The Project Gutenberg EBook of Timon von Athen, by William Shakespeare #37 in our series by William Shakespeare Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. You can also find out about how to make a donation to Project Gutenberg, and how to get involved. **Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts** **eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971** *****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!***** Title: Timon von Athen Author: William Shakespeare Release Date: January, 2005 [EBook #7226] [Yes, we are more than one year ahead of schedule] [This file was first posted on March 28, 2003] Edition: 10 Language: German *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK TIMON VON ATHEN *** This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE. That project is reachable at the web site http://gutenberg2000.de. Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse http://gutenberg2000.de erreichbar. Timon von Athen. William Shakespeare Übersetzt von Christoph Martin Wieland Personen. Timon, ein edler Athenienser. Lucius, Lucullus, Sempronius und Ventidius, Schmeichler und falsche Freunde des Timon. Alcibiades, ein General der Athenienser. Apemanthus, ein Cynischer Philosoph. Flavius, Timons Verwalter. Flaminius, Lucilius und Servilius, Bediente des Timon. Caphis, Varro, Philo, Titus, Lucius und Hortensius, Bediente von den Gläubigern des Timon. Ein Poet. Ein Mahler. Ein Juweelen-Händler. Ein Galanterien-Krämer. Ein Kauffmann. Drey Diebe. Etliche Senatoren. Cupido und Masken. Phrynia und Timandra, Maitressen des Alcibiades. Verschiedne Bediente, Soldaten, und andre als stumme Personen. Die Scene, Athen, und ein nicht weit davon gelegner Wald. Erster Aufzug. Erste Scene. (Eine Halle in Timons Hause.) (Der Poet, der Mahler, der Juweelen-Händler, der Kauffmann, und der Galanterie-Krämer treten durch verschiedne Thüren auf.) Poet. Guten Tag, mein Herr. Mahler. Ich erfreue mich über euer Wohlbefinden. Poet. Ich hab' euch lange nicht gesehen; wie geht's in der Welt? Mahler. So daß es besser seyn könnte, mein Herr. Poet. Nun, das ist etwas bekanntes. Aber was giebt es vor besondere Seltenheiten?* Was ist so ausserordentlich, wovon wir nicht in den Urkunden der Welt mehr als ein Beyspiel finden?--Seht, o Zauberey der Freygebigkeit! Alle diese Geister hat deine Macht zusammenbeschworen, dir aufzuwarten--Ich kenne den Kauffmann. Mahler. Ich kenne beyde; der andere ist ein Juweelen-Händler. Kauffmann. O! es ist ein würdiger Edelmann! Juweelen-Händler. Das ist ausgemacht. Kauffmann. Ein recht unvergleichlicher Mann, von einer unerschöpflichen und immerwährenden Gütigkeit beseelt. Er übertrift -- Juweelen-Händler. Ich habe hier ein Juweel-- Kauffmann. O ich bitte euch, laßt mich's sehen--Für den Lord Timon, mein Herr? Juweelen-Händler. Wenn er es so hoch bezahlt als es geschäzt ist; doch was das betrift -- Poet. Wenn wir um Lohn den Lasterhaften singen, So wird auch des Gerechten Lobes Glanz Dadurch beflekt, das wir der Tugend bringen-- Kauffmann (indem er das Juweel betrachtet.) Es ist schön geschnitten. Juweelen-Händler. Und reich; was das für ein Wasser ist! Seht ihr? Mahler (zum Poeten.) Mein Herr, ihr seyd, däucht mich, im Enthusiasmus, über irgend einem Werk, das diesem grossen Mann gewidmet werden soll. Poet. Es ist eine Kleinigkeit, die mir in einer müssigen Stund' entgangen ist. Unsre Poesie ist wie ein Gummi, das daher entspringt, woher es genährt wird. Das Feuer in dem Kiesel zeigt sich nicht eher bis es herausgeschlagen wird; unsre anmuthige Flamme entzündet sich von selbst, und überströmt wie ein reissendes Wasser jeden Damm, der sie einzwängen will. Was habt ihr hier? Mahler. Ein Gemählde, mein Herr--Wenn kommt euer Werk ans Licht? Poet. An den Fersen meiner Gegenwart, mein Herr. Laßt mich euer Stük sehen. Mahler. Es ist ein gutes Stük. Poet. Das ist es; das reicht an vortrefflich. Mahler. Erträglich. Poet. Bewundernswürdig! Was für eine Wahrheit, welch ein Anstand in dieser Stellung! Was für eine geistige Kraft schießt aus diesem Auge! Was für eine schwangre Einbildungskraft bewegt sich in diesen Lippen! Selbst die stumme Gebehrde wird hier zum Ausdruk -- Mahler. Es ist eine ganz artige Nachäffung der Natur; hier ist ein Strich-- Was sagt ihr davon? Poet. Ich will nichts sagen, als, er meistert die Natur selbst; eine künstliche Bewegung lebt in diesen Strichen, die lebhafter ist als das Leben selbst. (Einige Senatoren zu den Vorigen.) Mahler. Wie viel Aufwart dieser Herr hat! Poet. Die Senatoren von Athen! Glüklicher Mann! Mahler. Seht, noch etliche. Poet. Ihr seht diesen Zusammenfluß, diese grosse Fluth von Besuchern--Ich habe in diesem rohen Werk einen Mann entworffen, den diese Unterwelt mit überschwenglicher Hochachtung umfaßt, und in die Arme schließt. Meine freye Absicht hält keinen besondern Lauf, sondern bewegt sich selbst in einer weiten See von Wachs; keine gesäurte Bosheit vergiftet ein einziges Comma in dem Lauf den ich halte: sondern er fliegt einen Adler-Flug, kühn, in einem fort, und läßt keine Spur zurük. Mahler. Wie soll ich euch verstehen? Poet. Ich will es euch aufrigeln. Ihr seht wie alle Stände, wie alle Arten von Leute, sowohl die von glatter und schlüpfriger als die von spröder und herber Beschaffenheit, ihre Dienste zu den Füssen des Lord Timon legen: Sein grosser Reichthum, der an seiner leutseligen und gütigen Gemüthsart hängt, überwältigt alle Arten von Herzen, und macht sie zu seinen freywilligen Unterthanen; ja, von dem Spiegelartigen Schmeichler bis zum Apemanthus, der wenige Dinge so sehr liebt als sich selbst zu verabscheuen; aber auch dieser gießt sich auf die Knie vor ihm hin, und kehrt vergnügt, und durch ein Kopfniken des Timons, in seinen Gedanken, höchst glüklich von ihm zurük. Mahler. Ich sah sie mit einander reden. Poet. Ich dichte also das Glük, auf einem hohen und anmuthigen Hügel gethront. Der Fuß des Berges ist mit allen Arten von Personen und Verdiensten dicht umgeben, die sich bestreben sich auf dem Busen dieser Sphäre festzusezen. Unter allen diesen Wesen, deren Augen auf diese allgewaltige Beherrscherin geheftet sind, personificire ich einen in Timons Gestalt, den Fortuna mit ihrer elfenbeinernen Hand zu sich winkt, und durch diese Gunst in ebendemselben Augenblik alle seine Nebenbuhler zu seinen Dienern und Sclaven macht. Mahler. Eine mahlerische Idee! Dieser Thron, diese Fortuna und dieser Hügel, mit einem Manne, dem aus den übrigen untenstehenden emporgewinkt wird, und der sein Haupt gegen den schrofen Berg beugt, um zu seinem Glük hinaufzuklettern, würde, nach unsrer Kunst, wohl ausgesonnen seyn. Poet. Nein, hört mich nur weiter: Alle diese, die so kürzlich erst seines gleichen waren, einige besser als er, folgen in diesem Augenblik seinen Schritten, drängen sich aufwartsam um ihn her, regnen flüsternde Schmeichlereyen in sein Ohr, machen sogar seine Schuhriemen zu einem Heiligthum, und trinken die freye Luft durch ihn. Mahler. Zum Henker, was wollt ihr mit diesen? Poet. Sobald nun Fortuna, in einem Anstoß von Wankelmuth den, der kaum ihr Liebling war, mit Füssen tritt; so seht ihr, wie alle seine Verehrer, die mit Knien und Händen sich auf den Gipfel des Berges hinaufarbeiteten, ihn hinunter schlüpfen lassen, ohne daß nur ein einziger seinen ausglitschenden Fuß begleiten wollte. Mahler. Das ist gemein; ich kan euch tausend moralische Gemählde zeigen, die dergleichen plözliche Glüks-Streiche weit lebhafter vorstellen sollen, als Worte. Doch thut ihr wohl, dem Lord Timon zu zeigen, daß es schon begegnet ist, daß erniedrigte Augen den Fuß über dem Kopf gesehen haben. * Unser Autor hat, wie der Augenschein zeigt, seinen Poeten in diesem Stüke zu einem schlechten Kerl gemacht. Damit sein Charakter aber nicht der Profeßion selbst nachtheilig sey, so hat er ihn zu einem eben so schlechten Poeten gemacht, als er ein schlechter Mann ist. Ein untrügliches Kennzeichen von dem falschen Geschmak und unreiffen Urtheil, so er ihm beylegt, ist seine Liebe zu allem was seltsam, erstaunlich und abentheurlich, und eine Verachtung alles dessen, was gewöhnlich oder der Natur gemäß ist. Warbürton. (Inspicere tanquam in speculum jubeo)-- (Terent.) Zweyte Scene. (Trompeten. Timon tritt auf, und wendet sich auf eine leutselige Art an die verschiednen Personen, die ihm die Aufwartung machen.) Timon (zu einem Boten.) Er sizt im Gefängniß, sagt ihr? Bote. Ja, gnädiger Herr; Seine Schulden belauffen sich auf fünf Talente, seine Mittel sind sehr knapp, seine Glaubiger sehr dringend; er bittet euch, an diejenige, die ihn eingesezt haben, zu seinem Behuf zu schreiben, und würde ohne allen Trost seyn, wenn ihr ihm diese Gunst versagen würdet. Timon. Der edle Ventidius! Gut! Ich bin nicht von der Art, meinen Freund zu verlassen, wenn er meiner am meisten nöthig hat. Ich weiß, er ist ein Edelmann, der wohl verdient, daß man ihm aushelfe; ich will es thun, ich will die Schuld bezahlen, und ihn befreyen. Bote. Euer Gnaden verpflichtet sich ihn auf ewig. Timon. Empfehlt mich ihm; ich will ihm seine Ranzion schiken, und ihn, wenn er wieder frey seyn wird, zu mir einladen. Es ist nicht genug, dem Schwachen aufzuhelfen, man muß ihm auch den Arm zum Gehen leyhen. Lebt wohl. Bote. Ich wünsche Euer Gnaden tausend Wohlergehen. (Geht ab.) (Ein alter Athenienser tritt auf.) Alter Athenienser. Lord Timon, hört mich reden. Timon. Rede frey, mein guter alter Vater. Alter Athenienser. Du hast einen Diener, namens Lucilius. Timon. So ist's; was soll er dann? Alter Athenienser. Sehr edler Timon, laß diesen Mann sogleich vor dich kommen. Timon. Ist er hier oder nicht?