --                795
  Du bist so süß, doch auch so kalt wie er!

  _Zuleima._ Bin ich dein Heiligtum, so brich sie ab,
  Die scharfe Lanzenspitze deiner Worte;
  So laß im Köcher ruhn die argen Pfeile,
  Die luftbefiedert in mein Herze treffen;                         800
  Und falte nicht wie zum Gebet die Hände,
  Um desto sich'rer meine Ruh' zu rauben.
  Genug schon schmerzt mich deine böse Kunde
  Vom Tod Abdullahs und Fatymas; beide
  Hab' ich wie eigne Eltern stets geliebt,                         805
  Und beide nannten mich auch gerne »Tochter!«
  O sprich, wie starb Fatyma, unsre Mutter?

  _Almansor._ Auf ihrem Ruhebette lag die Mutter,
  Zur Linken kniete ich, und weinte still,
  Zur Rechten stand Abdullah, starr und stumm,                     810
  Und mit der Friedenspalme schwebte sichtbar
  Der Todesengel über Mutters Haupt.
  Ich wollte sie entreißen diesem Engel,
  Und ängstlich hielt ich fest der Mutter Hand.
  Doch wie die Sanduhr leis und leiser rinnet,                     815
  So rann das Leben aus der Hand der Mutter;
  Auf ihrem bleichen Antlitz zuckten wechselnd
  Ein Lächeln und ein Schmerz, und wie ich leise
  Mich hinbog über sie, da seufzte sie
  Aus tiefer Brust: »Bring diesen Kuß Zuleimen!«                   820
  Bei diesem Namen stöhnte auf Abdullah,
  Wie ein zu Tod getroff'nes wildes Tier.
  Die Mutter sprach nicht mehr, die kalte Hand nur
  Lag in der meinigen, wie ein Versprechen.

  _Zuleima._ O Mutter, o Fatyma, du hast noch                      825
  Bis in den Tod geliebt dein armes Kind!
  Abdullah aber hat mich noch gehaßt,
  Als er hinabstieg in sein dunkles Haus.

  _Almansor._ Nicht mit ins Grab nahm er den Haß. Obzwar,
  Wenn nur durch Zufall ihm ins Ohr geklungen                      830
  Die Namen Aly und Zuleima, so
  Erwacht' in seiner Brust der Sturm, wie Wolken
  Umzog es seine Stirn', sein Auge blitzte,
  Und seinem Mund' entquoll Verwünschungsfluch.
  Doch einst nach solchem Sturme fiel der Vater                    835
  Ermattet und betäubt in tiefen Schlaf.
  Ich stand bei ihm, auf sein Erwachen harrend.
  Wie staunte ich! Als er die Wimper aufschlug,
  Da lag in seinem Blick', statt Zornesglühen,
  Nur klare Freundlichkeit und fromme Milde;                       840
  Statt seiner Wahnsinnsschmerzen wildes Zucken,
  Umschwebte heit'res Lächeln seine Lippen;
  Und statt den grausen Fluch hervorzufluchen,
  Sprach er zu mir mit leiser, weicher Stimme:
  »Die Mutter will's nun mal, ich kann's nicht ändern,             845
  Drum geh nur hin, mein Sohn, durchschiff' das Meer,
  Geh nach Hispanien zurück, geh hin
  Nach Alys Schloß, und suche dort Zuleima,
  Und sage ihr« --

                   Da kam ein Todesengel,
  Und schnitt mit scharfem Schwerte rasch entzwei                  850
  Abdullahs Leben und Abdullahs Rede.

      (Pause.)

  Ich habe ihn ins Grab gelegt, doch nicht,
  Nach Moslembrauch, das Antlitz gegen Mekka;
  Gegen Granada hab' ich, wie er's einst
  Befahl, sein totes Angesicht gerichtet.                          855
  So liegt er mit den stieren, offnen Augen,
  Und sieht mir immer nach.

      (Sich allmählich umdrehend.)

                            Du toter Vater,
  Du sahst mich wandern durch den Sand der Wüste,
  Und sahst mich schiffen nach der Küste Spaniens,
  Und sahst mich eilen nach dem Schlosse Alys,                     860
  Und siehst mich hier, --

                           hier steh' ich vor Zuleima,
  Sag nun, Abdullahs Geist, was soll ich sprechen?

      Eine in einem schwarzen Mantel verhüllte _Gestalt_
      tritt auf.

  _Die Gestalt._ O sprich zu ihr: Zuleima, steig herunter
  Aus deines Marmorschlosses güldnen Kammern,
  Und schwing dich auf Almansors edles Roß.                        865
  Im Lande, wo des Palmbaums Schatten kühlen,
  Wo süßer Weihrauch quillt aus heil'gem Boden,
  Und Hirten singend ihre Lämmer weiden;
  Dort steht ein Zelt von blendend weißer Leinwand,
  Und die Gazelle mit den klugen Augen,                            870
  Und die Kamele mit den langen Hälsen,
  Und schwarze Mädchen mit den Blumenkränzen,
  Stehn an des Zeltes buntgeschmücktem Eingang,
  Und harren ihrer Herrin -- o Zuleima,
  Dorthin, dorthin entfliehe mit Almansor.                         875

         *       *       *       *       *


      Garten vor Alys Schloß, blühend und von der
      Morgensonne beleuchtet. _Zuleima_ liegt betend vor
      einem Christusbilde. Sie steht langsam auf.

  _Zuleima._ Und doch liegt noch die Sorg' auf dieser Brust!
  Mein Herze zittert noch. Ist es vor Freude,
  Daß er noch lebt, den ich als tot beweint?
  Nein, nicht vor Freude, die verträgt sich nicht
  Mit meinem heil'gen Eid, mit dem Versprechen,                    880
  Das ich dem frommen Abt des Klosters gab.
  Almansor ist zurückgekommen! Wenn
  Mein Vater das erfährt -- wird nicht sein Zorn
  Den Sohn des Todfeinds treffen? Noch erlosch nicht
  Sein Groll, noch liegen lauernd in der Brust ihm                 885
  Viel schlimme Geister, die mit Wut entsteigen,
  Wenn nur sein Ohr Abdullahs Namen hört.
  Was hat Abdullah ihm getan? Mein Vater
  Ist sonst so mild! Ich hab' ihn oft behorcht;
  Des Nachts durchwandelt er des Schlosses Gänge,                  890
  Mit bloßem Schwert, und ruft: »Abdullah, komm,
  Wir wollen fechten, Blut will Blut« -- Almansor!
  Dich darf er nimmer schau'n, entflieh! entflieh!
  Der Väter Feindschaft bringt den Kindern Tod.
  Mit meinem Schleier will ich dich umhüllen,                      895
  Daß meines Vaters Blick dich nimmer treffe.
  Ich seh' dich in Gefahr, und es erwachen
  All die Gefühle, die mich einst bewegten,
  Als wir noch Braut und Bräut'gam kindisch spielten,
  Als du den morschen Apfelbaum erklettert,                        900
  Als ich dich weinend, und mit bangen Bitten,
  Herunterlockte von der schlimmen Höh'.

      (Sinnend.)

  »Tot ist Almansor«, sagten böse Leute,
  Und böser Kunde glaubte böses Herz,
  Und Braut des fremden Mannes ward Zuleima!                       905
  Ich will dich lieben, wie man liebt den Bruder, --
  Sei mir ein Bruder, lieblicher Almansor!

      (Sie sieht zur Erde, und seufzt: »Almansor!«)

      _Almansor_ ist unterdessen hinter Zuleima erschienen,
      naht sich derselben unbemerkt, legt beide Hände auf
      ihre Schulter, und lächelnd seufzt er im selben Tone:
      »Zuleima!«

  _Zuleima_ (dreht sich erschrocken um, und betrachtet ihn
          lange). Du hast dich viel verändert, mein Almansor.
  Du siehst fast aus wie'n starker Mann, doch hast du
  Die wilden Knabensitten nicht vergessen,                         910
  Und störst mich wieder, ebenso wie sonst,
  Wenn ich mit meinen Blumen heimlich spreche.

  _Almansor_ (heiter lächelnd). Sag' mir, mein Liebchen, welche
          Blume ist es,
  Die jetzt »Almansor« heißt? Ein trüber Name,
  Der nur für Trauerblumen passen könnt'!                          915

  _Zuleima._ Sag' mir zuvor, du wilder, finstrer Buhle,
  Wer war der schwarze Sprecher diese Nacht?

