Der Schiffbau seit seiner Entstehung

By E. van Konijnenburg

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Title: Der Schiffbau seit seiner Entstehung

Author: E. van Konijnenburg

Translator: Hugo Müller

Release date: April 17, 2025 [eBook #75889]

Language: German

Original publication: Brussels: Internationaler Ständiger Verband der Schiffahrtskongresse, 1913

Credits: Peter Becker and the Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net


*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER SCHIFFBAU SEIT SEINER ENTSTEHUNG ***


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                     Anmerkungen zur Transkription

  Der vorliegende Text wurde anhand der Buchausgabe von 1895 so weit
  wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Typographische Fehler
  wurden stillschweigend korrigiert. Ungewöhnliche und heute nicht
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  unverändert; fremdsprachliche Ausdrücke wurden nicht korrigiert.

  Besondere Schriftschnitte werden im vorliegenden Text mit Hilfe der
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        kursiv:      _Unterstriche_
        fett:        =Gleichheitszeichen=
        gesperrt:    +Pluszeichen+
        Kapitälchen: ~Tilden~

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[Illustration: NAVIGARE NECESSE]




                             DER SCHIFFBAU
                              SEIT SEINER
                              ENTSTEHUNG

                            [Illustration]




                             DER SCHIFFBAU

                              SEIT SEINER

                              ENTSTEHUNG

                                  VON

                      E. VAN KONIJNENBURG, C. I.,

           _INGENIEUR DES RIJKSWATERSTAATS DER NIEDERLANDE_

                               1895-1905


                             HERAUSGEGEBEN
                                  VOM
                   INTERNATIONALEN STÄNDIGEN VERBAND
                                  DER
                         SCHIFFAHRTSKONGRESSE


            GESCHÄFTSFÜHRENDER AUSSCHUSS-GENERALSEKRETARIAT
                        38, RUE DE LOUVAIN, 38
                                BRÜSSEL


                                BAND I




INHALTSVERZEICHNIS


                                                       Seite

  VORREDE                                                 11

  Teilung Europas nach der Forme der Schiffe:
    Nördlicher Mittelpunkt. -- Ostsee. --
    Südlicher Mittelpunkt. -- Mittelmeer.

  SÜDLICHER MITTELPUNKT.

  ~Kapitel~ I                                             13

  Die Ägypter                                             13
  Die Phönizier                                           17
  Die Griechen und die Römer                              21
  Das Mittelmeer im Mittelalter                           24
  Die Galeeren                                            25
  Die Schiffstype des 18. Jahrhunderts                    29

  NÖRDLICHER MITTELPUNKT.

  ~Kapitel~ II                                            33

  Das Wikingerschiff                                      34
  Das Koggeschiff                                         36
  Einfluss der Kreuzzüge                                  39
  Verwendung des Steuerruders                             39
  Die Galeere in den Niederlanden                         40
  Verwendung der Kanonen                                  41
  Die Baertzen                                            41
  Die Krayers und die Hulken                              42
  Verwendung von Schiffen mit glattem Bord                42
  Das Schiff des 16. Jahrhunderts                         45
  Verwendung des Spiegelschiffs                           46
  Einführung der Stückpforten                             46
  Das Vlieboot                                            47
  Das Spiegelschiff                                       48
  Die Flüte, das Kuff, die Schmack                        48
  Übergang vom Schiff des 16. Jahrhunderts zu dem
    des 17.                                               50
  Das Kriegsschiff (erste Kriegsmarine)                   51
  Frankreich                                              53
  England                                                 55
  Die Niederlande                                         56
  Die Handelsmarine der Niederlande                       59
  Verwendung der Fregatte                                 60
  Die Brander                                             61


  ~Kapitel~ III                                           63

  _Ordnung der Schiffe_                                   67

  I. Kriegsschiffe                                        68
  II. Handelsschiffe {für die grosse Schiffahrt           68
                     {für die kleine Schiffahrt           69
  III. Fähren                                             69
  IV. Fahrzeuge für verschiedene Zwecke                   70
  V. Schiffe, die den Oberlauf der Flüsse befahren
       (Bovenlanders)                                     71
  VI. Fischereifahrzeuge                                  72


  ~Kapitel~ IV                                            75

  _Beschreibung der Schiffstype_                          75
  Die Pinasse                                             75
  Das Vlieboot                                            75
  Das Katzenschiff                                        76
  Das Ostindische Kompagnie-Schiff                        76
  Der Bujer                                               76
  Der Huker                                               76
  Die Büse                                                77
  Das Heckboot                                            77
  Der Straetsvaerder                                      77
  Der Stocker                                             77
  Die Fregatte                                            77
  Die Galiot                                              77
  Die Galeasse                                            78
  Das Kuff                                                78
  Die Schmack                                             79
  Das Smalschip und das Wijdschip                         79
  Der Damlooper                                           79
  Die Tjalk                                               80
  Die Schute und die Poon                                 80
  Die Kaag                                                81
  Die Steigerschute                                       81
  Die Yacht                                               81
  Die Bujerschute                                         81
  Die Pleit                                               81
  Der Otter                                               82
  Die Motte                                               82
  Die Spitze Motte                                        82
  Der Ewer                                                82
  Der Bremerkahn                                          82
  Die Potten und Pujen                                    83
  Die Snijboon und die Somp oder Pegge                    83
  Die Hoogeveensche Praam                                 83
  Die Praam                                               83
  Die Kufftjalk                                           86
  Die Kraak                                               86
  Der Nachen                                              87
  Der Ponton                                              87
  Der halbe Ponton oder Pijper                            87
  Der Gierpont                                            87
  Die Kabelfähre                                          88
  Der Bok                                                 89
  Der Snik                                                89
  Der Westländer                                          89
  Die Kaag                                                90
  Die Praam von Utrecht                                   90
  Die Schauwe                                             90
  Die Treckschute                                         91
  Die Yacht                                               91
  Die Baggeraak                                           91
  Die Bagger- oder Moddermolen                            92
  Der Tjotter                                             93
  Der Laadbak und die Zolderschute                        93
  Der Onderlegger                                         93

  DIE OBERLÄNDER (Bovenlanders)                           93

  _Der Rhein_                                             94
  Die Dorstensche Aak                                     94
  Das Stevenschiff                                        95
  Der Turfijker und Haagenaar                             95
  Der Keen                                                95
  Die Keenaak                                             95
  Die Lahnaak und der Slof                                96
  _Die Maas_                                              96
  Der Whalemajol                                          96

  ~Kapitel~ V                                             97

  _Fischereifahrzeuge_                                    97
  Die Egmonder Pink                                       97
  Die Büse                                                97
  Der Kwee und die Hukerbüse                             100
  Der Huker                                              100
  Der Heringsjäger und der Büsenbegleiter                100
  Die Schaluppe                                          100
  Der Logger                                             101
  Der Bom                                                101
  Der Schocker                                           103
  Die Heringsschute                                      103
  Der Punter und die Gondel                              103
  Der Hoogaars                                           103
  Die Steekschute                                        104
  Der Hengst                                             104
  Der Botter                                             104
  Der Blazer                                             104
  Die Lemmeraak                                          105
  Die Bolle und die Knots                                105
  Die Jolle                                              105
  Verwendung der Fischereifahrzeuge auf der Zuiderzee    105
  Das Waterschip                                         106


  ~Kapitel~ VI                                           107

  _Die belgischen Schiffe_                               107
  Das Schiff von Tournai                                 107
  Die Zille                                              107
  Der Bijlander                                          108
  Das Spitzschiff                                        108
  Der Prij                                               108


  ~Kapitel~ VII                                          109

  Die Entwicklung der Schiffstype im Nordwesten
    Europas in Bezug auf die ersten Bewohner der
    Niederlande                                          109




[Illustration: VORREDE

    De scheeps- en sterke bouw
    ’t heeft ons ’t gebruik geleerd,
    Dees gaf ons wet en reght
    Hoe men de landen heert.

  (~Nicolaas Witsen.~)[1]

]


Der Kampf ums Dasein ist für die Niederlande ein fortwährender
Kampf gegen die Gewässer gewesen. Stellt das Wasser einerseits
einen furchtbaren Feind dar, so ist es andrerseits die natürliche
Verkehrsstrasse par excellence, die seit den ältesten Zeiten aus
unseren Ahnen ein Volk von Seeleuten gemacht hat. Das Schiff war genau
so unentbehrlich wie das Haus.

Es lässt sich nicht sagen, wer der Erfinder des Schiffes gewesen ist,
jeder hat an seinem Teile dazu hergetragen, was zu einer allmählichen
Entwicklung geführt hat. Die Entdeckung der Schwimmfähigkeit des Holzes
ist offensichtlich dem Zufall zu verdanken.

Man wird sich zuerst eines Baumstammes bedient haben, um dann später
mehrere so zusammenzubinden, dass sie Flösse bildeten.

Dann kam der ausgehöhlte Stamm; ihm folgte ein Fahrzeug aus einem mit
Häuten überzogenen Gerippe, woraus schliesslich das vollständige Schiff
entstand.

Zwischen den Baumstamm und dem vollkommensten Schiff haben alle
Zwischenformen bestanden, von denen die meisten sich übrigens noch
heutzutage finden.

[Sidenote: III 1]

Der erste Schiffbauer dürfte Noah gewesen sein, wenn man den
Schriftstellern des Altertums folgt. Sie behandeln diesen Gegenstand
bis ins Einzelne und geben verschiedene Zeichnungen von der
«Arche». Einige dieser Zeichnungen sind in dem Atlas dieses Werkes
wiedergegeben. Sie haben nur insofern Wert, als die Arche als ein
Schiff aus der Zeit des Zeichners dargestellt ist. Hierbei ist noch
zu bemerken, dass der erste Schiffbauer ganz ebenso unbekannt ist wie
der erste Erfinder. Es steht ausser Zweifel, dass die gegenseitigen
Einflüsse der verschiedenen Völker von grosser Bedeutung für die
Entwicklung des Schiffs gewesen sind. Dies letztere brachte die Völker,
die durch das Wasser getrennt waren, einander näher und öffnete nicht
erforschte Gegenden.

Die Schiffbaukunst wird zuerst bei den zivilisiertesten Völkern geblüht
haben.

Nimmt man Mexiko und Peru aus, so kann man sagen, dass die Zivilisation
sich zuerst bei den Chinesen im Tal des Hoango, bei den Babyloniern
im Tal des Euphrat und Tigris und bei den Ägyptern im Tal des Nils
entwickelt hat.

Die Frage, ob die Babylonier den Schiffbau von den Chinesen gelernt
haben, hat für uns weniger Bedeutung. Es ist indessen sicher, dass
gegenseitige Einflüsse sich unter den Völkern Kleinasiens fühlbar
gemacht haben, und es steht zweifellos fest, dass die Babylonier die
Phönizier beeinflusst haben, die als erste die Schiffbaukunst im
Mittelmeer trieben. Die Ägypter, die kein Seevolk waren, kommen hier
nicht in Betracht.

Da die Niederlande unter dem Einfluss Europas standen, wo die
Schiffbaukunst sich um zwei unabhängige Mittelpunkte entwickelt hat, an
der Ostsee und im Mittelmeer, so können wir Asien unbeachtet lassen,
soweit es nicht an die Küste des Mittelmeers stösst.

Nachdem von der Ostsee, die wir den Nordmittelpunkt nennen wollen, die
Schiffbaukunst bei uns eingeführt war, trat dieser Mittelpunkt infolge
der Verschiebung des Handels und der Schiffahrt, soweit es sich um die
Grossschiffahrt handelt, in Berührung mit dem Mittelmeer, das wir den
südlichen Mittelpunkt nennen wollen, um dort schliesslich unterzugehen.
Man sieht leicht, dass der Einfluss des Nordmittelpunktes auf unseren
Schiffbau überwiegend gewesen ist. Seine Bedeutung für uns ist also
erheblich.

Die wenigen Schiffe des Altertums, die man aufgefunden hat, zeigen
uns, wie schon in den ältesten Zeiten die Schiffbaukunst einen
hohen Grad von Vollkommenheit erreichte; man hat ausserdem bemerken
können, wie vollendet diese Schiffe waren und welche Sorgfalt man auf
ihre Ausschmückung verwandte. Diese Feststellung ist übrigens nicht
wunderbar, wenn man sich die ungeheure Rolle klar macht, die das Schiff
im Leben der Völker spielte. Das Gegenteil hätte uns vielmehr in
Erstaunen gesetzt, und es ist nicht einmal auffallend, dass man sich
mit diesen kleinen Fahrzeugen aufs Meer wagte. Sehen wir denn nicht
noch heutzutage unsere Fischer den Wogen der Nordsee mit noch kleineren
Schiffen trotzen, um dort ihr rauhes und gefährliches Gewerbe auszuüben
und zwar während des ganzen Jahres? Vergessen wir es doch nicht, die
Seeschiffahrt wurde im ganzen Mittelalter nur im Sommer ausgeübt.
~Witsen~ schreibt hierüber in J. 1671, S. 195 seines Werkes:

«Dat men oulinckx in deze landen nimmer ’t zee ging als naer besloten
boeken, besproken uiterste wille en met God zich te hebben verzoent:
wanneer men het gevaar meer ontzag als heden nu dorst men althans zee
kiezen zonder aanzien van tijdt of weer van outs wiert de zee gesloten
in de quaetste tijden van het jaar»[2].

Zu wissen, was wir hervorbringen können, wessen wir auf diesem Gebiete
fähig sind, aber besonders zu wissen, was wir noch lernen müssen und
auch was wir nachzuahmen haben, das ist die Hauptforderung jeder
individuellen Erziehung und auch derjenigen eines Volkes, das in der
Reihe der Nationen nur eine Einheit ist.

Möge dieses Buch zur Kenntnis der allmählichen Entwickelung der
Schiffbaukunst beitragen; möge es aber auch die lächerliche Art
verschwinden lassen, in der man sich bisher die alten Schiffe
vorstellte; möge es insbesondere die Liebe zu unserem Schiffbau
erwecken.

Ich schliesse mich übrigens ganz dem Gedanken Witsens hierüber an, der
wie folgt lautet:

«Zoo groot dunkt mij de waerdigheydt dezer wetenschap te zijn dat
niemant derzelve hier ten lande, daer de zeevaert de sterkste zenuwe
van den staet is, behoorde unkundig te zijn»[3].


  [1] Der Gebrauch hat uns den Schiffbau und die Kriegskunst gelehrt,
      die uns die Mittel geben, die Völker zu beherrschen.

  [2] Dass man ehemals hierzulande niemals aufs Meer fuhr, ohne vorher
      seine Rechnungen geregelt, sein Testament gemacht und sich mit
      Gott versöhnt zu haben; man hatte also mehr Furcht als jetzt, wo
      wir uns zu jeder Zeit auf die See wagen. Früher war das Meer in
      der schlechten Jahreszeit geschlossen.

  [3] Der Wert dieser Wissenschaft scheint mir ein solcher, dass jeder
      unserer Mitbürger sie kennen sollte, da die Schiffahrt der
      Hauptnerv des Volkes ist.




[Illustration: 1]


Die Ägypter waren nicht ein Volk von Seeleuten. Ursprünglich trieben
sie nur auf dem Nil Schiffahrt; erst später wagten sie sich auf das
Meer nach dem Vorbild und mit Unterstützung der Phönizier.

Ihre Fahrzeuge waren und blieben nur Flussschiffe. Die Frage, ob
die Ägypter die Kunst des Schiffbaues von den Babyloniern entlehnt
haben, oder ob sich ihre Kunst unabhängig von jeder anderen entwickelt
hat, ist hier von keiner Bedeutung und könnte überdies nicht mit den
nautischen Kenntnissen gelöst werden, die wir besitzen. (~Ermann~, S.
679. -- Dr. ~Moritz Rühlmann~, S. 25 S. 3.)

[Sidenote: II 1]

Es steht fest, dass die Babylonier und die Ägypter schon im frühesten
Altertum Schiffe besassen; das geht aus dem Schmuck hervor, mit dem
alte Vasen versehen sind, die aus einer 6000 bis 4000 Jahre vor Christi
Geburt liegenden Zeit stammen. (_L’Anthropologie_ 1889. Bd. X. § 517
und ~Holmes~, 1900 S. 9.)

[Sidenote: II]

Es sind bisweilen -- meines Erachtens zu Unrecht -- Zweifel aufgetaucht
über die Frage, ob dieser Vasenschmuck wirklich Schiffe darstellte.
Obwohl die Figuren zu primitiv sind, um aus ihnen Angaben über die Form
des Schiffes abzuleiten, so kann man doch mit Sicherheit sagen, dass
auf den Vasen nur Ruderschiffe dargestellt sind, und dass zu jener
Zeit das Segelschiff wahrscheinlich noch unbekannt war. Die Linien
unten am Schiff, die man manchmal mit Unrecht für ein Gerät zum Fischen
angesehen hat (_Recherches sur les origines de l’Égypte_, Dr. ~Morgan~,
S. 91 und 92) stellen die Ruder der Ruderer, die grossen Linien hinten
am Schiff die Ruder der Steuerleute dar. Man bewegt die Schiffe
nicht durch das Ruder, sondern durch die Pagaie fort, wie man an der
unterbrochenen Reihe der Ruderer sehen kann; diese Art, die Schiffe
vorwärts zu treiben, findet sich auch noch später bei den Ägyptern.

Die Gründe für die fast ausschliessliche Fortbewegung der Schiffe durch
das Ruder oder die Pagaie sind in der Beweglichkeit der Flusssohle zu
suchen; d. h. also in der Veränderlichkeit der Fahrrinnen des Nils.
Hierzu kommen die starken Schwankungen des Wasserspiegels und die
plötzlich eintretenden Windstillen.

Später allerdings verwendete man die Segel, aber neben dem Segel
bediente man sich weiter des Ruders und des Schlepptaues.

Die Form des Schiffes hing davon ab, zu welchem Zweck es gebraucht
wurde, so dass man bei den Ägyptern unterschied: Lastschiffe,
Schleppschiffe und Fischereifahrzeuge. Man weiss nicht, ob sie
Kriegsschiffe besessen haben. Die Vergnügungsfahrzeuge und die
Reiseschiffe für die hochgestellten Personen bildeten eine bedeutende
Flotte. (Dr. ~Moritz Rühlman~, S. 25 und _Aegypten_ von ~Adolf Ermann~,
S. 639.)

Im allgemeinen waren die ägyptischen Schiffe flach; das Vorder- und
das Hinterteil erhoben sich mit leichter Neigung über die Wellen, das
Hinterteil gewöhnlich mehr als das Vorderteil, anscheinend, um den
Steuerleuten mehr Schutz zu gewähren. (_Aegypten_, ~Adolf Ermann~, S.
637.)

[Sidenote: II 2]

[Sidenote: II 3]

[Sidenote: II 4]

Unter dem alten Reich etwa 5000-3200 Jahre vor Chr. Geb. waren die
Schiffe mit Paddeln ausgestattet; die Ruderer sassen mit dem Gesicht
nach vorn. Aber auch schon in dieser alten Zeit verwendete man
allgemein Ruder und gegen Ende dieses Zeitraums war das Steuerruder
schon allgemein in Gebrauch. Das ergibt sich klar aus den Figuren
auf den Denkmälern jener Zeit, auf denen die Ruderer nicht mehr
mit dem Gesicht nach vorn sondern nach hinten sitzen (~Holmes~, S.
13, ~Ermann~, S. 640, _Ancient ships_ von ~Cecil Tor~, 1894). Das
Schaufelruder wurde nur für die Fahrzeuge aus Papyrus beibehalten.

[Sidenote: I 5]

[Sidenote: II 13]

Wenn die Schiffe mit dem Ruder fortbewegt wurden, so gingen diese durch
die Bordwand oder wurden durch hierzu vorgesehene Ringe gesteckt. Jedes
Ruder wurde von einem einzigen Ruderer gehandhabt. Das Schiff wurde
mit Rudern gesteuert, die etwas grösser waren als die anderen und die
ebenfalls von einem Mann gehandhabt wurden. Die Zahl der Steuerruder
sowie die Zahl der Steuerleute hing von der Zahl der Ruderer ab.
(~Ermann~, S. 641.) --

So waren für 8 Ruderer wenigstens zwei Steuermänner vorhanden; für 14
Ruderer 3 Steuerer, für 21 Ruderer 4 Steuerer, u. s. w.

[Sidenote: II 13]

[Sidenote: II 14]

Schon unter dem alten Reich zeigt sich das Segel neben dem Ruder. Der
in der Mitte des Schiffes aufgestellte Mast bestand aus zwei quer zu
einander stehenden, an der Spitze verbundenen Pfählen; dies Verfahren
ist charakteristisch für das alte Reich.

Die Takelage, die in der Längsachse des Schiffes angeordnet war,
bestand aus einem nach vorn gerichteten starken Tau und aus mehreren
weniger dicken Tauen, gewöhnlich 6 bis 12, die nach hinten gerichtet
waren.

Das Segel, von quadratischer Form, war immer zwischen zwei Raaen
befestigt, von denen die eine oben, die andere unten am Segel sass,
eine ausschliesslich in Ägypten befolgte Methode. Von der oberen Raa,
die oben am Mast befestigt war, liefen zwei Taue nach hinten, um das
Segel nach dem Winde drehen zu können.

Wir lassen einige Ziffern folgen, die einen Begriff von den
Grössenverhältnissen geben werden.

Ein verhältnismässig grosses Schiff von 16 m Länge hatte Ruder von 3
m, Steuerruder von 6 m, einen Mast von 10 m mit einer Raa von 6 m.
Das Segel hatte eine Fläche von 60-70 qm. Die Segel waren also in
der Höhe grösser als in der Breite. (~Ermann~, S. 639.) In Zeiten
der Windstille, die oft eintraten, wurde das Fahrzeug gerudert oder
geschleppt. Der Mast wurde alsdann niedergelegt und in das Segel
gehüllt.

Zum Festmachen des Taues, das das Schiff mit dem Schlepper verband,
bediente man sich im allgemeinen eines hölzernen Pflockes, der entweder
nur am Vordersteven oder am Vorder- und Hintersteven befestigt war.
Dies geschah besonders bei den Lastschiffen. Diese besassen gewöhnlich
keine Takelage; sie konnten kaum einige Ruderer aufnehmen, weil der
grösste Teil des Schiffes durch die Kabine eingenommen war.

Zum Schleppen verwendete man meist kleine Barken zum Rudern.

Unter dem mittleren Reich (3200-2100 Jahre vor Chr. G.) macht die
Kunst, Schiffe zu bauen, grosse Fortschritte. Die Schiffe mit Ausnahme
des Papyrusbootes werden mit Rudern getrieben, aber nicht mehr mit dem
Schaufelruder (Paddel).

Die Steuerruder, die schwer zu handhaben waren, werden durch ein
einziges grosses Steuerruder ersetzt, das von einem Mann gehandhabt
werden kann.

Die Takelage wird ebenfalls geändert. Die obere Raa sitzt nicht mehr
am Mast fest; sie ist mit ihm so verbunden, dass sie verschoben werden
kann. Das Segel ist weniger hoch, aber breiter, und dementsprechend
wird der Mast kürzer; endlich wird der so charakteristische Doppelmast
des alten Reichs durch einen einzigen Mast ersetzt.

[Sidenote: II 8]

Unter dem neuen Reich, einschliesslich der Zwischenregierung der Hyksos
(2100-1600 Jahre vor Chr. Geb. und 1600-730 Jahre vor Chr. Geb.) bleibt
die Schiffbaukunst auf dem gleichen Stand. Nur der Luxus nimmt zu,
besonders bei den Kabinen, die schon zur Zeit des mittleren Reichs
aufgetreten waren.

Das Besondere dieser Zeit ist die wachsende Breite des Segels. Diese
Breite war derartig, dass die Raaen aus 2 Stücken zusammengesetzt
werden mussten, die nahe am Mast verbunden waren. Die nachstehenden
Ziffern werden einen Begriff von dieser fortwährenden Zunahme geben.
(~Ermann~, S. 643 u. ff.)

[Sidenote: II 18 u. s. w.]

Unter dem alten Reich hatte der Mast 10 m Länge, die Raa 6 m. Unter dem
mittleren Reich sind sie 5 bzw. 6 m lang, unter dem neuen Reich 5 und
10 m.

Infolge dieses ständigen Wachsens der Grösse des Segels wird die
Takelung verwickelter; man bringt oben am Mast einen Mastkorb an, um
von dort aus das Tauwerk zu handhaben.

[Sidenote: II 4]

Die Seltenheit des Holzes in Ägypten bewirkte, dass seit den ältesten
Zeiten andere Stoffe zum Schiffbau Verwendung fanden. Hierzu eignete
sich sehr gut der Papyrus. Diese Wasserpflanze, gab geschnitten,
getrocknet und in Bündel gebunden einen ausgezeichneten Baustoff für
Schiffe.

[Sidenote: II 5]

Man legte die Papyrus dicht nebeneinander und band sie in kurzen
Abständen zusammen, um daraus ein Ganzes zu machen. (~Ermann~, S. 593;
~Nicolas Witsen~, S. 6, _Archéologie navale_ von ~Jal~, Bd. I, S. 91.)

Mehrere auf alten Denkmälern gefundene Zeichnungen zeigen uns die
Ägypter bei dieser Arbeit.

Die Barken aus Papyrus bildeten eine Art Floss wie die Abbildungen
der Ruderer zeigen, auf denen jene auf und nicht in dem Fahrzeug
dargestellt sind.

Die so hergestellten Fahrzeuge waren klein, wenn man auch später
versucht hat, grössere zu bauen, was anscheinend nicht gelungen ist.
Das Holz für die grösseren Schiffe musste meist eingeführt werden.

Aus den zahlreichen Zeichnungen auf Denkmälern und der grossen Menge
aufgefundener Modelle kann man sich ein ziemlich genaues Bild von dem
alten ägyptischen Schiff machen und man kann gleichzeitig sehen, wie
die alten Formen verändert wurden.

Bevor diese Modelle eingehender beschrieben werden, dürfte es nicht
uninteressant sein, wenn bemerkt wird, dass im allgemeinen die ältesten
nicht in den Grössenverhältnissen der Praxis ausgeführt sind: sie
sind zu hoch und zu breit im Verhältnis zur Länge. Der Vorder- und
der Hintersteven sind jeder für sich richtig dargestellt, aber das
Mittelstück ist zu kurz. Der Grund ist darin zu suchen, dass diese
Modelle nach der Natur ausgeführt sind und nicht, indem die Masse von
sorgfältig abgezirkelten Zeichnungen abgenommen wurden. Wenn man so
verfährt, ist es schwer, sich einen genauen Begriff von den relativen
Abmessungen des Schiffes zu machen, besonders von den Verhältnissen
zwischen der Länge und der Breite. Deshalb ist ein Schiff so oft mit
einer verhältnismässig zu geringen Länge dargestellt. Viele alte
Modelle müssen also mit der nötigen Zurückhaltung behandelt werden. Das
gilt auch von den ägyptischen Modellen.

Die auf Wandbildern dargestellten Schiffe sind im allgemeinen viel
besser als die Modelle. In den Wandbildern, auf denen das Schiff von
der Seite abgebildet ist, war kein Anlass, sich mit der Breite zu
befassen; die Figuren sind jedoch oft zu gross.

Nach ~Belger~ (_Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde_,
Bd. XXXIII, S. 24) müssen die aufgefundenen Modelle in zwei Klassen
geteilt werden:

  _a_) die Vollmodelle, aus einem Stück Holz, und

  _b_) die Hohlmodelle, die offenbar eine genauere Nachbildung des
  Schiffes sind.

~Belger~ zeigt ausserdem, dass bei der Gruppe _a_ in _Weiss_ das als
nicht vorhanden zu Betrachtende gezeichnet ist, in _Braun_ das wirklich
Vorhandene.

Meist ergibt sich aus der Prüfung dieser Modelle, dass die ägyptischen
Schiffe wenig eintauchten; ihr Tiefgang konnte nur gering sein,
infolge der geringen Tiefe und des häufigen Wechsels im Stande des
befahrbaren Wassers. Die Wandbilder lehren uns ihrerseits, dass die
Länge am Boden ein Drittel der Gesamtlänge betrug. (~Ermann~, S. 637,
~Belger~, S. 25, 3. XXXIII. 1895 und ebendort S. 26.)

[Sidenote: II 8]

Die Schiffe hatten einen flachen Boden und sehr niedrigen Bord, so
dass man, um das Eindringen des Wassers zu verhindern, oft abnehmbare
Aufsätze verwendete. Der Bord war glatt (alle Modelle sind so
gearbeitet) und besassen weder ein Vorder- noch einen Hintersteven.
Ebenso war der Kiel nicht dargestellt, was jedoch nicht zu sagen
gestattet, dass in Wirklichkeit ein solcher nie vorhanden war.

Wie konnte nun das Fahrzeug eine genügende Widerstandsfähigkeit
erlangen?

[Sidenote: II 10]

Die Erklärung erhalten wir aus der Abbildung eines Schiffes, das vor
etwa 11 Jahren ausgegraben und im _Wassersport_ vom 4. Januar 1906 (Nr.
1) wiedergegeben ist. Dies Bild zeigt, dass weder Rippen noch Kiel
vorhanden waren; dafür ist die Beplankung sehr dick (die des fraglichen
Schiffes hat 63 mm Stärke) und besteht aus gut aneinander gepassten
Bohlen, die fest mit einander verbunden sind und wie Schwalbenschwänze
aneinanderstossen; die mittlere, die Stelle des Kieles einnehmende
Bohle, ist dicker als die andern; sie ragt indessen nicht unter dem
Schiff hervor. Dies ist also aussen völlig glatt. Das Kielschwein
bildet mit dem Boden ein Ganzes und setzte sich nach vorn und hinten
fort bis zum Ende.

Die Ruderbänke dienten als Stützen für die Wände des Schiffs; bei den
Schiffen von grösseren Abmessungen wurden die Wände wegen der grösseren
Länge in der Mitte durch einen Balken gehalten, der in der Längsachse
des Schiffes angebracht war.

An der Stelle, wo sich der Mast erhob, bildete ein doppelter, von vorn
nach hinten laufender Balken eine Art Scheide, in die der Mast gesteckt
werden konnte, und worin er gleichzeitig eine Stütze fand. Bei den
Schiffen von kleineren Abmessungen, wo man diesen Balken nicht findet,
war es also nötig, dem Mast eine besondere Stütze zu geben, die sich in
den Modellen findet.

Das Vorderteil und das Hinterteil sind immer als geschlossen
dargestellt (in braun gezeichnet), was zeigt, dass an dieser Stelle
ein Deck vorhanden war; tatsächlich zeigt sich dort eine glatte Fläche,
die mit dem oberen Teil des Bords ein Ganzes bildet.

Die Ruderbänke gingen durch die Borde hindurch, was den Schiffen eine
grössere Festigkeit verlieh; diese Bänke sind in den meisten Reliefs
durch kleine Quadrate angedeutet, die auf die Seitenwand des Schiffs
gezeichnet sind. Das Steuerruder stützte sich ebenfalls auf einen
Balken, der durch das Schiff ging. Dieser Balken wird durch ein kleines
Rechteck dargestellt.

Man hat manchmal, meines Erachtens mit Unrecht, geglaubt, dass diese
Rechtecke Kabinenfenster seien. (Siehe Dr. ~Moritz Rühlmann~, S. 22.)

Man kann ein fast gleiches Verfahren bei der Schwarzen-Meer-Barke
feststellen, die einst bei den Arabern üblich war, und die in dem Werk
von ~Paris~, Bd. 1, Nr. 59, abgebildet ist. (Siehe auch die Modelle aus
Niederländisch-Indien in der Sammlung der Technischen Hochschule in
Delft.)

Dieser ganz eigenartige Bau, der niemals in Nordeuropa üblich war,
zeigt, dass die ägyptische Schiffsbaukunst mehr Verwandtschaft mit der
Asiens (Indiens und Chinas) hatte als mit der Europas.

[Sidenote: II 11]

Dass diese kleinen Rechtecke tatsächlich keine Fenster darstellen,
beweist uns eine Figur, die man in dem Tempel Bês-el-Bahari findet
(_Ancient and Modern Ships_, ~Holmes~, S. 20) und die ein Schiff
darstellt, das einen Obelisken befördert. In der Seitenwand dieses
Schiffes sieht man nicht eine, sondern drei über einander liegende
Reihen kleiner Rechtecke. Dieses Schiff ist also ausserordentlich
befestigt worden, und zwar in Hinsicht auf die zu befördernde
Last. Man kann schwerlich zugeben, dass man drei Reihen Fenster
übereinander angebracht haben würde. Man hat versucht, eine Versteifung
herzustellen. In der Barke, die das Schiff schleppt, findet man
übrigens nur eine Reihe von Rechtecken und diese liegen unter dem Bord
an der Stelle, wo sich die Ruderer befanden. Hier hat man sich also
begnügt, die Ruderbänke von einer Seite zur anderen durchgehen zu
lassen.

Die _Schiffe zur Güterbeförderung_, ein wenig kürzer und runder als die
anderen, wurden meist geschleppt. Sie haben hierzu gewöhnlich oben am
Schiffsvorderteil, manchmal auch oben am Schiffshinterteil einen Bolzen
zum Festmachen. Einige von ihnen haben eine Takelung; meist ist die
Möglichkeit vorhanden, die Schiffe auch durch Ruder zu bewegen. Der
freie Raum auf dem Deck wurde gewöhnlich von einer Kabine eingenommen
(Latten, die mit Leinwand überzogen waren). Ein wenig flacher am
Vorderteil gingen diese Schiffe am Hinterteil merklich in die Höhe.

[Sidenote: II 20]

Wie ich schon bemerkt habe, weiss man nicht, ob die Ägypter Schiffe
hatten, die ausschliesslich zum Kriegführen erbaut waren; es scheint
nicht so, da die Mehrzahl der Kämpfe auf dem Wasser nur den Fluss zum
Schauplatz hatte. Deshalb findet man nur eine einzige Darstellung einer
Seeschlacht, die unter Ramses III (1180-1150 vor Christo) geschlagen
wurde, ein Beweis mehr dafür, dass die Ägypter kein seefahrendes Volk
waren. Die Kriegsschiffe, die man dargestellt sieht, zeigen auch keinen
reinen ägyptischen Typus. Wir werden später hierauf zurückkommen.

Über die Grössenverhältnisse der ägyptischen Flussschiffe gibt ~Jal~ in
seinem berühmten Werke «_Archéologie navale_», S. 68, einige Zahlen.
Nach ihm waren die grössten Schiffe nicht mehr als ungefähr 38,98
also rund 39 m lang und nicht mehr als ungefähr 5,19 oder rund 5,20 m
breit. Die Breite verhielt sich demnach zu der Länge wie 1 : 7,5, ein
Verhältnis, das sich für die Ruderschiffe bis ins Mittelalter erhalten
hat.

Als Geschwindigkeit dieser Schiffe gibt uns derselbe Schriftsteller
9 km in der Stunde an (S. 110). Um die Schnelligkeit in den
Stromschnellen zu ermässigen, befestigte man an dem Schiffe ein Tau,
dessen Ende durch einen Stein hinuntergezogen wurde. Dieser Stein
schleifte auf dem Boden des Flussbettes und erzeugte genügenden
Widerstand; obwohl die Ägypter den Anker damals noch nicht kannten,
sind sie eigentlich seine Erfinder gewesen. (~Jal~, _Archéologie
navale_, S. 103.)

Bevor ich dieses Kapitel schliesse, möchte ich mir noch einige
Bemerkungen erlauben, die sich auf alle ägyptischen Schiffe beziehen.

Die Bänke der Ruderer standen immer senkrecht zu der Längsachse des
Schiffes, ein Erfordernis, das sich aus der besonderen Bauart der
Schiffe ergab.

Unter dem mittleren Reich errichtete man an dem vorderen und an dem
hinteren Oberdeck kleine Überbauten, die mit einem Geländer versehen
wurden. Es waren dies Posten, die für den Kapitän beziehungsweise für
den Steuermann vorgesehen waren.

[Sidenote: II 20]

Der etwa in der Mitte des Fahrzeuges aufgerichtete Mast war auf allen
Schiffen beweglich. Der Doppelmast (unter dem alten Reich) ruhte in
zwei Balken, die auf beiden Seiten der Längsachse angebracht waren.
Der einfache Mast (unter dem mittleren und neuen Reich) reichte in den
untersten Schiffsraum hinab und stützte sich gegen die Balken, die die
Bänke der Ruderer trugen; man befestigte ihn noch in verschiedener
Weise mit Tauen (dies ist auf mehreren Reliefs klar zu erkennen) und
zwar unmittelbar oder mit Hilfe einer Scheide, wie man es an dem Modell
zu Berlin sieht. (Vgl. ~Belger~, S. 27-29.)

In den Fällen, wo man die Scheide gebrauchte, verband man übrigens
den Mast mit ihr in einer Befestigungsart, die heutzutage noch
angewendet wird. In dieser Beziehung verdient ein Relief, das aus einer
Begräbniskammer herrührt und zur Zeit in dem Museum zu Giseh aufbewahrt
wird, grosses Interesse. Dieses Relief stellt das Niederlegen eines
Mastes dar. ~Belger~, der schon erwähnte Autor, weist darauf hin,
dass der Bildhauer das äussere Ende des Mastes hinter dem Gewande des
Mannes, der das Niederlegen besorgt, verschwinden lässt, wahrscheinlich
deshalb, weil er es nicht darzustellen verstand. Nur zwei der fünf
Ruderer sind abgebildet, woraus, wenn die Zeichnung gut wiedergegeben
ist, zu schliessen wäre, dass die Vorsprünge, die bei den Modellen
hinten an den Bänken der Ruderer dargestellt sind, einfach als
Rückenstützen für die Ruderer dienen sollten.

[Sidenote: II 20]

Die grosse Länge der Schiffe, die verhältnismässig geringe Länge der
eingetauchten Fläche erforderte eine besondere Vorsichtsmassregel gegen
das Durchbrechen des Bodens. Aus diesem Grunde spannte man in der
Längsachse des Schiffes ein Tau, das Vorder- und Hinterteil verband;
dieses Tau war durch Gabelhölzer gestützt und mit einem Kabel, das den
Schiffskörper umwand, verbunden. (Dr. ~Moritz Rühlmann~ S. 22.)

[Sidenote: II 12]

Auf einigen Bildnissen ist man im Begriffe, diese Gabelhölzer
aufzurichten. ~Ermann~ bemerkt, meiner unmassgeblichen Ansicht nach
mit Unrecht, dass man auf einer dieser Abbildungen damit beschäftigt
sei, das Tau anzuspannen, um dem Schiffe dadurch die gewollte Wölbung
zu geben (~Ermann~ S. 604). Dass dem nicht so ist, ergibt sich meines
Erachtens zuvörderst aus der Tatsache, dass das Schiff abgesteift ist
und schon die gewünschte Form hat. Zweitens würden die Streben nicht
fest gehalten haben, wenn es darauf angekommen wäre, die Form des
Schiffskörpers zu ändern; man hätte sie dann gar nicht abgebildet.
Endlich kann ich mir nicht vorstellen, dass in dem Schiffe wie die
Abbildung zeigt, die einen ruhig zu arbeiten fortfahren, während dessen
die anderen dabei sind, es auszuwölben; in der Tat müssten während
dieser letzteren Tätigkeit die Seitenwandungen notgedrungen nachgeben.
Man ist also einfach damit beschäftigt, das Gabelholz aufzurichten, das
das Spanntau tragen soll. Es ist verständlich, dass man dieses tut,
bevor man die Streben entfernt, weil nach deren Entfernung das Tau sich
bei der geringeren Biegung des Schiffes genügend gespannt hätte.

[Sidenote: II 17]

Aus dem Vorgesagten geht zur Genüge hervor, dass das ägyptische Schiff
kein Seefahrzeug war. Selbst die Schiffe, die nach dem längs des Roten
Meeres gelegenen Lande Punt fuhren und die eigentlich Seefahrzeuge sein
mussten, sind in den Abbildungen in derselben Weise dargestellt, wie
die gewöhnlichen Flussschiffsbauten.

[Sidenote: II 19]

Als der König Necho (612-596 vor Christo), der dem Handel seinen Schutz
angedeihen liess, das Bedürfnis zur Schaffung einer Flotte empfand,
wandte er sich zwecks Erbauung seetüchtiger Schiffe an Griechen, und
mit den grossen Entdeckungreisen zur See betraute man keine Ägypter,
sondern Phönizier. (~Ermann~, S. 646. ~Holmes~, S. 26. Dʳ ~Moritz
Rühlmann~, S. 39. _Geschichte des Altertums der Völker im Orient_, G.
~Maspero~, 1893, S. 536 und 537.)

_Von den Phöniziern also, und nicht von den Aegyptern, stammt also die
dem Mittelmeer eigentümliche Schiffsbauart her._

Wenden wir uns daher einen Augenblick den Phöniziern zu.

Es ist eine allgemein beobachtete Erscheinung, dass Völker, die in
gegenseitige Beziehungen eintreten, auf dem Gebiete der Schiffsbaukunst
sehr rasch wechselseitig von einander lernen. Und wie sollte es sonst
auch anders sein? Der Kampf ums Dasein erzeugt diese Erscheinung ganz
natürlich sowohl auf dem Gebiete der Kriegskunst wie auf dem des
Handels.

War die Flotte nicht der Aufgabe, sich mit der feindlichen zu messen,
gewachsen, so baute man Schiffe, die denen des Gegners ähnlich oder
stärker als diese waren. So war es schon dazumal, und so ist es
heutzutage noch. Gegenwärtig sind alle charakteristischen Unterschiede
in den Schiffen der verschiedenen Völker verschwunden, und die
Nationalität der Bauten lässt sich nur an der Flagge erkennen, die sie
zeigen. Deshalb ist die Feststellung nicht überraschend, dass von den
verschiedenen Völkern, die an den Küsten des Mittelmeeres wohnten und
die fast gleichzeitig oder kurze Zeit nacheinander den Höhepunkt ihrer
Kultur erreicht hatten, nicht ein jedes für sich einen, seinem Lande
eigentümlichen Schiffstyp gehabt hat.

Leider ist von den Schiffsbauten der Alten nicht viel übrig geblieben,
und die Abbildungen, die wieder aufgefunden worden sind, sind meistens
viel schlechter als diejenigen der Ägypter. Die Bildhauer haben
ihr Augenmerk wohl mehr auf die schöne Linie gerichtet als auf die
Notwendigkeit, eine genaue Vorstellung von einem Schiffe zu geben.
Ebenso zeichnen sich die Schriftsteller durch Uebertreibung aus, wenn
es sich um die Grössenverhältnisse der Schiffe handelt.

Ueber die Grössenverhältnisse, über die Form der Schiffe sowie über die
Zahl der Ruderer ist nichts Sicheres bekannt. Es ist nicht anzunehmen,
dass es so grosse Schiffe gegeben hat. ~Jal~ bringt dies recht gut zum
Ausdruck, wenn er in seinem berühmten Werk _Archéologie navale_, S.
117, sagt: Ich glaube an die Galeere _quadraginta ordinum_, 134,43 m
lang, 15,27 m breit, 23,38 m über dem Wasser hoch, nicht mehr als an
das lange Pferd, das die vier Haimonskinder trug. (Vgl. auch _Lexikon
der griechischen und römischen Altertümer_, 36. Lieferung, S. 24. Dr.
~Moritz Rühlmann~, S. 62. ~Jal~, _Archéologie navale_, 1840, Band I, S.
110.)

Wie wir also gezeigt haben, ist die Schiffsbaukunst von den Phöniziern
und den mit ihnen in Verbindung stehenden Völkern ausgegangen. Es ist
nicht möglich, exakt zu beweisen, welches Volk die erste Anregung
gegeben hat. Damals schon fand man die primitivsten Formen neben
Modellen, die weit vollkommener waren. So berichtet ~Herodot~, dass die
Völkerschaften Klein-Asiens (Armenier) den Fluss gen Babylon in kleinen
Barken hinunterfuhren, deren Kiel aus Lindenzweigen hergestellt und mit
Fellen überzogen war. (Vgl. ~Witsen~, S. 9 u. 19; -- _Herodot_, _Buch_
I, 194; -- Dr. ~Moritz Rühlmann~, S. 27. -- _Archéologie_, ~Jal~, S.
88.) Auf den Boden der Barke legte man Stroh, und man nahm ausser
der Ladung noch einen oder zwei Esel mit sich. In Babylon angekommen,
verkauften die Schiffer die Ladung, das Stroh sowie das Rippenwerk der
Barke und luden die gut zusammengebundenen Felle auf den Rücken der
Esel, die sie so wieder nach Hause trugen. Der Fluss war zu reissend,
als dass sie in ihren Barken gegen die Strömung hätten hinauf fahren
können.

[Sidenote: II 21]

Die älteste Abbildung der grossen Schiffe datiert von 1150 vor Christi
Geburt und stellt die obenerwähnte Seeschlacht der Ägypter gegen die
Barbaren dar. (Vgl. ~Rossellini~, ~Jal~, _Archéologie navale_, 1845,
Band I, S. 65. _Jahrbuch des Kaiserl. Deutschen Archaeologischen
Instituts_, Band VII, 1892, S. 44.) In Bezug auf die Form der Schiffe
lehrt uns die in Rede stehende Abbildung wenig. Sie gestattet uns nur
zu sehen, dass die Schiffe der kriegführenden Parteien verschiedenartig
sind. Ausserdem merkt man gleich, dass die ägyptischen Schiffe mittelst
Ruder vorwärts bewegt wurden, die anderen nicht.

Man hat aus dieser Tatsache folgern wollen, dass die anderen Schiffe
ausschliesslich Segelschiffe waren, was meines Erachtens nicht so
augenfällig zu Tage tritt. Die Ägypter sind nämlich mit Pfeil und
Bogen bewaffnet, die anderen mit Schwertern. Suchen die ersteren ihre
Stärke in schnellen Bewegungen, so können die anderen eine Schlacht
nur liefern, indem sie an Bord entern. Unter diesen Umständen können
die Ruderer sie nur hindern, was ihre Abwesenheit erklären würde, oder
diese selbst werden ebenfalls das Schwert schwingen. Bei den Ägyptern
dienen dagegen die Besiegten als Ruderer und blieben an ihren Rudern.
(Vgl. ~Jal~, _Archéologie navale_, Band I, S. 52 u. ff.) Wahrscheinlich
wollte der Bildhauer kenntlich machen, dass die Ägypter anders kämpften
als die anderen Völker. Endlich unterscheiden sich die ägyptischen
Schiffe, um die es sich handelt, ausserordentlich von denen, die wir am
Anfang dieser Arbeit beschrieben haben. Es ist mehr als wahrscheinlich,
dass die Schiffe, die uns jetzt beschäftigen, keine ägyptischen
Kriegsschiffe sind, sondern Schiffe, die von den nordischen Völkern
(Phöniziern) erbaut oder nach ihren Modellen nachgeahmt worden sind.
Das Takelwerk ist nicht ägyptischen Ursprungs. Das Segel hat nur eine
Raa.

Es wird indessen nicht unnütz sein, hier zu bemerken, dass im
Britischen Museum zu London eine Amphora vorhanden ist, die aus dem
Grabe des Polledrara de Vulci herrührt, und die ~Murray~ (_Journal
of Hell. Stud._ 1879, S. 247) in die zweite Hälfte des siebenten
Jahrhunderts vor Christi Geburt datiert. Diese Amphora trägt als
Zeichnung ein griechisches Schiff mit ägyptischem Takelwerk. Das
Segel ist da an zwei Raaen befestigt, ein Verfahren, das für Aegypten
charakteristisch ist. (_Jahrbuch des Kais. Deutschen Archaeolog.
Instituts_, Band VII, 1892, S. 42.)

Die Phönizier hatten mehrere Schiffsarten und scheinen ausgesprochenere
Kriegsschiffe gehabt zu haben. Diese letzteren waren lang und schmal
für schnelle Fahrt; die anderen dagegen waren kurz und breit für grosse
Ladungen. (Dʳ ~Moritz Rühlmann-Holmes~, S. 26.)

[Sidenote: II 23]

Von den ursprünglichsten Schiffsbauten der Phönizier kennen wir nur
wenig. Die älteste Abbildung, die man davon besitzt ist jene, die in
dem Werke von ~Layard~ wiedergegeben ist. Es ist eine Zeichnung, die
nach einem Flachrelief aufgenommen ist, das sich am Palast des Sanherib
(etwa um 700 vor Christi Geburt) erhalten hat. Die Darstellung ist
rudimentär, die Grössenmasse stehen in einem Missverhältnis; ausserdem
sind unverständliche Zusätze darin. Man kann ihr kaum einige Bedeutung
beimessen.

Diese Abbildung ist nun aus zwei Gesichtspunkten bemerkenswert; einmal,
weil sie uns eine zweirudrige Galeere zeigt, wenngleich es zweifelhaft
bleibt, ob die beiden Ruderreihen zu gleicher Zeit in Tätigkeit gesetzt
worden sind; zum zweiten, weil die Schiffe einen Sporn tragen. Diese
Besonderheit unterscheidet sie merklich von den ägyptischen Schiffen.
(_Lexikon der griechischen und römischen Altertümer_, S. 25, Dʳ ~Moritz
Rühlmann~, S. 30.)

_Es ist dies die älteste bekannte Abbildung von Schiffen mit Sporn._

Auf ihren Fahrten längs den Küsten des Mittel-Meeres, nach
Griechenland, Italien, Afrika, nach einigen Schriftstellern bis nach
England und nach anderen sogar bis in die Ostsee haben die Phönizier
einen grossen Einfluss auf die Schiffbaukunst gehabt, wie sie im
Mittelmeer ausgeübt wurde. Dieser Einfluss dürfte sich besonders in
den Kolonien fühlbar gemacht haben, die sie begründet haben, unter
denen Carthago die bekannteste war. Es ist ausser Zweifel, dass in
der Schiffbaukunst die Phönizier, die Griechen und die Römer wenig
von einander abgewichen sind. Erinnern wir uns übrigens daran, dass
zum Beispiel in den Niederlanden die alten Schiffsformen mehrere
Jahrhunderte lang unverändert geblieben sind, und dass dieselbe
Tatsache sich anderswo überall gezeigt hat; es wird dann nicht schwer
sein, zuzugeben, dass die Schiffsformen des Mittelalters, die man im
Mittelmeer findet, sich wenig von denen unterschieden haben, die aus
der Zeit der Römer stammen.

Wenn wir die weitere Entwickelung der Grösse des Schiffes während der
verschiedenen Zeiten betrachten, so kann man nicht sagen, dass die
Alten Schiffe von fabelhaften Abmessungen gebaut hätten; im Gegenteil:
ihre Schiffe werden vielmehr klein gewesen sein.

Die ersten wichtigen Änderungen, die das Schiff erfahren hat, sind die
Folge der Erfindung des Schiesspulvers. Sie stehen nicht in direkter
Beziehung zu der Entwickelung der Völker. Die neue Entwickelung
in der Schiffbaukunst fällt also nicht zusammen mit dem Ende der
alten Geschichte und dem Beginn der Geschichte des Mittelalters.
Es scheint mir also wenig genau, von der Kunst der Alten als einem
zusammenhängenden Ganzen zu sprechen.

Wenn nach den ausgegrabenen Modellen das ägyptische Schiff schon eine
so grosse Vollkommenheit erreicht hatte, obwohl die Ägypter noch die
Kenntnisse der Phönizier benutzten, so ist es augenscheinlich, dass das
phönizische Schiff noch hervorragender gewesen sein muss. Alle alten
Abbildungen sind also, ohne Unterschied, sehr schlecht, zweifellos
infolge der Unfähigkeit des Bildhauers oder des Malers, ein Umstand,
der auch oft noch heutzutage eintritt.

Wie wir in der Abbildung von ~Layard~ soeben gesehen haben, hat es
schon in den ältesten Zeiten zweiruderige Galeeren gegeben. Bei dieser
Gelegenheit sei auf die griechischen Vasen «Dipylon» aufmerksam
gemacht, auf welchen man 2 Reihen Ruderer übereinander dargestellt
sieht. Diese Abbildungen sind indessen so primitiv, dass es mir zu
gewagt scheint, daraus irgend etwas über das Schiff ableiten zu wollen.
In der Tat, man kann mit gleichem Recht zugeben, dass die obere Reihe
der Ruderer die hintere darstellt; dass man übereinander dargestellt
hat, was man hintereinander folgen lassen wollte.

Die Ruder der oberen Reihe sind nicht ganz gezeichnet, was andeutet,
dass die Ruderer eher hintereinander sassen, als übereinander. Das ist
wohl ein Beweis dafür, dass alle diese Abbildungen mit der grössten
Vorsicht zu betrachten sind.

Im Mittelalter ist mehr als ein Ruderer für jedes Ruder vorhanden; man
rechnet mehr mit der schnelleren Bewegung als mit der Vermehrung der
Zahl der Ruder, um dadurch eine grössere Geschwindigkeit zu erzielen.

Man kann nicht genau sagen, zu welcher Zeit der Umschwung erfolgt ist.
_Die älteste Art der Fortbewegung geschah indessen so_, _dass ein Mann
auf je 1 Ruder kam_; dies Verfahren ist anscheinend von der ältesten
Art der Fortbewegung der Schiffe hergenommen, dem Rudern mit der
Pagaie, wobei jede Pagaie (Paddel) von nur einem Mann gehandhabt wurde.

Was die Stellung der Ruderer betrifft, wenn sie in mehreren Reihen
sassen, so hat man sehr viele Annahmen gemacht, da etwas Bestimmtes
nicht bekannt war.

Es dürfte zwecklos sein, alle diese Hypothesen zu prüfen. Ich werde
mich darauf beschränken, die Aufmerksamkeit auf die verschiedenen
Versuche über Fortbewegung mit Rudern zu lenken, die nach Anweisung des
Kaisers Napoléon III auf einer zu Versuchszwecken besonders erbauten
Galeere gemacht wurden, welche auf verschiedene Art gerudert wurde. Es
ist bewiesen worden, dass die dreiruderige Galeere etwas mögliches ist;
unter diesen Umständen ist das Schiff aber so mit Ruderern besetzt,
dass kein Platz mehr für die Ladung verbleibt. (S. das Werk: _Le Musée
du Louvre_, _Schiffbau im Altertum_.)

Im ganzen ist das Ergebnis aller Untersuchungen das folgende:

Alle Mitteilungen über die Zahl der Rudererreihen wie über ihre Plätze
beruhen nur auf Annahmen; es ist mehr als eine Reihe Ruderer vorhanden
gewesen; jedoch wahrscheinlich nicht mehr als 2; anfangs wurde jedes
Ruder von nur einem Mann gehandhabt. (_Encyclopaedia Britannica_, 9.
Ausgabe, S. 806. -- ~Holmes~, S. 44. -- ~Torr~, S. 18. -- ~Witsen~, S.
13.)

Im allgemeinen haben die Ruderschiffe wenig Veränderung durch die
Erfindung des Schiesspulvers erfahren. Die Triebkraft konnte nicht
entwickelt werden, denn man hätte nicht ohne Schaden die Zahl der
Ruder vermehren können. (_Archéologie navale_, A. ~Jal~, Bd. 1, S. 50.
-- _Dictionnaire des antiquités grecques et romaines_, S. 40 und S.
30.) ~Jal~ bestreitet also in seinem wohlbekannten Werk, _Archéologie
navale_, dass es zur Zeit der Griechen und Römer Schiffe von der Grösse
des «Great Eastern» gegeben hat.

Nach dem Denkmal der «Prora» von Samothrake hat es schon bei den Alten
Eisen gegeben, um die Ruder festzuhalten. Ueber diesen Punkt gibt uns
Dʳ ~Assmann~ nähere Aufschlüsse. (_Baumeister, Denkmäler, Seewesen_, S.
1632 Abb. 1693.)

[Sidenote: II 24]

Die noch beobachtete Gewohnheit, ein Auge vorn auf jeder Seite des
Schiffsvorderteils malen zu lassen, beweist, wie lange die alten
Gebräuche in Uebung bleiben können. Das war schon bei den Phöniziern,
Griechen und Römern Sitte, und diese Tatsache kann man noch auf
einigen italienischen und portugiesischen Barken feststellen. (Vgl. Dʳ
~Emil Lübeck~, _Das Seewesen der Griechen und Römer_, 1890, S. 43. --
~Assmann~, _Seewesen_, S. 1597. -- _Jahrbuch des Deutschen Archäol.
Instituts_, 1889, S. 99. -- ~Jal~, _Archéologie navale_, S. 105. --
~Torr~, _Ancient ships_, S. 69.)

Dieses Auge war ein Symbol; man wollte damit sagen, dass das Schiff
seinen Weg selbst suchte. Fälschlicherweise hat man manchmal diese
Augen für Klüsen gehalten.

Es haben sich auch alte Formen erhalten, bei denen der Sporn das
Bemerkenswerteste ist.

[Sidenote: II 54]

[Sidenote: II 59]

In diesem Sinne ist das interessanteste Modell des Mittelmeeres die
«Speronara» von Malta, die im Werk von ~Paris~, Bd. 4, Nʳ 203 (Nʳ 164
u. s. w.) abgebildet ist. Der Vordersteven dieses Schiffes erhebt sich
senkrecht aus dem Wasser und ist mit einem Sporn versehen; auch das
Auge findet sich dort.

In demselben Bilde bemerkt man Barken von Malta ohne Sporn, die sich im
übrigen wenig von der «Speronara» unterscheiden.

[Sidenote: II 23]

Vergleicht man mit diesen Modellen die oben beschriebene Abbildung des
~Layard~, so findet man auf beiden Schiffe, von denen einige einen
Sporn und einen Mast besitzen, während andere beides nicht haben, und
Schiffsvordersteven, die sich senkrecht aus dem Wasser erheben.

Wir können daraus schliessen, dass schon zu den Zeiten der Phönizier
die Schiffe dieselben Unterschiede zeigten.

Es ist also nicht zweifelhaft, dass wir in der «Speronara» ein
ursprünglich phönizisches Modell vor uns haben, in dem das Steuer durch
ein Ruder zum Lenken ersetzt ist.

Man ist sich nicht völlig einig über die Stelle, an der der Sporn sass.
Die einen meinen über, die andern unter der Wasserlinie. Wie dem auch
sei, man findet ihn auf allen alten Abbildungen wieder, und in den
meisten Fällen verläuft die Grundlinie des Schiffs in gerader Linie
oder leicht gekrümmt bis zum Sporn.

Da dieser letztere ständig vorhanden ist, so darf man schliessen, dass
er nicht unter, sondern über dem Wasser lag. Im entgegengesetzten
Fall nämlich hätte der Sporn nicht einen so grossen Eindruck auf die
Zeichner machen können. Uebrigens tragen alle alten Modelle, in denen
man Spuren des Spornes findet, diesen Teil oberhalb der Wasserlinie.

Der Umstand, dass die Grundlinie im Sporn endet, beweist noch nicht,
dass dieser letztere sich unterhalb der Wasserlinie befand. Die
Grundlinie war unsichtbar, und die Zeichner, die im Schiffbau nur
Laien waren, und kein anderes Mittel kannten, die Figur darzustellen,
schnitten das Schiff an der Wasserlinie ab. Da aber die Zeichnung
ziemlich sonderbar aussah, fügten sie oft eine gekrümmte Linie hinzu,
die vom Sporn nach dem Hintersteven lief.

Wenn wir von diesem Gesichtspunkt aus mehrere der alten Abbildungen
betrachten, und wenn wir die sonderbaren Grundlinien der Zeichner
verdecken, oder sie durch bessere Linien ersetzen, die wir von der
«Speronara» oder den alten Galeeren entnehmen können, so erhalten diese
alten Zeichnungen eine ganz andere Bedeutung.

Wenn man wenig von dem alten phönizischen Schiff kennt, so hat man
dank der späteren Untersuchungen eine vollkommenere Kenntnis von dem
griechischen und römischen Schiff erlangt. Das gilt besonders für die
Abmessungen der Schiffe.

Es wird nicht nötig sein, zu beweisen, dass man schon bei den Alten
Schiffwerften fand, an die sich Schuppen schlossen, um das abgetakelte
Schiff und seine feste Ausrüstung unterzubringen. (S. Dr. ~Emil
Lübeck~, _Das Seewesen der Griechen und Römer_, 1890, S. 2.) Diese
Schuppen geben uns einen Begriff von den Abmessungen der Schiffe.

Die Untersuchungen des Kaiserl. Deutsch. Archäologischen Instituts
(1876-77) unter Leitung des Leutnants ~von Alten~ (_Das Seewesen der
Griechen und Römer_, S. 5) haben bewiesen, dass die von ~Graser~
festgestellten Ziffern nicht ganz genau sind. Nur 8 Docks konnten in
Munychia (bei Athen) gemessen werden; sie hatten eine Breite von 6,25
und eine Länge von 21,20 m. Bei späteren Ausgrabungen entdeckte man
in Zea Docks von 5,50 m Breite bei etwa 40 m Länge, gemessen bis zur
Uferlinie. (_Das Seewesen der Griechen und Römer_, S. 6.)

Die Abmessungen der Schiffe müssen also verhältnismässig gering gewesen
sein. Im allgemeinen nimmt man für die griechischen Ruderschiffe
eine geringere Breite an als die der Galeeren des Mittelalters; der
Unterschied ist indessen nicht gross. Nach ~Jal~ (_Arch. nav._) betrug
im Mittelalter das Verhältnis zwischen der Breite und Länge für die
Kriegsschiffe 1 : 8; für die Handelsschiffe 1 : 7. ~Graser~ sagt, dass
bei den Griechen dieses Verhältnis 1 : 8¼ betragen hätte; nach ~Serre~
(_La marine de guerre de l’antiquité_, S. 33) betrug es 1 : 9, auch
~Lemaitre~ gibt ein Verhältnis 1 : 9 an. (_Revue archéol_. 1833, Bd. 8,
S. 148 ff.) Die Schiffe waren also im Verhältnis zu ihrer Länge schmal,
was ihre Beweglichkeit erhöhte.

Die Tiefe der Docks zeigt ausserdem, dass der Tiefgang der Schiffe
gering war, und dass infolgedessen die Schiffe gewissermassen über das
Wasser glitten. Auch in dieser Hinsicht unterscheidet sich das Schiff
der Alten nicht von dem des Mittelalters. Indem GRASER unter anderm
diese Einzelheit vernachlässigt, kommt er zu einem Schiffstyp mit
übermässigem Tiefgang.

Neben den Kriegsschiffen, _naves longae_, gab es die Handelsschiffe,
_naves onerariae_ (Lastschiffe). Es ist augenscheinlich, dass man für
die ersteren besonders eine grosse Beweglichkeit zu erreichen versucht
hat. Das ist der Grund der geringen Breite des Schiffs gegenüber seiner
Länge, während das Lastschiff kürzer und breiter war.

Später, aber immer mehrere Jahrhunderte vor Christi Geburt, als die
Macht Roms sich entwickelte, als seine Bevölkerung wuchs, und als die
Einfuhr von Getreide und anderen Lebensmitteln umfangreicher wurde und
immer schneller erfolgen musste, benutzte man als Lastschiff ausser dem
Schiff mit gedrungenen Formen das Ruderschiff.

Gegenüber der geringen Tragkraft der Kriegsschiffe der späteren Zeit
waren zweifellos die Handelsschiffe der Römer breit, wie die des
Mittelalters. Aber es ergab sich daraus kein _neuer_ Typ; es handelte
sich lediglich um eine neue Verwendung vorhandener Modelle. Man
kann mit Sicherheit annehmen, dass die neuen Type nicht mit einem
Mal geschaffen worden sind, und es ist nicht die Lage der Wege der
Handelschiffahrt und die Schaffung neuer Häfen, die sie erzeugt haben.
Die Anlage neuer Häfen hat höchstens die zulässigen Abmessungen ändern
können.

Die verschiedenen Type des Atlantischen Ozeans sind Jahrhunderte lang
in Gebrauch geblieben und finden sich noch gegenwärtig zum grossen Teil
vor.

Ich möchte mich damit begnügen, auf einige alte Bilder aufmerksam zu
machen, auf denen man Schiffe abgebildet sieht, deren Vordersteven rund
ist. Vor kurzem konnte man diese letzteren in dem Typ vom Tajo, «La
Muleta» finden, der jetzt verschwunden ist. (Vergl. ~Paris~, Bd. 5 Abb.
268 und _Jahrbuch des Dt. Archaeol. Inst._ Bd. 12. 1889, S. 91).

Die Abmessungen der Schiffe erfuhren wenig Aenderungen. Um mehr
Kraft zu entfalten, vermehrte man die Zahl der Ruderer; da die
Länge des Schiffes beschränkt war, so musste man die Ruderer in
übereinanderliegenden Reihen setzen.