--Lucilius!--(Lucilius tritt auf.) Lucilius. Hier, was befehlen Euer Gnaden? Alter Athenienser. Dieser Bursche hier, Lord Timon, dieser dein Diener besucht des Nachts mein Haus. Ich bin ein Mann, der von der Jugend an sich Müh gegeben hat, etwas zu erwerben, und mein Vermögen erheischt einen gewichtigern Erben, als einen der auf einem hölzernen Teller ißt. Timon. Gut; was weiter? Alter Athenienser. Ich hab' eine einzige Tochter, und sonst keinen Anverwandten, dem ich vermachen könnte was ich erworben habe. Das Mädchen ist hübsch, so jung als eine Braut seyn kan, und ich habe keine Kosten gespart, sie zu den besten Eigenschaften zu erziehen. Dieser dein Diener bewirbt sich um ihre Liebe; ich bitte dich, edler Lord, vereinige dich mit mir, ihm ihren Umgang zu untersagen; ich selbst hab' es fruchtlos gethan. Timon. Der Mann ist ein ehrlicher Mann. Alter Athenienser. So wird er's auch hierinn seyn, Timon. Seine Ehrlichkeit belohnt ihn durch sich selbst, sie soll ihm nicht meine Tochter kuppeln. Timon. Liebt sie ihn? Alter Athenienser. Sie ist jung und mannbar; unsre eigene ehmalige Leidenschaften lehren uns, wie leichtsinnig die Jugend ist. Timon (zu Lucilius.) Liebt ihr das Mädchen? Lucilius. Ja, mein Gnädiger Herr, und sie ist es zufrieden. Alter Athenienser. Wenn sie einander ohne meine Einwilligung heurathen, so rufe ich die Götter zu Zeugen, daß ich meinen Erben aus den Bettlern auf der Strasse wählen, und ihnen alles entziehen will. Timon. Wieviel soll sie zum Brautschaz haben, wenn sie einen Mann heurathete, der ihr an Vermögen gleich wäre? Alter Athenienser. Drey Talente fürs Gegenwärtige, und künftig alles. Timon. Dieser wakere Mann hat mir lange gedient; um sein Glük zu machen, will ich mich ein wenig angreiffen; es ist eine Pflicht der Menschlichkeit. Gieb ihm deine Tochter; so viel du ihr giebst, will ich ihm auch geben, um zu machen, daß er so viel wägen soll als sie. Alter Athenienser. Sehr edler Lord, verspreche mir das auf euer Ehrenwort, so soll er sie haben. Timon. Hier hast du meine Hand, mein Ehrenwort ist mein Versprechen. Lucilius. Ich danke Euer Gnaden demüthigst; nimmer möge mir das Glük gedeyhen, welches ich nicht eurer Güte schuldig zu seyn erkenne. (Lucilius und der Alte Athenienser gehen ab.) Poet. Nehmet diese Arbeit so gütig auf, als die Wünsche, die ich für Euer Gnaden langes Leben thue. Timon. Ich danke euch, ihr sollt gleich mehr von mir hören; geht nicht weg-- Was habt ihr hier, mein Freund? Mahler. Ein Gemählde, welches ich Euer Gnaden bitte anzunehmen. Timon. Mahlerey ist mir allezeit willkommen. Seitdem die Falschheit mit der Natur des Menschen ein Gewerbe treibt, ist ein gemahlter Mensch soviel als ein natürlicher; gemahlte Figuren sind gerade das, wofür sie sich geben. Euer Werk gefällt mir, und ihr sollt finden, daß es mir gefällt; wartet, bis ihr wieder von mir hört. Mahler. Die Götter erhalten euch! Timon. Lebt wol, mein Herr; gebt mir eure Hand, wir müssen heute mit einander zu mittagessen. Mein Herr, euer Juweel hat von allzugrossem Lob gelitten. Juweelen-Händler. Wie, Milord? Ist es mißfällig? Timon. Es ist mir bis zum Ekel angepriesen worden. Wenn ich es bezahlen sollte, wie es geschäzt wird, so müßte ich mich zu Grunde richten. Juweelen-Händler. Gnädiger Herr, es ist so geschäzt wie diejenige, die es verkauffen, es gerne gäben; ihr wißt aber wol, daß Dinge von gleichem Werth, wenn sie ungleiche Eigenthümer haben, nach ihren Besizern geschäzt werden; glaubt mir, Gnädiger Herr, das Juweel würde einen noch grössern Werth erhalten, wenn ihr es trüget. Timon. Ihr scherzet mit mir, mein guter Mann. Kauffmann. Nein, Gnädiger Herr, er redt nur die gemeine Sprache, die alle Leute mit ihm reden. Timon. Seht, wer hier kommt--Wollt ihr ausgescholten seyn? Dritte Scene. (Apemanthus)* (zu den Vorigen.) {ed.-* Sehet diesen Character eines Cynikers, sehr fein vom Lucian in seinem Ausruf der Philosophen gezeichnet, und wie gut Shakespear ihn copirt hat. Warbürton.} Juweelen-Händler. Wir wollen's mit Euer Gnaden theilen. Kauffmann. Er wird keinen verschonen. Timon. Guten Morgen, mein angenehmster Apemanthus. Apemanthus. Warte du auf einen Gegengruß, bis ich angenehm werde. Poet. Wenn werden wir das Glük haben, das zu erleben? Apemanthus. Wenn du Timons Hund seyn wirst, und diese Schelmen ehrlich. Timon. Warum nennst du sie Schelme? Du kennst sie nicht. Apemanthus. Sind sie nicht Athenienser? Timon. Ja. Apemanthus. So nehm' ich mein Wort nicht zurük. Juweelen-Händler. Ihr kennt mich, Apemanthus. Apemanthus. Du weißst daß ich dich kenne, ich nannte dich bey deinem Namen. Timon. Du bist stolz, Apemanthus. Apemanthus. Auf nichts so sehr, als das ich dem Timon nicht ähnlich bin. Timon. Wo willt du hin? Apemanthus. Einem ehrlichen Athenienser das Hirn ausschlagen. Timon. Das wär' eine That, wofür du sterben müßtest. Apemanthus. Richtig, wenn das Gesez eine Todesstrafe auf nichts thun sezt. Timon. Wie gefällt dir dieses Gemählde, Apemanthus? Apemanthus. Am besten, weil es nichts böses thut. Timon. Arbeitete der nicht gut, der es mahlte? Apemanthus. Der arbeitete noch besser, der den Mahler machte; und doch ist er nur ein schlechtes Stük Arbeit. Mahler. Ihr seyd ein Hund. Apemanthus. Deine Mutter ist von meinem Stamme; was war sie, wenn ich ein Hund bin? Timon. Apemanthus, willt du mit mir zu mittagessen? Apemanthus. Nein, ich esse keine grosse Herren. Timon. Wenn du es thätest, würden die Damen über dich böse werden. Apemanthus. O! die verschlingen gar die grossen Herren, und kriegen dike Bäuche davon. Timon. Das ist ein unzüchtiger Einfall. Apemanthus. So nimmst du ihn auf; nimm ihn für deine Mühe. Timon. Wie gefällt dir dieses Juweel, Apemanthus? Apemanthus. Nicht so wol wie Aufrichtigkeit, die doch einen keinen Heller kostet. Timon. Wie viel meynst du, daß es werth sey? Apemanthus. Nicht werth daß ich darauf denke. Wie steht's, Poet? Poet. Wie steht's Philosoph? Apemanthus. Du lügst. Poet. Bist du keiner. Apemanthus. Ja. Poet. So lüg' ich nicht. Apemanthus. Bist du nicht ein Poet? Poet. Ja. Apemanthus. So lügst du also: schau in dein leztes Werk; worinn du dichtest, daß er ein würdiger Mann sey. Poet. Das ist nicht gedichtet, er ist es. Apemanthus. Ja, er ist deiner würdig, und würdig dich für deine Arbeit zu bezahlen. Wer sich gerne schmeicheln läßt, ist seines Schmeichlers würdig. Götter! möcht' ich nur ein grosser Herr seyn! Timon. Was wolltest du denn thun, Apemanthus? Apemanthus. Eben das was Apemanthus izt thut, einen grossen Herrn hassen. Timon. Wie, dich selbst? Apemanthus. Ja. Timon. Warum denn? Apemanthus. Das ich nicht mehr Verstand hätte, als ein grosser Herr zu seyn-- Bist du nicht ein Kauffmann? Kauffmann. Ja, Apemanthus. Apemanthus. Die Handelschaft verderbe dich, wenn es die Götter nicht thun wollen! Kauffmann. Wenn es die Handelschaft thut, so thun es die Götter. Apemanthus. Die Handelschaft ist dein Gott, und dein Gott verderbe dich! (Man hört Trompeten. Ein Bote tritt auf.) Timon. Was für Trompeten sind das? Bote. Es ist Alcibiades mit etlichen zwanzig Reitern, die ihn begleiten. Timon. Ich bitte euch, geht ihnen entgegen, ladet sie zu mir ein--ihr müßt schlechterdings mit mir zu mittagessen--Geht nicht von hier bis ich euch gedankt habe, und nach dem Essen, zeigt mir dieses Stük; ich erfreue mich euch zu sehen. (Alcibiades und seine Begleiter treten auf.) Sehr willkommen, mein Herr. (Sie büken sich, und umarmen einander.) Apemanthus. So, so! daß euch die Gicht lähme und ausdörre, ihr biegsamen Gelenke! Warum sollten auch diese artigen süssen Schelmen einander nicht lieb haben! Wahrhaftig das menschliche Geschlecht wird zu lauter Affen und Meerkazen. Alcibiades. Ich sehnte mich so sehr euch zu sehen, daß ich es nicht satt werden kan. Timon. Sehr willkommen, mein Herr; ehe wir scheiden, wollen wir einige Tage mit allerhand Lustbarkeiten zubringen. Ich bitte euch, laßt uns hinein gehen. (Sie gehen ab.) Vierte Scene. (Apemanthus bleibt; zu ihm Lucius und Lucullus.) Lucius. Wie viel ist die Zeit, Apemanthus? Apemanthus. Zeit ehrlich zu seyn. Lucius. Diese Zeit ist immer. Apemanthus. Ein desto schlimmerer Bube bist du, daß du sie immer vorbeylässest. Lucullus. Gehst du zu des Lord Timons Gastmahl? Apemanthus. Ja, um zu sehen, wie Speisen Schelme fällen, und Wein Narren erhizt. Lucius. Lebe wohl, lebe wohl. Apemanthus. Du bist ein Narr, daß du mir