The Project Gutenberg eBook of Frühling This ebook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this ebook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you will have to check the laws of the country where you are located before using this eBook. Title: Frühling Der deutsche Lenz und was er blühn und werden läßt Editor: Ernst Weber Illustrator: Hans von Volkmann Release date: August 30, 2025 [eBook #76766] Language: German Original publication: München: Georg D. W. Callway - Verlag des deutschen Spielmanns, 1924 Credits: The Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK FRÜHLING *** #################################################################### Anmerkungen zur Transkription Der vorliegende Text wurde anhand der Buchausgabe von 1924 so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Ungewöhnliche und heute nicht mehr verwendete Schreibweisen bleiben gegenüber dem Original unverändert. Das Inhaltsverzeichnis wurde der Übersichtlichkeit halber an den Anfang des Buches versetzt. Der Originaltext wurde in Frakturschrift gesetzt. Besondere Schriftschnitte werden im vorliegenden Text mit Hilfe der folgenden Symbole gekennzeichnet: gesperrt: +Pluszeichen+ Antiqua: ~Tilden~ #################################################################### Der deutsche Spielmann Eine Auswahl aus dem Schatze deutscher Dichtung für Jugend und Volk Herausgegeben von Dr. Ernst Weber Frühling Der deutsche Lenz und was er blühn und werden läßt Bildschmuck von Hans von Volkmann Vierte, veränderte Auflage ✤ +München 1924+ Georg D. W. Callwey ✤ Verlag des deutschen Spielmanns Druck von Kastner & Callwey, München Inhalt Seite Geleitspruch des deutschen Spielmanns 3 Kalter Frühlingsabend (Liliencron) 4 Frühlingsahnung (Uhland) 4 Schneeglöckchen (Storm) 4 Im Omnibus (Gilm) 4 Der Veilchenstrauß (Trojan) 6 Am Mühlengraben (Storm) 8 Vom Kirschbaum (Avenarius) 8 Vorfrühling (Heyse) 11 Wirbelnde Flocken (Weber) 11 Frühlingsnähe (Greif) 11 Er ist’s (Mörike) 12 Das kranke Kind (Gilm) 12 Die Meise (Seidel) 13 Frühlingsbotschaft (Greif) 14 Der Wind (Zoozmann) 14 Märznacht (Uhland) 16 Eine Morgenwanderung (Flaischlen) 16 Knabenlust (Fischer) 23 Wag’s! (Fontane) 23 Glaube (Uhland) 24 Trost (Wallpach) 24 Schwalbenmärchen (Freiligrath) 25 Dornröschen (Brüder Grimm) 26 Frühlingsgruß (Eichendorff) 31 Fallende Blüten (Sergel) 32 Die seidenen Döckchen (Volksmund) 32 Frühlingsstimmen (Trojan) 32 Lerchen (Faktor) 33 Maiglöckchen und die Blümelein (Fallersleben) 34 Die Amsel (Seidel) 35 Die schwarze Amsel (Volksmund) 35 Der Nimmersatt (Blüthgen) 35 Das Blumenbeet (Goethe) 36 Die Frösche (Goethe) 37 Winterbericht (Löwenstein) 37 Der Storch ist da (Greif) 38 Klapperstorch (Volksmund) 38 Kuckuck (Volksmund) 39 Der Zweig und der Vogel im April (Löwenstein) 39 Frühlingsregen (Wille) 40 Aprilwetter (Greif) 43 April (Löwenstein) 43 Das arme Vöglein (Fallersleben) 44 An den Mai (Mörike) 45 Mailied (Scheffel) 45 Nochmals vom Kirschbaum (Avenarius) 46 Der Säemann (Conrad) 47 Säerspruch (Meyer) 50 Junge Kätzchen (Jacobowski) 50 Der Sperling (Volksmund) 50 Spatzenausflug (Güll) 53 Bei Goldhähnchens (Seidel) 54 Unser Fritz (Mörike) 55 Ritter Mai (Kernstock) 56 Die Kurfürsten (Storm) 57 Kling hinaus (Heine) 57 Was im Maien Wunder man gewahrt (Vogelweide) 57 Begegnung (Falke) 57 Uebersehen (Greif) 58 Frühlingsgespenster (Sturm) 59 Maienkäferlied (Volksmund) 60 Gedenk! (Eichendorff) 60 Lenzfahrt (Greif) 60 Der Mai (Geibel) 61 Frühling, Frühling überall! (Güll) 61 Ostern (Goethe) 62 Das Birkenbäumchen (Falke) 64 Wieder vorwärts (Keller) 64 Die heilige Woche (Volksmund) 65 Da Jesus in den Garten ging (Volksmund) 66 Golgatha (Liliencron) 67 Karfreitag (Klopstock) 71 Die Steine werden zeugen (Ludwig) 71 Auferstanden (Stieler) 72 Osterhäslein (Güll) 73 Eine Frühlingsnacht (Storm) 74 Das Mädchen aus der Fremde (Schiller) 75 Frühlings Begräbnis (Paul Heyse) 75 Künftiger Frühling (Uhland) 77 [Illustration] Ihn kennen heißt, ihn lieben, Den Lenz, den deutschen Lenz! Die letzten Flocken stieben; Doch jeder ruft: „Ich kenn’s, Es wird nicht lang mehr dauern Und Veilchen stehn am Rain; Ich traf ihn vor den Mauern -- Glaub, morgen zieht er ein!“ Da mag kein Sänger fehlen: Die sich davongemacht, Mit ausgeruhten Kehlen Heimkehrn sie über Nacht; Doch wer sich deß getraute Und blieb zum Schneeturnei, Die winterrostige Laute, Die stimmt er sich aufs neu. Und all das Blühn und Weben Ringsum in Busch und Ried, Des Frühlings schwellend Leben, Gestaltet sich zum Lied. -- Darf da ein Spielmann feiern, Der sich den deutschen nennt, Wenn er der besten Leiern Lenzfrohe Weisen kennt? Den Frühling sollt ihr schauen, Wie ihn der Dichter schaut Beim Willkommgruß der Auen, Beim letzten Vogellaut, Auf daß zunichte werde, Was je das Herz gequält, Wenn ihm die deutsche Erde Von ihrem Lenz erzählt. Der deutsche Spielmann Kalter Frühlingsabend Kein Vogelruf, verlassen liegt das Feld. Fern grenzt der Wald: Das ist das große Schweigen. Und hinter ihm, als letzte Spur der Welt, Will langsam eine fahle Wolke steigen. Käm doch ein Huf, klippklapp, umstaubt, umbellt, Wär nur ein wenig Grün erst in den Zweigen, Hätt sich der drollige Starmatz eingestellt, Wann werden sich die lieben Primeln zeigen! Detlev v. Liliencron Frühlingsahnung O sanfter süßer Hauch! Schon weckest du wieder Mir Frühlingslieder. Bald blühen die Veilchen auch. Ludwig Uhland Schneeglöckchen Und aus der Erde schauet nur Alleine noch Schneeglöckchen; So kalt, so kalt ist noch die Flur, Es friert im weißen Röckchen. Theodor Storm Im Omnibus Ein Omnibus knarrt in dem Schnee, Voll Menschen jeder Art, So wie der Zufall manchmal sie Zusammenpreßt und schart. Es bläst der Wind so grimmig kalt, Die Fenster schließen schlecht, Ein jeder ist verdrießlich drob Und keinem etwas recht. Dort in der Ecke hält ein Mann Ein Dütchen vor sich hin, So zärtlich und besorgt, als wär Ein Edelstein darin. Zu seinem Nachbar einer sagt: „Was doch in aller Welt Der Mann dort in der Düte hat, Die er so sorgsam hält?“ Der hört die Frage, lächelt fein Und zieht aus dem Papier Ein Veilchen, eben aufgeblüht, Und zeigt’s dem Passagier. Und wie es nun von Hand zu Hand, Ein Gruß des Frühlings, geht, So ist’s, als hätt der Freude Hauch Sie alle angeweht. Als ob in ein verödet Haus Gekommen wär ein Kind, Als ob von schuldbeladner Brust Genommen wär die Sünd. Es tauen schnell die Herzen auf, Und fröhlicher Gesang Mischt mit des Windes Orgel sich Den ganzen Weg entlang. Hätt jeder doch in böser Stund Ein Veilchen gleich zur Hand, Es gäb der Sünde weniger, Der Liebe mehr im Land. Hermann v. Gilm Der Veilchenstrauß An einem Tage in der ersten Frühlingszeit trat ein Herr, der nicht mehr jung war, aus seinem Kontor, schloß sorgfältig zwei Türen ab und begab sich auf die Straße, um nach Hause zu gehen zum Mittagessen. Wie er die Straße entlang ging, lief ein ganz kleines Mädchen auf ihn zu und schloß sich ihm an, sich immer dicht vor seinen Füßen bewegend. Das wurde ihm lästig, und er ging rechts und links von den breiten Steinen auf das Pflaster; aber das Kind blieb ihm immer vor den Füßen. Es war sehr hartnäckig für sein Alter. Da kam dem Mann dunkel der Gedanke, die Kleine möchte ihn vielleicht in Geschäftsangelegenheiten sprechen wollen. Er beugte sich zu ihr nieder und fragte: „Was hast du?“ Das Kind hob ein Schüsselchen zu ihm empor und sagte: „Veilchen! Bitte, bitte! kaufen Sie, lieber Herr!“ In ruhigem Tone -- um keine falschen Erwartungen rege zu machen -- fragte der alte Herr: „Was sollen sie kosten?“ -- „Einen Dreier das Sträußchen!“ war die Antwort. Der alte Herr zog aus der Westentasche eine Handvoll kleinen Geldes, suchte einen Dreier heraus, gab ihn dem Kinde und empfing ein Sträußchen, das er schnell in die Rocktasche steckte. Die Rocktasche ist kein guter Aufbewahrungsort für Blumen; aber wenn man als alter Herr der Meinung ist, daß nur junge Leute Blumen am Hut oder in der Hand tragen dürfen, so kann man wohl einmal einen Strauß an einen Ort tun, auf den er am wenigsten gefaßt ist. Übrigens blieb der Veilchenstrauß diesmal nicht in der Rocktasche, sondern nach kurzer Zeit holte der Besitzer ihn heraus, um ihn zu betrachten. Der kleine Strauß bestand aus etwa einem Dutzend Blumen und einem grünen Blatte und war gebunden mit einem grauen Wollfaden aus einem ausgeribbelten Strumpfe. -- ›Sie sollen gut riechen‹, dachte der Mann und näherte den Strauß seiner alten Nase. In der Tat hatten die Veilchen einen Wohlgeruch, der dem alten Herrn nicht ganz unbekannt vorkam. „Woher kommt das?“ sprach er zu sich, indem er nachsann. Er roch wieder an dem Strauß und fragte sich wieder: „Woher kommt das?“ Da fiel ihm ein Tag ein, der auch einmal in der ersten Frühlingszeit gewesen war. Das Wetter war damals auch so milde, und es war etwas Unruhiges in der Luft und in den Menschen. Dann sah er einen Mann, der ihm selbst ähnlich, aber viel jünger war, aus einem Kontor kommen und schnell durch die Stadt -- die eine andere war -- dem Tore zuschreiten. Vor dem Tore lief dem jungen Manne ein Kind nach, das mit Veilchen umherging. Dem kaufte er eine Menge der kleinen Sträuße ab, steckte sie aber nicht in die Rocktasche, sondern zog ein Papier hervor und machte eine Düte daraus, in die er die Veilchen hineintat. Vom Tore ab ging der junge Mann eine Landstraße entlang und ging so schnell wie jemand, der den Abgang eines Bahnzuges zu versäumen fürchtet -- oder wie einer, der seine Braut besuchen will. Dennoch warf er zuweilen nach rechts und links einen Blick über die flache Landschaft. Lerchen sangen über den Feldern, die teils noch schwarz dalagen, teils mit zartem Grün leise übermalt schienen. Die Bäume waren noch kahl; nur einige Pappeln hingen über und über voll graurötlicher Blütenkätzchen. Nach einstündigem Wandern etwa kam der Jüngling in eine kleine Ortschaft und schritt bald auf ein niedliches, blendend weiß getünchtes Haus zu. Eine alte Dame öffnete ihm die Türe und hieß ihn willkommen. Er begrüßte sie freundlich, aber doch flüchtig und fragte: „Wo ist sie?“ Die alte Dame wies auf die halboffene Tür eines Zimmers. In der Ecke am Fenster stand ein altmodischer Lehnstuhl, und im Lehnstuhl saß, in das Kissen zurückgelehnt und mit geschlossenen Augen, ein junges Mädchen. Sie war sehr hübsch, und etwas von ihrem goldblonden Haar war ihr über das Gesicht gefallen! Neben dem Stuhl am Fenster hatte ein kleiner Arbeitstisch seinen Platz, auf dem unter anderen zierlichen Dingen ein leeres Körbchen stand. In dieses legte der junge Mann die Veilchen; dann beugte er sich über die Schlafende, wohl, um sie wach zu küssen. Vielleicht aber hatte sie auch gar nicht geschlafen; denn als er sich über sie beugte, verzog sich ihr Mund zum Lachen. Dann schlug sie auch schon die Augen auf, zugleich ihre Arme öffnend. -- -- Bis dahin war der alte Mann in seinen Gedanken gekommen, als er bemerkte, daß er vor seinem Hause angelangt war. Er blieb stehen und überlegte, ob er noch ein Stückchen weitergehen sollte. Zuletzt entschied er sich dafür, in sein Haus zu gehn -- da er nun doch wußte, woher der seltsame Wohlgeruch der Veilchen kam. Schneller als sonst stieg er die Treppe empor und schloß die Tür auf. In der Tür trat ihm ein Mädchen entgegen, sehr schön, hochgewachsen und goldblonden Haares. Weil sie der Gestalt, mit der sich der Alte in Gedanken eben beschäftigt hatte, sehr ähnlich sah, so stutzte derselbe. Auch das Mädchen stutzte, weil sie etwas Auffallendes im Wesen des Eintretenden bemerken mochte, und sagte in fragendem Ton: „Vater?