Jal ist der Meinung, dass eine dreifache Reihe eine Ausnahme ist;
für diesen Fall nimmt er an, dass die untere Reihe von den anderen
durch ein Deck getrennt war. Die berühmte dreirudrige Galeere, die im
Jahre 1860 in Asnières auf Befehl Napoleons III, gebaut wurde, war
nach dieser Annahme ausgeführt. Wie man gesehen hat, hat das Schiff
nicht befriedigt; es wurde später abgebrochen (vgl. Dʳ ~Lübeck~, _Das
Seewesen der Griechen und Römer_, S. 49).

Wenn nun dieser Versuch die Frage über die Plätze der Ruderer nicht
gelöst hat, so hat er genügend gezeigt, dass bei einem dreirudrigen
Schiff der Raum von Ruderern gefüllt ist.

Das Schiff der Alten hatte wenig Raum für die Lebensmittel. Man musste
also Vorsorge treffen, dass man jeden Abend an Land gehen konnte,
und so versteht man, warum die meisten Seeschlachten an den Küsten
geliefert worden sind.

Um aber überall landen zu können, musste ein geringer Tiefgang
vorhanden sein. Dieser muss nach +Assmann+ und +Lemaitre+ etwa 1 m
betragen haben. (Vgl. Dʳ ~Emil Lübeck~, _Das Seewesen der Griechen und
Römer_, S. 10 Anm. 5.)

Der verfügbare Raum an Bord war so beschränkt, dass, wenn man nachts
nicht an Land gehen konnte, die Ruderer nur reihenweise schlafen
konnten. Während der Fahrt mussten die Ruderer, um sich nicht
gegenseitig zu stören, eine völlige Gleichmässigkeit in den Bewegungen
beobachten und selbst, um an Bord zu gehen, musste eine bestimmte
Reihenfolge innegehalten werden. (Vgl. Dr. ~Emil Lübeck~, _Das
Seewesen, u. s. w._, S. 10.)

Man weiss nicht genau, wann die alte Art der Fortbewegung, bei der
jedes Ruder von _einem_ Mann gehandhabt wurde, durch die andere ersetzt
worden ist, bei der schwere Ruder von mehreren Männern bewegt werden.
Es scheint indessen, dass schon die Liburner sich dieser schweren Ruder
bedienten, deren Gebrauch eine Folge der Schlacht von Actium gewesen
sein dürfte, die im Jahre 31 vor Christi Geb. stattfand. (Vgl. Dr.
~Emil Lübeck~, _Das Seewesen, u. s. w._, Seite 21.)

Wie man gesehen hat, gab es neben den Kriegsschiffen oder _naves
longae_ Handels- oder Lastschiffe oder _naves onerariae_. Diese
letzteren hatten ebenfalls geringe Grösse; ihre Tragkraft beweist dies.
Die Ladung wurde, wie die alten aufgefundenen Urkunden beweisen, in
griechischen Talenten oder römischen Amphoren ausgedrückt (Eine Amphora
= 26,2 kg.), später auch in Midimnen von Attika. (= 42,5 kg.) (Vgl. Dr.
~Emil Lübeck~, _Das Seewesen u. s. w._, S. 22.)

Nach einem Abkommen über die Grösse der Handelsschiffe, das im Jahre
218 vor Chr. Geb. getroffen wurde, hatten die Schiffe, die von den
Besitzungen der Senatoren in Sizilien und in Sardinien die Waren nach
Rom brachten, nur 7,86 Tonnen. Man findet allerdings Beschreibungen
grösserer Schiffe, die nach den Berechnungen von ~Assmann~ und anderen
eine Tragkraft von 260-2500 Tonnen gehabt haben sollen.

~Graser~ sagt sogar, indem er die Menge der beförderten Waren zur
Grundlage nimmt, dass das Schiff _Alexandreia_ des Hieron von Syrakus
eine Tragkraft von 4200 Tonnen gehabt hätte. Wir finden sogar ein
Schiff von 120 Ellen Länge, während für ein anderes Schiff eine Tiefe
von 29 Ellen angegeben wird.

Alle diese Abmessungen dürften auch heut nicht zu verachten sein. Aber
in jener Zeit dürften sie mit Rücksicht auf die geringe Tiefe und die
beschränkten Verhältnisse der Häfen und der Schiffahrtsstrassen eine
Unmöglichkeit gewesen sein. Ueberdies beruhen alle diese angeführten
Ziffern nur auf Annahmen und können nicht genau sein.

Das Rundschiff der Alten von gedrungener Form ist sicher nicht länger
gewesen als das Ruderschiff und nicht grösser, als eine Tjalk.

In ganz Westeuropa hat der Schiffbau allmählich Fortschritte gemacht;
das gleiche gilt vom Mittelmeer seit dem Mittelalter. Welchen Grund
sollte es nun haben, anzunehmen, dass die Schiffe des Altertums
ausserordentliche Abmessungen gehabt hätten?

In diesem Sinne gibt uns die _Prora von Samothrake_ (aufgefunden
i. J. 1863) aus dem Jahre 306 v. Chr. G. ein genaues Bild eines
Kriegsschiffs. Aus diesem Kunstwerk kann man entnehmen, dass diese
Fahrzeuge in Form und Grösse wenig von denen des Mittelalters abwichen.

Der Boden besass eine leichte Krümmung in der Mitte, die Enden liefen
spitz zu. Der Tiefgang betrug durchschnittlich 1 m; der der grössten
Schiffe war nicht grösser als 1,50 m (Vgl. ~Assmann~, _Seewesen_, S.
1597 u. ff.). Der Vorder- und der Hintersteven waren aussen mit Zeichen
geschmückt, die für unsere Studie kaum Bedeutung haben.

Die Ruderschiffe, deren Hinterteil in Wasserhöhe eine runde Form
hatte, besassen am Vordersteven einen Sporn. Zu beiden Seiten war der
Sporn, mit dem das feindliche Schiff gerammt und die Ruder abgebrochen
werden sollten, mit einem Holzbalken versehen, an dem ein Widderkopf
angebracht war. Dieser Holzblock verhinderte, dass der Sporn zu tief in
die Seiten des feindlichen Schiffs eindringen konnte.

Der Sporn hat zweifellos verschiedene Formen gehabt, wie die
Abbildungen zeigen, ohne indessen die Form des Schiffes selbst
zu verändern. Er war das Zeichen der Kraft und sollte Schrecken
einflössen. Es ist also nicht verwunderlich, dass in den meisten alten
Abbildungen der Zeichner sich mehr an diese Einzelheiten gehalten hat
als an das Schiff selbst, was bewirkte, dass die Form des letzteren
nebensächlich wurde.

Der schon bei den Phöniziern übliche Sporn trat bei den Griechen erst
i. J. 536 vor Chr. G. auf (vgl. Dr. ~Emil Lübeck~, _Seewesen u. s. w._,
S. p. 13). Daraus ergibt sich, und man kann nicht oft genug darauf
hinweisen, dass die Kunst des Schiffbaues bei den Phöniziern einen
höheren Grad von Vollkommenheit erreicht hatte als bei den Griechen,
und dass dies Volk einen überwiegenden Einfluss auf die Völker
ausgeübt hat, die die Küsten des Mittelmeeres bewohnten.

Man könnte also den Satz aufstellen, dass die Schiffe des Mittelmeeres
gleiche Form gehabt haben, womit nicht gesagt sein soll, dass jedes
Volk nur einen Typ gekannt hätte; es hat vielmehr mehrere Type
gleichzeitig gegeben. So hat man nämlich neben den langen Ruderschiffen
die Handelsschiffe mit gedrungenen Formen, und neben vollkommenen
Mustern gab es primitive.

Liest man nicht, z. B., dass Caesar sich mit einer Flotte aufs Meer
wagte, 30 Tage nachdem das zum Bau bestimmte Holz geschnitten war?
(~Nicolas Witsen~, S. 12, 1. Spalte unten.) Man kann schwerlich
behaupten, dass die Schiffe, aus denen jene Flotte bestand, gut
ausgeführte Ruderschiffe waren. Es waren zweifellos aus einem Stück
gemachte Fahrzeuge, Piroguen, wie man sie noch jetzt im Adriatischen
Meere findet, ein Typ, der so schön in der «Rascona» wiedergegeben
ist. (Vgl. ~Paris~, Bd. II, und Dr. ~Emil Lübeck~, _Das Seewesen der
Griechen und Römer_, S. 39.)

Der schnelle Bau der fraglichen Flotte liefert uns einen Beweis mehr
für die Behauptung, dass die Schiffe nur klein waren.

Um klarer zu zeigen, was ich unter der Gleichförmigkeit im Bau der
Schiffe verstehe, möchte ich die Aufmerksamkeit auf den Typ _Tjalk_ der
Niederlande lenken. Dieser Typ findet sich mit leichten Abänderungen
und unter anderen Benennungen von Dänemark bis Belgien wieder. Alle
Schiffe dieser Art haben einen gemeinsamen Grundcharakter, aber neben
der _Tjalk_ besitzen die Niederlande noch andere Type, die sich
ebenfalls anderwärts finden. Von Dänemark bis Belgien gibt es also eine
Reihe bestimmter Grundtype, und so kann man von gemeinsamen Formen
sprechen.

Diese Feststellung gilt auch für das Mittelmeer. (Vgl. _Dictionnaire
des Antiquités grecques et romaines_, 36. Bd., S. 24. -- ~Navis~.)

Diese Grundtype haben sich jahrhundertelang erhalten, und die alten
Holztype, die wir jetzt treffen, geben uns noch ein genaues Bild davon,
wenn man vom Steuer und der Takelung absieht.

Gewiss, manche Type sind anderswohin geraten oder haben infolge der
örtlichen Verhältnisse Wandlungen erfahren, so dass man, um die einer
bestimmten Gegend eigentümlichen Grundcharaktere wiederzufinden, oft
anderwärts suchen muss.

So finden wir z. B. in Holland, in ’s Gravenmoor (Nord-Brabant) einen
alten Rheintyp wieder; in Portugal kleine Fischerbarken, die sehr den
alten ägyptischen Schiffen ähneln, und im Arabischen Meer ein Schiff,
das abgesehen von der Takelage und dem Steuer erstaunlich einem
primitiven römischen Schiff gleicht. Daher behaupten auch die Araber,
sie hätten die ältesten und besten Schiffe. (Vgl. ~Paris~, Bd. III, Nr.
135, mit _dem Relief des Tiberhafens in_ ~Baumeister~, _Denkmäler des
klassischen Altertums_, Abb. 1688.)

Wenn die Ruderschiffe infolge der Erfindung des Schiesspulvers
keine Änderung erfahren haben, so muss man den Grund dafür in ihrem
schmalen Bau suchen, den die geringere Fortbewegungskraft, über die
man verfügte, nötig machte. Die Zahl der Ruder war begrenzt, und bald
erreichte man einen nicht überschreitbaren Höhepunkt.

Aus dem Umstande, dass es nicht gelungen ist, ein praktisches Schiff
mit mehr als drei Ruderreihen zu bauen, und dass die uns bekannten
Abbildungen niemals mehr als drei aufweisen, darf man folgern, dass die
alten Schriftsteller, die von 4 Reihen und mehr berichten, sich von
ihrer Phantasie haben leiten lassen, oder, was genauer sein dürfte,
anders zählen als wir heutzutage. Zweifellos hat man die Zahl der Ruder
angeben wollen, die gruppenweise durch den Bord gingen.

Die Tafel von ~Huys~, zeigt uns so, nach ~Breugel~ (um die Mitte des
16. Jahrhunderts), Ruder, die in Reihen von drei geordnet sind. Man
findet dasselbe Verfahren auf einigen alten Abbildungen. Wenn diese
Figuren das dreireihige Ruderschiff darstellten, so würde die Frage
ganz einfach zu lösen sein.

Hinsichtlich des Dreiruderers wird immer auf das Flach-Relief der
Akropolis von Athen verwiesen (~Baumeister~, _Denkmäler des klass.
Altertums_, Abb. 1689). Hiervon findet man Nachbildungen in allen
Werken. Diese stimmen indessen nicht alle überein; sie können uns also
keine Sicherheit geben. (Vgl. Dr. ~Moritz Rühlmann~, S. 62.)

Um zu Ende zu kommen, möchte ich noch etwas über die Handelsschiffe
sagen.

[Sidenote: II 26]

Das schönste mir bekannte Bild ist sicher das vorgenannte Relief des
Tiberhafens, das sich im Museum Torlonia befindet. Man sieht darauf ein
grosses Handelsschiff mit schrägem Vorder- und rundem Hinterteil. Auf
etwa zwei Drittel der Länge des Schiffes (das Mass ist vom Vordersteven
aus genommen) springt der obere Teil der Bordwand vor, um dem
Steuerruder als Stütze zu dienen. Diese Bauart kommt noch bei einigen
indischen u. s. w. Schiffen vor. Der in der Mitte errichtete und mit
einem Stützbalken versehene Mast ist mit starken Tauen befestigt. Das
quadratische Segel kann mit Hilfe von Stricken gerefft werden, die
durch Ringe laufen. Der Mast trägt nur eine Raa; an seinem oberen Teil
ist ein Klüver befestigt.

Vorn erhebt sich ein «Dolon» genannter Mast, der ursprünglich
dazu diente, das kleine Rettungsboot heraufzuziehen. Deshalb,
wahrscheinlich, nannte man ihn Rettungsbootmast.

Die Kabine nimmt den ganzen verfügbaren Platz hinter dem Mast ein.

Die Takelung bestand im allgemeinen aus Segeln mit Raa. Diese Segel
hatten, auf den Lastschiffen von Alexandria, zuweilen eine rechteckige
Gestalt.

Die Kriegsschiffe wie die grossen Kauffahrteischiffe besassen stets 2
Masten. (Vgl. Dr. ~Breusing~, _Die Nautik der Alten_, S. 56.) Während
der Schlacht wurden die Segel aufgegeit und die Masten umgelegt, um sie
vor dem Sporn der feindlichen Schiffe in Sicherheit zu bringen.

[Sidenote: II 31]

Wir müssen aber nicht nur auf die grossen, sondern auch auf die kleinen
Handelsschiffe achten. Das schönste Bild in dieser Art ist unbestritten
das alte Relief der Kathedrale von Salerno (_Jahrbuch d. D. Archäol.
Instituts_, Bd. V, S. 103, Fig. 1c.) Abgesehen von dem Steuer würde das
dort abgebildete Schiff leicht für ein neuzeitliches Schiff gelten.

Man ist dabei, das Schiff zu entladen; der Landungssteg ist
herabgelassen, und die vordere Holzklappe ist hochgezogen. Der
niedergelegte Mast, den man zu diesem Zweck aus seiner Scheide
entfernen musste, ruht darauf. Dies Verfahren war noch vielfach
hierzulande im 18. Jahrhundert üblich. Die Steuerruder hängen längs des
Schiffes herab, wobei sie sich an den vorspringenden Bord lehnen.

Das Schiff selbst hat Vorder- und Hintersteven. Auf ein Drittel seiner
Länge ist die Scheide für den Mast angebracht, hinter der man den
Schiffsraum sieht. Dieser ist, wie bei unseren Flussschiffen mit
Holzplatten geschlossen. Man sieht sogar die halbrunden Falze, auf die
sich die Holzplatten stützen, und in diesen Falzen fehlen selbst die
Oeffnungen zum Abfliessen des Wassers nicht. (Kleine Punkte in den
Halbrundungen.)

Die Holzplatten stehen schräg, wie die oberen Linien zeigen.

In dem genannten Jahrbuch hat man die Bedeutung dieser kleinen
Halbkreise nicht verstanden. (Vgl. _Jahrbuch d. Kaiserl. Dt. Arch.
Inst._, Bd. 4, 1889, S. 103.)

Vorn bemerkt man 2 Kreuzbetings, hinten 4; ihre sonderbare Form deutet
darauf hin, dass sie ebenfalls als Stützen für Ruder dienten, mit denen
man bei Windstille das Schiff fortbewegen konnte.

Der Mast ist kurz und dick; er ist mit Backen versehen und da solche
bis unten reichen, so darf man annehmen, dass sie angebracht waren,
damit man an dem Mast emporklettern konnte. Es ist also wahrscheinlich,
dass das fragliche Schiff hierfür kein genügendes Tauwerk besass. In
der uns beschäftigenden Zeichnung sieht man kein Tauwerk, was jedoch
nicht heisst, dass solches nicht vorhanden war.

Meines Erachtens ist die Barke nicht grösser, als eine kleine Tjalk.
Man findet darin noch einen weiteren Beweis für die Behauptung, dass
die Schiffe im Laufe der Jahrhunderte wenig Änderung erfahren haben,
und dass die Alten keine lange Zeit brauchten, um zu einem hohen Grad
der Vollkommenheit zu kommen. Man kann nichts Überraschendes in dieser
Behauptung finden, wenn man die Meisterwerke betrachtet, die uns von
den Griechen und Römern hinterlassen sind.

Es ist bedauerlich, dass man über den Platz der Ruderer bei den Alten
keine entscheidenden Anhaltspunkte hat; denn gerade in dieser Hinsicht
hat das Mittelalter die Ruderschiffe sich verändern sehen. Zu dieser
Zeit machen die von einem einzelnen Mann nach der ursprünglichen Weise
gehandhabten Ruder einer Reihe schwerer Ruder Platz, die von mehreren
Ruderern bewegt wurden. Dieser Umschwung ist nicht mit dem Sturz des
weströmischen Reiches zusammengefallen (im Jahre 476). Der Kaiser Leo
(886-911) rät nämlich zum Bau von zweiruderigen Schiffen «Dromon».
(~La Croix~, S. 75.) Im 11. Jahrhundert spricht ein Schriftsteller von
einem _Chélandre_ oder _Sélandre_, dem er eine grosse Geschwindigkeit
zuschreibt, und der zwei Ruderreihen übereinander hatte. (~La Croix~,
S. 75 und 79.) Der Übergang zu einer Ruderreihe hat sich wahrscheinlich
allmählich vollzogen.

Im 13. Jahrhundert spricht man nur noch von derartigen Schiffen, den
Galeeren. (Vgl. bezüglich der Ruder-Reihen ~van Yk~, S. 11. -- ~Torr~,
_Ancient ships_, S. 19 a ff.)

Inzwischen taucht im 12. Jahrhundert das Steuerruder auf, dessen
Erscheinen Änderungen am Hinterteil des Schiffes nach sich zieht.

Im allgemeinen weiss man wenig über den Stand der Schiffbaukunst im
Anfang des Mittelalters. Doch muss zu dieser Zeit auf dem Mittelmeer
eine bedeutende Marine vorhanden gewesen sein, und so muss auch die
Schiffbaukunst in Blüte gestanden haben. Zweifellos haben die Kreuzzüge
(1096-1291) einen grossen Einfluss auf diesen Zustand gehabt. Venedig
wurde der Mittelpunkt des Fortschrittes, bald danach Genua.

Die Bedeutung der Marine zu jener Zeit wird durch die berühmten
Arsenale von Venedig sowie die grosse Anzahl von Verordnungen über
den Schiffbau bezeugt. So finden wir im 13. Jahrhundert einen Erlass,
der die Wasserlinie für das beladene und das leere Schiff festsetzt.
(~Jal~, S. 267, _Mémoire_, 4.)

Was den Bau von Ruderschiffen betrifft, so muss man sich dieserhalb
an die Erlasse des Kaisers Leo halten, die bis zum Ende des 10.
Jahrhunderts beachtet worden sind. Dieser Fürst liess die Galeeren
folgendermassen bauen: genügend stark, leicht beweglich, daher ziemlich
lang und wenig breit; die Breite musste jedoch in einem bestimmten
Verhältnis zur Länge stehen. Diese Anordnungen sind einfach aber doch
recht klar! Später konnte man nicht mehr nach Belieben bauen. Man
musste den über die Form der Schiffe aufgestellten Regeln folgen; und
zwar musste die Form sich nach der Tragkraft und den auszuführenden
Fahrten richten.

Die Schiffe hatten keine aussergewöhnliche Länge; ~Jal~ gibt zum
Beispiel eine Länge von etwa 44 m für die Ruderschiffe an. Diese Ziffer
weicht, wie man sieht, wenig von derjenigen des Altertums ab und wurde
später kaum überschritten.

Ebenso wie in den Zeiten der Griechen und Römer hatte das Mittelalter,
neben seinen Galeeren, seine Handelsschiffe von runderer Form,
gedrungener Gestalt. Man behauptet nämlich, dass im Jahre 1284 die
Stadt Genua eine Flotte von 8 Galeeren und Karavellen nach Pisa sandte.
(~Jal~, S. 250.)

Diese Galeeren dienten indessen nicht ausschliesslich als
Kriegsschiffe; im 14. Jahrhundert wurden sie auch als Lastschiffe
benutzt. (~Jal~, S. 250.)

Das Mittelalter hat uns keine Zeichnungen oder Abbildungen
hinterlassen, aus denen wir mit Sicherheit die Form der Schiffe
entnehmen könnten. Die älteste Abbildung stammt von Pietro Laurenti,
einem Künstler des 14. Jahrhunderts; dann folgt eine Darstellung von
der Hand Raffaels (1483-1520); sie stammt also aus dem Anfang des 16.
Jahrhunderts.

Diese beiden Abbildungen werden in dem Werk von ~Jal~ (_Archéologie
navale_) wiedergegeben, aber ihre geringe Grösse macht sie fast
wertlos. Sie sind indessen insofern bemerkenswert, als die erste uns
den Doppelmast der Alten und die Kabine zeigt, während die von Raffael
vorn und hinten einen Aufbau trägt, und deutlich mit einem Steuer
versehen ist.

Aus einem Vergleich der alten Münzen ergibt sich, dass im 13.
Jahrhundert das Steuer überall eingeführt war. Es dürfte indessen
überflüssig sein, zu bemerken, dass man auch damals noch auf vielen
Schiffen das Ruder zum Steuern trifft, anstelle des Steuers.

Die Erfindung des Schiesspulvers um die Mitte des 14. Jahrhunderts
führte keine Aenderung im Bau der Galeeren herbei, weil die Triebkraft
durch die Kraft der Ruderer beschränkt blieb, wodurch sich für
das Schiff eine schlanke Form ergab, so dass nicht viele Kanonen
aufgestellt werden konnten.

Im Jahre 1600 erreichten die Galeeren ihren Höhepunkt. Bald danach
beginnen sie ihren Wert als Kriegsschiffe zu verlieren, infolge der
wachsenden Stärke der grossen Seeschiffe von runderer Gestalt.

Wir finden ein treffendes Beispiel für die kriegerische
Minderwertigkeit der Galeeren in der Seeschlacht, die das französische
Schiff «Le Bon» gegen 36 Galeeren am 10. Juli 1684 lieferte. (~Paris~,
Band 3 No. 26.) Seine Länge betrug zwischen Vorder- und Hintersteven
nur 41,41 m, bei einer Gesamtbreite von 11,04 m und einer Tiefe von
5,03 m; der Kiel hatte 37,03 m Länge.

Die Galeeren hatten dagegen 48,77 m Länge, 21,20 m am Kiel bei 5,90 m
Breite gemessen auf dem Deck. (8,47 m zwischen den Ruderauflagen); die
Ruder hatten 25 m Länge.

Die höher aufgestellte Artillerie auf dem Schiff «Le Bon», sein
festerer Bau und seine stärkere Bordwand ermöglichten es ihm, seinen
Feinden standzuhalten und zu entwischen, als der Wind sich aufmachte.

Wenn wir die Stärke der Bemannungen untersuchen, so wird die geringere
Kriegstüchtigkeit der Galeeren noch deutlicher; während nämlich
das französische Schiff nur 600-800 Mann Besatzung hatte, hatten
die Galeeren 12000-14000. Daher wurden in Frankreich seit dem 17.
Jahrhundert die Galeeren ausschliesslich zum Schleppen gebraucht; so
lesen wir, dass im Jahre 1688, als sich der Wind gelegt hatte, Duquesne
seine Schiffe durch Galeeren unter die Mauern Algiers bringen liess, um
diese Stadt zu beschiessen.

Nichtsdestoweniger traten die Galeeren in der französischen Marine bis
zum Jahre 1773 auf.

In der Schlacht von Zierikzee im Jahre 1302, in der die Flamänder
gegen die Franzosen, Holländer und Genuesen kämpften, fühlte man nach
dem alten Geschichtsschreiber ~Florentin Villani~ zum ersten Male die
Überlegenheit der Schiffe von gedrungener Gestalt über die Galeeren.
Der Graf von Flandern hatte für diese Schlacht 80 Schiffe (oder Cogues,
Cochi) ausgerüstet, die nach den örtlichen Verhältnissen jenes Meeres
gebaut waren (_ottanti navi, overo, cochi, al medo di quello mare_,
sagt ~Villani~). Nach diesem Geschichtsschreiber war es auch das erste
Mal, dass man gegen derartige Schiffe zu kämpfen hatte.

Dieses Treffen gab Anlass, dass man sich von nun an mehr und mehr im
Mittelmeer dem Bau von Schiffen gedrungener Gestalt zuwandte. Die
Notwendigkeit zwang übrigens hierzu. Die Kreuzzüge führten häufigere
Beziehungen zu den Völkern des Nordens herbei, und man musste sich
gegen sie verteidigen.

Anfangs nahmen die Völker des Nordens ihre Zuflucht zu den Genuesen
und anderen am Mittelmeer wohnenden Völkern, um die Kreuzfahrer nach
Palästina zu bringen; aber bald unternahmen sie selbst den Bau der
Schiffe, um den übertriebenen Preisen der Italiener zu entgehen; so war
die Strasse durch das Mittelmeer gefunden. Nichtsdestoweniger blieben
Venedig, Genua u. s. w. die Stapelplätze, und viele Schiffe wurden dort
noch gebaut, besonders für Frankreich. Philipp der Schöne in seinem
Kampf gegen Eduard I von England im Jahre 1295 und Philipp von Valois
gegen Eduard III im Jahre 1337 bedienten sich genuesischer Fahrzeuge.
(~La Croix~, S. 92.)

Wie übrigens ~Jal~ schreibt (_Arch. Nav._, Bd. 2, S. 352), kann man
mit Sicherheit annehmen, dass die Schiffe, die an der französischen
Mittelmeer-Küste gebaut wurden, genau so aussahen, wie die, welche
in Italien üblich waren. Die gegenseitigen Beziehungen zwischen
den seefahrenden Völkern und ihre gemeinsamen Interessen führten
notwendiger Weise diese Nachahmungen herbei. Venedig blieb nicht hinter
Genua zurück; Genua war der Stadt Pisa auf den Fersen, und diese Stadt
liess sich gewiss nicht von Barzelona, noch von Marseille, noch von
Konstantinopel in den Vervollkommnungen der Schiffbaukunst überholen.

So schreibt der genannte Schriftsteller mit gutem Recht: «Das
Mittelmeerbecken hatte also nur _eine Marine_, wenigstens sofern man
nur die Hauptschiffe in Betracht zieht; das ist heute noch ebenso und
war so sicherlich in den alten Zeiten.» Ich möchte hinzufügen, dass
die charakteristischen Unterschiede, die die verschiedenen Schiffstype
unter sich haben, im Laufe der Jahrhunderte keine Veränderung erfahren
haben, und zwar gilt dies nicht allein für das Mittelmeer, sondern für
den Schiffbau im allgemeinen.

Diese alten Type finden sich indessen nicht unter den grossen Schiffen,
sondern mehr unter den kleinen und besonders unter den Fischerbarken.

Bei allen Völkern, sogar bei allen seefahrenden Völkern haben die
Fischer ihren Charakter am besten bewahrt und am wenigsten ihre Sitten
und Gebräuche verändert. Ihr schweres Handwerk auf dem Meere hat sie zu
Feinden jeder vom Festland kommenden Neuerung gemacht und mit Händen
und Füssen haben sie sich gesträubt, ihre alten, durch Ueberlieferung
und Uebung hervorgegangenen Modelle fallen zu lassen. Die Fischer haben
also am längsten die alten Formen bewahrt, und zu ihnen muss man gehen,
um diese wiederzufinden. So zeigt uns Norwegen Fischereifahrzeuge,
die, abgesehen vom Steuer fast vollständig das alte Wikinger-Schiff
wiedergeben; die holländische Bomme ist ein solcher Rest eines
Schiffes, und Portugal zeigt uns Barken, die an die alten, in Italien
ausgegrabenen Wandgemälde erinnern.

Sicherlich sind viele Type nicht mehr vorhanden; ihre Zahl wächst
unaufhörlich durch die Verwendung des Eisens zum Schiffbau. So gibt
es noch einige wenige Galeeren, die man jedoch nur bei Festlichkeiten
verwendet (z. B. die Galeere, die bei der Flottenparade am
Hollandsche Diep verwendet wurde und die in Portugal bei den jüngsten
Festlichkeiten Verwendung fand).

Das älteste Werk, das von den Galeeren handelt, ist folgendes:
«Fabbrica di galere». (Vgl. ~Jal~, _Arch. Nav._ Bd. 2, S. 6 und ff.)
Die ersten vollständigen Angaben stammen aus der Zeit Ludwigs XIV. und
werden von dem Chevalier ~Barras de la Penne~ gegeben (1698). Man darf
indessen nicht das Werk ~Fürtenbachs~ aus dem Jahre 1623 übergehen.
(~Witsen~, S. 186).

[Sidenote: II 24]

[Sidenote: II 38]

[Sidenote: II 46]

[Sidenote: II 47]

Obwohl die Galeeren genügend bekannt sind, möchte ich einiges über sie
sagen. Sie waren lang und schmal und ragten sehr wenig aus dem Wasser
empor. Ihre Breite betrug meist ⅐ oder ⅛ ihrer Länge, und der aus dem
Wasser emporragende Teil mass nur 1 m oder 1,50 m. Eine Galeere von
40,60 m Länge hatte z. B. eine Breite von nur 5,27 m; der Vordersteven
hatte eine Gesamtlänge von 3,28 m und der Hintersteven eine solche von
3,62 m. Die Hauptrippe lag bei ³⁄₇ der Länge des Schiffs und war am
unteren Teil leicht gekrümmt. Das Schiff verlief nach vorn und hinten
spitz; das Deck überspannte die ganze Länge, in der Mitte erhob sich
die Wachbrücke, Corsia, an die sich die Bänke der Ruderer schlossen.
Auf jeder Seite längs der Bordwände befanden sich die Auflagen für die
Ruder, in einer zu der Längsachse des Schiffes parallelen Linie; sie
bildeten die Ruderdollen. Die Ruder, die in einer Reihe angeordnet
waren, wurden von 4 oder 5 Leuten gehandhabt, die sich erhoben, um
die Ruder vorwärts zu stossen und sich auf ihre Bänke fallen liessen,
indem sie die Ruder ins Wasser tauchten. Die Ruderer waren bei dieser
Tätigkeit völlig nackt. Ein Mann von mittlerer Stärke konnte diese
Arbeit eine Stunde lang aushalten, und doch musste viel länger gerudert
werden; manchmal, in Kriegszeiten, 12 Stunden hintereinander. Welch’
Zustand, wenn man erwägt, dass diese Leute den Unbilden der Luft und
dem Feuer des Feindes ausgesetzt waren!

Um die Ruderer in ihrer Tätigkeit zu stärken, steckte man ihnen Brot
in den Mund, das in Wein getaucht war; wenn sie erschöpft umfielen,
so wurden sie von dem Wächter, der auf der Wachbrücke herumging,
unbarmherzig gepeitscht; wenn sie sich nicht wieder erhoben, so wartete
der Tod ihrer. Man warf sie über Bord.

Wenn man weiter erwägt, dass die Ruderer durch Ketten an das Schiff
gefesselt waren, die man ihnen nur selten abnahm, dass sie meist auf
ihren Bänken lebten und starben, so wird man verstehen, dass die
Galeeren für die seefahrenden Völker ein Schrecken und eine Schande
gewesen sind.

Selten fand man Freiwillige für dies Handwerk, das meist nur Sklaven,
Kriegsgefangene u. s. w. verrichteten. Die Ruderer waren indessen
nicht alle gleich; sie bestanden aus 3 Klassen: 1) den Sträflingen,
d. h. den Verurteilten; ihre Haare und ihr Bart waren abgeschnitten;
2) den Sklaven, unter ihnen Türken, Mauren und Neger; letztere waren
als die besten Ruderer bekannt. Ihr Unterscheidungszeichen war ein
Haarbüschel auf dem Kopfe; 3) den Benevoglie (Freiwilligen), unter
ihnen freigelassene Sträflinge, die anderswo nicht mehr unterkommen
konnten und auf den Galeeren Zuflucht nahmen, Räuber und andere, die
nichts mehr zum Leben hatten. Ihre Kleidung war sehr einfach; jedes
Jahr bekamen sie 2 Hemden, 2 Paar Hosen, 1 Rock aus rotem Tuch, 1
Mantel für den Winter, 1 rote Mütze und 2 Decken für jede Bank.

Die Nahrung war ihnen genau zugemessen, aber wenn sie mehr wollten,
konnten sie sich welche kaufen.

Der Teil des Schiffsraumes, der nicht von Schiessvorräten eingenommen
war, war für die Lebensmittel bestimmt und enthielt auch eine ganz
kleine Kabine für den Kapitän und die Offiziere.

Wenn die Galeere hielt, so spannte man über das Fahrzeug ein grosses
Segel, das auf einer Seite hoch genommen wurde, um die Luft einzulassen.

Der schlanke Bau der Galeeren gab ihnen auf dem Meere keine genügende
Stabilität; daher hatten die Ruderer immer sehr unter den Wellen zu
leiden.

Die Ausrüstung war einfach: vorn standen 3 Kanonen, von denen die
mittlere, in der Längsachse des Schiffes aufgestellte, die grösste
war; auf den grossen Galeeren gab es Kanonen mit einem Kaliber von
18,48 und mit Kugeln von 12 Pfund, während die auf den kleinen Galeeren
Kanonen mit Kugeln von 12, 24 und 8 Pfund hatten.

Der kriegerische Wert richtete sich nach der Menge Eisen, das man auf
einmal pro Mann abfeuern konnte.

Nehmen wir z. B. eine Galeere, die 44 kg Eisen auf einmal schiesst und
etwa 400 M Besatzung hat; man verschoss demnach 0,110 kg auf den Mann.
Eine Galeere kostete 400000 Frcs, d. h. 9090 Frcs pro kg Eisen.

Vergleicht man mit dieser Galeere ein gewöhnliches Kriegsschiff, das 55
Kanonen an Bord hat, bei 1100 Mann Besatzung, auf einmal 1000 kg Eisen
(d. h. 0,910 kg pro Mann) verschiessen kann, und dessen Kosten 3000000
Frcs, d. h. 3000 Frcs pro kg betragen haben, so sieht man deutlich die
militärische Minderwertigkeit der Galeeren und die höheren Kosten, die
sie nach sich ziehen. Während ein gewöhnliches Kriegsschiff 9 mal mehr
Eisen auf einmal verschiesst als eine Galeere, kostet es weniger als
diese.

Endlich möchte ich darauf hinweisen, dass die Galeeren eine
Geschwindigkeit von 2,50 m in der Sek. hatten und dass sie ausser über
Ruder auch über Segel verfügten. Sie hatten 2 Masten, den einen vorn,
den anderen in der Mitte des Schiffes; beide besassen lateinische
Segel. (Vgl. ~Jal~, _Glossaire nautique_, S. 749.) Während des Kampfes
reffte man die Segel.

[Sidenote: II 43]

Ich brauche nicht näher nachzuweisen, dass die Galeeren für die offene
See nicht geeignet waren, auf die man sich mehr und mehr begab. Die
Erfindung des Schiesspulvers zeigte bald die geringere Kampffähigkeit
der Galeere. Man bemühte sich also, sie zu verbessern.

[Sidenote: II 45]

So sehen wir im 16. Jahrhundert ein Schiff auftauchen, die «Galeasse»,
deren Vorder- und Hinterteil an die Schiffe von gedrungener Form
erinnern, während das Mittelstück an die Galeeren denken lässt. Dieses
Schiff war höher und breiter als die letzteren; das Verhältnis seiner
Breite zur Länge betrug 1 : 5½, ausserdem war es höher.

Bei einer Länge von 50,01 m hatten die Galeassen eine Breite von 9,01
und einen Tiefgang von 3,35 m; die grösste Tiefe betrug 6,52 m. Jeder
Bord hatte 44 Ruder; die Ruderbänke hatten einen Abstand von 1,30 m.
Die Ruder wurden meist von 7 oder 8 Menschen bewegt. Der Bord war
höher als bei den Galeeren, sodass die Ruderer besser vor den Wogen
geschützt waren.

Die Galeassen hatten gewöhnlich 700 bis 1000 Mann Besatzung. Sie waren
mit 50 Kanonen ausgerüstet, die in den Aufbauten und zwischen den
Ruderbänken aufgestellt waren.

Die Galeasse hatte also mehr Stabilität auf dem Wasser als die Galeere,
schützte die Ruderer besser, hatte mehr Artillerie, war aber infolge
eben dieser Vorzüge nicht so beweglich, da die Triebkraft durch die
Zahl der Ruderer beschränkt war.

Die Galeassen besassen 3 Masten mit lateinischen Segeln. Diese waren
sehr schwer zu handhaben; deshalb wurden sie bei heftigem Winde durch
Segel von kleineren Abmessungen ersetzt.

Es ist nicht auffallend, dass auch die Galeassen den Schiffen von
gedrungener Gestalt unterlegen waren, daher sind sie niemals zahlreich
gewesen: am Ende des 16. Jahrhunderts, in der Seeschlacht zwischen den
Türken und den Vereinigten Mächten bei Lepanto war es nicht möglich,
mehr als 6 Galeassen aufzubringen. (~Jal~, _Arch. Nav._, S. 394.) Es
ist also sehr zu bezweifeln, dass die unüberwindliche Armada, die
berühmte Flotte von 1588, eine Division von 22 Galeassen enthalten
haben soll. Diese Schiffe waren zweifellos meist Galeeren.

Ebenso wie bei den Alten gab es ausser den naves longae Schiffe von
gedrungener Gestalt, die ursprünglich lediglich für den Handel und den
Güterverkehr gebraucht wurden.

Die Erfindung des Schiesspulvers, aber mehr noch die Schliessung der
alten Strasse nach Indien durch die Türken am Ende des 15. Jahrhunderts
änderten diesen Zustand. Der Handel verschiebt sich von diesem
Augenblick an nach dem Ozean; man ist auf der Suche nach einem neuen
Weg nach Indien, den man anderwärts findet, und so wird die «Neue Welt»
entdeckt.

Die Völker des Nordens, begierig nach Reichtum, wagen sich ebenfalls
nach dem Süden und begnügen sich nicht mehr mit der Ostsee.

Alle diese Umstände führen einen Umschwung im Schiffbau des
Mittelmeeres herbei. Trotz der Anstrengungen, die gemacht wurden, um
die Vorherrschaft durch die alten Schiffstype zu wahren, indem man
grössere Ruderschiffe, wie die Galeassen baute, musste man nicht nur
in Italien, sondern auch in Spanien und Portugal vor den mächtigeren
Typen der Völker des Nordens den Rückzug antreten.

Man kann also in dem von mir eingeschlagenen Gedankengang sagen, mit
Bezug auf die Schlacht von Zierickzee im Jahre 1302, dass im 14.
und 15. Jahrhundert die Schiffbaukunst vom Ozean in das Mittelmeer
gedrungen ist. Dagegen hat die Schiffbaukunst des Mittelmeeres jene
Baukunst beeinflusst.

Es ist nicht leicht, die dem Mittelmeer eigentümlichen Schiffstype
wiederherzustellen; tatsächlich sind uns wenig Angaben über diese
Schiffe erhalten. Wir können nur auf die erwähnten Verträge Ludwigs IX.
zurückgehen. Die ersten sicheren Angaben stammen aus einer nach dem
Mittelalter liegenden Zeit, besonders aus dem 18. Jahrhundert.

Alle alten, zur Zeit bekannten Abbildungen sind schlecht, meist in
falschen Verhältnissen. Es hat mehrere Arten Schiffe gegeben, das ist
der einzige Schluss, den man aus ihnen entnehmen kann.

Es ist, wie ~Jal~ sagt, wirklich bedauernswert, dass wir keine besseren
Aufschlüsse gefunden haben. Es ist jedoch zweifellos, dass es schon im
Mittelalter gute Schiffe von gedrungener Gestalt gegeben hat. (Vgl.
~Jal~, _Glos. naut._, S. 1057; ~La Croix~, S. 86 u. 96.) mit denen es
möglich war, wenigstens 500 Kämpfer zu befördern. (Vgl. ~Jal~, _Arch.
nav._, S. 380, II. Teil, Anm.) Man lud auch Pferde ein. (~Jal~, _Arch.
nav._, S. 386, u. s. w.; ~Holmes~, S. 68.) Um die dem Mittelmeer
eigentümlichen Type wiederherzustellen, muss man vor allem untersuchen,
welche Modelle noch am Ausgang des 18. Jahrhunderts zu der Zeit
vorhanden waren, wo man ausschliesslich Holzschiffe verwendete.

Vor Beginn dieser Prüfung möchte ich bemerken, dass es eine ständige
Übung war, die Schiffe auf den Strand zu ziehen, wenn man nicht mit
ihnen fuhr; es ist auch zu bemerken, dass das Wasser des Mittelmeers im
Vergleich zu dem des Ozeans ruhig ist. Dieser letztere Punkt besonders
erklärt, warum die Ruderschiffe so lange im Gebrauch geblieben sind.
(~Paris~, IV. Bd., S. 206.)

Um die Schiffe an Land ziehen zu können, mussten sie einen flachen
Kiel haben; tatsächlich sind die Schiffe in der Mitte breit und flach,
breiter sogar als die Schiffe des Nordens; bei diesen letzteren betrug
das Verhältnis der Breite zur Länge 1 : 4, während bei den meisten
Schiffen des Mittelmeers dies Verhältnis zwischen 1 : 2½ und 1 : 3½
schwankt (meist 1 : 3).

Vorn und hinten laufen die Schiffe spitz zu, anders wie die nordischen
Schiffe. Dadurch erhalten sie eine ganz besondere Gestalt. Ausserdem
verlaufen die Wände dieser Schiffe nicht gekrümmt nach oben, d. h. sie
sind höchstens vertikal. Anders ausgedrückt, die Breite ist am grössten
oben.

Unter den alten Typen finden wir solche, deren Vordersteven, 1) gerade
ist und schräg steht, 2) gerade ist und senkrecht steht, 3) oben konkav
ist und sich oben nach innen biegt. Daneben gibt es eine grosse Zahl
mit konvexem Vordersteven.

Neben Schiffen von gedrungener Gestalt gibt es längere, deren Breite
sich zur Länge wie 1 : 5 verhält.

Absichtlich habe ich nicht vom Hintersteven der Schiffe gesprochen, da
dieser in den meisten Fällen durch Einführung des Steuers verändert ist.

[Sidenote: II 48]

Viele Schiffe haben ausserdem hinten einen glatten Vorsprung, der mit
einem Geländer versehen ist; diese Einzelheit findet sich auch auf
den Schiffen der Griechen und Römer wieder. Jener Vorsprung diente
ursprünglich als Stand für den Steuermann, der das Stangenruder zu
handhaben hatte.

[Sidenote: II 49]

[Sidenote: II 50]

[Sidenote: II 53]

Zu den wichtigsten Typen sind die _Schebecken_ mit drei Masten zu
rechnen, die zuerst mit lateinischen Segeln versehen waren. Diese
letzteren sind später durch quadratische Segel ersetzt worden.
Das so veränderte Schiff hiess dann _mystische Schebecke_ oder
_Polacker-Schebecke_. Man findet daneben auch _Polacker_. Die Länge
dieser Schiffe, etwa 15 m, verhält sich zur Breite wie 3½ : 1. Der
oben ziemlich gerade Vordersteven verläuft unten gekrümmt und trägt
einen Sporn, der hier noch Galjoen heisst. Der Hintersteven ist gerade,
steht aber schräg. Das Hinterdeck springt vor. Man könnte diesen Typ am
besten mit einer Galeere von gedrungener Form vergleichen. Hinten hat
der _Polacker_ mehr Ähnlichkeit mit den Ozeanschiffen.

[Sidenote: II 35]

Alle diese Schiffe stammen aus dem Westen des Mittelmeeres. (Vgl.
~Paris~, Bd. 2, Nr. 78 u. 90, sowie Bd. 1, Nr. 25.) Man kann in diese
Klasse auch die «Pink» von Genua einreihen. (~Paris~, Bd. 2, Nr. 119).

[Sidenote: II 37]

Wir finden noch in Tunis die «Carebe», 12 bis 15 m lang und etwa ⅓ so
breit. Dies Schiff scheint zwei Vordersteven zu haben (das Schandeck
springt zurück).

[Sidenote: II 39]

Vergleichen wir damit die Abbildung am Turm zu Pisa u. s. w. (~Paris~,
Bd. 2, Nr. 201), die auch ein Schiff mit doppeltem Vordersteven
darstellt.

Neben der «Carebe» gibt es die «Arabischen Sandalen», von 12 m Länge,
2,85 m Breite und 1,30 m Tiefe. Jal sieht in ihnen eins der ältesten
Modelle.

Die «Arabische Sandale» ist ein sehr schlankes Schiff, das in der Mitte
schmaler ist als die meisten anderen.

[Sidenote: II 54]

[Sidenote: II 60]

Die Schiffe von Malta, die sogenannten «Speronare», sind ebenso
sonderbar: sie haben 15 m Länge, 4,40 m Breite, einen Tiefgang von
1,20 m und eine Tragfähigkeit von etwa 17 Tonnen; der Vorder- und der
Hintersteven sind senkrecht. Manchmal besitzen diese Schiffe hinten
noch einen geraden Vorsprung und vorn einen stumpfen Sporn.

Derselbe Typ von 5,30 m Länge, 1,95 m Breite und 1 m Tiefe wird eine
«Tarella». Diese Barke hat keinen Sporn; zweifellos befinden wir
uns hier vor sehr alten Formen. (Vgl. z. B. die «Speronara» mit der
Abbildung von ~Layard~.)

Die «Schifarro und Lautello» von Sizilien mit ihren rückwärts
gekrümmten Vorder- und Hintersteven sind nicht weniger merkwürdig.
Diese Barken erinnern ebenfalls an die Abbildungen des Mittelalters,
die die gleichen Merkmale haben.

An der Ostküste Italiens finden wir die «Tartana», 17,90 m lang, 4,90
m breit, mit einem Tiefgang von 0,80 m, und die «Barco da Pasca», lang
12,20 m, breit 2,30 m und tief 1,06 m; alle beide sind Schiffe mit
flachem Boden, fest gebaut. (~Paris~, Bd. 2, Tafel 85, 86, 87.) Es ist
noch zu bemerken, dass man auf dem Adriatischen Meer mehrere Arten
Fahrzeuge mit flachem Boden trifft: unter anderen die «Rascona», ein
sehr schmales Fahrzeug, wenn man seine Länge berücksichtigt (1 : 5),
und den «Topo». Das erstere Fahrzeug wird mittels des Ruders gesteuert.

Griechenland und die Türkei haben viele Berührungspunkte, man findet
dort zwei Type: den einen mit geradem, aber geneigtem Vordersteven,
den anderen mit gebogenem; Beispiel: die «Scaphé» und die «Sacobeva».
(~Paris~, Bd. 2, Nr. 91, 89, 88.)

Das Arabische Meer, um nicht weiter zu gehen, zeigt uns, die «Baggala»
und die «Dungiyah», von denen die letztere heut wahrscheinlich
nicht mehr vorkommt; das sind sehr alte Type mit stark geneigtem
Vordersteven. Oben haben wir auf griechische Abbildungen verwiesen, die
ihr völlig gleichen.

Manche Type haben ihren Ort gewechselt. Der beste Beweis hierfür ist
die spanische «Balancella», die, wie es scheint, aus Neapel stammt.
(~Paris~, Bd. 2, Nr. 61); sie hat viel Ähnlichkeit mit dem «Trabocolo».

Alle diese Barken, und ich habe nur die hauptsächlichsten angeführt,
ermöglichen es, einige Urtype wiederherzustellen, die man nicht nur
jetzt noch wiederfindet, sondern die schon vor mehreren Jahrhunderten
vorhanden waren. Dank der Entwickelung des Verkehrs, dank auch den nach
immer entfernteren Gegenden unternommenen Fahrten, die man unter allen
Umständen ausführen musste, sind die alten Type des Mittelmeeres längst
durch neue für die Schiffahrt mit langer Fahrt ersetzt worden. Deshalb
kann man die ursprünglichen Type nur in den Schiffen von geringerer
Grösse wiederfinden. Für diese Fahrzeuge brauchte man keine neuen
Formen zu suchen, umsoweniger, als die kleinen Schiffbauer nach dem
alten Brauch und nach Modellen arbeiteten. Erst langsam hat das Eisen
bei ihnen an Boden gewonnen, und durch dieses, aber auch langsam und
erst, wenn eine neue Generation die alte ersetzt, werden die alten Type
verschwinden.

Es ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass im allgemeinen die
Mittelmeerschiffe breit im Verhältnis zu ihrer Länge sind, flach in der
Mitte und vorn und hinten spitz. Berücksichtigt man dies, so erhält das
Werk von ~Fürtenbach~ aus dem Jahre 1629 mehr Wert in unseren Augen,
weil der Verfasser darin Abbildungen eines holländischen Schiffes sowie
einiger Mittelmeerschiffe gibt, in denen wir sehr viele bekannte Type
entdecken, wenn sie auch andere Namen tragen.

Der Unterschied in der Form zwischen den Typen des Nordens und denen
des Südens, auf den wir oben hingewiesen haben, ist darin deutlich
erkennbar und tritt in voller Kraft hervor, wenn man die Hauptrippen
der beiden Schiffe vergleicht. (Vgl. die «mittlere Stamenale»,
Abbildung II, und die «Stamenale» der Abbildung 16, sowie die Pläne
der beiden Schiffe.) Der Höhenunterschied zwischen Vordersteven und
Hintersteven ist nicht weniger bemerkenswert; ausserdem erscheinen die
Schiffe des Mittelmeers wirklich höher als die unsrigen. Wir werden
später sehen, dass unter dem Einfluss des Südens (des Mittelmeeres) man
auch in unserem Lande den Schiffen eine grössere Höhe gab.

Auch das System der Aufbauten, die im Mittelalter auf den Schiffen
Platz fanden, stammt aus dem Süden. Es ist zu bemerken, dass schon
der Kaiser Leo im 10. Jahrhundert Beschreibungen über die Aufbauten
gab. (Vgl. ~La Croix~, S. 6.) Man findet sogar solche schon auf alten
römischen Zeichnungen. Man kann also mit vollem Recht annehmen, dass
diese Aufbauten sich allmählich entwickelt haben.

Die Vervollkommnung in den Verteidigungsmitteln und daher ein Wechsel
in der militärischen Taktik, die Erfindung des Schiesspulvers mit
einem Wort, hat viel dazu beigetragen, die Bedeutung der Aufbauten zu
vermehren.

Man wusste in unserem Vaterlande, dass die Schiffe des Mittelmeeres
spitzer waren als die unsrigen; wir haben einen Beweis dafür in der
Stelle, wo ~van Yk~ in seinem bekannten Werk, S. 355, uns darauf
aufmerksam macht, dass man dem stark gekrümmten Vorderteil, also
dem vollen Bug, die besonderen Vorzüge unserer Schiffe als Segler
zuschrieb. Und es ist sicherlich nicht ohne Interesse, wenn man weiter
liest, dass sein Vater begleitet von seinen drei Söhnen nach Genua
ging, um Schiffe zu bauen, die vorwärts fahren konnten, obwohl sie
Gegenwind hatten (S. 354), was in dieser Stadt noch unbekannt war. Zu
dieser Zeit kannte man also nicht in Genua die Kunst des Kreuzens, was
die lateinischen Segel übrigens nicht ermöglichten.

Erst später sehen wir diese Segel durch quadratische Segel ersetzt.
Es ist also nicht wunderbar, dass die Ruderschiffe so andauernd auf
dem Mittelmeer in Gebrauch gewesen sind; andererseits können wir
als bewiesen ansehen, dass schon in den ältesten Zeiten Schiffe von
gedrungener Form neben langen Ruderschiffen vorhanden waren. (~Jal~,
_Glossaire Nautique_, S. 1049.)

Die wenigen alten Schiffe indessen, die ausgegraben sind, zeigen
einen so hohen Grad der Vollkommenheit, dass der Schiffbau schon in
den frühesten Jahrhunderten eine wunderbare Entwicklung erreicht
haben muss. Das dürfte uns jedoch gegenüber den Meisterwerken nicht
überraschen, die uns die Völker des Mittelmeeres hinterlassen haben,
Meisterwerke die von ihrem æsthetischen und praktischen Sinn zeugen.

Verfolgt man die fortschreitende Entwicklung des Schiffes im
Mittelalter und betrachtet man die Grössenverhältnisse der Dockbecken
u. s. w. bei den Griechen und Römern, so kann man behaupten, dass das
Altertum nicht die Riesenschiffe gekannt hat, und dass die gegebenen
Beschreibungen beim Licht der Verhältnisse geprüft werden müssen, unter
denen sie verfasst sind. Das gilt auch von der Stadt Babylon, deren
Grösse, wie die Ausgrabungen bestätigen, von den alten Schriftstellern
in sonderbarem Masse übertrieben ist. Liest man übrigens nicht täglich
von der ausserordentlichen Grösse von Schiffen und Maschinen, die
wenige Jahre danach durch noch ausserordentlichere übertroffen wird? So
wird es übrigens immer sein.

Schliesslich möchte ich bemerken, dass man noch heut alle alten Modelle
in den kleinen Holzschiffen und in den Fischerbooten findet.

Wenn man also eine genaue Vorstellung von den Typen der Schiffe der
Alten haben will, so muss man baldigst eine vollständige Untersuchung
eröffnen, um sie wiederzufinden, um ihre Grössenverhältnisse
festzustellen und danach mit Massangaben versehene Zeichnungen
anzufertigen, wie man dies in den Niederlanden getan hat.

Die kurze vergleichende Untersuchung ermöglicht leicht die Feststellung
der gegenseitigen Beziehungen, die zwischen den verschiedenen Völkern
bestehen; sie zeigt, dass die alten, dem südlichen Frankreich, Spanien
und Portugal eigentümlichen Type der Mittelmeerfamilie angehören, d. h.
dem südlichen Mittelpunkt.


[Illustration]




[Illustration: 2]

  Het varen met weijnig volk, het nauw en zober behelpen in leeftochten
  en ons ingeboren zindelijkheid, die de schepen langdurend maekt, doet
  den Nederlantschen scheepvaart bloeijen, en niet het scheepsfatzoen.

  ~Nicolas Witsen~, 1771.[4]


Diese bemerkenswerten Worte sind charakteristisch und zeigen, dass
zum Gedeihen und zur Grösse eines Volkes etwas anderes nötig ist
als bestimmte Schiffsformen. Wenn dem nicht so wäre, sagt ~Witsen~,
so wären unsere Schiffsmodelle unverzüglich von den anderen Völkern
nachgeahmt worden.

Die Nüchternheit und Reinlichkeit sind zwei Haupttugenden unseres
Volkes, was niemand bestreiten dürfte; aber ausser diesen Tugenden
besassen unsere Vorfahren eine Eigenschaft von hoher Bedeutung: die
Holländer waren sparsame Schiffbauer, wie sie es noch heut sind.

Hoffen wir fest, mit vollem Vertrauen, dass dem immer so sein wird, und
dass man niemals an der eigenen Kraft zweifeln wird.

~Witsen~ schreibt, -- was eine gewisse Bedeutung erhält, wenn man
es mit dem Vorhergehenden vergleicht -- dass die behufs Erlernung
der Schiffbaukunst nach Holland gekommenen Fremden bei der Rückkehr
in ihre Heimat unsere Art nicht nachahmen konnten. Ich wundere mich
also keineswegs, wenn diese Fremden schreiben, dass sie weder unsere
Baukunst noch unser Verfahren brauchen könnten.

Manches Schiff, sagt der genannte Schriftsteller, ist im Ausland
analysiert und gemessen worden, aber nie hat man es Punkt für Punkt
nachgeahmt; nie auch haben unsere Schiffbauer dort Lob geerntet.

Was ~Witsen~ darauf über die Engländer sagt, ist ziemlich sonderbar:
«In deze braveeren zij (de Engelschen) opentlijk allen Landaert en
wanen niemant huns gelijk in deze konst te hebben»[5]. Er schreibt dies
wenig günstige Urteil über die Holländer dem Umstand zu, dass in den
Niederlanden nichts über den Schiffbau veröffentlicht ist. Man wird
später sehen, dass man im Ausland tatsächlich ganz anderer Ansicht war.

Manche Angaben bezeugen, dass schon im frühen Altertum die an den
Mittelmeerküsten wohnenden Völker die Schiffahrt gekannt haben. Noch
heut bauen die wildesten und unkultiviertesten Völker, die längs
Strömen und Flüssen wohnen, Fahrzeuge, so primitiv auch ihre Formen
sein mögen. In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts sind mehrere
alte Schiffe in Nordeuropa ausgegraben worden. Alles dies ist geeignet,
uns zu überzeugen, dass alle am Wasser wohnenden Völker die Schiffahrt
gekannt haben und zwar seit den ältesten Zeiten.

Es ist ausserdem wahrscheinlich, dass die Form «Kanoe» die älteste
Form eines Fahrzeuges ist; es ist eine lange und schmale Form, die
natürlich aus dem ausgehöhlten Baum entstanden ist. Die Stange ist das
ursprüngliche Fortbewegungsmittel, das bald durch die Pagai (Schaufel)
und das Ruder ersetzt wurde.

Der Mensch sucht es sich im allgemeinen bequem zu machen; es ist daher
nicht zu verwundern, dass er bald auch den Wind in der Schiffahrt zu
Hilfe gerufen hat, um ihn später als Haupttriebkraft zu verwenden.

Die ältesten Bewohner der Niederlande haben also die Schiffahrt lange
vor der Herrschaft der Römer gekannt, und es ist anzunehmen, dass sie
oft verschiedene Teile ihrer Heimat nur auf dem Wasserwege erreichen
konnten.

Caesar berichtet (~Holmes~, S. 52), dass die Bretonen sich sehr
leichter Schiffe bedienten, die aus einem Gerippe von Lindenzweigen
bestanden, das mit Häuten bespannt war. Andrerseits erzählt der Papst
Marcellin (296 bis 304 n. Chr.), wie sehr die Sachsen wegen ihrer
Beweglichkeit zu fürchten wären und fügt hinzu, dass ihre Schiffe aus
Büffelhäuten beständen, die straff über biegsames Holz gespannt waren.

Neben den langen Ruderschiffen wird es zweifellos sehr früh breitere
und weniger schnelle Schiffe gegeben haben. Diese Schiffe wurden mit
Segeln bewegt. Schliesslich haben sie die Ruderschiffe völlig verdrängt.

Nichts ist von diesen ursprünglichen Fahrzeugen erhalten geblieben.

Die ältesten Bewohner unseres Landes sind bekanntlich aus dem Orient
gekommen; zweifellos kannten sie die Schiffbaukunst; sie werden aber
ihre Modelle den Bedürfnissen haben anpassen müssen, die durch den
Zustand der Schiffahrtsstrassen in unseren Niederungen entstanden.

Man kann also behaupten, dass die Wiege der Schiffbaukunst der
Niederlande sich in der Ostsee befunden hat. Wir wollen also vor allem
unsere Blicke nach der Seite wenden, wo seit der ältesten Zeit die
Schiffbaukunst einen hohen Grad der Vollkommenheit erreicht haben muss.
Das ergibt sich nicht nur aus der Zahl der ausgegrabenen Schiffe,
die der Wikingerzeit angehören, sondern auch aus den in letzter Zeit
vorgenommenen Untersuchungen. Aus diesen Untersuchungen lässt sich
folgern, dass schon im Altertum die nordischen Völker die Nordsee
durchfahren haben müssen. Der schwedische Archæologe ~Montelius~
vermutet sogar, dass es am Ende der Steinzeit schon dauernde
Beziehungen zwischen der Westküste von Schweden und der Ostküste von
England gab.

Lange vor den eigentlichen Wikingerfahrten nach Süden, haben die
Wikinger schon Seefahrten unternommen, und es ist sicher, dass im
Anfang unserer Zeitrechnung die Völker des Nordens Schiffahrt trieben.
~Tacitus~ spricht von mächtigen Flotten der Schweden, die zu seiner
Zeit nicht das Segel, sondern einfach das Ruder verwendeten. Das Werk
«Vesterlandenes indflydelse poa Nordboenes og saerlig Nordmaennenes
ydze Kulture levesaet og sim funds forhold i Vickingetiden af
Alexander Bugge 1905»[6] ist also vollauf berechtigt zu sagen, dass
die Schiffahrt des Nordens ihren Ursprung den suevischen und gothischen
Volksstämmen verdanken dürfte, die an den Ostseeküsten angesiedelt
waren, von wo sie dann zu den Normannen und Dänen gekommen ist.
Wir können wohl hinzusetzen, dass es ebenso mit den Niederlanden,
Grossbritannien, Belgien und einem Teil von Nordfrankreich gewesen ist.

Der berühmte deutsche Philologe und Archæologe Professor N. ~Zimmer~
nimmt an, dass die Normannen die Shetlandsinseln zwischen den Jahren
590 und 644 besucht haben. Diese Annahme ist durch die Untersuchungen
des Dr. ~Jacob Jacobsen~ bestätigt worden, der lange auf den fraglichen
Inseln gelebt hat, um die nordischen Namen der Dörfer zu untersuchen
und andere Spuren der nordischen Sprache aufzusuchen. Dieser Gelehrte
hat ebenfalls gefolgert, dass die Normannen die Shetlandsinseln schon
um das Jahr 700 besucht haben.

[Sidenote: II 75]

Wenn wir diesen Tatsachen gegenüberstellen, was im Mittelmeer vor sich
ging, wo man immer versuchte, am Abend an Land zu gehen, so können wir
ein Gefühl der Bewunderung für die Normannen nicht unterdrücken, die
furchtlos das Meer bis Island und Grönland durchquerten. Ihr Schiffbau
muss schon damals einen ausserordentlich hohen Grad der Vollkommenheit
erreicht haben, was in vollem Masse durch die Bauart der prachtvollen
Schiffe «Oxberg» und «Gokstad» bestätigt wird, die in der Gegend von
Sandefjord aufgefunden sind (Museum der Altertümer von Christiania).

Es ist sonach wenig wahrscheinlich, dass die Völker des Nordens irgend
etwas im Schiffbau bei ihren Fahrten nach Westeuropa gelernt haben.
Im Gegenteil hat dieser Teil Europas, also auch die Niederlande, von
ihnen die Schiffbaukunst erhalten. Erst später spricht man in England
von einer Flotte und einer Marine. (Siehe ~Holmes~, _Ancient and modern
ships_, 1900.)

In der Folge richteten die Normannen ihre Fahrten immer mehr nach
Süden; sie setzen sich in der Normandie fest und bemächtigten
sich Englands. Bei diesen Fahrten lernten sie den Schiffbau des
Mittelmeeres kennen. Selbstverständlich werden sie damals alles
beachtet haben, was hier an Vollkommenem vorhanden war. Es lag dies
zudem in ihrem Interesse. Sie entnahmen insbesondere von den Völkern
Südeuropas den Anker, den diese von den Griechen kennen gelernt
hatten. Das nordische Wort «akkeri», das _Anker_ bedeutet, scheint dem
angelsächsischen «ancor» entlehnt zu sein, das von dem lateinischen
«ancora» stammt. Das Wort «forkr» (Bootshaken) ist ebenfalls
ausländischen Ursprungs; es kommt von dem angelsächsischen «forca» und
dem lateinischen «furca» her.

Die normannischen Schiffsmodelle haben jedoch durch diese Berührung mit
dem Süden keine Veränderung erlitten. Das aussergewöhnliche Leben der
Wikinger, ihre ständigen Seeräubereien lassen den Schluss zu, dass das
Handelsschiff sich nicht bei ihnen vervollkommnet hat, sondern bei den
Völkern, die sich mit dem regelmässigeren Handel befasst haben. Ich
finde es nicht wunderbar, dass diese Entwicklung sich im Nordwesten
Europas vollzogen hat. Es wird sogar von einigen behauptet, dass das
Schiff «Büse», das im Mittelalter allgemein in Gebrauch war, aus der
Normandie gekommen ist und aus dem 11. Jahrhundert stammt.

Zur Unterstützung dieses Satzes dient die Tatsache, dass das Wort
«Busse» (Büse) zu jener Zeit zum ersten Male in den alten Chroniken
erscheint.