zweymal lebe wohl sagst. Lucullus. Warum, Apemanthus? Apemanthus. Du hättest eines für dich selbst behalten sollen, denn von mir kriegst du keines. Lucius. Häng' dich auf! Apemanthus. Nein, ich will nichts thun, das du mir sagst; mache deine Fordrungen an deinen Freund. Lucius. Hinweg du unverträglicher Hund, oder--ich stosse dich mit den Füssen hinaus. Apemanthus. Ich will fliehen, wie ein Hund vor den Hinterfüssen eines Esels. Lucius. Er ist ein Antipode der Menschlichkeit. Kommt, wollen wir hineingehen, und an Lord Timons Freygebigkeit Antheil nehmen? In der That er übertrift die Güte selbst. Lucullus. Das thut er. Plutus, der Gott des Reichthums ist nur sein Haus- Hofmeister: Das kleinste Verdienst, das sich jemand um ihn macht, bezahlt er siebenfältig über seinen Werth; und das kleinste Geschenk das er annimmt, zieht dem Geber eine Erstattung zu, die alle gewöhnliche Erkenntlichkeit übertrift. Lucius. Er hat das edelste Gemüth, das jemals einen Mann regiert hat. Lucullus. Mög' er lang' in diesem glüklichen Stande leben, wollen wir hinein? Lucius. Ich will euch Gesellschaft leisten. (Sie gehen ab.) Fünfte Scene. (Ein grosser Saal in Timons Hause.) (Eine Musik mit Hautbois; Es wird ein grosses Banquet aufgetragen; Timon, Lucius, Lucullus, Sempronius und andre Atheniensische Senatoren, treten mit Ventidius auf. Wenn alle herein gekommen sind, schlendert auch Apemanthus, mit mißvergnügtem Gesicht, hinter ihnen drein.) Ventidius. Höchstgeehrter Timon! es hat den Göttern gefallen, meinen alten Vater in seine Ruhe eingehen zu lassen. Er ist glüklich vom Schauplaz gegangen, und hat mich reich hinterlassen. Ich gebe euch also, wie die Dankbarkeit gegen euer großmüthiges Herz mich verpflichtet, diese Talente, durch deren Hülf ich meine Freyheit wieder erlangt, mit verdoppeltem Dank und Erbietung meiner Gegendienste zurük. Timon. O, das kan nicht seyn, mein rechtschaffner Ventidius; ihr mißkennet meine Freundschaft: Ich gab sie mit willigem Herzen hin; und wer kan mit Wahrheit sagen, daß er gebe, wenn er wieder empfängt? Wenn höhere als wir sind es thun, so steht es doch uns nicht an. Apemanthus. Ahme ihnen kühnlich nach; nüzliche Laster sind schön. Ventidius. Welch eine edle Denkungsart! Timon, (indem er sieht, daß seine Gäste viele Complimente und Umstände machen, eh sie sich sezen.) Ceremonien sind nur erfunden worden, um falschen Thaten, holen Bewillkommungen, und erzwungner Gutthätigkeit eine Glasur zu geben; aber, wo wahre Freundschaft ist, bedarf es nichts dergleichen. Ich bitte euch, nehmet Plaz; ihr seyd mir willkommner zu meinem Wohlstand, als er mir selbst ist. (Sie sezen sich.) Lucius. Wir sind immer davon überzeugt gewesen. Apemanthus. Ho, ho, überzeugt gewesen? Daß ihr gehangen wär't! Timon. Ha, Apemanthus! Ihr seyd willkommen. Apemanthus. Ich will es aber nicht seyn; ich komme nur, daß du mich zur Thüre hinausstossest. Timon. Pfui, wie grob du bist! Ihr habt da einen Humor angenommen, der einem Mann nicht gut läßt; es ist gar nicht hübsch. Man sagt sonst, meine Herren, (ira furor brevis est), aber dieser Mann dort ist immer entrüstet. Apemanthus. Laß mich auf deine Gefahr da bleiben, Timon; ich komme, Beobachtungen zu machen, ich will dich gewarnt haben. Timon. Und ich gebe dir keine Acht; du bist ein Athenienser, und also willkommen; ich möchte für mich selbst kein Vermögen haben--Ich bitte dich, laß meine Schüsseln dich zum Stillschweigen bringen. Apemanthus. Ich verschmähe deine Schüsseln; ich wollt' eher dran erworgen, eh ich dir jemals schmeicheln wollte. O ihr Götter, wieviel Leute essen den Timon, und er sieht sie nicht! Es schmerzt mich, ihrer so viele zu sehen, die ihren Bissen in eines einzigen Mannes Blut tauchen; und das unsinnigste ist, daß er sie noch dazu aufmuntert. Mich wundert nur, daß es Menschen giebt, die sich bey andern Menschen sicher halten. Sie sollten einander ohne Messer einladen, es wäre gut für ihre Schüsseln, und sichrer für ihr Leben. An Beyspielen fehlt es nicht; der Bursche, zum Exempel, der hier zu nächst an ihm sizt, das Brodt mit ihm theilt, und thut als ob er auch den Athem mit ihm theilen wollte, ist alle Augenblike bereitwillig, ihm einen Dolch in das Herz zu stossen. Es sind Beweise davon da. Wär' ich ein grosser Herr, ich hätte das Herz nicht zu trinken, aus Furcht, sie möchten ausspähen, wo sie meiner Luftröhre am besten beykommen könnten; grosse Herren sollten nicht anders trinken, als mit einem Harnisch um ihre Gurgel. Timon (indem er dem Lucullus zutrinkt.) Milord, von Herzen; laßt die Gesundheit herumgehen. Lucullus. Laßt sie diesen Weg gehen, mein werthester Lord. Apemanthus. Diesen Weg gehen--Ein braver Kerl; er weiß die Zeit wol in Acht zu nehmen; diese Gesundheiten werden noch machen, daß du und dein Vermögen die Schwindsucht kriegen werden, Timon. (Er langt ein Stük Brodt und einen Krug mit Wasser aus seiner Tasche.) Hier ist etwas, das zu schwach ist, ein Sünder zu seyn, ehrliches Wasser, das noch niemand in den Schuld-Thurm gebracht hat. Mein Essen schikt sich zu meinem Trank-- (Er stellt sich hin, das Tisch-Gebett zu sprechen.) Gastmähler sind zu stolz, den Göttern Dank zu sagen. Apemanthus (betet:) (Ihr Götter, ich spreche euch um keine Reichthümer an, denn ich achte sie für Quark; ich bitte für niemand, als mich selbst. Verleihet, daß ich niemals so ein guter Narr werde, einem Mann auf seinen Eyd zu trauen, oder einer Hure auf ihre Thränen, oder einem Hund, der zu schlafen scheint, oder meinen Freunden, wenn ich ihrer nöthig habe; Amen, Amen.) Izt zugegriffen! Reiche Leute sündigen, und ich esse Wurzeln. Timon. General Alcibiades, mich däucht, euer Herz ist diesen Augenblik im Felde. Alcibiades. Mein Herz ist allenthalben zu euern Diensten, Milord. Timon. Ihr wäret lieber bey einem Frühstük von Feinden, als bey einem Mittag-Essen von Freunden gewesen. Alcibiades. Wenn sie so frisch bluten, so ist kein besseres Gericht als sie; ich wollte meinen Freund zu einem solchen Schmaus wünschen.* Apemanthus. Ich wollte also, daß alle diese Schmarozer deine Feinde wären, damit du sie umbrächtest, und mich darauf zu Gaste bätest. Lucullus. Möchten wir nur das Glük haben, Milord, daß ihr uns einmal durch etwas auf die Probe sezen wolltet, wobey wir euch unsre Ergebenheit in etwas zeigen könnten; es würde uns nichts mehr zu wünschen übrig bleiben. Timon. O, meine guten Freunde, ich zweifle keinen Augenblik, daß die Götter für Gelegenheiten gesorgt haben, wo ich eben so viel Hülfe von euch erhalten werde; wie wäret ihr sonst meine Freunde gewesen? Warum trüget ihr diesen herzrührenden Namen, vor tausenden, wenn ihr mein Herz nicht näher angienget? Ich habe über diesen Punct mehr von euch zu mir selbst gesagt, als ihr mit Bescheidenheit zu euerm eignen Behuf sagen könntet. Ihr Götter, denke ich, wozu brauchten wir Freunde zu haben, wenn wir sie niemals nöthig hätten; sie würden wie liebliche Instrumente seyn, die in Futteralen aufgehangen sind, und ihre Töne für sich selbst behalten. Mein Vertrauen zu euch geht so weit, daß ich mich oft ärmer gewünscht habe, damit ich euch näher kommen möchte; wir sind dazu gebohren, Gutes zu thun. Und was können wir gewisser und eigentlicher unser eigen nennen, als die Reichthümer unsrer Freunde? O! was für ein unschäzbarer Trost ist das, so viele zu haben, die, wie Brüder, einer über des andern Glük und Vermögen schalten können! O Freude, die schon eine Freude ist, eh sie gebohren werden kan! Meine Augen können nicht Wasser halten, däucht mich; ihren Fehler zu verbessern, trink ich euch zu! Apemanthus. Du weinst nur, um zu machen, daß sie dich trinken. Lucullus. Das Vergnügen ward auf die nemliche Art in unsern Augen empfangen, und kam in demselben Augenblik wie ein neugebohrnes Kind hervor. Apemanthus. Ho, ho! ich muß lachen, wenn ich denke, daß dieses Kind ein Bastard ist. Ein andrer von den Gästen. Ich versichre euch, ihr habt mich ausserordentlich gerührt. Apemanthus. Ausserordentlich! (Man hört einen Trompeten-Stoß.) Timon. Was will diese Trompete? was giebt's? (Ein Bedienter kommt herein.) Bedienter. Gnädiger Herr, es sind etliche Frauenzimmer draussen, welche gerne vorgelassen werden möchten. Timon. Frauenzimmer? Was wollen sie? Bedienter. Sie bringen einen Vorredner mit, der das Amt trägt, ihr Gewerb anzubringen. Timon. Ich bitte, laßt sie hereinkommen. * Diese Scytische Art zu reden, ist nicht im Character eines Atheniensers, noch des Alcibiades. Der Alcibiades unsere Autors in diesem Stük gleicht dem Alcibiades, den Plutarch schildert, wie ein Affe einem Menschen; er ist ein Held in Ostadens Geschmak gemahlt, oder wie--(Dieu le Pere dans sa gloire éternelle, peint galamment dans le gout de Wateau.) Sechste Scene. (Cupido mit etlichen Weibspersonen, die als Amazonen gekleidet sind, und ein Balletformiren.) Cupido. Heil dir, würdiger Timon, und euch allen, die seine Gütigkeiten schmeken! Die fünf vorzüglichsten Sinnen erkennen dich für ihren Gutthäter, und kommen, deiner überfliessenden Großmuth Dank zu erstatten. Das Ohr, der Geschmak, der Geruch und das Gefühl stehen befriedigt von deiner Tafel auf, diese hier kommen nun, deinen Augen einen Schmaus zu geben. Timon. Sie sind alle willkommen; laßt ihnen freundlich begegnet werden; laßt Musik ihren Willkomm machen. Lucius. Ihr sehet, Milord, wie ausserordentlich ihr geliebt werdet. Apemanthus. Heyda! Was für ein Geschweif von Eitelkeit zieht daher! Sie tanzen, sie sind dem Tollhaus entloffen, glaub' ich.