  _Almansor._ Es war ein alter Freund, du kennst ihn gut.
  Der alte Hassan war's, der vielbesorgt,
  Wie'n treues Tier, gefolget meiner Spur.                         920
  Leg' ab, mein süßes Lieb, die finstre Miene,
  Den schwarzen Flor, der deinen Blick umdüstert.
  Wie'n Schmetterling die Raupenhülle abstreift
  Und leuchtend bunt entfaltet seine Flügel,
  So hat die Erde abgestreift das Dunkel,                          925
  Womit die Nacht ihr schönes Haupt umschleiert.
  Die Sonne senkt sich küssend auf sie nieder;
  Im grünen Wald erwacht ein süßes Singen;
  Der Springborn rauscht und stäubet Diamanten;
  Die hübschen Blümlein weinen Wonnetränen; --                     930
  Das Licht des Tages ist ein Zauberstab,
  Der all die Blumen und die Lieder weckte,
  Der selbst Almansors Seele konnt' entnachten.

  _Zuleima._ Trau' nicht den Blumen, die hierher dir winken,
  Trau' nicht den Liedern, die hierher dich locken,                935
  Sie winken und sie locken in den Tod.

  _Almansor._ Ich weiche nicht, und weich' auch nicht dem Tod.
  Mir ist so wohl, so heimlich wohl allhier!
  Sie steigen auf, die goldnen Knabenträume!
  Hier ist der Garten, wo ich gerne spielte,                       940
  Hier blühn die Blumen, die mir freundlich nickten,
  Hier singt der Zeisig, der mich morgens grüßt', --
  Doch sprich, mein Lieb, ich sehe nicht die Myrte,
  Wo sie einst stand, da steht jetzt die Zypresse?

  _Zuleima._ Die Myrte starb, und auf das Grab der Myrte           945
  Hat man gepflanzt die traurige Zypresse.

  _Almansor._ Noch steht die Laube von Jasmin und Geißblatt,
  Wo wir die hübschen Märchen uns erzählten,
  Von Mödschnuns Wahnsinn und von Leilas Sehnsucht,
  Von beider Liebe und von beider Tod.                             950
  Hier steht auch noch der liebe Feigenbaum,
  Mit dessen Frucht du meine Märchen lohntest;
  Hier stehn auch noch die Trauben und Melonen,
  Die uns erquickten, wenn wir lang geschwatzt --
  Doch sprich, mein Lieb, ich seh' nicht den Granatbaum,           955
  Worauf einst saß und sang die Nachtigall,
  Ihr Liebesweh der roten Rose klagend.

  _Zuleima._ Die rote Rose ward vom Sturm entblättert,
  Die Nachtigall samt ihrem Liede starb,
  Und böse Äxte haben abgehau'n                                    960
  Den edeln Stamm des blühenden Granatbaums.

  _Almansor._ Hier ist mir wohl! Auf diesem lieben Boden
  Klebt fest mein Fuß, wie heimlich angekettet;
  Ich bin gebannt in diesen lieben Kreisen,
  Die du um mich gezogen, schöne Fee;                              965
  Vertraute Balsamdüfte mich umhauchen,
  Die Blumen sprechen und die Bäume singen,
  Bekannte Bilder hüpfen aus den Büschen --

      (Er erblickt das Christusbild, befremdet.)

  Doch sprich, mein Lieb, dort steht ein fremdes Bild,
  Das schaut mich an so mild, und doch so traurig,                 970
  Und eine bittre Träne läßt es fallen
  In meinen schönen, goldnen Freudenkelch.

  _Zuleima._ Und kennst du nicht dies heil'ge Bild, Almansor?
  Hast du es nie geschaut in sel'gen Träumen?
  Trafst du es wachend nie auf deinen Wegen?                       975
  Besinn' dich wohl, du mein verlor'ner Bruder!

  _Almansor._ Wohl traf ich schon auf meinem Weg dies Bildnis,
  Am Tage meiner Rückkehr in Hispanien.
  Links an der Straße, die nach Xeres führt,
  Steht prangend eine herrliche Moschee,                           980
  Doch wo der Türmer einst vom Turme rief:
  »Es gibt nur einen Gott, und Mahomet
  Ist sein Prophet!« da klung jetzund herab
  Ein dröhnend dumpfes, schweres Glockenläuten.
  Schon an der Pforte goß sich mir entgegen                        985
  Ein dunkler Strom gewalt'ger Orgeltöne,
  Die hoch aufrauschten und wie schwarzer Sud
  Im glühnden Zauberkessel qualmig quollen.
  Und wie mit langen Armen, zogen mich
  Die Riesentöne in das Haus hinein,                               990
  Und wanden sich um meine Brust, wie Schlangen,
  Und zwängten ein die Brust, und stachen mich,
  Als läge auf mir das Gebirge Kaff,
  Und Simurghs Schnabel picke mir ins Herz.
  Und in dem Hause scholl, wie'n Totenlied,                        995
  Das heisre Singen wunderlicher Männer,
  Mit strengen Mienen und mit kahlen Häuptern,
  Umwallt von blum'gen Kleidern, und der feine
  Gesang der weiß- und rotgeröckten Knaben,
  Die oft dazwischen klingelten mit Schellen                      1000
  Und blanke Weihrauchfässer dampfend schwangen.
  Und tausend Lichter gossen ihren Schimmer
  Auf all das Goldgefunkel und Geglitzer,
  Und überall, wohin mein Auge sah,
  Aus jeder Nische nickte mir entgegen                            1005
  Dasselbe Bild, das ich hier wiedersehe.
  Doch überall sah, schmerzenbleich und traurig,
  Des Mannes Antlitz, den dies Bildnis darstellt.
  Hier schlug man ihn mit harten Geißelhieben,
  Dort sank er nieder unter Kreuzeslast,                          1010
  Hier spie man ihm verachtungsvoll ins Antlitz,
  Dort krönte man mit Dornen seine Schläfe,
  Hier schlug man ihn ans Kreuz, mit scharfem Speer
  Durchstieß man seine Seite, -- Blut, Blut, Blut
  Entquoll jedwedem Bild. Ich schaute gar                         1015
  Ein traurig Weib, die hielt auf ihrem Schoß',
  Des Martermannes abgezehrten Leichnam,
  Ganz gelb und nackt, von schwarzem Blut umronnen --
  Da hört' ich eine gellend scharfe Stimme:
  »Dies ist sein Blut,« und wie ich hinsah, schaut' ich           1020

      (schaudernd)

  Den Mann, der eben einen Becher austrank.

      (Pause.)

  _Zuleima._ Ins Haus der Liebe trat dein Fuß, Almansor,
  Doch Blindheit lag auf deinen Augenwimpern.
  Vermissen mochtest du den heitern Schimmer,
  Der leicht durchgaukelt alte Heidentempel,                      1025
  Und jene Werkeltagsbequemlichkeit,
  Die in des Moslems dumpfer Betstub' kauert.
  Ein ernst'res, bess'res Haus hat sich die Liebe
  Zur Wohnung ausgesucht auf dieser Erde.
  In diesem Hause werden Kinder mündig,                           1030
  Und Münd'ge werden da zu Kindern wieder;
  In diesem Hause werden Arme reich,
  Und Reiche werden selig in der Armut;
  In diesem Hause wird der Frohe traurig,
  Und aufgeheitert wird da der Betrübte.                          1035
  Denn selber als ein traurig, armes Kind
  Erschien die Liebe einst auf dieser Erde.
  Ihr Lager war des Stalles enge Krippe,
  Und gelbes Stroh war ihres Hauptes Kissen;
  Und flüchten mußte sie wie'n scheues Reh,                       1040
  Von Dummheit und Gelehrsamkeit verfolgt.
  Für Geld verkauft, verraten ward die Liebe,
  Sie ward verhöhnt, gegeißelt und gekreuzigt; --
  Doch von der Liebe sieben Todesseufzern
  Zersprangen jene sieben Eisenschlösser,                         1045
  Die Satan vorgehängt der Himmelspforte,
  Und wie der Liebe sieben Wunden klafften,
  Erschlossen sich aufs neu' die sieben Himmel,
  Und zogen ein die Sünder und die Frommen.
  Die Liebe war's, die du geschaut als Leiche                     1050
  Im Mutterschoße jenes traur'gen Weibes.
  O, glaube mir, an jenem kalten Leichnam
  Kann sich erwärmen eine ganze Menschheit;
  Aus jenem Blute sprossen schön're Blumen,
  Als aus Alradschids stolzen Gartenbeeten,                       1055
  Und aus den Augen jenes traur'gen Weibes
  Fließt wunderbar ein süß'res Rosenöl,
  Als alle Rosen Schiras liefern könnten.
  Auch du hast teil, Almansor ben Abdullah,
  An jenem ew'gen Leib und ew'gen Blute,                          1060
  Auch du kannst setzen dich zu Tisch mit Engeln,
  Und Gottesbrot und Gotteswein genießen,
  Auch du darfst wohnen in der Sel'gen Halle,
  Und, gegen Satans starke Höllenmacht,
  Schützt dich mit ew'gem Gastrecht Jesu Christ,                  1065
  Wenn du genossen hast sein »Brot und Wein«.