“ Er aber, sich schnell besinnend, reichte ihr die zerknickten und welken Veilchen. „Ich habe dir etwas mitgebracht: Veilchen! Sind die nicht schön?!“ Johannes Trojan Am Mühlengraben Die Kinder haben die Veilchen gepflückt, All, all, die da blühten am Mühlengraben. Der Lenz ist da; sie wollen ihn fest In ihren kleinen Fäusten haben. Theodor Storm Vom Kirschbaum Ist alles ganz kahl und still, Nicht mal im Grase sich’s regen will, Steht alles geduckt, Klappert im Frost und muckt Mit dem Winter. Der putzt es mit Rauhreif auf, Doch im Garten Sagt einer: ich kann warten. Ist jemand, du kennst ihn wieder kaum, So dünn ist er worden: der Kirschenbaum. Schläft er nicht? Trau einer dem Wicht! Heute Mittag um Uhre eins Gab’s mal ein Pröbchen Sonnenscheins: Darin -- ich habe Das deutlich gesehn -- Mit seinen Knospen Fingerte der alte Knabe, Ein wenig vorsichtig und geziert, Wie man Badewasser probiert -- Und über seine Runzeln Ging ein Schmunzeln. Ferdinand Avenarius [Illustration] Vorfrühling Stürme brausten über Nacht Und die kahlen Wipfel troffen. Frühe war mein Herz erwacht, Schüchtern zwischen Furcht und Hoffen. Horch, ein trautgeschwätz’ger Ton Dringt zu mir vom Wald hernieder. Nisten in den Zweigen schon Die geliebten Amseln wieder? Dort am Weg der weiße Streif -- Zweifelnd frag ich mein Gemüte: Ist’s ein später Winterreif Oder erste Schlehenblüte? Paul Heyse Wirbelnde Flocken Wirbelnde Flocken, was wollt ihr nur? Ist doch der Lenz im Land, Prangt doch im Frühlingsstaat die Flur, Seit der Winter schwand! Wirbelnde Flocken, zu spät, zu spät Weht ihr vom Himmel herab! Der euch über die Aue sät, Sät euch nur ins Grab. -- Heija! mein Herz ist voll von Lust, Jeder Wonne reich -- Fallen die Sorgen mir in die Brust, Sterben sie gleich euch. Ernst Weber Frühlingsnähe Wieder seh ich jenen Schimmer, Jenen Schimmer an den Bäumen, Der mir sagt, es könne nimmer Lange mehr der Frühling säumen. Ja, es ist ein holdes Zeichen, Und, bevor wir ihn noch bitten, Wird er uns mit seinen reichen Wunderblüten überschütten. Martin Greif [Illustration] Er ist’s Frühling läßt sein blaues Band Wieder flattern durch die Lüfte; Süße, wohlbekannte Düfte Streifen ahnungsvoll das Land. Veilchen träumen schon, Wollen balde kommen. -- Horch, von fern ein leiser Harfenton! Frühling, ja, du bist’s! Dich hab ich vernommen! Eduard Mörike Das kranke Kind Der Vater ist seit Jahren blind -- Blind sein ist mehr als sterben! -- Die Mutter hat ein krankes Kind Und kann nicht viel erwerben. Die Stube war noch nie so warm, Obgleich das Fenster offen, Seitdem des Winters harter Arm Die Erde hat getroffen. Die Sonne küßt das bleiche Kind Zum erstenmal im Jahre; Es spielt ein weicher, warmer Wind Mit seinem feuchten Haare. Und wie sein Blick am Himmel hängt, Als möcht’s dahin entfliehen, Im Wangengrübchen langsam fängt Ein Röslein an zu blühen. Und -- süßes Wunder! -- plötzlich, als Sei alles Leid zu Ende, Schlingt lächelnd um der Mutter Hals Es seine beiden Hände. Die Mutter weiß vor Freud nicht Rat, Bricht aus in lautes Weinen -- Das war des Frühlings erste Tat, Und keine von den kleinen. Hermann v. Gilm Die Meise Kopfüber, kopfunter, zweigab und zweigauf! Ein lustiges, kleines Ding, Und immer geschwätzig und flink, Und immer obenauf! Denn ob die ganze Welt vereist, Sie findet den Tisch gedeckt: Hier wird ein Körnchen geschleckt Und dort ein Püppchen verspeist. „Zizidä, zizidä! Der Frühling ist da!“ So ruft sie im knospenden Wald, Und wehn auch die Winde noch kalt: Sie weiß es, glaubt es nur ja! Sie hat in das Herz der Knospe gesehn, In die Wiege von Blume und Grün, Sie weiß: Bald wird es nun blühn Und die Welt in Veilchen stehn. Heinrich Seidel Frühlingsbotschaft Ich hab ein Vöglein gehöret Herab von einem Baum, Das hat mich nicht betöret. Gar weise sang es im Traum, Ich hab es nicht gestöret, Wußt von mir selbst mehr kaum: Tin din di! Das Vöglein hat helle gesungen: „Die Veigelein sind da.“ Ich bin zu Walde gedrungen. Mein Aug sie selber sah. Ahi, ihr Vogelzungen, Wie süß mir da geschah: Tin din di! Martin Greif [Illustration] Der Wind Wind, Wind, Wo kommst du her? „Weit übers Meer Fuhr ich geschwind! Habe die Wellen Gepeitscht und geschlagen, Machte zerschellen Die Schiffe Am Riffe -- Keinen Mast mehr sieht man dort ragen!“ Wind, Wind, Wo kommst du her? „Übers Gebirge Saust ich mit Macht, Hab die Lawine ins Rollen gebracht. Wald und Saaten Hat sie geknickt, Hirt und Herden Zermalmt und zerdrückt. Des Älplers Dorf Liegt tief unterm Schnee, Kein Dach, kein Türmchen Ragt mehr zur Höh! -- Dann hab ich sacht In selbiger Nacht Ein glimmendes Fünkchen Zum Lodern gebracht, Ein Flammenmeer Durch die Gassen gefegt, Eine halbe Stadt in Asche gelegt!“ Wind, Wind, Was tatest du dann? „Habe über den grünen Rasen Einer lachenden Wiese geblasen; Habe lind die Blüten gewiegt, Die der gaukelnde Falter umfliegt; Habe dem Bächlein sanft gesäuselt, Habe den Birken die Kronen gekräuselt. Hab um ein Kind, Das drunter schlief, Leis und lind Die Flügel geschwungen Und es gesungen In Schlummer tief.“ Wind, Wind, Was tatest du dann? „Hab die Wolken am Himmel gejagt, Bis die Sonne golden getagt; Hab der ganzen Welt gelacht Und mit Brausen den Frühling gebracht!“ Wind, Wind, Wohin nun geschwind? „Schwing mich nun auf zu des Himmels Bezirken, Neue Arbeit mir auszuwirken! Ich kann brausen Der Welt zum Grausen, Und kann weich wie ein Atem wehn! Aber nun frag nicht mehr, Denn ich sag nicht mehr -- Schweig und laß mich gehn!“ Wind, Wind, Gottes und Dämons Kind, Wenn deine Hand Fluch und Segen umspannt: Gnädig, nur mit sanftem Gebrause, Geh vorüber meinem Hause! Richard Zoozmann Märznacht Horch! Wie brauset der Sturm und der schwellende Strom in der Nacht hin! Schaurig süßes Gefühl! Lieblicher Frühling, du nahst! Ludwig Uhland Eine Morgenwanderung Dämmerige Nacht lag über dem Land. Es war mild, fast warm. Anfang Mai. Ein mächtiger Tausturm hatte sich erhoben und wogte seine Frühlingssehnsucht von den Bergen. Wie ein großer Osterchoral donnerte er über die Gräber und rief zur Auferstehung. Die Wälder bogen sich und reckten sich und krachten unter seinem Rütteln; jahrhundertalte Eichen brachen zu Boden, und wie Rohr zerknickte vor ihm, was dürr und morsch war und keine Kraft mehr zum Frühling hatte. Nur was gesund und stark und triebfähig, hielt ihm stand. In der Tiefe des Himmels zuckten wie verlöschen wollende Lichter die Sterne zwischen den zerrissenen und zerreißenden Wolken, die er wie Flaum über uns dahinfegte, lachend, als freue er sich, einmal aufräumen zu können mit allem, was nicht niet- und nagelfest war. Selbst der Mond schien Sorge zu haben, über den Haufen geblasen zu werden, und verkroch sich hinter zusammenstiebende Wolkenfetzen. Die Erde bebte unter seinem Donner; aber es war nicht das Beben der Furcht, es war das Beben der Freude, denn er brachte die Erfüllung ihrer Sehnsucht. Von den Hängen schwollen die Quellen mit lautem Geriesel, und die fahle, jeden Augenblick wechselnde Beleuchtung überrann alles mit phantastisch-gespenstischem Leben. Vor den Gehöften und Häusern, an denen unser Weg vorüberführte, standen dann und wann die Leute. Der Sturm hatte sie von ihrem Schlaf aufgejagt; denn das leichte Balkenwerk ihrer Behausungen erzitterte in allen Fugen unter seinen Stößen. Die Wetterhähne schrien von den Giebeln. Es pfiff und heulte. Türen und Fenster sprangen auf und schlugen zu. Vom Dorf herüber klangen die Glocken, angstvoll, dumpf, drohend, wie wenn .... Die Leute sagten: der Küster sei es nicht, der so läute! und blickten bleich und verstört, furchtsam und feig zum Himmel; und die Weiber beteten: „Der Jüngste Tag kommt! Die Welt geht unter! Herr Gott, behüt uns!“ .... Nein, Mütterchen! Die Welt geht nicht unter! Noch lange nicht! Es wird nur endlich Frühling! Frühling! und wenn’s noch so tobt! Frühling! ja! .... Und lachend zogen wir weiter und sangen und ließen uns den Tausturm in die Brust wogen. Wir waren ja gewohnt, im Sturm zu stehn! Und sangen und jauchzten: Frühlingswärts! Morgen zu! Sonn’ entgegen! Sonn’ entgegen! Frühlingssonn’ entgegen! Das war es ja auch! Wir wollten die Sonne einmal aufgehen sehen, und das Frühlingsdrängen trieb uns ihr entgegen ... mit der ganzen Lust unseres Hoffens, mit dem ganzen Glauben unserer Jugend, mit der ganzen Jugend unseres Glaubens! Ein paar, denen bangte und die Furcht überkam vor all den lebendig werdenden Baumstümpfen und Hohlwegschatten, drehten um, „da sie sich nicht erkälten wollten in dem sinnlosen Wetter“, und verloren sich zurück in ihren trübseligen Alltag. Wir anderen aber zogen weiter durch die prächtige Nacht und ihren jauchzenden Frühlingssturm -- und ließen uns, aufschauernd, sein Evangelium in die Seele donnern: das Evangelium des Morgenwerdens! Weiter hinter uns in qualmigem Nebelbrüten lag die Stadt und alles Mauerumgebene, Enge, Beschränkte und Beschränkende, die ganze dumpfe Leere und Schwere hungriger Alltagspflicht und würgender Werktagsangst, und vor uns, um uns, frei und freudig, mauerlos, weit und offen, voll Lebensdrang und Sonntagsglauben die sternüberflackerte, sturmlodernde Erfüllung unserer Sehnsucht. Und wir sangen ihr Lied, das Lied des Morgens, das Lied der Sonne in den donnernden Sturm, und er trug es weiter über die Berge und von den Bergen in die Täler, und jauchzend rief das Echo es zurück. Wir kamen durch Ortschaften und Höfe. Die Nachtwächter fuhren aus ihrem Schlummer, stolperten uns nach mit ihren Laternen: still zu sein und die Ruhe der Dörfer nicht zu stören mit unserem törichten Gesange. Der Morgen käme von selber ohne unser Geschrei. Vorderhand aber sei es noch Nacht, und wir sollten die Leute schlafen lassen. Schlaf sei etwas Heiliges! Ja: Die Leute! Sie lagen und schliefen! Anstatt auf zu sein in Glauben und Freude, anstatt der Sonne entgegenzuwachen, mit der doch kommt, wovon sie träumen und wonach sie sich sehnen. Es war immer heller geworden. Wir hatten die gerade Richtung verlassen und erklommen einen Hügelzug, der ins Tal auslief, und von wo sich eine freiere Aussicht bot. Der Sturm hatte sich allmählich auch gelegt, als ob er sich genug damit getan, die Nacht gebrochen zu haben. Die Sterne verglommen. Der Mond verschwamm in der Tiefe wie das weiße Segel eines am Horizont hinabtauchenden Bootes. Es war fast frostig geworden, und kühle Schauer rannen durch die Luft. In den Talbreiten zu unseren Füßen lag alles in schmutzigem Nebel, wie tot, und an den Abhängen krochen und kletterten scheue Dunstflüge herum. Vor uns -- jenseits, überm Tal, stand das Gebirge. Sein Gipfelgrat zeichnete sich in harter, scharfer Linie von dem