* {ed.-* Apemanthus fährt hier im Original in etlichen Zeilen fort, über die Weltfreuden und die Schmeichler loszuziehen; es ist aber, ungeachtet der Bemühung des Hrn. Warbürton, so wenig Zusammenhang in dieser corrupten Rede, daß man sie lieber gar weggelassen; da es ohnehin weiter nichts als eine ganz alltägliche Capucinade ist, an der man wenig verliehrt.} (Nach geendigtem Tanz stehen die Gäste von der Tafel auf, und machen dem Timon eine Menge feyrlicher Ehrenbezeugungen: Ein jeder ließt sich sodann eine Amazonin aus, und so tanzen sie paarweise einen oder Zween muntre Tänze, und hören auf.) Timon. Meine schönen Damen, ihr habt unserer Lustbarkeit einen Reiz gegeben, ohne den sie nicht halb so schön und anmuthig war. Eure Gegenwart hat ihr erst einen Werth und lebhaften Glanz gegeben, und das Vergnügen vollkommen gemacht, das ich meinen Gästen zu verschaffen gewünscht habe. Ich bin euch sehr dafür verbunden. Lucius. Milord, ihr nehmt sie uns gerade wie es am besten gegangen wäre. Timon. Mesdames, es ist hier in dem Nebenzimmer eine kleine Tafel für euch gedekt. Nehmet einige Erfrischungen, wenn es euch beliebt. Alle Frauenzimmer. Mit vielem Dank, Milord. (Sie gehen ab.) Timon. Flavius-- Flavius. Gnädiger Herr-- Timon. Bringt mir das kleine Kästchen her. Flavius. Ja, Gnädiger Herr. (Bey Seite.) Noch mehr Juweelen? Man darf ihm nicht einreden, wenn er in einer Laune ist, sonst sollt ich ihm sagen--Gut!--In der That ich sollte; wenn es zu späte seyn wird, wird er selbst wünschen, daß man ihm eingeredet hätte. Es ist zu bedauren, daß die Freygebigkeit hinten am Kopf keine Augen hat, damit ein ehrlicher Mann nicht durch ein allzu gutes Herz unglüklich werden könnte. Lucullus. Wo sind unsre Leute? Bedienter. Hier, Gnädiger Herr. Lucullus. Unsre Pferde! Timon. O meine guten Freunde! (zu Lucullus.) Ich hab' euch nur ein Wort zu sagen: Sehet hier Mylord; ich bitte euch, erweißt mir die Ehre, dieses Kleinod anzunehmen und zu tragen, mein gütiger Lord! Lucullus. Ich bin schon so sehr euer Schuldner-- Alle. Das sind wir alle. (Lucius, Lucullus, und die übrigen gehen ab.) Siebende Scene. (Ein Bedienter zu Timon.) Bedienter. Gnädiger Herr, etliche Edelleute, die kürzlich in den Senat befördert worden, wollen euch ihren Besuch machen. Timon. Sie sind höchstens willkommen. (Flavius kommt wieder zurük.) Flavius. Ich bitte Euer Gnaden, erlaubet mir ein Wort; es geht euch sehr nah an. Timon. Mich? Nun, so will ich dich ein andermal anhören. Ich bitte, sorge davor, daß wir ihnen mit etwas aufwarten können. Flavius (vor sich.) Ich weiß kaum womit. (Ein andrer Bedienter.) 2. Bedienter. Mit Euer Gnaden Erlaubniß, Lord Lucius macht euch aus Freundschaft und Erkenntlichkeit ein Geschenk von vier milchweissen Pferden, mit Silber angeschirrt. Timon. Ich werde sie auf eine edle Art annehmen; (zu Flavius.) Sorget davor, daß ihnen wohl gewartet werde. (Ein dritter Bedienter.) Was giebt's? was neues? 3. Bedienter. Mit Euer Gnaden Erlaubniß, der hochgebohrne Lord Lucullus bittet sich Euere Gesellschaft morgen auf eine Jagd aus, und hat Euer Gnaden zwo Kuppeln Windhunde hergeschikt. Timon. Ich will mit ihm jagen; ich will sie annehmen, und nicht vergessen, ihm einen schönen Ersaz zu thun. Flavius (vor sich.) Wo will das hinkommen? Er befiehlt uns immer Provisionen zu machen, und macht grosse Präsente, und alles aus einer leeren Kiste. Und doch will er nicht leiden, daß ich ihm zeige, was für ein Bettler seine Freygebigkeit ist; seine Versprechungen fliegen soweit über sein Vermögen hinaus, daß er für alles was er spricht, für jedes Wort, schuldig werden müßte. Er ist so gut, daß er Intressen bezahlt, um Andern Freygebigkeiten zu erzeigen. Alle seine Güter stehen in den Schuldbüchern seiner Gläubiger. Gut! ich wollte ich würde mit einer guten Art meines Diensts entsezt, eh ich gezwungen werde ihn zu verlassen. Glüklicher ist wer gar keine Freunde zu füttern hat, als solche, die noch schlimmer sind als seine erklärten Feinde selbst. Mein Herz blutet mir vor meinen Herren. (Er geht ab.) Timon. Ihr thut euch selbst unrecht, ihr verringert eure Verdienste zu sehr. Hier, Milord, ein kleines Merkmal unsrer Freundschaft. 1. Lord. Ich nehm' es mit höchstem Dank an. 2. Lord. Er hat das großmüthigste Herz von der Welt. Timon. Ah, ich erinnere mich erst izt, Milord, daß euch neulich das Castanien-braune Pferd, worauf ich ritt, wohl zu gefallen schien: Es ist euer, weil es euch gefällt. 3. Lord. O ich bitte euch um Verzeihung, Milord, was das betrift. Timon. Nehmt mein Wort dafür, Milord; ich weiß, niemand kan etwas nach Verdienst loben, als was er liebt. Ich schäze meines Freundes Geschmak nach meinem eignen! ich spreche in vollem Ernst--Meine Herren, ich werde mich bey euch melden lassen. Alle Lords. O! niemand wird uns so willkommen seyn. Timon. Alle Besuche, und besonders die eurigen, sind mir so werth und angenehm, daß es nicht genug ist, wenn ich euch davor danke; ich könnte Königreiche unter meine Freunde austheilen, und es nie müde werden. Alcibiades, du bist ein Soldat, und also selten reich; deine Einkünfte sind unter den Todten, und deine Ländereyen ligen in einem Schlachtfeld -- Alcibiades. Es ist noch Land's genug einzunehmen, Milord. 1. Lord. Wir sind euch so gänzlich verpflichtet-- Timon. Das bin ich euch. 2. Lord. So unendlich verbunden-- Timon. Alles auf meiner Seite. Lichter, mehr Lichter! 3. Lord. Wir wünschen euch eine beständige Dauer der vollkommensten Glükseligkeit, Lord Timon. Timon. Zum Dienst meiner Freunde. (Die Lords gehen ab.) Achte Scene. Apemanthus. Was das für ein Gelerm ist, für ein Geschnäbel, und für Scharr- Füsse! Ich zweifle, ob ihre Beine das Geld werth sind, das man für sie ausgegeben hat. Freundschaft ist voller Hefen; mich däucht, falsche Herzen sollten niemals gesunde Beine haben. So tauschen ehrliche Narren ihr Geld an Complimente.* {ed.-* Wenn in dieser Rede wenig Sinn und Zusammenhang ist, so muß man wissen, daß sie im Original in Reimen geschrieben ist, wie viele andre in diesem Stüke. Die Reime scheinen dem Shakespear viel zu schaffen gemacht zu haben; sein freyer und feuriger Genie geht darinn wie ein Läuffer in Courier-Stiefeln.} Timon. Nun, Apemanthus, wenn du nicht mürrisch wärest, so wollt' ich gut gegen dich seyn. Apemanthus. Nein, ich will nichts; denn wenn ich auch noch bestochen würde, so bliebe niemand übrig, der dich durch die Hechel ziehen würde, und denn würdest du noch mehr sündigen. Du verschenkst so lange, Timon, besorg' ich, daß du in kurzem dich selbst weggeben wirst. Wozu sollen alle diese Gastmähler, dieser Prunk und dieser eitle Aufwand? Timon. O wenn du anfängst über alle Geselligkeit loszuziehen, so schwör ich, ich will dir keinen Blik mehr gönnen. Lebe wohl, und komme mit einer bessern Musik wieder. Apemanthus. So--du willt mich izt nicht hören, du sollst auch nicht! Ich will dir das einzige Mittel entziehen, was dich noch retten könnte. O, daß die Ohren der Leute nur für guten Rath taub sind, und nicht für Schmeicheley. (Geht ab.) Zweyter Aufzug. Erste Scene. (Ein öffentlicher Plaz in der Stadt.) (Ein Senator tritt auf.) Senator. Und unlängst, fünf tausend; dem Varro und dem Isidorus ist er neuntausend schuldig, und dann meine vorhergehende Schuld; das macht zusammen fünf und zwanzig--Nimmt denn die Wuth der Verschwendung kein Ende bey ihm? Es kan nicht dauern, es kan nicht. Wenn ich Geld brauche, so darf ich nur einen Bettler-Hund stehlen, und ihn dem Timon geben; der Hund münzt mir Geld. Wenn ich gern mein Pferd verkaufte, um zehen bessere dafür zu kauffen, gut, so geb ich mein Pferd dem Timon; ich verlange nichts, ich schenk es ihm, gleich wirft es mir zehen tüchtige Pferde. Er hat keinen Thürhüter an seiner Pforte, sondern einen Kerl der immer lächelt und alles einlädt, was vorbey geht. Das kan nicht dauern; es ist vernünftigerweise unmöglich, daß eine solche Wirthschaft dauern könnte. Caphis, he! Caphis, sag ich. (Caphis tritt auf.) Caphis. Hier, mein Herr, was habt ihr zu befehlen? Senator. Zieh deinen Rok an, und geh in Eile zu dem Lord Timon; treib ihn für die Bezahlung der Gelder, die er mir schuldig ist; laß dich durch keine schlechte Weigerung abweisen, oder durch ein: Mein Compliment an euern Herrn, zum Schweigen bringen, und dir mit der Müze in der rechten Hand die Thüre weisen, so--sondern sag ihm, ich hab es unumgänglich nöthig; der Termin sey verstrichen, und die Frist die ich ihm gegeben, habe schon meinen Credit geschwächt; Ich liebe und ehre ihn, aber es sey mir nicht zuzumuthen, daß ich den Hals breche, um seinen Finger zu heilen; Meine Bedürfnisse seyen dringend, und können durch Vertröstungen nicht befriediget werden, sondern erheischen unmittelbare Hülfe. Geh; nimm eine ungestüme Mine an, mach' ein Anforderungs-Gesicht; denn ich besorge, wenn jede Feder in ihrem eignen Flügel steken wird, so wird Lord Timon, der izt wie ein Phönix schimmert, nur eine nakte Möwe übrig bleiben-- Geh, sag ich. Caphis. Ich gehe, Herr. Senator. Ich gehe, Herr?