J. ~Steenstrup~ hat die Aufmerksamkeit auf die «Butsecarlas» gelenkt
(die in den alten angelsächsischen Chroniken des Jahres 1066 und
in dem Buch von Florant Wigorniensis aus dem Jahre 1052 erwähnt
werden), ein Volk von Seeleuten, das an den Küsten von Hastings und
Yorkshire wohnte. Der letztgenannte Schriftsteller lenkt ausserdem die
Aufmerksamkeit auf den zweiten Teil des Wortes, das der nordischen
Sprache angehört, während das Wort «buza» ziemlich oft in dem
Alt-Nordischen und dem Alt-Schwedischen etwa im 13. Jahrhundert
vorkommt und ein Schiff von stark gekrümmter Form bezeichnet. Dies
Wort ist indessen romanischer Herkunft: es entspricht, wie ich hörte,
dem Alt-Französischen «buse» oder «buce» (aus dem Jahr 1080 etwa); man
glaubt also, dass das Schiff «Büse» aus der Normandie stammt.

Das scheint mir indessen nicht so sicher; es ist nämlich erwiesen, dass
dieselben Schiffsformen sich jahrhundertelang, allerdings unter anderen
Benennungen erhalten haben.

Der Umstand, dass das Wort «buse» (Büse) zum ersten Mal ums Jahr 1080
gebraucht wird, ist also kein Beweis, dass der fragliche Schiffstyp
erst in dieser Zeit aufgetaucht ist. Ich möchte eher glauben, dass das
Modell, um das es sich hier handelt, schon vorhanden war, dass es aber
erst um 1080 mit «buse» oder «buce» (Büse) in der Normandie bezeichnet
ist, wahrscheinlich, nachdem einige unwesentliche Änderungen mit ihm
vorgenommen sind.

Die Schiffbaukunst ist in die Niederlande aus der Nordsee durch die
ältesten Bewohner des Landes, die Friesen und die Sachsen gekommen, die
sie dann ohne jeden fremden Einfluss weiter entwickelt haben.

In dieser Beziehung sind die folgenden Worte ~Witsens~ auf Seite
47 seines bekannten Werkes von wirklicher Bedeutung: «De Vriezen
komt de lof toe van de herstelde scheepsbouw in Nederland, zoo de
meeste schryvers willen»[7]. Es handelt sich tatsächlich um eine
eigene Entwicklung für den Nordwesten Europas; die besonderen und
übereinstimmenden Formen, die man noch jetzt zum grossen Teil von
Dänemark bis Belgien findet, beweisen es vollauf.

Deshalb können wir im Gegensatz zum Mittelmeer oder dem Südzentrum im
Hinblick auf Belgien von einem Nordzentrum sprechen. In weiterem Sinne
hat die Entwicklung der Schiffbaukunst in diesem Nordzentrum begonnen
und hat dann schliesslich ihren Höhepunkt in den Niederlanden erreicht.
England und Frankreich sind uns gefolgt.

Die Schiffbaukunst ist allmählich in den Niederlanden weiter
aufgeblüht, und zwar nur mit einer Unterbrechung in der Zeit, wo
Frankreich durch die Kontinentalsperre herrschte.

[Sidenote: II 72]

Wir kehren nun zu den Schiffstypen zurück. Ich habe schon bemerkt, dass
man einige Wikingerschiffe aufgefunden hat. Man entdeckte eins i. J.
1867 in Haugen und ein anderes i. J. 1880 in Gokstad; schon früher
i. J. 1865 hatte man in Jütland 3 Schiffe gefunden, die aus dem 5.
Jahrhundert zu stammen scheinen. Das grösste von ihnen hat eine Länge
von 70 Fuss.

Man entdeckte ebenfalls ein Wikingerschiff in Charbuw, bei Pommeren.
Die letzte Entdeckung erfolgte in der Umgegend von Oxenberg bei
Christianiafjord in Norwegen (1904).

[Sidenote: II 74]

Alle diese Schiffe sind Ruderschiffe; man konnte sich auf ihnen
aber auch der Segel bedienen, die man an dem in der Schiffsmitte
aufgestellten Mast befestigte.

Die Schiffe sind im Vergleich zu ihrer Breite weniger lang als die
Ruderschiffe des Mittelmeeres; ihre Breite beträgt nämlich ⅕ der Länge.
Sie sind in der Mitte voll, ziemlich flach und werden nach vorn und
hinten schmaler. Der Vorder- und der Hintersteven sind sehr hoch. Ein
an der Seite des Hinterteils befestigtes Ruder dient ihnen als Steuer.

Ihr Bau weicht ebenfalls wesentlich von dem der Mittelmeerschiffe
ab; hier findet man nur Schiffe mit glatten Wänden, während die
Wikingerschiffe übereinandergreifende Planken haben.

Das Schiff «Gokstad» ist eins der schönsten Beispiele dieses Typs; es
ist eingehend beschrieben von ~Holmes~ in seinem schönen Werk «Ancient
and modern ships», S. 55 und folg. Dies Schiff hat eine Länge von 77
Fuss 11 Zoll, eine Breite von 16 Fuss 7 Zoll, und eine Tiefe von 5 Fuss
9 Zoll; es hat ebenfalls übereinandergreifende und genagelte Planken.

[Sidenote: II 76]

[Sidenote: II 80]

Wenden wir uns nun nach Norwegen und betrachten wir dort die
Fischereifahrzeuge, die noch heut in Gebrauch sind; wir werden durch
die Ähnlichkeit betroffen sein, die zwischen diesen Schiffen und dem
Wikingerschiff besteht, sowohl hinsichtlich der Bauart wie hinsichtlich
der Form. Das veranlasst ~Holmes~ zu schreiben (S. 60): «Such an
instance of persistency in type is without parallel in the history of
shipbuilding». (Eine solche Beibehaltung des Typs ist in der Geschichte
des Schiffbaues ohne gleichen).

Wir haben gesehen, dass dies nicht nur in Norwegen vorkommt, sondern
bei allen Völkern. Wir finden es nicht wunderbar, dass die ältesten
Modelle bei den Fischerbooten zu finden sind; keine Klasse ist
konservativer als die der Fischer, die ihre Boote wie ihre Vorfahren
bauen und die sich nur durch die Notwendigkeit zu neuen Formen bewegen
lassen.

[Sidenote: II 103]

Ausser den im Norden aufgefundenen Modellen ist uns wenig von den
älteren Schiffstypen geblieben. Die Beschreibungen und Abbildungen, die
wir besitzen, sind entweder oberflächlich oder unvollkommen. In dieser
Hinsicht ist das Wappen der Stadt Amsterdam die bekannteste Urkunde,
die uns die Niederlande liefern. Das Werk ~Witsens~ enthält auf S. 362
mehrere Abbildungen dieses Wappens aus verschiedenen Zeiten.

[Sidenote: II 112]

[Sidenote: II 105]

[Sidenote: II 110]

~Holmes~ gibt ausserdem die Schiffe wieder, die auf einem alten
Wandteppich von Bayeux (1066) abgebildet sind, wie das «Sandwich
Seal» (Siegel) von 1238, das «Dover Seal» von 1284 und das «Pool
Seal» von 1325 (S. 67 und 68). Die letzteren Siegel stimmen mit der
ältesten Abbildung des Wappens von Amsterdam überein, und das auf ihnen
dargestellte Schiff ist dem der genannten Stadt ziemlich ähnlich. Man
darf auf diese Einzelheit jedoch nicht zu grossen Wert legen, denn
wie der heraldische Löwe wenig einem wirklichen Löwen gleicht, so ist
anzunehmen, dass das heraldische Schiff nicht die treue Abbildung des
Typs ist.

Die alte Bibel mit Abbildungen aus der Zeit von 1200-1220, welche sich
in der Königlichen Bibliothek im Haag befindet und die zu uns von
Nordfrankreich gekommen sein dürfte, enthält auch eine bemerkenswerte
Abbildung; der Typ eines Schiffes, das darin abgebildet ist, gleicht
ebenfalls den vorigen.

[Sidenote: II 112]

Die Übereinstimmung aller dieser Abbildungen gestattet die Folgerung,
dass in Westeuropa nur eine Sorte Schiffe vorzugsweise benutzt
wurde; die deutlich erkennbare Beplankung zeigt überdies das
Übereinandergreifen der Planken.

[Sidenote: II 78]

Aus der Abbildung auf dem Wandteppich von Bayeux geht ausserdem
hervor, dass man sich sehr früh des Segels bedient hat; der Steuermann
eines der Schiffe, die darauf abgebildet sind, hält in der Hand eine
Segelleine. Diese Schiffe haben ausserdem -- was zu beachten ist --
ziemlich vertikale Vorder- und Hintersteven, wie man sie noch heut bei
einigen Fischerbooten Norwegens trifft.

Das «Koggeschiff» (cogue), das Wappenschiff von Amsterdam ist ein
sehr bekannter mittelalterlicher Typ, dessen Bedeutung vom 13.
Jahrhundert ab in West- und Mitteleuropa deutlicher hervortritt, wo
es die hanseatischen Völker, die Hansen und die Friesen erheblich
vervollkommneten.

Dies im Verhältnis zur Länge sehr breite Schiff war schwer besteigbar;
daher liess es sich als Kriegsschiff gut verwenden.

Das «Koggeschiff» scheint älter zu sein als der Hansabund (1250), wenn
man sich an seinen Namen hält, dem man schon vor dieser Zeit begegnet.
So hatten die Einwohner der Niederlande mehrere «Koggeschiffe»
auszurüsten, um die Einfälle der Normannen zu bekämpfen (818-1010).

Das war die Anwendung des Feudalsystems auf die Schiffahrt (siehe ~La
Croix~ S. 88). Diese Politik wurde bekanntlich unter Karl dem Grossen
endgültig eingeführt, der die Friesen im Jahre 785 und die Sachsen
im Jahre 804 unterjochte (J.-C. ~de Jonge~, _Histoire de la marine
néerlandaise_, I. Bd. S. 6).

Natürlich setzte man alles ins Werk, um dem zu entgehen. Eine
Verordnung des römischen Königs Otto I (936-973) legt einen Zehnten auf
die Koggeschiffe (Kogschuit), dessen Ertrag dem Bischof von Utrecht
zufiel. Es war dies das Lösegeld für die Verpflichtung, dem Fürsten
mit den Koggeschiffen zu dienen. Diese Verpflichtung scheint im Grunde
besonders die an der jetzigen Zuiderzee liegenden Gegenden betroffen zu
haben. (~de Jonge~, Bd. I S. 7.)

Das Koggeschiff erscheint zum erstenmal in Deutschland erst im Jahre
1211, als der Kaiser Otto IV. den Einwohnern von Wismar erlaubte, zwei
Koggeschiffe (Cogken) und soviel kleine Schiffe zu unterhalten, als sie
wünschten.

Einige behaupten, dass das Wort «Cogue», im Altnordischen «Kuggr» vom
italienischen «cocca», vom spanischen «coca» oder vom altfranzösischen
«coche» kommt und meinen demnach, dass das Koggeschiff romanischen
Ursprungs sei. Das ist nicht wahrscheinlich; das Koggeschiff ist
ein Schiffstyp, der dem alten Wikinger-Schiff nachgebildet und den
Sonderverhältnissen der Schiffahrtstrassen und den Niederungen
Nordwesteuropas angepasst ist. Es war also solide gebaut, d. h. breit
und voll, um es leicht an Land ziehen zu können.

Das Koggeschiff war tatsächlich im Mittelmeer unbekannt; das ergibt
sich übrigens aus dem, was der Geschichtsschreiber ~Florentin Villani~
gelegentlich der Schlacht von Zieriksee davon erzählt. Wenn dies Schiff
ein Muster aus dem Mittelmeer gewesen wäre, so hätte der genannte
Schriftsteller die Aufmerksamkeit nicht besonders darauf gelenkt. Das
Koggeschiff gehört also wohl nach Nord- und Westeuropa; es verdankte
seine Vervollkommnung den Friesen und besonders den Flamändern.

[Sidenote: II 103]

[Sidenote: II 97]

[Sidenote: II 98]

Im 13. Jahrhundert war das Koggeschiff schon allgemein im Gebrauch, und
man kann annehmen, dass die Normannen es schon zur Zeit der Wikinger
kannten. Leider ist nicht viel davon übrig geblieben. Die ältesten
Abbildungen, die wir von ihm besitzen, sind die auf den Siegeln von
Amsterdam und Harderwyk. Aber das Schiff, das auf dem Wappen der
ersteren Stadt abgebildet ist, hat sehr viele Veränderungen im Laufe
der Jahrhunderte durchgemacht. Es ist eine schlecht hergestellte
Zeichnung, wie ~Witsen~ bemerkt, der diese mangelhafte Herstellung der
Unkenntnis der Wappenstecher zuschreibt. (~Witsen~, S. 363.)

[Sidenote: II 108]

Das Wappen von Harderwyk stimmt mit dem von Damme überein. (~Jal~,
_Gloss. nautique_ S. 1051); zweifellos zeigen uns die beiden Siegel
dasselbe Schiff (der einzige Unterschied besteht darin, dass das Schiff
von Damme 2 Aufbauten hat). Wenn also, wie ~Witsen~ behauptet, das
Schiff von Harderwyk ein Koggeschiff ist (~Witsen~, S. 364, 2. Spalte
unten), so muss es ebenso das von Damme sein.

Was die Siegel von Amsterdam betrifft, so bemerkt ~Witsen~ ausserdem,
dass das älteste nicht vor dem Jahre 1200 angefertigt sein kann, da
Amsterdam vor dieser Zeit nicht den Rang einer Stadt besass. Er fügt
hinzu, dass man auf diesem Wappen klar sieht: «hoe het met de bouwery
der Kog-schepen oulinx heeft gestaen en hoe haer gestalte steeds is
veranderd met den tyd, gelijck men ook hedens-daegs (dus ten tyde van
dien schryver) de gestalten der schepen steeds veranderen ziet» (blz.
364)[8].

Der Rumpf der Koggeschiffe hatte übereinandergreifende Planken.

Die meisten Abbildungen zeigen uns nur ein Vorderteil mit abgerundeter
Form. Man kann also annehmen, dass das auf dem Wappen von Harderwyk
dargestellte Schiff eine Abart des gewöhnlichen Koggeschiffs ist. Es
ist zu bemerken, dass alle alten Modelle von holländischen Schiffen wie
das Koggeschiff ein leicht abgerundetes Vorderteil ohne Galion zeigen.

[Sidenote: II 124 u. s. w.]

Alle alten flämischen Stiche aus dem 15. Jahrhundert zeigen
verschiedene Schiffstypen, und sonderbarerweise hat keins von diesen
den Namen Koggeschiff. Indessen zeigen uns alle diese Stiche gedrungene
Schiffe mit rundem Vorderteil, die sicher von den Koggeschiffen
abzuleiten sind.

[Sidenote: II 190]

Man findet sogar eine Abbildung aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts,
die ein seeländisches Koggeschiff darstellt. Vorder- und Hinterteil
haben dort gleiche Form; es ist indessen anzunehmen, dass das
Vorderteil breiter gewesen ist mit Rücksicht auf die Stelle, an der
sich der Mast befand, und die auf etwa ein Drittel der Schiffslänge
vom Vordersteven aus gerechnet liegt; dieser letztere sowie der
Hintersteven sind gekrümmt; die Ruderpinne geht durch ein Gehäuse; der
Mast ist stark geneigt, wie es die Verwendung der alten Spriete wollte.
Das Schiff hat ausserdem Schwerter.

Die Zeichnung lässt nicht deutlich erkennen, ob die Planken des Rumpfes
übereinander greifen. Es ist wohl möglich, dass die Wände glatt gewesen
sind, denn zu jener Zeit war diese Bauart schon üblich. Das Schiff hat
keinen Spiegel; der Rumpf ist mit konvexen Planken bedeckt.

[Sidenote: III 115]

[Sidenote: III 116]

Zweifellos stammt dies seeländische Koggeschiff von dem ursprünglichen
Koggeschiff. Wir können annehmen, dass dies Fahrzeug etwas breitere
Enden hatte; der Mast dürfte in der Mitte gestanden haben; richten
wir den Mast in der Mitte auf, ersetzen wir das Steuer durch ein
Steuerruder, lassen wir die Schwerter fort und denken wir uns die
Wände klinkerweise hergestellt, so werden wir eine Vorstellung von
dem Koggeschiff haben; dann aber erhält unser «Bom» eine ganz andere
Bedeutung. Dies letztere Schiff ist bekanntlich in den letzten Jahren
erheblich vergrössert worden und hat an seinen Enden an Breite
gewonnen, um die Fassungskraft zu vermehren. Das sieht man klar,
wenn man das Vorderteil eines «Bom» mit dem Vorderteil der Barke
vergleicht, die zum Krabbenfang dient. Diese letztere zeigt noch die
alten runden Formen und hat im Verhältnis zu ihrer Länge eine geringere
Breite.

[Sidenote: III 112]

Wir können also annehmen, dass der Bom weniger eckige Enden und ein
höheres Vorder- und Hinterteil hatte, also etwas mehr gekrümmt war als
die früheren Schiffe; wir erhalten so ein Schiff, das mit seinen Wänden
aus klinkerweise an einander genagelten Planken sich wenig von dem
alten Koggeschiff unterschied, und sofort erklären wir uns den Ursprung
eines alten Schiffstyps, den man noch als eine Seltenheit in unserer
Fischereiflotte findet.

So geändert unterscheidet sich der «Bom» nicht mehr so sehr von der
«Egmonder Pink», die von ~Witsen~, S. 168, beschrieben und gezeichnet
wird; es dürfte sogar erlaubt sein zu sagen, dass er aus jener
entstanden ist. So erklärt es sich, dass noch heutzutage die «Bommen»
oft «Pinken» genannt werden.

Ein im Gemeindemuseum des Haags aufbewahrtes Bild stellt übrigens
den Strand von Scheveningen dar, der nicht mit «Bommen» sondern mit
«Egmonder Pinken» bedeckt ist.

Wir werden darauf zurückkommen, wenn wir von den Fischereifahrzeugen
sprechen werden.

[Sidenote: II 243]

Die Barken für den Krabbenfang erfuhren weniger Abänderungen; daher
unterscheiden sie sich auch, abgesehen von dem Spiegel, der später auf
ihnen angebracht wurde, weniger von der Egmonder Pink, die sich endlich
fast vollständig in der Ostender Fischerbarke wiederfindet, wie schon
~Lelong~ in seiner _Encyclopédie d’Architecture navale_, S. 17, bemerkt
hat.

Einige Bommen haben noch im 19. Jahrhundert auch als Küstenwachtschiffe
gute Dienste leisten können. Nichts beweist, dass sie schon zur
Zeit Witsens vorhanden waren; es scheint nicht so, denn dieser
Schriftsteller erwähnt sie nicht; er begnügt sich mit der Bemerkung,
dass man ausser den Egmonder Pinken auf dem Strande andere
Fischerbarken fand, die viel kleiner waren und nur Besan-Segel
besassen. Wenn diese Barken durch ihre Formen sich viel von den Pinken
unterschieden hätten, so hätte er meines Erachtens sicher davon
gesprochen. (S. ~Witsen~, S. 168, 2. Spalte.)

[Sidenote: II 187]

Der Zeichner, der das seeländische Koggeschiff nachbildete, hat uns
auch die Zeichnung eines «Deghbootes» hinterlassen, das wie das erste
aus Seeland stammte. (~Witsen~, S. 120, 2. Spalte.) Dieses Fahrzeug
gleicht sehr jenem Koggeschiff. Der Vordersteven ist etwas länger, die
«Statie» ist nicht geschlossen, und es sind keine konvexen Lukendeckel
vorhanden. Nur die Takelung weicht vollständig von derjenigen der
«Pink» ab, und alles lässt darauf schliessen, dass sie aus dem Süden
stammt.

[Sidenote: II 189]

[Sidenote: II 188]

Derselbe Zeichner bringt eine Abbildung eines Brabanter «Heude»
oder «Heu», den man kleine seeländische Kogge nennen könnte. Es
scheint indessen auch grössere «Heuden» gegeben zu haben, wenn man
der Abbildung des «Heu von Brüssel» folgt, eines Fahrzeugs, das zwei
Kanonen trug. Diese Abbildung lässt keinen Schluss auf die Form des
Schiffes zu.

Es dürfte hier zu bemerken sein, dass man sehr vorsichtig in Bezug
auf diese verschiedenen Benennungen sein muss, die Anlass zu vielen
Verwirrungen gegeben haben; ein Beispiel hierfür ist die berühmte
Besprechung, die im Jahre 1902 und 03 in Groningen über die Frage
stattfand, was ein «Pram» ist.

Die Kreuzzüge, die im Jahre 1096 begannen, haben in hohem Grade zur
Vervollkommnung des Schiffes beigetragen; das gleiche gilt von der
Erfindung des Kompasses in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.
(~Holmes~, S. 66.) Der Handel und die Schiffahrt nahmen einen immer
grösseren Aufschwung, sodass im 13. Jahrhundert Damme der Stapelplatz
für Nordeuropa wurde. Italien, Spanien und Frankreich brachten ihre
Erzeugnisse zu uns. Die alten Seegebräuche von Damme wurden später die
Quelle des Seerechts in Holland, im Norden Deutschlands (~Koenen~, S.
50), in Schweden und in Dänemark.

Es werden Handelsverträge mit den Hansestädten geschlossen, und im
Jahre 1252 stellt man Tarife auf. (~Koenen~.) In diesen Tarifen spricht
man von «Losbogen, Scharpoise, Eenvaren», Barken mit hohem Bord und
Heckbooten. Man findet diese Benennungen in einem Vertrag, der zwischen
dem Herrn von Kuyck und dem Herrn von Dordrecht geschlossen wurde, um
einen Streit über den Zoll in Kuyck zu schlichten.

Unter «Losbogen» versteht man die Schiffe, die von vorne oder vom
«Booge» entladen wurden, wie dies noch auf den Schiffen geschieht, die
Holz befördern.

Zu den «Scharpoise» oder «Escarpoise» rechnet man die Barken, die auf
der Scharpe, einem Nebenfluss der Schelde, in Gebrauch waren.

Die «Eenvaren» waren Fahrzeuge, die von einem einzigen Schiffer geführt
wurden, während die «Heckboote» Schiffe mit Spiegel waren.

Diese Benennungen werden genügen, um zu beweisen, dass es frühe
verschiedene Arten von Fahrzeugen gegeben hat, und dass neben der
«Kogge» andere, wenn auch kleinere Schiffe vorhanden waren.

Ursprünglich steuerte man die «Kogge» mit dem Ruder wie alle anderen
Schiffe; erst im 13. Jahrhundert wurde diese Art allmählich aufgegeben,
und das Ruder wurde vom Steuer verdrängt.

Man kann für Holland nicht die Zeit bestimmen, zu der dieser Wechsel
stattfand; die verschiedenen Wappen von Amsterdam können hierfür keine
Aufklärung geben. Auf mehreren von ihnen hat nämlich das Schiff kein
Steuer, zweifellos um symbolisch anzudeuten, dass man nach allen Teilen
der Erde schiffen könnte (~Witsen~, S. 634), und dass von Amsterdam
Schiffe nach allen Gegenden der Erde fuhren.

Es ist trotzdem anzunehmen, dass das Steuer ebenfalls im 13.
Jahrhundert in Holland eingeführt ist.

Einige haben behauptet, dass zwischen der Einführung des Kompasses und
des Steuers eine Beziehung bestanden hat; letzteres musste angenommen
werden, als man mit Hilfe des Kompasses immer weitere Fahrten
unternehmen konnte.

Ich meinerseits glaube nicht, dass die geringste Beziehung zwischen
Kompass und Steuerruder bestanden haben kann; die Normannen fuhren
nämlich schon durch die Nordsee, bevor das Steuer bekannt war.

Die ältesten Abbildungen der «Kogge», wie primitiv sie auch sein
mögen, haben in der Mitte einen Mast mit Takelung. Ich kenne keine
Abbildungen, die Ruder zeigen. Man kann also sagen, dass die Takelung
die Hauptausrüstung war, und dass die Ruder, deren Zahl auch auf den
grössten Koggen höchstens 32, also 16 auf jeder Bordseite betrug, nur
zur Zeit von Windstille benutzt wurden. Das geschieht noch heut auf den
kleineren Fahrzeugen, wie den «Tjalken».

Die Ruder waren also nur nebensächlich, entgegen dem, was man auf
den Galeeren sieht, wo die Ruder die Hauptsache und die Takelung die
Nebensache war. Das ist der Grund, aus dem man im Gegensatz zu der
Kogge keine Abbildungen von Galeeren ohne Ruder findet.

Man gibt also ohne Grund den «Koggen» manchmal den Namen «Galeeren».
Diese haben sich niemals in den Niederlanden einbürgern können. ~De
Jonge~ hat schon auf die Ungenauigkeit der Stelle hingewiesen, wo der
Verfasser der Annexe _Op Wagenaar_, Bd. 3, S. 50, erzählt, dass die
1100 gegen Antwerpen von Graf Wilhelm III. geschickten Schiffe fast
ausschliesslich Galeeren waren.

In der Geschichte der Niederlande ist jedoch von Galeeren die Rede,
aber nicht von dem Mittelmeertyp. Ihre Zahl ist beschränkt gewesen; sie
wurden nur auf Strömen und Flüssen verwendet.

[Sidenote: II 145]

Ein Stich aus etwa 1600, der die Schelde vor Antwerpen darstellt, sowie
eine Ansicht von Gouda zeigen uns eine derartige Galeere.

Diese Galeeren waren nur grosse Ruderschiffe, ein wenig länger als die
gewöhnlichen Barken (~de Jonge~, Bd. 1, S. 80) und hatten höchstens
32 Ruder. Die grösste niederländische Galeere diente dem Schutz von
Amsterdam und hiess der «Schrecken der Zuiderzee».

Die in den Seeschlachten verwendeten Galeeren sind zu uns aus dem Süden
gekommen.

Wer den holländischen Nationalcharakter kennt, wird sich nicht wundern,
dass die Galeere in Holland keinen Erfolg hatte. Da die Beschäftigung
auf der Galeere als verächtlich galt, so fand man keine freiwilligen
Ruderer; Sklaverei gab es nicht, da sie frühzeitig abgeschafft war. (s.
~Witsen~, S. 194, 1. Spalte.)

Die Koggeschiffe behielten nun nicht ihre einfachen Formen, die wir
beschrieben haben. Die fortwährenden Kriege, die zur Errichtung fester
Burgen im Mittelalter führten, veranlassten den Bau fester Teile auch
auf den Schiffen, und so sehen wir, wie sich allmählich bei uns
ebenfalls jene Kastelle entwickelten, die sich vorn und hinten auf den
Schiffen erhoben. Die Siegel von Amsterdam liefern hierfür ein Beispiel.

Die militärische Taktik beeinflusste natürlich die Bauart der Schiffe.
Die Kreuzzüge und der darauf folgende Verkehr mit den Völkern des
Mittelmeeres, denen die Kastelle schon bekannt waren, lehrten auch
uns die Aufbauten kennen. Wenn es beim ersten Treffen nicht gelang,
das feindliche Schiff in den Grund zu bohren, so enterte man, um Mann
gegen Mann zu kämpfen. Nunmehr war derjenige Sieger, der die festesten
Schiffe besass und sich hoch aufstellen konnte, um seine Pfeile auf den
Feind abzuschiessen. Was war somit natürlicher, als auf den Schiffen
die festen Kastelle mit ihren zinnengekrönten Türmen nachzuahmen. Wenn
der Feind das Deck betrat, so zog man sich in die Kastelle zurück. Man
darf sich also nicht wundern, wenn man auf den Masten die alten Marsen
findet und wenn man hört, dass man sogar die kleinen Boote emporzog, um
von dort den Gegner sicherer unter einem Hagel von Pfeilen und Steinen
zu zerschmettern (~de Jonge~, Bd. I, S. 20).

Es ist begreiflich, dass die abnehmbaren Aufbauten nicht den
Erwartungen entsprochen haben, und dass man von nun ab bald dahin kam,
das Kastell und das Schiff fest miteinander zu verbinden, daher das
erhöhte Vorder- und Hinterteil.

Bei dieser Bauart sind Portugal und Spanien, die das Mittelmeer
nachahmten, uns vorangegangen.

Wir sehen so das Schiff des 16. Jahrhunderts sich allmählich entwickeln
und wir verstehen, wie zwischen den vorn und hinten befindlichen
Aufbauten der mittlere Teil niedrig blieb.

Anfänglich gab es kein Deck. Daher überdeckte man den mittleren Teil,
um ihn gegen die Steine und sonstige Wurfgeschosse zu schützen, mit
einem hölzernen Gitterwerk (siehe u. a. ~Witsen~, S. 51, 2. Spalte),
während die Borde des Schiffs mit Zinnen versehen waren, die mit Zinn
beschlagen waren, um beim Entern das Erklettern zu erschweren.

[Sidenote: II 105]

[Sidenote: II 106]

[Sidenote: II 109]

Die englischen Siegel, die feiner und künstlerischer geschnitten
sind als die unsrigen, geben eine ausgezeichnete Vorstellung von
der fortschreitenden Entwicklung der Aufbauten. Fünf davon zeigen
Schiffswände, die klinkerweise genagelt sind, während das Siegel der
Stadt «Poole» deutlich Bolzen erkennen lässt. Die Kastelle sind in
ihren aufeinanderfolgenden Entwicklungsabschnitten so klar dargestellt,
dass man keiner Erklärung bedarf. Das Ruder, zum Lenken, welches auf
dem ältesten Siegel dargestellt ist, ist auf den anderen durch ein
Steuer ersetzt. Das Siegel von Boston hat einen gut gebauten Dreimaster
mit glatten Borden.

[Sidenote: II 110]

[Sidenote: II 100]

Alle diese Siegel, ausgenommen dies letztere, zeigen die Formen der
«Koggeschiffe», was wiederum die Gleichartigkeit der Schiffstype in
Nordwesteuropa beweist. (~Holmes~ versichert auf S. 70 seines Werkes,
dass das Siegel von Poole die älteste englische Darstellung eines
Schiffs mit Steuer ist; 1325.)

Wie gesagt, war die Einführung des Kompasses das Zeichen zum Aufgeben
der Küstenschiffahrt und ermöglichte weitere Fahrten. Man berichtet
nämlich in «Reygersberghs Chronyk van Zeelant» (herausgegeben von
~Boschborn~) Bd. II, S. 212, dass ums Jahr 1440, nachdem der Gebrauch
des Kompasses kaum allgemein eingeführt war, die Seeländer sich mehr
und mehr nach Süden, nach Portugal und Spanien wandten.

Früher erschienen diese Länder so fern, dass man vor Beginn einer Reise
nach diesen Ländern beichtete und die heiligen Sakramente nahm.

Zur selben Zeit wie die Erfindung des Kompasses beeinflusste ein
anderes Ereignis in eigentümlicher Weise den Schiffbau; es war die
Erfindung des Schiesspulvers, somit die Einführung der Artillerie.

Die Geschichte der Niederlande spricht zum ersten Male von der
Verwendung der Artillerie bei der Unternehmung des Herzogs Albert gegen
die Friesen i. J. 1396. Man hat sich derselben anscheinend bei der
Belagerung des Schlosses Rozenburg i. J. 1351 bedient. (~de Jonge~ Bd.
I, S. 28.)

Weder in der Schlacht an der Schleuse, noch bei den Seefahrten des
Königs Richards III. benutzte man Kanonen. Im 14. Jahrhundert jedoch
waren diese an Bord der Schiffe allgemein in Gebrauch. (~Holmes~,
Seite 71.) Wir werden uns also nicht wundern, dass die Genuesen und
Venezianer im Süden, die Hansestädte im Norden, die die Meister in
Handel und Schiffahrt waren, zuerst Kanonen einführten. (~de Jonge~ Bd.
I, S. 29.)

Die Artillerie veränderte natürlich die Kriegstaktik, und man
kann sagen, dass der militärische Wert der Schiffe von der Zahl
ihrer Kanonen abhing. Man baute also schliesslich Schiffe, die
ausschliesslich zum Kriegführen bestimmt waren, und man musste die
Praxis des Mittelalters aufgeben, die darin bestand, Kauffahrteischiffe
als Kriegsschiffe zu verwenden.

Die vereinigten Provinzen entschlossen sich nicht sogleich,
besondere Schiffe zu bauen. Man musste also die Grössenverhältnisse
der vorhandenen Type vermehren, um eine grössere Zahl von Kanonen
aufstellen zu können. Der Unterschied zwischen den Seeschiffen und den
Binnenfahrzeugen trat immer deutlicher hervor. Es war augenscheinlich
das Kriegsschiff, das sich am meisten von den alten Formen unterschied
und zwar aus dem Grunde, dass man es jeder Änderung unterzog, die von
dem Feinde als zweckmässig eingeführt war.

[Sidenote: II 145]

Die ersten Kanonen sind nicht allzu furchtbar gewesen; ein Beweis
hierfür ist, dass die Bedeckung der Kabinen und Kastelle geneigt
war, wie die Dächer, um die vom Feind geschleuderten Bomben leichter
herabrollen zu lassen.

Der Name «Koggeschiff» verschwindet in dem Masse, wie die Schiffe
wachsen. Diese heissen am Ende des 14. Jahrhunderts und während des
15. Jahrhunderts allgemein «Hulken» und «Baertzen» und sind im ganzen,
wie ~Witsen~ sagt, nur Schiffstype, die früher bei uns im Gebrauch
waren. Die Hulk, fügt er hinzu, das grössere der beiden, segelte nach
den entfernten Gegenden; seine Tragkraft erreichte manchmal 200 Last.
(~Witsen~ S. 494, 2. Spalte.)

Die «Baertze», sagt derselbe Autor, war ein Schiff, das man sowohl für
die Küstenverteidigung wie für den Seekrieg ausrüstete. I. J. 1518
baute man noch eine sehr grosse Baertze, die mit Segeln fuhr, die
man aber bei Windstille auch rudern konnte. (s. ~Witsen~, S. 483, 1.
Spalte.)

Diese beiden Type waren also Handelsschiffe, von denen die Baertze
besonders für Kriegszwecke verwendet wurde. Ihre Ausrüstung umfasste
auch Ruder, die man benutzte, wenn sich der Wind legte.

[Sidenote: II 124]

[Sidenote: II 131]

Auch im 15. Jahrhundert gab es keine ausschliesslich für den Krieg
erbauten Schiffe. Dies Jahrhundert hat uns sehr schöne Nachbildungen
flämischen Ursprungs hinterlassen. (s. «Der Meister W. A.» von ~Max
Lehr~, 1895, S. 1.) Nur drei dieser Schiffe tragen einen Namen, die
«Baertze», die «Barke» und die «Kraeck».

Alle dort dargestellten Schiffe zeigen dieselben Merkmale und
unterscheiden sich von einander nur durch ihre Takelung. Sie sind voll,
wie man sehen kann, und ihr Vordersteven ist gekrümmt, ihr Hintersteven
abgerundet; sie haben also keinen Spiegel.

[Sidenote: II 127]

Ausser der «Kraeck» hat keins dieser Schiffe Artillerie; alle haben
indessen ein Kastell vorn und hinten, das noch recht einfach gebaut
ist; nur die «Kraeck» hat Fenster in dem später «Fronton» genannten
Teil.

Alle Aufbauten der dargestellten Schiffe ausser denen der «Kraeck» sind
oben offen. Dies letztere Schiff ist zweifellos das grösste; schon sein
Name weist auf einen Schiffstyp hin, dessen starke Bauart und Gestalt
ihren Ursprung in der spanischen «Karake» haben dürften; daher der Name
«Kraeck».

[Sidenote: II 64]

Die Form dieses Schiffes weicht nun kaum von der der anderen ab; das
Vorderteil besonders nähert sich mehr dem holländischen Typ als dem der
spanischen «Karake» oder des «Galion». (Vgl. die Abbildung in dem Werk
von ~van Yk~, S. 9.) Es ist also anzunehmen, dass die «Kraeck» sich nur
durch die grösseren Aufbauten, eine stärkere Takelung und die Grösse
unterschieden haben wird.

Die «Barke» und die «Baertze» ebenso wie die anderen Abbildungen geben
uns einen Begriff von dem holländischen Schiff des 15. Jahrhunderts.
Unter diesen Schiffen finden wir keine «Hulken», deren Wandungen
klinkerweise genagelt waren, (~Witsen~, S. 496, 1. Spalte, Karavelle),
während wir auf allen uns interessierenden Abbildungen nur Schiffe mit
glatten Bordwänden sehen.

Ausser den «Hulken» gab es «Razeilers» und «Krayers», deren Wandungen
ebenfalls klinkerweise genagelt waren. Wir finden also hier die alte
Bauweise der «Koggeschiffe», und man kann behaupten, dass wir Schiffe
vor uns haben, die ihren Ursprung diesem Schiffstyp verdanken und
nur deshalb einen anderen Namen führen, weil sie sich durch einige
Einzelheiten der Takelung und der Aufbauten unterscheiden.

Eine der flämischen Miniaturen aus dem 15. Jahrhundert ist eine sehr
bemerkenswerte Darstellung eines derartigen Schiffs. Man sieht das
Koggeschiff mit Planken, die klinkerweise genagelt sind; nach der Sitte
des Mittelalters hat das Schiff drei Maste mit Marsen, einen Aufbau
vorn und hinten und Artillerie; es hat keine Stückpforten.

[Sidenote: II 118]

Die «Koggeschiffe», die im 13. Jahrhundert allgemein gebräuchlich
waren, wurden im 14. Jahrhundert durch die «Krayers» und die «Hulken»
ersetzt, die ihrerseits im 15. Jahrhundert den «Barken», «Baertzen»
u. s. w. weichen mussten.

Erst in diesem letzteren Jahrhundert verschwinden bei den grossen
Schiffen die klinkerweise genagelten Wandungen, um den glatten
Bordwänden Platz zu machen, einer Bauart, die bei uns infolge unserer
Beziehungen zu den Völkern des Mittelmeeres eingeführt wurde.

Eine alte von D. ~Velius~ geschriebene Chronik von Hoorn erzählt uns,
dass diese Arbeitsweise zum ersten Mal von «Juliaan» in Zierikzee
erwähnt und i. J. 1460 in Hoorn eingeführt wurde. Die in dieser Art
gebauten Schiffe hiessen «Karwiel» oder «Kraweel» oder «Karveel»
(~Witsen~, S. 486, 1. Spalte), und ihr Typ dürfte nach diesem Autor der
lateinischen Bark «Carabus» nachgeahmt sein. ~De Jonge~ seinerseits
(Bd. I, S. 76, Anmerkung) bemerkt, dass «Juliaan» wohl italienischer
Herkunft gewesen sein könnte.

~Witsen~ gibt von dieser «Karwiel» eine Beschreibung, die beachtenswert
ist; sie hatte ein ziemlich schmales Vorderteil, ein breiteres
Hinterteil, in der Form eines Meissels, mit anderen Worten spitzere
Formen, wodurch sie sich von den in Holland gebräuchlichen Schiffstypen
unterschied.

Wir würden also nicht nur eine bestimmte Bauart vor uns haben, sondern
auch ein bestimmtes Modell, das aus dem Mittelmeer zu uns gekommen
ist. ~Jal~ behauptet übrigens in seinem _Glossaire nautique_, S. 419
und 420, dass es schon i. J. 1307 im Mittelmeer Karavellen gab, die
jedoch kleiner waren als die Schiffe, die Vasco da Gama und Columbus
benutzten. Hierüber sagt dieser Schriftsteller: «Die Karavelle war
ein kleines Fahrzeug aus der Familie der runden Schiffe, aber feiner
in der Form als die gleichzeitigen Schiffe; sie war auch feiner
gearbeitet. Daher war sie auch schneller, liess sich besser bewegen und
war geeigneter für alle Unternehmungen, die Schnelligkeit während der
Fahrt und grosse Geschwindigkeit bei den Bewegungen erforderten.» Diese
Karavellen sind nicht als «Kraeck» in Gebrauch geblieben; mit diesem
Schiff kommen wir also zu der Zeit, wo der gegenseitige Einfluss beider
Mittelpunkte fühlbar wird.

[Sidenote: II 119]

[Sidenote: II 117]

Zwei andere kleine flämische Bilder zeigen uns deutlich den Unterschied
zwischen dem holländischen und dem fremden Typ; sie stammen aus dem
Jahre 1482 bzw. 1488. Das erste lässt den reinsten holländischen Typ
erkennen; das zweite weist glatte Bordwände auf. Diese Bauweise war
also bei uns schon im 15. Jahrhundert angenommen.

Die Schiffe haben jedoch noch keinen Spiegel, und ihr Hinterteil ist
abgerundet, nach der alten Art. Im allgemeinen waren sie klein, so dass
wohl unsere jetzigen auf der See verwendbaren «Tjalken» sich mit ihnen
vergleichen liessen. Sie hatten eine Tragkraft von 160, 180 und 200 t
oder 80, 90 und 100 Last. Es gab aber auch solche zu 220, 230 und 240 t
(110, 115 und 120 Last). (~de Jonge~ Bd. I, S. 80.)

Die «Karavellen» und die «Kraecken» erscheinen im 17. Jahrhundert
nicht mehr. Zu dieser Zeit findet man keine Type mehr, die von dem
gewöhnlichen holländischen Typ abweichen, so dass man mit Recht sagen
kann, dass es den beiden vorgenannten Typen nicht gelungen sei, sich
bei uns einzubürgern. Wir werden im Gegenteil sehen, dass die Schiffe
mit vollen Formen immer mehr eingeführt werden.

Der Name «Koggeschiff» kommt also im 15. Jahrhundert nicht mehr
vor. Der Typ bestand aber weiter. Aus dem Koggeschiff entstanden
die «Hulken» und aus diesen die «Baertzen». Wenn auch abgeändert
blieb die erste Form, d. h. das volle Schiff, in Gebrauch. Nur eine
Eigentümlichkeit verschwand: der schlanke Vorder- und Hintersteven,
eine Erinnerung an das alte Wikingerschiff, die man auf allen im
Nordwesten Europas von Dänemark bis einschliesslich Nordfrankreich und
England vorhandenen Abbildungen wiedertrifft.

Die Takelung entwickelte sich; an die Stelle des einen Mastes traten
drei aus einem Stück bestehende, jeder mit einem Mars und einem grossen
Segel versehen. Das Tauwerk wird verstärkt, und am Ende des 15.
Jahrhunderts finden wir Rüsten. Längst ist das alte Stangenruder zum
Steuern des alten «Koggeschiffs» durch das Steuer ersetzt.

Es würde ungenau sein, die von dem Meister W. A. dargestellten
Schiffe «Koggeschiffe» zu nennen, wie dies ~Arenhold~ in seinem Werk:
«Die allmähliche Entwicklung des Segelschiffs von der Römerzeit bis
zur Zeit der Dampfer», S. 650, _Jahrbuch der Schiffbautechnischen
Gesellschaft_ 1906, tut. Immerhin handelt es sich um Formen, die von
dem «Koggeschiff» stammen. Es handelt sich also nicht um neue Formen,
die sich neben den alten entwickelt hatten.

Befragt man die Geschichte, so wird man nicht erstaunen, dass gerade
im 15. Jahrhundert die Wirkungen der Berührung der beiden Mittelpunkte
auftreten.

Die Kreuzzüge (1096-1291), die eine grosse Annäherung zwischen den
Völkern brachten, waren zu Ende gegangen. Der hanseatische Städtebund,
geschlossen i. J. 1250, hatte unseren Handel auf der Ostsee wunderbar
aufblühen lassen. Die Friesen insbesondere widmeten sich der
Schiffbaukunst, aber die Bewohner von Flandern liessen sich doch nicht
überholen.

Im Jahre 1339 brach dann zwischen Frankreich und England der
hundertjährige Krieg aus, der das letztgenannte Land bewog, sich
tatkräftiger mit dem Bau von Schiffen zu beschäftigen als bisher.

Einer der berühmtesten Kämpfe dieser Zeit ist die Seeschlacht an der
Schleuse (1340), in der die englische, aus 200 Schiffen bestehende
Flotte unter dem Befehl König Eduards III. die französisch-genuesische
Flotte vollständig vernichtete. Diese 190 Schiffe starke Flotte bestand
aus runden Fahrzeugen, Galeeren, Barken und einer grossen Zahl kleiner
Schiffe. Einige Geschichtsschreiber behaupten sogar, dass sie 400
Schiffe umfasste. (~Holmes~, S. 71.)

Die Engländer verloren in dieser Schlacht 4000 Mann und die Franzosen
25000, was zu dem Schlusse führt, dass die Franzosen und Genuesen eine
grosse Zahl Galeeren besassen.

Im Jahre 1345 ging Eduard III. wiederum nach Frankreich, an der Spitze
einer Flotte von 1000 bis 1100 Schiffen, und i. J. 1347 wurde ein
dritter Zug in Verbindung mit der Belagerung von Calais gegen dieses
Land unternommen.

~Holmes~ (S. 72) erzählt, dass die meisten Schiffe, aus denen die
Flotte bestand, die damals mit 745 Einheiten in den französischen
Gewässern erschien, von England gekommen wären; sie hatten 15895
Mann an Bord; die anderen Fahrzeuge dürften von Flandern und Spanien
geliefert worden sein.

Die Zahl der Mannschaften, die oben genannt ist -- 21 Mann auf das
Schiff -- besagt zur Genüge, dass im allgemeinen die Fahrzeuge
verhältnismässig klein waren. Wir können uns also keine bessere
Vorstellung von dieser Flotte machen als die, welche uns die alten
Stiche geben, auf denen die Ausfahrt einer Fischereiflottille von Büsen
und einigen «Noordvaarders» abgebildet ist.

Die Kastelle, die die Schiffe jener Zeit hatten, waren klein und nicht
für die Dauer aufgebaut.

Die zur Erinnerung an die Schlacht bei der Schleuse geschlagene
Medaille zeigt ebenfalls eine Kogge oder wenigstens ein Schiff, das
ihm mit seinen klinkerweise befestigten Planken völlig gleicht. Es ist
anzunehmen, dass man für dieses Bild den zu jener Zeit verbreitetsten
Typ gewählt hat; es wäre also wiederum die nahe Verwandtschaft
bewiesen, die zwischen den im Norden ansässigen Völkern bestand.

Die militärische Taktik hatte die Völker des Mittelmeeres und später
Spanien und Portugal, die jenen nachahmten, gezwungen, ihre Schiffe zu
erhöhen. Folgendermassen schreibt nämlich ~Holmes~ über die von Eduard
III. bei Winchelsea gegen 40 spanische Schiffe gelieferte Schlacht:
«The tactics of the English consisted chiefly of boarding, while the
Spaniards, whose vessels were much the higher, attacked with crossbows
and heavy stones; the latter they hurled from their frighting tops into
their adversary’s ships»[9].

Die Geschichte der Niederlande spricht ebenfalls von dieser Methode.

Im Jahre 1372 machte England auf der See zum ersten Mal Gebrauch
von der Artillerie; auf dem Mittelmeer wurde sie i. J. 1377 von
den Genuesen verwendet. Erst viel später entwickelte sich die
Schiffbaukunst in Frankreich. Trotzdem ist bewiesen, dass man im 14.
Jahrhundert dort schon Schiffe baute, und es scheint, dass es i. J.
1339 schon Kanonen an Bord gab. Aber nur an den Mittelmeerküsten wurde
Schiffbau getrieben, anscheinend auf Anregung von Johann von Wien, der
1373 zum Admiral ernannt war. (_Musée de Marine du Louvre._)

Während der Herrschaft Heinrichs des Seefahrers (1417) nimmt die
Schiffbaukunst ihren Aufschwung in Portugal, das ganz unter dem
Einflusse des Mittelmeeres stand.

Inzwischen entwickelten sich die Beziehungen der Niederlande zu den
Mittelmeerländern schnell.

Die Schliessung des alten Weges nach Indien, der durch das Mittelmeer
und Kleinasien führte, veranlasste eine vollständige Umwälzung im
Welthandel. Man war gezwungen, neue Erkundungsfahrten zu unternehmen,
und so lesen wir, dass man, nachdem sechs Karavellen i. J. 1446 bis
nach Guinea gedrungen waren, bald danach die Kapverdischen Inseln
erreichte.

Im Jahre 1449 drang man bis zu den Azoren vor, und i. J. 1486 erreichte
Bartholomaeus Diaz das Kap der guten Hoffnung. Elf Jahre später
umschiffte dieser Seefahrer das Kap und landete in Indien mit drei
Schiffen, dem «San Gabriël», dem «San Raphaël» und dem «Bonio». Das
erste dieser Fahrzeuge muss nach den Angaben einen Tonnengehalt von 400
t oder 250 bis 300 Registertonnen gehabt haben. (~Holmes~, S. 86.)

[Sidenote: II 61]

Es dürfte nicht notwendig sein, länger bei diesen Ereignissen zu
verweilen, deren Geschichte genügend bekannt ist, und deren letztes die
Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus i. J. 1492 war. Dieser
verfügte nur über drei kleine Fahrzeuge, obwohl Spanien zu jener Zeit
schon grössere verwendete. Das bekannteste und grösste dieser drei
Schiffe war die «Santa Maria». Dies Fahrzeug hatte eine Kiellänge von
60,68 Fuss, eine Gesamtlänge von 128,25 Fuss und eine Gesamtbreite von
25,71 Fuss. Auf der Chicagoer Ausstellung i. J. 1893 war ein Modell
dieses Schiffs, von dem das Werk von ~Holmes~, S. 85, eine Abbildung
bringt.

Die Entdeckung Amerikas erzeugte den Durst nach Gold, trieb die Völker
des Nordwestens Europas auf das Meer und nötigte sie, sich energischer
mit dem Schiffbau zu befassen. Die Niederlande nahmen damals einen
wunderbaren Aufschwung; die Grösse ihrer Schiffe wächst beträchtlich,
so dass man vom 16. Jahrhundert ab Schiffe von 300, 400, 500 und 600 t
findet.

Für den Krieg indessen benutzt man auch ferner mit Vorliebe Schiffe
geringerer Grösse (s. z. B. ~de Jonge~, Bd. 1, S. 81) weil ihre
Bewegung leichter war.

Nach dem Jahre 1500 erreicht unsere Schiffsbaukunst eine derartige
Entwicklung, dass unser Land den Beinamen die Werft Europas erhält.
Im Gegensatz zu Portugal, wo sich nichts erhalten hat, besitzen die
Niederlande eine ganze Reihe von Zeichnungen aus dem 16., 17. und 18.
Jahrhundert, die es uns ermöglichen, uns eine sehr genaue Vorstellung
von der fortschreitenden Entwicklung des Schiffs zu machen.

In den alten oben genannten Abbildungen des Meisters W. A., sowie in
den flämischen Miniaturen hatte das Kastell über den Vordersteven
hervorgeragt; es bildet jedoch schon einen einzigen Körper mit dem
Schiff und ist auf einem Balken befestigt, der auf dem Vordersteven
sitzt und auf einer Stütze ruht, die an diesem letzteren sitzt. Infolge
dieser Bauart sieht es aus, als ob der Vordersteven erst nach oben geht
und sich dann senkt, indem er eine S-Form bildet; das scheint aber wohl
nur so.

Die Schiffe werden nach 1500 grösser, und die Aufbauten ausgedehnter.
Allmählich indessen ragt das Vorderkastell weniger hervor, und um die
Mitte des 16. Jahrhunderts reicht es nur noch bis zum Vordersteven.

[Sidenote: II 138]

In dem Anhang zu seinem berühmten Werke (S. 8 und 10) gibt uns ~Witsen~
ein sehr hübsches Modell aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts. Es
handelt sich um die Abbildung eines Schiffes, das seiner Zeit das
Gewölbe der Kirche von Diemer-lez-Amsterdam schmückte, die i. J. 1500
gebaut war. Die Takelung dieses Schiffes und der aus einem Stück
bestehende Mast mit Marsen und grossen viereckigen Segeln versetzen
uns in das Mittelalter zurück. Das Vorderkastell, das kräftig über
den Vordersteven hervortritt, sowie das Hinterkastell sind höher als
gewöhnlich. Berghölzer, wie man sie später anbrachte, sieht man nicht;
mehrere schwere Holzstücke von Stützen gehalten vertreten sie. Die
Bordwände sind deutlich glatt, und vorn wie seitlich hat das Schiff
nach der ständigen Übung jener Zeit Schutzhölzer.

Nur das Hinterteil ist nicht deutlich dargestellt; man sieht kein
Steuer, was darauf schliessen lässt, dass die Zeichnung mangelhaft ist.

Aller Wahrscheinlichkeit nach hat dies Schiff keinen Spiegel; zu jener
Zeit kennen unsere Fahrzeuge diese Ergänzung noch nicht. Man hat einen
neuen Beweis hierfür in der «Arche Noah», die in der _Nürnberger
Chronik_ wiedergegeben ist, Blatt XI, von 1494, sowie in dem Schiffe,
das in dem holländischen Werk _Peinture ecclésiastique du moyen-âge en
Hollande, 1518-1525_, Nr. 14, dargestellt ist und Jonas im Wasser zeigt.

[Sidenote: II 136]

[Sidenote: II 119]

Diese Abbildung besonders ist ein prächtiges Muster eines Schiffes
aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts. Sie ist nicht so alt wie das
Schiff in der Kirche von Diemer, wie die Takelung beweist; die
Mastspitze geht durch den Mars und ein anderes Merkmal ist, dass das
Vorderkastell nicht über den Vordersteven emporragt. Der Sporn ist nahe
an der Fassung abgebrochen. Die menschlichen Figuren sind übrigens im
Verhältnis zum Schiff übertrieben gross. Die Bordwände sind glatt. Es
erinnert uns erstaunlich an die flämische Miniatur aus d. J. 1482.

Wie interessant sind doch diese Abbildungen vom Standpunkt der
Entwicklung des Schiffes; wir sehen auf ihnen, wie die Formen des
Kastells deutlicher hervortreten, wie sich die Takelung verbessert und
umfangreicher wird und wie das Schiff selbst wächst.

Ich möchte darauf hinweisen, dass auf allen Abbildungen die Schiffe ein
Bugspriet haben, das anfangs nur dazu diente, den Anker zu heben, eine
Praxis, die noch auf den grossen Flussaken üblich ist.

Wenden wir nun unsere Blicke auf die Bilder von ~Breugel~, nach denen
F. ~Huis~ vortreffliche Stiche angefertigt hat.

[Sidenote: II 132]

[Sidenote: II 135]

[Sidenote: II 64]

Eine aufmerksame Prüfung dieser Stiche zeigt uns verschiedene
Schiffstype. Mehrere von ihnen stellen grosse Fahrzeuge dar, die mit
ihrem riesigen Galion, ihren hohen Aufbauten und ihrem breiten Spiegel
sich erheblich von dem alten holländischen Schiff unterscheiden.

Das Werk von ~Van Yk~ bringt ebenfalls, auf S. 9, eine Abbildung
dieser grossen Fahrzeuge, die der Verfasser spanische «Karaken»
oder «Galionen» nennt, zwei Schiffstype, die unter dem Einflusse des
Mittelmeers entstanden sind.

Aber neben diesen «Karaken» findet man auch kleinere holländische
Schiffe. Ein Stich aus d. J. 1564 nach ~Breugel~ zeigt nämlich das
Bild eines Handelsschiffs von Amsterdam; es ist hinten rund, also ohne
Spiegel. Man kann es wohl mit dem alten flämischen Stich aus 1480 bis
1490 vergleichen, der eine «Kraeck» ohne Spiegel darstellt, und dessen
Aufbauten sich durch ihre Form und Grösse völlig von den Kastellen der
Schiffe unterscheiden, die auf den anderen Stichen des Meisters W. A.
dargestellt sind. Sie stimmen mit dem Mittelmeertyp überein.

Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts war demnach das Spiegelschiff in
Holland eingeführt. Seitdem blieben die Spiegel in diesem Lande auf den
grossen Fahrzeugen üblich; erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts kam man
auf die alte Bauweise zurück, nach dem Beispiele Englands, das nur sehr
kurze Zeit den Spiegel verwendete, da im 17. Jahrhundert William Pitt
(~Holmes~, S. 40) dort die runden Formen einführte. ~De Jonge~ macht
sich also einer kleinen Ungenauigkeit schuldig, wenn er in seinem Werk
sagt, dass das Spiegelschiff in Holland erst im Jahre 1651 erschien.

Die Einführung des Spiegels liess nichtsdestoweniger das alte runde
und volle Fahrzeug nicht verschwinden; man kann dies nicht oft genug
wiederholen.

Noch ein Wort über die Stückpforten. Die alten Abbildungen aus dem
16. Jahrhundert haben Stückpforten; man findet solche sogar auf einer
Miniatur aus d. J. 1428. Auf alle Fälle geht ihre allgemeine Einführung
auf das Ende des 15. Jahrhunderts zurück; sie scheinen von einem
Franzosen aus Brest, namens Descharges, erfunden zu sein. (~de Jonge~,
Bd. I, S. 85.)

Auch die Takelung erfuhr wichtige Änderungen. Bei Beginn des 80jährigen
Krieges (1590) erfand ein Einwohner von Enkhuizen, namens «Kryn
Wouterz», nach ~Brandt~ (_Geschichte von Enkhuizen_, Bd. 1, S. 139)
ein Verfahren, die Masten aus mehreren Stücken zu bauen. (~de Jonge~,
Bd. I, S. 390.) Sie bestanden zunächst aus zwei Stücken, wurden aber
bald, infolge der neuen Erfindung aus drei Stücken zusammengesetzt, von
denen jedes ein viereckiges Segel trug. Zu dieser Zeit verschwand die
mittelalterliche Takelung mit _einem_ grossen quadratischen Segel.

Um die Bewegungen des Schiffs zu erleichtern, erhielt das Bugspriet
ebenfalls ein viereckiges Segel.

Die Artillerie wurde zweckmässiger aufgestellt, und in Nachahmung
dessen, was auf den spanischen «Karaken» geschah, stellte man auf dem
Vorder- und Hinterkastell Kanonen auf, die das Deck beherrschten. Diese
Anordnung erinnert an die Praxis des Mittelalters, nach der man sich
im Fall des Enterns in die Kastelle zurückzog und von dort aus die
Eindringlinge bekämpfte.

[Sidenote: II 143]

[Sidenote: II 144]

Das auf dem Stich von 1594 dargestellte Fahrzeug ist also allmählich
aus den alten Formen hervorgegangen, hat aber dabei unter dem Einflusse
des Mittelmeeres gestanden; es führt uns zu der «Pinasse» des 17.
Jahrhunderts. Das Schiff ist reich geschmückt und bewimpelt, und seine
Segel sind wie üblich schön bemalt. Diese Sitte verschwand allmählich
in dem genannten Jahrhundert; man fuhr jedoch trotzdem noch lange fort,
die Schiffe zu schmücken.

Nach ~Witsen~ bestanden feste Regeln seit dem 16. Jahrhundert für den
Schiffbau. Eine ständiges Gesetz unter anderen erlaubte es nicht, den
Vordersteven weiter vorspringen zu lassen als ⁷⁄₆ seiner Höhe und nicht
weniger als ⅚ dieser Höhe; der Hintersteven hatte eine Neigung von ⅕
bis ⅙ seiner Höhe. Der genannte Schriftsteller behauptet, dass man
dem Vordersteven eine so starke Neigung gab, weil man glaubte, dass
unter diesen Umständen die Schiffe so leichter über das Wasser gleiten
würden. (S. 47, 2. Spalte unten.)

Etwa beim ersten Drittel der Kiellänge vom Vordersteven gerechnet,
lagen 1 bis 4 Hauptrippen; hinten lief das Schiff schmaler zu, so
dass der Heckbalken eine Länge gleich der Hälfte der grössten Breite
des Schiffes hatte. Das Vorderteil war voll, so dass man das Wasser
leichter durchschneiden konnte. (~Witsen~, S. 49 u. 50.)

Die Fugen der Beplankung waren kalfatert und nach alter Sitte mit
Bleiplatten beschlagen.

Das Vorderkastell war niedriger gemacht, das Hinterkastell dagegen
erhöht worden. Hinten hatte das Schiff einen vierten Mast, um seine
Bewegungsfähigkeit zu erhöhen; dieser Mast verschwand später, als der
kleine Bugsprietmast im Laufe des 17. Jahrhunderts in Aufnahme kam.
(~Witsen~, S. 139, 2. Spalte.)

Das 16. Jahrhundert ist eine für die Niederlande denkwürdige Zeit
gewesen; während desselben wurde nämlich der Grund zu jener Marine
gelegt, der, wie ~de Jonge~ sagt, Holland später seine Befreiung, seine
Grösse und seine Wohlfahrt verdankte. Sie vereinigte in sich alles, was
dazu beitragen konnte, eine Kraft zur Verteidigung des Vaterlandes zu
entwickeln, den Handel, die Schiffahrt und die Fischerei zu schützen
und Holland zu Ruhm und Macht zu führen.

Unsere Marine im allgemeinen und unsere Schiffbaukunst im besonderen
entwickeln sich immer mehr. Ein langer Kampf beginnt, und zahlreich
sind die Schlachten, die sowohl vor als auch nach dem 80jährigen Krieg
geliefert werden (1568-1648).

Nach alter Sitte waren die am Kampf beteiligten Schiffe nur
Kauffahrteischiffe, die für den Krieg hergerichtet waren (~de Jonge~,
Bd. I, S. 180). Diese, «Vliebooten» oder «Vlietbooten» genannt, hatten
kaum 40, 100 bis 140 t Tragkraft und führten 6, 8, 10 und 20 Kanonen.
Die Mannschaft entsprach im allgemeinen dem Tonnengehalt: ein Schiff
von 50 t hat 50 Mann Besatzung. (~de Jonge~, Bd. I, S. 181.)

Auf den Strömen und Flüssen verwendete man die «Heuden», von denen oben
gesprochen ist, ebenso die «Bujer», die auch «Kromstevens» hiessen, und
andere Schiffe mit glattem Boden.

Die seeländische Marine umfasste ausser einer grossen Zahl kleiner
Fahrzeuge einige Schiffe von beachtenswerterem Umfang. Bei der
Belagerung von Middelburg benutzte man «Hulken»; eine davon, die grosse
Hulk genannt, muss eine Tragkraft von 600 Last oder 1200 t und eine
Besatzung von wenigstens 500-600 Mann gehabt haben. (~Van Meteren~,
Blatt 81 und 102.)

Im allgemeinen waren die Schiffe in Nord-Holland grösser als in
Seeland. Sie fassten 50-125 Last, d. h. 100-250 t und hatten eine
Besatzung von 50-150 Matrosen und Soldaten; die grössten waren mit 32
Kanonen bewaffnet. (~de Jonge~, Bd. I, S. 187.)

~Tor~ berichtet (_Holländer Kriege_, Bd. I, S. 650), dass i. J. 1575 13
Schiffe von dieser Grösse ausgerüstet wurden, denen «Kraveelschife»,
«Yachten» und «Boote» beigegeben wurden, während nach ~de Jonge~ (Bd.
I, S. 187) auf der Zuiderzee noch einige Galeeren verwendet wurden.

Damit wir uns eine genauere Vorstellung von der Grösse der Seemacht
zu jener Zeit machen können, lasse ich hier eine Aufstellung über die
Marine der Provinz Holland i. J. 1587 folgen, deren Original in den
Staatsarchiven liegt. (~de Jonge~, Bd. I, S. 586.)

  +=========+========+=======+==========+============================+
  |  ZAHL   |        |       |          |                            |
  |  DER    | LASTEN |KANONEN|MANNSCHAFT|         BEMERKUNGEN        |
  | SCHIFFE |        |       |          |                            |
  +---------+--------+-------+----------+----------------------------+
  |    1    |  100   |  16   |    95    |                            |
  |         |        |       |          |                            |
  |    1    |   --   |  14   |    70    |                            |
  |         |        |       |          |                            |
  |    1    |   27   |  14   |    32    | Kleines Kaliber.           |
  |         |        |       |          |                            |
  |   10    | 30-90  |  12   |  45-76   |                            |
  |         |        |       |          |                            |
  |   35    | 17-70  | 8-11  |  29-75   | die grössten: 50-60 Mann.  |
  |         |        |       |          |                            |
  |    4 Y  |   --   |  --   |  36-50   | Y = Yacht.                 |
  |         |        |       |          |                            |
  |   25    |  8-40  |  4-7  |  11-70   | die grössten: 30-40 Mann.  |
  |         |        |       |          |                            |
  |    6    |   --   |  1-2  |   7-11   |                            |
  |         |        |       |          |                            |
  |    1 G  |   --   |   1   |    16    | G = Galeere.               |
  |         |        |       |          |                            |

Ausser den «Vliebooten» gab es kleinere Fahrzeuge, die «Kromsteven»,
«Kraveelen», «Heuden» oder Transportschiffe, die «Krapschuiten»,
«Potten», «Yachten», «Bujer» hiessen. Die grössten Schiffe waren jedoch
ziemlich klein; nach den Bestimmungen der Regierung vom 1. Juni 1588
sollten drei der grössten Schiffe für den Krieg ausgerüstet werden, und
es wird bestimmt, dass sie 200 Last fassen sollten. (~de Jonge~, Bd. I,
S. 201, Anm.)