silbergrauen, sich nach und nach mit leisem Rot überhauchenden Grund des Himmels hinter ihm ab. Da bemerkte ich auf einem der Berghäupter drüben etwas herumkrabbeln -- schwarze Gestalten, Menschen, wirkliche Menschen, nur infolge der Entfernung kaum viel größer als Gullivers Liliputer, zwerghaft, wunderlich. Es sah närrisch aus. So närrisch, wie jemand all dergleichen vorkommen muß, der etwas nur sieht und nicht auch hört. So närrisch, wie einem Tauben vielleicht unser ganzes Leben, das ganze Treiben der Welt erscheinen mag. Als ob ich in einem Marionettentheater säße und einer niedlichen Pantomime zusähe. Der helle Himmel hinter dem Gebirge bildete den weißen Vorhang, und wie in einem Schattenspiel hoben sich die Kerlchen mit ihren Bewegungen gleich zierlichen Silhouetten auf dem lichten Hintergrund ab. Ein richtiges Schattenspiel ... der Nacht! Der kleinen Kerlchen aber wurden immer mehr, wie mir schien, und als unter einem Windstoß der Nebel etwas verzog, erkannte ich, daß es darunter, in seinem Schutze, den ganzen Berg hinauf in hellen Haufen stand. Sie zappelten und fuchtelten mit den Armen in der Luft herum und liefen und rannten in seltsamer Hast und Unruhe hin und her. Dann schien plötzlich etwas los zu sein. Sie kamen mit langen Stangen und Haken, mit mächtigen Winden, Haspeln und Kettenrollen. Wieder andere schleppten sich mit Leitern, die für ihre Größe ungeheuer waren, und es begann auf allen Punkten eine fast fieberhafte Geschäftigkeit. Die Erde wurde aufgegraben, der Felsgrund gesprengt und riesige Pflöcke darin verankert. Dann schmiedeten sie lange eiserne Ketten durch die Ringe, und Drahtseile und Taue, und verklammerten mit diesen wieder die großen Leitern, die sie heraufgeschleppt hatten. Hinter dem Gebirgsstock aber wurde es immer heller und heller, wie brodelnder Gischt dampfte es ab und zu empor. Doch je heller es wurde, um so unruhiger und eiliger, um so aufgeregter wurde das Getrippel und Gearbeite der kleinen Schattenkerlchen. Ich unterschied nun eine ganze Armee von Landsknechten mit Piken und Hellebarden, mit Morgensternen und Donnerbüchsen. Sie hielten am Berg hinauf, in verschiedene Fähnlein geteilt. Auf einer etwas tiefer gelegenen Kulm war eine ganze Batterie von Mörsern und Kanonen aufgefahren, als gelte es ... Gott weiß was für eine Völkerschlacht. Die Leitern wurden aufgestellt und ragten senkrecht in die Luft, und die ganze Gratlinie stand voll von Leuten mit Stangen und Haken, so lang und schwer, daß es immer ein ganz Häuflein zugleich bedurfte, sie zu regieren. Allmählich aber ahnte mir, was das alles bedeuten möchte. Ich lachte. „Nein, Mütterchen! Die Welt geht noch lang nicht unter! Keine Sorge! Es wird nur endlich Frühling!“ Gott sei Dank! Es wird nur endlich Tag! Nach so langer, dumpfer Nacht! Und wir stimmten das Lied der Erfüllung an, das Lied des Morgens, das Lied der Sonne und ihres Aufgangs ... und es brauste wie Orgelklang durch die Stille, siegverheißend, jubelnd und jauchzend! Kühle Schauer rannen durch die Luft, während der Himmel drüben sich mit roten Feuern überglutete und unsere Schattenmännchen, gleich tagscheuen, dunklen Nachtgeisterchen, immer unruhiger, erregter und gestikulierender hin und her rannten. Da: Ein blendender Blitz zuckt empor. Mit purpurgoldener Flamme taucht der Sonnenball über die graue Kammlinie und strahlt ein loderndes Halleluja über die Welt. Tag! Tag! Tag! Und Frühling! Frühling! -- Im selben Augenblick aber schlugen die Kerlchen drüben die Widerhaken ihrer Stangen in den emporstrebenden Ball, um ihn festzulegen. Andere warfen die Leitern über ihn und kletterten mit flinkster Pioniergeschicklichkeit darauf hinüber. Sie rollten lange Seile und Taue hinter sich ab, rammten Pflöcke ein und verhakten ihre Ketten daran, während die ganze Soldateska auf dem Berg in Bewegung kam und an den diesseitigen Enden anpackte, die Sonne wieder in ihre Tiefe zu zwingen. Wir lachten. Aber immer neue Haufen rückten an, mit immer längeren Stangen und Leitern und Ketten. Sie zerrten von den Berghängen große Wände herauf, Segelleinen oder was es war; Nebel? -- sie zu verhängen und darunter zu ersticken. Doch wie blauer Rauch zerrannen sie vor ihrem Licht. Und die Sonne stieg höher und höher über den Gebirgsgrat, ruhig, unbeirrt und unbekümmert, und blendete immer lichter in die Welt. Was wollten ihr diese Fliegen!? Da griff die Feuerwehr in den Kampf ein; zwölf, zwanzig Schläuche zugleich ergossen ihre Wasserstrahlen, von uns aus gesehen so dünn freilich, wie Spinnwebfaden ... sie auszulöschen und über den Horizont hinunterzuspritzen. Es zischte ein wenig, das war alles. Schon flammte die halbe Scheibe über den Kamm. Da plötzlich begann ein feines, zirpendes Geknatter, wie wenn Kinderpistölchen abgeschossen würden; die Landsknechte hatten mit ihren Donnerbüchsen losgelegt. Und von der seitwärts gelegenen Kulm krachte Kanonensalve um Salve durch die majestätische Bergruhe. Doch es zischte nicht einmal darauf. Ruhig und unbekümmert stieg die Sonne empor, höher und höher. Immer neue Kettentaue aber wurden hinübergeschleudert und von den Waghälsen drüben angepflockt. Immer neue Schübe kletterten hinüber mit Hämmern und Klammern. Und an die diesseitigen Enden hängten sich ganze Knäuel, ihre Kraft und Stärke zu messen. Da -- mit einem Male -- war es doch, als ob sie siegten. Die Sonne stand eine Spanne hoch über dem Grat und hing wie ein Fesselballon in dem eisernen Netz, mit dem die Kerlchen sie in wenig Minuten übersponnen hatten. Sie war gefangen. Ihr Aufatmen und Höhedringen spulte nur ein paar zu kurze Ketten ab, die in die Luft schnellten, die anderen zogen sich straff und straffer, aber sie hielten. Es gab einen sekundenlangen Stillstand. Die schwarzen Männlein hatten gewonnen. Und schon zerrte man wieder dicke Nebelwände von den Berghängen herauf und schon fuhr man allerlei sonderbare, mächtige Maschinen herbei, die Gekettete herabzuwinden, als es plötzlich einen kaum merkbaren, leisen, zitternden Ruck tat, der goldene Lichtwellen über das Tal warf. Sie war wieder frei; und alles, was noch gehalten hatte bisher an Ketten, Klammern, Tauen, Seilen, Stricken, Leitern, Stangen und Haken, riß durch wie Baumwollfaden, schnellte hoch, und die ganze Soldateska purzelte jählings über den Haufen und kollerte in die Abgründe oder flog mitsamt ihren Ketten und mitsamt der ganzen schönen Verankerung kopfüber lustig in die Luft. Gleich einem Aschenregen quirlte und rieselte es über den Berg und putzte ihn sauber. [Illustration] Wir lachten. Es war grausam -- aber wir lachten: wie diese Sonnenstürmer in ganzen Klümpchen an ihren Stricken und Ketten zwischen Himmel und Erde zappelten und wie tollgewordene Ameisen in Verzweiflung und Todesangst an ihren Leitern auf und ab wuselten. Zu helfen war aber doch nicht; und ... Ein Teil der Unglücklichen suchte sich durch kühnes Abspringen zu retten. Es sah aus wie schwarze, in rotes Feuer hüpfende Teufelchen. Arme Schattenmännlein! Doch warum wagtet ihr euch an die Sonne! Die anderen aber trug sie -- lächelnd -- höher und höher, bis in der steigenden Glut zuletzt auch die Ketten schmolzen, die ihr noch überhingen, und eine um die andere in den Abgrund klirrte, hinter dem Gebirg, und zu Stücken und Staub zersplitterte. -- -- -- Und frei und makellos klomm die Sonne in die Höhe, in schweigender Glorie, groß und feierlich, heilig und herrlich, und loderte den Tag ins Tal und über die Welt und mit dem Tag den Frühling und mit dem Frühling die Erfüllung. Die Menschen schliefen noch drunten. Gleich scheuen Verbrechern aber flüchteten die letzten Nebel und Schatten sich in ihre Schluchten und Klüfte. Lerchen stiegen aus den Gründen und jauchzten zum Himmel, und wir standen und jubelten ihnen zu und sangen das Lied des Morgens, das Lied der Sonne und ihres Aufgangs, und es war ein Lied der Freude und ein Lied des Sieges. -- -- -- Leis aber fragte ich mich: ob es jedesmal so sei, wenn die Sonne aufgehe?! Cäsar Flaischlen Knabenlust Horch, Märzenwind und Lerchenschlag Und keine Schule den Nachmittag! Die Füße ohne Strumpf und Schuh, Auf trocknem Weg den Wiesen zu! Zum Nesterbauen und Veilchenblühn, Zu Palmenweiden und Ostergrün! -- Die spielenden Mägdlein dort am Rain, Die möchten wohl unsre Gesellen sein. -- Nun rasch die Felsen emporgesaust, Daß den Mägdlein vor Schrecken und Freude graust! Johann Georg Fischer Wag’s! Nun ist er endlich kommen doch In grünem Knospenschuh; „Er kam, er kam ja immer noch!“ Die Bäume nicken sich’s zu. Sie konnten ihn all erwarten kaum. Nun treiben sie Schuß auf Schuß; Im Garten der alte Apfelbaum: Er sträubt sich, aber er muß. Wohl zögert auch das alte Herz Und atmet noch nicht frei, Es bangt und sorgt: „Es ist erst März, Und März ist noch nicht Mai.“ O, schüttle ab den schweren Traum Und die lange Winterruh, Es wagt es der alte Apfelbaum, Herze, wag’s auch +du+! Theodor Fontane Glaube Die linden Lüfte sind erwacht, Sie säuseln und weben Tag und Nacht, Sie schaffen an allen Enden. O frischer Duft, o neuer Klang! Nun, armes Herze, sei nicht bang! Nun muß sich alles, alles wenden. Die Welt wird schöner mit jedem Tag, Man weiß nicht, was noch werden mag, Das Blühen will nicht enden. Es blüht das fernste, tiefste Tal; Nun, armes Herz, vergiß der Qual! Nun muß sich alles, alles wenden. Ludwig Uhland Trost Schon schmilzt der Schnee auf Joch und Kar, Den Horizont trübt leichter Dunst, Sein Sommerhaus bezieht der Star, Und Primeln blühn im Wasserrunst. Die Bienen schwirren honigsatt Ums aufgedeckte Veilchenbeet, Frisch rankt der Ginster, Blatt an Blatt, Am Fenster, das weit offen steht. Das ist mein Trost nun: Tag für Tag Seh ich dem stillen Werden zu. Leis ebbt des raschen Herzens Schlag, Und alle Sorge geht zur Ruh. Artur von Wallpach Schwalbenmärchen Auf dem stillen, schwülen Pfuhle Tanzt die dünne Wasserspinn; Unten auf kristallnem Stuhle Thront die Unkenkönigin. Von den edelsten Metallen Hält ein Reif ihr Haupt umzogen, Und wie Silberglocken schallen Unkenstimmen durch die Wogen. Denn der Lenz erschien; die Schollen Sind zerflossen; Blüten zittern; Dumpfe Frühlingsdonner rollen Durch die Luft, schwarz von Gewittern. Wasserlilienkelche fließen Auf des Teiches dunkelm Spiegel, Und die ersten Schwalben schießen Drüberhin mit schnellem Flügel. Aus den zarten Schnäbeln leise Tönt Gezwitscher in die Wellen: „Viele Grüße von der Reise Haben wir dir zu bestellen. Lange waren wir in fremden, Sandbedeckten, heißen Ländern, Wo in weiten Kaftanhemden Träge Turbanträger schlendern. Purpurfarbne Wunderpflanzen Dienten uns zu Meilenweisern; Gelbe Mauren sahn wir tanzen Nackt vor ihren Leinwandhäusern. Lechzend auf dem warmen Sattel Saß der Araber, der leichte, Während Ziegenmilch und Dattel Ihm aufs Pferd die Gattin reichte. Auf die Jagd der Antilopen Kriegerisch mit Spieß und Pfeile Zogen schlanke Äthiopen; Klagend tönte Memnons Säule. Aus des Niles Flut getrunken Haben wir, matt von der Reise; Gruß dir, Königin der Unken, Von dem königlichen Greise! Alles grüßt dich, Blumen, Blätter! Doch zumeist der Grüße viele Bringen wir von deinem Vetter, Von dem Krokodil im Nile!