  _Almansor._ Du sprachest aus, Zuleima, jenes Wort,
  Das Welten schafft und Welten hält zusammen;
  Du sprachest aus das große Wörtlein »Liebe!«
  Und tausend Engel singen's jauchzend nach,                      1070
  Und in den Himmeln klingt es schallend wieder;
  Du sprachst es aus, und Wolken wölben sich
  Dort oben hoch, wie eines Domes Kuppel,
  Die Ulmen rauschen auf wie Orgeltöne,
  Die Vöglein zwitschern fromme Andachtlieder,                    1075
  Der Boden dampft von wallend süßem Weihrauch,
  Der Blumenrasen hebt sich als Altar, --
  Nur eine Kirch' der Liebe ist die Erde.

  _Zuleima._ Die Erde ist ein großes Golgatha,
  Wo zwar die Liebe siegt, doch auch verblutet.                   1080

  _Almansor._ O, flechte nicht zum Totenkranz die Myrte,
  Und hüll' die Liebe nicht in Trauerflöre.
  Der Liebe Priesterin bist du, Zuleima,
  Die Liebe wohnt in deines Busens Zelle,
  Aus deiner Äuglein klaren Fenstern schaut sie,                  1085
  Ihr Odem weht aus deinem süßen Munde --
  Auf euch, ihr sammetweichen Purpurkissen,
  Auf euch, ihr holden Lippen, thront die Liebe,
  Auf euch möcht sich Almansors Seele betten, --
  Ei, hörst du nicht Fatymas letzte Worte:                        1090
  »Bring diesen Kuß Zuleimen, meiner Tochter.« --

      (Sie sehen sich lange wehmütig an. Sie küssen sich
      feierlich.)

  _Zuleima._ Fatymas Totenkuß hab' ich empfangen,
  Nimm hin dagegen Christi Lebenskuß!

  _Almansor._ Es war der Liebe Odem, den ich trank
  Aus einem Becher mit Rubinenrande;                              1095
  Es war ein Freudenborn, woraus ich trank
  Ein Öl, das heiß durch meine Adern rinnet,
  Und mir das Herz erquicket und verbrennt.

      (Umschlingt sie.)

  Ich lass' nicht ab von dir, von dir, Zuleima!
  Und ständen offen Allahs goldne Hallen,                         1100
  Und Huris winkten mir mit schwarzen Augen,
  Ich ließ' nicht ab von dir, ich blieb' bei dir,
  Umschlänge fester deinen süßen Leib, --
  Dein Himmel nur, Zuleimas Himmel nur
  Sei auch Almansors Himmel, und dein Gott                        1105
  Sei auch Almansors Gott, Zuleimas Kreuz
  Sei auch Almansors Hort, dein Christus sei
  Almansors Heiland auch, und beten will ich
  In jener Kirche, wo Zuleima betet.

    Beseligt schwimm' ich wie in Liebeswellen,                    1110
  Von weichen Harfenlauten süß umklungen; --
  Die Bäume tanzen wunderlichen Reigen; --
  Die Englein schütten neckend Sonnenstrahlen
  Und bunten Blütenstaub auf mich herab; --
  Erschlossen ist des Himmels stille Pracht; --                   1115
  Hellgoldne Schwingen tragen mich hinauf, --
  Zur Seligkeit hinauf! --

      (In der Ferne hört man Glockengeläute und
      Kirchengesang.)

  _Zuleima_ (sich erschrocken von ihm wendend). Jesus Maria!

  _Almansor._ Welch dunkler Laut zerreißt den goldnen Schleier,
  Womit mich sel'ge Träume leicht umwoben?
  Erblassen seh' ich plötzlich dich, mein Lieb,                   1120
  Mein Röslein wandelt sich in eine Lilie, --
  Sag' an, mein Lieb, hast du den Tod geschaut,
  Der unsichtbar erscheinet, uns zu trennen?

  _Zuleima._ Der Tod, der trennet nicht, der Tod vereinigt,
  Das Leben ist's, was uns gewaltsam trennt.                      1125
  Hörst du, Almansor, was die Glocken murmeln?
  Sie murmeln dumpf:

      (verhüllt sich)

                     »Zuleima wird vermählt heut
  Mit einem Mann, der nicht Almansor heißt.«

      (Pause.)

  _Almansor._ So hast du mir ins Herz hineingezischt
  Dein schlimmstes Gift, du Schlangenkönigin!                     1130
  Von diesem Gifthauch welken rings die Blumen,
  Des Springborns Wasser wandelt sich in Blut,
  Und tot fällt aus der Luft herab der Vogel.
  So hast du mich hineingesungen, Falsche,
  In jene Folterkammer, die du Kirch' nennst,                     1135
  Und kreuzigst mich an deines Gottes Kreuz,
  Und ziehst geschäftig an den Glockensträngen,
  Und spielst die Orgel, um zu übertäuben
  Mein lautes Reu- und Angstgebet zu Allah!
  So hast du mich gelockt, du schlimme Fee,                       1140
  In deinen Muschelwagen mit den Täubchen,
  Hast mich hinaufgelockt bis in die Wolken,
  Um jählings mich von dort herabzuschleudern.
  Ich höre fallend noch dein Spottgelächter,
  Ich sehe fallend, wie dein Zauberwagen                          1145
  Zu einem Sarge wird, mit Feuerrädern,
  Wie deine Tauben sich in Drachen wandeln,
  Wie du sie lenkst am schwarzen Schlangenzügel, --
  Und grausen Fluch hinunterbrüllend, stürz' ich
  Hinab, hinab, bis in den Schlund der Hölle,                     1150
  Und Teufel selbst erschrecken und erbleichen
  Bei meinem Wahnsinnfluch und Wahnsinnanblick.
  Fort! fort von hier! Ich weiß noch einen Fluch,
  Spräch' ich ihn aus, müßt' Eblis selbst erblassen,
  Die Sonne müßt' erschrocken rückwärts eilen,                    1155
  Die Toten kröchen zitternd aus den Gräbern,
  Und Mensch und Tier und Bäume würden Stein.

      (Stürzt fort.)

      _Zuleima_, die bis jetzt verhüllt und unbeweglich
      stand, wirft sich nieder vor dem Christusbilde. Ein
      Kirchenlied singend ziehen Mönche, mit Kirchenfahnen
      und Heiligenbildern, in Prozession vorüber.

         *       *       *       *       *


      (=Waldgegend.=)

  _Der Chor._ Es ist ein schönes Land, das schöne Spanien,
  Ein großer Garten, wo da prangen Blumen,
  Goldäpfel, Myrten: -- aber schöner noch                         1160
  Prangten mit stolzem Glanz die Maurenstädte,
  Das edle Maurentum, das Tarik einst,
  Mit starker Hand, auf span'schen Boden pflanzte.
  Durch manch Ereignis war schon früh gediehn
  Das junge Reich; es wuchs und blühte auf                        1165
  In Herrlichkeit, und überstrahlte fast
  Des alten Mutterlands ehrwürd'ge Pracht.
  Denn als der letzte Omayad entrann
  Dem Gastmahl, wo der arge Abasside
  Der Omayaden blut'ge Leichenhaufen                              1170
  Zu Speisetischen höhnend aufgeschichtet;
  Als Abderrham nach Spanien sich gerettet,
  Und wackre Mauren treu sich angeschlossen
  Dem letzten Zweig des alten Herrscherstamms, --
  Da trennte feindlich sich der span'sche Moslem                  1175
  Vom Glaubensbruder in dem Morgenlande;
  Zerrissen ward der Faden, der von Spanien,
  Weit übers Meer, bis nach Damaskus reichte,
  Und dort geknüpft war am Kalifenthron';
  Und in den Prachtgebäuden Cordovas                              1180
  Da wehte jetzt ein rein'rer Lebensgeist,
  Als in des Orients dumpfigen Haremen.
  Wo sonst nur grobe Schrift die Wand bedeckte,
  Erhub sich jetzt, in freundlicher Verschlingung,
  Der Tier- und Blumenbilder bunte Fülle;                         1185
  Wo sonst nur lärmte Tamburin und Zimbel,
  Erhob sich jetzt, beim Klingen der Chitarre,
  Der Wehmutsang, die schmelzende Romanze;
  Wo sonst der finstre Herr, mit strengem Blick,
  Die bange Sklavin trieb zum Liebesfron,                         1190
  Erhub das Weib jetzund sein Haupt als Herrin,
  Und milderte mit zarter Hand die Roheit
  Der alten Maurensitten und Gebräuche,
  Und Schönes blühte, wo die Schönheit herrschte.
  Kunst, Wissenschaft, Ruhmsucht und Frauendienst,                1195
  Das waren jene Blumen, die da pflegte
  Der Abderrhamen königliche Hand.
  Gelehrte Männer kamen aus Byzanz,
  Und brachten Rollen voll uralter Weisheit;
  Viel neue Weisheit sproßte aus der alten;                       1200
  Und Scharen wißbegier'ger Schüler wallten
  Aus allen Ländern her nach Cordova,
  Um hier zu lernen, wie man Sterne mißt,
  Und wie man löst die Rätsel dieses Lebens.
  Cordova fiel, Granada stieg empor,                              1205
  Und ward der Sitz der Maurenherrlichkeit.
  Noch klingt's in blühend stolzen Liedern von
  Granadas Pracht, von ihren Ritterspielen,
  Von Höflichkeit im Kampf, von Siegergroßmut,
  Und von dem Herzenspochen holder Damen,                         1210
  Die streiten sahn die Ritter ihrer Farbe.