Es wird behauptet, dass man sich im Anfang unseres
Unabhängigkeitskrieges kleiner Fahrzeuge bediente, weil die Schlachten
auf den Flüssen geliefert wurden, und weil ausserdem die Finanzlage
sehr schlecht war. (~de Jonge~, Bd. I, S. 203-204.) Ich meinerseits bin
der Meinung, dass der letztere Umstand der Hauptgrund gewesen ist. Auch
später noch wird man sich über den wenig befriedigenden Zustand unserer
Flotte beklagen, weil es an Geld mangelte.

[Sidenote: III 8]

Kehren wir zu den Formen der Schiffe zurück. Nach der «Kogge» haben wir
die «Hulk» erscheinen sehen, die ihrerseits durch die «Baertze» ersetzt
wurde; die «Kraeck» ist neben diesem letzteren Typ aufgetaucht; ihr ist
schliesslich das «Spiegelschiff» gefolgt, in der Form einer Pinasse
oder eines Kriegsschiffs.

[Sidenote: III 9]

Die runde Form erhielt sich jedoch bei den unbedeutenderen Fahrzeugen,
und wir sehen so, wie der oben erwähnten Baertze das «Vlieboot» oder
«Vlietboot» folgt. Es ist dies der alte Typ der Baertze, bei dem der
obere Teil der Bordwände deutlich einspringt.

Unter dieser neuen Benennung, die man zum ersten Mal in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts findet, tritt also kein neuer Typ auf;
es ist die alte Form, die etwas verändert, unter einem neuen Namen
erscheint. Diese Erscheinung wird später noch öfter vorkommen. Ein
einfacher Vergleich zwischen dem Vlieboot, der Baertze u. s. w. hat
bald diese Ähnlichkeit festgestellt; es ist deshalb nicht auffallend,
dass wir dieselbe Form in der «Buse» wiederfinden. Alle diese Formen
haben ihren Ursprung in der «Kogge».

Das «Vlieboot» das von der Zuiderzee stammt, und dessen Benennung wohl
dem Vlie entnommen sein könnte, der von dem fraglichen Schiff oft
befahren wurde, hatte zurückspringende obere Borde in konvexer Form,
weil man sie so schwerer entern konnte. Ihre Verteidigung erforderte
daher nur eine beschränkte Anzahl Leute, eine Eigenschaft, die für die
Handelsschiffe von Bedeutung war.

[Sidenote: II 148]

[Sidenote: III 19]

Die Vlietboote hatten also ausser einer erheblichen Fassungskraft eine
grosse Leichtigkeit in der Bewegung; sie sind zweifellos die Vorläufer
der «Flüte» gewesen, des bevorzugten Handelsschiffs des 17. und 18.
Jahrhunderts, das England und Frankreich von uns entnommen haben.

Es gibt eine schöne Zeichnung des Vlietbootes aus dem Jahre 1647. Sie
stellt ein verhältnismässig grosses Schiff dar; der Beweis dafür liegt
in dem Galion, mit dem unsere kleinen Handelsschiffe nicht versehen
waren. Dieses Galion (Schnabel) stammt aus dem Mittelmeer; es ist nicht
niederländischen Ursprungs; die alten holländischen Type haben nämlich
kein Galion, während die des Mittelmeers schon zur Zeit der Phönizier
damit versehen waren. (S. u. a. ~Van Yk~, S. 103.)

Der Name «Baertze» verschwindet am Ende des 16. Jahrhunderts vor dem
Namen «Vlietboot», und im Anfang des 17. Jahrhunderts tauchen Namen auf
wie «Gallioot, Bootschip, Noortvaerder, Kof, Smakschip, Boeier (Bujer)»
und gleichzeitig die «Flüten» und die Schiffe mit eckigem Hinterteil.

In diesen verschiedenen Benennungen indessen -- man kann dies nicht oft
genug wiederholen -- verschwanden aber die ersten Formen nicht. Diese
haben sich erweitert, und einige äussere Merkmale, wie die Takelung,
haben Abänderungen erfahren. -- Alle die verschiedenen vorgenannten
Type haben also als Haupt- und Grund-Charakter die alte volle Form.

In der Zeit, die uns beschäftigt, kann man die Schiffe in drei
Hauptgruppen teilen:

_a_) die Schiffe mit Spiegel,

_b_) die Flüten, in der weitesten Bedeutung des Wortes und,

_c_) die Kof- und Smakscheepen. (Kuffen und Schmacken.)

Es dürfte nicht notwendig sein, hinzuzufügen, dass die Schiffe der
Gruppen _b_) und _c_) keinen Spiegel hatten. Bei diesen Gruppen werden
wir also die alten holländischen Type in reinster Form finden.

So sind wir zum 17. Jahrhundert gekommen, diesem Jahrhundert des Ruhmes
und der unerhörten Wohlfahrt für unser Vaterland, besonders im Hinblick
auf die Schiffbaukunst. Bevor wir indessen in diese Zeit treten, müssen
wir kurz sehen, welches der Zustand des Schiffbaues im Auslande war.

Beginnen wir mit Spanien, das an unserm Unabhängigkeitskrieg beteiligt
war.

Die spanische Schiffbaukunst, die später aufblühte als die Portugals,
hat zweifellos und in hohem Grade den Einfluss des Mittelmeers
erfahren. Die Galionen und die Spanischen Karaken erinnern an die
genuesischen Schiffe und Karaken, von denen nur einige alte Zeichnungen
aufbewahrt werden konnten, und die erst unter dem Einfluss der
Beziehungen zu den Völkern des Nordens entstanden sind.

Ausser den Galionen nahmen die Galeeren und die Galeassen eine wichtige
Stellung in der spanischen Marine ein. Der lange und häufige Gebrauch
der Ruderschiffe, bei denen die Kämpfe Mann gegen Mann selten waren,
bewirkte es, dass entgegen der Praxis der nördlichen Völker man bei den
Völkern des Südens weniger häufig enterte.

Man kann zweckmässig die Abbildungen der Mittelmeerschiffe zu Rate
ziehen, um sich einen Begriff von den spanischen Schiffen zu machen.

Die Seemacht Spaniens ging bekanntlich im Jahre 1588 mit der
unbesieglichen Armada unter. Eine kurze Beschreibung dieser Flotte wird
uns eine Vorstellung von der Grösse dieser Schiffe geben. Sie bestand
aus 132 Schiffen, darunter (~Holmes~ S. 92) 4 Galeeren, 4 Galeassen, 30
Schiffe von weniger als 100 Tonnen und 94 Fahrzeuge von 130 bis 1550
Tonnen. Die runden Schiffe hatten eine Gesamttragfähigkeit von 59120 t.
Die Artillerie bestand aus 2761 Kanonen, und die Besatzung zählte 7865
Matrosen und 20671 Soldaten.

Ihr Gegner, die englische Flotte, war 197 Schiffe stark, von denen
nur 34 zur Königlichen Marine gehörten, während der Rest aus
Handelsschiffen bestand, die in der Eile für den Krieg hergerichtet
waren.

Das grösste englische Fahrzeug war das im Jahre 1561 gebaute
Schlachtschiff «Triumph», mit 1000 bis 1100 t. Ladefähigkeit, einer
Besatzung von 300 Matrosen, 40 Kanonieren und 160 Soldaten sowie
42 Kanonen. Ausser dem «Triumph» zählte die englische Flotte nur 7
Schiffe, deren Tragfähigkeit von 600 bis 1000 t schwankte, während die
spanische Flotte 45 von dieser Grösse besass.

Die Gesamtbesatzung der englischen Flotte zählte 15551 Köpfe, Holland
war in diesem Kampf auf der Seite Englands; Holland war es, das den
Herzog von Parma bei Dünkirchen einschloss.

Die grössten niederländischen Schiffe hatten eine Wasserverdrängung
von 400 t. Sowohl in England wie bei uns mietete man für den Krieg
Handelsschiffe, die vorübergehend als Kriegsschiffe dienten. Das war
die alte Sitte des Mittelalters, die noch lange bestand. Zu jener
Zeit war es übrigens um so leichter, Handelsschiffe für den Krieg
auszurüsten, als die Artillerie noch in den Kinderschuhen steckte oder
unbekannt war.

Die folgenden Ziffern (~Holmes~, S. 95) zeigen uns, dass im
allgemeinen die Schiffe der südlichen Staaten grösser waren als
die unsrigen. Im Jahre 1792 bemächtigten sich die Engländer einer
portugiesischen Karake von 1600 t, einer Länge von 165 Fuss zwischen
Vorder- und Hintersteven und 7 Decken.

Im Jahre 1594 geschah dasselbe mit einer spanischen Karake, die 1100
Mann an Bord hatte. Bei der Einnahme von Cadix im Jahre 1596 fielen
zwei spanische Galeassen dem Feinde in die Hände. Sie hatten eine
Tragkraft von 1200 t, das Admiralschiff San Felipo, das man in die
Luft sprengte, hatte einen Tonnengehalt von 1500. I. J. 1602 kaperte
man in Cezimbra eine portugiesische Karake von 1600 t, genannt «San
Valentino», deren Wert einschliesslich der Kanonen auf 1 Million
Dukaten geschätzt wurde.

Unter der Regierung der Königin Elisabeth (1588 bis 1603) nahmen
die Engländer, wie man sagt, nach unserem Beispiele und infolge der
Erfindung von Kryn Wouterszoon den Mast mit beweglichem Mars an.
(~Holmes~, S. 86.)

Bisher waren die Stückpforten nicht nur unregelmässig verteilt, sondern
die untere Reihe befand sich im allgemeinen so niedrig, dass sie bei
mehr oder weniger bewegter See geschlossen gehalten werden mussten.
In England indessen bemühte man sich, die untere Reihe höher zu legen
(~Holmes~, S. 96), und dies Beispiel wurde bald allgemein befolgt.
Frankreich, das bis zu dieser Zeit nur auf dem Mittelmeer erschienen
war, begann im 17. Jahrhundert unter Richelieu (1624-1692) seine
Marine zu entwickeln. Colbert setzte dieses Werk mit Eifer fort. Wie
wir bemerkt haben, als wir vom Mittelmeer sprachen, waren die ältesten
französischen Schiffe im Grunde völlig denen der Genuesen ähnlich;
bis gegen 1650 überwogen auch dort die Galeeren. Nur der Norden
Frankreichs, sowie die Normandie gehören, wie die alten Abbildungen
zeigen, zum Nordzentrum. Das überrascht uns nicht; man erinnere sich
des Einfalls der Normannen in jene Gegenden. Noch heutigentags findet
man im Norden Frankreichs Schiffe, die denen von Flandern und unserer
Heimat gleichen.

Kehren wir jetzt zu den Niederlanden zurück.

Nach der Entdeckung des Seewegs nach Indien durch Vasco da Gama im
Jahre 1498, und nachdem Portugal sich das Handelsmonopol in diesen
Gegenden gesichert hatte, wurde Lissabon der Sitz des Welthandels.

Zu jener Zeit holten die Holländer die Erzeugnisse Indiens aus den
portugiesischen Häfen. Aber im J. 1580 bemächtigte sich der Herzog von
Alba Portugals und nahm es für Spanien in Besitz. Trotzdem duldete man,
dass wir fortfuhren, mit dem ersteren Land Handel zu treiben, bis im
Jahre 1585 alle holländischen Schiffe fortgenommen wurden.

Holland sah sich also gezwungen, sich selbst einen Weg nach Indien zu
bahnen, den man zuerst über den Norden zu finden glaubte. Zu diesem
Zweck rüstete man im Jahre 1594 vier Schiffe aus; zwei davon auf Kosten
Hollands, zwei auf Kosten Amsterdams. Dieses Unternehmen scheiterte,
ebenso das von 1595, dem die berühmte Expedition von Heemskerk, Barens
und Ryp folgte, die gleichfalls ergebnislos verlief.

In der Zwischenzeit suchte man einen Weg über den Süden und das Kap der
guten Hoffnung. Im Jahre 1595 lief eine Flotte von vier Schiffen unter
der Leitung von Keyzers und Houtman aus; ihre Abwesenheit dauerte 2½
Jahre. Nach einer Fahrt von 446 Tagen erreichten die Schiffe Bantam und
besuchten Bali. Die Rückkehr erforderte 168 Tage. Diese Flotte hatte
eine Mannschaft von 248 Köpfen an Bord.

Die Ergebnisse dieser Unternehmung waren nicht glänzend; trotzdem hatte
sie die Bildung der Ostindischen Kompagnie im Jahre 1602 zur Folge, die
in unserer Geschichte eine so wichtige Rolle spielte.

Es braucht nicht gesagt zu werden, dass beide Ereignisse einen
entscheidenden Einfluss auf die Entwickelung unserer Schiffbaukunst
hatten.

Im Anfang des 17. Jahrhunderts war noch nicht die Rede von einer
eigentlichen Kriegsmarine. Für alle wichtigen Ereignisse mietete man
noch Handelsschiffe, die man in Kriegsfahrzeuge umwandelte. Unsere
Flotte bestand also zu jener Zeit aus allen möglichen Schiffstypen.
Unter diesen waren die Schiffe mit Spiegel, genannt Pinassen,
die «Vlietboote» oder «Flüten» die wichtigsten. Es gab ausserdem
«Heckboote» und «Schmacken» von geringerer Grösse. Wir finden also
drei Sorten, von denen oben gesprochen ist: die «Spiegelschiffe», die
«Flüten» und die «Schmacken».

[Sidenote: II 149]

Das alte Modell von Zierikzee gibt uns die beste Vorstellung von
dem Uebergang des Spiegelschiffs des 16. Jahrhunderts in das des 17.
Wenngleich es, wie übrigens alle alten Abbildungen, Fehler in den
Grössenverhältnissen zeigt, so zieht es doch unsere Aufmerksamkeit
auf die ausgesprochene Neigung seines Vorderstevens. Es war zu jener
Zeit allgemein üblich, dass das Schiff möglichst wenig in das Wasser
tauchte, einen stark geneigten Vordersteven und ein vorspringendes
Vorderteil hatte, so dass es das Wasser leichter verdrängen konnte,
oder, wie man sagte, das Wasser unter, und nicht um den Kiel führen
konnte. Man glaubte, dass das Wasser unter die Bordwände. gesogen
würde, (~Van Yk~, S. 353), und dass das sehr schräg stehende Vorderteil
es dem Schiff ermöglichte, leichter über das Wasser zu gleiten.
(~Witsen~, S. 47, 2. Spalte unten.)

Später hat man seine Ansicht geändert, und wir sehen dann, dass bis zum
19. Jahrhundert man den Vordersteven immer mehr aufrichtet; das Schiff
gewinnt dadurch an Weite.

~Fürtenbach~ bildet ein holländisches Fahrzeug aus dem Anfang des
17. Jahrhunderts ab; der Spiegel ist darin, wahrscheinlich, um die
Schwierigkeiten der Zeichnung zu vermeiden, nur durch einige Linien
angegeben. Das Hinterkastell ist grösser geworden; der Teil zwischen
dem Vorder- und Hinterkastell bleibt immer noch offen. Diese Bauweise,
die sich aus der fortschreitenden Entwickelung der Kastelle im
Mittelalter ergibt, verschwindet erst am Ende des 18. Jahrhunderts in
dem Augenblick, wo die Fahrzeuge mit 2 oder 3 Decken auf der Bildfläche
erscheinen.

Bei diesen Schiffen sind Vorder- und Hinterkastell von gleicher Höhe;
sie sind mit einander verschmolzen und bestehen aus mehreren über
einander liegenden Decken.

Auch die Takelung hat neue Aenderungen erfahren, zweifellos infolge
der Erhöhung des Hinterteils. Der vierte kleine, an dieser Stelle
errichtete Mast hat nämlich einem Mast Platz gemacht, der mit einem
viereckigen Segel versehen und am Ende des Bugspriets festgemacht ist.
Dieser Mast diente nur dazu, das Schiff zu steuern.

Die Schiffe nehmen an Grösse zu, und die Ausrüstung wird infolge einer
zweckmässigeren Anordnung der Artillerie verbessert. Die folgenden
Ziffern liefern den Beweis dafür.

Im J. 1596 hat ein Fahrzeug von 200 Last nur 24 Kanonen, ein Fahrzeug
von 150 Last 17 und ein Schiff von 100 Last nur 16 an Bord.

Im J. 1616 stellt man 36 Kanonen auf einem Schiff von 200 Last auf, 28
auf einem Schiff von 120 Last, und i. J. 1628 spricht man von einem
Schiff von 200 Last, das mit 39 Kanonen bestückt ist (~de Jonge~, Bd.
2, S. 396).

Ausser der besseren Anordnung ergab sich die Vermehrung der Artillerie
selbst durch die Bewaffnung des Oberdecks und der Kampagne. Um 1639
wurde ein grosser Teil der eisernen Kanonen durch solche aus Bronze
verdrängt, was es ermöglichte, eine grössere Anzahl von Kanonen an Bord
zu nehmen (~de Jonge~, Bd. 1, S. 400); aber diesen Kanonen fehlte das
einheitliche Kaliber und die gleiche Grösse. Durch spätere Einführung
von Kanonen eines gleichartigeren Kalibers wurde der Gefechtswert der
Schiffe erheblich vermehrt.

Wie gross auch die erreichten Fortschritte für unsere Flotte waren, so
konnte sie doch nicht die Rolle spielen, die ein Seekrieg erforderte.
Man sah sich also schliesslich genötigt, eigentliche Kriegsfahrzeuge
zu bauen, da die Aufgabe mit Handelsschiffen nicht mehr zu lösen war.
Man beschloss also, 60 neue Kriegsschiffe zu bauen, die man im Jahre
1652 auf Stapel legte. Diese Flotte, die erste Kriegsflotte, die in
unserer Heimat gebaut wurde, lief schon im Jahre 1658 aus. In diesem
Jahre brach man also mit der alten mittelalterlichen Sitte, nach der
man Handelsschiffe für den Krieg zurechtmachte.

Es ist selbstverständlich, dass die fragliche Flotte allein nicht
genügte, und dass Handelsschiffe als Transportschiffe dienten. Deshalb
behielten diese letzteren Kanonen zu ihrer eigenen Verteidigung an Bord.

[Sidenote: II 146]

[Sidenote: II 147]

Die oben genannten Kriegsschiffe hiessen «Pinassen» und hatten einen
Spiegel sowie ein grosses Galion. Das Admiralschiff von Tromp, die
«Emilie» war eine Musterpinasse.

[Sidenote: III 8]

[Sidenote: III 9]

[Sidenote: II 150]

Im Jahre 1664 wurde die Flotte in sehr kurzer Zeit noch um 60 neue
Einheiten vermehrt (Spiegelschiffe) (~de Jonge~, Bd. 2, S. 25 u. ff.).
Als man diese Schiffe baute (~de Jonge~, Bd. 2, S. 27), beabsichtigte
man besonders, unsere Marine mit Schiffen zu versehen, die, _soweit
es unsere Durchfahrten und Häfen gestatteten_, wenigstens so gross
und stark wie die des Feindes waren; die Zahl ihrer Kanonen wurde auf
60 bis 80 festgestellt. Unter diesen Fahrzeugen, die im Jahre 1665
ausliefen, befand sich das wohlbekannte Schiff De Ruyters «Die sieben
Provinzen».

Auf den meisten Schiffen waren die Kanonen aus Ersparnisrücksichten
teils aus Eisen, teils aus Bronze; das Admiralschiff De Ruyters jedoch
hatte nur Bronzekanonen.

Die folgenden Ziffern werden eine Vorstellung von der zunehmenden
Grösse der Schiffe geben.

Im Jahre 1654 hatte das grösste Schiff 150 Fuss Länge, 38 Fuss Breite
und 15 Fuss Tiefe; es trug 58 Kanonen. Das ihm folgende hatte eine
Länge von 146 Fuss, eine Breite von 26 Fuss und eine Tiefe von 14 Fuss;
es hatte 60 Kanonen an Bord.

Beim Beginn des zweiten Krieges mit England massen die beiden grössten
Schiffe 169 und 171 Fuss in der Länge. «Die sieben Provinzen» hatte
eine Länge von 163 Fuss, eine Breite von 43 Fuss und eine Tiefe von 15
Fuss. Das nächstfolgende mass 155-160 Fuss in der Länge, 40½–42½ Fuss
in der Breite und 15 Fuss in der Tiefe u. s. w.

Die Längen und Breiten nehmen also zu, aber die grösste Tiefe bleibt 15
wegen der Tiefe unserer Durchfahrten.

Als man später im Ausland mit der Vergrösserung fortfuhr, und als
man bei uns die Notwendigkeit empfand, diesem Beispiel zu folgen,
wurde die Frage des grössten Tiefganges eine Aufgabe, die die volle
Aufmerksamkeit unserer Schiffbauer immer mehr in Anspruch nahm. Je
grösser das Schiff wurde, um so breiter wurde es, weil der Tiefgang
beschränkt war; hierdurch wurde es den Schiffen der feindlichen Länder
unterlegen, mit denen man leichter segeln konnte. In diesen Ländern
brauchte man nämlich nicht Rücksicht auf die wenig tiefen Fahrstrassen
zu nehmen und konnte demnach Schiffe von schmalerer Form bauen. (~Van
Yk~, 1697, Seite 353.)

Als daher, i. J. 1682, die Fahrzeuge, aus denen unsere Flotte bestand,
in Klassen oder «Charters» geteilt wurden, rechnete man zur ersten
Klasse nur Schiffe von 16 bis 17 Fuss Tiefe. Zu dieser Klasse gehörten
später die ersten Schiffe mit dreifachem Deck, die bei uns gebaut
wurden. Es wird uns daher nicht wundern, wenn schliesslich unsere
Kriegsschiffe denen des Auslands weichen mussten, die immer grösser
wurden. Dieser Zustand war keine Folge der Minderwertigkeit unserer
Schiffbauer, sondern hatte seinen Grund in dem Zustande unseres
Fahrwassers.

[Sidenote: III 13]

Der Unterschied im Tiefgang tritt deutlich hervor, wenn wir die
Abmessungen des grössten französischen und englischen Schiffes mit
denen unseres grössten Schiffs am Ende des 17. und am Anfang des 18.
Jahrhunderts vergleichen. Diese Abmessungen waren die folgenden: für
das holländische Schiff: Länge 49,26 m; Breite 12,88 m; Tiefe 4,86 m;
für das englische Schiff: Länge 49,41 m; Breite 14,33 m; Tiefe 5,64 m;
für das französische Schiff: Länge 59,91 m; Breite 14,29 m; Tiefe 5,61
m.

Man verstand unter Tiefe die innere Höhe des Schiffs gemessen bis zur
ersten Schwimmlinie. (~Witsen~, S. 74, unter 9.) (S. auch Abbildung
XXXII, S. 56 desselben Werkes u. s. w.)

Ein Schiff von 4,86 m Tiefe brauchte übrigens mit Hinzurechnung
der Kielhöhe u. s. w., eine Wassertiefe von wenigstens 5 m. Nun
hatte sich die Wassertiefe im «Pampus» bei Amsterdam am Ausgang
des 17. Jahrhunderts bekanntlich schon wesentlich vermindert. Die
grossen Schiffe konnten nicht mehr oder doch nur mit sehr grossen
Schwierigkeiten in die Stadt gelangen.

[Sidenote: II 238]

Unter diesen Umständen erfand ein gewisser Meeuwis Meindertz Bakker,
aus Amsterdam gebürtig, i. J. 1691 die «Seekameele», mit deren Hilfe
man die Schiffe um 5 bis 6 Fuss heben konnte. (~Van Yk~, S. 360.)
Diese «Seekameele» hatten auf der einen Seite eine senkrechte Wand,
die andere schmiegte sich der Form des Schiffes an. Auf beiden Seiten
angebracht umschlossen sie das Schiff, indem sie eine Art Schwimmdock
bildeten.

Wurde das Schiff zwischen diese beiden, fest mit einander verbundenen
Kameele genommen, so stieg es in dem Masse, wie man die Kameele
entleerte.

Die «Seekameele» sind recht gut bei ~Van Yk~, Blatt 360, abgebildet,
ebenso in dem Werke: _Figures de navires et embarcations_, 1831, S.
135, von ~Le Comte~.

Kleine Barken schleppten das so gehobene Schiff durch den «Pampus».
Was die Tiefe an dieser Stelle betrifft, so berichtet ~Le Comte~ (S.
38), dass bei Flut der Pampus oder «Muiderzand» 10½ Fuss Tiefe hatte
(2,97 niederl. Ellen), und bei Ebbe 9 Fuss (2,55 niederl. Ellen). Nur
bei ausserordentlich starker Flut war eine Wassertiefe von 13 Fuss
vorhanden (3,68 niederl. Ellen).

Später gelang es, dank der «Seekameele», Schiffe von 19 Fuss Tiefe, d.
h. von 5,58 m bis vor Amsterdam zu führen.

Aber dieser Zustand ist bei Rotterdam nicht besser. Hierüber berichtet
der Schiffbauer ~Van Yk ~in seinem Werke von 1697, S. 14. «En waarlyk
de wytheid der schepen is wel het voornamste en beste middel om het
ondiepgaan derselve te bevorderen, een saak die wy hier te lande
wegens de droogte of ondieptheid onzer zeegaten, ten hoogste dienen te
betrachten; want (volgens ’t getuigenis van ervaarne en de diepte dezer
zeegaten zeerwel bepeild hebbende loodsen) soo konnen met een gemeen
geleide uit het Goereesche gat niet meer dan 20, uit Texel, omtrent
ook soo veel en uit de Maas niet meer als 13 voeten diepgaande schepen
worden gelootst. Waarom dan ook somtyds wel is komen te gebeuren, dat
eenige van ’s Lands oorlogsschepen, soo nauw gemaakt en om zeilvoerens
wil soo diep geballast synde, met een dood getyde en Wind, tot Staats
groot nadeel, niet konnen ’t zee geraken, of daar al in synde, haar
onderste geschut, omdat so naby ’t water lag, niet bruikbaar werd
bevonden»[10].

Ferner heisst es auf S. 360: «Want soo heeft men al voor veele jaren,
om onze groote en diepgaande schepen in zee te brengen, wegens de
ondieptheid onzer _rivieren_ en _zeegaten_, getragt, waar ’t mogelyk,
door ledig vatwerk, so pypen, als voedervaten, op te ligten en te
doen ryzen. Dog was dit werk, om het byeen schikken der vaten, een
ellendige talmery en veel arbeids onderworpen»[11].

Nach den Berichten der Batavischen Gesellschaft in Rotterdam 1850, S.
94 und ff. war die Durchfahrt von Briel nur für Schiffe von 3 m bis
3,50 m fahrbar; die grösseren Schiffe mussten durch das «Goereesche
Gat» fahren, um nach Rotterdam zu kommen, in dem sie nacheinander
das «Hollandsche Diep» und das «Dortsche Kil» benutzten. Selbst an
diesen Stellen war bei Flut nur eine Tiefe vorhanden, die höchstens
für einen Tiefgang von 5,10 m genügte (s. Dr. ~Blink~, _Nederland en
zyne Bewoners_, Bd. I, S. 447); diese Strasse war übrigens wegen der
geringen Fahrwasserbreite schwer fahrbar. Dieser Zustand veranlasste
die Herstellung des Kanals von Voorne (1827-29). Trotz dieses Kanals
hing auch ferner der grösste Tiefgang von der Tiefe ab, die bei
gewöhnlicher Flut das Goereesche Gat und das Hellegat hatten. Diese
Tiefen betrugen 5,10 m und 5,20 m. (W. F. ~Leemans~: _De Nieuwe
Waterweg, etc. Gedenkboek, K. Inst. Ing._ S. 13, s. auch S. 130
desselben Werkes.)

[Sidenote: II 140]

[Sidenote: III 14]

In dem Masse, wie im Auslande die Schiffe wuchsen, wurde die Lage
bedenklicher für die niederländische Marine. Und das Ausland schlief
nicht! England widmete seiner Marine i. J. 1656-57 ⅘ der Kroneinkünfte;
i. J. 1657-58 ⅔ und 1658-59 gegen ⅗. (~Holmes~, S. 108.)

Vier von den grössten während dieser Zeit gebauten Schiffen hatten
eine Ladefähigkeit von über 1000 t; i. J. 1673 wurde das bei uns
wohlbekannte Schiff «The Royal Charles» vom Stapel gelassen, das später
von den Holländern gekapert wurde.

Die meisten englischen Kriegsschiffe gehörten zu dieser Zeit noch zur
3. Klasse. I. J. 1666 verteilten sich die Schiffe folgendermassen auf
die Klassen:

  +-------+---------+--------+-----------+-----------+--------+
  |KLASSE |  KIEL-  | BREITE |   TIEFE   | TRAGKRAFT |KANONEN |
  |       | LÄNGE   |        |           |           |        |
  +-------+---------+--------+-----------+-----------+--------+
  |   1   | 128-146 |  40-48 | 17,9-19,8 | 1100-1740 | 90-100 |
  |   2   | 121-143 |  37-45 |   17-19,8 | 1000-1500 | 82-90  |
  |   3   | 115-140 |  34-40 | 14,2-18,3 |  750-1174 | 60-74  |
  |   4   |  88-108 |  27-34 | 11,2-15,6 | 12,8-17,8 | 32-54  |
  |   5   |  72-81  |23,6-27 |  9,9-11   | 11,6-13,2 | 26-32  |
  |           \----------------V----------------/             |
  |       Die Masse sind in englischen Fuss angegeben,        |
  |                   1 Fuss = 0,3048 m                       |

I. J. 1646 wurde in England die erste Fregatte gebaut, und i. J. 1679
wurde dort der Mörserprahm (Bombarde) eingeführt, nach einem vom
französischen Schiffbauer Bernard Renan erfundenen Modell.

Nach 1700 stand die Schiffbaukunst völlig unter dem Einflusse
derjenigen Frankreichs.

«It may truly be said, sagt ~Holmes~, S. 114, that during the whole of
the eighteenth century the majority of the improvements introduced in
the forms and proportions of vessels of the Royal Navy were copied from
French prizes»[12].

Kaum hatte man ein französisches Schiff gekapert, als man es nachahmte,
aber mit Vorliebe in grösserem Massstabe. (~Holmes~, S. 124.) Die
Schiffbaukunst hatte sich übrigens wesentlich vervollkommnet, besonders
unter dem Minister Colbert (1661), nachdem der Kardinal Richelieu
die ersten Grundlagen geschaffen hatte (1630). Die von Colbert
aufgestellten Regeln wurden bis zum 19. Jahrhundert befolgt, mit
einigen Abweichungen in Einzelheiten.

I. J. 1668 umfasste die französische Flotte schon 176 Schiffe, von
denen eins der schönsten und berühmtesten die «Soleil Royal» war. Diese
Flotte war vollständig ebenso organisiert wie die in Holland. (~de
Jonge~, Bd. III, 1. Teil, S. 114.) Es gab übrigens zu jener Zeit nur
geringe Unterschiede zwischen den französischen und den holländischen
Modellen.

Am Ende des 17. Jahrhunderts, unter der Regierung Ludwigs XIV, wuchsen
die Abmessungen erheblich. Man kann sich hiervon ein Bild aus der
nachstehenden Übersicht machen, die dem ~Barras de la Penne~ entnommen
ist (1698).

 +--------+-------+------------+-----+------+-----+--------------------+
 |  RANG  |  ZAHL | KALIBER    |     |      |     |        ZAHL        |
 |  UND   |  DER  |UND MATERIAL|LÄNGE|BREITE|TIEFE|        DER         |
 |ORDNUNG |KANONEN|DER KANONEN |     |      |     |     BATTERIEN      |
 +--------+-------+------------+-----+------+-----+--------------------+
 |        |                    |  m  |   m  |  m  |                    |
 |   1.   |    {1 Batterie,    |     |      |     |               }    |
 | Reihe. |    {8-48, der Rest,|     |      |     |Drei verdeckte }    |
 |   1.   |    {36             |56,01|      |     |Batterien,     }    |
 |Ordnung.|122 {2 Batterien, 24|Kiel |15,64 | 7,64|Kampanje und   }    |
 |        |    {3 Batterien, 18|51,54|      |     |Vorderkastell. }    |
 |        |    {und Kampagnen, |     |      |     |               }    |
 |        |    {12 und 18      |     |      |     |               }    |
 |        |       |            |     |      |     |               }    |
 |   1.   |       |            |     |      |     |Drei verdeckte }    |
 | Reihe. |70-100 |  Bronze-   |51,91|14,29 | 6,61|Batterien,     }    |
 |   2.   |       |  kanonen.  |     |      |     |Vorder- und    }    |
 |Ordnung.|       |            |     |      |     |Hinterkastell. }    |
 |        |       |            |     |      |     |               }    |
 |   2.   |       |            |     |      |     |               }[*] |
 | Reihe. |60-70  |  desgl.    |48,72|13,47 | 6,17|desgl.         }    |
 |   1.   |       |            |     |      |     |               }    |
 |Ordnung.|       |            |     |      |     |               }    |
 |        |       |            |     |      |     |               }    |
 |   3.   |       |            |     |      |     |               }    |
 | Reihe. |56-66  |Kanonen ⅔   |47,47|12,34 | 5,68|Zwei verdeckte }    |
 |   1.   |       |aus Bronze, |     |      |     |Decke, Kam-    }    |
 |Ordnung.|       |⅓ aus Eisen.|     |      |     |panje und      }    |
 |        |       |            |     |      |     |Vorderkastell. }    |
 |        |       |            |     |      |     |               }    |
 |   3.   |       |            |     |      |     |               }    |
 | Reihe. |40-50  |Kanonen ½   |34,22|12,01 | 5,41|desgl.         }    |
 |   2.   |       |aus Bronze, |     |      |     |               }    |
 |Ordnung.|       |½ aus Eisen.|     |      |     |               }    |
 |        |       |            |     |      |     |                    |
 |   4.   |       |            |     |      |     |               }    |
 | Reihe. |30-40  |Kanonen ⅓   |38,98|10,55 | 4,71|desgl.         }    |
 |        |       |aus Bronze, |     |      |     |               }    |
 |        |       |¾ aus Eisen.|     |      |     |               }    |
 |        |       |            |     |      |     |               }    |
 |   5.   |       |            |     |      |     |               }    |
 | Reihe. |18-30  |Kanonen ¼   |35,73| 8,66 | 4,55|Zwei kleine    }[**]|
 |        |       |aus Bronze, |     |      |     |Aufbauten oder }    |
 |        |       |¾ aus Eisen.|     |      |     |nur ein        }    |
 |        |       |            |     |      |     |Hinterkastell. }    |
 |Fregat- |       |            |     |      |     |               }    |
 |ten.    | 8-16  |    --      |  -- |  --  |  -- |     --        }    |
 |        |       |            |     |      |     |               }    |

 [*]  Linienschiffe.

 [**] Stehen nicht in der Schlachtreihe.

[Sidenote: II 166]

[Sidenote: II 169]

[Sidenote: II 15]

Die im Schiffbau unter Ludwig XIV. erzielten Fortschritte werden in dem
Werk _Le Musée de Marine du Louvre_ folgendermassen dargestellt: «Das
Hervortreten des Vorderteils ist weniger übertrieben, das Hinterkastell
ist niedriger gemacht, die Artillerie ist gut verteilt; die Masten
sind proportionierter und das Segelwerk umfangreicher und leichter zu
handhaben, so dass ein schnelleres Segeln und leichtere Bewegungen
erzielt werden. Der Reichtum und die Schönheit des Schmuckes sind auf
ihrem Höhepunkt angelangt; sie hatten die Art Poesie wie die ehemalige
Ritterschaft. Alles in dieser Marine lässt schon die Vervollkommnung
ahnen, zu der das Schiff unter den beiden folgenden Herrschern schnell
gelangt ist.»

Die Schiffbaukunst nimmt einen beträchtlichen Aufschwung. Einige Werke
werden veröffentlicht, von denen die von ~Bernouilli~ (1738) und
~Euler~ (1749) über die Stabilität der Schiffe die berühmtesten sind.

Die Abmessungen der Schiffe nehmen immer mehr zu. Schiffe mit 70
Kanonen, die 1715 in der 1. Klasse standen, werden i. J. 1765 in die 6.
Klasse eingereiht.

Die französische Flotte war i. J. 1750 nach dem _Musée de Marine du
Louvre_, folgendermassen zusammengesetzt:

 +======+========+========+========+===========+========+==============+
 |      |Lähge   |        |        |           |        |              |
 |      |des Vor-|        |        |           |        |              |
 |ARTIL-|derste- | Breite |  Tiefe |           | Mann-  |   Kaliber    |
 |LERIE |vens und|   am   |über dem| BATTERIEN | schaft |     der      |
 |      |des Hin-| Haupt- |  Kiel  |           |        |   Geschütze  |
 |      |terste- | balken |        |           |        |              |
 |      |vens    |        |        |           |        |              |
 +------+--------+--------+--------+-----------+--------+--------------+
 |                           +DREIDECKER+                              |
 |                                                                     |
 |Kano- |   m.   |  m.    |   m.   |           |  Mann  |              |
 |nen   |        |        |        |           |        |              |
 | 120  |56,84   |14,61   |7,47    |3 verdeckte|1000    {In der un-    |
 |      |-60,42  |-16,24  |-8,12   |Batterien, |-1200   {tersten Bat-  |
 |      |        |        |        |Back und   |        {terie 30 Pfd. |
 |      |        |        |        |Schanze und|        {              |
 |      |        |        |        |Kampanje   |        {              |
 |      |        |        |        |           |        {              |
 | 110  |54,57   |14,94   |7,31    |   desgl.  |1000    {2º    18  „   |
 |      |-57,82  |-15,59  |-7,80   |           |-1100[A]{              |
 |      |        |        |        |           |        {              |
 | 100  |53,27   |14,61   |7,47    |           | 900    {3º    12  „   |
 |      |-57,49  |-15,26  |-7,63   |   desgl.  | -1000  {              |
 |      |        |        |        |           |        {Halb-         |
 |  90  |51,97   |14,29   |6,81    |   desgl.  | 850    {deck   6  „   |
 |      |-55,22  |-14,94  | -7,46  |           | -900   {Kampanje      |
 |      |        |        |        |           |        {       4  „   |
 |                                                                     |
 |                           +ZWEIDECKER+                              |
 |                                                                     |
 |  80  |50,67   |13,96   |6,66    |2 verdeckte| 750    {Untere Bat-   |
 |      |-54,57  |-14,61  |-6,98   |Batterien, | -800   {terie 30 Pfd. |
 |      |        |        |        |Back,      |        {Obere 18  „   |
 |      |        |        |        |Schanze und|        {Halbdeck      |
 |      |        |        |        |Kampanje   |        {       8  „   |
 |      |        |        |        |           |        {Kampanje      |
 |      |        |        |        |           |        {       4  „   |
 |      |        |        |        |           |        |              |
 |  74  |48,72   |13,64   |6,50    |   desgl.  | 650   {    {36 oder 24|
 |      |-53,27  |-13,96  |-6,98   |           | -700  {des-{    8     |
 |      |        |        |        |           |       {gl. { 8 oder 6 |
 |      |        |        |        |           |       {    {    4     |
 |      |        |        |        |           |       {               |
 |  64  |46,04   |12,66   |6,00    |2 Batterien| 450   {Obere Batterie |
 |      |-48,72  |-12,99  | -6,50  |mit Back   |-500[B]{  21 oder 18   |
 |      |        |        |        |und Schanze|       {    untere     |
 |      |        |        |        |           |       {  18 oder 12   |
 |      |        |        |        |           |       {    Schanze    |
 |      |        |        |        |           |       {    6 Pfd.     |
 |      |        |        |        |           |       {               |
 |  50  |43,84   |11,36   |5,50    |   desgl.  | 300   {    {18 oder 12|
 |      |-45,17  |-12,01  | -5,85  |           | -330  {des-{12 oder 8 |
 |      |        |        |        |           |       {gl. { 6 oder 4 |
 |      |        |        |        |           |       {    {   Pfd.   |
 |                                                                     |
 |                            +FREGATTEN+                              |
 |                                                                     |
 |  40  |38,98   |10,71 to| 5,19   |Eine Bat-  |       {               |
 |      | -42,22 | -11,04 | -5,53  |terie mit  |280    {               |
 |      |        |        |        |Back und   | -300  {               |
 |      |        |        |        |Schanze    |       {               |
 |      |        |        |        |           |       { Batterie      |
 |  30  |35,07   | 9,74   | 4,55   |   desgl.  |200    {        12 Pfd.|
 |      | -38,98 | -10,39 |  -5,20 |           | -230  { Schanze       |
 |      |        |        |        |           |       {   6 bis 4 Pfd.|
 |  20  |33,13   | 8,77   | 4,22   |   desgl.  |130    {               |
 |      | -35,73 |  -9,10 |  -4,55 |           | -150  {               |
 |                                                                     |
 |                             +KORVETTEN+                             |
 |                                                                     |
 |  12  |19,49   | 7,85   | 2,92   |Batterie   | 70     |4 in Bank-    |
 |      | -22,74 |  -8,50 |  -3,25 |ohne Back  |  -80   |Batterie      |
 |      |        |        |        |und Schanze|        |              |

 [A] Es gab Zwischentype, die zu denjenigen in dieser Tabelle gestellt
sind, denen sie | am meisten ähneln.

 [B] Dieses Schiff war das kleinste von denen, die in die Schlachtreihe
eingestellt werden | konnten.


Frankreich hat ebenfalls einen grossen Einfluss auf das Zeichnen im
Schiffbau ausgeübt. (~Holmes~, S. 114 oben.) Das schönste Schiff dieser
Zeit ist die «Sans Pareil».

Das erwähnte Werk _Le Musée de Marine du Louvre_ enthält eine
Stelle, die die Zeit Ludwigs XVI. (1754-1793) betrifft, die unsere
Aufmerksamkeit fesseln dürfte (Kapitel VII): «Es war die Zeit, in
der die Wissenschaft des Schiffbaues, die in Holland entstanden war,
tatsächlich auf Frankreich überging», was nicht hinderte, dass man noch
zu Ende des 18. Jahrhunderts nach Holland ging, um den Schiffbau zu
studieren und zwar trotz des hohen Grads der Vollkommenheit, die er in
Frankreich erreicht hatte. Das genannte Werk sagt hierüber nämlich: «Am
Ende des verflossenen 18. Jahrhunderts nahm man in Holland Unterricht,
und hierüber enthält die Bibliothek von Brest eine Handschrift eines
der berühmten Ingenieure, des Olivier, der um’s Jahr 1780 nach Holland
geschickt worden war, um den Schiffbau zu studieren».

Dies zeigt, wie hoch zu jener Zeit der niederländische Schiffbau
geachtet war.

       *       *       *       *       *

Die Vermehrung der Grössenverhältnisse in der französischen Flotte fand
ihren Widerhall in der englischen Flotte. Diese war durch folgende
Angaben gekennzeichnet:

  +=================+=======+=======+=======+=======+=======+=======+
  |                 |       |       |       |       |       |       |
  |ZAHL DER KANONEN |   90  |   80  |   70  |   60  |   50  |   40  |
  |                 |       |       |       |       |       |       |
  +-----------------+-------+-------+-------+-------+-------+-------+
  |Länge des        |192 F. |192 F. |150 F. |144 F. |130 F. |118 F. |
  |Kanonendecks     |       |       |       |       |       |       |
  |                 |       |       |       |       |       |       |
  |Aeussere Breite  | 47 F. | 43 F. | 41 F. | 38 F. | 35 F. | 32 F. |
  |                 |       |       |       |       |       |       |
  |Tiefe            | 18 F. | 17 F. | 17 F. | 15 F. | 14 F. | 13 F. |
  |                 |  6 Z. |  8 Z. |  4 Z. |  8 Z. |       |  6 Z. |
  |                 |       |       |       |       |       |       |
  |Tonnage          |  1552 |  1283 |  1069 |  914  |  705  |  532  |
  |                 ------------------------------------------------|
  |                         1 englischer Fuss = 0,3048 m            |

~Holmes~ äussert sich folgendermassen S. 115: «The subject of the
superiority in size of the French ships was constantly coming to the
front and, in 1719, a new establishment was made for the dimension of
ships in our Royal Navy, according to the following scale[13].»

  +----------------+------+------+------+------+------+------------+
  |ZAHL DER KANONEN|  90  |  80  |  70  |  60  |  50  |     40     |
  +----------------+------+------+------+------+------+------------+
  |Zunahme in der  |      |      |      |      |      |            |
  |  Länge         | 2 F. | 2 F. | 1 F. |  0   | 4 F. |   6 F.     |
  |   der Breite   | 2 Z. | 1 F. | 6 Z. | 1 F. | 1 F. | 1 F., 2 Z. |
  |dem Tonnengehalt|  15  |  67  |  59  |  37  |  51  |    63      |
  +----------------+------+------+------+------+------+------------+

Im Jahre 1765 finden wir Schiffe mit 100 Kanonen, 2047 Tonnen Tragkraft
und 21 Fuss 6 Zoll Tiefe. ~Holmes~ schreibt hierüber (S. 124-128):
«During the whole of our naval history down to comparatively recent
time, improvements in the dimensions and forms of our ships were
only carried out after they had been originally adopted by French,
or Spaniards, or more recently by the people of the United States of
America».[14]

Im Jahre 1719 führt man in England das Verfahren ein, die Planken
am offenen Feuer zu erwärmen, um sie zu biegen, und im Jahre 1736
räuchert man sie. (~Holmes~, S. 115.) Im Jahre 1753 verbessert man die
Ventilation (~Holmes~, S. 117) und im Jahre 1761 (nach ~Holmes~, S.
121) folgt die Erfindung des Verfahrens, die Schiffe mit Kupferplatten
zu überziehen. Vor jener Zeit verwendete man ausnahmsweise hierzu
Blei; etwa 100 Jahre vorher wurden mehrere Schiffe in Holland zum Teil
oder ganz mit Kupferplatten überzogen, wie aus einer Stelle im dem
Werk von ~Van Yk~, _De Nederlandsche Scheepsbouwkunst opengesteld_,
hervorgeht, wo es auf S. 121 heisst: «Dat het schip om de zuid of west
bestieren sal, heeft sy om den houtknagenden worm daarvan te keeren,
stevenswaarts met koper doen bekleeden»[15].

Das Vorstehende zeigt genügend, dass um die Mitte des 18. Jahrhunderts
die französische und englische Flotte der unsrigen überlegen waren,
was die Grösse ihrer Schiffe betrifft. Die Erfahrung hatte indessen
gezeigt, dass die Stärke einer Flotte nicht allein in der Zahl, sondern
vielmehr in dem inneren Wert jedes Schiffes liegt (~de Jonge~, Bd. 4,
S. 86), wie übrigens ~Martin Hampertszoen Tromp~ selbst schon vorher
erklärt hatte.

Um einen Begriff von der ausserordentlichen Kraft zu geben, die von den
Vereinigten Provinzen entwickelt wurde, möchte ich bemerken, dass von
1682 bis 1700, also in 18 Jahren 15 Schiffe von 90 bis 96 Kanonen (alle
15 mit drei Decken), zwei von 80 bis 86, zwei von 70 bis 74, 29 von 60
bis 68 und 26 von 50 bis 56 Kanonen gebaut wurden, sowie zwei Fregatten
von 22 Kanonen, drei Brander und neun Bombarden d. h. im ganzen 107
Schiffe. Von diesen wurden nur 7 ausserhalb Hollands und Seelands
gebaut. (~de Jonge~, Bd. II, S. 72-75.)

Ausser dieser Flotte, deren Kosten durch ausserordentliche Kredite
gedeckt wurden, baute man während der gleichen Zeit mittels
gewöhnlicher Kredite 65 andere Fahrzeuge, darunter 7 von 50 bis 52
Kanonen, 18 von 40 bis 46, 17 von 30 bis 38, 13 von 20 bis 26 und 10
von 16 Kanonen und geringerer Grösse.

Das ergibt für einen Zeitraum von 18 Jahren eine Gesamtzahl von 107 +
65 gleich 172 Schiffen (ebenda, S. 77). Aber diese ausserordentliche
Vergrösserung war nötig; man brauchte nur die erlittenen Verluste ins
Auge zu fassen; diese betrugen durch Unwetter und andere Ursachen in
den Jahren 1688 bis 98 drei Einheiten von 70, fünf von 60, sechs von
50, acht von 40 bis 46 Kanonen, ausserdem einige Schiffe von 30 Kanonen
oder weniger d. h. im ganzen 36 Fahrzeuge.

Alle diese Arbeiten verursachten natürlich erhebliche Kosten; während
der Zeit von 1682 bis 1702 wurden für neue Schiffe etwa 81197000 Gulden
und für die Ausrüstung etwa 69954000 Gulden aufgewendet.

Die Unterhaltung, Ausrüstung u. s. w. kostete jährlich etwa 5829000
Gulden, und i. J. 1697 betrug die Ausgabe 7723000 Gulden (ebenda, S.
80 und 81). Um sich einen genauen Begriff von der Bedeutung dieser
Summe zu machen, muss man sich erinnern, dass zu der Zeit, die uns
beschäftigt, die Löhne u. s. w. viel niedriger waren als heutzutage.
(~de Jonge~, Bd. 4, I. Kap., S. 80, Anm.)

Ausser diesen Kriegsschiffen baute man eine grosse Zahl von
Handelsschiffen, Binnenschiffen von geringerer Grösse und
Fischereifahrzeugen, sodass, wenn man den alten Schriftstellern Glauben
schenkt, es Orte gab, wo unter Berücksichtigung aller Fahrzeuge man
mehr Schiffe zählte als Häuser.

In der Zeit, zu der Hugo de Groot lebte, wurden jährlich 2000 Schiffe
gebaut. (M. ~Koenen~, _Geschiedenis van Scheepsbouw en Zeevaart_,
S. 87.) Es gab keine Holländer, die nicht einige Kenntnis von dem
Schiffbau oder der Schiffahrt besassen (ebenda, S. 85).

[Sidenote: II 154]

Um eine so grosse Summe von Tatkraft entfalten zu können, musste sich
natürlich der Schiffbau bei uns in ausserordentlicher Weise entwickeln.
Wir finden den Beweis hierfür in den Werken von ~Nicolas Witsen~ (1671)
und von ~Van Yk~ (1697). Unsere Schiffbaukunst erfreute sich also im
Anfang des 18. Jahrhunderts einer unerhörten Wohlfahrt.

[Sidenote: II 155]

[Sidenote: II 156]

Was die Vervollkommnung betrifft, die das Zeichnen im Schiffbau um die
Mitte desselben Jahrhunderts erreicht hatte, so wird es genügen, in
unserem Album die photographischen Reproduktionen einiger Zeichnungen
von W. van Gent aus dem Jahre 1750, 1751, 1752 zu betrachten, deren
Originale zu der wunderbaren Bildersammlung von S. van Gyn in Dordrecht
gehören; dasselbe beweist die Abbildung eines Kriegsschiffes aus dem
Jahre 1770, die sich in der Sammlung kolorierter Zeichnungen befindet.

Diese Urkunden geben getreu die Schiffe mit den notwendigen
Wasserlinien wieder, was aber in besonderem Grade die Aufmerksamkeit
erregt, ist die folgende Inschrift, die die Zeichnung eines
Kriegsschiffs aus dem Jahre 1750 sehr leserlich zeigt: «Propriété de
l’amiral Schryver». Dieser Admiral ist derselbe, der im Jahre 1753
schrieb, dass «während der Zeit von 1683 bis 1753 die Schiffbauer,
besonders die, welche Kriegsfahrzeuge für den Staat herstellten, nur
noch gewöhnliche Marine-Zimmerleute waren, dass sie keine theoretischen
Kenntnisse besassen, sich nur von der Erfahrung leiten liessen
und sich in mancher Hinsicht auf derselben Höhe befanden wie die
Schiffseigentümer von Zaandam, die beim Scheitern eines Schiffs sich
mit den Worten entschuldigten, dass das Schiff sich nicht anders als
mit der Axt hätte bauen lassen.»

Zur Unterstützung des Vorstehenden verweist der Admiral Schryver auf
einige weniger gut gelungene Kriegsschiffe, unter denen er an erster
Stelle fünf Dreidecker aufführt, die von 1683 bis 1689 gebaut waren,
die ersten übrigens, die von unseren Schiffbauern hergestellt waren.

Dass diese Schiffe nicht völlig den Erwartungen entsprochen haben,
wer wird sich darüber wundern! Und wenn man später Schiffe von
besserer Beschaffenheit gebaut hat, so beweist das nur, dass es
unsern Schiffbauern gelungen ist, die grosse Aufgabe zu lösen, feste
Schiffe zu bauen, deren Tiefgang mit Rücksicht auf die Tiefe unserer
Durchfahrten und Flüsse indessen nur beschränkt sein durfte.

Noch später hat man Unvollkommenheiten feststellen können; aber
das beweist keineswegs die Unfähigkeit unserer Schiffbauer. Auch
heutigentags kommt es im Ausland wie bei uns vor, dass die besten
Werften Schiffe vom Stapel lassen, die weniger vollkommen sind oder der
Verbesserungen bedürfen.

Die Klage des Admirals Schryver (~de Jonge~, Bd. 4, I. Kap., S. 116)
über die Unfähigkeit unserer Schiffbauer scheint mir weder begründet
noch verdient! Meiner Meinung nach haben wir es in diesem Falle mit
einem eigensinnigen Seeoffizier zu tun, der von seinen eigenen Ideen
erfüllt ist und im allgemeinen nur Missachtung für die der anderen
hat (~de Jonge~ Bd. 4, I. Kap. S. 116), und nicht mit einem Mann, der
auf der Höhe unseres Schiffbaues stand. Wie oben gezeigt ist, geschah
es übrigens nicht nur zur Zeit des Staatspensionärs de Witt und des
berühmten Colbert, wie ~de Jonge~ sagt (Bd. 4, I. Kap., S. 120),
dass man vom Ausland kam, um bei uns den Schiffbau zu lernen; noch
viel später im Jahre 1780 schickte Frankreich seine Söhne auf unsere
Werften, und man nimmt an, dass erst unter der Regierung Ludwigs XVI.
(1774 bis 1793) die französische Marine sich völlig dem holländischen
Einfluss zu entziehen verstand.

Unser Vaterland verfolgte indessen mit Aufmerksamkeit die Fortschritte,
die sich in Frankreich und England auf dem Gebiete des Schiffbaues
vollzogen; Beweis hierfür ist die Uebersetzung des Werks von ~du Hamel
du Monceau~ (erschienen im Jahre 1757) und die Stelle darin, wo für
später eine Uebersetzung des Werkes von ~Mungo Murray~, des berühmten
Schiffbauers der Schiffswerft von Deptford, angekündigt wird. Ich
weiss nicht, ob diese Uebersetzung jemals das Licht erblickt hat;
nichtsdestoweniger geht aus dem Vorstehenden meines Erachtens deutlich
hervor, dass man die im Ausland erschienenen Werke las.

Es steht also fest, dass man schon in der Mitte des 18. Jahrhunderts in
unserem Lande Schiffe nach Zeichnungen baute. Man hatte also mit dem
alten holländischen Verfahren gebrochen, das darin bestand, sich nach
den Senten-Linien (Centlijnen) zu richten.

Die unteren Stückpforten der Schiffe waren zu nahe an die Wasserlinie
gelegt; man hatte dies zuerst bei uns bemerkt; dieselbe Klage wurde
auch bald in England gehört, wo man indessen diesem Zustand erst
ausgangs des 18. Jahrhunderts abhalf, indem man den französischen
Schiffbauern folgte. (~Holmes~ S. 126).

Es ist eine gewisse Zeit verstrichen, bevor Grossbritannien die
Verbesserungen angenommen hat, die von den Franzosen im Schiffbau
eingeführt waren.

~De Jonge~ berichtet, indem er sich auf fremde Angaben stützt, dass
der Zar Peter der Grosse in England den eigentlichen Schiffbau gelernt
hätte.

Der Geschichtsschreiber ~Fincham~ erzählt sogar (_History of naval
architecture_ S. 69), dass der Zar Peter den englischen Schiffbau
dem holländischen vorgezogen hätte. In dieser Hinsicht macht
~Koenen~ darauf aufmerksam, dass diese Bevorzugung sich nur auf die
Kriegsschiffe bezogen haben könnte. Das alles hat indessen Peter
den Grossen nicht gehindert, holländische Schiffe, Schiffbauer und
Seeleute für die Schöpfung seiner Flotte zu benutzen, die drei Jahre
vor seinem Tode 41 Kriegsschiffe mit 2106 Kanonen und 14,900 Mann an
Bord umfasste, und die die Schweden zu der Aeusserung veranlasste (~de
Jonge~, Bd. 4, II. Kap., S. 152 und ~Koenen~, S. 93-95): «Wir sehen
auf der moskovitischen Flotte nichts Moskovitisches ausser der Flagge.
Wir haben eine holländische Flotte zu bekämpfen, die von Holländern
befehligt wird, mit holländischen Seeleuten besetzt ist und die mit
holländischem Pulver aus holländischen Kanonen schiesst.»

Man fragt sich nun, ob der Zar Peter wirklich holländische Schiffbauer
herangezogen hätte, wenn er bessere bei den Engländern hätte finden
können?

Wie soll man aber erklären, dass man um die Mitte des 18. Jahrhunderts
sich von unsern Schiffbauern abgewendet hat?

In England und in Frankreich wuchsen die Grössen der Schiffe
unaufhörlich; die Flotten der fremden Mächte gewannen also ständig
an Bedeutung, während man bei uns wegen der geringen Tiefe unserer
Durchfahrten, Flüsse und Häfen nicht imstande war, Schiffe zu bauen,
die an Grösse sich mit denen des Auslands messen konnten. (S. ~van Yk~,
S. 14.) Alle Schriftsteller jener Zeit weisen auf diesen Zustand hin,
dessen Vorhandensein ich durch die Beibringung einiger Ziffern bewiesen
habe.

Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts fühlte man den Missstand, der
sich aus der verhältnismässig geringen Tiefe des niederländischen
Fahrwassers ergab, und dieser Uebelstand musste in der Folge immer
deutlicher hervortreten. Die Notwendigkeit, grössere Schiffe zu bauen,
die bis zu 90 und 95 Kanonen trugen, wurde indessen dringend. Um den
grossen Tiefgang zu vermeiden, musste man also die Schiffe breiter
machen; diese wurden indessen dadurch schwer, segelten schlecht und
waren nur schlechte Kriegswerkzeuge in den Händen unserer tapferen
Seeleute. Soll man sich nun wundern, dass diese sich darüber bitter
beklagten? So mussten wir trotz all unseres Mutes wegen der Tiefe
unseres Fahrwassers und ungeachtet der finanziellen Verhältnisse dem
Auslande weichen.

Mit Unrecht schreibt man diese Minderwertigkeit den Schiffbauern
jener Zeit zu. Viele von ihnen haben sich natürlich lange an das
alte Verfahren gehalten, wie aus dem Werk des ~Du Hamel du Monceau~
hervorgeht. Auf S. 287 dieses Werks heisst es: «Die Gewohnheit,
mechanisch und knechtisch nachzuahmen, was früher geschah, hat
alle jene Proportionsregeln geschaffen, die bei der Bestimmung der
Hauptrippe, der Beschreibung der Modelle und ihrer Zeichnung beobachtet
wurden.» Was er hinzufügt, ist nicht weniger interessant: «Jeder
Schiffszimmermann bewahrte diese Regeln für seine Familie als ein
Geheimnis.»

Die holländischen Schiffbauer sind keine Freunde der Feder. ~Witsen~
selbst bemerkte dies schon. Sie hatten Furcht, ihre Geheimnisse
zu veröffentlichen, damit nicht auf diese Weise ihre Arbeit ihnen
von andern entrissen würde. Noch vor wenig Jahren weigerte ein
Schiffbauingenieur sich, mir die Zeichnungen eines von ihm gebauten
Schiffes zu zeigen; er fürchtete ebenfalls, dass seine Modelle
nachgeahmt würden.

Wie konnte man übrigens erwarten, dass man um die Mitte des 18.
Jahrhunderts schon Schiffe völlig nach wissenschaftlichen Regeln baute,
da in Frankreich, das allen Völkern in dieser Hinsicht überlegen war,
man erst 1740 dazu kam. «_Le Musée de Marine du Louvre_» berichtet
nämlich, indem es vom 18. Jahrhundert spricht: «Es (das Schiff) wird
nach wissenschaftlichen Grundsätzen gebaut, die im Jahre 1697 bekannt
zu werden anfingen, aber erst im Jahre 1740 zur Anwendung kamen; sie
führten dahin, dass sich die Schiffe in allen Ländern glichen, so weit
sie für die grosse Schiffahrt bestimmt waren; die Originalität blieb
nur für die Schiffe bestehen, die für die Küstenschiffahrt bestimmt
waren.» (s. u. a. ~Bougeur~ 1746, ~XXIII~.)

Es war also nicht das Haften an dem Ueberlieferten, sondern der
natürliche Zustand unseres Fahrwassers, das uns verhinderte,
Kriegsschiffe von demselben Gefechtswert wie die des Auslandes zu
bauen. Das vergisst ~de Jonge~, der zu viel Wert auf die Praxis
legt, die besonders im Schiffbau noch heutzutage ein grosses Ansehen
geniesst. Dieser verehrte Schriftsteller kommt demnach notwendigerweise
dazu, über unsere Schiffbauer des 18. Jahrhunderts ein ungünstiges,
aber unverdientes Urteil zu fällen.

Der Rückgang des Schiffbaues längs der «Zaan» z. B. war nicht die
Folge der Unwissenheit unserer Schiffbauer; die Ursache dafür ist
besonders der Versandung des Flusses und seiner Mündung zuzuschreiben.
Infolgedessen war es nicht mehr möglich, ohne grosse Kosten und Mühen
grössere Schiffe in See zu bringen. (~Loosjes~, _De Zaandamsche
dorpen_, S. 194; ~Koenen~ S. 95.)

[Sidenote: III 15]

Um den Unterschied zwischen der französischen und englischen und
der holländischen Bauweise zu zeigen, habe ich auf einem Blatt in
der Abbildungssammlung die verschiedenen Hauptrippen aufzeichnen
lassen. Diese Zeichnung spricht für sich selbst; es scheint mir
jedoch nötig, im Vorübergehen die Aufmerksamkeit auf den Unterschied
der verschiedenen Stile zu lenken. Dieser Unterschied lag zunächst
in der Form und der Zusammensetzung der Hauptrippen; dann zeigten
die englischen Schiffe weniger Krümmung, gingen weniger in die Höhe
und hatten keinen Spiegel. (~Van Yk~ S. 17.) Die Engländer scheinen
auch statt der vertikal nebeneinander stehenden Deckstützen sich
kreuzende verwendet zu haben, um das Schiff weniger anzustrengen; man
hielt indessen dies Verfahren für weniger praktisch hinsichtlich des
Verstauens. (~Van Yk~, S. 17 und Abbild. A. S. 18.) Sie gaben ihren
Schiffen einen vorspringenden Bug (~Witsen~, S. 126) und breite Flanken
(«dick in den buik», wie ~Witsen~ sagt, S. 207), im Gegensatz zu den
holländischen Schiffen. «The Dutch ships,» sagt ~Holmes~ (S. 110), «in
one respect excelled all others in that they were the first in which
the absurd practice of an exaggerated ‹tumble home› or contraction of
the upper deck was abandoned.» «This fashion,» sagt er später, «was
still carried out to a very great extent by the Englisch and to a less
extent by the French and Spaniards»[16].

Dieser Schriftsteller spricht ebenfalls von dem geringen Tiefgang
unserer Schiffe. Er äussert sich hierüber auf S. III folgendermassen:

«In consequence of the shallowness of the Dutch harbours, the draught
of their ships was also considerably less than that of the English
vessels of corresponding force»[17].

Die Engländer besassen Becken zum Bau ihrer Schiffe; (~Witsen~ S. 206.
I. Spalte) sie benutzten weder Berghölzer noch Stützen. Bevor sie ein
Schiff auf Stapel legen, sagt ~Van Yk~ (S. 19), gelingt es ihnen, das
Modell davon so vorzubereiten, dass es die gewünschte Form erhält. Zu
diesem Zweck zeichnen sie vor dem Baubeginn die Rippen in natürlicher
Grösse auf einen Boden aus Brettern. Dies Verfahren ist also in England
entstanden.