--Nehmt die Verschreibungen mit euch, und gebt wohl auf die Datums Acht. Caphis. Ich will, Herr. Senator. Geh. (Sie gehen ab.) Zweyte Scene. (Verwandelt sich in Timons Halle.) (Flavius tritt mit verschiednen Obligationen in der Hand auf.) Flavius. Keine Sorge, kein Maaß noch Ziel! Er bekümmert sich so wenig um seine Ausgaben, daß er weder darauf denkt wie er sie bestreiten, noch wie er diesem Strom von Verschwendung Einhalt thun wolle. Niemals ist so viel Güte mit so viel Thorheit in einem Menschen beysammen gewesen--Was ist zu thun?--Er wird nicht hören, bis er fühlt; ich muß freymüthig mit ihm sprechen, wenn er von der Jagd heimkommt! O! weh! weh! weh! (Caphis, Isidor und Varro treten auf.) Caphis. Guten Abend, Varro; wie, kommt ihr auch um Geld zu fordern? Varro. Das wird vermuthlich euer Geschäft auch seyn? Caphis. Es ist nicht anders, und euers auch, Isidor? Isidor. So ist es. Caphis. Ich wollte, wir wären alle bezahlt. Varro. Mir ist nicht wohl bey der Sache. Caphis. Hier kommt der Lord. (Timon und sein Gefolge treten auf.) Timon. Sobald wir zu Mittag gegessen haben, wollen wir wieder fort. Mein Alcibiades--Nun, was ist euer Begehren. (Sie bieten ihm ihre Handschriften hin.) Caphis. Gnädiger Herr, hier ist eine Rechnung von gewissen Schulden -- Timon. Schulden? Woher seyd ihr? Caphis. Von Athen, hier, Gnädiger Herr. Timon. Geht zu meinem Verwalter. Caphis. Euer Gnaden wollen mir's zu gut halten, er hat mich diesen ganzen Monat durch von einem Tag auf den andern vertröstet; mein Herr wird durch eine dringende Veranlassung genöthiget, das Seinige einzufordern, und bittet demüthig, Euer Gnaden möchte, nach dero bekannten Großmuth ihm sein Recht angedeyhen lassen. Timon. Mein ehrlicher Freund, komm den nächsten Morgen wieder. Caphis. Nein, Gnädiger Herr-- Timon. Mäßige dich, guter Freund. Varro. Eines gewissen Varro's Bedienter, gnädiger Herr. Isidor. Von Isidor, er bittet um schleunige Bezahlung. Caphis. Wenn Euer Gnaden die Noth wüßte, worinn mein Herr stekt. -- Varro. Die Verschreibung, gnädiger Herr, ist schon vor sechs Wochen verfallen -- Isidor. Euer Haushofmeister weißt mich ab, und ich bin ausdrüklich zu Euer Gnaden geschikt worden. Timon. Laßt mich nur zu Athem kommen,-- (zu seinen Begleitern) Ich bitte euch, meine werthesten Herren, gehet hinein, ich werde euch in einem Augenblik aufwarten-- (Die Lords gehen ab.) Kommt hieher; (zu Flavius) Wie geht das zu, daß ich auf eine so schimpfliche Art mit ungestümen Anfordrungen wegen Schulden, verfallnen Handschriften, und Vorenthaltung längst richtig zumachender Zahlungen angefallen werde? Flavius. Mit eurer Erlaubniß, meine Herren; es ist izt keine gelegne Zeit für euer Geschäfte; wartet bis nach Mittag, damit ich Seiner Gnaden inzwischen begreiflich machen kan, warum ihr noch nicht bezahlt seyd. Timon. Thut das, meine Freunde. (zu Flavius.) Seht, daß ihnen wohl begegnet werde. (Timon geht ab.) Flavius. Ich bitte euch, kommt herein. (Flavius geht ab.) Dritte Scene. (Apemanthus und ein Harlequin zu den Vorigen.) Caphis. Wartet, wartet, hier kommt der Narr mit Apemanthus, wir wollen ein wenig Spaß mit ihnen haben. Varro. An den Galgen mit ihm, er wird uns eins anhängen. Isidor. Daß ihn die Pest,--den Hund! Varro. Wie geht's, Narr? Apemanthus. Redst du mit deinem Schatten? Varro. Ich rede nicht mit dir. Apemanthus. Das ist wahr, du redst mit dir selbst. Komm, laß uns gehn. (Zum Narren.) Isidor. Der Narr hangt schon an deinem Rüken. Apemanthus. Nein, du stehst einzeln. Caphis. Weil du noch nicht an ihm bist. Wo ist der Narr hingekommen? Apemanthus. Er hat die lezte Frage gethan. Arme Schelme und Wucherers Sclaven! Kuppler zwischen Geld und Mangel! Alle. Was sind wir, Apemanthus? Apemanthus. Esel. Alle. Was? Apemanthus. Wenn ihr euch selbst kenntet, so brauchtet ihr mich nicht zu fragen. Rede du mit ihnen, Narr. Harlequin. Was lebt ihr gutes, meine Herren? Alle. Grossen Dank, Narr; was macht eure Frau? Narr. Sie sezt eben Wasser über, um solche Hühnchen abzubrühen, wie ihr seyd. Ich wünschte wir könnten das Vergnügen haben, euch zu Corinth* zu sehen. {ed.-* Ein unter gewissen Leuten übliches Wort anstatt Bordell, vermuthlich von der Ausgelassenheit dieser alten Griechischen Stadt hergenommen; wovon (Alexander ab Alexandro) sagt:(Corinthi super mille Prostitutae in templo Veneris assiduae degere & inflammata libidine quaestui meretricio operam dare & velut Sacrorum ministrae Deae famulari solebant.) Warbürton.} Apemanthus. Grossen Dank für den guten Wunsch! (Ein Page zu den Vorigen.) Narr. Seht, hier kommt meiner Frauen Page. Page. Wie geht's, Capitain, Was macht ihr in dieser weisen Gesellschaft? Wie befindst du dich, Apemanthus? Apemanthus. Ich wollt', ich hätte eine Ruthe in meinem Maul, um dir eine heilsame Antwort geben zu können. Page. Ich bitte dich Apemanthus, lies mir die Aufschrift auf diesen Briefen; ich weiß nicht, wem jeder gehört. Apemanthus. Kanst du nicht lesen? Page. Nein. Apemanthus. Es wird also an dem Tag, da du gehängt werden wirst, nicht viel Gelehrtheit sterben--Dieser ist an Lord Timon, dieser an Alcibiades. Geh, du wardst ein Huren-Sohn gebohren, und wirst als ein Huren- Wirth sterben. Page. Und du wardst als ein Hund geworffen, und wirst verhungern, wie ein Hund. Antworte mir nicht, ich gehe. (Er geht ab.) Apemanthus. Narr, ich will mit euch zum Lord Timon gehn. Harlequin. Wollt ihr mich dort verlassen? Apemanthus. Wenn Timon bey Hause ist--Ihr drey dient bey drey Wucherern? Alle. Ich wollte, sie dienten uns. Apemanthus. Das wollt' ich auch--Ein so feiner Streich, als jemals ein Henker einem Dieb gespielt hat! Harlequin. Seyd ihr Drey Wucherers-Leute? Alle. Ja, Narr. Harlequin. Ich glaub', es giebt in der ganzen Welt keinen Wucherer, der nicht einen Narren zum Diener hat. Meine Frau gehört auch in diese Zunft, und ich bin ihr Narr; wenn die Leute zu euern Herren gehn um Geld zu borgen, so kommen sie traurig, und gehn lustig fort; aber in meiner Frauen Haus gehn sie lustig hinein, und traurig wieder fort. Wißt ihr die Ursach? Varro. Ich könnte wol eine sagen. Harlequin. So thue es dann, damit wir sehen, daß du ein Hurenjäger und ein Lumpenhund bist; wofür du aber, auch ohne das, nichts desto minder gehalten werden sollst. Varro. Was ist ein Hurenjäger, Narr? Harlequin. Ein Narr in hübschen Kleidern, und dir in etwas ähnlich. Es ist ein Geist; zuweilen läßt er sich in Gestalt eines Edelmanns sehen, zuweilen in Gestalt eines Advocaten, zuweilen in Gestalt eines Philosophen, mit zwey Steinen, ohne den Stein der Weisen zu rechnen. Sehr oft nimmt er die Gestalt eines Soldaten an, und überhaupt ist keine Gestalt, worinn der Mensch von achtzig Jahren bis zu dreyzehn, nur immer gesehen werden mag, in welcher dieser Geist nicht spüke. Varro. Du bist nicht ganz ein Narr. Harlequin. Und du nicht ganz gescheidt; ich habe gerade so viel Narrheit, als dir an Gescheidtheit mangelt. Apemanthus. Das ist eine Antwort, deren Apemanthus sich nicht zu schämen hätte. Alle. Auf die Seite, auf die Seite, der Lord Timon kommt. (Timon und Flavius treten auf.) Apemanthus. Komm mit mir, Narr, komm mit. Harlequin. Einem Liebhaber, einem ältern Bruder, und einem Weibsbild folg' ich nicht allemal; izt will ich einmal einem Philosophen folgen. Flavius (zu den Vorigen.) Seyd so gut, und spaziert ein wenig dort, ich will gleich mit euch reden. (Die Gläubiger, Apemanthus und Harlequin, treten ab.) Vierte Scene. (Timon. Flavius.) Timon. Ihr sezt mich in Erstaunen: Warum habt ihr mir denn meine Umstände nicht eher vollständig vorgelegt, damit ich meine Ausgaben nach dem Ertrag meiner Mittel hätte einrichten können? Flavius. Ich hab euch in manchen müßigen Stunden daran erinnert, aber ihr wolltet mich nicht anhören. Timon. Ausflüchte! Ihr habt vielleicht gerade die Augenblike ausgesucht, da ich nicht bey guter Laune war; und izt bedient ihr euch dessen, euch selbst auf meine Unkosten zu entschuldigen. Flavius. O! mein gnädiger Herr, ich brachte meine Rechnungen manchmal, und legte sie euch vor; ihr warfet sie weg, und sagtet, ihr verlasset euch auf meine Ehrlichkeit. Wenn ihr, für irgend ein nichtswürdiges Geschenk von euern Freunden, mir so oder so viel dagegen zu geben befahlet, schüttelt' ich den Kopf und weinte; ja, ich übertrat oft die Geseze des Wohlstands und bat euch, ein wenig sparsamer im Austheilen zu seyn: Ich bekam nicht selten und nicht kleine Verweise, wenn ich Euch die Ebbe euers Vermögens, und die grosse Fluth eurer Schulden vorstellte. Mein allerliebstes Herr, ob ihr gleich izt zu spät höret, so ist doch noch izt eine