“ Ferdinand Freiligrath Dornröschen Vor Zeiten war ein König und eine Königin, die sprachen jeden Tag: „Ach, wenn wir doch ein Kind hätten!“ und kriegten immer keins. Da trug es sich zu, als die Königin einmal im Bade saß, daß ein Frosch aus dem Wasser ans Land kroch und zu ihr sprach: „Dein Wunsch wird erfüllt werden, ehe ein Jahr vergeht, wirst du eine Tochter zur Welt bringen.“ Was der Frosch gesagt hatte, das geschah, und die Königin gebar ein Mädchen, das war so schön, daß der König vor Freude sich nicht zu fassen wußte und ein großes Fest anstellte. Er lud nicht bloß seine Verwandten, Freunde und Bekannten, sondern auch die weisen Frauen dazu ein, damit sie dem Kind hold und gewogen wären. Es waren ihrer dreizehn in seinem Reiche, weil er aber nur zwölf goldene Teller hatte, von welchen sie essen sollten, so mußte eine von ihnen daheim bleiben. Das Fest ward mit aller Pracht gefeiert, und als es zu Ende war, beschenkten die weisen Frauen das Kind mit ihren Wundergaben: die eine mit Tugend, die andere mit Schönheit, die dritte mit Reichtum und so mit allem, was auf der Welt zu wünschen ist. Als elfe ihre Sprüche eben getan hatten, trat plötzlich die dreizehnte herein. Sie wollte sich dafür rächen, daß sie nicht eingeladen war, und ohne jemand zu grüßen oder nur anzusehen, rief sie mit lauter Stimme: „Die Königstochter soll sich in ihrem fünfzehnten Jahre an einer Spindel stechen und tot hinfallen.“ Und ohne ein Wort weiter zu sprechen, kehrte sie sich um und verließ den Saal. Alle waren erschrocken; da trat die Zwölfte hervor, die ihren Wunsch noch übrig hatte, und weil sie den bösen Spruch nicht aufheben, sondern nur ihn mildern konnte, so sagte sie: „Es soll aber kein Tod sein, sondern ein hundertjähriger tiefer Schlaf, in welchen die Königstochter fällt.“ [Illustration] Der König, der sein liebes Kind vor dem Unglück gern bewahren wollte, ließ den Befehl ausgehen, daß alle Spindeln im ganzen Königreiche sollten verbrannt werden. An dem Mädchen aber wurden die Gaben der weisen Frauen sämtlich erfüllt; denn es war so schön, sittsam, freundlich und verständig, daß es jedermann, der es ansah, lieb haben mußte. Es geschah, daß an dem Tage, wo es gerade fünfzehn Jahre alt ward, der König und die Königin nicht zu Haus waren und das Mädchen ganz allein im Schloß zurückblieb. Da ging es aller Orten herum, besah Stuben und Kammern, wie es Lust hatte, und kam endlich auch an einen alten Turm. Es stieg die enge Wendeltreppe hinauf und gelangte zu einer kleinen Türe. In dem Schloß steckte ein verrosteter Schlüssel, und als es ihn umdrehte, sprang die Türe auf und da saß in einem kleinen Stübchen eine alte Frau mit einer Spindel und spann emsig ihren Flachs. „Guten Tag, du altes Mütterchen,“ sprach die Königstochter, „was machst du da?“ -- „Ich spinne,“ sagte die Alte und nickte mit dem Kopf. „Was ist das für ein Ding, das so lustig herumspringt?“ sprach das Mädchen, nahm die Spindel und wollte auch spinnen. Kaum hatte sie aber die Spindel angerührt, so ging der Zauberspruch in Erfüllung, und sie stach sich damit in den Finger. In dem Augenblick aber, wo sie den Stich empfand, fiel sie auf das Bett nieder, das da stand, und lag in einem tiefen Schlaf. Und dieser Schlaf verbreitete sich über das ganze Schloß: der König und die Königin, die eben heim gekommen und in den Saal getreten waren, fingen an einzuschlafen und der ganze Hofstaat mit ihnen. Da schliefen auch die Pferde im Stall, die Hunde im Hofe, die Tauben auf dem Dache, die Fliegen an der Wand, ja, das Feuer, das auf dem Herde flackerte, ward still und schlief ein, und der Braten hörte auf zu brutzeln, und der Koch, der den Küchenjungen, weil er etwas versehen hatte, in den Haaren ziehen wollte, ließ ihn los und schlief. Und der Wind legte sich, und auf den Bäumen vor dem Schloß regte sich kein Blättchen mehr. Rings um das Schloß aber begann eine Dornenhecke zu wachsen, die jedes Jahr höher ward und endlich das ganze Schloß umzog und darüber hinaus wuchs, daß gar nichts mehr davon zu sehen war, selbst nicht die Fahne auf dem Dach. Es ging aber die Sage in dem Land von dem schönen schlafenden Dornröschen, denn so ward die Königstochter genannt, also daß von Zeit zu Zeit Königssöhne kamen und durch die Hecke in das Schloß dringen wollten. Es war ihnen aber nicht möglich; denn die Dornen, als hätten sie Hände, hielten fest zusammen, und die Jünglinge blieben darin hängen, konnten sich nicht wieder losmachen und starben eines jämmerlichen Todes. Nach langen, langen Jahren kam wieder einmal ein Königssohn in das Land und hörte, wie ein alter Mann von der Dornhecke erzählte, es sollte ein Schloß dahinter stehen, in welchem eine wunderschöne Königstochter, Dornröschen genannt, schon seit hundert Jahren schliefe, und mit ihr schliefe der König und die Königin und der ganze Hofstaat. Er wußte auch von seinem Großvater, daß schon viele Königssöhne gekommen wären und versucht hätten, durch die Dornenhecke zu dringen, aber sie wären darin hängen geblieben und eines traurigen Todes gestorben. Da sprach der Jüngling: „Ich fürchte mich nicht, ich will hinaus und das schöne Dornröschen sehen.“ Der gute Alte mochte ihm abraten, wie er wollte, er hörte nicht auf seine Worte. Nun waren aber gerade die hundert Jahre verflossen, und der Tag war gekommen, wo Dornröschen wieder erwachen sollte. Als der Königssohn sich der Dornenhecke näherte, waren es lauter schöne, große Blumen, die taten sich von selbst auseinander und ließen ihn unbeschädigt hindurch, und hinter ihm taten sie sich wieder als eine Hecke zusammen. Im Schloßhof sah er die Pferde und scheckigen Jagdhunde liegen und schlafen, auf dem Dache saßen die Tauben und hatten das Köpfchen unter den Flügel gesteckt. Und als er ins Haus kam, schliefen die Fliegen an der Wand, der Koch in der Küche hielt noch die Hand, als wollte er den Jungen anpacken, und die Magd saß vor dem schwarzen Huhn, das sollte gerupft werden. Da ging er weiter und sah im Saale den ganzen Hofstaat liegen und schlafen, und oben bei dem Throne lag der König und die Königin. Da ging er noch weiter, und alles war so still, daß einer seinen Atem hören konnte, und endlich kam er zu dem Turm und öffnete die Türe zu der kleinen Stube, in welcher Dornröschen schlief. Da lag es und war so schön, daß er die Augen nicht abwenden konnte, und er bückte sich und gab ihm einen Kuß. Wie er es mit dem Kuß berührt hatte, schlug Dornröschen die Augen auf, erwachte und blickte ihn ganz freundlich an. Da gingen sie zusammen herab, und der König erwachte und die Königin und der ganze Hofstaat und sahen einander mit großen Augen an. Und die Pferde im Hof standen auf und rüttelten sich; die Jagdhunde sprangen und wedelten; die Tauben auf dem Dache zogen das Köpfchen unterm Flügel hervor, sahen umher und flogen ins Feld; die Fliegen an den Wänden krochen weiter; das Feuer in der Küche erhob sich, flackerte und kochte das Essen; der Braten fing wieder an zu brutzeln, und der Koch gab dem Jungen eine Ohrfeige, daß er schrie, und die Magd rupfte das Huhn fertig. Und da wurde die Hochzeit des Königssohnes mit dem Dornröschen in aller Pracht gefeiert, und sie lebten vergnügt bis an ihr Ende. Brüder Grimm Frühlingsgruß Es steht ein Berg in Feuer, In feurigem Morgenbrand, Und auf des Berges Spitze Ein Tannenbaum überm Land. Und auf dem höchsten Wipfel Steh ich und schau vom Baum, O Welt, du schöne Welt, du, Man sieht dich vor Blüten kaum! Josef von Eichendorff Fallende Blüten Die Blütenblätter fallen dicht wie Flocken von den Bäumen, Die in der warmen Morgenluft von ihrem Sommer träumen. Und immer dichter fallen sie, blühweiß ist’s aller Enden, Als hätten junge Mädchen still mit übervollen Händen Die Blütenkörbe ausgeleert auf Wege und auf Beete, Daß weichen Schritts der junge Prinz, Prinz Frühling, sie betrete. Albert Sergel [Illustration] Die seidenen Döckchen Kling, kling, Glöckchen, Im Haus steht ein Döckchen, Im Garten steht ein Hühnernest, Stehn drei seidne Döckchen drin, Eins spinnt Seiden, Eins flicht Weiden, Eins schließt den Himmel auf, Läßt ein bißchen Sonn heraus, Läßt ein bißchen drinn, Daraus die Liebfrau Maria spinn Ein Röcklein für die Kindelein. Volksmund Frühlingsstimmen Seht, was da draußen vor sich geht! Es regt sich, was schon lang geruht. Die Sonn besieht sich’s jeden Tag Und lacht es an und sagt: „’s wird gut.“ Man spricht davon im Sperlingsnest; Da zwitschert es mit hellem Ton. „Ihr Kinder, bald gibt’s größres Brot. ’s wird besser schon, ’s wird besser schon.“ Im Wald ist auch der Haselbusch Schon wach und blinzelt schon ins Licht. Und schneit’s ihm in die Augen mal, Er ist’s gewohnt, ihn stört es nicht. Aus dunkeln Beeten bricht’s hervor; Hellgrün und rot drängt sich’s herauf. Eins sieht sich nach dem andern um: „Kommst auch so früh? Bist auch schon auf?“ Ein Sträuchlein schimmert grünlich schon, Noch zittert’s, wenn der Nordwind weht; Doch ruft’s getrost: „Ihr andern, kommt! Man hält es aus -- es geht, es geht.“ Ein Lerchlein schwebt in klarer Luft Hoch überm Ackersmann und singt: „Ich bin die erst; die erst bin ich, Die dir ein Lied vom Frühling bringt.“ So regt sich Leben überall Und neue Lust und froher Klang. Auf, stimmet mit den Herzen ein! Freut euch und sagt dem Himmel Dank! Johannes Trojan Lerchen Du horchst, du siehst nicht ihr Gefieder, Du hörst nur lauter Frühlingslieder, Und immer lauter wird der Chor Von Lerchen, die im Himmel wohnen; Es hält den Atem an der Wind -- -- Berauschend schlägt es an mein Ohr Wie Jubelsang von Millionen, Die glücklich, überglücklich sind. Emil Faktor [Illustration] Maiglöckchen und die Blümelein Maiglöckchen läutet in dem Tal, Das klingt so hell und fein: So kommt zum Reigen allzumal, Ihr lieben Blümelein! Die Blümchen blau und gelb und weiß, Die kommen all herbei, Vergißmeinnicht und Ehrenpreis, Zeitlos und Akelei. Maiglöckchen spielt zum Tanz im Nu, Und alle tanzen dann, Der Mond sieht ihnen freundlich zu, Hat seine Freude dran. Den Junker Reif verdroß das sehr, Er kommt ins Tal hinein: Maiglöckchen spielt zum Tanz nicht mehr, Fort sind die Blümelein. Doch kaum der Reif das Tal verläßt, Da rufet wiederum Maiglöckchen zu dem Frühlingsfest Und läutet bim bam bum. Nun hält’s auch mich nicht mehr zu Haus, Maiglöckchen ruft auch mich: Die Blümchen gehn zum Tanz hinaus, Zum Tanze geh auch ich! Hoffmann von Fallersleben Die Amsel Wie tönt an Frühlingstagen So schwermutreich und hold Der Amsel lautes Schlagen Ins stille Abendgold. Es schimmert an den Zweigen Ein zartverhülltes Grün, Die jungen Säfte steigen, Und es beginnt zu blühn. Doch nicht mit Jubeltönen Begrüßt die Amsel nun Die Tage, jene schönen, Die in der Zukunft ruhn. Es klingt wie Leides Ahnung, Sie singt im schwarzen Kleid Schon jetzt die trübe Mahnung: Wie kurz die schöne Zeit. Heinrich Seidel Die schwarze Amsel Wann ich schon schwarz bin, Schuld ist nicht mein allein, Schuld hat meine Mutter gehabt, Weil sie mich nicht gewaschen hat, Da ich noch klein, Da ich noch wunderwinzig bin gesein. Volksmund Der Nimmersatt In unserm Flieder raschelt was, Ein kleiner Spatz. „Hier sitz ich ohne Futter, Wo bleibt nur meine Mutter? Ich hab ein schön gelb Schnäbelein; Es tut mir keiner was hinein, Mir armen Matz. Ade, du schöner Sonnenschein, Du grüner Platz! Hier muß ich nun verderben, Sie läßt mich Hungers sterben; Sie fliegt in aller Welt umher Und findet mich gewiß nicht mehr, Mich armen Matz.