Das Aufzeichnen der Aufrisse ist bei uns erst in der Mitte des 18.
Jahrhunderts eingeführt worden. Vordem brauchte man bei uns nur Modelle
und Senten-Linien, wie man noch heut beim Bau der kleineren Holzschiffe
und Fischerboote verfährt.

Die Einführung der Aufrisse erfolgte jedoch nicht ganz allein, um
so mehr als man an dem Erfolg ihrer Anwendung auf die holländischen
Schiffe zweifelte, die wie ~Van Yk~ (S. 19) sagt «runde Flanken hatten,
_damit sie über das Wasser gleiten könnten_ und schärfere Kurven als
die englischen Schiffe,» die einen regelmässigeren Umriss hatten.

Die Schweden und die Dänen folgten zum grossen Teil dem holländischen
Verfahren. (~Van Yk~, S. 20.) Ihre Marine war der unsrigen nachgebildet
(~de Jonge~), aber ihre Schiffe waren weniger voll und hatten einen
grösseren Tiefgang.

Den Franzosen fällt die Ehre zu, der Schiffbaukunst wissenschaftliche
Regeln gegeben zu haben. Alle Völker, sogar die Engländer und die
Holländer haben sich nach ihren Grundsätzen gerichtet (um die Mitte des
18. Jahrhunderts). Aber erst gegen Ende dieses Jahrhunderts drang das
französische Verfahren für die Berechnung und Zeichnung der Schiffe
überall ein.

Ausser einer eigentlichen Kriegsflotte besassen die Niederlande eine
sehr bedeutende Handelsmarine. (~Koenen~, S. 90.) Diese umfasste, wie
man sagt, am Anfang des 17. Jahrhunderts 20,000 Schiffe, die alle in
Holland gebaut waren und das Meer unter holländischer Flagge in allen
Richtungen durchfuhren. Am Ende des 17. Jahrhunderts, als wir schon
mehrere unserer überseeischen Besitzungen verloren hatten, betrug der
Gesamttonnengehalt der Handelsmarine in England 500000 t; in unserem
Lande 900000 Tonnen und in den anderen vereinigten Ländern 2 Millionen
Tonnen. (~Groen van Pinsteren~, _Handboek_ 303, ~Koenen~, S. 160.)

Unsere Handelsschiffe erreichten schnell eine grosse Vollkommenheit;
man kann sich davon überzeugen, durch die Bemerkungen Sir ~Walter
Raleighs~ (1552-1618) über die holländischen Schiffe, in denen man,
wie er hervorhebt, eine grosse Menge Waren verstauen konnte, während
sie eine geringere Besatzung erforderten, als die englischen Schiffe.
(~Koenen~, S. 86.)

Unsere Handelsschiffe, unter denen besonders Flüten vertreten waren,
wurden von den Engländern und Franzosen nachgeahmt. Vorzugsweise
verwendete man Flüten als Transportschiffe. Hierüber heisst es z. B.
in dem _Musée de Marine du Louvre_: «La marine a toujours eu des
navires de transport destinés à ravitailler les escadres et qui d’abord
nommés flûtes ou transports, ont été désignés plus tard sous le nom de
corvettes de charge»[18].

Um einen Begriff von der Zahl der ausgangs des 17. Jahrhunderts in
Gebrauch befindlichen Schiffe zu geben, lasse ich hiernach einige
Ziffern aus dem Werk von ~Koenen~, S. 160 folgen, die der Verfasser dem
Werk von ~Van Hoogendorp~, _Bydragen tot de huishouding van den Staat_
(Bd. I, S. 183) entnommen hat.

Im Jahre 1783 gab es in Nordholland und in Friesland: 50 Flüten von
400, 450 bis 500 Last, die nach der Ostsee und Norwegen, Frankreich
und Spanien fuhren, und 30 Flüten von 250 bis 280 Last; 18 Flüten von
160 bis 180 Last, die den Hafen von Archangelsk, das Mittelmeer und
Westindien aufsuchten. Diese letzteren dienten anfänglich der Fischerei
in Grönland; 16 Katschepen von 160 bis 180 Last; 80 Hoeker (Huker)
oder Galiots, darunter 13 von 300 bis 350 Last, 18 von 280 bis 240, 12
von 220 bis 200, 17 von 180 bis 160 und 20 von 150 bis 100. Alle diese
Fahrzeuge segelten nach Archangelsk, der Ostsee, dem Mittelmeer und
Westindien. Es gab ausserdem 60 Fregatten, «Snauwen» und Brigantinen,
darunter 10 von 150-200 Last, 30 von 100-140, 20 von 70-90; 5 Heckboote
von 200-300 Last; 140 Fahrzeuge und zwar Huker, Fregatten, Snauwen,
Brigantinen, deren Ladefähigkeit von 300 bis 60 Last schwankt. Endlich
gab es noch 36 Schiffe, die nach West- und Ostindien fuhren, 150
Kuffen und Schmacken von 50 bis 70 Last, 90 Kuffen und Galiots von
70 bis 100 Last, und schliesslich 120 Galiots, Huker und Kuffen von
100-150 Last, im ganzen 819 Fahrzeuge.

Zu dieser Zahl muss man für Leeuwarden hinzufügen 20 Kuffen und
Schmacken, deren Ladefähigkeit von 50 bis 100 Last und darüber
schwankte; für Groningen 30 Schiffe von 50 bis 70 Last; für Harlingen 9
Fahrzeuge von 100 bis 150 Last, 1 von 180, und 3 von 200-300 Last; für
Makkum 14 Schiffe von 60-100 Last und mehr; für Werkum 2 von 60-70, 24
von 80 bis 100, und 23 von 100 Last und darüber.

Bolsward, Woudsend, Dryst, Dokkum, Sneek, Grouwsloten, u. s. w. zählten
zusammen 30 Schiffe von 50 bis 70 Last; 40 von 70 bis 100 und 50 von
100 Last und darüber. Endlich hatte Lemmen 40 Schiffe von 50 bis 100
Last und darüber.

Es gab ausserdem eine Menge kleinerer Schiffe wie die Tjalken u. s. w.,
mit einer Ladefähigkeit von 20 bis 30 Last und eine nicht weniger
grosse Zahl von Fischerbarken, die in den obigen Ziffern nicht
mitgezählt sind.

Wir kommen so auf etwa 1105 Fahrzeuge, ohne die Schiffe von geringerer
Bedeutung.

Aber es war nicht allein die Zahl gross; es gab gleichzeitig, wie wir
aus den verschiedenen Benennungen ersehen konnten, eine grosse Menge
verschiedener Schiffsarten.

In dem folgenden Kapitel werden wir uns mit den Handelsschiffen
beschäftigen; bevor wir jedoch die Kriegsschiffe verlassen, ist
zu bemerken, dass schon im Anfang des 17. Jahrhunderts unser Land
Fregatten besass, einen Schiffstyp, dessen man sich bei uns vor
jener Zeit nicht bedient hatte, der sich aber durch die Umstände als
notwendig erwiesen hatte.

Die Einwohner von Dünkirchen brachten uns herbe Verluste bei: von 1631
bis 1637 nahmen sie uns in Maassluis mehr als 200 Fischereifahrzeuge,
die man auf mehr als 1 Million Gulden geschätzt hat. (~de Jonge~, Bd.
I, S. 373.) Um ungestrafter ihre Räubereien ausführen zu können, hatten
sie dem Mittelmeer ein Schiff von schlanken Formen entnommen, das, wenn
es auch nicht gross war (es hatte nur 6 bis 12 Kanonen), ein guter
Segler war; ich meine die Fregatte.

Um wirksamer gegen die Einwohner von Dünkirchen zu kämpfen, machte
man sich auch bei uns daran, das fragliche Schiff zu bauen, und seine
Zahl wuchs schnell auf das Drängen unseres grossen Tromp. (~de Jonge~
Bd. I. S. 388 und 389.) In der Folge baute man Schiffe mit grösseren
Abmessungen.

[Sidenote: III 18]

Die Fregatte war, wie ich oben bemerkt habe, nach Frankreich durch die
Einwohner von Dünkirchen gebracht worden, von da ging sie 1741 nach
England (~Holmes~ S. 121); im Jahre 1646 besass dies Land jedoch schon
einige von geringerer Grösse.

Die Fregatten haben eine wichtige Rolle in dem englisch-amerikanischen
Kriege gespielt.

Einer der grössten Feinde der Holzschiffe war, wie leicht begreiflich,
das Feuer. Es ist selbstverständlich, dass man schon in den ältesten
Zeiten dieses Element verwendete, um die feindlichen Flotten zu
zerstören. Man wird sich indessen nicht damit begnügt haben, brennendes
Pech zu schleudern; man brauchte wirksamere Mittel, und so bedienten
sich die Alten schon der Brander, um Feuer an die Flotte des Gegners zu
legen.

Wir wollen uns nicht in Vermutungen über die Brander der Alten ergehen,
die überdies nur gewöhnliche Schiffe gewesen sind. Wir werden vielmehr
eine zusammenfassende Beschreibung der Brander geben, deren man sich
im 17. Jahrhundert bediente. Es sind nur solche, von denen ~Witsen~ in
seinem wohlbekannten Werk auf Seite 166 und 167 spricht.

Schiffe von geringerer Grösse dienten als Brander, hauptsächlich Flüten
oder Pinassen, später Spiegelschiffe von 70 bis 80 Last. Diese Schiffe
hatten ein einheitliches Deck und ein durchlaufendes Oberdeck, in das
man Löcher von etwa 1½ Quadratfuss schnitt. Von dem Hinterkastell ging
eine Leitung aus, die das Schiff in seiner ganzen Länge durchzog,
und die mit Querleitungen u. s. w. versehen war; mit einem Wort, man
stellte ein Röhrensystem her, durch das Feuer leicht und schnell laufen
konnte und zwar durch das ganze Fahrzeug. Zu diesem Zweck füllte man
die Röhren mit einem Stoff, der zur Hälfte aus Pulver, zu einem Viertel
aus Salpeter, und zu einem Viertel aus Harz und Schwefel zu gleichen
Teilen gemischt bestand; dem Ganzen wurde etwas Leinöl beigemengt.

Die so gefüllten Leitungen wurden mit Hobelspänen bedeckt, die
ihrerseits unter Bündeln von leichten Zweigen verschwanden, die mit
einer Mischung von Harz, Oel aus der Leber des Kabeljaus, Pulver
und Salpeter überzogen waren. Das Schiff wurde ausserdem mit leicht
brennbaren Stoffen gefüllt; das Deck und die Innenwände waren mit Fett
überzogen und mit einer feinen Schicht gepulverten Harzes bedeckt.

Man lud manchmal sogar in die Brander leere offene Teertonnen, in die
man Hobelspäne warf, welche mit denselben Stoffen überzogen waren. Man
sorgte besonders dafür, dass alle Pforten und Luken offen waren, um
Luftzug hervorzurufen.

Um den Brander sicherer am feindlichen Schiff festmachen zu können,
befestigte man am Ende des Bugspriets, und zwar darunter und am Ende
jeder Raae, einen kräftigen Haken, den man mit Leinen lösen konnte, die
längs des Schiffes angebracht waren.

Um den Feind zu täuschen, brachte man in den Stückpforten hölzerne
Kanonen an; auf dem Hinterteil allein wurden zwei eiserne Kanonen
aufgestellt, um sich gegen die Schaluppen u. s. w. verteidigen zu
können.

An dem Hinterkastell war eine grosse Klappe eingebaut, durch die die
Mannschaft, nachdem sie Feuer angelegt und die Enterhaken ausgelegt
hatte, das Schiff verlassen konnte, um mit der Schaluppe zu entfliehen,
die unter der Klappe am Brander befestigt war.

Der Dienst auf dem Brander war natürlich kein Ruheposten; daher wählte
man auch für ihn nur die tüchtigsten Leute aus, die wegen der grossen
Gefahr, die sie liefen, doppelten Sold erhielten.

Im Bedürfnis richtete man die Brander gerade auf den Feind, sodass das
Schiff des Gegners vorn und nicht von der Seite gefasst wurde. Unter
diesen Umständen verwickelten sich die Taue sogleich und eine Lösung
war nicht mehr möglich.

Im allgemeinen waren die Brander nur alte Fahrzeuge; manchmal waren
es auch ganz neue Schiffe, zu deren Bau man sich, wie ~Witsen~ sagt:
«eines sehr gewöhnlichen, ganz leichten und sehr leicht entzündbaren
Holzes bediente.»

Aeusserlich unterschieden sich die Brander nicht von den gewöhnlichen
Schiffen; das Gegenteil wäre überdies nicht praktisch gewesen, weil der
Feind sie alsdann sofort erkannt hätte. Ihre Mannschaft war so wenig
zahlreich, wie möglich und alle Massnahmen waren getroffen, um ihr das
Verlassen des Fahrzeuges zu ermöglichen, so bald es angezündet war und
den gewünschten Ort erreicht hatte.

[Sidenote: II 158]

[Sidenote: II 161]

Man kennt genügend die Umwandlungen, die unsere Kriegsschiffe im
Laufe des 19. Jahrhunderts erfahren haben; es dürfte also nicht nötig
sein, sich hierbei aufzuhalten. Ich möchte mich darauf beschränken,
hervorzuheben, dass die Schiffe immer weniger Krümmung hatten, das der
Vorder- und der Hintersteven fast vertikal wurden, und dass die alten
Verzierungen fast ganz verschwanden.

[Sidenote: II 165]

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wählte man für das Hinterteil die
abgerundete Form, nach der englischen Art; das war der Tod des alten
Spiegelschiffs. Aber schon längst nannte man es _Kriegsschiff_. Diese
neue Benennung entsprach nicht einer neuen Bauweise.

Unser Schiffbau war während der französischen Besetzung gesunken, und
die Kontinentalsperre vernichtete ihn völlig. Gegen Ende der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte er indessen z. T. wieder auf. Im
Jahre 1824 baute man allerdings nur 3 Schiffe, von 1440 t.; aber im
Jahre 1827 war diese Zahl auf 59 Schiffe mit einer Ladefähigkeit von
19758 t. gestiegen. Diese Angaben betreffen nur Schiffe von mehr als
100 t. (~Koenen~ S. 101.)

Im Jahre 1853, sagt ~Koenen~, gab es in dem Groninger Lande für die
Binnenschiffahrt, wie für die Seeschiffahrt 89 Schiffswerfte; in
Friesland gab es bedeutende Schiffswerfte in Harlingen und Lemmen,
die nur für die Seeschiffahrt arbeiteten. In Nordholland baute
man Seeschiffe in Amsterdam, Medemblik, Monnikkendam, Muiden und
Nieuwendam. In Südholland blühte der Schiffbau in Rotterdam, Schiedam,
Alblasserdam und Dordrecht. Im gleichen Jahre 1853, fügt der genannte
Verfasser hinzu, empfingen 125 in unserm Land gebaute Schiffe
niederländische Pässe, und unsere Handelsmarine umfasste 1971 Schiffe
mit 224-432 Last Ladefähigkeit.

Auch der Dampf hielt seinen Einzug bei uns in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts; die Segelschiffahrt wurde dadurch in das Hintertreffen
gedrängt. Die Einführung des Eisens brachte ebenfalls eine grosse
Umwälzung; aber auf sehr vielen Werften erkannte man nicht die
Bedeutung dieses neuen Baumaterials, sodass man sich zu lange beim Bau
von Holzschiffen aufhielt, und dass schliesslich der Zusammenbrach
erfolgte. Andere dagegen, die gleich im Anfang sich dem Eisenbau
zugewendet haben, haben sich gedeihlich entwickelt und in hohem Masse
dazu beigetragen, den alten Ruf unserer holländischen Schiffbaukunst
hochzuhalten.

Das erste Eisenschiff in unserem Lande wurde von Fop Smit gebaut, der
auch die eisernen Maste erfunden zu haben scheint. Die ersten Dampfer
wurden in Feyenoord (1834/35) auf der Werft erbaut, die jetzt der
«Société de constructions navales et de mécanique» gehört. (Siehe
_Gedenkboek Kon. Instituut van Ingenieurs_, S. 209 usw.)

Man kennt zur Genüge die Umwälzung, die das Eisen in unserm
Kriegsschiffsbau hervorrief; aber die Kriegsschiffe haben dabei jeden
eigenen Charakter verloren, und man erkennt sie nur noch an der Flagge,
die sie tragen. Das ist der Zustand für die Seeschiffahrt; aber das
wird auch die Lage der Binnenschiffahrt werden. Auch hier ist das Eisen
eingeführt worden; die alten Formen verschwinden, um Typen Platz zu
machen, die bald allgemein Verwendung finden werden.

Aber dann wird auch jeder nationale Charakter auf den Flussschiffen
verschwunden sein, und man wird vergeblich suchen, was vergangen ist.
Obgleich schon viel Gleichmässigkeit vorhanden ist, kann man doch noch
immer an ihren soliden und eleganten Formen die in Holland gebauten
Schiffe erkennen.

Könnte dem doch immer so sein; möchten die Schiffbauer den guten
Ruf der holländischen Schiffbaukunst mehren, aber möchte auch das
niederländische Kapital fortfahren, sie zu unterstützen und begreifen,
dass die Macht unseres Vaterlandes in einer blühenden Marine liegt.
Aber diese braucht auch ausgezeichnete Verbindungsstrassen; im 19.
Jahrhundert sind bekanntlich neue Verbindungen zu Wasser geschaffen und
die alten verbessert worden. Die alten Hindernisse, die in der geringen
Tiefe der zu unseren grossen Zentren führenden Durchfahrten lagen, sind
beseitigt, und es ist uns ermöglicht worden, auf dem Gebiete des Baues
der grossen Schiffe den Kampf mit dem Ausland aufzunehmen.


  [4]  Dem Fahren mit geringer Mannschaft, der Nüchternheit seiner
       Seeleute und der angeborenen Reinlichkeit des holländischen
       Volkes ist das Blühen der holländischen Schiffahrt zu danken,
       nicht der Formenschönheit der Schiffe.

  [5]  In diesem Punkt trotzen sie (die Engländer) offen allen Ländern
       und halten sich für unerreicht auf dem Gebiete des Schiffbaues.

  [6]  Westländischer Einfluss auf die Kultur, Lebensweise und den
       Ackerbau der Nordländer (Norweger, Skandinavier u. s. w.) zur
       Zeit der Wikinger von Alexander Bugge 1905.

  [7]  Nach Ansicht der meisten Schriftsteller fällt den Friesen die
       Ehre zu, die Schiffbaukunst in den Niederlanden zu neuer Blüte
       gebracht zu haben.

  [8]  «Wie man in der Vergangenheit die Koggeschiffe baute und wie sehr
       sie sich in der Folgezeit geändert haben, übrigens ganz wie
       man in unserer Zeit (zur Zeit des Schreibers) ständig die
       Schiffsformen sich ändern sieht.»

  [9]  Die Taktik der Engländer bestand hauptsächlich darin, die Schiffe
       zu entern, während die Spanier, deren Schiffe viel höher waren,
       mit Armbrüsten und schweren Steinen angriffen; die letzteren
       schleuderten sie aus ihren furchtbaren Marsen in die Schiffe
       ihres Gegners.

  [10] Und in der Tat, das vornehmste und beste Mittel, den zu grossen
       Tiefgang der Schiffe zu vermeiden, besteht darin, die Schiffe zu
       verbreitern. Diese Aufgabe müssen wir besonders im Auge behalten
       wegen der geringen Tiefe unserer Durchfahrten.

       Nach Ansicht erfahrener Lootsen, die sie gewissenhaft gemessen
       haben, ist es nicht möglich, durch die Goereesche Durchfahrt
       Schiffe von über 20 Fuss Tiefgang, durch die von Texel solche
       von etwa gleichem Tiefgang und durch die Maas solche von mehr
       als 13 Fuss zu bringen.

       Daher ist es auch mehr als einmal vorgekommen, dass
       Kriegsschiffe des Staates von schlanker Form und durch Ballast
       tief eingesenkt, um das Segeln zu erleichtern, zum grossen
       Schaden des Landes bei Ebbe oder Windstille die hohe See nicht
       erreichen konnten, während man sie auf offener See nicht
       verwenden konnte, weil die untere Reihe der Kanonen zu nahe am
       Wasser lag.

  [11] Seit mehreren Jahren hat man, um unsere grossen tiefgehenden
       Schiffe in den Stand zu setzen, die hohe See zu gewinnen, bei
       der geringen Tiefe unserer Flüsse und Durchfahrten, so weit es
       möglich war, versucht, sie durch leere Fässer zu heben. Aber
       dies Verfahren erforderte schon zur Anbringung der Fässer eine
       endlose Zeit und erhebliche Arbeit.

  [12] Man kann mit vollem Recht sagen, das während des ganzen
       18. Jahrhunderts die meisten Verbesserungen an den Formen und
       Grössenverhältnissen der Schiffe der Königlichen Marine den
       gekaperten französischen Schiffen abgesehen wurden.

  [13] Die Ueberlegenheit der französischen Schiffe hinsichtlich ihrer
       Grössenverhältnisse stand fortwährend zur Erörterung, und
       im Jahre 1719 stellte man eine neue Uebersicht für die
       Grössenverhältnisse der Schiffe unserer Königlichen Marine auf
       nach der folgenden Tabelle.

  [14] Durch die ganze Geschichte unseres Seewesens und zwar bis auf
       verhältnismässig neue Zeitläufte sehen wir, dass man
       Verbesserungen in der Grösse und in der Form unserer Schiffe
       erst einführt, nachdem diese Aenderungen von den Franzosen oder
       Spaniern oder in neuester Zeit von dem Volk der Vereinigten
       Staaten von Amerika angenommen sind.

  [15] Dass das Schiff, welches nach Süden oder Westen fährt, das
       Vorderteil mit Kupfer bekleidet haben soll, um es vor dem
       Bohrwurm zu schützen.

  [16] Die holländischen Schiffe waren allen anderen in sofern
       überlegen, als sie die ersten waren, die mit jener törichten
       Praxis brachen, den Schiffen ein übermässiges «tumble home»
       zu geben, d. h das Oberdeck einspringen zu lassen. Bei den
       Engländern wurde dies Verfahren in grösserem Massstabe
       angewendet, während dies bei den Franzosen und Spaniern in
       geringerem Grade geschah.

  [17] Wegen der geringen Tiefe der holländischen Häfen hatten die
       Schiffe dieses Landes auch einen geringeren Tiefgang als die
       englischen Schiffe von gleicher Stärke.

  [18] Die Marine hat immer Transportschiffe gehabt, um die
       Geschwader mit Lebensmitteln zu versorgen, die zuerst Flüten
       oder Transportschiffe hiessen und später mit dem Namen
       Lastkorvetten bezeichnet wurden.




[Illustration: 3]


Im vorigen Kapitel haben wir gesagt, dass man erst in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts in Holland mit dem Bau von eigentlichen
Kriegsschiffen begonnen hat. Bis zu dieser Zeit wurden die
Handelsschiffe zu militärischen Zwecken benutzt. Daraus ergibt sich,
dass in dem Masse, wie sich der Handel entwickelt und die Gefahren
vor dem Feind zur See wachsen, die Bewaffnung der Handelsschiffe
immer wichtiger wird. Das persönliche Interesse war so der Grund der
teilweisen Ausrüstung der Handelsschiffe als Kriegsschiffe. So stellte
man die Schiffe der Ost-Indischen Kompagnie her, die als Type dieser
Art betrachtet werden können.

Es ist übrigens selbstverständlich, dass gerade die grössten
Handelsschiffe die meisten Umänderungen in der Folge der Zeiten
erfuhren. Die alten Muster werden also nicht unter ihnen sondern unter
den kleinen Typen zu finden sein, wo sich diese Muster am besten
erhalten haben.

Der älteste Schiffstyp in unserer Heimat ist das «Koggeschiff», aus
dem die «Krayers» und «Hulken» entstanden sind. Sie sind alle mit
übergreifenden Planken (klinkerweise) gebaut. Im 15. Jahrhundert
erscheinen die «Barges» (Barken), die «Baertsen» u. s. w. mit glatter
Bordwand, die allmählich die «Krayers» und die «Hulken» verdrängen. Sie
weichen übrigens wenig in der Form von den letzteren ab.

Am Ausgang des 15. Jahrhunderts trifft man die «Kraak», die von den
Völkern des Südens zu uns kommt; ebenso stammt von ihnen der «Spiegel»
(Schiff mit viereckigem Hinterteil) am Ende des 16. Jahrhunderts. Zu
dieser Zeit verschwinden die Namen «Barge» u. s. w., und an ihre
Stelle treten die der «Kuffen» und «Schmaken». Es muss aber die
Tatsache betont werden, dass die alten Formen nicht verschwanden.
Dieselben Schiffe wechseln in der Folge nur den Namen infolge einiger
Veränderungen in Einzelheiten. Ein treffendes Beispiel hierfür sind
die «Tjalken» die ~Witsen~ nicht anführt und die doch schon zu jener
Zeit vorhanden waren. Sie trugen damals den Namen «Smalschepen» oder
«Wijdschepen». Wir könnten hierfür noch mehrere Beispiele nennen. Die
Ähnlichkeit der Form ist oft so auffallend, dass am Anfange des 19.
Jahrhunderts unsere Flotte noch vollkommen die Type der Zeit von Witsen
zeigt. Die eingeführten Änderungen betreffen nur Einzelheiten.

Bei Beurteilung der alten Type, die noch jetzt in Gebrauch sind, muss
man jedoch zweierlei berücksichtigen: dass unsere Schiffe im Laufe
des 19. Jahrhunderts erheblich an Länge und Breite zugenommen haben
und entsprechend auch an Tiefe, um so den Verbesserungen unserer
Wasserstrassen und der Herstellung neuer Kanäle zu folgen.

Daraus hat sich um die Mitte dieses Jahrhunderts die Entartung einiger
Type ergeben, zu der übrigens das Auftreten des Eisens im Schiffbau in
hohem Masse beigetragen hat.

Andrerseits hat die Verbesserung der Schiffahrtsstrassen und die
Schaffung der Häfen die völlige Beseitigung gewisser Type bewirkt.
So dürfte die Herstellung des «Bommenhaven» bald das gänzliche
Verschwinden der alten «Bommen» zur Folge haben. Wir werden darüber
später sprechen. (Fischereifahrzeuge.)

Die kleineren Fahrzeuge werden uns also die beste Vorstellung von
den alten Formen geben, während man, wie oben gezeigt, unter den
Fischereifahrzeugen die schönsten Proben der Schiffbauten früherer
Zeiten finden wird. Die Fischereifahrzeuge offenbaren uns am besten den
Ursprung der Formen unserer Schiffe, und deshalb werden diese Fahrzeuge
in einem besonderen Kapitel behandelt werden.

Wie oben gesagt, bestand der Hauptunterschied der Handels- und der
Kriegsschiffe darin, dass die ersteren ein schmales Deck hatten, so
dass ihre Mannschaft vermindert werden konnte (~Witsen~, S. 54, 263,
266), und wir haben zu gleicher Zeit gezeigt, wie die Holländer immer
als Beispiel hierfür angeführt wurden. So sehen wir die «Vliebooten»
auftauchen, als Vorläufer der «Fluiten» die in England unter dem Namen
«Dutch flight» bekannt waren.

Die Fahrten nach dem Norden wie nach dem Süden brachten jedoch
Änderungen hervor, aus denen eine grosse Zahl von Schiffstypen
entstand. Diese sind jedoch alle von einem gleichen Grundtyp
abzuleiten. So schreibt ~Witsen~ (Seite 53): «Noortsche deelhaelders
laeden het meest wanneer na den vierkante hellen, kooren schepen en die
op stukgoederen aenleggen, als ze rondtachtig zijn en veel springen.
Oost- en Noortsvaerders die grove waeren laeden zijn grooter en ’t
gemeen als die stuk goederen wijnen en diergelijke laeden gelijk ook de
southaelders»[19].

Das sind also alles geringe Varianten desselben Typs. Als die Schiffe
an Grösse zunahmen, musste man sie gewölbter bauen, auch wegen der
geringen Wassertiefe der Meeresarme, was andererseits die Unterschiede
zwischen den Grundformen verschwinden lässt.

So lesen wir in ~Van Yk~ (S. 348): «Maar als men hiertegen aanmerkt dat
wegens de doorgaans ondiepe gronden en lastvoerens wil alle schepen
van tijd tot tijd vierkanter werden gebouwd, sulks dat heden desen
aangaande niet so veel onderscheid tusschen d’een en d’andere soort
van Schepen als wel voor dezen gevonden werd. Want een hedendaags
welgebouwde kaag sal in Lasten te voeren ’t Smalschip dat in Lengte,
Wijdte en Holte daaraan gelijk is, weinig wijken willen. En de
Damschuit, die wel gemaakt is, sal den Damlooper bijna ook evenaren
konnen»[20].

Das schmale Deck der Kauffahrteischiffe hat noch einen anderen
Ursprung, der Anlass gab, Schiffe mit stark ausspringenden Formen zu
bauen. Dieser Ursprung liegt in der Art, die Schiffe zu eichen.

~Witsen~ sagt hierüber: «Het uitbreecken deser schepen (Noortsvaerders)
voor en achter bracht hier in den schipper profijt aan dat ze vele
goederen meer stouden als de maat der schepen hielt[21].» (S. 160.)

Das bezog sich besonders auf die Schiffe, die Holz oder Korn in den
Ostseehäfen luden, wegen der Zölle, die dem König von Dänemark zu
zahlen waren, deren Höhe nach dem Vertrag von 1647 festgestellt wurde,
indem man die Fassungskraft nach der Länge, der Breite in Höhe des
Decks und der Tiefe berechnete. Als jedoch dieser Vertrag im Jahre 1666
abgeändert wurde, verschwand, wie ~Witsen~ (S. 160) schreibt, diese
hässliche Bauart und diese übermässige Wölbung allmählich (werd dit
mismaekt bouwen en geweldigh uitspringen achterwege gelaten).

[Sidenote: III 16]

Trotzdem baute man noch lange in grosser Zahl Handelsschiffe mit
schmalem Deck, und im Anfang des 19. Jahrhunderts findet man sogar noch
«Fluitschepen». Ein schönes Beispiel dieser «Fluitschepen» (Flüten)
befindet sich im Altertumsmuseum von Dordrecht.

Der mehr gewölbte Bau der Handelsschiffe ging Hand in Hand mit der
Erhöhung des Hinterstevens und des Vorderstevens. Andrerseits liess man
am Ende des 17. Jahrhunderts den Gedanken fallen, dass die Grösse des
eingetauchten Teils eines Schiffs möglichst beschränkt sein müsste.

[Sidenote: II 149]

[Sidenote: II 153]

Die Erhöhung des Vorder- und Hinterstevens zogen die Verkürzung des
Galiondecks nach sich, das am Anfang des 17. Jahrhunderts ⅕ der
Gesamtlänge des Schiffs und am Ende desselben Jahrhunderts nur ⅛
mass. Dieser Unterschied springt deutlich in die Augen, wenn man das
Modell von Zierikzee und das von «Bleyswijk» miteinander vergleicht.
Das Galion, das zu uns aus dem Altertum gekommen war, (~Van Yk~
S. 103) wird nur als «Heimelijke gevoeg-plaatsen» (als W. C.) für
das Volk verwendet, während man dort auch diejenigen einschliesst,
die irgend ein unbedeutendes Vergehen begangen haben; «des devotie
des overspelenden zeewaters,» sagt ~Van Yk~ (S. 104), (den Wogen
ausgesetzt).

Für unsere Handelsschiffe war der grosse Feind das Feuer.

Die Verstopfung der Wassereintrittsstellen war überdies schwieriger für
die Handelsschiffe als für die Kriegsschiffe, weil es für die ersteren
im allgemeinen unmöglich war, zu den Wassereintrittsstellen vom Innern
und durch die Ladung zu gelangen.

Wasserdichte Schotten gab es nicht, und die Verstopfung der
Wassereintrittsstellen war darum nicht weniger nötig. ~Witsen~
berichtet uns, wie dies geschah, (S. 276). Nachdem er erklärt hat, wie
man den Brand löscht, indem man Wasser einlaufen lässt, fährt er wie
folgt fort:

«Wanneer een geschoten gat onder water van binnen niet gestopt kann
worden, hetzij den last en den weg is, of anderzins wordt een man
buiten boord met een prop in de hant op een plankje gezet, daar een
dreg aan vast is die hun onder water haalt. En aldus stopt of dekt hij
de opening. Man geeft hem een geoliede lap in den mont, om het water
uit het lichaem te weeren»[22].

Bevor wir zu der eigentlichen Teilung der Hauptklassen gehen, die
wir kennen gelernt haben, müssen wir noch etwas über das Schiff im
allgemeinen und einige Einzelheiten im besonderen sagen.

Die alten Erbauer von Holzschiffen bemassen die Länge derselben nach
ihrer Bestimmung. Diese Länge wurde gerechnet zwischen dem vorderen
Teil des Vorderstevens und dem hinteren Teil des Hinterstevens.
Aus der Länge berechnete man die Breite und Tiefe, da die Breite =
¼ der Länge ist. Für die Tiefe nahm man 1 Fuss auf 10 Fuss Länge,
an der Stelle, wo das Schiff die geringste Höhe hatte. Lediglich
aus ästhetischen Gründen zog man den Hintersteven höher als den
Vordersteven.

Wenn der Kiel gelegt war, wurden Vorder- und Hintersteven gerichtet;
nun machte man die Heckbalken mit den Spiegelspanten (Heckspanten)
fest, dann das Hauptspant und das Spant über der Verbindung des
Bugs. Dann legte man noch ein Spant zwischen das Hauptspant und den
Hintersteven. Auf diesen Spanten befestigte man dann die «Centen»
(dünne biegsame Bretter), um so die Form des Schiffes zu bestimmen und
daraus die anderen Rippen (Spanten) abzuleiten.

Nach ~Van Yk~ (S. 77) hiessen diese Bretter nicht «Centen» sondern
«Certen» (Sicherer), weil man mittels dieser Bretter die Form des
Schiffes festlegte, sie sicherte. Andere Schriftsteller behaupten,
dass das Wort von «Kanten» oder «Kenten» herkommt, das wieder von
«Bekendheid» (Kenntnis) stammt.

Die Form des Schiffes wurde also «in natura» festgelegt, nachdem man
zuerst die Hauptspanten und die Länge festgestellt hatte. Je weniger
gross das Schiff war, je stärker war die Kurve und um so mehr «Centen»
brauchte man, um genau die Form festzulegen.

Andrerseits war es üblich, dem Schiff eine Krümmung (Zeegte) zu
geben, d. h. ihm in der Mitte weniger Höhe zu geben als an den Enden.
Diese Krümmung wurde nach Anbringung der «Centen» hergestellt, durch
Verstärkungsplanken, die man zunächst da befestigte, wo die Höhe des
Schiffs am geringsten war. Diese Verstärkungsplanken liefen von dort
nach vorn in die Höhe, und zwar 1 Zoll auf 6 Fuss Länge und nach
hinten 5 Zoll auf 6 Fuss. Nach diesen Verstärkungsplanken brachte man
die Berghölzer (Aussenplanken) an, die das Schiff schützen sollten.
Bei den grossen Schiffen (Spiegelschepen) hat die Krümmung allmählich
abgenommen, und man hat sich bemüht, Schiffe mit geradem Deck zu
bauen, indem man hierin England und später Amerika nachahmte. Bei den
Binnenfahrzeugen wie den «Tjalken» «Poonen» u. s. w. ist die Krümmung
bestehen geblieben. Bei den kleinen Fahrzeugen verwendete man nur eine
Aussenbeplankung. Bei den grossen, wie den «Tjalken» und «Schmacken»
legte man sogar bis zu 3 Aussenplanken übereinander.

Im allgemeinen kann man feststellen, dass im 18. Jahrhundert die
Aussenplanken weniger schwer wurden, ganz wie der Vorder- und der
Hintersteven. Die Stiche, die Schiffe von vor 1500 darstellen, zeigen
mehrere Aussenplanken in gleichen Abständen, während man erst am Ende
des 16. Jahrhunderts die späteren einzigen Aussenplanken erscheinen
sieht.

Es ist sicher, dass die Verbesserung der Schiffahrtstrassen im übrigen
einer der Gründe gewesen ist, die Schiffe weniger schwer zu bauen.

Andererseits zeigen diese alten Stiche, dass die Bordplanken sehr
kurz sind, um zu ausgesprochene Krümmungen zu vermeiden; um aber
trotzdem dem Schiffe mehr Festigkeit zu geben, werden die mehrfachen
Aussenplanken nötig.

[Sidenote: II 138]

Im früheren Schiffbau, wo die mit Überlappung gelegten Planken, die
zusammengenietet werden, den Bau fester machen, findet man keine
Aussenplanken (Berghölzer), wie z. B. bei den alten «Koggeschepen». Das
kleine Schiff in der Kirche von Diemer hatte jedoch welche.

Diese Berghölzer wurden damals von runden Konsolen aus Holz gestützt,
die man noch bei einigen alten «Poonen» findet.

Was die Berghölzer betrifft, so ist es Regel, dass wenn man das Schiff
von vorn sah, diese Planken konvex erschienen, mit der konvexen Seite
nach oben, während sie beim Anblick von der Seite konkav aussahen, d.
h. konvex nach unten.

Wie gesagt, man ging etwa in der Mitte des 17. Jahrhunderts bei den
grossen Schiffen von der Verwendung der «Centen» ab und arbeitete nach
Entwürfen, in denen die Spanten gezeichnet und entwickelt waren.

Der Bau des Schiffes endete dann in genügend bekannter Weise, so dass
wir uns damit nicht aufzuhalten brauchen.

Das Steuerruder wurde mittels der Ruderpinne gehandhabt, die an ihm
angebracht war. Auf den grossen Schiffen wurde die Ruderpinne von einem
Stück Holz gestützt (Luierwagen), wie man es noch auf vielen kleinen
Binnenschiffen findet.

Um die Ruderpinne leicht handhaben zu können, verlängerte man sie
auf den grossen Schiffen durch den Helmstock. Dieser ging durch
eine Öffnung des Oberdecks. Später steckte man in diese Öffnung eine
bewegliche Stütze, deren Achse sich in der Richtung der Schiffsachse
befand; die Stütze hatte ein vertikales Loch, durch das der Helmstock
ging. Der Helmstock konnte so durch die Öffnung hindurch gehandhabt
werden und als Hebel wirken, um das Steuerruder gegen die Seiten des
Schiffes zu legen. Es ist selbstverständlich, dass bei solchem Steuern
die Arbeit bei schwerem Wetter nicht gerade leicht war und Verstärkung
nötig machte. Zu diesem Zwecke war eine Rolle an dem Oberdeck
befestigt; um sie lief ein an der Ruderpinne angebrachtes Tau (Trosse),
um das Steuerruder besser lenken zu können. (~Witsen~, S. 274, 2.
Spalte.)

Dieses Tau wurde von zwei Leuten bedient und stellte mit der Rolle den
Vorläufer des Steuerrades dar, das im 18. Jahrhundert erschien, in
Nachahmung Englands, wie manche Schriftsteller behaupten.

Man nimmt manchmal an, dass das Steuerruder sich nur schwach neigen
konnte; darin täuscht man sich indessen. ~Witsen~ sagt nämlich auf S.
28: «Je grösser die Neigung des Steuerruders ist, je schwieriger wird
seine Handhabung.» Es ist klar, dass ~Witsen~ nicht von einer Neigung
gesprochen hätte, wenn diese gering gewesen wäre. Es geht klar aus der
Anführung des ~Van Yk~ (S. 121) betreffend die «Luierwagens» hervor,
dass der Steuermann viel Kraft entwickeln musste. «Hij (de Luierwagen)
diend om de Roerpen, aan ’t vooreinde, t’ ondersteunen nademaal deze,
wegens deszelfs langte, om sig selven te dragen immers _om ’t geweld
dat de man_ te Roer daaraan verrichten moet, uit te staan; al te zwak
soude wezen»[23].

Endlich sagt ~Bouguer~ (1764) auf S. 83, dass das Steuerruder mit der
Verlängerung des Kiels einen Winkel von 54°44′ u. s. w. bilden muss.

Mit Unrecht sagt man also, dass die Neigung des Steuerruders nur einige
Grade beträgt. (S. ~Paris~, Bd. 4, S. 221.)

Übrigens müssen auf unseren Flüssen mit geringer Wassertiefe und enger
Fahrrinne die Schiffe schneller steuern können; das Steuerruder muss
sich also mehr als nur einige Grade wenden können.

Auf den kleinen Binnenschiffen verlängert man häufig das Steuer, wenn
man in wenig tiefes Wasser kommt; diese Verlängerung geschah durch eine
besondere Planke, oder einen beweglichen Teil (~Van Yk~, S. 121), was
auch heute noch sehr häufig vorkommt.

Wenn die Pinne des Steuers ganz oberhalb des Bords gedreht werden kann,
was man holländisch «geen statie voeren» (ohne Statie) nennt, so sagt
man, dass das Schiff einen «draai over boord» hat[24], im Gegensatz zu
den Schiffen mit «Statie». Die «Statie» bezeichnet den Teil des Bords,
der oberhalb der Ruderpinne liegt.

Die Ruderpinne läuft dann also durch eine Öffnung der Statie, sodass
das Steuerruder nicht völlig umgelegt werden kann. Die Länge der zur
Vergrösserung des Steuerruders dienenden Schwerter wird doppelt so
gross genommen wie die Tiefe des Fahrzeuges.

Da die Wassertiefe auf vielen Flüssen und Seen ungenügend ist, sodass
die Schwerter den Grund berühren würden, so verkürzt man sie für die
Binnenschiffe, und vermehrt infolgedessen ihre Breite.

Für das Meer und die seeländischen Flüsse sind die Schwerter lang und
schmal.

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfährt die Takelung neue Änderungen.
Das kleine Bugspriet verschwindet, um den Fockmasten Platz zu machen,
die seit jener Zeit im Gebrauch geblieben sind.

[Sidenote: III 145 u. s. w.]

Die Takelung der grossen Schiffe ist übrigens bekannt genug. Wir wollen
nur die Tatsache hervorheben, dass auf verschiedenen Modellen des 17.
Jahrhunderts Fockmaste fälschlicher Weise angebracht sind.

Man nennt «Schip» (vaartuig) ein Fahrzeug, bei dem die Bekleidung mit
dem Vordersteven verbunden ist. Die «Aak» ist ein Fahrzeug, das keinen
Vordersteven hat und bei dem die Beplankung bis zum Vorderteil glatt
bleibt. Die Beplankung endet also an der vorn befindlichen Ebene. Wenn
das bei einer «Tjalk» eintritt, so erhält man eine sogenannte «Aak
Tjalk».

Wenn das hintere Deck bis über den Bord erhöht ist, so sagt man, dass
das Schiff einen «paviljoen» hat (gebrochenes Deck).

Man wird also z. B. eine «Statiepaviljoenpoon» haben, d. h. eine «Poon»
mit erhöhtem Hinterteil und gebrochenem Deck. Wenn das hintere Deck
nicht erhöht ist, so hat man einfach eine «Statiepoon», u. s. w.

Neben den Kriegsschiffen und den Handelsschiffen findet man noch
Fähren, Fahrzeuge für Sonderzwecke wie Bagger u. s. w.; die Schiffe,
die lediglich auf den oberen Läufen der Flüsse verkehren und die
Fischereifahrzeuge.

Man kann also die Schiffe folgendermassen ordnen:


ORDNUNG DER SCHIFFE

    I. KRIEGSSCHIFFE.

   II. HANDELSSCHIFFE.
        A) Für die grosse Schiffahrt;
        B) Für die kleine Schiffahrt.

  III. FÄHREN.

   IV. FAHRZEUGE FÜR VERSCHIEDENE ZWECKE, DIE KEINER DER VORSTEHENDEN
       GRUPPEN ANGEHÖREN.

    V. SCHIFFE FÜR DEN OBERLAUF DER FLÜSSE (BOVENLANDERS).
        A) Für den Rhein;
        B) Für die Maas;
        C) Für den Oberrhein und das Becken zwischen Rhein und Maas.

   VI. FISCHEREIFAHRZEUGE.
        A) Zum Seefischfang;
        B) Zum Fluss- und Küstenfischfang.


I.

KRIEGSSCHIFFE

Was die Entwicklung der eigentlichen Kriegsschiffe betrifft, so können
wir den Leser auf die vorhergehenden Kapitel verweisen.

Vor dem Jahre 1675 etwa hat es also als erstes eigentliches
Kriegsschiff das «Pinasschiff», die Pinasse, später das «Spiegelschiff»
(Schiff mit viereckigem Hinterteil) gegeben. Der «Spiegel»
verschwindet dann. Man kommt zu den runden Hinterteilen zurück, aus
denen sich das «Schip van Oorlog» (Kriegsschiff) ergibt. Anfangs
waren es ausschliesslich Schiffe mit doppeltem Deck; am Ende des 17.
Jahrhunderts baute man indessen in den Niederlanden einige Typen mit
dreifachem Deck.

Als Hilfs-Kriegsschiffe verwendet man oft das «Fluitschip» (Flüte) und
das «Oost-Indisch Compagnie-Schip» (Schiff der Ost-Indischen Kompagnie)
sowie die «Jachten» (Yachten) und verschiedene andere Type geringerer
Bedeutung; zur Küstenbewachung nimmt man die «Boeier» (Bujer),
«Galjoot» (Galiot), «Galeas» (Galeasse), «Bom», «Koff» und «Smak»
genannten Schiffe.

Alle diese Schiffe gehören mehr zur Klasse der Handelsschiffe und
sollen im folgenden Kapitel beschrieben werden.

Man ahmt aus dem Ausland nach die «Fregat» (Fregatte), und später die
«Brik» (Brigantine), den «Schooner» und die «Bark» (Barke).


II.

HANDELSSCHIFFE


A) _Für die grosse Schiffahrt._

Das älteste Handelsschiff ist das «Koggeschiff», aus dem die «Hulken»
und die «Krayers» entstanden sind. Diese Schiffe haben eine Beplankung
mit Überlappung. Darauf baut man stärker gewölbte Schiffe. In der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erscheint die glatte Beplankung.
Der sich daraus ergebende Typ heisst «Barge» (Barke) oder «Baertze».

Während dieser Zeit beginnt man, auf diesen Schiffen Aufbauten zu
errichten, ganz wie bei den alten «Koggeschepen». Diese Aufbauten
werden allmählich grösser, als man die spanischen, portugiesischen und
genuesischen Schiffe nachbildet. Ein Typ mit Aufbauten von grossen
Abmessungen nach den spanischen Karaks heisst «Kraak».

Dieses Schiff verschwindet jedoch in unserem Vaterlande im Laufe des
16. Jahrhunderts.

Am Ende des 16. Jahrhunderts tauchen die «Vlie-» oder «Vlietbooten»
auf, die später «Fluiten» (Flüten) heissen.

Diese Schiffe unterscheiden sich von den vorhergehenden Typen dadurch,
dass sie am oberen Teil des Rumpfes stark einspringen. Sie hatten also
einen breiten Rumpf und ein schmales Deck. Diese «Fluiten» sind die
hervorragendsten Handelsschiffe bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts.

Am Ende des 16. Jahrhunderts war das «Spiegelschiff» erschienen, das
als Handelsschiff nach dem Beispiel des Mittelmeeres diente. Am Anfang
des 17. Jahrhunderts nannte man dies Schiff «Pinasschiff».

Man baute das «Pinasschiff» (Pinasse) stärker gewölbt in der zweiten
Hälfte des 17. Jahrhunderts mit vertikalerem Hintersteven und einem
kleineren Galionsdeck, woraus sich das Oost-Indisch Compagnie-Schip
(Schiff der Ostindischen Kompagnie) ergeben hat.

Neben diesen Typen bleibt das «Fluitschip» bestehen. Es erfährt
indessen einige Abänderungen, die sich aus seiner Zweckbestimmung
ergeben, und so entwickelt sich der «Noordvaerder» oder
«Walvischvaerder» (Walfischfänger) und der «Oostvaerder» (Ostseeschiff).

Die kleinen «Spiegelschiffe», die übrigens eine weniger umfangreiche
Takelung haben, erscheinen im 18. Jahrhundert unter dem Namen
«Snauschepen».

Ferner werden zwei Type von Fischereifahrzeugen gebaut, mit grossen
Abmessungen für die offene See; das sind die «Hoeker» (Huker) und die
«Buys» (Büsen), die wir im Kapitel «Fischereifahrzeuge» wiederfinden.

Das Ausland gibt uns noch als Handelsschiff: die «Fregate» (Fregatte),
während die «Kromstevens» oder «Boeiers» (Bujer) schon der
französischen Marine nachgebildet sind.

Diese Schiffe erscheinen im 17. Jahrhundert infolge des Handelsverkehrs
mit Rouen (~Witsen~, Seite 164, 2. Spalte).

Aus Verbindungen dieser Type unter sich und mit kleinen Typen entstehen
neue Arten, die andere Namen tragen wie das «Boot» das nichts anderes
ist, als eine kleine Fluit mit Hinterteil als «Draai-over-boord»; das
«Hekboot» eine Verbindung der Pinasse und der Galiot; das «Katschip»
gebaut nach dem «Bujer» und der «Fluit», und schliesslich der
«Stokker», der ein Vorderteil wie ein Spiegelschiff und ein Hinterteil
wie ein Huker hat.

Es ist natürlich schwer, eine genaue Trennung zwischen der grossen und
kleinen Schiffahrt herzustellen, weil es viele Beispiele sogar von
kleinen «Koffen» gibt, die nach Indien verfrachtet werden.

Indem wir die Grenze zwischen der grossen und kleinen Schiffahrt zogen,
haben wir besonders die ursprüngliche Bestimmung der Schiffe im Auge
gehabt.


B) _Für die kleine Schiffahrt._

Die grossen Type dieser Schiffe sind vertreten durch die «Galiot» und
die «Galeasse» dann kommen das «Kuff» und die «Smak» (Schmack); zu der
Familie der Schmacken gehören die «Damloopers» und die «Smalschepen»
und die «Wijdschepen» sowie die «Friesche Turfschepen» (Torffahrzeuge
von Friesland).

Sie stammen alle von demselben allgemeinen Typ ab und unterscheiden
sich nur durch Einzelheiten, die eine Folge dieser oder jener örtlichen
Notwendigkeit sind.

Die Familie der «Smakken» (Schmacken) hat die «Tjalken» entstehen
lassen.

Die «Tjalken» findet man besonders in Friesland und Groningen. In der
Provinz Holland nennt man sie infolge einiger kleiner Umänderungen
«Schuiten» (Schuten). In Seeland, wo sie ein schmaleres Deck haben,
nennt man sie «Poonen». In Nord-Holland führen sie den Namen «Jacht»
(Yacht). Bei diesen ist entgegen den «Poonen» der Boden weniger breit
als bei der «Tjalk».

Auf der belgischen Schelde sind sie etwas länger und heissen «Pleiten»
während die kleineren dort «Otters» heissen. Ostfriesland zeigt uns
dieselbe Familie: hier sind es die «Motten», die etwas an die «Kuffen»
erinnern. Wir finden dort auch noch einen sehr alten Typ eines
Handelsschiffs, das von den alten Fischerbarken abstammt; es heisst
«Ever» und «Bremerkahn».

Daneben und unabhängig von der oben genannten Familie der «Tjalken»
finden wir seit den ältesten Zeiten in Overyssel einen ganz allein
stehenden Typ. Wenn man diese Schiffe im 17. Jahrhundert zur Zeit
Witsens noch «Potten» und «Pujen» nennt, so findet man sie später und
noch jetzt nach einigen kleinen Abänderungen unter dem Namen «Snijboon»
(wörtlich Bohnen); daraus ist der «Praam» entstanden. Dieselbe Form,
aber kleiner findet sich in dem «Somp» und der «Pegge».

Alle diese Schiffe unterscheiden sich von den «Schmacken» in baulicher
Hinsicht dadurch, dass der Vorder- und Hintersteven spitz sind, während
die «Schmacken» abgerundete Steven haben.

Auch hier fehlen die Kombinationen nicht. So gibt es «Koftjalken»,
«Praamaken» und «Aaktjalken».

Ferner sind zu erwähnen die «Boeiers» (Bujer), die indessen keine
Aehnlichkeit mit den alten «Kromstevens» haben.

Endlich wollen wir noch die «Kraken» erwähnen, die jedoch nichts
gemeinsames mit den spanischen «Karaken» haben. Es sind ganz einfach
sehr feste «Tjalken», die etwas gradere Linien haben, d. h. die weniger
Krümmung besitzen.


III.

DIE FÄHREN (BACS)

Als eigentliche Fähren sind nur anzuführen die «Pontons»; sie umfassen
den «Gierpont» (fliegende Fähre, Gierbrücke); den «Kabelveerpont»
(Kabelfähre); den «Jaagpont» (Pferdefähre); den «Halve Pont»
(Segelponton); den «Pijper» (kleinen Ponton) und den «Overhaalpontje»
(Nachen).

Es ist klar, dass man als Fähren jede Art Schiffe verwendet, z. B. den
«Feerhengst», der zur Familie der «Hoogaarsen» (s. Fischereifahrzeuge)
gehört, sowie die «Tjalken», die «Schuiten» und die «Poonen», alles
Type, die wir schon kennen gelernt haben.


IV.

FAHRZEUGE FÜR VERSCHIEDENE ZWECKE, DIE KEINER DER VORGENANNTEN GRUPPEN
ANGEHÖREN.

Es braucht nicht gesagt zu werden, dass unter den Gruppen I, II,
III sich noch eine Menge kleiner Schiffe finden, die für örtliche
Zwecke bestimmt sind und mehr oder weniger von derselben Grundgruppe
abstammen, aber nach ihrer Bestimmung von einander abweichen.

Unter den wichtigsten nennen wir die «Bocken», die man sowohl in
Holland wie in Friesland trifft. Zur selben Familie gehören die
«Groningeraardappelpramen» (Prähme zur Beförderung von Kartoffeln nach
Groningen).

Der «Snik», friesisches Fahrzeug mit einem etwas geneigteren
Vordersteven; es gleicht darin ziemlich dem «Haarlemermeerplompertje»
(kleines Schiff für das Haarlemermeer). Wenn der Hintersteven geneigter
ist, so erhält man die «Westlanders».

Wenn diese letzteren einen Bordteil weniger haben wie die Baggerschiffe
aus dem Haag, so werden sie zu «Bocken», die man aber nicht mit den
vorher genannten verwechseln darf.

Im Norden von Overyssel, findet man noch bei Vollenhove ein kleines,
sehr bekanntes Schiff, den «Punter», der wahrscheinlich aus der
«Haringschuitje» (Barke zur Heringsfischerei) vom Zuiderzee stammt.
Die «Groenteschuitje» von Hoorn die zur Gemüsebeförderung dient, ist
ganz gleich gebaut. Sie ist schmal mit stark geneigtem Vorder- und
Hintersteven.

Der gleiche Ursprung zeigt sich noch bei dem «Praam» von Utrecht und
der _Krommen Rijnaak_. Diese sind indessen länger, wenn man ihre Breite
berücksichtigt.

Ausser den vorgenannten Typen finden wir noch den «Snik» oder
die _Gondel_ aus Nord-Holland, die sehr den «Oude Kinderdijksche
Hoogaarsen» und auch der ganz alten «Vischschuit van Aalsmeer»
(Fischerbarke von Aalsmeer) gleichen.

Ausser einer ganz ausserordentlichen Zahl von kleinen _Schauwen_, die
nichts anderes sind als offene und flache Fähren, wie man sie schon
auf den ältesten Stichen findet, begegnet man in Holland noch den
«Schiedamschen Schauwen» oder den «Melken Spoelingschuiten» (Barken
zur Beförderung von Milch und Trebern). Es sind dies lange und flache
Barken mit einem glatten Vorder- und Hinterteil.

Eine besondere Familie wird durch die «Barges» (Barken) und
«Trekschuiten» gebildet (getreidelte Barken); diese sind in den ganzen
Niederlanden verbreitet. Sie gleichen sich fast alle, da sie, aus
Holland stammend, sich nur in dem übrigen Teil des Landes verbreitet
haben, in dem Masse, wie Kanäle gebaut wurden.

Besonders in der Provinz Drenthe ist die «Trekschuit» noch sehr
gebräuchlich. Der Bau der Eisenbahnen und Strassenbahnen wird sie
indessen allmählich verschwinden lassen. Einen wichtigen Platz nehmen
bei uns die _Baggeraken_ ein (Baggerschiffe).

Uebrigens erfordert die besondere Beschaffenheit unserer Flüsse
und Meeresarme fortwährende Baggerungen, um die Häfen und
Schiffahrtsstrassen auf der richtigen Tiefe zu halten. Wir dürfen
hierbei nicht an unsere modernen Bagger denken, sondern an die «Hand-
oder Hijschbeugel» (Handbagger), das älteste bekannte Werkzeug zur
Beseitigung des Baggergutes.

Die hierzu verwendeten Fahrzeuge heissen im allgemeinen «Baggeraken»
obgleich sie sich oft sehr von einander unterscheiden. Der bekannteste
Typ ist die _Vlet-_ oder _Baggeraak_, auch _Sliedrechtsche Aak_ genannt.

Man verwendet hierzu noch viel die «Boeieraken» (Bujeraken). Sie
gehören alle zur Klasse der abgerundeten Schiffe. Einen besonderen
Typ findet man in Dordrecht, nämlich den _Vreeswijkschen Zandlichter_
(Sandleichter) und die Dortsche _Zantschuit_ (Sandschute) (Barken zum
Sandbaggern), die unter sich viel Ähnlichkeit haben.

Die letzteren dienten fast ausschliesslich zum Baggern von Ballast
für die Seeschiffe. Sie sind jetzt bis auf einige Exemplare
verschwunden. Im Westen und in der Rheingegend verwendet man zum
Baggern und zur Beseitigung des Dünensandes fast ausschliesslich die
_Bokken_, die in der Form den «Westlanders» gleichen. Sie haben einen
Bordteil weniger. In der Provinz Utrecht gebraucht man hierzu die
_Slijkpramen_ (Schlickprähme), entsprechend der «Krommen Rijnaak»,
(Krummen Rheinaak) dem allgemeinen Typ von Utrecht; in Groningen
erfolgt dagegen die Beförderung von Schlick durch den «Groninger
Slijkpraam» oder «Vlotpraam», ein schmales, aber bauchiges Fahrzeug,
das nichts gemeinsam hat mit dem «Overysselschen Praam», der ihm
übrigens in keiner Weise gleicht. Der Vorläufer unserer Bagger
ist der alte _Moddermolen_ oder das «Moddermolenschip» (wörtlich
Schlammühlenschiff), das seit 1575 vor Amsterdam verwendet wurde. Noch
sind als sehr alt zu nennen die _Zolderschuiten_ und die _Schauwen_,
die wir heute «Bakken» nennen würden. Im Jahre 1829 versieht man sie
mit Bodenklappen, woraus sich die _Klepschauwen_ oder _Onderlossers_
ergeben (wörtlich: Schiffe, die sich vom Boden aus entleeren).

Schliesslich haben wir noch die Vergnügungsfahrzeuge oder Segelyachten,
für welche man als holländischen Typ die _Boeierjacht_ (Bujeryacht)
(Südholland) und den «Tjotter» (Friesland) verwendet.

Es ist zu bemerken, dass man sie, wenn man von Vergnügungsfahrzeugen
spricht, meistens «Yacht» nennt, obwohl das Schiff gewöhnlich nicht
einer Yacht gleicht. Der Name bezeichnet nicht immer den Typ.


V.

SCHIFFE, DIE DEN OBERLAUF DER FLÜSSE BEFAHREN. BOVENLANDERS
(OBERLÄNDER).

Alle Schiffe, die die Oberläufe der Ströme besuchen, führen den
gemeinsamen Namen «Bovenlanders» (Oberländerschiffe) ohne Rücksicht
auf die Form des Schiffes. Diese Schiffe haben im allgemeinen selten
Interesse erregt; auch ~Witsen~ sagt hierüber nur einige Worte und
nennt sie einfach «Aaken und Samoreuzen» (Seite 170, 2. Spalte); ~Van
Yk~ führt diese letzteren ebenfalls an. (Seite 318.)

Diese Schiffe sind indessen sehr interessant.


A) _Rheinschiffe_ (Schiffe vom unteren Rhein).

Die Rheinschiffe sind nicht von einheitlichem Typ. Diejenigen, die den
Unterlauf des Flusses befahren (unterhalb Bonn) unterscheiden sich von
denjenigen, die auf dem Oberrhein und seinen Nebenflüssen verkehren;
eine Ausnahme bildet ein kleines Schiff, das man auf dem Neckar findet
und das der Gruppe entspricht, die den Unterlauf befährt. Der Grundtyp
der Unterlaufabteilung wird dargestellt durch die _Dorstensche Aak_.
Die Dorstensche Aak hat das _Stevenschip_ entstehen lassen.

Diese Type, die aus dem mittleren Westdeutschland, mit Dorsten etwa
als Mittelpunkt stammen, sind in unser Land übergegangen und finden
sich dort seit langer Zeit. So spricht man im 17. Jahrhundert von den
«Gelderschen Samoreuzen». Man sieht sie noch gut oder schlecht auf
alten Stichen abgebildet. Wir finden sie auf dem unteren Rhein und
dem Waal unter der Bezeichnung _Hollandsche Aken_ und _Stevenschepen_
(Stevenschiffe), während man sie noch heute im Westen von Nordbrabant
baut, wo sie auch zu allen Zeiten vorhanden waren.

Diese Schiffstype sind also aus dem Westen Deutschlands (Westfalen)
zu uns gekommen, durch den Unterrhein und den Waal und vom Nordwesten
von Nordbrabant. Man sieht sie nicht auf der Maas und dem unteren Waal
ungefähr unterhalb von Tiel. Man baute diese Aken im kleinen längs
der Merwede und hier und da in Holland, wo man den Typ in dem alten
«Turfeiker» (Torfkahn) wiederfindet, dessen Rumpf mit Überlappung
gebaut ist und der wahrscheinlich jetzt ganz verschwunden ist. Der
Rumpf aller dieser Fahrzeuge war anfangs mit Überlappung gebaut; wir
finden hier also die alte Bauart der Ostsee wieder. Sie sind alle wie
die «Bovenlanders» lang und schmal mit flachem Boden.


B) _Maasschiffe._

Die Maas-Schiffe, ebenfalls lang und schmal, stellen auch einen ganz
anderen Typ dar, der sich völlig von den obengenannten Rheintypen
unterscheidet.

Als Grundtyp nennen wir den _Whalemajol_; dann kommen _Whalepont_ und
_Maaspont_, dann kleiner der _Spitsbek_ und endlich die _Herna_. Alle
diese Type sieht man auf der ganzen belgischen Maas bis Ruremonde. Auf
der unteren Maas findet man in den Niederlanden Schiffe von kleineren
Abmessungen, genannt _Bovenmaasche Aak_ oder _Hedelsche Aak_, die auch
noch viel als Baggerprahme verwendet werden. Sie weichen in der Form
von den obengenannten Maasschiffen ab; sie stammen jedoch von ihnen
her. Das Steuerruder entspricht aber mehr dem System der Rheinschiffe,
die oberhalb Bonns verkehren.


C) _Oberrheinschiffe._

Schiffe von oberhalb Bonn, einschliesslich der Gegend westlich vom
Rhein und östlich der _Maas_. Hier sind als Grundtyp anzuführen der
_Keen_, neben ihm die _Keenaak_ und ein Schiff neueren Datums, der
_Slof_.

Einer dieser Type wurde im 19. Jahrhundert in ’s Gravenmoor
eingeführt, weil er sehr geeignet schien, zur Ausnutzung der Weiden
des Biesbosches; aber er hat dabei schon verschiedene Abänderungen
erfahren, infolge des Wechsels des Hinterteils und des Steuers.

Keiner dieser Type stammt aus den Niederlanden.

Der «Hagenaak» wie der «Turfeiker» entsprechen der «Dortenschen Aak».

Endlich findet man auf diesem Teil des Rheines wie auf der Maas ein
Schiff, das erst aus dem 19. Jahrhundert stammt und das _Bunder_
genannt wird.

Ausser dem Bunder haben auch die unter C aufgeführten Type einen Rumpf,
der klinkerweise gebaut ist (mit Überlappung). Die unter B genannten
müssen ehemals einen klinkerweise gebauten Rumpf gehabt haben, nach
den Erklärungen alter Schiffer und nach dem, was aus einem alten Bild
von Whalemajol aus der Sammlung des Herrn van Gijn hervorgeht, sowie
aus einem Stein vom Ende des 18. Jahrhunderts, der in der Vorderseite
eines Hauses der St-Pieterstraat in Maastricht angebracht ist und eine
«Herna» darstellt. Es lässt sich nicht feststellen ob die glatten
Schiffsrümpfe und die mit überlappender Beplankung gleichzeitig
bestanden haben oder ob die ersteren neueren Datums sind. Es ist jedoch
anzunehmen, dass die Schiffsrümpfe mit überlappender Beplankung die
älteren sind.