    Doch war's ein ernst'rer Ritterkampf, worin
  Sie selber fiel, die leuchtende Granada,
  Und ritterliche Großmut war es nicht,
  Als jüngst sein Wort, womit er Glaubensfreiheit                 1215
  Verbürget hatt', der Sieger listig brach,
  Und den Besiegten nur die Wahl gelassen,
  Entweder Christ zu werden, oder fort
  Aus Spanien nach Afrika zu fliehn.
  Da wurde Aly Christ. Er wollte nicht                            1220
  Zurück ins dunkle Land der Barbarei.
  Ihn hielt gefesselt edle Sitte, Kunst
  Und Wissenschaft, die in Hispanien blühte.
  Ihn hielt gefesselt Sorge für Zuleima,
  Die zarte Blume, die im Frauenkäfig                             1225
  Des strengen Morgenlands hinwelken sollte.
  Ihn hielt gefesselt Vaterlandesliebe,
  Die Liebe für das liebe, schöne Spanien.
  Doch was am meisten ihn gefesselt hielt,
  Das war ein großer Traum, ein schöner Traum,                    1230
  Anfänglich wüst und wild, Nordstürme heulten,
  Und Waffen klirrten, und dazwischen rief's:
  »Quiroga und Riego!« tolle Worte!
  Und rote Bäche flossen, Glaubenskerker
  Und Zwingherrnburgen stürzten ein in Glut                       1235
  Und Rauch, und endlich stieg aus Glut und Rauch
  Empor das ew'ge Wort, das urgebor'ne,
  In rosenroter Glorie selig strahlend.

      (Geht ab.)

      _Almansor_ wankt träumerisch einher.

  _Almansor_ (kalt und verdrossen). In alten Märchen gibt es
          gold'ne Schlösser,
  Wo Harfen klingen, schöne Jungfraun tanzen,                     1240
  Und schmucke Diener blitzen, und Jasmin
  Und Myrt' und Rosen ihren Duft verbreiten --
  Und doch ein einziges Entzaub'rungswort
  Macht all die Herrlichkeit im Nu zerstieben,
  Und übrig bleibt nur alter Trümmerschutt,                       1245
  Und krächzend Nachtgevögel und Morast.
  So hab' auch ich mit einem einz'gen Worte
  Die ganze blühende Natur entzaubert.
  Da liegt sie nun, leblos und kalt und fahl,
  Wie eine aufgeputzte Königsleiche,                              1250
  Der man die Backenknochen rot gefärbt,
  Und in die Hand ein Zepter hat gelegt.
  Die Lippen aber schauen gelb und welk,
  Weil man vergaß sie gleichfalls rot zu schminken,
  Und Mäuse springen um die Königsnase,                           1255
  Und spotten frech des großen, goldnen Zepters --

    Es ist das eig'ne Blut, das uns hinaufsteigt
  Ins Aug', wodurch mit schönem, roten Schimmer
  Bekleidet werden all die Rosenblätter,
  Jungfrauenwänglein, Sommerabendwölkchen,                        1260
  Und gleiche Spielerei'n, die uns entzücken.
  Ich hab' die rote Brille abgelegt --
  Und sieh'! welch schlechtes Machwerk ist die Welt!
  Die Vögel singen falsch; die Bäume ächzen
  Wie alte Mütterchen; die Sonne wirft,                           1265
  Statt glühnder Strahlen, lauter kalte Schatten;
  Schamlos, wie Metzen, lachen dort die Veilchen;
  Und Tulpen, Nelken und Aurikeln haben
  Die bunten Sonntagsröckchen ausgezogen,
  Und tragen ihr geflicktes, graues Hauskleid.                    1270
  Ich selbst hab' mich verändert noch am meisten;
  Kaum kann ein Mädchensinn sich so verändern!
  Ich bin nur noch ein knöchrichtes Skelett;
  Und was ich sprech', ist nur ein kalter Windstoß,
  Der klappernd zieht durch meine trocknen Rippen.                1275
  Das kluge Männlein, das im Kopf mir wohnte,
  Ist ausgezogen, und in meinem Schädel
  Spinnt eine Spinn' ihr friedliches Gewebe.
  Auch wein' ich einwärts jetzt; denn als ich schlief,
  Stahl man die Augen mir, und glühnde Kohlen                     1280
  Hat man gefugt in meine Augenhöhlen.

    Du Engel oben, du, von dem die Amme
  Mir einst erzählte, daß du jede Träne,
  Die meinem Aug' entflösse, sorgsam zähltest,
  Du hast jetzt Feierabend! Mühsam war                            1285
  Dein Tagewerk, du armer Tränenzähler, --
  Hast du dich nie verzählt? und konntest du
  Die großen Zahlen stets im Kopf' behalten?
  Du bist wohl müd', und ich bin auch recht müd',
  Und auch mein Herz ist müd' vom vielen Klopfen,                 1290
  Und ausruhn wollen wir.

      (Er legt sich nieder, an einen Kastanienbaum gelehnt.)

                          Ich bin recht müd'
  Und krank, und kranker noch als krank, denn ach!
  Die allerschlimmste Krankheit ist das Leben;
  Und heilen kann sie nur der Tod. Das ist
  Die bitterste Arznei, doch auch die letzte,                     1295
  Und ist zu haben überall, und wohlfeil.

      (Er zieht einen Dolch hervor.)

  Du eiserne Arznei, du schaust so zweifelnd
  Mich an. Willst du mir helfen?

      _Hassan_ tritt auf und naht sich leise.

  _Hassan._                      Allah hilft!

  _Almansor_ (ohne ihn zu bemerken, noch immer mit dem Dolche
          sprechend). Du murmelst was von Allah und dergleichen.
  Bedarf der Dolch noch eines spitz'gen Wortes,                   1300
  Um mir das Herz im Leibe zu verwunden?

  _Hassan._ Was Allah tut, ist wohlgetan.

  _Almansor_ (immer noch mit dem Dolche sprechend). Ha, ha, ha!
  Moralisieren, scheint es, will der Dolch!
  Ich rate, schweig', denn schweigend sprichst du mehr,
  Als mancher Moralist mit seinem Wortschwall.                    1305

  _Hassan_ (seufzend). Almansor ben Abdullah, was beginnst du?

  _Almansor_ (Hassan erblickend). Ha! ha! Du sprachst,
          zweibeinig kluges Ding!
  Trägst du nicht Hassans Bart und Hassans Augen?
  Bist du gar Hassan selbst? Das ist recht schön.
  Wir wollen Abschied nehmen. Lebe wohl!                          1310
  Gleich reis' ich ab!

      (Zeigt ihm den Dolch.)

                       Sieh, diese schmale Brücke
  Führt aus dem Land der Trauer in das Land
  Der Freude. Drohend steht am Eingang zwar,
  Mit blankem Schwert, ein kohlenschwarzer Riese, --
  Der ist dem Feigen furchtbar, doch der Mut'ge                   1315
  Geht ungestört hinein ins Land der Freude.
  Ja, dorten ist die wahre Freude, oder --
  Was doch dasselbe ist -- die wahre Ruh'.
  Dort summt ins Ohr kein überläst'ger Käfer,
  Und keine Mücke kitzelt dort die Nase;                          1320
  Dort fällt kein grelles Licht ins blöde Aug';
  Und nimmer quält dort Hitz', und Frost, und Hunger
  Und Durst; und was das beste ist, dort schläft man
  Den ganzen Tag, und obendrein die Nacht.

  _Hassan._ Nein, Sohn Abdullahs, feige ist der Schwächling,      1325
  Der keine Kraft hat mit dem Schmerz zu ringen,
  Und ihm den Nacken zeigt, und zaghaft von
  Des Lebens Kampfplatz flieht -- steh' auf, Almansor!