“ Da schwirrt’s und bringt ein Räuplein zart: „Hört eins den Fratz! Ich stopfe, und ich stopfe; Er schilt mit vollem Kropfe! Ich wüßt nicht, wer es besser hat: Du bist ein kleiner Nimmersatt, Mein kleiner Matz!“ Viktor Blüthgen [Illustration] Das Blumenbeet Das Beet, schon lockert sich’s in die Höh, Da wanken Glöckchen So weiß wie Schnee; Safran entfaltet Gewaltge Glut, Smaragden keimt es Und keimt wie Blut. Primeln stolzieren So naseweis, Schalkhafte Veilchen, Versteckt mit Fleiß; Was auch noch alles Da regt und webt, Genug, der Frühling, Er wirkt und lebt! Wolfgang v. Goethe Die Frösche Ein großer Teich war zugefroren; Die Fröschlein, in der Tiefe verloren, Durften nicht ferner quaken noch springen, Versprachen sich aber, im halben Traum, Fänden sie nur da oben Raum, Wie Nachtigallen wollten sie singen. Der Tauwind kam, das Eis zerschmolz, Nun ruderten sie und landeten stolz Und saßen am Ufer weit und breit Und quakten wie vor alter Zeit. Wolfgang v. Goethe Winterbericht Der Storch ließ auf dem Dach sich nieder Und sprach: „Da, Kinder, bin ich wieder! Nun saget mir, was ist geschehn, Seit ich das Dörfchen nicht gesehn?“ „Ei“, sprach der Hans, „in diesen Tagen Da hat sich vieles zugetragen; Mein Vater kaufte eine Kuh Und meiner Schwester neue Schuh. Ich hab an Größe zugenommen Und jetzt auch Stiefel und Hosen bekommen, Weihnachten kriegte ich ein Schwert Und ein sehr wildes Wiegenpferd. Und in die Schule geht, mein Bester, Jetzt auch die Suse, meine Schwester, Und weil sie neulich nichts gewußt, Hat sie nachbleiben schon gemußt.“ „Pfui, Hans“, begann der Storch zu klappern, „Man darf nicht aus der Schule plappern!“ Rudolf Löwenstein [Illustration] Der Storch ist da Juchheirasa, Der Storch ist da! Er steht vergnügt im Neste Und klappert auf das beste; Er bückt sich vor der Störchin fein Und dreht sich auf dem langen Bein. Juchheirasa. Der Storch ist da! Was er im Wickelkissen Mitbringt, wer kann es wissen? Ein Schwesterlein? Ein Brüderlein? Es wird doch nicht ein Pärchen sein? Martin Greif Klapperstorch Storch, Storch, Langbein, Wann fliegst du ins Land herein, Bringst dem Kind ein Brüderlein? Wenn der Roggen reifet, Wenn der Frosch pfeifet, Wenn die goldnen Ringen In der Kiste klingen, Wenn die roten Appeln In der Kiste rappeln. Volksmund Kuckuck Der Gutzgauch auf dem zaune saß, guckguck, guckguck! es regnet ser, und er ward naß, guckguck, guckguck, guckguck! Darnach do kam der sonnenschein, guckguck, guckguck! der Gutzgauch der ward hüpsch und fein, guckguck, guckguck, guckguck! Alsdann schwang er sein gfidere, guckguck, guckguck! er flog dort hin wol über se, guckguck, guckguck! Volksmund Der Zweig und der Vogel im April Wach auf! wie schläfst du gar so still -- Wach auf! wir haben schon April. Wach auf! was schläfst du gar so fest? Ich brauche Schatten für mein Nest, Ich brauch ein Dach, recht dicht gebaut, Damit mein Nest kein Würger schaut, Der mich beraubt und mich bedroht Und meinen Kleinen bringt den Tod. Drum, lieber Zweig, erwach, erwach, Bau mir solch dichtbelaubtes Dach! Was tut der stille Zweig darauf? Er schlägt die Blütenaugen auf Und spricht: „Geduld, lieb Vögelein, Ich brauch zum Bauen Sonnenschein. Wart nur zwei Wochen oder drei, Dann kommt mein Meister an, der Mai! Dann schmück ich dir dein kleines Haus Mit festen grünen Wänden aus, Von grünen Ziegeln hundertfach Bau drüber ich ein dichtes Dach, Daß dich kein böser Würger sieht. Dann kannst du singen froh dein Lied, Kannst pflegen deine kleine Brut Mit deinem Weibchen, still und gut, Den ganzen, lieben Sommer lang!“ Da spricht das Vöglein: „Schönsten Dank! So will ich baun mein Nest in Ruh; Doch für das Dächlein sorge du! Und kommt der Mai, dann ohne Rast Tu, was du mir versprochen hast!“ Rudolf Löwenstein Frühlingsregen Die grauen Wolken flogen, Umwölbend das Gefild, Und nieder kam gezogen Ein Regen warm und mild. Nun träufelt der Erquickung Tau, Es dampft die zartbegrünte Au -- Die Erde hat gesogen Und ihren Durst gestillt. Ein Duft von jungem Leben Den kühlen Hain durchdringt; Die Knospen wonnig beben, Und sachtes Tröpfeln klingt. Durch Erlenbüsche streift der Wind, Mit feuchtem Haar -- ein heitres Kind; Ein Säuseln läßt er schweben Aus dem Gezweig und singt: „Sonne, erschließe Das himmlische Blau, Goldglanz gieße Auf grüne Au! Ihr gebadeten Blumen, Laßt die feuchten Äuglein leuchten! Ich schüttle von schwanken Erlen Zum Spiel euch glitzernde Perlen -- Solch bunte Perlen woben Die schwebende Brücke droben Am blauen Himmelssee.“ Bruno Wille [Illustration] Aprilwetter Sprühregen, drein die Sonne scheint, Jetzt da und jetzt auch schon vorüber, So kurz, wie wach der Säugling weint, Er wendet sich und schlummert wieder. Sprühregen! Jetzt der Himmel blau, Und jetzt von Wolken überzogen, Nun lachend über allem Grau Im Wunderschein der Regenbogen. Martin Greif April April! April Weiß nicht, was er will, Ist gar ein launischer Gesell, Bald düster, bald hell, Bald lacht er wie Maien-Sonnenschein Dir freundlich und hell ins Herz hinein Und grüßt dich mit Blicken, mit frühlingswarmen, Bald weint er und heult schier zum Erbarmen. Bald läßt er des Sommers Strahlen blitzen, Daß Perlen dir von der Stirne schwitzen, Bald rüttelt und schüttelt er deine Glieder Und hagelt und wettert wild hernieder. Dem Frühling heut zu dienen beginnt er, Und morgen dient er wieder dem Winter. Ist eben zweier Herren Knecht Und macht’s drum keinem Herren recht, Will sich für keinen von den beiden Mit ehrlich festem Sinn entscheiden. Was er verspricht, das hält er nicht, Was er bringen soll, das bringt er nicht, Was er singen soll, das singt er nicht, Wenn er lachen kann, so lacht er nicht, Was er machen kann, das macht er nicht, Tut, was er schafft, nur mit Verdruß, Und tut’s nur darum, weil er muß. Da lob ich mir, denn der kommt jetzt herbei, Vor allem doch den Monat Mai! Rudolf Löwenstein Das arme Vöglein Ein Vogel ruft im Walde, Ich weiß es wohl, wonach? Er will ein Häuschen haben, Ein grünes, laubig Dach. Er rufet alle Tage, Und flattert hin und her, Und in dem ganzen Walde Hört keiner sein Begehr. Und endlich hört’s der Frühling, Der Freund der ganzen Welt. Der gibt dem armen Vöglein Ein schattig Laubgezelt. Wer singt im hohen Baume So froh vom grünen Ast? Das tut das arme Vöglein Aus seinem Laubpalast. Es singet Dank dem Frühling Für das, was er beschied, Und singt, so lang er weilet, Ihm jeden Tag ein Lied. Hoffmann von Fallersleben [Illustration] An den Mai Es ist doch im April fürwahr Der Frühling weder halb noch gar! Komm, Rosenbringer, süßer Mai, Komm du herbei! So weiß ich, was der Frühling sei. -- Wie aber? Soll die erste Gartenpracht, Narzissen, Primeln, Hyazinthen, Die kaum die hellen Äuglein aufgemacht, Schon welken und verschwinden? Und mit euch besonders, holde Veilchen, Wär’s dann fürs ganze Jahr vorbei? Lieber, lieber Mai, Ach, so warte noch ein Weilchen! Eduard Mörike Mailied Es kommt ein wundersamer Knab Jetzt durch die Welt gegangen, Und wo er geht, bergauf, bergab, Hebt sich ein Glast und Prangen. In frischem Grün steht Feld und Tal, Die Vögel singen allzumal, Ein Blütenschnee und Regen Fällt nieder allerwegen. Drum singen wir im Wald dies Lied Mit Hei und Tralaleyen; Wir singen’s, weil es sprießt und blüht, Als Gruß dem jungen Maien. Den Mai ergötzt Gebrumm und Summ, Ist immer guter Laune; Drum schwirren durch den Tann herum Die Maienkäfer braune, Und aus dem Moos wächst schnell herfür Der Frühlingsblumen schönste Zier; Die weißen Glocken läuten Den Maien ein mit Freuden. Drum singen wir im Wald das Lied mit Hei und Tralaleyen; Wir singen’s, weil es sprießt und blüht, Als Gruß dem jungen Maien. Viktor v. Scheffel [Illustration] Nochmals vom Kirschbaum Nun sagt, was ist im Kirschenbaum? In seinen Schlaf kam’s wie ein Traum: In seinen Adern regte sich’s leis: In seinen Ästen bewegte sich’s leis: Noch eine einzige laue Nacht -- Und plötzlich steht er in Blütenpracht! Jetzt schwirren die Boten rings weitum -- Gesumm, Gebrumm Von feinsten Stimmen: „Heran, ihr Immen, Zum Feste: Der Alte erwartet die Gäste!“ Leg dich darunter, nach oben schau -- Dies Funkeln im Weiß, dazwischen das Blau! -- Und lausche: von fern und nah Richtig, sind schon die Bienen da, Ganz aus ist nun die Winternacht, Der alte Herr ganz aufgewacht -- Behaglich rauscht er: „Laßt’s euch schmecken!“ Wie sie von allen Tellerchen schlecken. Von einem zum andern, summ, summ, summ, Zu Tausenden tummeln sie sich herum, Nippen, naschen, trinken, brummen, Die Blüten selber, meinst du, summen Immer im gleichen Geschwirr in Ruh -- Der Alte strahlt über und über dazu. Endlich zieht davon der Schwarm, Aber nun werden die Tage warm, Aber nun brechen die Blätter heraus, Aber nun reifen die Früchte aus. An jedem Aste die Körbe schwer, Richtet er’s jetzt für die Großen her: Stützt ihm die Arme, daß er nicht Unter dem eignen Segen bricht! Ferdinand Avenarius Der Säemann Immer seh ich dich so, mein Vater, zu jeder Zeit des Jahres, so oft ich dein gedenke: als Säemann. Und deine Söhne, groß und schlank wie du, ganz dein verjüngtes Bild, barhäuptig und barfuß am Pflug. Ein breiter Acker, aus der Mulde, die so windstill, nach der Höhe, luftig bewegt. Lang am Wald hin dunkle Eichen und helle Birken, und wilde Heckenrosen am Rain in runden Büschen, an den Dornen Wollen-Flöckchen. Die frisch gebrochenen Furchen braun und dampfend im herben, würzigen Frühwind. Hinter uns stolzierend der schwarzglänzende Rabe, emsig im Spähen nach des Engerlings fettem Wurm. Weiße Wolken als träumende Schäfchen hinziehend am hohen Himmel. Du in langen Schritten gradaus, kräftig atmend, das Auge hell und fest. Kuckucksruf aus dem Wald: Du blickst uns an und lächelst schalkhaft. Wir klopfen dreimal an die Tasche. Nun gürtest du um den Leib den grauen, körnerschweren Samensack. Der rechte Arm, nackt bis zum Ellenbogen, mit flatterndem Ärmel, geht im Schwung mit dem Schritt. Aus der Hand fliegen sausend im Bogen die Körner, sorglich erlesen, glatt und prall und glänzend in Keimkraft. Stillbedächtig, wie in verhaltener Lust, empfängt sie die Erde und zieht sie ein in den harrenden Schoß, Hampfel um Hampfel. Immer seh ich dich so, mein Vater, als Säemann. Immer so im festen Schritt über den frischgepflügten, dampfenden Acker hin, wie von heimlicher Musik aus der Tiefe der Erde begleitet, von segnenden Winden umsungen aus des Himmels leuchtender Höhe. Und deine Söhne alle, emsig wie du, was auch sonst ihre Hantierung, immer wieder am Pflug, bespannt mit jungen Stieren, gelben und weißen, weit leuchtend über die Felder hin. Und aus der Ferne hör ich den Zuruf der Mutter, lieb und fröhlich: „Wie seid ihr fleißig heute!