Zeit; die Summe alles dessen, was ihr habt, mangelt nur eine Helfte, um alle eure Schulden zu bezahlen. Timon. Laßt alle meine ligende Güter verkauft werden. Flavius. Sie sind meistens versezt, einige gar schon verfallen, oder sonst veräussert; und der Rest wird kümmerlich zureichen, die dringendsten Schulden zu verstopfen; die künftige Zeit rükt heran; wovon sollen wir unterdessen leben, und wie werden wir zulezt mit unsrer Rechnung bestehen können? Timon. Meine Ländereyen erstrekten sich bis nach Lacedämon. Flavius. Ach, mein Gnädiger Herr, die Welt ist nur ein Wort; wäre sie ganz euer, so daß ihr sie in einem Athemzug weggeben könntet, wie schnell würde sie weg seyn! Timon. Ihr habt recht. Flavius. Wofern ihr einigen Verdacht in meine Wirthschaft oder Treue sezet, so fordert mich vor die schärfesten Richter, und stellt mich auf die Probe. Die Götter seyen mir gnädig, so wie ich die Wahrheit sage! Wenn alle eure Vorraths-Kammern von schwelgerischen Prassern erschöpft wurden; wenn die Gewölbe und Deken in euern Sälen von Wein träuffelten, der in trunknem Muthwillen versprizt wurde; wenn jedes Zimmer von Lichtern funkelte, und von Spielleuten zertrappt wurde; zog ich mich oft in einen dunkeln Winkel unter dem Dach zurük, um meinen Thränen freyen Lauf zu lassen. Timon. Ich bitte dich, nichts mehr, Flavius. Himmel! rief ich aus! wie gütig dieser Herr ist! Wie manche verschwenderische Bissen haben in dieser Nacht Sclaven und Bauren verschlukt! Wer ist izt nicht Timons? Welches Herz, welcher Kopf, welches Schwerdt, welches Vermögen und Ansehen steht nicht zu Timons Diensten? des grossen, des edeln, würdigen, königlichen Timons? Aber wenn die Mittel hin sind, die diese Lobsprüche erkauften, so ist auch der Athem hin, woraus diese Lobsprüche gemacht waren--Laßt nur eine einzige Winterwolke schaudern, so ligen alle diese Fliegen. Timon. Komm, es ist genug geprediget! Mein Herz kan mir doch wegen meiner Gütigkeit keinen Vorwurf machen. Unweislich, nicht unedel hab' ich weggegeben; warum weinst du? Kanst du fähig seyn, dir einzubilden, es werde mir jemals an Freunden fehlen? Beruhige dich! Wenn ich die Gefässe meiner Liebe anzapfen, und den Inhalt ihrer Herzen durch Borgen auf die Probe sezen wollte, ich könnte mich ihrer Personen und ihres Vermögens so frey bedienen, als ich dir befehlen kan zu reden. Flavius. Die Götter geben daß die Erfahrung eure Hoffnung erfülle! Timon. Und gewisser Maassen leisten mir diese Bedürfnisse einen Dienst, der sie in meinen Augen zu grossen Vortheilen macht; denn durch sie werd' ich Freunde bewähren. Ihr werdet sehen, wie sehr ihr euch über meine Glüks-Umstände betrügt; ich bin an Freunden reich. Herein, he! Flaminius, Servilius! Fünfte Scene. (Flaminius, Servilius, und andre Bediente treten auf.) Servilius. Gnädiger Herr-- Timon. Ich will euch an verschiedne Orte schiken; Ihr zu Milord Lucius-- ihr zu Lord Lucullus, mit dem ich heut auf der Jagd war--ihr zu Sempronius; empfehlt mich ihrer Freundschaft; sagt ihnen, ich sey stolz darauf, daß ich endlich Gelegenheit finde, ihre Beyhülfe in einem mir zugestoßnen Geldmangel gebrauchen zu können; begehrt fünfzig Talente. Flaminius. Nach Euer Gnaden Befehl. (Flaminius und Bediente gehen ab.) Flavius (bey seite.) Lord Lucius und Lucullus! Hum! Timon. Ihr, mein Herr, geht zu den Senatoren, von denen ich, mit des Staats gröstem Vortheil, eine solche Gefälligkeit wohl verdient habe: Sagt ihnen, sie möchten mir augenbliklich tausend Talente schiken. Flavius. Ich bin so kühn gewesen, (weil ich wußte, daß dieses der gewöhnlichste Weg ist) euern Namen und euer Sigel zu einem solchen Ansuchen bereits zu gebrauchen; allein, sie schüttelten die Köpfe, und ich kam nicht reicher zurük. Timon. Was sagst du? Ist das wahr? Ist's möglich? Flavius. Sie antworteten alle aus einem Mund und mit einer vereinigten Stimme, sie seyen eben nicht versehen, sie brauchten Geld, könnten nicht thun was sie wollten; es sey ihnen leid--Ihr seyt ein Mann von Verdiensten--Aber doch möchten sie gewünscht haben--Sie wissen nicht--Es hätte etwas anders seyn mögen--ein edles Naturell könne sich verschlimmern--Wäre zu wünschen es wär' alles gut--Sey zu bedauren--Und hiemit geriethen sie über andre ernsthafte Materien, nachdem sie mich durch unfreundliche Blike und diese harten Brüche, mit gewissen halben Winken, und einem kaltsinnigen Kopfniken, zu erstarrendem Stillschweigen gebracht hatten. Timon. Ihr Götter, vergeltet's ihnen!--Ich bitte dich, Mann, sey ruhig! Die Undankbarkeit ist bey diesen alten Gesellen etwas natürliches. Ihr Blut ist geronnen, es ist kalt, es fließt selten; der Mangel an freundlicher Wärme macht sie unfreundlich; die Natur, so wie sie nach und nach zur Erde herab sinkt, nimmt auch ihre Eigenschaften an, und wird schwer und unempfindlich. Geh zum Ventidius--Ich bitte dich, sey nicht traurig, du bist redlich und ohne Falsch; ich spreche von Herzen: Es ist nichts an dir auszusezen--Ventidius hat kürzlich seinen Vater begraben, durch dessen Tod er zu einem grossen Vermögen gekommen ist; wie er arm, im Gefängniß, und von jedermann verlassen war, half ich ihm mit fünf Talenten aus der Noth. Grüß' ihn in meinem Namen; sag ihm, irgend ein dringendes Bedürfniß sey seinem guten Freunde zugestossen, welches ihn nöthige sich dieser fünf Talente zu erinnern. Wenn du sie hast, so gieb sie diesen Leuten, die diesen Augenblik ihre Bezahlung fordern. Sage nur niemals, und denk' es auch nicht, daß Timons Glüksstand mitten unter seinen Freunden, einsinken könne. (Er geht ab.) Flavius. Wollte Gott, ich könnt' es nicht denken! Wie geneigt ist ein edles und gütiges Herz, alle andern auch dafür zu halten. (Er geht ab.) Dritter Aufzug. Erste Scene. (Des Lucullus Haus in Athen.) (Flaminius wartet auf Antwort, um vorgelassen zu werden; ein Bedienter kommt zu ihm.) Bedienter. Ich hab euch bey meinem gnädigen Herrn angemeldt; er kommt eben selbst herab. Flaminius. Ich danke euch. (Lucullus tritt auf.) Bedienter. Hier ist Milord. Lucullus. Einer von Lord Timons Leuten? ein Präsent, denk' ich; nun, es trift recht artig zu; ich träumte diese Nacht von einem silbernen Handbeken und einer Gießkannen. Flaminius, ehrlicher Flaminius, ihr seyd recht besonders willkommen, mein Herr;--(bringt mir einen Becher mit Wein)--Und wie befindet sich dann der würdigste, vollkommenste, großmüthigste Edelmann in ganz Athen, dein sehr gütiger lieber Herr und Meister? Flaminius. Er ist ganz wohl auf, was seine Gesundheit betrift. Lucullus. Nun das freut mich ja recht, daß er wohl auf ist--und was hast du hier unter deinem Mantel, mein lieber Flaminius? Flaminius. Mein Treue, nichts als einen leeren Beutel, Gnädiger Herr, Euer Gnaden zu bitten, daß ihr ihn aus Freundschaft für meinen Herrn füllen möchtet; der, da ihm eben eine dringende Noth zugestossen, mich zu Euer Gnaden geschikt hat, mit Bitte, ihm mit fünfzig Talenten auszuhelfen; nicht zweiflend, daß ihr ihm eure schleunige Beyhülfe nicht versagen werdet. Lucullus. La, la, la, la,--Nicht zweiflend, sagt ihr? Ach, leider! der gute Herr, er ist ein wakrer Edelmann, das ist wahr; wenn er nur nicht eine so kostbare Haushaltung führte. Ich hab' oft und viel mit ihm zu Mittag gegessen, und es ihm gesagt, und bin wieder zum Nachtessen zu ihm gekommen, um es zu wiederholen, daß er seine Ausgaben einschränken sollte: Allein er wollte nie keinen guten Rath annehmen, und ließ sich meine Besuche nicht zur Warnung dienen. Jedermann hat seine Fehler, der seinige ist zuviel Ehrlichkeit. Ich hab' es ihm oft gesagt, aber ich konnte nie was über ihn erhalten. (Ein Bedienter kommt mit Wein.) Bedienter. Gnädiger Herr, hier ist der Wein. Lucullus. Flaminius, ich habe dich allezeit für einen verständigen jungen Menschen gehalten;--Auf deine Gesundheit! Flaminius. Ich danke Euer Gnaden. Lucullus. Ich hab immer bemerkt, daß du einen muntern fertigen Kopf hast, und daß du gescheidt genug bist, dich selbst nicht zu vergessen, und dich der Zeit zu bedienen, wenn sie dir Gelegenheit dazu giebt. Du hast hübsche Gaben-- (Zu seinem Bedienten) Geh deines Weges, Schurke--Komm näher, ehrlicher Flaminius; dein Herr ist ein gütiger Edelmann, aber du bist verständig, und begreifst wol, (ob du gleich zu mir gekommen bist,) daß es izt keine Zeit ist Geld auszuleihen, zumal auf blosse Freundschaft, ohne Sicherheit. Hier hast du drey Goldgulden, mein guter Junge; verstehe mich wol, und sage deinem Herrn, du habest mich nicht gesehen. Lebe wohl. Flaminius. Ist's möglich, daß die Welt sich in so kurzer Zeit so verändert hat? Weg, verdammte Niederträchtigkeit, (er schmeißt das Geld weg) geh' zu dem, dessen Abgott du bist. Lucullus. Ha! Nun seh' ich daß du auch ein Narr bist, und wol zu deinem Herrn taugst. (Lucullus geht ab.) Flaminius. Möge geschmolznes Geld deine Strafe in der Hölle seyn, und diese Goldstüke zu den übrigen kommen, die dir glühend in den Rachen gegossen werden sollen, du verfluchter Heuchler von einem Freund-- Hat Freundschaft ein so schwaches milchichtes Herz, das in weniger als zwo Nächten gerinnt? O ihr Götter, ich fühle den Zorn, worinn dieses meinen Herrn sezen wird. Dieser Nichtswürdige hat in diesem Augenblik noch meines Herren Mahlzeit im Leibe! Laßt es, anstatt ihn zu nähren, sich in Gall und Gift verwandeln! Laßt es nichts als Krankheiten in ihm zeugen, und wenn er auf den Tod darnieder ligt, o! so laßt jedes Theilchen von Nahrungssaft, wofür mein Herr bezahlt hat, aller seiner heilsamen Kraft beraubt, zu nichts anderm dienen als durch langsame Pein seine lezte Stunde zu verzögern! (Geht ab.) Zweyte Scene. (Eine öffentliche Strasse.) (Lucius tritt mit dreyen Fremden auf.) Lucius. Wer? der Lord Timon? Er ist mein sehr guter Freund, und ein würdiger Edelmann. 