Es ist sonderbar, dass ein der «Herna» sehr ähnlicher Typ sich im
Adriatischen Meer findet, nämlich die _Rascona_, die in dem
bekannten Werke von ~Paris~ beschrieben und dargestellt ist
(Bd. 2, Nr. 86); dies Schiff wird noch mit dem alten «Stuurriem»
(Steuerruder) gelenkt.


VI.

FISCHEREIFAHRZEUGE.


A) _Für die grosse Fischerei._ -- Als alter holländischer Schiffstyp
zum grossen Fischfang ist zu nennen die _Buys_ (Büse) und der _Hoeker_
(Huker), sowie die _Schollenschute_, die _Bazaanschute_ und der _Zwarte
Waalsche Gaffelaar_.

Die beiden ersteren haben die _Hukerbüse_ und den _Kwee_ hervorgebracht.

Von Frankreich ist zu uns gekommen die «Sloep» (Schaluppe) und der
«Logger» (Lugger), ferner der «Rotter» (Rutter). Unter den Schiffen für
die Grossfischerei sind noch die Walfischfänger zu erwähnen, für die
man früher die _Noortsvaerders_ verwendete, die zum Typ der bei den
Handelsschiffen schon genannten «Fluitschepen» (Flüten) gehören.

Das älteste zu dieser Gruppe gehörige Schiff ist der _Egmonder
Pink_, aus dem der _Bom_ und die _Garnalen-Schuit_ (Krabbenbarke)
von kleinsten Abmessungen entstanden sind. Die drei ersten Type
sind so gebaut, dass sie auf den Strand gezogen werden können. Nach
Fertigstellung des Fischerei-Hafens von Scheveningen ist ein neuer
Typ aus dem Logger und dem Bom entstanden, der Loggerbom oder Lelybom
heisst.


B) _Für die kleine Fischerei._ -- Die ungeheure Mehrzahl der
Fischereifahrzeuge ist für den gewöhnlichen oder kleinen Fischfang
bestimmt. Ihre Masse waren früher viel kleiner als die der vorigen
Gruppe. (Augenblicklich baut man grössere, abgesehen von den
«Garnaalschuitjes».) Ihre Namen sind unzählig und so verschieden, dass
sie durchaus keinen Begriff von der Form und der Art der Schiffe geben.

Die Grundtype sind: _a_) die _Schocker_, d. h. die Schiffstype,
die nach dem Muster der Schocker gebaut sind, zu denen auch die
Wierschuitje und die Steekschuit, der Hengst und der Hoogaars gehören.

Wie wir bei den meisten Schiffstypen «Aken» getroffen haben, z. B.
die «Aaktjalk», so finden wir auch «Aken» in der Klasse, die uns
beschäftigt; sie heisst die _Tholensche Schouw_ (Schauw).

Dies Schiff zeigt auch viel Ähnlichkeit mit der _Beyerlandschen Schute_
und stellt gewissermassen eine Übergangsform zu der _Fischbujeraak_ dar.

_b_) Die _Botters_ und die _Vollendammer Kwak_, die _Ronse_ und die
_Plute_ sowie die _Platje von Maassluis_.

Als dritte Gruppe haben wir ein kleines kurzes und rundes Schiff,
dessen Vorbild _c_) der _Knots von Antwerpen_ ist. Zur selben Gruppe
gehören die «Bolle» und die «Lemmerjacht» oder «Lemmeraak»; endlich
als vierte Gruppe ein Typ mit stark geneigtem Hintersteven und
Vordersteven; das sind _d_) die _Haringschuitjes_ (Heringsschuten), zu
denen auch der sehr verbreitete _Punter_ gehört.

Endlich möchten wir einige Type von kleinen Fischereifahrzeugen nennen,
die ausschliesslich unsere Binnenflüsse und Kanäle befahren und von
denen viele noch mehr oder weniger deutliche Ähnlichkeiten mit den
unter den Buchstaben _a_ bis _d_ aufgeführten haben.

Hier nennen wir die _Fischerschute von Alsmeerj_, die _Gondel_,
den _kleinen Fischerbujer_, die _Woudrichemsche Fischschute_,
die _Prikschute_, die _Steekschute von dem Biesbosch_ und die
_Strooperschute_.

Alle Arten von Ruderbooten der verschiedensten Type sowie die alten
nicht mehr seetüchtigen Botter und die gewöhnlichen Schocker der
Zuidersee finden zum Fischfang auf den schiffbaren Binnenwasserstrassen
Verwendung.


[Illustration]


[Illustration]


  [19] Die Schiffe, die Holz vom Norden bringen, laden am meisten, wenn
       sie sich der rechteckigen Form nähern; diejenigen, welche
       Getreide und Stückgüter befördern, wenn sie abgerundet und
       stark gewölbt sind. Die Schiffe des Nordens und von Indien, die
       schwere Waren bringen, sind im allgemeinen grösser als die,
       welche Stückgüter, Wein u. s. w. befördern, wie übrigens auch
       die Schiffe, die Salz befördern.

  [20] Berücksichtigt man dagegen, dass wegen der Untiefen und der
       besseren Beladung alle Schiffe sich mehr und mehr der
       rechteckigen Form nähern, so sieht man, dass man jetzt
       nicht mehr so viele Unterschiede zwischen den verschiedenen
       Schiffsformen findet wie früher. Denn eine moderne, gutgebaute
       Kag wird an Tragfähigkeit dem Schmalschiff wenig nachgeben, das
       ihr an Länge, Breite und Tiefgang gleicht. Und die Damschute,
       die gut gebaut ist, kann auch mit dem «Damlooper» in Wettbewerb
       treten.

  [21] Die Wölbung dieser Schiffe vorn und hinten war dem Schiffer
       dadurch nützlich, dass er mehr laden konnte, als das Eichmass
       angab.

  [22] «Wenn eine von einer Kugel unter der Wasserlinie gerissene
       Bresche nicht von innen verstopft werden kann, z. B. weil die
       Ladung die Arbeiten behindert, so setzt man ausserhalb des
       Schiffes einen Mann auf eine Planke, an der ein Schiffshaken
       befestigt ist, mit dem er unter Wasser geholt werden kann, um
       das Loch zu verstopfen. Man steckt ihm einen ölgetränkten Lappen
       in den Mund, damit das Wasser nicht in seinen Körper gelangen
       kann.»

  [23] Er (der Luierwagen) dient dazu, die Ruderpinne an ihrem vorderen
       Teil zu stützen, aber auch der Kraft zu widerstehen, die der
       Steuermann auf den Helmstock des Steuerruders ausübt.

  [24] Draai-over-boord heisst Dreh-über-Bord, d. h. die Pinne konnte
       sich über Bord drehen, wie bei unseren neuzeitlichen
       Binnenschiffen.




[Illustration: 4]

BESCHREIBUNG DER SCHIFFSTYPE.


[Sidenote: III 3]

[Sidenote: III 6]

Wir haben den Zeichnungen einige Skizzen nach den alten Stichen und
Beschreibungen beigegeben. Sie geben uns eine Vorstellung von der
Entwickelung des Schiffs von 1200 bis einschliesslich 1600. Wir
verweisen bezüglich ihrer Beschreibung auf die vorhergehenden Kapitel.
Die Zeichnungen, welche sich auf die nach 1600 liegende Zeit beziehen,
sind alle nach Ausführungszeichnungen angefertigt.

Wie wiederholt hervorgehoben ist, muss man die alten Formen in den
kleinen Typen suchen. Die Kriegsschiffe werden also nicht in Betracht
gezogen werden, während die grossen Handelsschiffe nur nebenbei erwähnt
werden.


DIE PINASSE.

[Sidenote: II 146]

[Sidenote: III 8]

[Sidenote: III 9]

Das Pinasschip (die Pinasse). Dies ist das älteste Schiff, von dem wir
eine genaue Beschreibung besitzen. Es stammt aus der ersten Hälfte
des 17. Jahrhunderts und verschwindet am Ende dieses Jahrhunderts.
Dieses Schiff hatte einen sehr schrägstehenden Vordersteven mit einem
sehr entwickelten Galion und einem Hinterteil mit Spiegel. Der Spiegel
und das Galion kommen zu uns vom Süden; übrigens stammt dies Schiff
von denen des 16. Jahrhunderts her; seine Abmessungen sind indessen
grösser; auch trägt es Kanonen.


DAS FLIBÔT

[Sidenote: II 148]

[Sidenote: II 19]

Das Vlieboot (Flibôt) findet man schon im Jahre 1600; es ist stark
gewölbt und hat ein schmales Deck. Von diesem Typ stammt nach 1600
die «Fluit» (Flüte), die noch gewölbter ist wegen der Art der
Schiffsvermessung in Dänemark.

Eine gewöhnliche Flüte hat 130 Fuss Länge, 26½ Fuss Breite und 13
Fuss 5 Zoll Tiefe. Die Flüte hat vorn kein Galion. Später baut man
indessen grössere mit Galion, in Nachahmung der «Spiegelschepen»
(Spiegelschiffe).

Man verwendet sie zu verschiedenen Zwecken und sie erfahren aus diesem
Grunde einige Umänderungen. So ist die «Fluit von Indien» fester gebaut
als die, die den Verkehr mit den Ostseehäfen besorgt. Wir wollen unter
anderem bemerken, dass die Drahtseile der Rusten verdoppelt werden, um
die Takelage zu verstärken, während hinten ihre Ausladungen grösser
sind, um geräumigere Kabinen zu erhalten. Mit Rücksicht auf diese
Vergrösserung verstärkt man sie im Innern durch Rippen und Eisenbänder.
(~Witsen~, S. 159.)

Am Anfang des 17. Jahrhunderts, bis zum Jahre 1640 werden diese Schiffe
und im allgemeinen alle indischen Schiffe vorn offen gebaut ohne
Wohnräume. Die Hängematten und Betten der Schiffsmannschaft werden bald
hier bald dort an der Bordwand angebracht.

Die «Fluiten» sind als gute Segler bekannt. Infolge ihres schmalen
Baues geben sie dem Wind wenig Angriffsfläche. Es sind Dreimaster mit
der wohlbekannten Takelung des 17. Jahrhunderts.

Die «Fluiten», welche die Ostsee besuchen, um dort Getreide zu holen,
sind etwas kleiner als die vorigen; man nennt sie «Oostvaerder oder
Oostervaerder». Ihre Abmessungen sind die folgenden: Länge 125 Fuss;
Breite 25 Fuss; Tiefe 12 Fuss oder auch 115,23 ½ und 11,5 Fuss oder
auch 100,22 und 11 Fuss; sie können laden 200, 150, 100 Last (eine Last
gleich 2 Tonnen). Die Mehrzahl hat ein Galionsdeck. Wir können uns
einen Begriff von dem Umfang unseres Verkehrs zur Ostsee machen, wenn
wir erwähnen, dass im Jahre 1604 400 «Oostvaerders» sich gleichzeitig
vor Amsterdam befanden. Innerhalb zwei Wochen werden sie entladen,
beladen und sind wieder bereit, in See zu stechen. (~Witsen~, S. 448.)

Die «Noordvaerders» oder «Noortsvaerders» sind auch Flüten, die
zwei Fuss mehr an Tiefe haben als die Oostvaerders, weil sie mehr
Fassungskraft haben müssen, um Holz zu laden, das sie aus Norwegen
holen. (~Witsen~, S. 160.) Ihre Breite beträgt im allgemeinen ⅕ der
Länge. Sie sind ganz wie die Oostvaerders massiv und solid. (~Witsen~,
S. 53.) Sie haben kein Galionsdeck. Im allgemeinen haben wegen der
häufigen Kriege die Schiffe, die die Ostsee besuchen, weniger starke
Mannschaften als die, die den Verkehr mit dem Westen besorgen.
(~Witsen~, S. 160.)


DAS KATZENSCHIFF (Katschip).

[Sidenote: II 217]

Das «Katschip» besteht aus einem Bujer und einer Flüte. Daraus ergibt
sich schon, dass es ein Schiff mit starken Krümmungen ist, da man es
oft in flachem Wasser verwendet, so hat es einen sehr flachen Boden
und ist überdies eckig gebaut. Es ist als sehr mittelmässiger Segler
bekannt, aber es kann viel laden. Die Langsamkeit müsste ihm eher den
Namen Esel eintragen als den Namen Katze, sagt ~Witsen~. (S. 163.)

Es hat kein Galionsdeck; dagegen hat es ein offenes Oberdeck vorn
und eine Kabine. Die Stange des Steuerruders, die unter der Kabine
durchgeht, wird ohne Ruderpinne gehandhabt. Meistens baut man das
Katzenschiff aus Pitch-Pine.

Alle oben erwähnten Type haben das Hinterteil einer Flüte, das heisst
ohne Spiegel, was den alten holländischen Schiffsbau kennzeichnet.


DAS OSTINDISCHE KOMPAGNIE-SCHIFF.

[Sidenote: II 151]

[Sidenote: III 11]

Das Pinasschiff hat uns das «Oostindisch Compagnieschip» (Schiff der
Ostindischen Kompagnie) gegeben. Es hat keinen Spiegel und zeigt
demnach ein abgerundetes Hinterteil. Als Handelsschiff ist es stark
bewaffnet und hat im Bedürfnissfalle oft als Kriegsschiff gedient. Die
in der Sammlung enthaltene Tafel gibt uns einen guten Begriff von der
Form und der Bauart. Nähere Erklärungen sind also überflüssig. Wir
wollen nur darauf hinweisen, dass das Hinterteil reich geschmückt und
mit einem Galionsdeck versehen ist. Die Länge des Decks ist grösser als
bei den Flüten; es besitzt drei Masten und die gewöhnliche Takelage.

[Sidenote: II 159]

Dasselbe Schiff, aber von kleineren Abmessungen und mit nur zwei Masten
heisst «Snauwschip» man findet es viel in Flandern. ~Witsen~ rechnet
das Snauwschip zu den Binnenfahrzeugen. (S. 170.)


DER BUJER.

[Sidenote: II 191]

[Sidenote: II 194]

Der «Boeier» (Bujer) bildet einen Typ für sich, der besonders den
Verkehr mit Rouen besorgte. Er ist ein Schiff mit flachem Boden und
einem Kiel mit Schwertern; denn er besucht sowohl die wenig tiefen
Flüsse wie das Meer. Die Schwerter überragen den Kiel um zwei Fuss. Der
Vordersteven ist stark gekrümmt, daher der Name «Kromsteven».

Nach den alten Stichen besitzt der Bujer eine sehr hohe «Statie», was
mehr an den Bau des Mittelmeeres als an den Hollands erinnert. Der
Bujer ist überdies kein rein holländischer Typ, und wahrscheinlich
haben wir es mit einem Mittelmeertyp zu tun, der für die Bedürfnisse
unseres Vaterlandes abgeändert ist.

In Rotterdam hat man Bujer gebaut, als «Draai-over-Boord»,
wahrscheinlich mit einem unterbrochenen Deck, denn ~Witsen~ sagt, dass
sie einen kleinen Verschlag unter dem Steuerruder hatten (S. 164). Mit
Unrecht spricht ~Witsen~ von einem Bujer _oder_ Galiot, denn dieses
letztere ist ein ganz anderes Schiff. Die Bujer haben etwa 86 Fuss
Länge, 20 Fuss Breite und 9½ Fuss Tiefe.


DER HUKER.

[Sidenote: II 227]

[Sidenote: II 228]

[Sidenote: II 230]

[Sidenote: III 21]

Der «Hoeker» (Huker), ursprünglich ein Fischereifahrzeug, wird oft
schon in der Mitte des 17. Jahrhunderts als Handelsschiff mit einem,
zwei oder drei Masten verwendet; er ist ein sehr festes Seeschiff und
wird später für die Ostindienfahrt eingerichtet, obwohl er nicht sehr
gross ist. Er hat eine Länge von 80 Fuss. Die grossen Huker haben eine
Kabine auf Deck.


DIE BÜSE.

[Sidenote: II 221]

[Sidenote: III 113]

Wir finden sogar die «Buys» (Büse) als Handelsschiff, selbst als
Dreimaster, obgleich es sich ursprünglich um ein Fischereifahrzeug
handelt.

Wir werden also von dem Huker und der Büse bei den Fischereifahrzeugen
nochmals sprechen. Es dürfte überflüssig sein, zu sagen, dass weder die
Bujer, noch die Huker, noch die Büsen ein Galionsdeck haben.


DAS HECKBOOT.

Endlich müssen wir noch zwei Schiffstype erwähnen, die von dem
vorgenannten abstammen; dies sind:

Das «Heckboot», dessen unterer Teil wie eine Flüte und dessen oberer
Teil wie eine Pinasse gebaut ist, d. h. mit breitem Deck, daher mehr
Ladefähigkeit.

Das zweite ist der «Straetsvaerder», eine grössere Flüte mit
Galionsdeck. (~Witsen~, S. 168.) So taucht eine grosse Menge von Namen
auf, die sich auf denselben Typ beziehen.

Endlich nennen wir den «Stocker» ein festes Schiff, vorn wie ein
Spiegelschiff und hinten wie ein Huker gebaut mit zwei Decken.

Das Ausland bringt uns:


DIE FREGATTE,

[Sidenote: III 18]

(Fregat), die einen wichtigen Platz einnimmt, besonders am Ende des
18. Jahrhunderts und am Anfang des 19. Jahrhunderts. Wir haben im
vorigen Kapitel gesehen, wie sie zu uns gekommen ist. Dieses Schiff
wird verschiedenartig getakelt, hat andere Namen wie «Gaffelschoener,
Brigantine, Schoenerbrik, Brik, Bark.» Wir verweisen hierüber auf die
verschiedenen Abbildungen der Takelung in der Sammlung.


DIE GALIOT.

Wenn man liest, dass im Jahre 1587 der König von Dänemark mehr als
600 holländische Schiffe im Sund anhält, die alle an einem Tag den
Vlie verlassen hatten (beschrieben von Hendrik Rantzon, ~Witsen~, S.
36) so darf man sich nicht einbilden, dass dies alles grosse Schiffe
sind. Es ist im Gegenteil sehr wahrscheinlich, dass die meisten nicht
grösser waren als unsere Kuffen und Tjalken von heute. Wir können uns
leicht den charakteristischen Anblick der Zuiderzee zu dieser Zeit
vorstellen, wo neben all diesen Schiffen die grosse Zahl der damals
üblichen Fischereifahrzeuge herumwimmelt. So nennt man also mit Recht
die Zuiderzee die Wiege unseres Schiffbaues. Die kleinen Küstenstädte
an der Zuiderzee mit ihrer ruhmreichen Vergangenheit sind davon Zeugen.

Wir werden also nicht erstaunt sein, dass im Laufe der zahlreichen
Kriege, die Holland gegen Friesland und Geldern geführt hat, unzählige
Seeschlachten auf der Zuiderzee geliefert worden sind. So wurde z. B.
im Jahre 1504 eine Seeschlacht zwischen Holland und Geldern geliefert,
die von Wilhelm Hermszoon, einem Augustinermönch beschrieben wird.
(~Witsen~, Anhang S. 19.) Er erzählt uns hierbei, dass die Einwohner
von Geldern mit einer grossen Zahl von _Kochevers_ das «Zwarte Water»
herabkamen, um die Holländer zu überraschen, die sieben bewaffnete
Schiffe hatten. Die Holländer verstanden sich besser auf den Krieg als
die Leute von Geldern, denn diese bedienten sich nur des Bogens, der
Armbrust und der Schleuder. Schliesslich scheitert das grösste der
holländischen Schiffe, aber die Holländer erschrecken durch Abfeuern
ihrer Standbüchsen die Leute von Geldern derartig, dass diese den Kampf
aufgeben.

An einer anderen Stelle erzählt derselbe Verfasser, dass auf Anraten
spanischer Kaufleute, die Einwohner von Amsterdam ein «Galeoot»
genanntes Schiff auf Stapel legen lassen, dessen Bau ein Jahr dauert.
Dies Schiff kann segeln oder gerudert werden, wobei 32 Ruderer in
Tätigkeit sind. Man nennt es «den Schrecken der Zuiderzee.»

[Sidenote: II 241]

[Sidenote: III 58]

Die Erzählungen sind insofern interessant, als bei der Erzählung der
Schlacht auf der Zuiderzee von einem «Kochever» gesprochen wird, woraus
sich ergibt, dass «Koch» oder «Kogge» und «Ever» enge Beziehungen
zueinander haben. Aus der zweiten Erzählung geht hervor, dass die
Galiot zu uns aus dem Auslande gekommen ist. Die Galiot wie der Ever
finden sich noch heute; nur wird die Galiot nicht mehr gerudert.

Unsere Schiffe aus dem 16. Jahrhundert sind auch viel kleiner als
die der Südstaaten, weil unsere Schiffahrt nach der Ostsee fast
ausschliesslich Küstenschiffahrt ist, zu der nur kleinere Schiffe nötig
sind.

[Sidenote: II 225]

[Sidenote: II 226]

[Sidenote: III 20]

Die Galiot aus dem 16. Jahrhundert wird später noch viel gebaut, und
man erwähnt sie überdies zu jeder Zeit. Wahrscheinlich jedoch hat
man später Galiots gebaut, die gewölbter waren, wie übrigens alle
unsere Schiffe. Immer kann man feststellen, dass die «Galiot» des
18. Jahrhunderts viel Ähnlichkeit mit einem gewöhnlichen «Koftjalk»
(Kufftjalk) hat.

Die Galiot hat einen gradlinigeren Bord und einen höheren Aufbau.
(~Le Comte~, S. 18.) Sie hat 85 Fuss Länge, 21 Fuss Breite und 11
Fuss Tiefe. Der Vorder- und der Hintersteven sind runder als die des
Bujers. (~Witsen~, S. 165.) Sie stellt also einen Typ dar, der nicht
zu den holländischen gerechnet werden kann. Der grosse Mast befindet
sich bei den Galiots mit einem und zwei Masten auf ein Drittel der
Länge des Schiffs, gerechnet vom Vordersteven. Das Schiff ist ein
«Draai-over-Boord». Manchmal hat die Galiot das Hinterteil einer
Flüte und heisst dann _Bootschip_ oder ganz einfach «Boot». Ein
andermal baut man das Oberteil als Pinasse, aber umgekehrt, um die
Ladefähigkeit zu vermehren. Wir können wiederum nachweisen, wie die
meisten Schiffe auf einen Grundtyp zurückzuführen sind. So spricht man
oft in der Geschichte von «Advies (Melde)-Jachten». Dieser Name war
nur ein Gattungsname, denn alle Arten von Schiffen wurden zu diesem
Zweck gebraucht, besonders die Galiot. (~Witsen~, S. 165.) Man gibt
ihnen damals schmalere Formen und eine umfangreichere Takelung, um
schneller vorwärts zu kommen. Die Galiots haben gewöhnlich zwei Masten
und ausnahmsweise drei. Sie besitzen kein Galionsdeck. Ursprünglich
haben sie Schwerter und sind mit einem grossen und einem kleinen Mast
versehen. Ihre Ladefähigkeit schwankt von 160 bis 300 t. Augenblicklich
sind nur noch einige vorhanden, die nach der Ostsee fahren, aber
sie sind kleiner; ihre durchschnittliche Länge beträgt 19 Meter,
ihre Breite 4,5 m und ihre Tiefe 2,20 m. Auch diese werden bald
verschwinden, um den eisernen Kofs und den Tjalken Platz zu machen.
(~Le Comte~, S. 22.) Der Name «Galiot» ist wahrscheinlich italienischen
Ursprungs. (~Koenen~, S. 140.)


DIE GALEASSE.

[Sidenote: II 239]

Die _Galeas_ (Galeasse) gehört, wie die «Galiot» zu den grösseren
Typen, die von der Kleinschiffahrt benutzt werden. Schon der Name zeigt
den ausländischen Ursprung, obwohl man sie viel in Holland findet.
Die Bauart verrät überdies denselben Ursprung. Die meisten werden in
Königsberg, Stettin, Stralsund u. s. w. gebaut, und fassen sogar 100
bis 260 t. (~Le Comte~, S. 35.)

Sie besorgen insbesondere den Verkehr mit Holland, England und
Frankreich. Ihr Tiefgang schwankt von 8 bis 14 Fuss. (2,26 bis 3,96
Meter.) Sie besitzen gewöhnlich, wie die Galiots, zwei Masten. Ihr Bau
gleicht sehr dem der Kotter (Kutter), und der «Sloep» (Schaluppe). Es
ist also ein exotischer Typ, von dem man noch einige Beispiele auf der
Ostsee findet. Dieser Schiffstyp ist später aufgetreten, wahrscheinlich
unter dem Einfluss des Schiffbaues der Völker des Südens. (Im
Mittelmeer findet man die Namen: Galeazza, Galeone, Galeota.)


DAS KUFF (KOFF).

[Sidenote: II 218]

[Sidenote: III 22]

Das _Koff_, ist ein rein holländischer Typ, den weder ~Witsen~ noch
~Van Yk~ anführen. Es stammt wahrscheinlich aus dem Ende des 17.
Jahrhunderts und hat später in vielen Fällen die «Fluiten» und die
«Katschepen» (Katzenschiffe) ersetzt. (~Le Comte~, S. 10.)

Die Formen dieses Schiffs sind sehr rund und zeigen so ihre
Verwandtschaft mit den «Schmacken» und den «Tjalken». Sie haben einen
flachen Boden, viereckiges Vorderteil oder wie ~Van Loon~ sagt (Seite
64): «Stomp rond» (rund und stumpf). Später baute man spitzere.

Es sind feste Schiffe, die besonders Stürmen gut widerstehen, daher
das Sprichwort: «Koffen en Smakken zijn Waterbakken» (Die Kuffen
und die Schmacken sind Wasserbecken). Ich kann mich der Meinung des
Herrn ~Koenen~ nicht anschliessen, der behauptet, dass «Kof» von
«Kog» herkommt, denn das «Kof» erscheint viel später und stammt von
den kleinen Binnenschiffen her. Das sind im allgemeinen Schiffe mit
geringem Tiefgang. Ihre Ladefähigkeit schwankte von 100 bis 300 t.;
die Abmessungen waren z. B.: Länge 72 Fuss, Breite 17, Tiefe 8 Fuss 3
Zoll. Sie haben im allgemeinen zwei Masten; der grössere steht auf ⅓
der Länge. Ihr Deck ist unterbrochen ohne _Statie_. Die kleinen Kuffen
haben Schwerter, die grossen nicht.

Im 19. Jahrhundert beginnt man, ebenfalls das Vorderteil schlank zu
machen (~Van Loon~, S. 65), wodurch jedoch die alten Merkmale der
Schiffe verschwinden. Man wollte ihnen so grössere Richtungsfestigkeit
geben. Man baut noch diese Schiffe in der Provinz Groningen, aus der
sie stammen. Gegenwärtig gibt man ihnen allerdings wie den Tjalken ein
runderes Hinterteil. Früher fand man sie häufig auch in Holland, da
sie den Verkehr mit der Ostsee vermittelten; sie fuhren aber auch nach
Norwegen, England, Schottland, Irland, Frankreich, Portugal und dem
Mittelmeer, selbst nach Rio de Janeiro. (~Le Comte~, S. 11.)


DIE SCHMACK.

[Sidenote: II 216]

[Sidenote: III 23]

Die _Smak_ ist ein ebenso interessantes Schiff wie das Kof (Kuff), dem
sie sehr gleicht. Hier handelt es sich um einen rein holländischen Typ,
rund und flach und von grosser Standfestigkeit zu Wasser. ~Le Comte~
nennt sie die Schwester des Kof. Man findet in diesem Typ sehr wohl die
Form der «Tjalk» wieder. Die Schmacken laufen weder am Vorder- noch
am Hintersteven spitz zu und gleichen völlig den alten Abbildungen
der «Smalschepen», «Wijdschepen» und «Turfschepen» (Torfschiffe). Sie
bilden übrigens mit den letzteren ein und dieselbe Familie; sie sind
etwas fester im Bau, da sie für weitere Fahrten bestimmt sind. Die
«Smak» stellt den friesischen Schiffstyp dar. Sie trägt eine «Statie»
und Schwerter. Der grosse Mast steht auf ⅓ der Länge des Schiffes. Am
Hinterteil, in der «Statie» hat die «Smak» noch einen kleinen Mast. Die
Ladefähigkeit schwankt von 70 bis 140 t. Ihre Länge beträgt 80 Fuss,
ihre Breite 22 und ihre Tiefe 9. Die Schmacken besorgen den Verkehr
mit Frankreich, England und sogar mit Lissabon, offenbar auch mit der
Ostsee. Sie waren indessen besonders gebaut, wie ~Le Comte~, S. 12,
sagt, um durch die «Wadden» (Watten) nach Groningen, Friesland und
Ostfriesland segeln zu können. ~Witsen~ erwähnt die «Schmacken» nicht.

[Sidenote: II 210]

[Sidenote: II 209]

Wenn wir indessen die Abbildung der «Smak» mit der des «Wijdschips»
vergleichen, das ~Witsen~ anführt (S. 171), so sehen wir sogleich,
dass es sich hier nur um einen Namenwechsel handelt. Im Grunde gibt es
auch keinen Unterschied zwischen dem «Smal-» und dem «Wijdschip», ~Van
Yk~ sagt nämlich (S. 308), dass der Unterschied zwischen den beiden
Typen nur in folgendem besteht: das «Smalschip» war so schmal, dass
es die Stadt Gouda durchfahren konnte, während das «Wijdschip» um sie
herumfahren musste. Es sind also zwei ähnliche Schiffe, die sich nur
durch ihre Grösse unterscheiden. Wenn man nun die Abbildungen dieser
Schiffe mit denjenigen der «Turfschepen» (Torfschiffe) vergleicht,
so stellt man eine völlige Ähnlichkeit fest. Erst am Ende des 18.
Jahrhunderts gibt man allen diesen Schiffen den Gattungsnamen «Tjalk»,
in Anlehnung an Friesland.


DAS SCHMALSCHIFF.

[Sidenote: II 210]

Das «Smalschip» hat folgende Abmessungen: Länge 60 Fuss, Breite 16
Fuss, Tiefe 14 Fuss; das «Wijdschip» hat entsprechend 70 Fuss, 20 Fuss
und 8 Fuss 2 Zoll. Alle diese Schiffe besassen eine «Statie».


DER DAMLOOPER.

[Sidenote: II 212]

Dasselbe Schiff so gebaut, dass es die alte Schleuse des Leydener
Dammes durchfahren kann, heisst «Damlooper». ~Van Yk~ beschreibt die
Grössenverhältnisse dieses Schiffes folgendermassen (S. 312.): «’t
schip (de Damlooper) zal lang zijn 56 voeten, wijd dat de zwaarden
afhangen, het rakende en echter gemakkelijk door de Duikers van den
Leidsen dam kan gebragt werden, zo sal dat schip op de bovebuitekant
van den Vrimmegang of wentelstrook, zo wijd als op ’t Barkhout wesen
moeten en ten minsten van binnen tegen de zetwegers gemeeten zijnde elf
voeten en een duym wijdte hebben[25]».

Die Ladefähigkeit des Schiffes wird später mit 18 Last (36 t) angegeben.

Die Schleuse des Leydener Dammes, von der hier die Rede ist, ist kraft
der Provinzialakte von 1617 gebaut und 1648 umgebaut worden. Diese
Schleuse wie die von der Gouwe aus dem 14. Jahrhundert[26] ist erst
1885 durch eine neue Schleuse von 7 m nutzbarer Breite und 2,20 m
Wassertiefe über dem Drempel ersetzt worden. Die Provinzialverbände von
Südholland haben in das Schleusenwärterhaus am Leydenschen Damm einen
Stein mit folgender Inschrift einsetzen lassen:

«In 1885 is de verbetering der vaart tuschen Rijn en Schie door de
Staten van Holland ondernomen. Hier war de naijver der steden tot
1648 slechts een overtoom en daarna een verlaat van 3,80 m wijdte en
doorvaarthoogte van 2,20 m gedoogde, hebben zij deze sluis wijd 7 m met
beweegbare bruggen bevolen[27]».

Also erst i. J. 1885 hat man diese Hindernisse beseitigt. Bis zu
dieser Zeit haben demnach die «Smal-» und «Wijdschepen» und die
«Damloopers» ihre Daseinsberechtigung gehabt. Sie werden jedoch nicht
mehr im 19. Jahrhundert erwähnt; man spricht da fast ausschliesslich
von den «Tjalken». Demnach handelt es sich wiederum um eine einfache
Namenvertauschung, ohne dass die Schiffe ihre Form geändert haben.
Die Binnenschiffe haben jedoch im Laufe des 19. Jahrhunderts eine
wesentliche Umänderung erfahren. ~Van Loon~ (S. 69), schreibt nämlich:
Die eckigen Formen des Vorder- und des Hinterteils haben runderen
Formen des Vorderteils und des Rumpfes überhaupt Platz gemacht. Das
Schiff erhält also eine regelmässige und glatte allgemeine Form. Die
eckigen Formen finden sich nur noch bei einigen alten «Poonen» und
«Schuiten» wieder. Die alten Stiche geben uns eine gute Vorstellung
dieser eckigen Bauart, die bei einigen Mustern so tief ist, dass man
glauben möchte, mit einem Bau zu tun zu haben, der mit Überlappung
hergestellt ist.

Wir sehen also, dass im 19. Jahrhundert eine grosse Zahl von Schiffen,
die früher unter verschiedenen Namen bekannt waren, unter dem
Gattungsnamen «Tjalk» zusammengefasst werden.


DIE TJALK.

[Sidenote: III 26]

[Sidenote: III 29]

Die _Tjalk_. Die eigentliche «Tjalk» stammt aus Friesland und der
Provinz Groningen. Ihre Ladefähigkeit schwankt von 30 bis 80 t. In
der Provinz Groningen baut man jedoch «Tjalken» für die See von 200
t. Der Hauptunterschied zwischen einer Tjalk von Groningen und einer
friesischen Tjalk ist, dass die erstere einen «Draai-over-boord» und
die letztere eine «Statie» hat.

Man nennt die letzteren auch «Friesche Praam», wenn sie etwas gradere
Linien zeigen. (~Le Comte~, S. 17.)

Ausserdem hat die «Friesische Tjalk» einen schrägeren Vordersteven.
Wie unsere Binnenschiffe hatten die «Tjalken» früher eine Takelung
mit lateinischen Raaen (Spriettuig, auch Ferrytuig genannt), die fast
überall im 19. Jahrhundert durch die gewöhnliche Takelung mit Besanmast
(Bazaantuig) ersetzt wurde.

Während die «Tjalk» im allgemeinen einen Mast besass, sind einige
grosse Tjalken manchmal noch mit einem kleinen Mast auf der «Statie»
versehen.


DIE SCHUTE UND DIE POON.

[Sidenote: II 252]

[Sidenote: II 254]

[Sidenote: II 236]

[Sidenote: III 40]

[Sidenote: III 43]

[Sidenote: II 211]

Die _Schuit_ (Schute). Die Schuit ist für Südholland, was die Tjalk für
Friesland und die Provinz Groningen ist, während wir die «Poon» für
Seeland und die Inseln Südhollands haben. Es besteht nur ein kleiner
Unterschied zwischen der «Poon» und der «Schuit». Beide erinnern uns an
den holländischen Typ der «Smak», da der untere Teil etwas bauchiger
ist. Das Deck ist also etwas schmaler als der Boden. Der Unterschied
zwischen beiden besteht darin, dass die «Poon» eine Krümmung hat, d. h.
dass die «Schuit» ein geraderes Deck hat. Beide haben eine «Statie»;
aber die «Poon» findet man auch oft mit einem «Draai-over-boord» und
unterbrochenem Deck. Die «Schuit» zeigt selten diese Merkmale.

Es sind beides sehr feste Schiffe, die bei schwerem Wetter besonders
stabil auf dem Wasser sind. Eine Eigentümlichkeit beider Schiffe
besteht in der schmalen Spitze, in die der Vordersteven ausläuft. Diese
Spitze wird ein wenig nach hinten gebogen und muss nach den Backen am
Mast zeigen (oberer Teil, wo das Segelwerk am Mast befestigt ist). Wir
finden dieselbe Spitze bei den Schiffen, die die belgische Schelde
befahren, aber nicht bei den «Tjalken».


DIE KAAG.

[Sidenote: III 24]

Neben der «Schuit» finden wir in Nord- und Südholland besonders
vor Amsterdam die «Kaag», die stark der «Poon» ähnelt. Die «Kaag»
hat keinen so stark ausspringenden Rumpf wie die «Poon» und stellt
sozusagen den Übergang zwischen der Tjalk und der Poon dar. Dies Schiff
wird viel als leichtes Fahrzeug gebraucht und trägt die Takelung mit
Raae; man findet indessen solche mit Gaffeltakelung (Gaffeltuig); sie
führen dann den Namen «Gaffelkaag» oder «Gaffelschip». Hinsichtlich der
Grösse ist die «Kaag» mit der «Poon» und der «Tjalk» zu vergleichen.
Die «Schuit», die «Poon» und die «Kaag» haben bis zu Ende ihre eckigen
Formen behalten. Es braucht nicht betont zu werden, dass die Kaag auch
eine «Statie» besitzt.

Die drei letzten Type haben auch am längsten die Wände mit runden Luken
behalten, die ehemals in ständigem Gebrauch waren.


DIE STEIGERSCHUTE.

Die _Steigerschuit_ (wörtlich Einsteigbarke) findet man oft im 17.
Jahrhundert. Es sind dies kleine Schuten, Poonen oder Kogschiffe,
die in den Häfen und auf den Flüssen gebraucht werden, um von den
Anlegestellen nach den grossen Schiffen und umgekehrt Fahrgäste und
Waren zu bringen. Der Name bezeichnet also die Verwendung und nicht den
Fahrzeugtyp.


DIE YACHT.

[Sidenote: III 44]

[Sidenote: III 45]

Während man in Südholland und Seeland die Schiffe mit schmalem Deck
baut, zieht man in Nordholland die Schiffe mit schmalem Boden vor.
Man nennt dann diese Schiffe «Yacht» oder «Noord Hollandsche Yacht».
Sie haben im allgemeinen die Grösse einer kleinen «Tjalk». Wenn man
also die vorgenannten Schiffe nach ihrer Bodenbreite ordnen wollte, so
müsste man mit der «Yacht» anfangen; dann käme die «Tjalk» und endlich
die «Poon».

Infolge ihres schmaleren Bodens und der mehr zusammenlaufenden Wände
macht die Yacht den Eindruck eines schlankeren und schnelleren Schiffes
als die «Poon».

Die Berghölzer der Yacht zeigen starke Krümmung mit einem geraden Teil
in der Mitte. Die Yacht hat ein «Draai-over-boord» mit unterbrochenem
Deck.


DIE BUJERSCHUTE.

[Sidenote: III 46]

In Nachahmung der grossen Bujer oder Kromstevens, die wir oben
erwähnten, findet man oft kleinere meist mit der Benennung
«Bujerschuten» (Boeierschuiten), einem Namen der wahrscheinlich von
ihrer Ähnlichkeit mit den gewöhnlichen «Schuten» herstammt. Das
Hinterteil hat ein «Draai-over-boord», oft mit unterbrochenem Deck.
Sie haben eine Eigentümlichkeit: das ist eine Art Verschlag, in dem
sich der Steuermann befindet, um leicht die Ruderpinne handhaben zu
können. Diesen Verschlag findet man auch oft bei den «Boeieraken». Die
«Boeierschuiten» trifft man in Südholland, Seeland und Flandern.

In Flandern ist der Schiffbau ebenfalls frühzeitig entwickelt. Wir
brauchen nur an das alte Damme und Antwerpen zu denken und werden uns
nicht wundern, dass die dort vorkommenden Schiffstype denen unserer
Heimat gleichen. Das sind in erster Reihe die «Pleiten» und die
«Otterschepen», die wir auch im Nordwesten von Brabant antreffen.


DIE PLEIT.

[Sidenote: III 51]

Die _Pleit_ ist ein sehr altes Schiff, von dem die Geschichte
oft erzählt. Man sieht sie im Verkehr mit England. Sie hat die
Tragfähigkeit unserer Tjalk, deren Formen sie auch hat, abgesehen von
der Länge; diese überwiegt auch verhältnismässig gegenüber der Breite.
Die «Pleit» sieht also länger aus als die «Tjalk». Sie hat ausserdem
gefällige Linien. Die Grössenverhältnisse sind: Länge 23-27 m, Breite
4,80-5 m, Tiefgang höchstens 1,90 m, Ladefähigkeit 125-180 t.

Heute baut man diese Schiffe grösser; ihre Länge erreicht 35 m, ihre
Breite 5 m, ihr Tiefgang leer 0,40 m, bei Belastung 2 m; sie können 270
t laden. Mit Unrecht nennt man diese Schiffe in Belgien «Holländische
Belander» nach dem jüngeren, Belander genannten Binnenschiff, von dem
später die Rede sein wird.

Dies Schiff hat nichts mit der «Pleit» zu tun. (S. ~Dehem~, _Annales
des Travaux publics 1901_, August, S. 508.)

Die «Pleit» hat eine «Statie». Es ist merkwürdig, dass die «Pleiten»
von heut nur eine gegenüber ihrer Länge geringe Takelung besitzen.
Früher hatten sie zwei Maste.


DER OTTER.

[Sidenote: II 253]

[Sidenote: III 52]

Der _Otter_ (franz. loutre), den wir eine kleine verkürzte Pleit nennen
können, hat eine Länge von 20-28 m (wenigstens 16 m, höchstens 30, s.
~Dehem~, S. 507), eine Breite von 4 m, einen Tiefgang von 1,70-2,20 m
bei Belastung, gewöhnlich 1,80 m. Die Tragfähigkeit schwankt von 70 bis
180 t.

Der «Otter» ist mit gewöhnlicher Takelung versehen, mit Besanmast, oft
mit einem kleinen Mast hinten in der «Statie».

Neben den «Pleiten» und «Ottern» findet man noch auf der Schelde die
«Schuten» (Barken), die den holländischen Schuten entsprechen. Sie
unterscheiden sich also ebensosehr von dem Otter wie sich bei uns die
«Schute» von der «Tjalk» unterscheidet. ~Dehem~ täuscht sich also in
seinem oben genannten Werk etwas, wenn er sagt (S. 507) «die Schute ist
ein Otter von kleinen Abmessungen».

Die «Pleiten» und «Otter» findet man oft hier in den Niederlanden.

Wenn die Schiffe von West-Belgien somit die gleichen Eigentümlichkeiten
zeigen wie die unserer Heimat, so wird es ebenso mit denjenigen von
Ostfriesland sein.


DIE MOTTE.

[Sidenote: III 53]

[Sidenote: III 54]

Die _Motte_ ersetzt dort die Tjalk. Man teilt die «Motten» ein in:
«Buiten-Motten», «Binnen-Motten» und «Spitse-Motten».

Die Schiffe der beiden ersten Sorten haben dieselbe Form. Sie
unterscheiden sich nur in der Grösse.

Sie entsprechen den Tjalken von Groningen, auch in der Form der
Berghölzer und des Steuers. Sie gehören also zur Familie der Tjalken.


DIE SPITZE MOTTE.

[Sidenote: III 55]

Die _Spitse-Mot_ ist ein kleines Schiff, dessen Form sich von der
gewöhnlichen Motte etwas unterscheidet; sie ist schlanker und weniger
massiv gebaut. Ihre Länge erreicht 14,50 m, die Breite 3,90 m und die
Tiefe 1,60 m. Der Unterschied zwischen einer «Spitsen-Mot» und einer
«Binnen-Mot» ist derselbe wie zwischen einem «Oberijsselschen Praam»
und einer «Tjalk».


DER EWER.

[Sidenote: II 241]

[Sidenote: III 58]

Der _Ewer_ und der «Bremerkahn» werden längs des ganzen Ostfriesland
bis Dänemark angetroffen. Sie haben sehr alte Formen behalten, die
an die alten «Kogschiffe» erinnern. Sie wurden besonders bei Hamburg
gebaut und ursprünglich als Fischereifahrzeuge verwendet. Es geht also
hier so wie in unserer Heimat, wo der «Huker» und die «Büse», die
zuerst Fischereifahrzeuge waren, später Handelsschiffe werden.

Der «Ewer» wird bei den Fischereifahrzeugen besprochen werden.


DER BREMERKAHN.

[Sidenote: III 57]

Der _Bremerkahn_ ist ein schmaler «Ewer». Beide besitzen den Spiegel
(viereckiges Hinterteil), den sie aus dem Süden erhalten haben.

Diese letzteren Schiffe haben einen glatten Rumpf; ehemals hatte der
Rumpf eine Beplankung mit Ueberlappung. Der «Kahn», der grader und
flacher als der «Ever» ist, hat einen weniger schrägen Vordersteven;
beide Schiffe haben eine Takelung mit Besanmast, oft mit einem kleinen
Ergänzungsmast am Hinterteil. Ihre Ladefähigkeit entspricht ungefähr
derjenigen unserer Tjalken.

Der Hamburgische Ewer hat 17 m Länge, 6,40 m Breite und einen Tiefgang
von 0,70 m, wenn er leer, und 1,50 m, wenn er beladen ist. Die
Abmessungen des «Bremerkahns» sind entsprechend 15,50 m, 4,80 m, 0,70 m
und 1,50 m.

Ausser der «Galiot» und der «Galeasse» findet man alle Schiffe, die
zur Gruppe II B. gehören, von Dänemark längs Ostfriesland, Groningen,
Friesland, Nord- und Südholland, Seeland, Nord-West-Brabant, Flandern,
Westutrecht und noch eines kleinen Teiles (des Westens) der Betuwe,
kurz längs der Küste und auf unseren Binnenflüssen und solchen mit Ebbe
und Flut.

Sobald man an die Maas und den Lech kommt, ändert sich der
Charakter; das gilt auch für die Provinzen Over-IJssel und einen
Teil von Drenthe. Der grössere Teil der Provinz Drenthe ist der
Schiffahrt erst zugänglich gewesen nach Herstellung der Kanäle im
19. Jahrhundert. Der Süden dieser Provinz bildet jedoch schon sehr
frühzeitig mit Over-IJssel ein Ganzes hinsichtlich des Schiffbaues,
und die gegenwärtig in Gebrauch befindlichen Type haben sich auch in
Over-IJssel entwickelt.


DIE POTTEN UND PUJEN.

[Sidenote: II 201]

Die ältesten Schiffe, die man in Over-IJssel kennt, sind die _Potten_
und _Pujen_ (~Witsen~, S. 170), von denen es noch einige Abbildungen
gibt; jene Namen findet man heute nicht mehr in Over-IJssel. Die alten
«Potten» und «Pujen» sind jedoch dort nicht ganz verschwunden. Hier wie
übrigens überall, haben sich die alten Formen erhalten; infolge einiger
Änderungen haben die Schiffe einfach andere Namen erhalten.

Ebenso haben die Schiffsrümpfe mit übereinandergreifenden Planken den
glatten Rümpfen Platz gemacht, und später haben diese Schiffe weniger
eckige Formen angenommen. Die alte Takelung hat sich geändert, und
die alten Wände mit runden Luken sind durch flache, einfachere Wände
verdrängt worden. So ändern diese Schiffe etwas ihr Aussehen, obwohl
der Rumpf derselbe bleibt; aber die Namen «Potten» und «Pujen» machen
den Namen «Sompen», «Peggen» und «Snijboonen» Platz, die wir noch heute
überall finden.

~Witsen~ und andere berichten bereits, dass die «Potten» und «Pujen»
sich von den «Smal- und Wijdschepen» durch ihr schlankeres Vorder- und
Hinterteil unterscheiden; derselbe Unterschied, den man augenblicklich
zwischen den Tjalken einerseits und den Snijboonen und den Sompen
andererseits findet. Uebrigens zeigt schon allein der Name Snijboon
(Bohne), dass es sich um ein langes und schlankes Fahrzeug handelt, d.
h. ein Schiff mit flachem Boden und schlankem Vorder- und Hinterteil.


DIE SNIJBOON UND DIE SOMP ODER PEGGE.

[Sidenote: III 34]

[Sidenote: III 31-33]

Die _Snijboon_ und die «Somp» haben dieselbe Form. Sie haben beide
einen «Draai-over-boord» und gewöhnlich ein unterbrochenes Deck.
Die Eigentümlichkeiten dieser Schiffe sind das schlanke Vorder- und
Hinterteil, die plötzliche Senkung der Berghölzer am Hinter- und
Vordersteven; diese Berghölzer bleiben nämlich fast horizontal auf der
übrigen Länge des Schiffs, während der Vorder- und Hintersteven fast
vertikal sind.

Diese Merkmale scheiden sie fast augenblicklich von den Schiffen der
anderen Provinzen. Die Somp hat 15,5 m Länge, 3,70 m Breite und 1,80 m
Tiefe.

Wenn die Somp kleiner ist und einen geringeren Tiefgang hat, so nennt
man sie «Pegge»; deren Abmessungen sind entsprechend 12 m, 2,65 m und
1,45 m.

Die Snijboon misst 17,5 m, 3,90 m und 1,50 m.


DIE HOOGEVEENSCHE PRAAM.

[Sidenote: III 53]

Die _Hoogeveensche Praam_ ist ein Schiff aus neuerer Zeit, das aus der
Somp hervorgegangen ist, mit mehr gewölbtem Hinter- und Vorderteil.


DIE PRAAM.

[Sidenote: III 35]

[Sidenote: III 36]

Das Bestreben, grössere und vollere Schiffe zu bauen, das sich schon
im 17. und im Anfang des 18. Jahrhunderts zeigt (~Van Yk~, S. 348),
tritt noch mehr im 19. Jahrhundert hervor. So wachsen die «Snijboonen»
und die «Sompen» und lassen die _Praam_ entstehen, deren Abmessungen
und Ladefähigkeit ähnlich denjenigen der Tjalk sind. Die «Praam»
hat jedoch ein schlankeres Vorder- und Hinterteil erhalten, ebenso
zeigen diese Schiffe den charakteristischen Verlauf der Berghölzer
(~Le Comte~, S. 23); sie haben alle den «Draai-over-Boord», oft mit
einem unterbrochenen Deck. Diese Pramen unterscheiden sich also völlig
von den Schiffen aus der Gruppe der Schmacken (Tjalken), wie man sie
in Friesland und Groningen findet. Sie haben nichts zu tun mit der
«Groninger Aardappelpraam» und der «Groninger Slijkpraam», auch nicht
mit der «Frieschen Praam», die zur Gruppe der Tjalken gehören. Der Name
«Praam» findet sich in Over-IJssel erst am Ende des 18. Jahrhunderts
oder gar erst am Anfang des 19. Der Name ist jedoch nicht rein
holländisch. So erzählt der Marquis ~de Tolin~ (S. 175), dass Napoleon
für seine Flotte von Boulogne einige «Prame» bauen liess, Schiffe mit
flachem Boden von 30 m Länge, 8 m Breite und etwa 2,50 m Tiefgang. Sie
hatten eine Takelung mit drei Masten und waren mit Kanonen ausgerüstet.
(~de Bonnefoux~ et ~Paris~: _Dictionnaire de Marine à Voiles 1847_,
S. 59.) Es scheint, dass man 20 dieser «Prame» gebaut hat. Sie haben
indessen nichts zu tun mit unsern Pramen, ausser dass es Schiffe
mit flachem Boden sind. Der Marquis ~de Tolin~ beschreibt in seinem
Werk die holländische Praam. (S. 144.) Der Beschreibung fehlt jedoch
Genauigkeit, denn die Over-IJsselsche und die Friesche Praam sind
zusammengestellt.

Die Friesche Praam (Praam von Friesland), ist nichts anderes als eine
kleine Tjalk von etwas graderen Linien, mit Statie; die andere dagegen
ist ein Schiff mit flachem Boden und Draai-over-boord (niemals mit
Statie).

~Le Comte~ (S. 29.) berichtet nur, dass man dies Schiff in der Provinz
Drenthe in Meppel und Hoogeveen baut, während auch er die Tjalk mit der
Frieschen Praam zusammen gruppiert. So schreibt er zum Beispiel (S.
14.), dass die Tjalken manchmal bewegliche Setzborde haben, während
sie über Bord laden, dass dies aber besonders die Frieschen Pramen
charakterisiert.

Zu jener Zeit spricht man oft in Holland von «Praam», obgleich man dort
kein Schiff findet, das diesen Namen trägt, oder dem Over-IJsselschen
Praam ähnelt. Dieser Name wird damals gebraucht, um ein Schiff im
allgemeinen zu bezeichnen.

Die grosse, eigentliche Over-IJsselsche Praam, wie wir sie jetzt
kennen, stammt also erst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts,
und die Vergrösserung ihrer Abmessungen ist lediglich der Verbesserung
der vorhandenen Kanäle oder der Herstellung neuer Schiffahrtstrassen zu
danken, die fast alle aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammen. Erst
damals verbindet man die Drentsche Hoofdvaart (Drenthensche Hauptfahrt)
in Groningen durch die Anlage der Noord Willemsvaart (1858-1862) (siehe
_Gedenkboek van het Koninklijk Instituut van Ingenieurs_ S. 31.). Die
Hoogeveensche Vaart, die 1623 als «Echtens nieuwe Grifte» (neuer Kanal
von Echten) gegraben wird, wird ostwärts verlängert und verbessert
zwischen 1850 und 1860, und das Meppeler Diep wird zwischen 1860 und
1882 reguliert.

Die Verbindung von Friesland mit Groningen ist neueren Datums; sie
erfolgte früher nur zur See, während die Binnenverbindung dieser
Provinzen noch bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts sehr primitiv war.
Erst von 1851 bis 1893 spricht man von einer Verbesserung, während 1864
die Schleuse von Gaarkeuken an der Grenze dieser beiden Provinzen neu
gebaut wird.

Man legt dort eine Schleuse von 6 m Breite und einer nutzbaren Länge
der Kammer von 26 m an. Der Stadskanaal, der 1766 oder 1767 in Angriff
genommen wurde, wird erst im Jahre 1858 vollendet.

Ebenfalls erst im 19. Jahrhundert beginnt man glücklicherweise die
Verbesserung der Verbindung zwischen Over-IJssel und Friesland,
die durch Beseitigung der Torfhochmoore verwirklicht wird, während
endlich die Verbindung der nördlichen Provinzen unserer Heimat mit den
südlichen Provinzen im Jahre 1820 durch Eröffnung der Willemsvaart
bei Zwolle hergestellt wird, einer Verbindung zwischen Yssel und
Zwartewater. Man hatte wohl im 14. Jahrhundert einen Zuführungskanal
von Zwolle nach der Yssel angelegt und man hatte auch 1480 die
Verbesserung dieses Kanals begonnen, sodass er schiffbar wurde, aber
die gegenseitige Eifersucht der Städte an der Yssel hielt diese
Arbeiten an. (Dr. H. ~Blink~, Bd. II, S. 282.) Bis zur ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts erfolgte die Verbindung zu Wasser zwischen den
Nordprovinzen durch die Zuiderzee, für die man zunächst ausschliesslich
Schiffe aus der Gruppe der Tjalken verwendete. Die «Potten» und die
«Pujen», ebenso die «Sompen» und «Peggen» konnten nicht auf die hohe
See gehen (~Witsen~, S. 170); erst die Pramen, die später erscheinen,
sind so gross und so gebaut, dass sie die hohe See besuchen können; sie
verbreiten sich daher bald in unserer ganzen Heimat.

Es ist jedoch interessant, sich zu fragen, wie man den Namen «Praam»
gewählt hat, in einer Gegend, wo man andere gute alte Namen zur
Verfügung hatte? Es ist ausser Zweifel, dass der Einfluss der Provinz
Groningen hierfür bestimmend gewesen ist. Durch den «Convenant van
1817» (Vertrag von 1817), also zu einer Zeit, wo man noch nicht die
grossen Pramen von Over-IJssel baut, bestimmt die Stadt Groningen,
dass die zum Markt kommenden Leute wie jedermann die gewöhnlichen
Zölle an den Brücken, Schleusen und Schranken der vorhandenen Kanäle
zahlen müssen. Für die zu bauenden Kanäle sollte man bei jeder
Schleuse 30 Cent für 1 «Schip» und 10 für 1 «Praam» bezahlen. Schon
in den alten Tarifen findet man dieselbe Unterscheidung zwischen
Schip und Praam. So setzt die «Stadsordonnantie» vom 28. Januar 1773
fest, dass an den Schleusen der Stadt ein «Schip» 5 und eine «Praam»
4 Sous bezahlen soll. Aus alledem geht hervor, dass man in Groningen
Schip und Praam unterscheidet; aus dem grossen Unterschied im Preise
ergibt sich klar, dass eine Praam ein kleines Schiff war. Man findet
dies so augenscheinlich, dass weitere Erklärungen über die Natur der
Praam fehlen. Es ist also klar, dass man darunter die in der Provinz
Groningen wohlbekannten «Slijkpramen» versteht; diese Slijkpramen
wurden nämlich sowohl im Dollard wie in den Torfgegenden verwendet.
Es sind kleine schmale, oben offene Schiffe, mit gradem Längsprofil
mit vollem Vorder- und Hinterteil (wie die Tjalken von Groningen). Man
findet sie noch mit einigen Abänderungen unter dem Namen «Flotpraam».

Als durch die Vollendung der Noord-Willemsvaart im Jahre 1862 die
direkte Verbindung zwischen Over-IJssel und Groningen hergestellt
ist, und als diese Provinz von den grossen Over-IJsselschen Schiffen
erreicht werden kann, die auch geraden Bord haben, findet man es
augenscheinlich vorteilhaft, diese Schiffe ganz einfach Praam zu
nennen. So zieht man aus dem niedrigeren Tarif Nutzen und hütet sich
wohl mit Rücksicht auf die dadurch entstehenden Vorteile, den Namen
«Praam» in «Schip» umzuändern. Erst 1903 wird durch Erkenntnis des
Friedensrichters von Groningen entschieden, dass diese «Pramen» wie
ein «Schip» zu rechnen sind und nicht als «Pramen», wie sie der oben
genannte Vertrag im Auge hat. (_Provinciale Groninger courant_,
Dinsdag, 24 Februari 1903, No. 46). Dieses Erkenntnis lässt also die
Vorteile aufhören, von denen oben die Rede war. Die Entscheidung ist
getroffen worden infolge eines Sachverständigenberichtes vom 24.
Dezember 1902.

In den Begründungen dieses Berichts wird die französische Übersetzung
eines Artikels des Zolltarifs angeführt, der dem Vertrag von 1817
angefügt war, worin amtlich das Wort «Praam» mit «Schiff genannt
Vlotpraam» übersetzt wird. Hiermit wird, und wohl mit Recht, die
kleine offene «Praam» von Groningen bezeichnet. Die Verfasser täuschen
sich jedoch, wenn sie sagen, dass die grossen «Pramen» der Neuzeit
aus der «Vlotpraam» von Groningen hervorgegangen wären. Sie gleichen
in baulicher Hinsicht völlig den Schiffen von Overijssel; nur ihre
Abmessungen sind grösser. Sie haben überdies niemals der Klasse der
Groninger Schiffe angehört. Das schlanke Vorderteil und Hinterteil
sind hierfür der schlagendste Beweis. Um den Typ der «Pramen»
festzustellen, hätte man nicht nur in Groningen suchen dürfen, wie
die Sachverständigen getan hatten, sondern man hätte einen Vergleich
zwischen den Typen von Groningen und denen von Overijssel anstellen
müssen.

Es ist ebensowenig beweisend, wenn man sich in dem Bericht auf einige
frühere Erkenntnisse beruft, in denen von einem «Praamschip» die Rede
ist, weil es nicht darauf ankommt, den Namen zu berücksichtigen,
sondern den Typ eines Schiffes. Die Schlussfolgerung ist noch
unwahrscheinlicher, weil sie sagt, dass die «Praam» ein Schiff sei,
weil sich der Besitzer «Schiffer» (Schipper, frz. batelier) nennt.

Der Vertrag bezieht sich nicht auf «Overijsselsche Pramen», weil es
diese noch nicht gab, als der Vertrag aufgesetzt wurde.

Das Vorhergehende zeigt uns klar, wie wichtig es ist, die Schiffe
richtig zu ordnen und zu bestimmen, welchem Lande die Typen angehören.

[Sidenote: III 37]

Es ist ganz klar, dass Overijssel unter dem Einflusse der anderen
Provinzen gestanden hat. So trifft man längs der Zuiderzee die «Tjalk»
und im 17. Jahrhundert das «IJzere Verken» (eiserne Ferkel), ein
Schiff das auch zu den «Tjalken» gerechnet werden muss. ~Witsen~
nennt es ein festes Schiff von Overijssel (S. 170). Ebenso kommt in
Overijssel die «Statie» von Friesland, die aus dieser Provinz stammte,
wieder in Gebrauch. Es dürfte unnütz sein zu bemerken, dass man auch
«Praamaken» und «Aaktjalken» findet, d. h. einige Schiffe, die die Form
der «Praam» und der «Tjalk» haben, aber ohne Vordersteven. Der Boden
endet in der Nase und die Beplankung trifft in dieser vorderen Fläche
zusammen.

Seit einigen Jahren baut man viel «Tjalken» und «Pramen» aus Eisen.
Obwohl sie auch jetzt noch die charakteristischen Unterschiede
zeigen, ist es zweifellos, dass schliesslich die Formen mit einander
verschmelzen werden, wenn die «Pramen» vollere Formen angenommen haben,
und wenn die Krümmung der «Tjalken» sich verringert hat.


DIE KOFTJALK (KUFFTJALK).

[Sidenote: III 25]

Endlich ist noch die _Koftjalk_ zu erwähnen, ein Schiff, das die Mitte
zwischen dem «Koff» und der «Tjalk» hält. Es stammt aus Groningen und
gleicht sehr den «Buitenmotten» von Ostfriesland. Die «Koftjalk» ist
die Vorgängerin der späteren «Koffs», die an die Stelle der «Katzen»
und «Fluiten» getreten sind.

[Sidenote: III 22]

Die «Koffs» sind also nicht aus sich selbst entstanden, sondern haben
sich in dem Masse entwickelt, wie Handel und Gewerbe sich ausdehnten,
und wie die Schiffahrtstrassen sich entwickelten und verbessert wurden.
So nehmen die Abmessungen der «Koffs» am Anfang des 19. Jahrhunderts
zu, infolge der Herstellung des «Amsterdiep» im Jahre 1791.

Wenn ~Hogendorp~ (Bijdrage tot de huishouding van den Staat, Bd. 1, S.
183) noch am Ende des 18. Jahrhunderts von «Koffs» von 70 bis 100 Last
spricht (140-200 t), so erwähnt dagegen ~Le Comte~ (S. 16) am Anfang
des 19. Jahrhunderts «Koffs» von 100 bis 150 Last.

Der Name «Koftjalk» zeigt uns andererseits, dass nur ein geringer
Unterschied zwischen dem «Koff» und der «Tjalk» besteht.


DIE KRAAK.

[Sidenote: III 47]

[Sidenote: II 176]

[Sidenote: II 178]

Die _Kraak_ ist ein Schiff von starkem Bau mit geradem Bord, vollem
und rundem Vorder- und Hinterteil, das zur Gruppe der «Schmacken»
gehört. Dies Schiff, von der Grösse einer kleinen «Tjalk» gehört in die
Gegend, die begrenzt wird von der gebrochenen Linie Amsterdam, Naarden,
Nigtevecht, Haarlem, Zaandam, Amsterdam. Die letztgenannte Stadt muss
als Ursprungsort der Kraaken betrachtet werden. Es sind sehr alte
Schiffe. Die alten Stiche aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts zeigen
sie schon, jedoch nicht unter dem Namen «Kraak», sondern unter dem
Namen «Lichter».

So spricht ~Witsen~ (S. 170) von «Amsterdamschen Binnenlichters», als
von «een plomb gebouwd zonder zeil of mast, overdekt met hooge ronde
duiken» (ein schwer gebautes Schiff ohne Masten und Segel, bedeckt mit
Platten, die runde hohe Luken haben).

Man führte sie meist mit dem Bootshaken; sie hatten keinen Mast. Der
hintere Teil hatte eine kleine Kabine. Die Abbildung eines «Lichters»
(Leichters) aus dem 17. Jahrhundert ist mit folgendem Distichon
versehen:

[Sidenote: II 177]

    «Te lichten menich schip bequaem,
    Daar af voert dit schip zijnen naem.»