“ Dann erscheint sie, die Hand schirmend über den lachenden Augen, die feine Gestalt umflossen vom goldenen Licht: „Längst ist vorüber der Mittag, habt ihr nicht läuten gehört? Kommt jetzt, der Tisch ist bereitet, Linsensuppe gibt’s und Spätzli --“ Und wir wischen uns den Schweiß von der Stirn: „Gleich, Mutter, gleich. Wir sind hungrig wie Wölfe.“ „Gott sei Dank,“ sagst du, Vater, „wir haben das Unsrige getan. Nun schenk uns der Himmel gut Wetter zu Wachstum und Ernte.“ Immer seh ich uns so, ganz deutlich, und hör jedes Wort von dir und der seligen Mutter. So lange ist’s her, so lange, so lange. Und immer noch schwillt uns das Herz in Hoffnung künftiger Ernten. Michael Georg Conrad Säerspruch Bemeßt den Schritt! Bemeßt den Schwung! Die Erde bleibt noch lange jung! Dort fällt ein Korn, das stirbt und ruht. Die Ruh ist süß. Es hat es gut. Hier eins, das durch die Scholle bricht. Es hat es gut. Süß ist das Licht. Und keines fällt aus dieser Welt Und jedes fällt, wie’s Gott gefällt. C. F. Meyer Junge Kätzchen Fünf Kätzchen vorm Fenster und Lieschen dazu, Die stehen zusammen längst schon auf du. Trippelt zum Garten sie in der Früh, Wartet Frau Miezekatz schon auf sie, Putzt die vier Kleinen noch akkurat; Jeder macht gern mit den Kindern Staat. Die Kätzchen haben heut Augen gekriegt, Gucken ganz dumm und blinzeln vergnügt. Wenn solch ein großes Wunder geschehn, Das muß die Mutter doch auch mal sehn! Holt ein Näpfchen, so ein kleins; Macht für die Kätzchen was Extrafeins. Das ist ein Springen, hinauf und hinab, Lecken sich alle Pfoten ab. Durch den Apfelbaum, schwerbelaubt, Fällt der Mutter ein Strahl aufs Haupt, Glänzt dann auf Lieschens Blondhaar hell, Gleitet hernieder aufs Katzenfell, Bis zu den Kätzchen winzig und klein Kriegt jedes sein bißchen Sonnenschein. Ludwig Jacobowski Der Sperling Der Sperling ist ein kleines Tier, Hat ein kurzes Schwänzchen, Sitzt vor Hänschens Kammertür, Macht ein Reverenzchen. Volksmund [Illustration] [Illustration] Spatzenausflug Die Spatzen schrein in ihrem Nest, Als hätten sie ein großes Fest; Philippzipzip! Philippzipzip! Und weiß nicht, wie viel Gäst. -- Nun ist vorbei Gesang und Schmaus, Da fliegen sie aufs Dach heraus: Philippzipzip! Philippzipzip! Und ruhn ein wenig aus. Der alte Spatz, der kluge Mann, Hebt jetzo seine Rede an: Philippzipzip! Philippzipzip! Hoch auf der Wetterfahn; „Ihr Kinder, eh nach Samen Ihr ausfliegt auf das Feld, Geb ich euch eure Namen, Dann schlagt euch durch die Welt, Ihr könnt nun prächtig singen Und flattern und hüpfen und springen, Und baun, wo’s euch gefällt. So merkt denn auf und horchet, Wie jeder von euch heißt, Und seid dann unbesorget, Wenn ihr von dannen reist. Helft nur einander treulich, Und seid nicht so abscheulich, Seid friedlich allermeist! Du bist der Winkelschlupfer, Der Mück und Schnak ertappt, Du bist der Gassenhupfer, Der Korn und Haber schnappt, Und du der Bröselesser, Und du der Kirschenfresser, Wohl schmeck euch, was ihr habt! Und wohnt ihr in den Hecken, Und wohnt ihr unterm Dach: Fern sei euch jeder Schrecken Und jedes Ungemach! Seid nur auch auf der Lauer, Wenn über Zaun und Mauer Euch schleicht das Kätzchen nach! Miau! Dort kommt sie schon, die Katz, Die hat uns all auf einen Satz: Zwickelwickbembem! Zwickelwickbembem! Sucht einen sichern Platz.“ Friedrich Güll Bei Goldhähnchens Bei Goldhähnchens war ich jüngst zu Gast! Sie wohnen im grünen Fichtenpalast In einem Nestchen klein Sehr niedlich und sehr fein. Was hat es gegeben? Schmetterlingsei, Mückensalat und Gnitzenbrei Und Käferbraten famos -- Zwei Millimeter groß. Dann sang uns Vater Goldhähnchen was, So zierlich klang’s wie gesponnenes Glas. Dann wurden die Kinder besehn: Sehr niedlich alle zehn! Dann sagt ich: „Adieu!“ und „Danke sehr!“ Sie sprachen: „Bitte, wir haben die Ehr, Und hat uns mächtig gefreut!“ Es sind doch reizende Leut! Heinrich Seidel Unser Fritz Unser Fritz richt’t seinen Schlag, Wollt ein Meislein fangen, Doch weil ihm denselben Tag Keines drein gegangen, Wird dem Fritz zu lang die Zeit. Denkt: ich hab umsonst gestreut, Will ja keine kommen. Nach acht Tagen fällt ihm ein, Im Garten zu spazieren: Es ist schöner Sonnenschein, Man kann nicht erfrieren, Und am alten Apfelbaum Kommt’s ihm plötzlich wie im Traum: Ob der Schlag gefallen? „Ja! Es sitzt ein Vogel drin! Aber, weh! o wehe! Das ist trauriger Gewinn: Tot, so viel ich sehe! -- Aber, was kann ich dafür? Sicher hat das dumme Tier Sich zu Tod gefressen!“ So tröst’t sich dein Mörder wohl, Der dich hungern lassen, Aber ich vor Leid und Groll Weiß mich nicht zu fassen! Hast alle Körnlein aufgepickt, Hast dann vergebens umgeblickt, Wo noch ein Bröslein wäre! Ihr andern Vöglein allesamt, Wohl unterm blauen Himmel, Ihr habt mit Wehgesang verdammt Den Vogelstellerlümmel. Ach, eines starb so balde, bald, Eben da in Feld und Wald Der Frühling wollte kommen. Eduard Mörike [Illustration] Ritter Mai Ich weiß hoch droben, im Walde versteckt, Am Berg eine wilde Wiese; Da liegt todwund auf den Grund gestreckt Der Winter, der reisige Riese. Den stach vom Rosse in scharfem Turnei Der Ritter Mai, der Ritter Mai. Grieswärtel war dorten der Meister Specht, Kampfrichter waren die Dohlen. Den Ritterdank, ein Rankengeflecht, Mit Primeln durchwirkt und Violen, Empfing aus den Händen der lieblichsten Fei Der Ritter Mai, der Ritter Mai. Nun reitet im Harnisch von klarem Gold Der herrliche Sieger zu Tale, Drommeter blasen, der Ehrenhold Verkündet mit hellem Schalle: „Viel Grüße entbeut den Vasallen in Treu Der Ritter Mai, der Ritter Mai!“ O. Kernstock Die Kurfürsten Die Kinder schreien Vivat hoch! In die blaue Luft hinein; Den Frühling setzen sie auf den Thron, Der soll ihr König sein. Theodor Storm Kling hinaus Leise zieht durch mein Gemüt Liebliches Geläute. Klinge, kleines Frühlingslied, Kling hinaus ins Weite! Kling hinaus bis an das Haus, Wo die Blumen sprießen! Wenn du eine Rose schaust, Sag, ich laß sie grüßen! Heinrich Heine Was im Maien Wunder man gewahrt Der Mai hat Gewalt! Ob er Zauberlist ersonnen? Wo er naht mit seinen Wonnen, Da ist niemand alt. Walther von der Vogelweide Begegnung Ich ging im Feld. Die Drossel schlug. Ein lindes, weiches Wehen trug Von einem wilden Apfelbaum Ein Blütenblatt, einen Frühlingsflaum. Da kam aus Osten, hügelab, Trug keinen Hut und keinen Stab Und führte keinen Ranzen mit, Der Tag im leichten Wanderschritt. Auf seine helle Stirne fiel Ein frei Gelock, des Windes Spiel. Kein Kleid umgab der Glieder Pracht, Nackt schritt er, wie ihn Gott erdacht. Nur eine Sonnenblume hielt Er in der Linken. Hochgestielt, Der goldne Sternkelch scheitelnah Ihm schwankend über die Schulter sah. So ging er strahlend gradeaus, Und über ihm zog mit Gebraus Ein Schwarm von weißen Schwänen mit. Er wuchs, wie er das Feld durchschritt, Und stand zuletzt am Horizont, Ein Riese, flammend übersonnt. Um ihn wie lichte Wölkchen sahn Die Vögel aus, Schwan neben Schwan. Und aus dem weißen Glitzermeer Grüßte die gelbe Blume her. Gustav Falke Übersehen Es tat ein Gelahrter im Garten spazieren Und seinem Nachbar demonstrieren, Was doch für eine Lumperei Im Grund der deutsche Frühling sei. Statt daß der März die Vöglein bringe, Was Wunder, wenn bei solcher Tück Im Mai noch Schnee herunterdringe, Die Flora bleibe stets zurück. Drum, wollten wir ihr Recht begreifen, So müßten wir gen Süden schweifen. So sprach das Männlein baß verdrossen Und machte seine scharfen Glossen: Da war er, blind für junges Prangen, Einem Rosenbeet vorbeigegangen. Martin Greif [Illustration] Frühlingsgespenster Ich saß noch spät in meinem Zimmer Studierend bei der Lampe Schimmer, Und ob mein Auge müd und matt, Wandt ich doch emsig Blatt um Blatt. Da klopft es plötzlich an mein Fenster, Ich glaube zwar nicht an Gespenster, Doch weil gar hoch mein Fenster war, Schien mir das Klopfen wunderbar. Ich spähte in die nächt’gen Räume, Der Mond schien freundlich durch die Bäume. Tief unten schlug die Nachtigall, Sonst tiefes Schweigen überall. Doch kaum saß ich zu lesen nieder, So klopft es auch vernehmlich wieder; Weit macht ich nun das Fenster auf Und ließ den Klopfern freien Lauf. Und plötzlich schwärmten durch das Fenster Zwei braune, surrende Gespenster; -- Maikäfer waren’s, die’s verdroß, Daß ich im Zimmer mich verschloß; Daß ich mich über Büchern härmte, Genießend nicht, wie sie, durchschwärmte Die linde, weiche Maiennacht Voll Blütenduft und Sternenpracht. Julius Sturm Maienkäferlied Maikäferchen, Maikäferchen, fliege weg! Dein Häuschen brennt, Dein Mütterchen flennt, Dein Vater sitzt auf der Schwelle, Flieg in Himmel aus der Hölle! Volksmund Gedenk! Es ist kein Vöglein so gemein, Es spürt geheime Schauer, Wenn draußen streift der Sonnenschein, Vergoldend seinen Bauer. Und du hast es vergessen fast In deines Kerkers Spangen, O Menschlein, daß du Flügel hast Und daß du hier gefangen. Josef von Eichendorff Lenzfahrt Es wollten um das Lenzerwachen Drei Freunde eine Lustfahrt machen, Da wendete der eine ein: „Es muß der Tag erst länger sein!“ Und als sie wieder Ratschlag hatten, Der zweite sprach: „Es fehlt an Schatten!“ Doch als sie zechten bald in Schweiß, Der dritte sprach: „Es ist zu heiß!“ -- So war, noch eh sie sich verglichen, Der schöne Lenz auch schon verstrichen. Martin Greif Der Mai Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus, Da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus! Wie die Wolken dort wandern am himmlischen Zelt, So steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt. Herr Vater, Frau Mutter, daß Gott euch behüt! Wer weiß, wo in der Ferne mein Glück mir noch blüht? Es gibt so manche Straße, da nimmer ich marschiert, Es gibt so manchen Wein, den ich nimmer noch probiert. Frisch auf drum, frisch auf drum im hellen Sonnenstrahl Wohl über die Berge, wohl durch das tiefe Tal; Die Quellen erklingen, die Bäume rauschen all; Mein Herz ist wie ’ne Lerche und stimmet ein mit Schall. Und abends im Städtlein, da kehr ich durstig ein: „Herr Wirt, Herr Wirt, eine Kanne blanken Wein! Ergreife die Fidel, du lustger Spielmann, du! Von meinem Schatz das Liedel, das sing ich dazu.“ Und find ich keine Herberg, so lieg ich zur Nacht Wohl unter blauem Himmel; die Sterne halten Wacht; Im Winde die Linde, die rauscht mich ein gemach, Es küsset in der Frühe das Morgenrot mich wach. O Wandern, o Wandern, du freie Burschenlust! Da wehet Gottes Odem so frisch in der Brust; Da singet und jauchzet das Herz zum Himmelszelt: Wie bist du doch so schön, o du weite, weite Welt! Emanuel Geibel Frühling, Frühling überall Vor meinem Fenster sang der Fink: „Heraus ins Freie, frisch und flink! Der Frühling ist ja kommen!