1. Fremder. Wir kennen ihn nicht anders, ob wir ihm gleich unbekannt sind. Aber ich kan euch soviel sagen, Milord, und ich hab' es von dem allgemeinen Gerüchte, daß Lord Timons glükliche Tage vorbey sind, und daß er sich in schlimmen Umständen befindet. Lucius. Ey, nein, glaubt das nicht! Es kan ihm nicht an Gelde fehlen. 2. Fremder. Seyd versichert, Milord, es ist noch nicht lange, so war einer von seinen Leuten bey dem Lord Lucullus, und wollte fünfzig Talente von ihm entlehnen; er betrieb es ungemein, und machte die Noth sehr dringend, und doch wurd' es ihm abgeschlagen. Lucius. Wie? 2. Fremder. Was ich euch sage, abgeschlagen, Milord! Lucius. Das ist ein seltsamer Zufall! Nun, bey den Göttern! ich schäme mich für den Lucullus. Einem so angesehnen wakern Mann abzuschlagen! Er hat sehr wenig Ehre davon, wahrhaftig. Was mich betrift so muß ich bekennen, ich habe einige kleine Höflichkeiten von ihm empfangen, Geld, Silbergeschirr, Juweelen und dergleichen Kleinigkeiten, die in der That in keinen Vergleich mit demjenigen kommen, was Lucullus von ihm hat; aber hätt er ihn vorbeygegangen und zu mir geschikt, ich wollt ihm gewiß fünfzig Talente nicht abgeschlagen haben, ob die Summe gleich nicht gering ist. (Servilius zu den Vorigen.) Servilius. Zu gutem Glük, find' ich hier den Lord Lucius; ich sucht' ihn schon in der ganzen Stadt--Gnädiger Herr! Lucius. Servilius! Es freut mich euch zu sehen. Lebt wohl, empfehlt mich euerm würdigen, tugendhaften Herrn, meinem sehr werthen Freund. Servilius. Mit Euer Gnaden Erlaubniß, mein Herr schikte-- Lucius. Ha! was schikt er? Ich bin euerm Herrn schon so viel verpflichtet, er schikt immer: Wie kan ich ihm meine Erkenntlichkeit bezeugen, meynst du? Und was schikt er mir dann? Servilius. Er schikt Euer Gnaden nur seinen Gruß, mit Bitte, ihm wegen einem dringenden Anlas der ihm zugestossen, mit fünfzig Talenten auszuhelfen. Lucius. Ich weiß, daß Se. Gnaden nur Scherz mit mir treibt; es kan ihm nicht an fünfzigmal fünfhundert Talenten fehlen. Servilius. Indessen fehlt es ihm doch dißmal an einer viel kleinern Summe, Gnädiger Herr. Wenn er sie nicht so nothwendig brauchte, würd' ich nicht halb so eifrig mich darum bewerben. Lucius. Sprichst du im Ernst, Servilius? Servilius. Bey meiner Seele, Milord, es ist Ernst. Lucius. Was für ein verwünschtes dummes Thier war ich, daß ich mich auf eine so gute Gelegenheit so sehr an Geld entblößt habe, wo ich hätte zeigen können, daß ich ein Mann bin, der auf Ehre hält! Wie unglüklich es doch zutreffen muß, daß er mich gerad in einer Zeit auf die Probe sezt, da ich ausser Stand bin--In der That, Servilius, bey den Göttern, ich bin ausser Stand--(ein desto dummeres Vieh, sag ich) Ich wollte diesen Augenblik selbst zum Lord Timon schiken, und ihn um eine Summe Gelds ansprechen, diese Herren können Zeugschaft geben: Aber izt wollt' ich nicht um alles Geld in Athen, daß ich es gethan hätte. Empfehlt mich Sr. Gnaden zu geneigtem Wohlwollen, und ich hoffe, Se. Gnaden werde keine schlimmere Meynung deßwegen von mir fassen, weil ich nicht im Stande bin, ihm meine Dienstwilligkeit zu zeigen. Und sagt ihm in meinem Namen, ich rechne es unter meine grösten Widerwärtigkeiten, daß ich einem so würdigen Edelmann nicht zu Gefallen seyn könne. Mein guter Servilius, wollt ihr so viel Freundschaft für mich haben, und ihm meine eignen Worte hinterbringen? Servilius. Ja, Herr, ich will. (Servilius geht ab.) Lucius. Ich will euch eine ziemliche Streke nachsehen, Servilius--Es ist, wie ihr sagtet; Timon ist hin, in der That; wer kan helfen? Euer Diener, meine Herren. (Er geht ab.) 1. Fremder. Merkt ihr das, Hostilius? 2. Fremder. Nur gar zu wohl. 1. Fremder. Das ist der Lauf der Welt; so denken alle Schmeichler: Wer kan den seinen Freund nennen, der in Eine Schüssel mit ihm taucht? Denn, wie mir bekannt ist, war Lord Timon wie ein Vater zu diesem Herrn; er unterhielt seinen Credit und seine Haushaltung aus seinem Beutel, und bezahlte sogar seinen Bedienten ihren Lohn. Er trinkt nie, ohne daß Timons Silber seine Lippen drükt; und dennoch--o! was für ein Ungeheuer ist der Mensch, wenn er aus einer undankbaren Gestalt hervorgukt! Er schlägt ihm ab, was gutthätige Leute Bettlern nicht versagen. 3. Fremder. Die Menschlichkeit schauert vor einer solchen Gefühllosigkeit. 1. Fremder. Was mich betrift, so hab' ich in meinem Leben niemals die geringste Gutthat von Timon genossen, die mich vor andern verbände, sein Freund zu seyn; und doch versichre ich, um seines edeln und wohlthätigen Gemüths willen, und aus Hochachtung für seine Tugend, wollt' ich ihm die Helfte meines Vermögens geschenkt haben, wenn er sich in seinem Bedürfniß an mich gewendet hätte, so sehr lieb' ich sein Herz; allein, so wie die Welt geht, muß man sein Mitleiden zurükhalten lernen; denn Klugheit geht über Gewissen. (Sie gehen ab.) Dritte Scene. (Ein dritter Bedienter des Timon mit Sempronius.) Sempronius. Mußt' er denn gerade mich damit beunruhigen? Vor allen andern? Er hätt' es bey Lord Lucius oder Lucullus versuchen können, und nun ist auch Ventidius reich, den er aus dem Gefängniß erledigt hat; alle diese drey haben ihm ihr Vermögen zu danken. Bedienter. O Gnädiger Herr, sie sind alle auf die Probe gesezt und falsch befunden worden; sie haben ihn alle abgewiesen. Sempronius. Wie? Abgewiesen? Ventidius und Lucullus, beyde ihn abgewiesen? Und nun schikt er zu mir? Drey! hum--Es zeigt wenig Freundschaft oder Vernunft auf seiner Seite an. Muß ich seine lezte Zuflucht seyn? Seine Freunde, die gleich Aerzten sich auf seine Unkosten bereichert haben, geben ihn au? Muß ich nun die Cur übernehmen? er hat mir eine schlechte Ehre damit angethan; es verdrießt mich, er hätte wol wissen können, wer ich bin; ich kan keinen Grund erdenken, warum er nicht zuerst an mich gekommen ist, wenn er jemands Hülfe nöthig hatte. Auf mein Gewissen, ich war der erste unter allen die iemals Gutes von ihm genossen haben; und denkt er denn so unbillig von mir, daß ich der lezte seyn werde, es wett zu machen? Es wird allen übrigen eine Materie zum Lachen geben, und ich werde der Narr unter dem Atheniensischen Adel seyn. Ich wollte dreymal so viel als er von mir verlangt darum geben, er hätte zu mir zuerst geschikt, wenn es auch nur gewesen wäre, um meiner Gemüthsart Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen; ich wäre so geneigt gewesen ihm Gutes zu thun. Aber so geh' nur wieder heim, und seze zu den abschlägigen Antworten der übrigen, in meinem Namen, noch dieses hinzu: Wer meiner Ehre zu nahe tritt, soll nimmermehr mein Geld zu sehen kriegen. (Er geht ab.) Bedienter. Vortreflich! Euer Gnaden ist ein feiner Spizbube. Der Teufel wußte gewiß nicht was er that, wie er die Leute politisch machte; er schadete sich selbst dadurch; und ich kan nichts anders als glauben, am Ende werden sie ihn selbst mit ihren Schelmenstreichen zum Narren machen.--Das waren nun diejenigen, auf die mein Herr seine besten Hoffnungen gesezt hatte; nun sind alle zurükgetreten, und ausser den Göttern bleibt ihm niemand übrig. Seine Freunde sind todt. Thüren, die so manches glükliche Jahr her nie mit ihren Schlössern bekannt worden, müssen nun gebraucht werden, ihren Herrn vor dem Ungestüm seiner Glaubiger sicher zu stellen. Das ist alles, was er von seiner Freygebigkeit davon trägt! (Er geht ab.) Vierte Scene. (Verwandelt sich in Timons Vorhaus.) (Varro, Titus, Hortensius, Caphis, und andre Bediente von Timons Gläubigern treten auf, um auf sein Ausgehen zu warten.) Varro. Treffen wir uns hier an? Guten Morgen, Titus und Hortensius. Titus. Ebenmässig, mein werther Varro. Hortensius. Caphis, sehen wir einander auch hier? Caphis. Ich denke wir haben alle einerley Verrichtung. Die meinige ist, Geld zu fordern. Titus. Das ist die unsrige auch. (Philo zu den Vorigen.) Caphis. Da kommt auch Herr Philo. Philo. Guten Tag allerseits. Caphis. Willkommen, Bruder. Wie viel, denkt ihr, ist es an der Zeit? Philo. Nicht weit von neun Uhr. Caphis. Schon so viel? Philo. Hat sich Milord noch nicht sehen lassen? Caphis. Noch nicht. Philo. Das wundert mich, er pflegte sonst um sieben Uhr schon zu scheinen. Caphis. Ja, aber die Tage haben bey ihm abgenommen; ihr müßt bedenken, daß der Lauf eines Verschwenders dem Sonnenlauf gleich ist, aber ich fürchte mit dem Unterscheid, daß er nicht wieder von vornen anfangt. Es ist tiefster Winter in Timons Sekel; das ist, es mag einer tief genug hinunter langen, und doch nicht viel finden. Philo. Das besorg' ich auch. Titus. Ihr könnt bey dieser Gelegenheit eine feine Beobachtung machen: Euer Herr hat euch geschikt, den Timon um Geld anzufodern. Hortensius. So ist's. Titus. Und er trägt in diesem Augenblik Juweelen, die ihm Timon geschenkt hat, wofür ich die Bezahlung fordern soll. Hortensius. Ich thue es ungern genug. Caphis. Das ist seltsam, daß Timon mehr bezahlen soll, als er schuldig ist; und es kommt eben so heraus, als ob euer Herr kostbare Kleinode trüge, und schikte um Geld dafür. Hortensius. Die Götter sind meine Zeugen, daß mich diese Verrichtung recht sauer ankommt; ich weiß, mein Herr hat dem Timon geholfen, sein Vermögen durchzubringen; seine Undankbarkeit macht, daß es izt ärger ist, als wenn er's ihm gestohlen hätte. Varro. Meine Forderung ist dreytausend Cronen; wie viel ist die eurige? Caphis. Fünftausend. Varro. Das ist viel; aus der Summe sollte man schliessen, euer Herr habe mehr Confidenz gehabt als der meinige, sonst hätt' dieser gewiß seine Fordrung eben so groß gemacht.