(Den Namen führt dies Schiff, weil es manch anderes erleichtern
konnte). Später baute man grössere Leichter und man spricht von
Leichtern aus Nigtevecht, Brouwershaven, Wieringen u. s. w.

Sie haben alle dieselbe massive Form, vorn und hinten etwas nach oben
gebogen. Manche haben eine «Statie». In der Mitte ist das Schiff
immer gerade. Die grösseren Abmessungen bedingen eine Takelung, und
der getakelte Leichter erhält den Namen «Kraak», der nichts mit der
Benennung spanischer «Caraques» (Kraken) zu tun hat.

[Sidenote: III 48]

Das Bild, das die zwischen Amsterdam und Haarlem verkehrende Fähre
darstellt, gibt schon eine Vorstellung von dem Vorläufer der «Kraak».
Zu den «Kraken» muss man auch die «Yker» rechnen, mit glattem Rumpf.
«Yker» ist ein neuerer Name für dasselbe Schiff. Es ist wiederum darauf
hinzuweisen, dass der alte «Turfijker» nichts mit dem «Yker» mit
glattem Rumpf zu tun hat, dem er nur im Namen gleicht.

In Haarlem nennt man die «Kraak» «Haarlemmerpont». Dieser ist etwas
weniger bauchig, und sein Hinterteil ist nicht so voll.

Die Niederlande, die in allen Richtungen von zahllosen Flüssen und
Strömen durchzogen werden, sind seit den ältesten Zeiten die Heimat
par excellence der Fähren und anderer Fahrzeuge zur Beförderung von
Menschen und Tieren gewesen.


DER NACHEN (OVERHAALPONTJE).

[Sidenote: III 59]

[Sidenote: III 61]

Die einfachste Form dieser Fährschiffe ist die flache, rechteckige
Fähre, die an einem oder zwei Tauen hinübergezogen wird; das sind die
kleinen wohlbekannten «Overhaalpontjes» (Fährnachen), von denen man
noch viele in Holland findet, z. B. in der Nähe des Haag, von Amsterdam
und Utrecht.


DER PONTON.

Der _Pont_ (Ponton). Bei den Pontons, die grösser sind, sind Vorder-
und Hinterteil erhöht, um die Überfahrt zu erleichtern. Das Vorder-
und das Hinterteil, die breit und flach sind, haben einen beweglichen
Teil, der «Koebrug» (Kuhbrücke) genannt wird, um das Einschiffen
der Wagen, der Pferde und des Rindviehes zu erleichtern. Diese
beweglichen Vorbrücken oder Kuhbrücken werden durch zwei Hebel auf- und
niederbewegt, die zu beiden Seiten befestigt und mit Gegengewichten
versehen sind. Die Vorbrücke, die sich dagegenlehnt, erhebt sich ein
wenig über die Horizontale. Nun stellt man den Hebel fest. Nach der
Überfahrt über den Fluss lässt man die Vorbrücke hinunter; sie legt
sich dann gegen die Zufahrtrampe. Die Schrägstellung der Vorbrücke darf
nicht zu stark sein; andrerseits darf dies bewegliche Stück auch nicht
zu lang sein; sonst ist es nicht mehr leicht zu handhaben.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass zu einer guten Zufahrtrampe ein
bestimmtes Verhältnis zwischen der Neigung dieser Rampe, der Länge der
beweglichen Vorbrücke und dem Tiefgang der Fähre bestehen muss. Im
allgemeinen beträgt bei den gewöhnlichen Pontons die günstigste Neigung
der Rampe ⅛.

Eine geringere Neigung bewirkt, dass die Neigung der beweglichen
Vorbrücke zu gross wird; eine stärkere, die eine horizontalere
Lage dieses letzteren Teiles ermöglichen würde, würde dagegen die
Zufahrtrampe für den Wagenverkehr schwierig machen.


DER HALBE PONTON ODER DER PIJPER.

[Sidenote: III 60-64]

Um den _Ponton_ hinüberzubringen, kann man sich der Ruder oder einer
Takelage mit Gabel bedienen. Man lenkt dann das Fährschiff durch ein
Ruder. Obwohl man hierzu ein Fährschiff braucht, das an jedem Ende eine
bewegliche Vorbrücke hat, benutzt man doch gewöhnlich ein _Halve Pont_
(Halbfähre), ein Fahrzeug, das vorn wie eine «Aak» und hinten wie eine
Fähre aussieht. Manchmal nennt man diese Halbfähre «Pijper». Die Wagen
fahren von hinten auf die Fähre und müssen sie auch dort verlassen.
Ein um das andere Mal muss man sie also rückwärts entladen, denn das
Fahrzeug kann auf der Fähre selbst nicht wenden.

Wenn die Strömung des Flusses stark genug ist, so benutzt man sie, um
die Fähre an einem Seil hinübertreiben zu lassen. Natürlich braucht man
dann grosse Fähren mit zwei beweglichen Klappen.


DER GIERPONT (SEILFÄHRE).

[Sidenote: III 63]

Mit der «fliegenden Fähre» (_Gierpont_) kann die Überfahrt auf zwei
verschiedene Weisen geschehen. Man kann nämlich das Seil an einem Anker
in der Flussmitte einerseits und in der Mitte und an dem oberen Teile
der Fähre andrerseits befestigen. Die beiden so verankerten Enden der
Fähre werden nach flussaufwärts durch besondere Seile an dem Gierseil
befestigt. So kann man die Fähre gegen die Strömungsrichtung geneigt
einstellen, indem man an einem der beiden Seile zieht. Die Normale der
Strömung treibt dann die Fähre vorwärts, die einen Bogen um den Anker
als Mittelpunkt und mit dem Seil als Radius beschreibt. Man regelt die
Geschwindigkeit, indem man den Winkel ändert, den die Achse der Fähre
mit der Stromrichtung bildet.

Um die Wirkung der Strömung auf die Fähre zu verstärken, befestigt
man an der stromaufwärts gerichteten Seite, d. h. auf der Seite des
Gierkabels, zwei oder vier Schwerter, von denen eins oder zwei dazu
dienen, nach dem rechten und ebensoviel, um nach dem linken Ufer zu
fahren.

Um den Widerstand des Kabels im Wasser zu vermindern, stützt man es
durch einige kleine Boote, die man «Onderleg aakjes» (Unterleg-Aken)
nennt.

Eine solche fliegende Fähre ist u. a. auf der Maas in Tätigkeit, um den
Übergang von Grevenbricht-Rotem (Limburg) und Grave zu vermitteln.


DIE KABELFÄHRE.

[Sidenote: III 62]

Der «Kabelveerpont» (_Kabelfähre_) ist ein anderes Fahrzeug zum
Übersetzen über Wasserläufe. Bei ihr fällt das Gierkabel fort, und man
verfährt anders, indem man das Kabel oder eine Kette über den Fluss
spannt. Die Mitte des flussaufwärts gerichteten Teils der Fähre wird
an dem Kabel befestigt. Eine zu seiner Aufnahme bestimmte Rolle ist
hierzu an ihm angebracht. Um über den Fluss zu kommen, stösst man
die Fähre vom Ufer ab und lenkt sie in die Strömung, natürlich erst
nachdem die beweglichen Vorbrücken hochgezogen sind; dann bringt man
das Kabel an das Ende der Brücke, das auf der Seite liegt, zu der man
übersetzen will, und führt es über eine Rolle, die zeitweilig (nur
während der Überfahrt) in der Mitte der Vorbrücke befestigt ist. Die
Fähre nimmt dann eine schräge Stellung zum Kabel an, und ihre Achse
bildet wieder einen Winkel mit der Strömungsrichtung, wodurch die Fähre
hinübergetrieben wird. Das an beiden Ufern befestigte Kabel legt sich
durch sein eigenes Gewicht auf den Boden des Flusses und wird nur an
der Stelle hochgezogen, an der sich die Fähre befindet.

Als solche Fähren nennen wir die für die Überfahrt von Kessenich nach
Stevensweert und von Boorsheim nach Elsloo (Limburger Maas).

Man zieht aber nicht immer das Kabel über die Fähre, denn es behindert
die Schiffahrt. Manchmal lässt man es am Boden des Flusses liegen und
hängt die Fähre an ein Seil, das mittels einer Rolle am Kabel befestigt
ist. Dies Seil, das also in der Stromrichtung gespannt ist, wird in
der Mitte des oberen Teiles der Fähre befestigt. Wenn man nun mittels
eines besonderen Kabels die Fähre schräg stellt, wie wir es bei der
fliegenden Fähre (Gierpont) gesehen haben, so fährt sie über den Fluss,
indem die Rolle über das Kabel läuft, das am Boden des Flusses liegt.

Wir finden ein Beispiel einer solchen Fähre bei der Überfahrt
von Zalt-Bommel in Geldern. Die Gefahr dieser Kabel und aller
quergespannten Seile im allgemeinen ist die, dass sie oft beschädigt
werden, weil sie von den Ankern vorüberfahrender Schiffe erfasst
werden. Im Ausland, besonders in Belgien, spannt man die Kabel zum
Hinüberfahren über den Fluss, so dass die Schiffe darunter fahren
können. Es ist sehr zweifelhaft, ob diese Art die Kabel anzubringen,
für die schweren Fähren und bei grosser Breite des Flusses anwendbar
ist, ohne dass sehr kostspielige Mittel zum Halten des Kabels zur
Anwendung kommen.

In Limburg, wo die Maas sehr reissend ist, und wo das starke Gefälle
des Grundes viel stärkere Strömungen hervorruft, als im Lande sonst,
haben die Fähren keine Schwerter.

Bei allen diesen Fähren im allgemeinen und den «Kabelveerponten»
insbesondere ist eine sehr breite Zufahrtrampe nötig. Eine Breite
von 16 m in der Höhe des gewöhnlichen Niedrigwassers, die nach oben
abnimmt, hat sich als erforderlich erwiesen, weil die Spannung des
Kabels, die sich nach der Strömung und der Windstärke richtet, wechselt.

Je stärker die Strömung ist, um so sicherer kann man anlegen; das
ermöglicht es, die Breite der Zufahrtrampe nach oben zu verringern,
denn dieser obere Teil wird bei hohem Wasserstand allein benutzt.

[Sidenote: III 174]

[Sidenote: III 175]

[Sidenote: III 178]

[Sidenote: III 181]

Es ist selbstverständlich, dass man für die Überfahrt über das Wasser
nicht nur Fähren (Ponten), sondern alle Sorten Schiffe verwendet, wie
«Tjalken», «Poonen» u. s. w., von denen schon gesprochen ist.

[Sidenote: III 60]

[Sidenote: III 65]

[Sidenote: III 67]

Der «Veerhengst». Oft spricht man auch von «Hengsten», hier gebraucht
um die Kraft auszudrücken, und von «Veerhengsten», die zur Klasse der
«Hoogaarsen» gehören, denen sie übrigens gleichen.

Die «Hoogaarsen» werden bei den Fischereifahrzeugen beschrieben.

Zum Übersetzen von Fussgängern verwendet man meist Ruderboote und
gegenwärtig auch viel «Vletten».

Eine Bemerkung ist noch zu dem Vorstehenden zu machen:

Für die Flüsse mit Ebbe und Flut braucht man 2 Kabel, eins
stromaufwärts, eins stromabwärts, um bei Ebbe und bei Flut arbeiten
zu können. Die Arbeiten werden dann aber sehr schwierig, denn bei
stehender Ebbe ist die Strömung gleich Null oder so schwach dass
die Überfahrt nicht immer ausführbar ist. In solchen Fällen dienen
die Kabel nur als Führung für die Fährschiffe. Man bringt diese mit
der Hand oder mittels eines Motors hinüber, der auf ein besonderes
Überfahrseil wirkt. Eine solche Einrichtung findet man auf der
Berg’schen Maas, unterhalb Heusden.

Wenn bei Hochwasser die Strömung zu stark wird, so dass die Kabel zu
brechen drohen, so könnte man das Fährschiff an ein Gierseil hängen,
das dann den grösseren Teil der Spannung aufnehmen würde. Dies
Seil muss sehr lang sein: 1) damit der Zug auf den Anker möglichst
horizontal ist und 2) damit der Bogen, den die Fähre beschreibt,
möglichst flach ist.

       *       *       *       *       *

Die kleinen Binnenschiffe sind nicht weniger wichtig. Ihre Grösse nimmt
in dem Masse zu, wie die Schiffahrtstrassen verbessert werden. Der
Rumpf mit Überlappung macht dem glatten Rumpf Platz. Hinsichtlich der
Form unterscheiden sie sich von den oben erwähnten Typen durch ihre
verhältnismässig geringe Breite, sowie durch ihr sehr schräges Vorder-
und Hinterteil. Wenn im allgemeinen das Verhältnis zwischen Länge und
Breite von 3,5 bis 4 schwankt, so beträgt bei den uns beschäftigenden
Schiffen dies Verhältnis meist 5. Sie haben natürlich alle flachen
Boden; in den letzten Jahren hat man sie mit runderen Kimmungen gebaut.


DER BOK.

[Sidenote: III 83]

[Sidenote: III 84]

Der _Bok_ ist eins der grössten derartigen Schiffe. Man findet ihn
in Friesland, im Nordosten der Provinz Utrecht unter Ankeveen und ’s
Graveland, im Nordosten von Südholland nördlich vom alten Rhein. Es
ist ein langes und schmales Schiff von 16 m Länge, 3,35 m Breite und
1,75 m Tiefe. Das Schiff wird nach dem Boden hin sehr schmal und hat
ziemlich starken Vorder- und Hintersteven. Der Hintersteven ist gerade
und geneigt; der Vordersteven ist schräger und schwach gekrümmt.
Das Schiff hat ein viereckiges Vorderteil und erhält dadurch ein
charakteristisches Aussehen, wie man es auch bei den anderen Typen
findet.


DER SNIK.

[Sidenote: II 240]

[Sidenote: III 85]

Neben dem «Bok» trifft man in Friesland den _Snik_, d. h. einen «Bok»
von weniger eckigem Bau mit geraderem und schräger stehendem Vorder-
und Hintersteven.

In Holland findet man denselben Unterschied gegenüber dem «Bok» bei dem
«Haarlemmer meer plompertje», das jedoch kleiner ist als der Friesische
«Snik».

[Sidenote: III 86]

Weder der Name «Snik» noch der Name «Bok» ist in Groningen üblich;
doch gibt es dort ein ihm ähnliches Schiff. Es hat ein etwas runderes
Vorder- und Hinterteil als der «Bok». In Frage kommt die «Groninger
Aardappelpraam», (Groninger Kartoffelpraam) ein Schiff, das schon
erwähnt wurde. Es hat, wie die drei vorhergehenden Schiffe, Berghölzer
mit schwacher Krümmung. Durch sein volles Vorder- und Hinterteil
unterscheidet es sich von den «Overijsselschen Pramen».

Wenn wir das Haarlemmermeer verlassen, indem wir über Leyden fahren,
wenn wir also das Land der Dünen durchqueren, indem wir die westliche
Richtung einschlagen, so stossen wir überall auf einen Schiffstyp, der
zwar kleiner ist als die «Bokken», aber die gleichen Formen zeigt.


DER WESTLÄNDER.

[Sidenote: III 81]

Dieses Schiff heisst _Westländer_. Der stark geneigte Vordersteven
ist schwach gekrümmt. Das Schiff ragt nur sehr wenig aus dem Wasser
hervor, um unter den Brücken hindurchfahren zu können. Es kann sich
der Segel bedienen, aber meist stösst man es mit einen Bootshaken
vorwärts. Das Deck hat zu diesem Zweck einen Laufgang am Vorder- und
am Hinterteil. Das Schiff ist bedeckt mit flachen und horizontalen
Lukendeckeln. Mit Rücksicht auf die niedrige Lage der Ruderpinne haben
diese Schiffe, wie die vorhergenannten eine «Stuurbak» (Öffnung im
Deck), worin sich der Steuermann aufhält. Der obere Teil der Beplattung
ist verstärkt und dient als Bergholz. Fehlt dieser Teil, was gewöhnlich
bei den kleinen, offenen Schiffen der Fall ist, so nennt man sie
ebenfalls «Bok» (nicht zu verwechseln mit dem grossen friesischen Bok,
von dem oben gesprochen ist). Man verwendet sie häufig zur Beseitigung
der Dünen, so dass sie im Haag wohl bekannt sind.


DIE KAAG.

[Sidenote: II 182]

[Sidenote: II 184]

[Sidenote: II 185]

[Sidenote: III 71]

Im 17. Jahrhundert findet man nördlich von Leyden, längs des
Haarlemermeers und in dem Teil von Nordholland, der nördlich der Linie
Aalsmeer-Muiden liegt, ein Schiff, das damals gewöhnlich _Kaag_ (Kage
oder Kaghe) genannt wurde, und von dem ~Witsen~ eine gute Abbildung
bringt. (S. 174.) Dies Schiff unterscheidet sich von den früheren
Typen durch die erheblich stärkere Erhöhung des Vorderteils und das
Aneinanderrücken der oberen Borde, wodurch es einem Fischereifahrzeug,
dem «Hoogaars» ähnlich wird, da es wie dieser ein breites Vorderteil
hat, während das Hinterteil schmaler wird. Der Vordersteven ist gerade,
aber stark geneigt. Der Mast liegt auf einem Drittel der Länge, die
Takelung ist eine solche mit Gabel. Heute gibt es dies Schiff nicht
mehr; man trifft aber andrerseits ein Schiff mit glattem Rumpf, das ihm
ähnelt und jetzt «Snik» oder «Gondel» heisst. Es ist jedoch weniger
eckig und hat einen kleinen «Spiegel» (viereckiges Hinterteil), der wie
wo anders, erst später aufgetreten ist. Ohne Zweifel haben wir es hier
mit der alten «Kaag» zu tun, die man auch unter den heutigen Schiffen
noch trifft. Das Verhältnis der Länge zur Breite ist bei beiden
Schiffen das gleiche.

Auf den Flüssen mit Ebbe und Flut von Holland findet man als kleines
Schiff den «Kinderdijkschen Hoogaars», der völlig der alten «Kaag»
gleicht. Dann trifft man auf den Inseln Südhollands ein Schiff mit
glattem Rumpf, die «Beyerlandsche Schuitje», die eine Aak ist, weil der
Boden sich bis zur äussersten Spitze des Vorderteils erhebt; es handelt
sich wahrscheinlich nicht um einen sehr alten Typ. Ihre Verwandtschaft
mit den vorhergehenden kann noch leicht bemerkt werden.

Dies Schiff hat 9 m Länge, 2,75 m Breite und 1,30 m Tiefe. Der Mast
steht auf ¼ und ⅓ der Länge.

Die «Beyerlandsche Schuit» entspricht völlig dem Fischereifahrzeug:
«Tholensche Schouw».


DIE PRAAM VON UTRECHT.

[Sidenote: III 88]

[Sidenote: III 87]

In der Provinz Utrecht gibt es noch eine andere Art Schiffe, die
obwohl sie etwas den «Westlanders» gleicht, sich von diesen doch durch
ihren schmaleren und schlankeren Bau unterscheidet. Der Hintersteven,
wie der Vordersteven ist gerade und stark geneigt, was diese Schiffe
sehr spitz macht. Man nennt sie _Utrechtsche Praam_, während man sie,
wenn sie völlig offen sind, _Kromme Rijnaak_ nennt, obwohl sie nicht
den flachen, vorn hochgehenden charakteristischen Boden haben. Sie
entsprechen der «Vlotschuit», die von ~Witsen~ (S. 171, Nr. 3) erwähnt
wird, obwohl diese letztere im Verhältnis zur Länge breiter ist.

[Sidenote: III 89]

Man sieht die «Utrechtsche Praam» längs des «Krommen Rijn» und in der
Gegend, die mehr nördlich längs des Vecht liegt. Dies Fahrzeug gleicht
sehr einem «Punter», der langgestreckt ist; dieser gehört dem Norden
von Overijssel an (bei Vollenhove, u. s. w.); dasselbe Schiff findet
man auch in Nordholland als _Groenteschuitje van Hoorn_, von ~Witsen~
(S. 171-173) _Weijschuitje_ genannt.


DIE SCHAUWE.

Die _Schouw_ ist ein flaches, breites und offenes Fahrzeug, das man
überall antrifft. Sie ist ein sehr einfaches und sehr primitives
Schiff, das man schon auf den ältesten Abbildungen sieht, sowohl in den
Gegenden längs des Mittelmeeres wie in den Ländern Nordeuropas.

In unserem Lande der Kanäle und Flüsse verwendet man häufig «Schouwen».
Sie sind mehr oder weniger gross gebaut und haben sich allmählich
in Schiffsform entwickelt. Fast alle werden getreidelt oder mit
dem Bootshaken gestossen. Die grössten sind die «Melkschouwen»
(Milchprähme), die man täglich in grosser Zahl in Rotterdam sehen kann.

Der Rumpf der Schouwen wird vorn und hinten etwas schmaler, während der
Boden regelmässig etwas nach oben gekrümmt ist. Das Fahrzeug ist ganz
offen.

Denkt man es sich etwas höher und vorn und hinten mit einer kleinen
Kajüte (Flütenverdeck) ausgestattet und den Schiffsinnenraum mit
Lukendeckeln versehen, so erhält man die _Schiedamsche Schouw_,
die besser bekannt ist unter den Namen _Spoelingschuit_ (Barke zur
Beförderung von Abfällen).


DIE TRECKSCHUTE.

[Sidenote: II 204]

[Sidenote: II 207]

[Sidenote: III 77]

[Sidenote: III 79]

Das heutige Geschlecht wird sich schwer denken können, dass vor
kaum 60 Jahren die _Trekschuit_ bei uns noch das einzige Mittel zur
Fortbewegung war. Wer würde heut noch auf den Gedanken kommen, mit
der Treckschute vom Haag nach Scheveningen oder umgekehrt zu fahren,
wo es heut eine Unzahl von elektrischen Bahnen gibt? Und doch hat
die Treckschute in unserer wasserreichen Heimat eine wichtige Rolle
gespielt, und es gibt noch heut Gegenden, wo sie gebräuchlich ist.
Die eigentlichen «Trekschuiten» werden in 2 Klassen geteilt, solche
mit geradem und schrägem Vordersteven und solche mit gekrümmtem
Vordersteven.

[Sidenote: III 80]

Die ersteren, die fast völlig den Westlanders gleichen, wenn sie auch
etwas massiver gebaut sind, findet man besonders in Südholland und
Nordholland sowie im Westen von Utrecht. Die alten Gravüren zeigen uns,
dass dieses Schiff sich im Laufe der Jahrhunderte sehr wenig verändert
hat; die wasserdichte Kabine ist die einzige nennenswerte Änderung, die
es erfahren hat.

[Sidenote: II 78]

Man trifft sie noch häufig als _Pakschuiten_, deren helle Farben (grün,
weiss, rot) sofort die Blicke auf sich ziehen.

Die zweite Sorte dieser Schiffe, die gekrümmte Vordersteven und
elegantere Formen haben, die «Barken» oder «Trekyachten», findet man
häufiger im Norden unseres Landes, so in Nordholland, Groningen und
Friesland. Sie haben volleres Vorder- und Hinterteil (wie die Tjalken)
und erinnern mehr an unsere alten Yachten, die etwas schlank sind, und
von denen sie sicherlich abstammen.


DIE YACHT.

[Sidenote: II 156]

[Sidenote: II 235]

[Sidenote: II 184]

[Sidenote: II 185]

[Sidenote: II 186]

[Sidenote: III 90]

Die alte _Yacht_ war eins der schönsten in Gebrauch befindlichen
Schiffe. Während sie ursprünglich eine kleine Nachbildung der «Pinasse»
war, baute man sie später grösser und zwar wegen der geringen Tiefe
(vlotgaanswille) mit ziemlich vollen Formen. Die Ausschmückung der
Kabine und des Spiegels ist besonders sorgfältig. Die Schiffe haben
eine Takelung, das sogenannte «Spriettuig», und sind mit Schwertern
ausgestattet. Leider sind die Spiegel nicht erhalten worden, und in
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat man Brennholz daraus
gemacht. Einige Photographien prächtiger Yachten nach Zeichnungen aus
der Sammlung des Herrn van Gijn, in Dordrecht, sind der Sammlung der
Abbildungen beigefügt und geben ein ziemlich deutliches Bild.


DIE BAGGERAAK.

[Sidenote: III 68]

Die _Baggeraak_ bildet eine besondere Gruppe. Wie bereits gesagt, kann
man sie in 3 Klassen teilen. Zur ersten gehört die «Vlet» (Flette),
die man in Südholland, westlich der Betuwe, im Westen von Nordbrabant
(Biesbosch und Donge) sowie in Zeeland, kurz auf unseren Flüssen mit
Ebbe und Flut antrifft. Die Flette oder Baggeraak (auch «Sliedrechtsche
Aak» genannt) ist ein kleines, festes Schiff, das ausser einer
kleinen Vorderkajüte ganz offen ist. Die Takelung besteht aus dem
sogenannten «Spriettuig»; sie hat Schwerter und abnehmbare Setzborde
wie die meisten «Baggeraakjes», um das Ablaufenlassen der Handbagger
zu erleichtern. Man stellt diese Setzborde erst auf, wenn die Barke
teilweise beladen ist, d. h. wenn sie schon merklich eintaucht.
Der Mast liegt auf ⅕ und ¼ der Länge. Das Verhältnis der Länge zur
Breite ist 4 : 1. Die Beplankung geht bis in die äusserste Spitze
des Vorderteils, gegen die ein falscher Steven gebaut ist. In Zeeland
verwendet man hierzu viele «Hoogaarsen» und in Brabant und Holland
«Boeieraakjes» wie im Biesbosch und auf dem Amer und der Donge. Man
verwendet sie noch viel auf der Maas, obwohl man dort, wie auf den
Oberläufen anderer Flüsse ehemals die «Bovenlandschen Baggeraakjes.»
benutzte.

[Sidenote: III 70]

Zu den «Bovenlandschen Baggeraakjes» gehören:

Die der Maas, die die Mitte halten zwischen dem «Keen» und den
«Whalemajol». Sie besitzen eine kleine Takelung, mit Spriet
(«Spruittuig») und ein «Klaphekken» (besondere Art Steuerruder). Die
grössten, besonders bekannt unter dem Namen «Hedelsche Aken», die
Schwerter haben, werden zu allen möglichen Zwecken verwandt. Diese
Maasschiffe gehören weder zu den wirklichen Maastypen noch zu den
Rheintypen von oberhalb Bonn (Keen, u. s. w.). Sie bilden eine Gruppe
für sich, die sich wahrscheinlich aus den beiden oben genannten Klassen
entwickelt hat.

[Sidenote: III 73]

[Sidenote: III 72]

Vom Rhein ist uns nur die _Vreeswijksche Zandschuit_ geblieben
(Sandbarke von Vreeswijk), die ein Vorderteil wie eine «Dorstensche
Aak» hat, während das Hinterteil dem der «Dortsche Zandschuit»
(Sandbarke von Dordrecht) gleicht. Diese Dortsche Zandschuit hat
gleiches Vorder- und Hinterteil und einen glatten Rumpf. Obgleich dies
Schiff spitzer ist, ähnelt es etwas dem «Westerling», der als ein
sehr altes Schiff von der oberen Schelde bekannt ist (siehe ~Dehem~,
S. 505). Die alte Dortsche Zandschuit wurde besonders zum Baggern von
Ballast für die Seeschiffe verwendet.

Im Westen und im Rheinland verwendet man zur Beseitigung der Dünen eine
grosse Zahl von «Bokken», die wir schon bei den «Westlanders» erwähnt
haben.

[Sidenote: III 87]

In der Provinz Utrecht verwendet man die «Slijkpraam», die der schon
genannten «Krommen Rijnaak» gleicht, während man endlich in Groningen
noch die «Vlotpraam» oder «Slijkpraam» antrifft.

[Sidenote: II 246]

Von einem gewissen Standpunkt aus müssten die oben erwähnten
_Hoogeveensche Pramen_, die in den Torfmooren Verwendung finden, zu
dieser Gruppe gerechnet werden.


DIE BAGGER- ODER MODDERMOLEN.

[Sidenote: II 274]

[Sidenote: II 277]

Die alte Moddermolen (die Schlammmühle) oder das _Moddermolenschip_
findet man schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts; es ist
der Vorläufer der Baggermolen (Eimerbagger). Während der Bagger
ursprünglich von Menschenhänden getrieben wird, verwendet man im 17.
Jahrhundert hierzu Pferde. (~Le Comte~, S. 6, und ~Witsen~.) Ein
Laufplatz für das Pferd und ein Stall sind auf Deck erbaut. Im 18.
Jahrhundert, sagt ~Le Comte~, ist das alte Moddermolenschip schon so
verbessert, dass man sich dieser Zeit schon einbildet, es wäre nichts
mehr daran zu vervollkommnen.

Die Schiffahrt erfordert indessen immer grössere Tiefen, und so erbauen
die Brüder Kater, Baggerbauer in Monnikendam, im Jahre 1829 ein Schiff,
das bis zur Tiefe von 7 m baggert; entsprechend der Tiefe und der Menge
des Baggergutes braucht man 3-6 Pferde.

Die genannten Baggerbauer, sagt ~Le Comte~, sind die Erfinder der
«Klepschouwen», für die sie am 1. Mai 1830 um Genehmigung nachsuchen.
~Le Comte~ gibt uns eine Abbildung von diesen Baggern auf Tafel 12
seines Werkes.

In der Zeitschrift _Eigen Haard_ (1906) erzählt uns J. C. ~Kerkmeijer~,
in einem Artikel betitelt «De Diep- of Baggermolen, een merkwaardige
Ontdekking», dass er das älteste Modell eines Baggers wieder
aufgefunden hat, der vom Erfinder im Jahre 1632 erbaut worden ist;
dies Modell wird erwähnt von C. A. ~Abbing~ in seiner Fortsetzung zur
Chronik von Hoorn von ~Velius~ (1841, S. 12); dort heisst es:

«Zu dieser Zeit (1632) hat Jan Jantz Nieng, Bürgermeister und Einwohner
dieser Stadt (Hoorn), die Diepmolen erfunden. Das erste von ihm
hergestellte Modell hat 2 Fuss 6½ Zoll Länge, 9 Zoll Breite und 6½ Zoll
Höhe (Fuss von Hoorn), das Ganze ausserhalb gemessen.» Dieses Modell
fand sich noch vor einigen Jahren auf der städtischen Werft. Das von
Herrn Kerkmeijer aufgefundene Modell wurde sorgfältig von ihm wieder
hergestellt und wird gegenwärtig im Rathaus der Stadt Hoorn aufbewahrt.

Dank seiner freundlichen Hilfe können wir noch einige Einzelheiten über
die Moddermolen von Middelbourg mitteilen (genannt Dieplust), die er
von dem Schiffswerftleiter Koole in Middelbourg erhalten hat.

Der Dieplust-Bagger schöpfte den Schlamm in einen rinnenartigen Trog,
der gerade Seitenteile von geringer Höhe hatte. Dieser Schlammtrog war
am unteren Teil mit Eisen beschlagen. Wenn man das Schiff mit Hilfe
eines verankerten Kabels verschob, so schöpfte dieser Trog den Schlamm
aus grösstmöglicher Tiefe. Die Leiter des Baggers war in diesem Trog
aufgehängt, und auf der Kette ohne Ende waren Schaufeln befestigt,
die etwa die gleiche Grösse hatten wie der Schlammtrog. Wenn sie sich
um die achteckige oder sechseckige untere Trommel (Turas) drehten, so
tauchten sie in den Schlamm und zogen einen Teil durch eine Öffnung
nach dem oberen Teil.

Es ist damals noch nicht die Rede von Eimern oder Kübeln, um das
Baggergut zu heben. Die Eimerbagger tauchten erst mit den Dampfbaggern
auf.

Der rinnenartige Trog mit der Schaufelleiter konnte mittels eines
Bratspills gesenkt oder gehoben werden; er ging durch eine Öffnung,
die nicht mit der Achse des Fahrzeugs zusammenfiel. In dem breiteren
Teil befand sich die Welle, von der aus durch Zahngetriebe die von den
Pferden erzeugte Bewegung auf die Schaufelleiter übertragen wurde. Das
Triebwerk war aus Holz, dem ähnlich, das in den alten Windmühlen zur
Anwendung kam. Auf dem Deck war ein Laufplatz sowie ein Stall für die
Pferde eingerichtet.

Das Genter Journal _Het Volksbelang_ gibt diesen Artikel von _Eigen
Haard_ in seiner Nummer vom 9. Juni 1906 wieder. Man äussert dort
indessen Zweifel, dass die Erfindung aus dem Jahre 1632 stammen soll,
weil man folgende Anmerkung in dem «Resolutie Boek van de Staten van
Vlaanderen» von 1628-1630, Bl. 16, findet. (Archive des Staaten in
Gent, No. 553.)

«Actum den XXII. May 1628 wierd den Ingeniaris Adam Clippens, ghemaackt
hebbende den slijekmeulen, gelicentiert en de gheordonneert hem te
geven ordonnantie van betalijnghe den dach van merghen mitsghaders
hondert guldenen voor eene verreeringhe zoo ghedaen is geweest»[28].

Aus dieser Anführung würde hervorgehen, dass in Flandern ein
mechanischer Bagger im Jahre 1628 betriebsfertig war; entweder gibt,
so sagt man, ~Abbing~ ein falsches Datum an; oder die gleiche Maschine
ist an zwei verschiedenen Orten erfunden worden, zur gleichen Zeit. Die
Frage ist noch nicht gelöst, aber wie dem auch sei, man muss zugeben,
dass der erste mechanische Bagger im 17. Jahrhundert im Betrieb gewesen
ist.


DER TJOTTER.

[Sidenote: III 91]

[Sidenote: II 247]

[Sidenote: II 248]

Die Vergnügungsfahrzeuge oder Yachten sind so oft beschrieben worden,
und man verwendet hierzu so viele verschiedene Typen, dass wir sie
hier stillschweigend übergehen können. Es ist nur auf ein friesisches
Schiff aufmerksam zu machen, den Tjotter, den man oft antrifft, und
der in ganz Friesland verbreitet ist, ebenso wie das «Friesch Bootje».
Der _Tjotter_ ist ein volles, kurzes und breites Schiff mit eleganten
Linien von grosser Stabilität auf dem Wasser. Es ist stark gekrümmt,
hat eine Takelung mit Besanmast (Bazaantuig) und ist im allgemeinen
sehr gut gearbeitet.


DER LAADBAK.

[Sidenote: III 74-76]

Der «Laadbak» und die «Zolderschuit» sind so bekannt, dass wir nur auf
die Zeichnungen verweisen möchten, während noch auf ein sehr nützliches
Schiff aufmerksam zu machen ist, das zu allen Zeiten viel verwendet
wurde. Es ist dies der «Onderlegger», dessen Bild ~Witsen~ bringt (S.
176); er erzählt bei dieser Gelegenheit, dass er dazu diente, die
Schiffe behufs Ausbesserung auf die Seite zu legen, Pfähle aus dem
Boden zu reissen, Masten zu befestigen, u. s. w. Diese Schiffe haben 60
Fuss Länge, 16 Fuss Breite und 6½ Fuss Tiefe und besitzen 2 vertikale
Gangspille.


DIE OBERLÄNDER.

Die Schiffe, die die oberen Flussläufe besuchten, heissen
«Bovenlanders» (Oberländer). Sie unterscheiden sich völlig von den
Typen, die uns bisher begegnet sind. Sie sind alle lang und schmal,
haben geringen Tiefgang und flachen Boden. Im allgemeinen kann man
sagen, dass die «Bovenlanders» ungefähr da beginnen, wo die Flüsse
mit Ebbe und Flut aufhören. Sie sind schon in den ältesten Zeiten
vorhanden, obgleich sie nur sehr selten auf den alten Abbildungen
vorkommen. Man spricht wenig von ihnen, wahrscheinlich weil man der
Meinung war, dass sie keiner Beschreibung wert sind oder vielleicht
auch, weil man sie nicht genügend kennt. ~Witsen~ erwähnt nur die
folgenden (S. 170-171); er sagt hiervon wörtlich:

  ~A~) _Die Overlanders_ (Oberländer), die vom Oberrhein kommen, sind
  hohe, schwere und wenig durchgearbeitete Fahrzeuge. Ganze Haushalte
  bewohnen sie.

[Sidenote: II 213]

[Sidenote: II 214]

  ~B~) _Die Samoreuzen._ Ausserordentlich lange und flache Schiffe,
  die den Rhein mit Holz hinabfahren. Sie haben einen hohen, aus
  zwei Teilen bestehenden Mast, der durch Taue an den Enden und den
  Seitenteilen des Schiffs festgemacht ist.

  ~C~) _Die Aeken_, die den Wein von Cöln bringen, sind lang, hoch und
  sehr bauchig. Sie haben ein sehr breites Steuerruder.

  ~D~) _Die Dorstschen Koolhaelders_ sind lange, nicht bedeckte Schiffe
  mit flachem Boden, um die Untiefen der Flüsse überfahren zu können.
  Sie haben eine viereckige Kabine in der Mitte, in der die Schiffer
  wohnen. Sie sind eckig; das Steuerruder ist gross und breit; das
  Segel viereckig; man hisst es nahe an der Kabine an einem kurzen Mast
  mit einer gebogenen Raae.

~Van Yk~ spricht von _Geldernschen Samoreuzen_ (S. 348), ~Le Comte~ von
«Samoreus» oder «Keulenaer» (S. 44), was man noch auf der Abbildung von
~Groenewegen~ (Serie F, No. 3) sieht.

Die «Overlanders» sind die «Bovenlanders», und die «Samoreuzen» sind
die Schiffe, die von flussaufwärts von Cöln kommen, während die
Aeken wahrscheinlich die grossen «Keenaken» sind. Endlich müssen
die «Dorstschen Koolhaelders» die «Dortschen Aken» sein. Weder die
Abbildung noch die Beschreibungen geben einen genauen Begriff. Die Type
haben sich jedoch auf dem Rhein sehr gut erhalten bis zur Einführung
des Eisens; die Schiffsrümpfe mit übereinandergreifenden Planken sind
sogar unberührt geblieben, woraus wir noch jetzt entnehmen können, was
die Schiffe früher waren und woher sie stammten.


DER RHEIN.

Wie bei der allgemeinen Einteilung gesagt ist, können die Rheinschiffe
in zwei Gruppen geteilt werden: _a_) die vom Rhein, unterhalb etwa von
Bonn: _b_) die vom Rhein, oberhalb Bonns, sowie von den Nebenflüssen,
ausgenommen den Neckar, wo ein Schiff vorkommt, das zur Gruppe _a_
gehört.

Die Gruppe _a_ umfasst:

Die _Dorstensche Aak_, so genannt nach der Stadt Dorsten, wo diese
Schiffe häufig gebaut werden. Es ist eine lange und schmale Aak. Der
Boden läuft bis in die Nase; die Länge ist das 6 bis 7 fache der
Breite, und das Schiff hat Beplankung mit Überlappung. Das Vorderteil
ist voll, das Hinterteil läuft in der Höhe der Wasserlinie spitz
zu. Das Hinterdeck ist erhöht und unterbrochen; die Ruderpinne ist
stark gekrümmt und ruht auf einem festen Stützholz (Luierwagen). Das
Steuerruder ist gross und schwer. Das Schiff hat zwei Masten. Auf den
kleineren Schiffen liegt die Kabine am hinteren Mast. Auf den grösseren
Aken bleibt ein Raum zwischen der Kabine und dem Mast. Hinter dem
grossen Mast befindet sich ein Verschlag und im Vorderteil eine Kabine
für die Bedienung. Der Rumpf ist durch flache und schräge Lukendeckel
verdeckt. Früher waren sie rund.

Die «Dorstensche Aak» mit runden Luken heisst «Samoreus» Neben dieser
hat es Aken mit verdecktem Schiffsraum gegeben. Das sind die «Dorstsche
Koolhaelders». Obwohl sie nicht bauchiger sind als die anderen «Aken»,
so sehen sie, wie alle mit überlappender Beplankung gebauten Schiffe,
voller aus. Gewöhnlich führen sie Segel mit Raaen am grossen Mast und
Besansegel am kleinen. Im allgemeinen kamen diese Schiffe unvollendet
zu uns, und erst nachdem die Ladung (Koch- und anderes Geschirr)
verkauft war, stellte man sie in unserem Lande fertig.

[Sidenote: III 94]

Die «_Neckaraak_» (Aak des Neckars) ist eine kleine «Dorstensche Aak»,
deren Länge etwa das 6½ fache der Breite beträgt. Sie ist also lang
und schmal und fuhr gut. Diese Aken haben eine eigenartige Kabine, die
im Verhältnis zur Höhe des Schiffs stark über das Deck emporragt. Sie
haben einen grossen Mast und einen kleinen am Steuerruder. Dies ist
ähnlich dem der «Dorstenschen Aak»; die Schiffe haben aber nicht, wie
diese letzteren, Schwerter.


DAS STEVENSCHIFF.

[Sidenote: III 95]

[Sidenote: III 96]

[Sidenote: III 98]

Das _Stevenschip_ gleicht der «Dorstenschen Aak». Es hat
übereinandergreifende Planken wie diese letztere, besitzt dieselbe
Takelung und ist ebenso gebaut. Es unterscheidet sich von ihr nur
dadurch, dass die Beplankung nicht in der Nase oder Spitze des
Vorderteils endet, sondern in einem starken, etwas gekrümmten
Vordersteven zusammenläuft. Wir stossen auf die vorgenannten Type auch
in unserer Heimat, sowohl auf solche mit überlappender Beplankung wie
auf solche mit glatter Beplankung. Man nennt sie dann «Hollandsche Aak»
und «Stevenschip», während man früher neben diesen noch eine grosse
Zahl kleinerer Aken antraf, am Rhein, auf dem Waal, auf dem Lek, an der
IJssel und ihren Nebenflüssen. Diese «Aken» sind genaue Nachbildungen
der grossen Aken, haben aber elegantere Linien wegen ihrer geringeren
Länge. Die in der Sammlung der Tafeln befindlichen sind nach einigen
alten Mustern hergestellt, die wahrscheinlich aus dem 18. Jahrhundert
stammen:

[Sidenote: III 100]

Die Nase der «Hollandschen Aak» ist etwas flacher als die der
«Dorstenschen Aak». Die «Bovenlanders» haben allmählich (ebenfalls)
vollere Formen angenommen, was sich schon erkennen lässt, wenn man die
Zeichnung einer «Dorstenschen Aak» mit der einer «Samoreus» vergleicht.
Manche kleine holländische Aken haben einen falschen, unterbrochenen
Vordersteven, daher ihr Name «Hollandsche Schlechtaak». Einige dieser
«Aakjes» findet man auch an der Merwede und der Yssel.


DER TURFIJKER UND DER HAGENAAR.

[Sidenote: III 101]

In der Gegend östlich der Linie Leyden-Delft, nördlich von Rotterdam,
südlich des alten Rheins und westlich von Utrecht gibt es einen sehr
sonderbaren Schiffstyp, mit kleinen Abmessungen, Beplankung mit
Überlappung und nach deutscher Art gebaut; das ist der _Turfijker_,
von dem heut wahrscheinlich kein Exemplar mehr vorhanden ist, während
derselbe Typ sich im «Hagenaar» wiederfindet.

[Sidenote: III 99]

Der _Haagenaar_ ist flach und ohne Wölbung und ragt nur sehr wenig,
mit Rücksicht auf die geringe freie Höhe der Brücken im Haag, aus dem
Wasser heraus, daher sein Namen «Hagenaar» (Schiff vom Haag). Wir
finden hier also, im «Herzen Hollands», einen Bovenlandertyp.

Es ist sonderbar, dass dieselben grossen holländischen Aken (Typen von
Dorsten) auch im Nordwesten von Noordbrabant (Langstraat) vorkommen,
wo man sie noch baut, während man auf der Maas und dem Waal diesen Typ
nicht baut.

Die zweite Gruppe, die oberhalb von Bonn zu finden ist, unterscheidet
sich etwas von der ersteren durch das charakteristische lange
Steuerruder, das an dem durch das Hinterteil gehenden Stützpfosten
befestigt ist. Vom Ende des Steuerruders und oberhalb dieser Stütze
geht ein starkes Holzstück ab, das fest mit der Ruderpinne verbunden
ist. Man nennt dies Steuer das «Klaphekken». Alle zu dieser Gruppe
gehörigen Schiffe sind hiermit ausgerüstet. Diese Schiffe sind übrigens
flacher als die der ersten Gruppe. Sie haben eine Beplankung mit
Überlappung, obwohl man heut auch schon viele mit glatter Beplankung
trifft.


DER KEEN.

[Sidenote: III 105]

[Sidenote: III 106]

Der _Keen_ kann als Grundtyp dieser Gruppe angesehen werden.

Früher war er wie eine «Dorstenschen Aak» getakelt; jetzt hat er wie
alle Schiffe eine Takelung am Besanmast. Der Boden hebt sich bis zur
Nase sowohl vorn wie hinten. Der «Keen» ist also eine «Aak». Die
Beplankung läuft am Boden zusammen, d. h. die Planken stossen dort etwa
in einer geraden Linie aneinander. Das Hinterteil hat meistens ein
unterbrochenes Deck.


DIE KEENAAK.

[Sidenote: III 107]

Die _Keenaak_ ist im Verhältnis zur Länge breit und hat im allgemeinen
stärkere Abmessungen; sie ragt mehr aus dem Wasser heraus, hat vollere
Enden und die Beplankung endet in nur einer Spitze, der Nase.


DIE LAHNAAK UND DER SLOF.

[Sidenote: III 108]

Der völlig offene _Keen_ heisst «Lahnaak», deren Grössenverhältnisse
in letzter Zeit gewachsen sind. Die «Lahnaak» hat dann fast vertikale
Wände, ein stumpfes Vorder- und Hinterteil und glatte Beplankung. Sie
führt den Namen «Slof».

[Sidenote: III 109]

Eine Eigentümlichkeit der «Sloffen» ist, dass sie am Vorderteile stets
mit einer schmalen Kabine ausgestattet sind, die wenig über das Schiff
hervorragt. In den letzten Jahren hat man die «Sloffen» sogar mit
Lukendeckeln versehen und nennt sie dann einfach «Aak». Die Schiffer
nennen die «Slof» manchmal auch «Mulmsche Aak». (Aak von Mühlheim.)

[Sidenote: III 110]

Zur ersten Gruppe ist noch ein sehr festes Schiff zu rechnen, das
erst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt. Es ist der
«Bunder». Dies Schiff hat die Form einer «Dorstenschen Aak», hat glatte
Beplankung und ist mit Deckplatten versehen.

[Sidenote: III 102]

[Sidenote: III 104]

Endlich ist für unsere Heimat noch die «’S Gravenmoersche Aak» zu
erwähnen, die in ’S Gravenmoer im 19. Jahrhundert aufgetreten ist; sie
kam vom Oberrhein, um im Biesbosch verwendet zu werden. Obwohl sie
ursprünglich mit «Klaphekken» (besonderem Steuerruder), versehen waren,
hat man mehrere davon abgesägt, entweder weil sie zu lang oder weil
sie nicht fest genug waren; danach hat man sie mit einem gewöhnlichen
Steuerruder versehen. Sie gleichen der «Lahnaak» und werden besonders
zur Beförderung von Heu verwendet. Die Einführung des Eisens wird diese
Schiffe wie so viele andere verschwinden lassen.

Um Verwirrungen zu vermeiden, ist darauf hinzuweisen, dass manche
holländische «Aken» später mit falschen Vordersteven ausgestattet
worden sind, wodurch sie den Eindruck eines «Stevenschips» erweckten,
was sie natürlich nicht waren.


DIE MAAS.

Die Schiffe, welche die obere Maas und ihre Nebenflüsse besuchen und
die ebenfalls lang, schmal und flachgehend sind, sehen ganz anders aus.
Erstens unterscheidet sich das Steuerruder völlig von den früheren
Typen. Allerdings wird das lange, an einem Stützpfosten befestigte
Steuerruder beibehalten; aber das gebogene Holzstück ist durch eine
Welle ersetzt worden, die vom Ende des Steuerruders ausgeht, nach dem
Stützpfosten läuft und über die Ruderpinne hinausragt. Nachdem sie
mittels einer Kette an dem Stützpfosten befestigt ist, spannt man ein
Seil zwischen Ruderpinne und Welle, so dass man ein sehr festes Gefüge
erhält. Die Welle besteht aus 2 gleichen Stücken. Der Stützpfosten geht
auch durch das Hinterteil; dies geht aber nicht schwach und regelmässig
nach hinten in die Höhe, sondern biegt sich stark nach innen um.


DER WHALEMAJOL.

Das Vorderteil hatte ursprünglich nicht diese Form; aber in den
letzten Jahren hat man diesen Schiffen vollere Formen gegeben, und
das Vorderteil hat ebenfalls eine gekrümmte Gestalt erhalten, um die
Länge des Schiffes zu vermindern und die Ladefähigkeit zu erhöhen.
Der älteste Typ ist der «Whalemajol» (auch Mijole). Das Vorder- und
das Hinterteil enden spitz, die Hauptrippe ist ein Trapez mit drei
übereinander greifenden Borden; unterhalb derselben ist der Rumpf glatt.

[Sidenote: II 208]

[Sidenote: III 111]

Die «Herna», welche eben so gross ist wie das vorbeschriebene Schiff,
hat ein breites Vorder- und Hinterteil und endet in einem horizontalen
Holzstück. Die Hauptrippe, die früher ebenfalls trapezförmig war, ist
jetzt ein Rechteck, ganz wie bei den rheinischen «Sloffen».

Der _Spitsbek_ ist eine kleine «Herna» (Altes Muster), ganz offen. Man
trifft solche aller Grössen und nennt sie «Spitsbek» (Spitzschnäbel)
wegen ihrer spitzen Form.

Augenblicklich scheint man die «Klaphekken» vorzuziehen.

Das alte Steuerruder der «Whalemajols» ist allmählich durch diese
ersetzt worden. Ein «Whalemajol» mit Klaphekken heisst «Whalepont» oder
«Maaspont».

Diese Schiffe findet man auch auf dem südlichen Teil der limburgischen
Maas. Weiter flussabwärts sieht man jedoch mehr die «Hedelschen Aken»,
die ein Mittelding zwischen einem «Keen» und einem «Majol» sind. Sie
haben «Klaphekken» und gegenwärtig manchmal auch ein gewöhnliches
Steuerruder.


  [25] Das Schiff soll eine Länge von 56 Fuss und eine solche Breite
       an den Schwertern haben, dass es die Schleuse des Leydener
       Dammes durchfahren kann, d. h. 11 Fuss 1 Zoll höchstens.

  [26] Siehe _Gedenkboek van Koninklijk Instituut van Ingenieurs_, S.
       51. ~Van der Vegt~, J., _De Binnenscheepvaart in Zuid-Holland_.

  [27] Im Jahre 1885 haben die Staaten von Holland die Verbesserung
       der Schiffahrtsstrasse zwischen Rhein und Schie unternommen. Da
       wo bis 1648 die Gegnerschaft der Städte nur eine Beförderung
       oberhalb des Dammes und später eine Schleuse von 3,80 m Breite
       und 2,20 m Wassertiefe zuliess, haben sie diese Schleuse von 7 m
       Breite mit beweglichen Brücken erbauen lassen.

  [28] Durch Verfügung vom 22. Mai 1628 befiehlt man, morgen dem
       Ingenieur Adam Clippens, der die Schlammmühle erbaut hat, eine
       Summe von 100 Gulden für die Submission zuzustellen, die er
       vorgelegt hat.




[Illustration: 5]

FISCHEREIFAHRZEUGE.


[Sidenote: III 112]

Seit den ältesten Zeiten hat sich der Mensch mit dem Fischfang
beschäftigt, allerdings in ziemlich einfachen Formen. Man wird also
auch von den ältesten Zeiten ab Fischereifahrzeuge finden. Da der
Mensch überdies zuerst an seinen eigenen Unterhalt denkt, bevor er
darauf verfällt, Handel zu treiben, so werden die Fischereifahrzeuge
älter sein als die Handelsschiffe, und es ist ein ganz natürlicher
Schluss, dass die letzteren aus den ersteren entstanden sind. So ist
das «Koggeschip» nichts anderes als eine Umbildung der späteren sog.
«Egmonder Pink» oder besser einer «Pink» von grossen Abmessungen.

Da man anfangs die Fische nur für die örtlichen Bedürfnisse fängt,
so ist es klar, dass die Fischereifahrzeuge nur klein sein werden.
Man unternimmt keine weiten Fahrten, da die Konservierung des Fisches
überdies zu jener Zeit nicht möglich ist; einige alte Schriftsteller
behaupten sogar, dass erst im 12. Jahrhundert der Heringsfischfang in
Zierikzee beginnt. (i. J. 1163 nach ~Witsen~, S. 431).

Man könnte also sagen, dass die Anfänge unserer Seefischerei in jene
Zeit fallen. Die grosse Umwälzung erfolgt im Jahre 1384, als Willem
Beukelszon von Biervliet das Heringseinsalzen erfindet (Haringkaken).
Diese Erfindung wirbelt soviel Staub auf, dass 100 Jahre nach dem Tode
von Willem Beukelszon der Kaiser Karl V. sein Grab in Biervliet besucht
(1556).

Von diesem Augenblick an werden die weiten Fahrten möglich, weil
der Hering konserviert werden kann. Im Jahre 1416 verfertigt man in
Hoorn das erste grosse Heringsnetz, und in Zierikzee, dem Mittelpunkt
der Heringsfischerei, tauchen die Schiffe mit glatter Beplankung
auf. Sicherlich besteht eine Beziehung zwischen diesen verschiedenen
Ereignissen. Das Einsalzen des Herings gibt dem Fischfang einen solchen
Aufschwung, dass daraus ein neuer Handel entsteht, der selbst wiederum
immer mehr Ansprüche nach einem vervollkommneten Material hervorruft.


DIE EGMONDER PINK.

[Sidenote: II 243]

[Sidenote: III 112]

Die alte _Egmonder Pink_ mit Planken, die übereinander greifen, ehemals
das grösste Fischereifahrzeug (Länge 35 Fuss, Breite 12 Fuss, Tiefe
4 Fuss) wird zu klein, besonders als man anfängt, immer grössere und
schwerere Heringsnetze zu verwenden.


DIE BÜSE.

[Sidenote: II 197]

[Sidenote: II 223]

[Sidenote: II 224]

[Sidenote: II 231]

[Sidenote: III 113]

Ein neues Schiff wird nötig; man baut es grösser und mit glattem Rumpf
und erhält so die Buis (Heringbüse). Länge 52 Fuss, Breite 13 Fuss,
Tiefe 8 Fuss. Dieses Schiff hat eine grössere Tragfähigkeit als die
«Pink». (~Witsen~ S. 167).

[Sidenote: II 195]

[Sidenote: II 196]

[Sidenote: II 198]

Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts zählt man in Enkhuizen schon 400 bis
500 «Haringbuizen» und man findet damals vierzig sog. «Grotschippers»
(Grosse Fischerboote), die 20 bis 120 Last laden können. (~Koenen~ S.
78). I. J. 1590 fahren 350 Buizen (Büsen) auf den Heringsfischfang,
während am Anfang des 17. Jahrhunderts 3000 holländische Buizen den
Fischfang in der Nordsee besorgen (1609); im Jahre 1601 beträgt ihre
Zahl noch nicht 1500 (~Groen van Prinsterer~, Handb., § 100; ~Koenen~
S. 156). Diese 3000 Schiffe, sagt Koenen, haben 50000 Mann Besatzung,
während diese Flotte 9000 grössere Fahrzeuge und 150.000 Mann zu Wasser
und zu Lande erfordert, um die Fische zu verpacken und zu befördern.
Man rechnet, dass 20 «Haringbuizen» (Heringsbüsen) 8000 Personen
beschäftigen.

Am Anfang des 17. Jahrhunderts durchfährt eine Flotte von 1500 Büsen
hin und zurück dreimal die Durchfahrt von Texel. Es ist also nicht zu
verwundern, dass die Abfahrt der Fischereiflotte ein sehr wichtiges
Ereignis ist. Noch heutzutage spricht man von dem wohlbekannten
«Buisjesdag» (Tag der Büsen).

Als zur Zeit des zweiten Krieges mit England der Heringsfang auf der
Nordsee unterbrochen ist, und die Fischer auf der Zuiderzee arbeiten,
gelingt es einigen von ihnen noch, im Laufe eines Monats 800 Last (1600
t) Heringe zu fangen, aus denen 15.620 Gulden gelöst werden. Eine
grosse Zahl von Verordnungen betreffend den Fischfang erscheinen (1611,
12, 20, auch 29).

So liest man:

«Niemand vermag zijn roor en klaer houden zoodat daer metten aen
zoude kunnen hechten» (Niemand darf sein Steuerruder so halten, dass
er an den Netzen hängen bleibt). Anderswo heisst es: «Die niet en
vischt vermag niet onder de visschers te drijven». (Wer nicht fischt,
darf nicht mit den Fischern fahren), während gleichzeitig bestimmt
wird, dass jeder seine Netze mit seinem Namen zu versehen hat, um sie
kenntlich zu machen.

Die Stärke der Mannschaft und der Bestückung ist ebenfalls Gegenstand
von Bestimmungen, was zu jener Kriegeszeit wohl nötig ist.

[Sidenote: II 196]

Ein «Noortsvaerder» von 70-80 Last und eine Büse von mehr als 24
Last sollen wenigstens 2 «Gotelingen» (kleine Kanonen) führen. Diese
Stücke findet man noch oft auf alten Stichen. An Tapferkeit fehlt es
den Fischern übrigens nicht. ~De Jonge~ (Bd. I S. 182) gibt davon
ein Beispiel, in dem er den Zusammenstoss eines Engländers mit einem
Fischer aus Vlieland zwischen dem Skagerrack und der Doggersbank
erzählt:

«Kaum sind sie einander näher gekommen, als die Engländer in
Ermangelung andrer Waffen beginnen, mit grossen Steinen zu werfen.
Die Holländer erwidern, indem sie mit Brennholz werfen. Dieser wenig
mörderische Kampf langweilt die mutigen Holländer. Sie entern das
feindliche Fahrzeug, springen mit dem Messer im Munde hinauf, unter
Führung ihres mutigen Steuermannes Jonge Rees, treiben die Engländer
in das Innere, vernageln es und kehren mit dem kleinen Fahrzeug
triumphierend nach Amsterdam zurück, wo der tapfere Führer eine goldene
Medaille erhält und die ganze Mannschaft das erbeutete Schiff und
andere Belohnungen empfängt».

Ausgangs des 18. Jahrhunderts und am Anfang des 19. Jahrhunderts
ist unsere Fischereiflotte stark gefährdet. Die Mitte des 19.
Jahrhunderts bringt kaum Besserung. Während man i. J. 1843 noch 128
Fischereifahrzeuge zählt, fällt diese Zahl i. J. 1852 schon auf
93 (~Koenen~ S. 156). Glücklicherweise macht sich am Ende des 19.
Jahrhunderts ein Aufschwung bemerkbar, und i. J. 1905 zählt unsere
Flotte wieder 724 Schiffe. Die Erneuerung beginnt i. J. 1891, wie
sich dies aus der nachstehenden Übersicht erkennen lässt. Die grosse
Verbesserung der Verkehrsmittel vermehrte die Nachfrage nach Fischen
als Volksnahrungsmittel; (s. z. B. die Antrittsrede des Professors E.
Vosnack in Delft; _Nieuwe Rotterdamsche Courant_, 11. Oktober 1906,
1. Blatt A.) während eine sorgfältigere Verpackung mit Eis jetzt die
Beförderung der Fische auf grössere Entfernungen gestattet.

Deshalb hat man hier mit neuem Eifer dem Fang des Kabeljaus und des
Schellfisches obgelegen (~A. Hoogendijk~, De Grootvischerij 1895, S.
47), und das Gewerbe ist noch einträglicher geworden, als man es mit
dem Heringsfang verband.

Der Fang des Herings erfordert ein mässig grosses Schiff, denn das
Fahrzeug darf nicht zu stark an den Fischereigeräten ziehen. Der
Winterfischfang dagegen erfordert ein festes und schnelles Schiff, denn
es muss bei jedem Wetter brauchbar sein.

Daraus folgt, dass zur Verbindung beider ein neues Schiff erforderlich
wird, das die abweichenden Anforderungen zu befriedigen vermag und
durch das natürlich die alten Type sicher verdrängt werden. Je
schneller das Fahrzeug ist, je grösser ist die Zahl der Fahrten und um
so frischer ist der Fisch, den man bringt.

Andrerseits kann man mit einem schnellen Fahrzeug die fischreichen
Gegenden aufsuchen, und es ist nicht zu verwundern, dass man ganz
wie in England auch bei uns Dampfschiffe in Dienst stellt, nachdem
die Logger, Kutter und Schaluppen vorhergegangen waren. Das erste
Dampfschiff erscheint 1897, und seitdem ist die Zahl gestiegen. Die
englische Fischereiflotte zählt gegenwärtig nicht weniger als 1600
Dampfschiffe für die Grossfischerei.

  +------------------------------------------------------------------+
  |     =Zusammensetzung der holländischen Fischerei-Flotte mit      |
  |             Ausnahme der Bommen von 1867 bis 1905.=              |
  +-----+-----+--------+------+------+-------+-----+-----------------+
  |     |     |        |      |      |LOGGER |     |                 |
  |     |     |SCHALUP-|DAMPF-|MOTOR-|KUTTER | ZU- |                 |
  |JAHR |BUJER|  PEN   |SCHIF-|FAHR- | UND   | SAM-|   BEMERKUNGEN   |
  |     |     |        |  FE  |ZEUGE |LOGGER-| MEN |                 |
  |     |     |        |      |      |BOMMEN |     |                 |
  +-----+-----+--------+------+------+-------+-----+-----------------+
  |     |/-----v-----\ |      |      |       |     |                 |
  |1867 |      85      |   -  |  -   |    4  |  89 |Im Jahre 1867    |
  |1868 |      80      |   -  |  -   |   11  |  91 |wird der erste   |
  |1869 |      79      |   -  |  -   |   28  | 107 |französische Log-|
  |1870 |      69      |   -  |  -   |   51  | 120 |ger eingestellt. |
  |     |  \----Λ----/ |      |      |       |     |                 |
  |1871 |  45  |  13   |   -  |  -   |   64  | 122 |                 |
  |1872 |  30  |  14   |   -  |  -   |   64  | 108 |                 |
  |1873 |  23  |  11   |   -  |  -   |   68  | 102 |                 |
  |1874 |  20  |  11   |   -  |  -   |   83  | 114 |                 |
  |1875 |  14  |  11   |   -  |  -   |   90  | 115 |                 |
  |1876 |   6  |  11   |   -  |  -   |   92  | 109 |                 |
  |1877 |   8  |  11   |   -  |  -   |   94  | 113 |                 |
  |1878 |   7  |  11   |   -  |  -   |  109  | 127 |                 |
  |1879 |   4  |  10   |   -  |  -   |  114  | 128 |                 |
  |1880 |   3  |   9   |   -  |  -   |  121  | 133 |                 |
  |1881 |   2  |   9   |   -  |  -   |  127  | 138 |                 |
  |1882 |   2  |   8   |   -  |  -   |  135  | 145 |                 |
  |1883 |   2  |   8   |   -  |  -   |  144  | 154 |                 |
  |1884 |   2  |   8   |   -  |  -   |  159  | 169 |                 |
  |1885 |   2  |   8   |   -  |  -   |  174  | 184 |                 |
  |1886 |   1  |   8   |   -  |  -   |  181  | 190 |                 |
  |1887 |   -  |   7   |   -  |  -   |  189  | 196 |                 |
  |1888 |   -  |   8   |   -  |  -   |  186  | 194 |                 |
  |1889 |   -  |   8   |   -  |  -   |  186  | 194 |                 |
  |1890 |   -  |   7   |   -  |  -   |  189  | 196 |                 |
  |1891 |   -  |   7   |   -  |  -   |  199  | 206 |                 |
  |1892 |   -  |   9   |   -  |  -   |  212  | 221 |                 |
  |1893 |   -  |  11   |   -  |  -   |  213  | 224 |                 |
  |1894 |   -  |  13   |   -  |  -   |  214  | 227 |                 |
  |1895 |   -  |  17   |   -  |  -   |  216  | 233 |                 |
  |1896 |   -  |  24   |   -  |  -   |  245  | 269 |                 |
  |1897 |   -  |  30   |   1  |  -   |  252  | 283 |Im Jahre 1897    |
  |1898 |   -  |  36   |   1  |  -   |  258  | 295 |wird das erste   |
  |1899 |   -  |  40   |   2  |  -   |  269  | 311 |Dampfschiff in   |
  |1900 |   -  |  46   |   3  |  -   |  275  | 324 |Dienst gestellt. |
  |1901 |   -  |  47   |   7  |  1   |  300  | 355 |                 |
  |1902 |   -  |  52   |  25  |  1   |  327  | 405 |                 |
  |1903 |   -  |  58   |  44  |  1   |  410  | 513 |                 |
  |1904 |   -  |  58   |  44  |  1   |  432  | 535 |                 |
  |1905 |   -  |  48   |  38  |  1   |  425  | 512 |                 |


  +----------------------------------------------------------------+
  |      =Übersicht über die verschiedenen Schiffstype             |
  |    während der letzten 10 Jahre sowie über die Grösse          |
  |             der Flotte zum Heringsfang.=                       |
  +-----+--------+------+------+-------+------+-----+--------------+
  |     |LOGGER  |DAMPF-|MOTOR-|LOGGER-|BOMMEN| ZU- |              |
  |JAHR |KUTTER  |SCHIF-|FAHR- |BOMMEN |      | SAM-| BEMERKUNGEN  |
  |     |SCHALUP-| FE   |ZEUGE |       |      | MEN |              |
  +-----+--------+------+------+-------+------+-----+--------------+
  |1896 |  269   |   -  |  -   |   -   |  324 | 593 |Siehe Bericht |
  |1897 |  282   |   1  |  -   |   -   |  325 | 608 |über den      |
  |1898 |  294   |   1  |  -   |   -   |  320 | 615 |Seefischfang  |
  |1899 |  309   |   2  |  -   |   -   |  303 | 614 |S. 149        |
  |1900 |  320   |   3  |  -   |   1   |  289 | 613 |von 1905.     |
  |1901 |  346   |   7  |  1   |   1   |  279 | 634 |              |
  |1902 |  377   |  25  |  1   |   2   |  271 | 676 |              |
  |1903 |  463   |  44  |  1   |   5   |  268 | 781 |              |
  |1904 |  484   |  44  |  1   |   6   |  239 | 774 |              |
  |1905 |  467   |  38  |  1   |   6   |  212 | 724 |              |


Wir wollen uns jedoch noch etwas mit der Büse beschäftigen, bevor wir
die Beschreibung der modernen Type beginnen.