  _Almansor_ (hebt eine Kastanie von der Erde). Durch wessen
          Schuld liegt diese Frucht am Boden?

  _Hassan._ Durch Wurm und Sturm; der Wurm zernagt die Fasern,    1330
  Und leicht wirft dann der Sturm die Frucht herab.

  _Almansor._ Soll nun der Mensch, die allerschwächste Frucht,
  Nicht auch zu Boden fallen, wenn der Wurm,

      (zeigt aufs Herz)

  Der schlimmste Wurm die Lebenskraft zernagte,
  Und der Verzweiflung wilder Sturm ihn rüttelt?                  1335

  _Hassan._ Steh' auf, steh' auf, Almansor! Nur der Wurm
  Mag sich am Boden krümmen, doch der Aar
  Fliegt stolz hinauf zum ew'gen Sonnenlichte.

  _Almansor._ Reiß' du dem Aar die mächt'gen Flügel aus,
  Und auch der Aar ist Wurm und kriecht am Boden.                 1340
  Des Mißmuts Schere hat mir längst zerschnitten
  Die goldnen Flügel, die mich einst als Knabe
  Gen Himmel trugen, hoch, gar hoch hinauf.

  _Hassan._ O, zeig' mir einen Stein, der kalt und stumm ist,
  Und sprich: das ist Almansor! Ich will's glauben.               1345
  Doch du bist's nicht, du, der mit offnen Augen
  Dort zaghaft liegst, und liegst, und glotzend zusiehst,
  Wie man die Schmach auf deine Brüder wälzt,
  Wie span'scher Übermut der Mauren beste
  Und edelste Geschlechter frech verhöhnt,                        1350
  Wie man sie schlau beraubt, und händeringend
  Und nackt und hilflos aus der Heimat peitscht --
  Du bist Almansor nicht, sonst dränge dir
  Ins Ohr der Greise und der Weiber Wimmern,
  Das span'sche Hohngelächter und der Angstruf                    1355
  Der edlen Opfer auf dem glühnden Holzstoß.

  _Almansor._ Glaub' mir, ich bin's. Ich seh' den span'schen
          Hund!
  Dort spuckt er meinem Bruder in den Bart,
  Und tritt ihn noch mit Füßen obendrein.
  Ich hör's: dort weint das arme Mütterchen;                      1360
  Sie aß am Freitag gerne Gänsebraten,
  Drum bratet man sie selbst jetzt, Gott zu Ehren.
  Am Pfahl daneben steht ein schönes Mädchen --
  Die Flammen sind in sie verliebt, umschmeicheln,
  Umlecken sie mit lüstern roten Zungen;                          1365
  Sie schreit und sträubt sich hold errötend gegen
  Die allzuheißen Buhlen, und sie weint --
  O schade! aus den schönen Augen fallen
  Hellreine Perlen in die gier'ge Glut.
  Jedoch was sollen diese Leute mir?                              1370
  Mein Herz ist ganz durchstochen wie ein Sieb,
  Hat keinen Raum für neue Schmerzenstiche.
  Der blut'ge Mann, der auf der Folter liegt,
  Hat kein Gefühl für einer Biene Stachel.
  Glaub' mir's, ich bin Almansor noch, und gastfrei               1375
  Steht meine Brust noch offen fremden Schmerzen;
  Doch, durch die engen Pförtlein Aug' und Ohr
  Sind Riesenleiden in die Brust gestiegen,
  Die Brust ist voll --

      (Ängstlich leise.)

                        Gar ein'ge wunde Gäste
  Sind, herbergsuchend, mir ins Hirn gestiegen.                   1380

  _Hassan._ Steh auf! steh auf! sonst sag' ich dir ein Wort,
  Das dich aufgeißeln wird, und neue Glut
  In deine Adern gießt --

      (Sich zu ihm herabbeugend.)

                          Zuleima
  Liegt heute nacht in eines Spaniers Armen.

  _Almansor_ (aufspringend und sich krampfhaft windend). Die
          Sonne ist mir auf den Kopf gefallen,                    1385
  Das Hirn ist eingebrochen, und die Gäste,
  Die dort sich eingenistet, taumeln auf,
  Umflirren mich, wie graue Fledermäuse,
  Umsummen mich, umächzen mich, umnebeln
  Mich mit dem Duft vergifteter Gedanken!                         1390

      (Hält sich den Kopf.)

  O weh! o weh! die Alte faßt mich an,
  Reißt mir das Haupt vom Rumpf, und schleudert es
  In einen Hochzeitsaal, wo zärtlich bellend
  Ein span'scher Hund mein süßes Liebchen küßt,
  Und schnalzend küßt und herzt -- O weh! O hilf mir!             1395

      (Wirft sich zu Hassans Füßen.)

  O hilf dem blut'gen, abgerißnen Kopf,
  Der keine Arme hat, den Hund zu würgen --
  O leih mir deine Arme, Hassan! Hassan!

  _Hassan._ Ja, meinen Arm will ich dir leihn, Almansor,
  Und auch die starken Arme meiner Freunde.                       1400
  Wir wollen würgen jenen span'schen Hund,
  Der dir entreißen will dein Eigentum.
  Steh auf! du sollst Zuleima bald besitzen.

      (Almansor steht auf.)

  Als ich Eu'r gestrig Nachtgespräch belauscht,
  Riet ich zu schneller Flucht, allein vergebens;                 1405
  Doch soll Almansor nicht verzweifeln, dacht' ich.
  Ich habe meine Freunde hergeführt;
  Sie harren meines Winkes, und wir stürmen
  Nach Alys Schloß, wir ungeladne Gäste.
  Du nimmst dir deine Braut, und bringst sie mit                  1410
  Nach unserm Schiff', das an der Küste liegt.
  Zuleimas Liebe wird schon wiederkommen.

  _Almansor._ Ha, ha, ha! Liebe! Liebe! Fades Wort,
  Das einst, mit schläfrig halbgeschloss'nen Augen,
  Ein Engel gähnend sprach. Er gähnte wieder,                     1415
  Und eine Welt voll Narren, alt und jung,
  Hat gähnend nachgelallet: Liebe! Liebe!
  Nein, nein! ich bin kein schmächt'ger Zephir mehr,
  Der schmeichelnd fächelt eines Mädchens Wange;
  Ich bin der Nordsturm, der ihr Haar zerzaust,                   1420
  Und rasend mit sich reißt die scheue Braut.
  Ich bin kein süßes Weihrauchdüftchen mehr,
  Das einer Jungfrau Nase zärtlich kitzelt;
  Ich bin der Gifthauch, der sie dumpf betäubt,
  Und schwelgend dringt in alle ihre Sinne.                       1425
  Ich bin das Lamm nicht mehr, das, fromm und mild,
  Sich hinschmiegt zu den Füßen seiner Schäf'rin;
  Ich bin der Tiger, der sie wild umkrallt,
  Und wollustbrüllend ihren Leib zerfleischt.
  Zuleimas Leib ist's, was ich jetzt verlange;                    1430
  Ich will ein glücklich Tier sein, ja, ein Tier;
  Und in des Sinnenrausches Taumel will ich
  Vergessen, daß es einen Himmel gibt.

      (Ergreift hastig Hassans Hand.)

  Ich bleibe bei dir, Hassan! ja, wir wollen
  Auf wilder See ein lustig Reich begründen.                      1435
  Tribut soll uns der stolze Spanier zollen;
  Wir plündern seine Küst' und seine Schiffe; --
  Auf dem Verdecke kämpf' ich dir zur Seite; --
  Mein Säbel spaltet stolze Spanierschädel --
  Die Hunde über Bord! -- das Schiff ist unser!                   1440
  Ich aber eile jetzt, mich zu erquicken,
  Nach der Kajüte, wo Zuleima wohnt,
  Umfasse sie mit meinen blut'gen Armen,
  Und küsse ab von ihrer weißen Brust
  Die roten Flecken -- Ha! sie sträubt sich noch?                 1445
  Zu meinen Füßen, Sklavin, sollst du wimmern,
  Ohnmächtig Ding, das meine Sinne kühlt
  Nach wilder Kampfeshitze, -- Sklavin, Sklavin,
  Gehorche mir, und fächle meine Glut!

      (Beide eilen fort.)

         *       *       *       *       *


      Saal in Alys Schloß. Ritter und Frauen sitzen,
      festlich geschmückt, an einer Speisetafel. _Aly_, _Don
      Enrique_, _Zuleima_, ein _Abt_. _Musikanten._
      Speisenauftragende Bediente.

  _Ein Ritter_ (steht auf, mit einem gefüllten Becher in der
          Hand). Ein schöner Name klingt in meiner Brust:         1450
  Es lebe Isabella von Kastilien!