“ Ich ging noch in der Mauern Kluft, Da kam schon lind und lau die Luft Entgegen mir geschwommen. Und wie ich schreite durch das Tor, Steigt jubelnd eine Lerch empor, Als flög sie in den Himmel. Lustwandelnd lenk ich querfeldein: Blauveilchen duftet schon am Rain, Am Bach die goldne Primel. Wohin ich seh, die Bäume weiß Und laubig schon der Büsche Reis Und sammetgrün die Hulde. Und wie ich wieder steh und horch: Am Weiher klappert laut der Storch, Der Kuckuck ruft im Walde. So lug und lausch ich, bis von fern Am Himmel blinkt der Abendstern Und rings die Glocken gehen. Nun tracht ich heim; o Nachtigall, Da bringt mir deines Liedes Hall Der Nachtluft sanftes Wehen! Und so ich nochmals rückwärts schau, Erglühen Wald und Strom und Au Im goldnen Abendrote. -- O Finke, deß gedenk ich lang, Wie mich herausgelockt dein Sang, Du lieber Frühlingsbote! Friedrich Güll Ostern Vom Eise befreit sind Strom und Bäche Durch des Frühlings holden, belebenden Blick; Im Tale grünet Hoffnungsglück! Der alte Winter in seiner Schwäche Zog sich in rauhe Berge zurück. Von dorther sendet er, fliehend, nur Ohnmächtige Schauer körnigen Eises In Streifen über die grünende Flur; Aber die Sonne duldet kein Weißes; Überall regt sich Bildung und Streben, Alles will sie mit Farben beleben; Doch an Blumen fehlt’s im Revier, Sie nimmt geputzte Menschen dafür. Kehre dich um, von diesen Höhen Nach der Stadt zurückzusehen. Aus dem hohlen, finstern Tor Dringt ein buntes Gewimmel hervor. Jeder sonnt sich heute so gern; Sie feiern die Auferstehung des Herrn. Denn sie sind selber auferstanden. Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern, Aus Handwerks- und Gewerbesbanden, Aus dem Druck von Giebeln und Dächern, Aus der Straßen quetschender Enge, Aus der Kirchen ehrwürdger Nacht Sind sie alle ans Licht gebracht. Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge Durch die Gärten und Felder zerschlägt, Wie der Fluß, in Breit und Länge, So manchen lustigen Nachen bewegt; Und, bis zum Sinken überladen, Entfernt sich dieser letzte Kahn. Selbst von des Berges fernen Pfaden Blinken uns farbige Kleider an. Ich höre schon des Dorfs Getümmel; Hier ist des Volkes wahrer Himmel, Zufrieden jauchzet groß und klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein. Wolfgang von Goethe [Illustration] Das Birkenbäumchen Ich weiß den Tag, es war wie heute, Ein erster Maitag, weich und mild, Und die erwachten Augen freute Das übersonnte Morgenbild. Der frohe Blick lief hin und wieder, Wie sammelt er die Schätze bloß? So pflückt ein Kind im Auf und Nieder Sich seine Blumen in den Schoß. Da sah ich dicht am Wegessaume Ein Birkenbäumchen einsam stehn, Rührend im ersten Frühlingsflaume, Konnt nicht daran vorübergehn. In seinem Schatten stand ich lange, Hielt seinen schlanken Stamm umfaßt Und legte leise meine Wange An seinen kühlen Silberbast. Ein Wind flog her, ganz sacht, und wühlte Im zarten Laub wie Schmeichelhand. Ein Zittern lief herab, als fühlte Das Bäumchen, daß es Liebe fand. Und war vorher die Sehnsucht rege, Hier war sie still, in sich erfüllt; Es war, als hätte hier am Wege Sich eine Seele mir enthüllt. Gustav Falke Wieder vorwärts! Berghinan vom kühlen Grund Durch den Wald zum Felsenknauf Haucht des Frühlings holder Mund, Tausend Augen tun sich auf. Sachte zittert Reis an Reis, Langt hinaus, noch halb im Traum. Langt und sucht umher im Kreis Für drei grüne Blättlein Raum. Doch mit lautem Wellensang Weckt der Bach die Waldesruh; Mitten drin am jähen Hang Schläft ein Trumm von einer Fluh. Das einst hoch am Silberquell In des Berges Krone lag, Nieder führt an diese Stell Es ein solcher Frühlingstag, Wo es hundert Jahre blieb Hangen an der Eschenwurz; Heute reißt der junge Trieb Weiter es im Wassersturz. Dröhnend springt’s von Stein zu Stein, Trunken von der wilden Flut, Bis es dort am Wiesenrain Schwindelnd unter Blumen ruht. Du versteinte Herrlichkeit, O, wie tanzest du so schwer Mit der tollen Frühlingszeit -- Hinter dir kein Rückweg mehr! Gottfried Keller Die heilige Woche Als Jesus von seiner Mutter ging Und die große, heilige Woch anfing, Da hatte Maria viel Herzeleid, Sie fragte den Sohn mit Traurigkeit: „Ach Sohn, du liebster Jesu mein, Was wirst du am heiligen Sonntag sein?“ „Am Sonntag werd ich ein König sein, Da wird man mir Kleider und Palmen streun.“ „Ach Sohn, du liebster Jesu mein, Was wirst du am heiligen Montag sein?“ „Am Montag bin ich ein Wandersmann, Der nirgends ein Obdach finden kann.“ „Ach Sohn, du liebster Jesu mein, Was wirst du am heiligen Dienstag sein?“ „Am Dienstag bin ich der Welt ein Prophet, Verkünde, wie Himmel und Erde vergeht.“ „Ach Sohn, du liebster Jesu mein, Was wirst du am heiligen Mittwoch sein?“ „Am Mittwoch bin ich gar arm und gering, Verkauft um dreißig Silberling.“ „Ach Sohn, du liebster Jesu mein, Was wirst du am heiligen Donnerstag sein?“ „Am Donnerstag bin ich im Speisesaal Das Opferlamm bei dem Abendmahl.“ „Ach Sohn, du liebster Jesu mein, Was wirst du am heiligen Freitag sein?“ „Ach Mutter, ach liebste Mutter mein, Könnt dir der Freitag verborgen sein!“ „Ach Sohn, du liebster Jesu mein, Was wirst du am heiligen Samstag sein?“ „Am Samstag bin ich ein Weizenkorn, Das in der Erde wird neu geborn. Und am Sonntag -- freu dich, o Mutter mein! -- Dann werd ich vom Tod erstanden sein: Dann trag ich das Kreuz mit der Fahn in der Hand, Dann siehst du mich wieder im Gloriestand.“ Volksmund Da Jesus in den Garten ging Da Jesus in den Garten ging Und ihm sein bittres Leiden anfing, Da trauert alles, was da was, Es trauert alles Laub und Gras. Maria, die hört ein Hämmerlein klingen: O weh, o weh, meins lieben Kindes! O weh, o weh, meins Herzen ein Kron, Mein Sohn, mein Sohn will mich verlon. Maria kam unter das Kreuz gegangen, Sie sah ihr liebs Kind vor ihr hangen An einem Kreuz, was ihr nit lieb, Maria war das Herz betrübt. „Johannes, liebster Diener mein, Laß dir mein Mutter befohlen sein! Nimm s’ bei der Hand, führ s’ weit hintan, Daß sie nit seh mein Marter an!“ „Ach Herr, das will ich gerne tun, Ich will sie führen also schön, Ich will sie trösten also wohl, Wie ein Kind sein Mutter trösten soll.“ Nun bieg dich, Baum! Nun bieg dich, Ast! Mein Kind hat weder Ruh noch Rast. Nun bieg dich, Laub! Nun bieg dich, Gras! Laßt euch zu Herzen gehen das! Die Feigenbäum, die bogen sich, Die harten Felsen zerkloben sich, Die Sonne verlor ihren güldnen Schein, Die Vögel ließen ihr Singen sein. Volksmund Golgatha Das Land lag wie aus Glas gesponnen um mich, So rein, so klardurchsichtig war die Luft. Ich stand auf einem sanften Heidehügel In meiner Heimatinsel Schleswig-Holstein. Rings Sonne; eine weite, leere Aussicht. Die Himmelsschlüssel blühen überall, Vergißmeinnicht und gelber Löwenzahn. Der Tod hat sich ins Kraut zum Schlaf gestreckt, Reumütig liegt die Sense neben ihm. Kein Pflügerruf, kein Vogel läßt sich hören, Kein Wagen ringt sich durch den dicken Sand, Die Mühle selbst hält Rast: es ist Karfreitag. Auf meinem kleinen Berge stehn drei Kiefern, Ich schreite ab: sechs Fuß weit voneinander. An eine dieser Kiefern dann gelehnt, Sah ich hinab in all die stille Landschaft Und freute mich des wundervollen Friedens. Ein Schwarm von Eintagsfliegen nur gab Leben, Von feuchtem Ort im Wind hierhergetrieben. Er hob und senkte sich vor mir wie Rauch, Glückselig in der Freude seines Daseins. Mich drückt die Frühlingsluft, ich sitze nieder. Der Mittag kam, ich saß noch immer da. Die Sonne sticht, die Frühlingsluft wird schwerer, Ich werde müde, Träume tun sich auf: Aus den drei deutschen Kiefern werden Pinien, Und die drei Pinien wandeln sich zu Palmen, Und seltsam ändert sich um mich die Gegend: Im Westen, Osten steigen Mauern auf, Ein Tempel schimmert auf, ein Rathaus auf, Fern eine fremde, nie gesehne Stadt: Jerusalem! Die Burg Antonia, Der Schloßbau von Herodes mit den Türmen, Und Josaphat, das Tal mit seinem Kidron, Gethsemane, der Ölberg, Golgatha! Vor allen Toren glänzen Villen, Gärten, Springbrunnen klatschen in die Marmorbecken, Und Säulenhallen stehn: Jerusalem! Der Schmerzensweg, die ~via dolorosa~. Und zieht den Weg nicht eine große Schar? Grad auf mich zu? Und zieht nach Golgatha? Steh ich auf Golgatha, der heiligen Stätte? Laut schiebt sich, stößt sich alles durcheinander, Barone, Priester, Staatsanwälte, Bader, Doctores: Pöbel aller Stände folgt Dem blassen, zarten Mann, der vorne geht. Von bernsteingelben Haaren eingerahmt Ist sein Gesicht; und große braune Augen Schaun traurig, starr, verlassen in die Menge, Die tobend, lachend, lärmend ihn umdrängt. Und plötzlich bin ich auch mit im Gewühl, Und höhne, lache mit ... Und der die bernsteingelben Haare hat, Der blasse Mann schleppt sich mit einem Schragen, Bis ihn die Kraft verläßt; er sinkt zusammen. Ein andrer, stärkrer, nimmt die Last ihm ab, Und weiter zieht der Zug nach Golgatha. Und alles, was uns nun entgegenkommt, Hält an: ein General, ein Bärenführer, Die Purpursänfte einer Edeldame, Der Bauer, der sein Kalb zu Markte treibt, Mit Staatsdepeschen ein Kurier aus Rom, Die alte Semmelfrau von Jericho, Ein Handwerksbursch, zuletzt ein Trupp Soldaten, Der eben von der Felddienstübung heimkehrt. Und alles lacht und johlt und kreischt und brüllt: „Hurra, da bringen sie den Judenkönig!“ Und trollt sich weiter auf dem Weg zur Stadt. Und eine Geierschar, in Wolkenhöhe, Gibt, langsam kreisend, unserm Zug Geleit. Zwei Zimmerleute fügen aus den Kiefern, Aus den drei Kiefern, meinen lieben Kiefern, Drei plumpe, rohbehaune, kurze Kreuze. Wir stürzen uns auf Jesum, packen ihn, Wir schlagen ihn mit Nägeln an die Äste. Und ein Geschrei klagt gräßlich in die Welt Hinauf, so gräßlich, wie’s ein Mensch ausstößt, Dem mit Gewalt ein großer rostiger Nagel Durch Hand und Fuß gehämmert wird ... Und Jesus senkt die bernsteingelben Haare, Daß sie sein blutiges Gesicht verdecken: „Mich dürstet!“ Ein Soldat der deutschen Wache Steckt den getränkten Schwamm auf seinen Spieß Und läßt den Heiland voll Erbarmen trinken. Und Barrabas erscheint, der Gassendichter, Der wegen Straßenraubs verurteilt saß, Doch den das Volk losbat, und grinst hinauf: „Ja, hättest du, wie unsereins, verstanden, Den Leuten Spaß zu machen, alter Freund, Du hingest nicht, ein schwerer Sack, am Holz; Kerl, dein Genie hat dich ans Kreuz gebracht!“ Und Jesus senkt die bernsteingelben Haare, Daß sie sein blutiges Gesicht verdunkeln. Ein rabenschwarz Gewölk kriecht vor die Sonne, Nur einen schmalen, grellen Lichtrand lassend, Der dem Erlöser in die Augen blinkt. Ein Blick der Liebe trifft uns, seine Quäler, Ein Schimmer, der uns anglänzt wie erstarrt, Und Jesus schreit, der Marterpfahl erbebt, Schreit: „~Eli, Eli, lama asabthani!~“ Da: seht doch, seht! da jagt, von Straßenstaub Verhüllt, jetzt wieder frei, jagt einer her, In rasender Karriere jagt er her. Sein Helm stürzt ab, sein Haar fliegt lang ihm nach. Er spornt den Hengst auf unsern Blutplatz zu, Er schwenkt ein weißes Tuch, er schwenkt’s, er schwenkt’s, Er setzt die Zinken ein zum äußersten Sprung Auf unsern Hügel, an der Kante kommt Des Fuchses wilde Mähnenwelle hoch: Der Adjutant von Pontius Pilatus. Er und sein Syrer, wie getüncht von Schweiß, Brechen zusammen, und ein Wort springt hörbar Aus diesem wüsten Knäul von Mann und Gaul: „Begnadigt!