Die im 15. Jahrhundert entstandene Büse bleibt das
Heringsfischereifahrzeug bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, wo sie
vollständig verschwindet. Wenn es i. J. 1832 noch 120 Büsen gibt
(Vlaardingen 78, Maassluis 18, Delfshaven 1, Zwartewaal 3, Entshuizen
5, De Rijp 5 und Amsterdam 10; siehe ~Le Comte~ S. 46.) so werden i.
J. 1867 keine mehr erwähnt. Das ist das Jahr, in dem der französische
Logger in Betrieb genommen wird. Die Büse wird ausschliesslich für den
Heringsfang verwendet. Wenn dieser stilliegt, wird sie abgetakelt.

Obwohl die Büsen volle Formen hatten, besassen sie einen Kiel und
suchten Schutz in den verschiedenen Häfen. Diese Schiffe können nicht
auf den Strand gesetzt werden. Sie hatten etwa 22 m Länge, 6 m Breite
und 3 m Tiefe. Ihre Grössenverhältnisse sind ebenfalls allmählich
gewachsen. (~Van Yk~ gibt auf S. 310 7 rheinische Fuss als Tiefe an.)

Die Takelung bestand anfangs aus 3 Masten, von denen die beiden ersten
niedergelegt werden konnten und ein grosses Segel hielten. Später,
am Ende des 17. Jahrhunderts, ändert man die Takelung, und die Büsen
erhalten solche wie die «Huker». Die Änderungen ergeben sich deutlich
aus den alten Abbildungen. Die Büse hatte eine «Statie».


DER KWEE UND DIE HUKERBÜSE.

Am Ende des 18. oder am Anfang des 19. Jahrhunderts haben die
Abmessungen der Büsen zugenommen; die Statie verschwindet, und
der Fischkasten tritt in Erscheinung. Diese Schiffe heissen nach
~Hoogendijk~ (S. 59) _Kwee_. Da die Büse ausdrücklich dem Heringsfang
dient, so hat sie keinen Fischkasten.

Die wie ein Huker getakelte Büse heisst auch «Hoekerbuis» (Hukerbüse).
Was ~Hoogendijk~ in seinem interessanten Buch von der Grossfischerei
über den Ursprung des Hukers erzählt, ist nicht ganz genau. Nach ihm
(S. 59) ist der Huker durch Fortfall der Statie aus der Hukerbüse
entstanden. Nach ~Witsen~ und ~Van Yk~ sollen die Huker schon in der
ältesten Zeit vorhanden gewesen sein und lange vor dem Auftauchen der
Hukerbüse.


DER HUKER.

[Sidenote: II 228]

[Sidenote: II 229]

[Sidenote: II 234]

[Sidenote: III 114]

Der Huker tritt also zuerst parallel mit der Büse auf, und seine
Formen weichen nicht sehr davon ab. Andrerseits beweist die Anbringung
der Hukertakelung auf der Büse, dass der Huker schon zur selben Zeit
vorhanden ist wie die Büse.

Der Huker ist ein stark abgerundetes Schiff mit Fischkasten, das viel
Krümmung zeigt. Der Name kann nicht von der Form herkommen, sondern
eher von einem Fischereigerät, dem Hoek (eiserner Haken zum Fischfang),
der zum Fangen des Kabeljaus und des Schellfisches verwendet wird;
da man aber von der Büse früher spricht als von dem Huker, so muss
man folgern, dass dieser später in Gebrauch gekommen ist, d. h. dass
man sich später mit dem Fang des Kabeljaus im Grossen befasst hat.
Man weiss nicht, wann Fischkästen in Aufnahme gekommen sind. Es ist
indessen sehr wahrscheinlich, dass sie sehr alt sind, obwohl es möglich
ist, dass man sie erst später bei der Grossfischerei benutzt hat.


DER HERINGSJÄGER UND DER BÜSENBEGLEITER.

[Sidenote: II 222]

[Sidenote: II 232]

Der Huker wird nicht allein als Fischerei-Fahrzeug gebraucht, sondern
auch als «Haringjager» (Heringsjäger), d. h. als Schiff zum Abholen der
ersten Heringe, die von der Flotte gefangen sind.

Man hat den Huker auch als Buisconvoyers (Begleitschiffe für die
Heringsbüsen) verwendet. Er war dann mit mehreren Kanonen ausgerüstet,
um die Büsen gegen den Feind verteidigen zu können. Verschiedene
Umstände haben zum völligen Verschwinden der Büse und des Hukers
beigetragen. Es sind dies die immer strengeren Anforderungen, die an
diese Schiffahrt gestellt werden, die Verbindung des Heringsfanges mit
dem des Kabeljaus und des Schellfisches auf ein- und demselben Schiff,
die Einführung der Baumwollnetze, die weniger wiegen, so dass das
Auslegen der Netze auf dem Schiffe selbst von geringerer Bedeutung ist.
Alle diese Gründe führen zur Herstellung schmaler Schiffe, so dass es
im Jahre 1886 nur noch einen Huker gegen 8 Schaluppen und 181 Logger
gibt. Die Schaluppe ebenso wie der Logger, dem sie vorangeht, sind aus
Frankreich zu uns gekommen.


DIE SCHALUPPE.

[Sidenote: III 119]

Die «Sloep» (Slup oder Schaluppe), die zunächst einen Mast mit einem
grossen Segel mit Giekbaum und einen Spiegel hatte (~Hoogendijk~, S.
61), ist in Middelharnis, Zwarte Waal und Pernis in Betrieb genommen
und hat daher besonders den Namen _Pernissersloep_ (Slup von Pernis)
erhalten.

Die schwere und umständliche Takelung des einzigen Mastes wird jedoch
schnell durch die Loggertakelung ersetzt, während der Spiegel bei den
neueren Schaluppen verschwindet, wodurch der Hauptunterschied zwischen
den beiden Typen verwischt wird.

Die Schaluppe hat einen Fischkasten und wird zur Beförderung der
lebenden Fische verwandt, während man sie auch zum Heringsfang benutzen
kann, wenn sie einen Fockmast hat, der niedergelegt werden kann.

Mit Rücksicht besonders auf die grosse Heringsfischerei, sagt
~Hoogendijk~ (S. 55), fanden die neuen Schaluppentype nicht den Beifall
der Bevölkerung. Ihre grosse Ladefähigkeit liess befürchten, dass sie
für den Heringsfang zu schwer sein würden. Diese Ladefähigkeit erreicht
40 Last, wohingegen die Durchschnittsladefähigkeit der Heringsfänger
nur 25 bis 30 Last beträgt, abgesehen von der grossen Zahl von
Fahrzeugen, die nur 16 bis 20 Last tragen.

Diese Furcht hat sich indessen als unbegründet erwiesen. Die schlankere
Form dieses Schiffes bietet dem Winde weniger Angriffsfläche als
die der alten Type und macht es demnach hinsichtlich der Schiffahrt
überlegen. Heut wird niemand mehr daran denken, die alten «Büsen» und
«Huker» den modernen Schiffen «Logger» und «Schaluppe» vorzuziehen.


DER LOGGER.

[Sidenote: II 269]

[Sidenote: II 270]

[Sidenote: III 118]

Der «Logger» ist gleichfalls ein Schiff von schlanker Gestalt
und französischen Ursprungs. Die Bauart des Schiffes, das keinen
Fischkasten hat, ergibt sich genügend aus den Zeichnungen. Die
Takelung besteht aus zwei Masten. Der grosse Mast, auf ⅓ der Länge,
kann niedergelegt werden. Die vorn ausgelegten Netze werden seitlich
eingezogen.


DER BOM.

[Sidenote: II 270]

[Sidenote: II 271]

[Sidenote: III 115]

Die oben erwähnten Schiffe sind jedoch nicht die einzigen, die zum
Heringsfang verwendet werden. Ein anderer, sehr merkwürdiger Typ ist
noch in Gebrauch, der «Bom», der aus der «Egmonder Pink» hervorgegangen
ist. Dieser «Bom», der so gebaut ist, dass er auf den Strand gesetzt
werden kann, hat wie die Pink einen sehr festen Boden und eine
Verkleidung mit übereinandergreifenden Planken. Die Länge beträgt
das Doppelte der Breite; er hat zwei Masten (einen grossen und einen
kleinen), eine Takelung des Besanmastes (Bazaantuig) und lange und
schmale Schwerter (etwa ⅓ der Schiffslänge). Die Flut führt die Bommen
auf den Strand, von wo sie mit Pferden auf eine Holzdielung gerollt
werden, die auf dem Strande angelegt ist. Walzen (aus Holz) sind vorher
unter das Schiff geschoben, nachdem es mittels Winden angehoben ist.

Die Herstellung des «Bommenhaven» (Hafen für die Bommen) in
Scheveningen macht es unnötig, die Schiffe auf den Strand zu setzen;
dadurch wird das Verschwinden der Bommen herbeigeführt werden, weil
diese keine Daseinsberechtigung mehr haben, und weil es vorteilhafter
ist, Logger zu verwenden. Der für sie gegrabene Bommenhaven wird also
die Ursache ihres Verschwindens sein.

Die Herstellung dieses neuen Hafens hat übrigens schon den Bau einiger
neuer Bommen mit Kiel veranlasst; man nennt sie «Loggerbom» oder
«Lelybom», ein Typ, der die Mitte zwischen einem Logger und einem Bom
hält. Der erste dieser Bommen ist im Jahre 1900 in Betrieb genommen,
ist aber nicht oft nachgeahmt worden, weil er dem Logger kaum überlegen
ist. Diese Fahrzeuge haben alle, wie der Bom, eine Verkleidung mit
übereinander greifenden Planken, das Vorderteil dieses letzteren, aber
das Hinterteil des Loggers. Der alte und interessante Bom wird nicht
mehr gebaut und wird bald der Geschichte angehören wie die Büse und der
Bujer. So wird übrigens die letzte Spur des «Koggeschips» verschwinden.
Seit 1896 ist ihre Zahl schon von 324 auf 212 gesunken.

  +-----------------------------------------------------+
  |    =Umfang der Flotte der Bomschuten 1899-1905.=    |
  +------------------+----+----+----+----+----+----+----+
  |                  |1899|1900|1901|1902|1903|1904|1905|
  |                  | -- | -- | -- | -- | -- | -- | -- |
  |Scheveningen      | 217| 205| 194| 189| 183| 158| 140|
  |Katwijk           |  67|  68|  69|  71|  74|  70|  66|
  |Noordwijk         |  15|  15|  15|  10|  10|  10|   5|
  |Egmond            |   3| -- | -- | -- | -- | -- | -- |
  |Haarlem (Ymuiden) |   1|   1|   1|   1|   1|   1| -- |
  |Maassluis         | -- | -- | -- | -- | -- | -- | -- |
  |Bericht über die  |    |    |    |    |    |    |    |
  |Seefischerei 1905.| 303| 289| 279| 271| 268| 239| 212|
  |Seite 149.        |    |    |    |    |    |    |    |
  |                  |    |    |    |    |    |    |    |


DIE GARNELENSCHUTE.

[Sidenote: III 116]

[Sidenote: III 117]

In der «Garnalenschuit» (Schute zum Fang von Krabben) sehen wir den
alten «Bom» wieder, und die Ähnlichkeit mit der alten «Egmonder Pink»
springt in die Augen.


DIE SCHOLLENSCHUTE ODER BESANSCHUTE.

DIE ZWARTEWAALSCHE GAFFELAAR.

[Sidenote: II 219]

[Sidenote: II 220]

Neben den «Büsen» und den «Hukern» traf man früher noch ein
Fischereifahrzeug, das zur Gruppe der «Smakken» gehört. Das ist die
_Scholschuit_ (Schute zum Fang von Seezungen) auch _Bazaanschuit_
genannt. In der Zwarten Waal haben sie eine Takelung mit Gaffel
(Gaffeltuig), daher ihr Name _Zwartewaalsche Gaffelaar_.

Dieses Schiff ist kürzer als der Huker; es ist ziemlich breit, hat
kräftige Rippen und gleicht sehr den «Visschersnikken» von Paesens
und Wierum (nicht zu verwechseln mit dem «Binnensnik») und den
«Palingschuiten» von Heeg und Gaastmeer, die die Aale nach London
brachten.

[Sidenote: II 202]

Die «Scholschuit», die man in Pernis, Middelharnis und Zwartewaal
findet, wird später durch die Schaluppe verdrängt.

Der Walfischfang, der früher so in Blüte stand, ist schon im 19.
Jahrhundert völlig verschwunden. Während 1756 sich noch 186 Fahrzeuge
mit diesem Fang beschäftigten, geht diese Zahl im Jahre 1785 auf 66
zurück, besonders wegen der hohen Prämien, die England zahlt.

In dem Masse, wie dieses Gewerbe bei uns abnahm, blühte es in England
auf. Während es hier nur 26 Walfischfänger im Jahre 1750 gab, stieg
diese Zahl im Jahre 1785 schon auf 152. Man bewilligte hier Prämien von
3000 bis 8000 Fl. je nach der Grösse der Schiffe, was bewirkt, dass im
Jahre 1854 bei uns nur 2 Walfischfänger in See gehen. (~Koenen~, S.
164.)

Zu diesem Fang verwendete man die «Noortsvaerders» sowie die schon oben
beschriebenen «Fluitschepen» (Flüten).

Die Heimat der «Büse» ist also Vlaardingen und Enkhuizen, dann findet
man auch welche in Maassluis auf einem Teil der Zuiderzee.

Die Heimat des «Bom» ist Scheveningen, Katwijk und Noordwijk, d. h.
längs der flachen Küste der Nordsee.

Die der Schaluppe ist Middelharnis, Zwartewaal und Pernis, während man
endlich den Logger überall antrifft.

Der alte Huker war besonders in Maassluis vertreten und der «Loggerbom»
oder «Leleybom» in Scheveningen.

Man würde sich eine falsche Vorstellung von der niederländischen
Fischereiflotte machen, wenn man sich einbildete, dass wir nur 724
Fischereifahrzeuge besitzen. Neben den schon erwähnten Schiffen
gibt es eine ausserordentlich grosse Zahl kleinerer Fahrzeuge, die
ausschliesslich zum Fischfang benutzt werden. Wenn wir einen Blick in
den Bericht über die niederländische Seefischerei im Jahre 1905 werfen,
so sehen wir, dass in diesem Jahre (S. 342) die Flotte im ganzen
5334 Schiffe mit einer Gesamttragfähigkeit von 234766 t und einer
Gesamtbesatzung von 20141 Mann umfasst. Im J. 1891 sind diese Ziffern
4427, 164259 und 15482.


  +-----------------------------------------------------------------+
  |=Stand der niederländischen Fischereiflotte und ihrer Mannschaft=|
  +------+------+----------------------+----------------------------+
  | JAHR | ZAHL | LADEFÄHIGKEIT IN m³  |        MANNSCHAFTEN        |
  |  --  |  --  |          --          |             --             |
  | 1905 | 5334 |        234766        |            20141           |
  | 1904 | 5781 |        215873        |            21226           |
  | 1903 | 5922 |        218249        |            21467           |
  | 1902 | 5938 |        215660        |            21225           |
  | 1901 | 5851 |        199248        |            20164           |
  | 1900 | 5719 |        195950        |            19498           |
  | 1899 | 5661 |        191530        |            19232           |
  | 1898 | 5385 |        186554        |            18709           |
  | 1897 | 5318 |        184576        |            18387           |
  | 1896 | 5211 |        181953        |            17895           |
  | 1895 | 5189 |        179782        |            17643           |
  | 1894 | 5151 |        176649        |            17286           |
  | 1893 | 4902 |        172603        |            16700           |
  | 1892 | 4647 |        167549        |            16142           |
  | 1891 | 4427 |        164357        |            15482           |


Ein Teil der kleinen Schiffe ist auf der Nordsee in Tätigkeit, ein
kleiner Teil an den Küsten von Friesland und Groningen und der Rest auf
den Küstenflüssen von Seeland und Holland sowie auf der Zuiderzee.

Unter ihnen findet man alle Namen der Fischereifahrzeuge, so dass es
sehr schwer ist, darin ihren Ursprungsort zu entdecken; überdies haben
sich diese Schiffe in den letzten 50 Jahren bei uns derartig vermehrt,
dass das Auftreten eines bestimmten Typs an einem Orte noch keineswegs
seine Herkunft aus dieser Gegend bestätigt. So findet man unter anderen
augenblicklich «Schocker» und «Botter» auf der oberen Maas, wo man sie
nie erbaut hat. Überdies verwendet man, seitdem die Fischerei aufblüht,
als Fischereifahrzeug alle Arten von Schiffen, die ursprünglich
durchaus nicht hierfür bestimmt waren. Um einen genauen Begriff von den
Fischereifahrzeugen und ihrer Entwickelung zu erhalten, dürfen wir uns
nur mit den hierfür erbauten Schiffen befassen.

Wie wir bei der allgemeinen Klassifikation gesagt haben, kann man sie
in Hauptklassen wie folgt einteilen:

_a_) Schocker; _b_) Botter; _c_) Vollschiffe (Knots, Aken u. s. w.);
_d_) Schiffe zum Heringsfang.


DER SCHOCKER.

[Sidenote: III 120]

Dieses Schiff hat ein aufwärts gehendes und langes Vorderteil. Das
Hinterteil ist dagegen schmal. Oberhalb der Berghölzer springt
der Rumpf stark zurück. Es hat einen graden und sehr schrägen
Vordersteven. An dem viereckigen, oberen Ende des Vorderstevens liegt
ein Flaschenzug, der einerseits auf dem Vordersteven, andererseits auf
einer Stütze (Snoves) ruht, die gut befestigt ist.

Das Fahrzeug hat einen Fischkasten und vorn ein Flütenverdeck, das
als Wohnung dient. Während die Schocker früher in der Mitte offen
waren, sieht man jetzt grössere, die in der Mitte geschlossen sind. Am
Vorderteil hat der Schocker ein kleines Deck, genannt «Kootje».

Der Schocker hat Schwerter und einen auf ⅘ der Länge liegenden Mast,
an der Hauptrippe. Seine Länge beträgt 26,1 m, die Breite 4,48 m, der
Tiefgang 0,98 m. Er hat Takelung mit Besanmast (Bazaantuig) und einem
grossen Vorstagsegel, das am Bord hinter dem Mast befestigt ist, also
ohne durchlaufendes Deck. Dies letztere findet man jedoch manchmal in
letzter Zeit. An dem Bugsprietmast kann man einen Klüver anbringen.
Während die «Schocker» früher eine Beplankung mit Überlappung hatten,
sieht man heut oft welche mit glattem Rumpf. Es sind sehr alte Schiffe;
die grossen Modelle stammen jedoch erst aus dem 19. Jahrhundert.
Weder ~Witsen~ noch ~Van Yk~ erwähnt sie, obwohl sie schon zu ihrer
Zeit vorhanden sind, denn es finden sich Zeichnungen davon auf den
Tragbahren der reformierten Kirche von Workum etwa aus dem Jahre 1600.

[Sidenote: II 203]

[Sidenote: III 125]

Der «Schocker» stammt von der Zuiderzee und zwar von den Küsten von
Overijssel (Vollenhoven), von Schokland, (wahrscheinlich auch Urk) und
von Enkhuizen.

Nach dem oben Gesagten würde die Insel Schokland ihren Namen von den
«Schockers» haben.

Durch ihren graden und schrägstehenden Vordersteven unterscheiden sich
diese Schiffe von den andern Fischereifahrzeugen, welche die Zuiderzee
aufsuchen, ausgenommen von der «Haringschuit» (Heringsschute).


DIE HERINGSSCHUTE.

Diese _Haringschuit_ (Schute zum Heringsfang) kann als ein grosser
«Punter» oder als ein kleiner «Schocker» mit weniger hohem Bord
betrachtet werden.

Es ist also nicht zweifelhaft, dass der alte Schocker, die
«Haringschuit» und der «Punter» zur selben Familie gehören. Der
Schocker unterscheidet sich nur durch sein erhöhtes und volleres
Vorderteil, denn er ist für längere Fahrten auf der Zuiderzee und der
Nordsee bestimmt.


DER PUNTER UND DIE GONDEL.

[Sidenote: III 141]

Dem _Punter_ begegnet man im Norden von Overijssel als Binnenschiff.
Wenn es grösser ist, so dient es als Fischereifahrzeug.

[Sidenote: II 183]

[Sidenote: II 185]

[Sidenote: III 137]

Die «Haringschuit» findet man auch längs der Küste von Geldern, während
man längs der Küste von Nordholland ein kleines Schiff antrifft, das
dem «Punter» gleicht; das ist die «Vischschuit van Aalsmeer», die neben
dem schwereren «Snik» oder der «Gondel» (der alten Kag) fährt, wie man
anderswo den festgebauten «Schocker» neben dem «Punter» findet.

Die «Gondel», ein Schiff mit Fischkasten, wird indessen als
Binnenschiff verwendet, d. h. auf den Seen. Sehr selten wagt sie sich
auf das Meer. Der grade Vordersteven geht indes ziemlich hoch, unter
geringer Neigung.

[Sidenote: III 130]

Denselben Merkmalen begegnen wir bei der «Wierschuitje» von Wieringen,
wo man auch die «Haringschuit» antrifft.


DER HOOGAARS.

[Sidenote: II 273]

[Sidenote: III 132]

[Sidenote: III 133]

[Sidenote: III 134]

In Südholland findet man denselben Typ bei der alten _Kinderdijkschen
Hoogaars_ und der «Steekschuit» vom «Biesbosch» und in Seeland bei
der «Steekschuit» und dem «Hoogaars», während der «Hengst» und der
«Veerhengst» ebenfalls «Hoogaars»-Arten sind, die kleine Änderungen
erfahren haben. Ferner gleicht die «Tholensche Schouw» völlig der
«Beyerlandschen Schuitje», die auf den Inseln von Südholland in
Gebrauch ist. Sie zeigen beide das hohe und breite Vorderteil; sie
haben keinen Vordersteven, die Beplankung endet vielmehr in der Spitze
des Vorderteils. Es sind also «Aken».

[Sidenote: III 131]

Der _Hoogaars_ hat also einen graden und über die Horizontale
schwachgeneigten Vordersteven, der viel schwächer ist als der des
«Schockers». Die Beplankung, die bisher aus übereinandergreifenden
Planken bestand, ist jetzt glatt. Sein Vorderteil ist ein wenig
schlanker als das des «Schockers», sein Hinterteil etwas voller.
Das Vorderteil ist bedeckt, das Mittelstück des Schiffes offen,
während das Hinterteil mit einer erhöhten Kajüte versehen ist. Diese
Schiffe haben ein schmales Steuerruder, führen Schwerter, besitzen
eine Takelung am Besanmast mit Stagsegel und «Bugspriet-Klüver». Sie
haben wie die «Schocker» und die andern schon genannten Schiffe einen
flachen Boden, sind aber nicht mit einem Fischkasten ausgestattet. Die
neuen «Hoogaarsen» von grosser Gestalt haben ein volleres Hinterteil
nach Art der «Bujer», was in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
den Typ «Hoogaars-Boeier» (Hoogaars Bujer) hat entstehen lassen. Das
Bestreben, das Hinterteil voller zu bauen, bemerkt man jetzt bei allen
Fischereifahrzeugen, wodurch die charakteristischen Unterschiede
zwischen den verschiedenen Typen verschwinden werden.

Der «Hoogaars» hat eine Länge von 15 m, eine Breite von 4,50 m.

Der «Hoogaars» von Arnemuide ist etwas kleiner, völlig offen und
besitzt am Hinterteil eine kleine Kajüte; die Takelung hat ein Spriet
(Spriettuig).


DIE STEEKSCHUTE.

[Sidenote: III 136]

Die _Steekschuit_, die wie ein «Hoogaars» gebaut ist, hat etwas
schwerere Formen und ein weniger zurückgebogenes Vorderteil. Der
Vordersteven ist am oberen Ende abgerundet.


DER HENGST.

Der «Hengst» unterscheidet sich wenig von dem «Hoogaars»; man verwendet
ihn viel auf dem «Hollandschen Diep» (Willemstad).

[Sidenote: III 139]

Alle obenbeschriebenen Type haben lange und schmale Schwerter, mit
Ausnahme der «Tholenschen Schouw», deren Schwerter breiter sind,
ganz wie die des «Kinderdijkschen Hoogaars». Der Fang der Austern
und Miesmuscheln beschäftigt augenblicklich viele «Boeier-Aakjes»
(Bujeraken).


DER BOTTER.

[Sidenote: III 121]

[Sidenote: III 127]

[Sidenote: II 200]

[Sidenote: II 123]

Abweichend von allen diesen Typen mit gradem Vordersteven gibt es
augenblicklich im Westen der Zuiderzee und auf der Insel Urk Type
mit gekrümmten Vordersteven. Sie führen eine grosse Anzahl von
Namen infolge leichter Unterschiede, gehören aber schliesslich alle
zur selben Familie, derjenigen der «Botter», deren Vorläufer die
alten «Tochtschuiten» und «Kubboote» gewesen sind; mit Ausnahme des
Vorderstevens gilt hier alles, was wir bezüglich der Form der Takelung
der «Schocker» gesagt haben. Man sieht sie in Urk und an der Küste
der Zuiderzee, längs Nordholland, im Süden von Medemblik sowie längs
der Provinz Utrecht und Geldern bis nach Harderwijk. Ihre örtlichen
Benennungen wechseln.

[Sidenote: III 126]

[Sidenote: III 122]

Ausser der Form des «Kubboots», findet man diesen Typ als «Vollendammer
Kwacken», «Bonse» und «Plüte», sowie in Maassluis als «Platje van
Maassluis».


DER BLAZER.

[Sidenote: III 124]

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts baut man die «Botter» grösser und
voller; daraus ist des Typ _Blazer_ entstanden, dessen gekrümmter
Vordersteven sich weniger zurückbiegt, und dessen Hinterteil voller
ist als das des «Botters». Man verwendet ihn zum Fischfang in der
Nordsee und begegnet ihm längs unserer Küsten. Man baut augenblicklich
«Blazer», die das Hinterteil des «Bujer» haben; so haben wir einen
gemischten Typ: den «Blazer-Boeier» (Blazerbujer).

Infolge seiner grossen Stabilität wird dies Schiff bald die «Schocker»
und «Botter» ersetzen.


DIE LEMMERAAK.

[Sidenote: III 128]

Bei der Fischerei in der Zuiderzee verwendet man mehr und mehr
«Aken». Sie kommen aus Friesland, wo sie den Namen «Lemmeraak» oder
«Lemmerjacht» führen.

Es sind ziemlich kurze, feste und runde Schiffe, wohl geeignet zur
Fahrt in flachem Wasser.


DIE BOLLE UND DIE KNOTS.

[Sidenote: III 129]

[Sidenote: III 135]

Dasselbe Schiff trifft man in Urk unter dem Namen «Bolle van Urk» oder
auch «Bolletje van Urk». Diese Fischereifahrzeuge sind also von der
Gruppe der «Schmacken» abzuleiten. Es ist sonderbar, dass dieses Schiff
sich seit langer Zeit vor Antwerpen findet, unter dem Namen «Knots» von
Antwerpen.


DIE JOLLE.

In Stavoren hat man noch die «Stavorensche Jol», ein kleines, kurzes
und rundes Schiff mit Kiel, von grosser Stabilität auf dem Wasser. Man
begegnet ihm jetzt auch in Enghuizen und in «Medemblik». Es ist ein
Schiff mit übereinander greifenden Planken (manchmal jetzt auch glatt),
das man wegen seiner runden Formen oft mit einem Huf vergleicht. Diese
Schiffe haben einen Fischkasten, sind aber mit Rücksicht auf den
Kiel nicht mit Schwertern ausgestattet. Sie haben eine Takelung mit
Spriet (Spriettuig); ihre Ladefähigkeit beträgt 4 bis 6 t. In Helder,
Enkhuizen und Medemblik verwendet man viele Fletten, deren Länge bis
zu 10 m geht. Das Hinterteil hat einen Spiegel; das ziemlich lange
Vorderteil geht unter schwacher Neigung kräftig in die Höhe. Die
Planken greifen übereinander; die Schiffe besitzen zwei Kimmungskiele
und einen Hilfskiel am hinteren Ende; sie können im allgemeinen 2 bis 5
t laden.

Im allgemeinen schwankt die Tragfähigkeit der «Botter» und «Schocker»
von 20 bis 30 t. Die kleineren Type in Huizen können 16 bis 20 t, in
Hardarwijk und in Elburg 13 bis 18 t laden.

Die Unterschiede in den Hauptgruppen können der verschiedenen
Auffassung der Schiffbauer zugeschrieben werden, ganz wie es
Unterschiede in den Kostümen dieses und jenes Landes gibt.

Der Unterschied zwischen den Typen einer und derselben Gruppe ist
dagegen das Ergebnis der Verwendung des Schiffs, d. h. also der
verwendeten Fischereigeräte, abgesehen von einigen Unterschieden
geringerer Bedeutung.

Zum leichteren Verständnis lassen wir hier eine kurze Beschreibung
der auf der Zuiderzee gebräuchlichen Fischereigeräte folgen, die dem
Bericht über die Fischerei auf der Zuiderzee, veröffentlicht durch
die Zuiderzeevereeniging (1905, Seite 35 und folgende), sowie den
Jahresberichten über die Seefischerei entnommen ist.

Die Fischereigeräte können eingeteilt werden in bewegliche und feste;
die letzteren sind für unseren Zweck von geringerer Bedeutung.

Zu den ersteren gehören:

_a._ Der «Wonderkuil» (französisch: «Poche miraculeuse», deutsch
«Wundertasche»), die wie der «Kwakkuil» und der «Dwarskuil» aus
einem Netz, in Form einer Tasche besteht, deren Oeffnung durch ein
hölzernes Quadrat offen gehalten wird (vier Stücke Holz, genannt
«Juffers-Oorstokken»). Man zieht das Netz vorwärts, indem man den
Rahmen vertikal hält, während der ganze Apparat den Boden berührt. Die
Fische dringen in die Oeffnung und werden so in dem spitz zulaufenden
Sack gefangen. Die Bewegung im Wasser entwickelt das Netz. Der
«Wonderkuil» hängt zwischen zwei Bottern, die mit möglichst grosser
Geschwindigkeit vorrücken, um die schnell schwimmenden Fische wie die
Heringe fangen zu können. Die grossen, schon genannten Botter, die gute
Segler sind, eignen sich sehr gut hierzu. Der «Wonderkuil» berührt den
Grund fast nicht, wegen der grossen Schnelligkeit, aber jeder Fisch,
der sich vor der Oeffnung zeigt, wird sicher gefangen. Die durch die
grosse Geschwindigkeit veranlasste Zusammenziehung der Maschen lässt
nichts hindurch.

_b._ Der bei den Fischern von Vollendam gebräuchliche «Kwakkuil»
ist ein kleiner «Wonderkuil», der durch ein Schiff, meist einen
«Vollendamer Kwak» geschleppt wird. Die Tasche ist dann an zwei Stangen
befestigt, die am Hinterteil des Schiffes angebracht sind, wo sie
sich kreuzen. Da die Geschwindigkeit geringer ist als die mit dem
«Wonderkuil» erreichte, so schleppt das Netz auf dem Grund, so dass
Aale, Schollen und Seezungen gefangen werden können.

_c._ Der «Dwarskuil» (Quertasche), kleiner als der «Kwakkuil» aber von
derselben Form, ist an der Seite des Schiffs durch Seile befestigt, die
selbst am Vorder- und Hinterteil festgemacht sind. Das Fahrzeug muss
beim Fischen also quer vorrücken, was natürlich nicht schnell geht.
Das Fahrzeug darf keinen flachen Boden haben, und während des Fischens
müssen die Schwerter hochgezogen sein.

Man verwendet den «Wonderkuil» in tiefem Wasser und auf hartem,
sandigem Grund; in weniger tiefem Wasser und auf weichem Grund benutzt
man den «Kwakkuil» und an den flachen Stellen von Utrecht und Geldern
bedient man sich der «Dwarskuilen».

Die zahlreichen Klagen über die Vernichtung der Fische durch den
«Wonderkuil» stammen nicht von gestern; denn schon im Jahre 1559 setzt
eine Verordnung die Grösse der Maschen der «Astkens of Steerten» (der
Netzenden) fest.

Unter dem beweglichen Fanggerät sind natürlich die Schleppnetze zu
nennen, zum Fang der Heringe, der Anchovis, der Seezungen und der
Stinte. Man benutzt sie in allen grossen Fischereihäfen der Zuiderzee.
Man schleppt diese Netze zwischen zwei Schiffen irgend welcher Form.

Längs der friesischen Küste fischt man besonders mit festen Geräten,
hauptsächlich im Norden von Makkum. Diese Art Fischerei erfordert nur
kleine Schiffe (24 bis 30 Reusen auf das Schiff). Man benutzt hierzu
Aal- und Heringsreusen; es ist auch wahrscheinlich, dass das alte
«Kubboot» seinen Namen dem Fischereigerät verdankt, das «Kub» heisst;
es ist dies ein trichterförmiger Weidenkorb, der an seinem unteren Ende
geschlossen ist, so dass noch eine kleine Öffnung bleibt; auf diese
Öffnung folgt ein kleines seidenes Netz, dessen Öffnung den Aalen den
Durchgang gestattet, die sich nun in dem hinteren Teile, dem «Kub»,
sammeln.

Der Fischfang auf der Zuiderzee ist besonders geartet, weil eine grosse
Zahl von Fischern der Zuiderzee die Nordsee besuchen, während andere
in den Flüssen fischen und der Rest das ganze Jahr auf der Zuiderzee
selbst bleibt. Die ersteren benutzen die grossen «Blazer», «Schocker»
und «Botter»; die letzteren verwenden die «Kwakken», «Kubboote» und
die «Haringschuiten» (Heringsschuten). Endlich bedienen sich die an
zweiter Stelle genannten der «Gondeln», «Lemmeraken», «Punters»,
u. s. w.

Ausser diesen gibt es jedoch eine ganze Reihe Gelegenheitsfischer, die
alle Sorten von Fahrzeugen benutzen. Daraus folgt, dass es sehr schwer
ist, die genaue Zahl der in Gebrauch befindlichen Fahrzeuge anzugeben,
und dass die in den obigen Tabellen genannten Ziffern nur ungefähr
stimmen, soweit sie sich auf die Fischerei in der Zuiderzee beziehen.


DAS WATERSCHIP.

[Sidenote: II 238]

Man kennt seit langem ein Schiff genannt «Waterschip» das zum Schleppen
der «Zeekameele» (Art schwimmende Docks) über den Pampus dient. Das
«Waterschip» ist ursprünglich ein einfacher «Botter» aus Marken. Wie
schon gesagt, stammen die «Zeekameele» aus dem Jahre 1691. Man baute
sie später mit festerem Vorder- und Hintersteven und einer Kajüte
hinter dem Mast. Das «Waterschip» unterscheidet sich so mehr von den
alten «Botters».

Während das Schleppen der Schiffe zuerst zwei privaten Gesellschaften
(der Grossen und der Kleinen Kompagnie) oblag, wurde es nach 1741
durch Vertrag der grösseren Gesellschaft übertragen, die ihren
«Waterscheepjes» eine Tafel aus Weissblech am Vordersteven als
Unterscheidungszeichen anheftete. Diese Massnahme genügte jedoch nicht,
um die Nebenbuhler fernzuhalten. I. J. 1783 wird angeordnet, dass das
Admiralswappen auf die Segel der genehmigten Schiffe gemalt würde,
wie heut die Segel der Fischereifahrzeuge mit Buchstaben und Ziffern
versehen sind.

Als während der französischen Herrschaft die Schiffahrt stillgelegt
ist, leiden die «Waterscheepen» derart, dass i. J. 1824 von den 18
vorhandenen 6 zerstört werden. I. J. 1827 wird der Rest infolge der
Eröffnung des Nordholländischen Kanals verkauft. (~Le Comte~, S. 38.)

Man darf diese «Waterschepen» nicht mit denen der Salzsiedereien
verwechseln, die zur Beförderung von Seewasser dienen, von denen einige
Abbildungen in unserem Atlas wiedergegeben sind. Mit einer einzigen
Ausnahme gehören diese Schiffe zur Gruppe der «Smakken» (Schmacken).




[Illustration: 6.]


Die _Annales des Travaux publics de Belgique_ (August 1901) enthalten
eine eingehende Untersuchung über das Material der Binnenschiffahrt
in Belgien. Diese Arbeit rührt her von dem Oberingenieur der Brücken
und Wege ~Dehem~. Sie enthält eine Beschreibung der Schiffstypen,
die auf den belgischen und französischen Kanälen Verwendung finden.
Diese für die Kanäle eigens gebauten Schiffstype haben keinen Wert vom
geschichtlichen Standpunkt. Da sie indessen viel die Zuid-Willemsvaart
(Kanal von Maastricht nach Bois-le-Duc) benutzen, so dürfte eine kurze
Beschreibung dieser hier gewöhnlich «Ballanten» genannten Schiffe am
Platze sein.

Im allgemeinen kann man sie folgendermassen einteilen:

  _a_) Die Prahme von Charleroi

  _b_) Die wallonischen Schiffe oder Kanalschiffe

[Sidenote: II 257]

[Sidenote: II 265]

Das Schiff der Gruppe _a_ führt auf flämisch den Namen «Bak» und hat
eine parallelepipedische Gestalt. Es misst 19,50 m in der Länge,
2,60-2,85 m in der Breite; die Tauchtiefe, wenn das Schiff leer ist,
schwankt von 0,35 bis 0,40 m und sie erreicht bei voller Belastung 1,80
m. Seine Tragfähigkeit schwankt bei dieser Tauchtiefe von 67 bis 72
t. Dieser Schiffstyp ist eigens für die Schiffahrt auf dem Kanal von
Charleroi in Brüssel geschaffen worden, dessen Schleusen mit kleinem
Querschnitt nur 19 m Nutzlänge und 2,70 m Öffnung haben. Die festen
Brücken haben eine freie Höhe von 2,65 bis 3 m.

Der Preis dieser Schiffe schwankt von 4500 bis 7500 Frcs.

Das Schiff der Gruppe _b_ führt flämisch den Namen «Waal»; es ist
ebenfalls ein parallelepipedischer Kasten mit flachem Boden und fast
glatten Seitenwänden. Nach den verschiedenen Formen der Vorder- und
Hinterseiten nehmen diese Schiffe folgende Namen an: 1) Schiff von
Tournai, 2) Zille, 3) Binnenländer, 4) Spitzschiff.

Es ist jedoch zu bemerken, dass die beiden letzteren Benennungen mehr
für ältere Type genommen werden, und dass die beiden ersteren für
die grossen Kanalschiffe (_Péniches_) vorbehalten bleiben, die man
heutzutage gewöhnlich baut.

Bei dem ersten Typ, dem Schiff von Tournai, sind die Vorder- und
Hinterflächen abgerundet; die Kurve ist in der vertikalen Ebene
ziemlich deutlich, so dass das Schiff einen gekrümmten Vordersteven
hat, der Nase heisst. Die Vorderseite hat ein Bergholz, das Bart heisst
und von einer Holzsente gekrönt ist, die als Auflage für das Schlepptau
dient, das über den Bolzen hinter der Nase geschlungen ist.

Bei der _Zille_ (Chaland oder Ballant) sind Vorder- und Hinterteil
fast glatt; die Nase und der Bart treten nur schwach hervor, und der
Schlepptaubolzen liegt an der äussersten Spitze des Schiffs.

Im allgemeinen sind diese Schiffe ziemlich fest gebaut, und ihre
Beplankung hat sehr gelitten durch die starken Krümmungen des Vorder-
und des Hinterteiles. Ihre Form ist so gewählt, dass die Schiffe genau
die Schleusen füllen und eine möglichst grosse Ladefähigkeit haben,
obwohl es völlig unverständlich ist, dass man, um einige Tonnen mehr
zu laden, ganz die Leichtigkeit des Schleppens vernachlässigt. Was man
also auf der einen Seite gewinnt, verliert man doppelt auf der anderen
durch die höheren Schleppgebühren.

Die einzige Erklärung, die man für diese Bauart geben kann, ist, dass
die meisten Schiffer ihre eigenen Pferde zum Treideln haben (für die
sich ein Stall in der Mitte des Fahrzeugs befindet), so dass sie nicht
die Mehrkosten für das Treideln merken.

Die Grössen bei den Gruppen 1 und 2 sind dieselben; die Länge der
Schiffe schwankt von 3,50 m bis 3,90 m (ohne Steuer) und ihre Breite
von 5 m bis 5,05 m; ihre Tauchtiefe leer beträgt durchschnittlich 0,28
m; beladen tauchen sie 1,80 bis 2,30 m ein, und ihr Fassungsvermögen
beträgt 300 bis 370 t.

Vergleicht man die Type 3 und 4 mit den Typen 1 und 2, so sieht
man, dass die ersteren weniger laden können, wegen ihres spitzen
Vorderteils, von welchem sie den Namen «Spitzschiffe» (flämisch
_Spits_) haben.

Der Binnenländer heisst flämisch _Bijlander_, französisch _Bélandre_.
Der Hauptunterschied zwischen dem Binnenländer und dem Spitzschiff
besteht darin, dass der Boden des ersteren sich an die Vorderfläche
mittels einer gekrümmten Fläche anschliesst, während der Boden des
zweiten bis zur Nase hin eben bleibt. Sonst sind die beiden Type
wenig von einander verschieden. Man baut sie jetzt nicht mehr viel.
Man findet zwar jetzt noch Spitzschiffe; diese müssen aber eher als
eine Art Kanalschiff betrachtet werden. Wir sehen also auch hier eine
Verschmelzung der verschiedenen Formen, die mit der Zunahme der Grösse
Hand in Hand geht.

Die «Bijlander» haben eine Länge von 28 bis 34 m, eine Breite von 4,60
bis 5 m und eine Tauchtiefe von 0,30 bis 0,40 m leer, die bei Belastung
2 m erreicht.

Das Spitzschiff hat eine Länge von 20 bis 30 m und eine Breite von
3,50 m (die niemals 5 m erreicht); die Tauchtiefe beträgt leer
durchschnittlich 0,35 m, bei Beladung 1,80 m; es kann 100 bis 200 t
laden. Die grössten von ihnen, 32 m lang und 4,90 m breit, können bei
2,15 m Tauchtiefe höchstens 250 t laden.

Man baut jetzt die vorgenannten Type viel aus Eisen.

Wir erwähnen noch den «Prij», ein Spitzschiff, das aus zwei getrennten
Teilen besteht, die jeder für sich beladen werden können.


[Illustration]




[Illustration: 7.]


In Europa hat sich sonach die Schiffbaukunst um zwei Mittelpunkte
entwickelt, deren Einflusskreise etwa im Jahre 1300 zusammentrafen. Die
Verschmelzung der beiden Mittelpunkte hat sich erst zwischen 1450 und
1500 vollzogen.

Der nördliche Mittelpunkt, die Ostsee, dessen Ursprung in Schweden und
Norwegen liegt, hat die volle Entwickelung erst zur Zeit der Wikinger
erreicht. Die Schiffstype der an den Nordmeeren Europas wohnenden
Völker zeigen unverkennbare Aehnlichkeiten sowohl in den Formen wie in
der Bauart.

Wenn man weiter in das Festland dringt, so machen sich dieselben
auffallenden Eigentümlichkeiten noch weiter bemerkbar, so dass die
Aehnlichkeit der Formen in der Richtung Ost-West noch deutlicher wird.

Die Karte Nʳ 1 gibt durch eine grüne Farbe den Nordmittelpunkt an,
während die Richtung der wahrscheinlichen Verschiebung der runden
friesischen Type durch eine volle Linie angezeigt wird; die Richtung
der spitzen Type wird durch eine punktierte und die der Type des
Niederrheins durch eine gemischte Linie angegeben.

Der im Mittelmeer gelegene Südmittelpunkt, der von Phönizien herstammt,
ist in Rot dargestellt. Die Schiffsbaukunst hat sich dort ebenfalls in
der Richtung Ost-West entwickelt. Obwohl ich in nautischer Beziehung
mit den zu meiner Verfügung stehenden Angaben nicht versichern kann,
dass das Südzentrum sich unter dem Einfluss Asiens befunden hat,
so kann doch festgestellt werden, dass eine Anzahl von Formen und
Bauarten, die man auf den alten Zeichnungen findet, sich auch bei den
arabischen, indischen und chinesischen Schiffen wiederholt.

Daraus ergibt sich, dass es um so notwendiger ist, unsere
Untersuchungen nach dieser Seite hin fortzusetzen, als in Asien mehr
als in Europa die alten Arten der Fortbewegung und des Steuerns der
Schiffe sich noch ziemlich gut erhalten haben.

Es steht ausser Zweifel, dass man dort unten Beziehungen zwischen dem
Südzentrum und einem Teil Asiens finden wird.

Die Schiffbaukunst, die zu uns von der Ostsee gekommen ist, ist zuerst
für die Fischerei benutzt worden, die zweifellos die Wiege jedes
grossen Seevolkes ist. -- Die allmähliche Entwickelung der Fischerei
erweiterte das Feld der Tätigkeit und begünstigte den Verkehr in
Nachahmung dessen, was in Flandern geschah. Wir werden uns also nicht
wundern, dass in Holland die ältesten Erinnerungen bezüglich der
Schiffbaukunst sich auf die Heringsfischerei beziehen.

Aus dem Aufschwung dieses Fischfanges erklärt sich die Entstehung
der «Kogge» und die Beziehung, die zwischen der «Kogge», der
«Egmonder Pink» und dem «Bom» besteht, der aus ihr hervorgeht; und
wir übertreiben nicht, wenn wir sagen, dass der «Bom», der bald
verschwunden sein wird, die letzte Spur der Kogge darstellt.

Die Entwickelung des Schiffs beruht übrigens auf der Überlieferung;
diese bestand nicht nur in der sklavischen Nachahmung alles dessen,
was die Vorfahren hervorgebracht haben, sondern passte sich den neuen
Forderungen an, die die Sonderverhältnisse der Zeit nach sich zogen.

Die Entwickelung des Schiffs wie seiner Grössenverhältnisse ist also
eine allmähliche gewesen. So sind die Schiffe des Altertums nicht
grösser gewesen als die des Mittelalters, die ihrerseits kleiner waren
als die der Neuzeit.

Weder der Kompass, noch die Anwendung des Steuers, noch auch die
Erfindung des Schiesspulvers haben plötzliche Veränderungen in der
Schiffbaukunst herbeiführen können. Nur allmählich werden, dank den
Vervollkommnungen der Artillerie, die Schiffe schwerer, so dass man
im Anfang unseres Unabhängigkeitskrieges die Kriegsschiffe von den
Handelsschiffen unterschied, mit anderen Worten, die letzteren sind
bis dahin ebenfalls für militärische Zwecke benutzt worden.

Nach der Entdeckung Amerikas und des Seewegs nach Ostindien, die die
beiden wichtigsten Ereignisse in der Entwickelung der europäischen
Völker waren, hat sich der Weltverkehr vom Mittelmeer nach der
Nordsee verschoben. Erst damals erwachte unser Land und übertraf
bald alle anderen Länder im Schiffbau. Umgekehrt führen heute die
Niederlande den Schiffbau nach der Ostsee. Auch Frankreich hat von uns
die Schiffbaukunst gelernt. Holland hat somit an der Spitze dieser
Industrie von 1500 bis 1700 gestanden, um dann Frankreich Platz zu
machen, wo die Schiffbaukunst sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts
völlig von Holland trennt.

Es ist der Scharfsinn der Franzosen, der alle Länder bei der
mathematischen Berechnung der Schiffe geleitet hat.

Das immer praktische England hat sich zu jeder Zeit bemüht, sich auf
der Höhe des Landes zu halten, das die grössten Schiffe baute. Das
Werk von ~Holmes~ zeigt dies Bestreben deutlich. Nach 1800 überholt
England seinen Nebenbuhler und gibt den Ton im Schiffbau an. Zahlreiche
Vervollkommnungen haben sich unter dem Einfluss Englands vollzogen.

Die Kontinentalsperre gibt unserer Schiffbaukunst den Gnadenstoss.
Erst dank dem Eingreifen und der energischen Unterstützung des Königs
Wilhelm I. hat sich der Schiffbau in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts wieder belebt, um in der zweiten Hälfte eine neue Zeit
der Grösse zu erreichen. Die ersten neuzeitlichen Kriegsschiffe Japans
wurden in Holland erbaut.

Das Auftreten des Eisens öffnete unserer Schiffbaukunst eine neue Aera,
und unsere tüchtigen Schiffbauer haben den Überlieferungen unseres
Volkes Ehre zu machen verstanden, indem sie sich wie ehemals als
sparsame Konstrukteure erwiesen, die es verstanden, einen festen Bau
untadelig und mit einem angenehmen Aeusseren auszuführen.

Die Verteilung der Gruppen der Schiffstype ist auf Karte 3 dargestellt,
während die Karte 4 für unser Land die Unterabteilung jener Gruppen
zeigt.

Die friesischen Type sind auf den beiden Karten durch grüne Farbe
dargestellt, die Type des Niederrheins, die in den Nordwesten von
Nordbrabant und das Herz von Südholland eingedrungen sind, haben braune
Färbung; die Type des Oberrheins sind mit violetter Farbe, die der
unteren Seine in Rot und die der oberen Maas in Grün dargestellt. Die
spitzeren Type von Overijssel, umgeben von denen Frieslands und des
Niederrheins, die sich übrigens auch auf der Ems, der Weser, der Elbe,
der Havel, der Oder und der Spree finden, sind durch eine blassere
Farbe gekennzeichnet.

Die Karte Nʳ 4 gibt die Fischereifahrzeuge an, die die Nordsee
befahren. Sie gehören zum friesischen Typ mit Ausnahme des «Loggers»
und der «Schaluppe». Es ist interessant, diese Grenzgebiete mit den
Karten 5, 6 und 7 zu vergleichen, welche das Ergebnis der mühseligen
Untersuchungen des verstorbenen Professors Dr. Gallée enthalten, der
durch seine umfassende Gelehrsamkeit und nicht weniger durch sein
grosses Wohlwollen berühmt ist, das ihn vor einiger Zeit veranlasst
hat, diese Karte uns freundlichst zur Verfügung zu stellen.

Ein einziger Blick schon zeigt, dass die Grenzen der Frachten sich
in sehr starkem Masse geändert haben; hinsichtlich der Verteilung
der Sprachen und der Art der Wohnungen macht sich eine auffallende
Ähnlichkeit bemerkbar. Die friesischen und sächsischen Einflüsse fallen
auf allen Karten zusammen, während die Type der oberen Maas sich da
finden, wo der Bau der römischen Landhäuser sich erhalten hat. Es ist
also nicht wunderbar, dass diese Type der Maas jenen gleichen, die man
im Tal des Po und auf dem Adriatischen Meer trifft.

Diese Feststellungen stimmen mit den geschichtlichen Untersuchungen
überein, die festgestellt haben, dass die Länder an der Nordsee von
den Kelten bewohnt waren, die vom Orient nach Mittel- und Westeuropa
mehrere Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung gekommen waren. Sie
vertrieben die mongolische Bevölkerung, die sich dort schon angesiedelt
hatte, aber ihrerseits wurden die Kelten aus dem Westen durch die
Germanen vertrieben. So erzählten die Römer, dass nördlich vom Rhein
die Kelten schon überall von den Germanen verjagt wären. Der Rhein
bildete damals die allgemeine Scheidewand zwischen den beiden Völkern.
Im Süden dieses Flusses gab es nur einige germanische Vorposten, wie
die Eburonen in Maastricht und in Roermond; die Kondrusen in der
Umgegend von Lüttich. Längs der Maas verschmelzen die Germanen und
die Kelten miteinander. In Nordbrabant waren die Kelten schon stark
germanisiert, während die Menapier, die Moriner und die Nervier aus
Flandern und Seeland ebenfalls stark unter dem Einfluss der Germanen
standen. Alle diese germanisierten Kelten wurden von den Römern Gallier
genannt. Zu wiederholten Malen drangen die Germanen in Gallien ein und
kamen dort sogar bis in das Land der Menapier im Scheldetal; aber im
Jahre 55 vor Christi Geburt warf sie Cäsar zurück. Nach den Eroberungen
dieses letzteren römischen Feldherrn bildete der Rhein die Grenze der
römischen Herrschaft und blieb es bis etwa ins 4. Jahrhundert. Die
Gallier latinisierten sich schnell. Nördlich vom Rhein machte sich
der römische Einfluss auf die Bataver, die Kaninefaten und Friesen
fühlbar. Dieser Einfluss war jedoch wenig deutlich, besonders bei
den letzteren. In dem Augenblick, wo die Macht Roms geringer wurde,
erschienen die Germanen wieder, und besonders traten die Franken
hervor. Diese Franken, die die Gegend der Lippe, der Ruhr und der
Ems bewohnten, wurden wahrscheinlich zu jener Zeit schon von den
Sachsen zurückgetrieben. Unter dem Kaiser Probus wurden die Franken
noch einmal im Jahre 280 über den Rhein zurückgeworfen, aber nach dem
Tode Konstantins des Grossen (337) rückten sie von neuem nach Süden
vor. Cöln fiel in ihre Hände, und sie erschienen vor Trier. Julian
verhinderte sie indessen in Taxandrien, das heutige Nordbrabant,
einzudringen.

Die Salier, die mächtigsten der Franken, blieben im Lande der Bataver,
während die Chamaven, ein anderer Volksstamm, sich im Norden des
Rheins festsetzten. Die Salier und die Bataver verschmolzen bald zu
einem einzigen Stamm; als sich im Jahre 402, während der Regierung
des Kaisers Honorius, die Römer zurückzogen, nahmen die Franken ihren
Marsch nach dem Süden wieder auf und fielen in Nordbrabant ein. Die
Sachsen, die, wie schon gesagt, wahrscheinlich die Franken in Bewegung
gesetzt haben, bewohnten das Land zwischen der Ems und der Elbe, d. h.
also Norddeutschland. Sie setzten sich im Osten unseres Landes fest
und dehnten ihren Einfluss später nördlich aus.

Die Friesen, die man im allgemeinen neben den Sachsen nennt, haben
es verstanden, sich zu halten und wohnten von der Weser bis zum Zwin
(seeländisches Flandern). Ihr König Radbod erweiterte ihre Herrschaft
nach dem Süden des Rheins und drang sogar bis Cöln vor, wo ihm indessen
Karl Martell eine Niederlage beibrachte.

Wenn Holland im Mittelalter Friesland nur bis zur Mündung der Maas
heisst, so sagt man andererseits, dass der heilige Amand das Evangelium
bei den Friesen von Seeland predigte.

Diese Ueberlieferung wird von Professor Fockema Andrae bestätigt, der
nachgewiesen hat, dass das Friesische Gesetz von 800 von der Weser bis
zum Zwin, und das fränkische Gesetz bis zum Eem angewendet wurde, d. h.
dass die Chamaven die Veluwe im Osten des Flusses bewohnt haben; somit
gehört Utrecht zu Friesland.

Man erzählt auch gelegentlich des Kampfes der Friesen gegen die
Franken, dass Utrecht auf der Grenze Frieslands liegt.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Niederlande ursprünglich
von den Kelten bewohnt wurden, die von den Germanen nach Süden gedrängt
sind. Sie haben sich später mit Hilfe der Römer südlich der grossen
Flüsse gehalten. Die ersten Germanen unseres Landes waren die Friesen.
Sie bewohnten die Küste von der Weser bis zum Zwin und haben sich an
einigen Orten unter den Kelten angesiedelt.

So finden wir die friesischen Type von Dänemark bis Flandern; sie
dringen bis Utrecht und längs der Flüsse mit Ebbe und Flut vor.

Die Chamaven, die ersten Franken, hielten wahrscheinlich die Veluwe und
die Betuwe bis zur Linge und zum Eem besetzt. Die Franken bevölkerten
später Nordbrabant und drangen bis nach Seeland, Utrecht und Südholland
vor. Tatsächlich haben wir uns schon gewundert, in unserem Lande
die Type des Niederrheins nicht nur längs des Rheins und seiner
Nebenflüsse, sondern auch im Herzen Südhollands und im Nordwesten von
Nordbrabant zu treffen.

Die zuletzt gekommenen Sachsen setzten sich im Osten unserer Heimat
fest und dehnten sich allmählich nach Groningen und Friesland aus. Dort
finden wir die spitzen Type von Overijsel oder die sächsischen Type.

Die Schiffstype haben, wie die Art der Wohnungen, die Sprachen und die
Trachten Beziehungen zu den Ureinwohnern der Gegenden. Dies erklärt,
weshalb man an demselben Fluss, in demselben Lande verschiedene
Schiffstype findet.

So haben sich die alten Formen und die alten Sitten durch die Zeitalter
erhalten, und unser Vaterland besitzt nicht allein eine ruhmreiche
Vergangenheit, sondern hat es auch verstanden, einen beneideten Platz
auf dem Gebiete der Schiffbaukunst festzuhalten, so dass man auf
unsere tüchtigen Schiffbauer anwenden kann, was ~Witsen~ im Jahre 1671
schreibt:

                                   «In ’t overleg van een zuinig meeste
                                        bestaat al ’t geheim van
                                           goedkoop bouwen.»

  (Das ganze Geheimnis eines wirtschaftlichen Schiffbaues besteht in
  der Überlegung eines sparsamen Baumeisters.)


[Illustration]


Übersetzer: ~Hugo MÜLLER~, Dahlem.




[Illustration: KAART Nᵒ 1

Tafel Nᵒ 1--Carte Nᵒ 1

Plate Nᵒ 1

  OP WELKE WIJZE
  DE SCHEEPSBOUW
  ZICH HEEFT
  VERPLAATST VOOR
  1500 (1)

]

(1) Wie sich der Schiffbau vor 1500 bewegt hat.

Evolution de l’architecture navale avant 1500.

Way in which shipbuilding moved before 1500.


(2) Südlicher Mittelpunkt.

Centre méridional.

Southern Centre.


(3) Nördlicher Mittelpunkt.

Centre septentrional.

Northern Centre.


(4) Erste Berührung zwischen dem südlichen und nördlichen Mittelpunkt.

Premier contact entre le centre méridional et le centre septentrional.

First contact between the Southern centre and the Northern centre.


(5) Erster Einfluss des südlichen auf den nördlichen Mittelpunkt.

Première influence du centre méridional sur le centre septentrional.

First influence of the Southern centre on the Northern centre.


[Illustration: KAART Nᵒ 2

Tafel Nᵒ 2 -- Carte Nᵒ 2

Plate Nᵒ 2

  OP WELKE WIJZE DE
  SCHEEPSBOUW ZICH
  HEEFT VERPLAATST
  NA 1500 (1)

]

(1) Wie sich der Schiffbau nach 1500 bewegt hat.

Évolution de l’architecture navale après 1500.

Way in which shipbuilding moved after 1500.


(2) 1500-1700. Niederlande.

1500-1700. Pays-Bas.

1500-1700. Netherlands.


(3) Städte des Hansabundes.

Villes de la ligue hanséatique.

Cities of the Hanseatic League.


(4) 1700-1800. Frankreich. Der theoretische Schiffbau.

1700-1800. La France. L’architecture navale théorique.

1700-1800. France. Theoretical shipbuilding.


(5) Die französische Bauweise trennt sich von der der Niederlande.

L’architecture navale française se sépare de celle des Pays-Bas.

French shipbuilding withdraws from that of the Netherlands.


(6) Nach 1800. England.

Après 1800. l’Angleterre.

After 1800. England.


[Illustration: KAART Nᵒ 3

Tafel Nᵒ 3 -- Carte Nᵒ 3

Plate Nᵒ 3

KAART DER SCHEEPSMODELLEN

Tafel der Schiffstype.

Carte des types de navires.

Plate showing types of vessels.]


  I   Friesche        Friesische Type.  Types Frisons.   Frisian types.
      modellen.       (Smacken,         (Semaque, etc.)  (Smack, etc.)
      (Smak, enz.)      u. s. w.)

  II  Overijselsche   Type von          Types de         Overysel types.
      modellen.       Overysel.         l’Overysel.
      (Somp. pegge,   (Somp. Pegge,     (Somp. pegge,    (Somp. pegge,
       enz.)           u. s. w.)          etc.)          etc.)

  III B}Rijn           }der Rhein        }Le Rhin        B}The Rhine
      o}(Dorstensche   }(Aak            B}(l’Aque de     o}(Ake from
      v} aak).        O} von Dorsten).  o} Dorsten).     v} Dorsten).
      e}              b}                v}               e}
  IV  n}Maas          e}die Maas        e}La Meuse       n}The Meuse
      d}(Hedelsche    r}(Aak von        n}(l’Aque de     d}(Ake from
      l}  aak).       l} Hedel).        d} Hedel).       l} Hedel).
      a}              ä}                l}               a}
  V   n}Maas          n}die Maas        a}La Meuse       n}The Meuse
      d}(Whale majol).d}(Whale majol).  n}(le Whale      d}(The Whale
      e}              e}                d}majol).        e}  majol).
      r}              r}                e}               r}
  VI  s}Boven          }der Oberrhein   r}Le Rhin        s}The Upper
       }Rijn           }(der Keen).     s}supérieur       }Rhine
       }(Keen).        }(der Keen).      }(le Keen).      }(Keen).


[Illustration: KAART DER SCHEEPSMODELLEN(1)

(1) TAFEL DER SCHIFFSTYPE

CARTE DES TYPES DE NAVIRES

PLATE SHOWING TYPES OF VESSELS]

[Illustration: KAART DER SCHEEPSMODELLEN

KAART Nᵒ 4

Tafel Nᵒ 4 -- Carte Nᵒ 4

Plate Nᵒ 4

]


[Illustration: KAART Nᵒ 5

Tafel Nᵒ 5--Carte Nᵒ 5

Plate Nᵒ 5

KAART DER DIALECTEN

NEDERLAND.

Dialecttafel.

Niederlande.


Carte des dialectes.

Pays-Bas.


Dialect Chart.

Netherlands.

]


[Illustration: KAART Nᵒ 6

Tafel Nᵒ 6--Carte Nᵒ 6

Plate Nᵒ 6

VOLKSKLEEDERDRACHTEN

Tafel der Volkstrachten

Carte des costumes nationaux

Plate of national costumes]


[Illustration: KAART Nᵒ 7

Tafel Nᵒ 7--Carte Nᵒ 7

Plate Nᵒ 7

KAART DER BOERENWONINGEN

Tafel der ländlichen Wohnhäuser.

Carte des habitations rurales.

Country homes.]


[Illustration: NAVIGARE NECESSE]






*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER SCHIFFBAU SEIT SEINER ENTSTEHUNG ***


    

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