      (Er trinkt.)

  _Ein Teil der Gäste._ Hoch lebe Isabella von Kastilien!

      (Bechergeklirr und Trompetentusch.)

  _Der Abt._ Noch einen Namen nenn' ich euch: Ximenes,
  Erzbischof von Toledo, lebe hoch!

      (Er trinkt.)

  _Ein Teil der Gäste._ Hoch lebe der Erzbischof von Toledo!      1455

      (Bechergeklirr und Trompetentusch.)

  _Ein anderer Ritter._ Laßt uns die besten Namen nicht
          vergessen.
  Stoßt an: Es lebe hoch das edle Brautpaar!

      (Er trinkt.)

  _Alle._ Hoch lebe Donna Clara und Enrique!

      (Bechergeklirr und Trompetentusch. Zuleima und Enrique
      verneigen sich.)

  _Don Enrique._ Ich danke euch.

  _Zweiter Ritter._              Doch Eure Braut ist stumm.

  _Don Enrique._ Die holde Clara spricht zwar wenig heut,         1460
  Doch heut bedarf's nur eines einz'gen Wortes,
  Des Jaworts am Altar, und ich bin glücklich.

  _Zuleima._ Die Brust ist mir so sehr beklommen, Sennor.

  _Dritter Ritter._ Ein schlimmes Zeichen ist es, Don Enrique,
  Daß Ihr das Salzfaß eben umgestoßen.                            1465

  _Vierter Ritter._ Ein schlimm'res Zeichen wär's, wenn Ihr den
          Becher
  Mitsamt dem Weine umgestoßen hättet.

  _Dritter Ritter._ Don Carlos ist ein Säufer.

  _Vierter Ritter._                            Ja, gottlob!
  Und kein trübselig Sonntagskind, wie Ihr,
  Dem gleich das beste Mahl versalzen ist,                        1470
  Wenn jemand unverseh'ns das Salzfaß umwirft.
  Ja, ja der Wein, das ist mein Element!
  In seinen goldig hellen Liebesfluten
  Will ich gesund die kranke Seele baden;
  Und lachen muß ich immer, wenn ich denke,                       1475
  Wie Mekkas nüchterner Prophet --

                                   Ja, Sennor,
  Der Wein, der Wein, ja, ja, ich wollte sagen
  Der Wein ist gut, --

  _Aly._               Pedrillo! Hör' Pedrillo!

  _Pedrillo._ Genäd'ger Herr?

  _Aly._                      Laß alle Possenreißer
  Und alle Gaukler kommen, alle Springer,                         1480
  Und auch den Harfenspieler, das Gesindel
  Aus Barcelona.

  _Pedrillo._    Versteh' schon, gnäd'ger Herr!

      (Geht ab.)

  _Fünfter Ritter_ (im Gespräch mit einer Dame). Heuraten werd'
          ich nimmermehr, Sennora.

  _Die Dame._ Ihr scherzt, Ihr seid bei Laune, Don Antonio;
  Ihr seid ein Damenfreund, und Freund der Liebe.                 1485

  _Fünfter Ritter._ Ich liebe wohl die Myrte, ich ergötze
  Mein Auge an dem frischen Grün der Blätter,
  Erquicke mir das Herz an ihrem Duft;
  Doch hüt' ich mich, daß ich die Myrte koche,
  Um als Gemüse sie zu speisen, -- bitter,                        1490
  Sennora, bitter schmeckt ein solch Gericht.

  _Der Abt_ (im Gespräch mit seinem Nachbar). Das war ein
          herrliches Autodafé!
  So etwas labt das Herz des frommen Christen,
  Und schreckt die starren Sünder auf den Bergen --

      (zu Aly)

  Wißt Ihr die Nachricht schon vom Sieg der Unsern,               1495
  Und von der Heiden blut'ger Niederlage?
  Sie haben sich zerstreut, unweit von hier
  Durchstreifen sie die Gegend, --

  _Aly_ (nach der Türe sehend).    Gott sei Dank!
  Ich hab' es schon gehört, ehrwürd'ger Herr, --
  Doch soll uns jetzt das Gaukelspiel ergötzen --                 1500

  _Der Harfenspieler_ (singt).

          In dem Hofe des Alhambras
        Stehn zwölf Löwensäul' von Marmor;
        Auf den Löwen steht ein Becken
        Von dem reinsten Alabaster.

          In dem Becken schwimmen Rosen,                          1505
        Rosen von der schönsten Farbe;
        Das ist Blut der besten Ritter,
        Die geleuchtet in Granada.

  _Aly._ Ein traurig Lied. Es ist zu melancholisch.
  Gebt uns ein lustig Hochzeitlied, recht lustig!                 1510

  _Der Harfenspieler_ (singt).

          Es war mal ein Ritter, trübselig und stumm,
        Mit hohlen, schneeweißen Wangen;
        Er schwankte und schlenderte schlotternd herum,
        In dumpfen Träumen befangen.
        Er war so hölzern, und täppisch, und links,               1515
        Die Blümlein und Mägdlein, die kicherten rings,
        Wenn er stolpernd vorbeigegangen.

          Oft saß er im finstersten Winkel zu Haus;
        Er hat sich vor Menschen verkrochen.
        Da streckte er sehnend die Arme aus,                      1520
        Doch hat er kein Wörtlein gesprochen.
        Kam aber die Mitternachtstunde heran,
        Ein seltsames Singen und Klingen begann,
        An die Türe da hört er es pochen.

          Da kommt seine Liebste geschlichen herein,              1525
        Im rauschenden Wellenschaumkleide.
        Sie blüht und glüht, wie ein Röselein,
        Ihr Schleier ist eitel Geschmeide.
        Goldlocken umspielen die schlanke Gestalt,
        Die Äugelein grüßen mit süßer Gewalt --                   1530
        In die Arme sinken sich beide.

          Der Ritter umschlingt sie mit Liebesmacht,
        Der Hölzerne steht jetzt in Feuer;
        Der Blasse errötet, der Träumer erwacht,
        Der Blöde wird freier und freier.                         1535
        Sie aber, sie hat ihn gar schalkhaft geneckt,
        Sie hat ihm ganz leise den Kopf bedeckt
        Mit dem weißen, demantenen Schleier.

          In einen kristallenen Wasserpalast
        Ist plötzlich gezaubert der Ritter.                       1540
        Er staunt, und die Augen erblinden ihm fast,
        Vor alle dem Glanz und Geflitter.
        Doch hält ihn die Nixe umarmet gar traut,
        Der Ritter ist Bräut'gam, die Nixe ist Braut,
        Ihre Jungfrau'n spielen die Zither.                       1545

          Sie spielen und singen; es tanzen herein
        Viel winzige Mädchen und Bübchen.
        Der Ritter, der will sich zu Tode freu'n,
        Und fester umschlingt er sein Liebchen --

      (Pedrillo stürzt ängstlich herein.)

  _Pedrillo._ O, Allah hilf! Jesus Maria Joseph!                  1550
  Wir sind verloren, denn sie kommen, kommen!

  _Alle._ Wer kömmt?

  _Pedrillo._        Die Unsern kommen!

  _Alle._                               Wie? die Unsern?

  _Pedrillo._ Nein, nicht die Unsern. Die verfluchten Heiden,
  Die schändlichen Rebellen von den Bergen,
  Die sind herangeschlichen auf den Strümpfen --                  1555
  Wir sind verloren, draußen sind sie, hört ihr?

      (Man hört Waffengerassel. Verworrene Stimmen rufen:
      Granada! Allah! Mahomet!)

  _Einige Ritter._ Wohlan, sie mögen kommen!

  _Andre Ritter._                            Unsre Waffen!

      (Die Damen geben Zeichen des Schreckens. Zuleima sinkt
      ohnmächtig hin. Laute Bewegung im Saale.)

  _Aly._ O seid nur außer Sorge, schöne Damen.
  Der Maure ist galant, und selbst im Zorne
  Wird er den Damen ritterlich begegnen.                          1560
  Wir Männer aber wollen tüchtig kämpfen --

  _Alle Ritter_ (ihre Schwerter ziehend).
  Wir kämpfen für den Leib und für die Ehre!

      Waffengeklirr. Verworrene Stimmen. Die _Mauren_
      brechen herein; an ihrer Spitze _Hassan_ und
      _Almansor_. Letzterer bricht sich Bahn zur
      ohnmächtigen _Zuleima_. Gefecht.

         *       *       *       *       *


      Waldgegend. Man hört in der Nähe Waffengerassel und
      Kampfruf. _Pedrillo_ kommt ängstlich und händeringend
      gelaufen.