“ Stracks klettert einer das Gebälk hinan: Er hebt die bernsteingelben Haare Jesu Ihm von den Augen -- er ist tot. Auf meinem kleinen Berge stehn drei Kiefern, Sie stehen noch; sechs Fuß weit voneinander. An eine dieser Kiefern angelehnt, Sah ich hinab in all die stille Landschaft Und freute mich des wundervollen Friedens. Ein Schwarm von Eintagsfliegen nur gab Leben, Glückselig in der Freude seines Daseins. Detlev von Liliencron Karfreitag Jesus Christus erhub die gebrochenen Augen gen Himmel, Rufte mit lauter Stimme, nicht eines Sterbenden Stimme, Mit des Allmächtigen, der sich, das Staunen der Endlichkeiten, Freigehorsam dem Mittlertod hingab, er rufte: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Und die Himmel bedeckten ihr Angesicht vor dem Geheimnis. Schnell ergriff ihn, allein zum letzten Male, der Menschheit Ganzes Gefühl. Er rufte mit lechzender Zunge: „Mich dürstet!“ Ruft’s, trank, dürstete, bebte, ward bleicher, blutete, rufte: „Vater, in deine Hände befehl ich meine Seele!“ Dann --: „Gott, Mittler, erbarme dich unser! -- Es ist vollendet!“ Und er neigte sein Haupt und starb. F. G. Klopstock Die Steine werden zeugen Der Ostermorgen lächelt, Ein Bräutgam, in die Welt, Vom Frühlingsduft gefächelt, Steigt er aus seinem Zelt. Und rings herum das Schweigen! Der Wald, er steht so still; Kein Blümlein sich verneigen, Kein Blättchen rauschen will. Im fernen Kirchlein singet Die fromme Christenschar; Da von den Steinen klinget Das Echo wunderbar. Als wenn aus Bergestiefen Das Singen kläng hervor, Als wenn die Felsen riefen: „Er lebt! er lebt!“ im Chor. „Er lebt! er lebt!“ da lauschen Die Blümlein, neigen sich, Da bücket sich mit Rauschen Der Wald so feierlich. Und mächtger immer wieder: „Er lebt! er lebt!“ vom Stein -- Mir läuft ein Schauer nieder Im tiefsten Mark und Bein; Und denk -- und muß mich beugen -- Was dort geschrieben ist: Die Steine werden zeugen, Wenn mich der Mensch vergißt. Otto Ludwig Auferstanden Durchs Fenster scheint der Maientag, Ich schließe die Augenlider Und horche -- das ist Lerchenschlag! O, endlich wieder! Ich lausche, wie des Windes Hauch Dahinrauscht durch die Zweige, Es keimen Blüten an jedem Strauch, Auf jedem Steige. Da rührt mich Wonne allzumal, Ich schließe die Augenlider -- Ich fühl es wie ein Sonnenstrahl; Ich lebe wieder! Es singt die Lerche noch immer fort, Mein Herze möcht zerspringen, Ich lasse verstummen Wort um Wort -- -- Und laß sie singen! Karl Stieler Osterhäslein Drunten an den Gartenmauern Hab ich sehn das Häslein lauern. Eins, zwei, drei: Legt’s ein Ei, Lang wird’s nimmer dauern. Kinder, laßt uns niederducken! Seht ihr’s ängstlich um sich gucken? -- Ei, da hüpft’s -- Und dort schlüpft’s Durch die Mauerluken. Und nun sucht in allen Ecken, Wo die schönen Eier stecken, Rot und blau, Grün und grau Und mit Marmelflecken! Friedrich Güll [Illustration] Eine Frühlingsnacht Im Zimmer drinnen ist’s so schwül; Der Kranke liegt auf dem heißen Pfühl. Im Fieber hat er die Nacht verbracht; Sein Herz ist müde, sein Auge verwacht. Er lauscht auf der Stunden rinnenden Sand; Er hält die Uhr in der weißen Hand. Er zählt die Schläge, die sie pickt, Er forschet, wie der Weiser rückt; Es fragt ihn, ob er noch leb vielleicht, Wenn der Weiser die schwarze Drei erreicht, Die Wartfrau sitzt geduldig dabei, Harrend, bis alles vorüber sei. -- Schon auf dem Herzen drückt ihn der Tod; Und draußen dämmert das Morgenrot. An die Fenster klettert der Frühlingstag, Mädchen und Vögel werden wach. Die Erde lacht in Liebesschein, Pfingstglocken läuten das Brautfest ein, Singende Burschen ziehn übers Feld Hinein in die blühende, klingende Welt. -- Und immer stiller wird es drin; Die Alte tritt zum Kranken hin. Der hat die Hände gefaltet dicht; Sie zieht ihm das Laken übers Gesicht. Dann geht sie fort. Stumm wird’s und leer, Und drinnen wacht kein Auge mehr. Theodor Storm Das Mädchen aus der Fremde In einem Tal bei armen Hirten Erschien mit jedem jungen Jahr, Sobald die ersten Lerchen schwirrten, Ein Mädchen, schön und wunderbar. Sie war nicht in dem Tal geboren, Man wußte nicht, woher sie kam; Und schnell war ihre Spur verloren, Sobald das Mädchen Abschied nahm. Beseligend war ihre Nähe, Und alle Herzen wurden weit; Doch eine Würde, eine Höhe Entfernte die Vertraulichkeit. Sie brachte Blumen mit und Früchte, Gereift auf einer andern Flur, In einem andern Sonnenlichte, In einer glücklichern Natur. Und teilte jedem eine Gabe, Dem Früchte, jenem Blumen aus; Der Jüngling und der Greis am Stabe, Ein jeder ging beschenkt nach Haus. Willkommen waren alle Gäste; Doch nahte sich ein liebend Paar, Dem reichte sie der Gaben beste, Der Blumen allerschönste dar. Friedrich v. Schiller Frühlings Begräbnis Horch! Vom Hügel welch ein sanfter Klang Säuselt fernher durch die nächtgen Schatten? Elfenscharen ziehn den Wald entlang, Die mit Klaggesang Ihren Freund, den toten Lenz, bestatten. Schöner Jüngling! Wie er lieblich ruht, Schlummerstill auf seiner Veilchenbahre! Allzuschwer mit sommerlicher Wut Traf ihn Sonnenglut Und ihm sank das Haupt, das morgenklare. Blumen in der Hand, die er geliebt, Kleine, rote Fackeln leise schwingend, Ziehn die Geister, die sein Tod betrübt, Sonst im Flug geübt, Heute schrittweis, Totenlieder singend. Stumm in Wehmut schaut der Mond herab, Und es schluchzen alle Nachtigallen. Wo er oftmals seine Feste gab, Senkt man ihn hinab, Und die bleichen Silberflöre wallen. Und ein Specht klopft an den Föhrenstamm Und beginnt den Grabspruch ihm zu halten: „Stillt die Tränen, tröstet euern Gram! Der stirbt wonnesam, Der in blühnder Jugend darf erkalten. Glaubet mir, der lang die Welt gesehn: Den ihr heut hier unter Blumen bettet, Neu und ewig wird er auferstehn. Nimmer kann vergehn, Wer die Welt aus Winterbanden rettet.“ Als so weihevoll der Alte sprach, Lauter schluchzte da das Grabgesinde, Und die Elfenfürstin seufzt ein „Ach!“ Ihrem Liebling nach Warf sie in die Gruft die goldne Binde. Horch! Vom Hügel welch ein wilder Klang? Finster hat Gewölk den Mond verschattet. Ein Gewitter zieht den Wald entlang, Und zerstoben bang Ist das Häuflein, das den Lenz bestattet. Paul Heyse Künftiger Frühling Wohl blühet jedem Jahre Sein Frühling mild und licht, Auch jener große, klare, Getrost! er fehlt dir nicht; Er ist dir noch beschieden Am Ziele deiner Bahn, Du ahnest ihn hienieden Und droben bricht er an. Ludwig Uhland [Illustration] Der deutsche Spielmann herausgegeben von +Ernst Weber+, eine großangelegte Auswahl aus dem Schatze deutscher Dichtung für Jugend und Volk, schöpft aus dem Besten deutscher Erzählungs- und Verskunst unter Beschränkung auf das Volks- und Jugendtümliche. Die Sammlung gliedert sich in 40 Einzelbände, von denen jeder ein in sich geschlossenes Ganzes bildet und von einem Künstler illustriert ist, dessen Eigenart dem Charakter des jeweiligen Stoffgebietes ungezwungenen Ausdruck verleiht. Die Sammlung eignet sich wie kaum ein zweites Werk zur Anschaffung für öffentliche Bibliotheken, als Mittel zur Belebung des Schulunterrichts und für die Familienbücherei. +Der deutsche Spielmann hofft, zum eisernen Bestand jeder Volks- und Jugendbücherei zu werden.+ Er huldigt ja nicht einer vorübergehenden Mode des Tages. Er schöpft aus dem aufgespeicherten Schatz der Jahrhunderte und wird darum auch seine Geltung für das Jahrhundert behalten. In neuer Bearbeitung liegen bis Ende Mai 1924 vor: Bd. 3 Wald (W. Weingärtner) „ 4 Hochland (Franz Hoch) „ 6 Helden (W. Weingärtner) „ 7 Schalk (Julius Diez) „ 9 Arbeiter (Gg. O. Erler) „ 11 Sänger (Hans Röhm) „ 12 Frühling (H. v. Volkmann) „ 13 Sommer (Edmund Steppes) „ 14 Herbst (Karl Biese) „ 15 Winter (Karl Biese) „ 16 Gute alte Zeit (Rud. Schiestl) „ 17 Himmel und Hölle (Jul. Diez) „ 18 Stadt und Land (J. V. Cissarz) „ 19 Bach und Strom (E. Liebermann) „ 21 Arme und Reiche (J. Widnmann) „ 22 Abenteurer (Rud. Schiestl) „ 29 Blumen und Bäume (R. Sieck) „ 35 Tierwelt (Ludwig Werner) „ 39 Riesen und Zwerge (R. Schiestl) „ 40 Fabelreich (Ernst Weber) Im August 1924 werden sich anschließen: Bd. 5 Meer (J. V. Cissarz) „ 10 Soldaten (Gg. O. Erler) „ 20 Heide (Adalbert Holzer) „ 34 Vaterland (W. Roegge jun.) „ 38 Tag und Nacht (Otto Bauriedl) Hinter den Band-Titeln ist der Name des illustrierenden Künstlers jeweils in Klammern beigefügt. Folgende Bändchen der Sammlung stehen noch aus: Bd. 1 Kindheit (E. Kreidolf) „ 2 Wanderer (J. V. Cissarz) „ 8 Legenden (G. A. Stroedel) „ 23 Germanentum (H. Röhm) „ 24 Mittelalter (H. Schroedter) „ 25 Zeit d. Wandlungen (C. Roesch) „ 26 Neuzeit (Angelo Jank) „ 27 Gespenster (Julius Diez) „ 28 Tod (Matthäus Schiestl) „ 30 Nordland (Rudolf Koch-Hanau) „ 31 Italien (Hans Volkert) „ 32 Hellas (Karl Bauer) „ 33 Fremde Zonen (H. Volkert) „ 36 Menschenherzen (Rud. Schiestl) „ 37 Glück u. Trost (H. Schwegerle) Auch die je vier Bände vereinigenden Sammelbände in schönem farbigen Ganzleinenband werden wiederum neu ausgegeben, und zwar liegen bis Mai 1923 vor die Bände „Deutsches Jahr“, „Deutsche Gestalten“ u. „Deutsche Natur“ (je 5 Mk.). Im August folgt die Ausgabe der Sammelbände „Deutsche Heimat“, „Deutsches Land“ und „Deutsches Volk“. *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK FRÜHLING *** Updated editions will replace the previous one—the old editions will be renamed. Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright law means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to copying and distributing Project Gutenberg™ electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG™ concept and trademark. 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It exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from people in all walks of life. Volunteers and financial support to provide volunteers with the assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will remain freely available for generations to come. In 2001, the Project Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure and permanent future for Project Gutenberg™ and future generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org. Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state’s laws. The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation’s website and official page at www.gutenberg.org/contact Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread public support and donations to carry out its mission of increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine-readable form accessible by the widest array of equipment including outdated equipment. Many small donations ($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt status with the IRS. The Foundation is committed to complying with the laws regulating charities and charitable donations in all 50 states of the United States. Compliance requirements are not uniform and it takes a considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up with these requirements. We do not solicit donations in locations where we have not received written confirmation of compliance. To SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state visit www.gutenberg.org/donate. While we cannot and do not solicit contributions from states where we have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition against accepting unsolicited donations from donors in such states who approach us with offers to donate. 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