  _Pedrillo._ O weh! die hübsche Hochzeit ist verdorben!
  O weh! die hübschen, seidnen Hochzeitkleider,
  Die werden jetzt zerhauen und zerfetzt,                         1565
  Und blutig obendrein, und statt des Weines
  Fließt Blut! Ich lief nicht fort aus Feigheit, nein,
  Beim Kampfe wollt' ich niemand in dem Weg stehn.
  Sie werden fertig ohne mich. Schon sind
  Die Feinde aus dem Saal zurückgedrängt, --                      1570
  Und sieh!

      (Nach der Seite gewendet.)

            Schon vor dem Schlosse kämpfen sie.
  Sieh dort! O weh! Der säbelt lustig drein!
  Mir wär's nicht lieb, wenn solch ein krummes Ding
  Mir flink und zierlich durchs Gesicht spazierte.
  Dem dorten ist die Nase abgehau'n,                              1575
  Und unserm armen, dicken Ritter Sancho
  Hat man den fetten Schmerbauch aufgeschlitzt.
  Doch sieh! wer ist der rote Ritter? Seltsam!
  Er trägt den span'schen Mantel und gehört
  Zur maurischen Partei -- O Allah! Jesus!                        1580

      (Weint.)

  Ach, unsre arme, freundliche Zuleima!
  Dem roten Ritter liegt sie auf der Schulter,
  Er hält sie fest mit seinem linken Arm,
  Und mit der rechten Hand schwingt er den Säbel,
  Und haut, wie'n Rasender -- er ist verwundet --                 1585
  Er sinkt -- Nein! nein! er wankte nur -- Er steht,
  Er kämpft -- er flieht --

                            O weh! wo soll ich hin,
  Auch hier muß ich den Leuten aus dem Weg gehn.

      (Eilt fort.)

      _Almansor_ wankt ermattet vorüber. Er trägt auf dem
      Arm die ohnmächtige _Zuleima_, schleppt sein Schwert
      nach sich, und lallt: »Zuleima! Mahomet!« Kämpfende
      _Mauren_ und _Spanier_ treten auf. Die _Mauren_ werden
      weiter gedrängt. _Hassan_ und _Aly_ kommen fechtend.
      Wildes Gefecht zwischen beiden. _Hassan_ wird
      verwundet. _Don Enrique_, _Diego_ und _spanische
      Ritter_ treten auf.

  _Hassan_ (niedersinkend). Ha! ha! die Christenschlange hat
          gestochen!
  Und just ins Herz hinein -- O schläfst du, Allah?               1590
  Nein, Allah ist gerecht, und was er tut,
  Ist wohlgetan -- Vergißt du meiner? -- Nein,
  Nur Menschen sind vergeßlicher Natur --
  Vergessen ihren Gott, und ihren Freund,
  Und ihres Freundes besten Knecht -- Sag', Aly,                  1595
  Kennst du den Hassan noch, den Knecht Abdullahs?
  Abdullah --

  _Aly_ (in Zorn ausbrechend). Abdullah ist der Name jenes
  Verräterischen Buben, jenes feigen,
  Blutdürst'gen Bösewichts, der meinen Sohn,
  Den teuern Sohn Almansor, mir gemordet!                         1600
  Abdullah heißt Almansors Meuchelmörder --

  _Hassan_ (sterbend). Abdullah ist kein Bösewicht, kein Bube,
  Abdullah ist Almansors Mörder nicht!
  Almansor lebt -- lebt -- lebt -- ist hier -- es ist
  Der rote Ritter, der Zuleima raubt', --                         1605
  Dort, dort --

  _Aly._        Mein Sohn Almansor lebt? es ist
  Der rote Ritter, der Zuleima raubt'?

  _Hassan._ Ja, ja! fest hält er was er einmal hat --
  Du lügst, Abdullah war kein Meuchelmörder,
  Und war kein Bösewicht, und war kein Christ --                  1610
  Laß mich in Ruh' -- Es kommen schon die Mädchen,
  Mit schwarzen Augen, schöne Huris kommen --

      (Selig lächelnd.)

  Die jungen Mädchen und der alte Hassan!

      (Er stirbt.)

  _Aly._ O Gott, ich danke dir! Mein Sohn, er lebt!
  O Gott, das ist ein Zeichen deiner Gnade!                       1615
  Mein Sohn, er lebt! Kommt, Freunde, laßt uns jetzt
  Verfolgen seine Spur. Er ist uns nah,
  Und hat als Beute schon davongetragen
  Die holde Braut, die ich ihm einst erkor.

      (Alle gehen ab, bis auf Don Enrique und Don Diego, die
      sich lange schweigend ansehn.)

  _Don Enrique_ (weinerlich). Und nun? Nun, Don Diego?

  _Don Diego_ (ihm nachäffend).                  Und nun, Don     1620
  Enrique del Puente del Sahurro?

  _Don Enrique._ Was wollen wir jetzt tun?

  _Don Diego._                          Wir? wir? Nein, Sennor,
  Wir beide sind geschiedne Leute jetzt.
  Ihr habt kein Glück. Das kostet mir zweihundert
  Dukaten. Geld ist fort. Die Müh' verloren.                      1625

      (Ärgerlich lachend.)

  Ich plage mich von Jugend auf, mit Kniffen
  Und Pfiffen, denke mir die Haare grau;
  Auf krummen Pfaden schleiche ich im Wald,
  Daß mir der Dornbusch Rock und Fleisch zerreißt;
  Durch steile Felsen wind' ich mich, und springe                 1630
  Von Spitz' zu Spitz', daß wenn ich niederfiele,
  Die Raben meinen Kopf als ein Ragout
  Verspeisen würden -- dennoch bleib' ich arm!
  Ich bleibe arm, wie eine Kirchmaus arm!
  Derweil mein Schulkam'rad, der blöde Dummkopf,                  1635
  Der immer, recht schnurgrade und behaglich,
  Auf seiner breiten Landstraß' schlendert,
  Noch immer seinen Ochsengang fortschlendert,
  Und ein geehrter, dicker, reicher Mann ist.
  Nein, ich bin's müde, Sennor; lebet wohl!                       1640

      (Geht ab.)

  _Don Enrique_ (steht lange sinnend). Ob Don Gonzalvo mir
          nichts borgen wird?

      (Geht ab.)

         *       *       *       *       *


      Felsengegend. _Almansor_, matt und blutend, und die
      ohnmächtige _Zuleima_ tragend, erklimmt den höchsten
      Felsen.

  _Almansor._ O, hilf mir, Allah, bin so müd und matt,
  Hab' mir zurückgeholt mein weißes Reh,
  Just als des Jägers Hand es schlachten wollte.

      (Er setzt sich auf des Felsens Spitze und hält Zuleima
      auf dem Schoße.)

  Ich bin der arme Mödschnun, und ich sitze                       1645
  Auf meinem Felsen, spiel' mit meinem Reh;
  Denn in ein Reh verwandelte sich Leila,
  Und sah mich an mit freundlich klaren Augen.
  Jetzt sind die Äuglein zu, mein Rehlein schläft.
  Still! still! Du Zeisig, zwitschre nicht so schmetternd.        1650
  Du Käfer, summe leiser. Liebes Lüftlein,
  Durchraschle nicht so laut die Blätter, -- Stille!
  Ein Wiegenlied will ich dir singen. Stille!

      (Er wiegt Zuleima im Schoße und singt.)

          Die Sonne wirft ihr Nachtkleid um,
        Gar rosenrot und schön;                                   1655
        Die Vöglein werden still und stumm,
        Sie woll'n zu Bette gehn.
        Schlafe mein Rehlein auch du!

  Mein Rehlein schläft, recht hübsch; doch gar zu lang.
  Die schmachtend süßen, liebeklaren Äuglein                      1660
  Sind zugeschlossen jetzt, fest zugeschlossen, --
  Und bleiben zu? Ist denn mein Rehlein tot?

      (In Tränen ausbrechend.)

  Tot! Tot! mein weiches, weißes Rehlein tot!
  Die süßen Sternlein ausgelöscht und tot!
  Mein totes Rehlein! sanft will ich dich betten                  1665
  Auf Rosen, Lilien, Veilchen, Hyazinthen.
  Aus goldnem Mondschein web' ich eine Decke,
  Und deck' dich zu. Ein Trauerlied soll dir
  Rotkehlchen singen, und es sollen zwölf
  Goldkäfer ernsthaft Schildwacht stehn des Tags                  1670
  An deinem kleinen Blumenbettchen, zwölf
  Glühwürmchen sollen flimmernd dort des Nachts,
  Wie stille Totenkerzen, leuchten; aber
  Ich selber will dort weinen Tag und Nacht.

      (Zuleima erwacht aus ihrer Ohnmacht.)

  Was seh' ich? Heimlich regen sich                               1675
  Die zarten Glieder, und der seid'ne Vorhang
  Der süßen Augen rollt sich langsam auf!
  Das ist kein Rehlein, das ist Leila nicht,
  Das ist Zuleima, Alys schöne Tochter --

      (Zuleima öffnet die Augen.)

  Der Himmel schließt sich auf, das Himmelreich!                  1680

  _Zuleima._ Bin ich im Himmel schon?

  _Almansor._                         Aus starrem Tod
  Bist du erwacht.

  _Zuleima._       Ich weiß es wohl, daß ich
  Gestorben bin, und jetzt im Himmel bin.

      (Sieht sich überall um.)

  Wie schön ist's hier, wie leicht und rein die Luft,
  Und alles trägt ein rosenfarbig Kleid.                          1685

  _Almansor._ Ja, ja, wir sind im Himmel, süßes Lieb,
  Siehst du die Blumen, die dort unten spielen,
  Die Schmetterlinge, die dazwischen flattern,
  Und, neckend, bunten Diamantenstaub
  Den armen Blümlein in die Augen werfen?                         1690
  Hörst du dort unten, wie das Bächlein rauscht,
  Wie bläuliche Libellen es umsummen,
  Und grüngelockte Wassermädchen, plätschernd,
  In rötlich goldne Wellen untertauchen?
  Siehst du die weißen Nebelbilder wallen?                        1695
  Es ist der Sel'gen Schar, die, ewig jung,
  Im ew'gen Frühlingsgarten sich ergehn.

  _Zuleima._ Wenn das der Sel'gen Wohnung ist, Almansor,
  So sage mir, wie bist du hergekommen?
  Denn unser frommer Abt hat mir versichert:                      1700
  Daß nur wer Christ ist selig werden kann.

  _Almansor._ O zweifle nicht an meiner Seligkeit!
  Ich halte dich, mein Lieb, in meinen Armen,
  Und selig, dreimal selig ist Almansor.

  _Zuleima._ So log der fromme Mann, er sagte auch,               1705
  Den edeln Don Enrique müßt' ich lieben.
  Ich hab's getan, so gut es ging. Almansor
  Wollt' ich vergessen. O, das ging nicht gut.
  Ich hab' es auch geklagt der Mutter Gottes.
  Die hat gelächelt, freundlich, gnädig, huldreich,               1710
  Und hat mich eingehüllt in ihren Schleier,
  Und hergetragen in die lichte Höh'.
  Musik erklang auf meinem Weg'; es bliesen
  Die Englein auf Waldhörnern und Schalmein,
  Und sangen süße Lieder; -- süße Lust!                           1715
  Ich bin im Himmel, und das beste ist,
  Almansor ist bei mir, und in dem Himmel
  Bedarf es der Verstellungskünste nicht,
  Und frei darf ich gestehn: Ich liebe dich,
  Ich liebe dich, ich liebe dich, Almansor!                       1720

      (Das scheidende Abendrot verklärt die beiden
      Gestalten.)

  _Almansor._ Ich wußte längst, du liebest mich noch immer,
  Mehr als dich selbst. Die Nachtigall hat mir's
  Vertraut, die Rose hat's mir zugehaucht,
  Ein Lüftlein hat es mir ins Ohr gefächelt,
  Und jede Nacht hab' ich es klar gelesen                         1725
  Im blauen Buche mit den goldnen Lettern.

  _Zuleima._ Nein! nein! der fromme Mann hat nicht gelogen,
  Es ist so schön im schönen Himmelreich!
  Umschließe mich mit deinen lieben Armen,
  Und wiege mich auf deinem weichen Schoß,                        1730
  Und laß Jahrtausende mich Wonnetrunk'ne
  In diesem Himmel in dem Himmel liegen!

  _Almansor._ Wir sind im Himmel, und die Engel singen,
  Und rauschen drein mit ihren seidnen Flügeln, --
  Hier wohnet Gott im Grübchen dieser Wangen, --                  1735

      (Waffengeklirr in der Ferne. Almansor erschrickt.)

  Dort unten aber wohnet Eblis, furchtbar
  Dringt seine Stimm' hinauf, bis in den Himmel,
  Und streckt er nach mir aus die Eisenhand.

  _Zuleima_ (erschrocken). Was schrickst du plötzlich auf? was
          zitterst du?

  _Almansor._ Nenn's Eblis, nenn' es Satan, nenn' es Menschen,    1740
  Die tückisch arge Macht, die wild hinaufsteigt,
  In meinen Himmel selbst --

  _Zuleima._                 So laß uns fliehn,
  Hinab ins Blumental, wo Blümlein spielen,
  Die Schmetterlinge flattern, Bächlein rauscht,
  Libellen summen, Nachtigallen trillern,                         1745
  Und stille, sel'ge Nebelbilder wallen --
  Trag' mich hinab, ich bleib' an deiner Brust.

      (Sie schmiegt sich an ihn.)

  _Almansor_ (springt auf und hält Zuleima im Arm). Hinab!
          hinab! die Blumen winken ängstlich,
  Die Nachtigall ruft mich mit bangem Ton,
  Der Sel'gen Schatten strecken nach mir aus                      1750
  Die Nebelarme, riesig lang, ziehn mich
  Hinab, hinab --

      Fliehende _Mauren_ eilen vorüber.

                  Die Jäger nahen schon,
  Mein Reh zu schlachten! dorten klirrt der Tod,
  Hier unten blüht entgegen mir das Leben,
  Und meinen Himmel halt' ich in den Armen.                       1755

      (Er stürzt sich mit Zuleima den Felsen hinab.)

      Spanische _Ritter_, die den _Mauren_ nacheilen, sehen
      beide herabstürzen, und treten entsetzt zurück. Man
      hört _Alys_ Stimme. »Sucht ihn, sucht ihn, er muß uns
      nahe sein!« Aly tritt auf.

  _Mehrere Ritter._ Entsetzlich!

  _Aly._                         Habt ihr ihn und sie gefunden?

  _Ein Ritter_ (hinter den Felsen zeigend). Gefunden wohl, der
          Wütende hat sich
  Herabgestürzt mit seiner teuern Last.

      (Pause.)

  _Aly._ Jetzt, Jesu Christ, bedarf ich deines Wortes,
  Und deines Gnadentrost's und deines Beispiels.                  1760
  Der Allmacht Willen kann ich nicht begreifen,
  Doch Ahnung sagt mir: ausgereutet wird
  Die Lilie und die Myrte auf dem Weg,
  Worüber Gottes goldner Siegeswagen
  Hinrollen soll in stolzer Majestät.                             1765




         *       *       *       *       *




Anmerkungen zur Transkription:

Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden übernommen,
lediglich offensichtlich fehlende Punkte wurden gelegentlich ergänzt.

Im folgenden sind die Änderungen am Originaltext aufgeführt. Unter
der Beschreibung der Änderung steht jeweils zuerst die Textstelle im
Original, dann die geänderte Textstelle.

   Fehlenden Punkt ergänzt:
   _Hassan_ (steht langsam auf und spricht mit strengem Tone)
   _Hassan_ (steht langsam auf und spricht mit strengem Tone).

   Fehlenden Punkt ergänzt:
   und Heiligenbildern, in Prozession vorüber
   und Heiligenbildern, in Prozession vorüber.



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electronic work or group of works on different terms than are set
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both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and Michael
Hart, the owner of the Project Gutenberg-tm trademark.  Contact the
Foundation as set forth in Section 3 below.

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effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
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in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO OTHER
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or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.


Section  2.  Information about the Mission of Project Gutenberg-tm

Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of computers
including obsolete, old, middle-aged and new computers.  It exists
because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
remain freely available for generations to come.  In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
and the Foundation information page at www.gutenberg.org


Section 3.  Information about the Project Gutenberg Literary Archive
Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service.  The Foundation's EIN or federal tax identification
number is 64-6221541.  Contributions to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
permitted by U.S. federal laws and your state's laws.

The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
throughout numerous locations.  Its business office is located at 809
North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887.  Email
contact links and up to date contact information can be found at the
Foundation's web site and official page at www.gutenberg.org/contact

For additional contact information:
     Dr. Gregory B. Newby
     Chief Executive and Director
     [email protected]

Section 4.  Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment.  Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States.  Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements.  We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance.  To
SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
particular state visit www.gutenberg.org/donate

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States.  U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses.  Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations.
To donate, please visit:  www.gutenberg.org/donate


Section 5.  General Information About Project Gutenberg-tm electronic
works.

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
concept of a library of electronic works that could be freely shared
with anyone.  For forty years, he produced and distributed Project
Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.

Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
unless a copyright notice is included.  Thus, we do not necessarily
keep eBooks in compliance with any particular paper edition.

Most people start at our Web site which has the main PG search facility:

     www.gutenberg.org

This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
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