* (Flaminius zu den Vorigen.) Titus. Hier kommt einer von Timons Leuten. Caphis. Flaminius! Herr, ein Wort; ich bitte euch, ist Milord noch nicht fertig heraus zu kommen? Flaminius. Nein, in der That, er ist nicht. Titus. Wir warten auf Se. Gnaden, seyd so gut und sagt ihm das. Flaminius. Das hab ich nicht nöthig ihm zu sagen, er kennt eure Aufwartsamkeit. (Flavius, in einen Mantel eingehüllt.) Caphis. Ha! Ist das nicht der Verwalter, der so vermummt ist? Er lauft wie in einem Sturm davon; ruft ihn, ruft ihn. Titus. Hört ihr, Herr-- Varro. Mit eurer Erlaubniß, Herr. Flavius. Was wollt ihr von mir, mein Freund? Titus. Wir warten hier wegen gewissen Geld-Summen, Herr. Flavius. Wenn euer Geld so gewiß wäre als euer Warten, so wär' es sicher genug. Warum wieset ihr denn eure Rechnungen und Schuld- Verschreibungen nicht damals vor, als eure verräthrischen Herren aus meines Herrn Schüsseln assen? Damals konnten sie seine Schulden anlächeln, und die Interessen in ihren heißhungrigen Rachen hinunter schluken. Ihr thut euch nur selbst Schaden, wenn ihr mich aufreizet; laßt mich in Ruhe meines Wegs gehen. Glaubt mir, Milord und ich sind fertig; ich habe nichts mehr zu rechnen, und er nichts mehr auszugeben. Caphis. Schon recht, aber die Antwort dient nicht-- Flavius. Wenn sie nicht dienen mag, so ist sie nicht so niederträchtig als ihr; denn ihr dient Schelmen. (Er geht ab.) Varro. Wie? was brummt seine verwalterische Herrlichkeit? Titus. Laßt es gehen--er ist arm, und das ist Straffe genug. Wer darf sich breiter machen, als einer der kein Haus hat, wo er seinen Kopf hinein steken kan? Solche Leute dürfen sich wol über Paläste aufhalten. (Servilius zu den Vorigen.) Titus. O, hier ist Servilius; nun werden wir doch eine Antwort kriegen. Servilius. Wenn ich euch bitten dürfte, meine Herren, zu einer andern Zeit wieder zu kommen, so würdet ihr mir einen Gefallen thun. Denn bey meiner Seele, Milord ist auf eine seltsame Art unmuthig; sein leutseliges Wesen hat ihn ganz verlassen, er ist gar nicht wohl auf, er hütet das Zimmer. Caphis. Manche hüten das Zimmer, die nicht krank sind; und wenn es so übel mit seiner Gesundheit steht, so däucht mich, sollt' er seine Schulden nur desto eher bezahlen, und sich einen offnen Weg zu den Göttern machen. Servilius. Ihr gütigen Götter! Titus. Das können wir für keine Antwort nehmen. Flaminius (hinter der Bühne.) Servilius, helft--Milord, Milord! * Ein Wortspiel mit (Confidence), welches im Englischen Zutrauen und Unverschämtheit heissen kan. Fünfte Scene. (Timon lauft in der Wuth heraus.) Timon. Wie, ist mir nicht mehr erlaubt zu meiner Thür heraus zu gehen? Ich bin immer frey gewesen, und soll nun mein Haus mein Kerker werden? Muß mich die eisenherzige Grausamkeit der Menschen bis in den Plaz verfolgen, wo ich ihnen Bankette gab? Caphis. Bring dein Gewerb' izt an, Titus. Titus. Gnädiger Herr, hier ist meine Obligation. Caphis. Hier ist die meinige. Varro. Und hier die meinige, Milord. Philo und die Übrigen. Und hier die unsrige. Timon. Schlagt mich damit zu Boden--Spaltet mich bis an den Gürtel. Caphis. Aber, Milord-- Timon. Schneid mein Herz in Stüke. Titus. Meine ist fünfzig Talente. Timon. Rechne sie an meinem Blut ab. Caphis. Fünftausend Cronen, Milord. Timon. Fünftausend Tropfen zahlen das. Wie viel ist eure--und eure? Varro. Milord!-- Philo. Milord!-- Timon. Hier nehmt mich, zerreißt mich, und die Götter zerschmettern euch, und die so euch geschikt haben! (Er geht ab.) Hortensius. Bey meiner Treue, ich sehe, unsre Herren können ihre Kappen nach ihrem Gelde werfen; diese Schulden können wohl verzweifelt genennt werden, denn der sie bezahlen soll, ist wahnwizig. (Sie gehen ab.) (Timon und Flavius kommen zurük.) Timon. Sie haben mich ganz ausser Athem gebracht, die Sclaven! Gläubiger!-- Teufel! Flavius. Mein theurer Herr-- Timon. Wie, wenn ich es so machte? Flavius. Mein theurer Herr-- Timon. So soll es seyn!--Mein Verwalter! Flavius. Hier, Milord. Timon. Du bist schnell da--Geh, lade alle meine Freunde ein, Lucius, Lucullus, Sempronius, Alle! Ich will diesen Galgenschwengeln noch einmal zu schmausen geben. Flavius. Ach, mein gütiger Herr, ihr sprecht in der Zerstreuung euers Gemüths; es ist nicht einmal so viel übrig, als zu einer mässigen Mahlzeit nöthig ist. Timon. Bekümmre dich nicht um das; geh' und lade sie alle ein, laß die Fluth von Schelmen noch einmal herein; mein Koch und ich wollen schon davor sorgen. Sechste Scene. (Verwandelt sich in das Rath-Haus.) (Die Senatoren und Alcibiades.) 1. Senator. Milord, ihr habt meine Stimme dazu, das Verbrechen ist blutig, er muß dafür sterben; nichts muntert die Sünden mehr auf als Barmherzigkeit. 2. Senator. Sehr richtig; das Gesez muß sie zerschmettern. Alcibiades. Heil, Ehre und Mitleiden dem Senat! 1. Senator. Nun, Feldherr-- Alcibiades. Ich komme, Euern Herrlichkeiten eine demüthige Bitte vorzutragen. Mitleiden ist der echte Geist der Geseze, und nur Tyrannen machen einen grausamen Gebrauch davon. Zeit und Unglük verfolgen einen von meinen Freunden, der in der Hize seines Blutes in das Gesez gefallen ist, welches für diejenige, die unvorsichtiger Weise hineinplätschern, eine bodenlose Tieffe zu seyn pflegt. Er ist, dieses Vergehen bey Seite gesezt, ein Mann von Ehre und Tugend, und dieses kauft seinen Fehler los. Auch ist seine That mit keiner Niederträchtigkeit beflekt; sondern mit einer edeln Wuth und einem ruhmwürdigen Stolz sezt' er sich seinem Feind, der seiner Ehre eine tödtliche Wunde beygebracht hatte, entgegen; nachdem er lange genug seinen Zorn zurük gehalten, und sich mit einem so gemässigten Eifer vertheidigt hatte, als ob er nur einen academischen Saz behauptete. 1. Senator. Ihr übernehmt etwas allzu anstößiges, indem ihr euch so viele Mühe gebt, einer häßlichen That einen schönen Anstrich zu geben; ihr habt nicht anders gesprochen, als ob ihr im Sinn hättet, den Menschen-Mord in Schwang zu bringen, und Schlägereyen auf Rechnung der Dapferkeit zu sezen, die doch bloß von einer unächten Dapferkeit ihren Ursprung haben, und in die Welt kamen, eh noch bürgerliche Geseze den neugebohrnen Factionen und Zerrüttungen Einhalt gethan hatten. Der ist wahrhaftig dapfer, der das ärgste, was ein Mensch athmen kan, weislich erträgt; und, anstatt Beleidigungen bis zu seinem Herzen dringen, und es in gefährliches Feuer sezen zu lassen, sie für Kletten ansieht, die nur an seinen Kleidern hangen bleiben -- Alcibiades. Milord-- 1. Senator. Ihr könnt schwarze Verbrechen nicht weiß waschen; Nicht Rache, sondern Geduld ist Tapferkeit. Alcibiades. So vergebet mir dann, gnädige Herren, wenn ich wie ein Soldat spreche. Warum sind denn die Leute so albern und wagen ihr Leben in einem Treffen? Und warum erdulden sie nicht lieber alle Drohungen des Feindes, schlaffen ruhig dabey ein, und lassen sich von den Feinden, ohne Wiederstand, die Hälse abschneiden? Wenn im Erdulden eine so grosse Tapferkeit ist, was machen wir im Felde? So sind also unleugbar die Weiber, die zu Hause bleiben, tapfrer als wir; so ist der Esel dapfrer als der Löwe; ja ein Kerl der eine Last von Eisen auf dem Rüken trägt, ist weiser dann ein Rathsherr, wenn im Tragen Weisheit ligt. O, Milords, wie ihr groß seyd, so seyd auch gütig und mitleidig; wer kan nicht bey kaltem Blut das Vergehen eines heissen Bluts verdammen? Morden, ich gesteh es, ist das schwerste Verbrechen; aber zu seiner Vertheidigung--Bey allem was billig ist, dieses macht es gerecht. Sich seinem Zorn überlassen, ist Sünde; aber wo ist der Mann, der nicht zornig werden kan? Wägt das Verbrechen nur nach diesem ab. 2. Senator. Du verschwendest deinen Athem umsonst. Alcibiades. Umsonst? Die Dienste, die er zu Byzanz und Lacedämon geleistet, sollten allein vermögend seyn, seine Begnadigung zu erbitten. 1. Senator. Was ist das? Alcibiades. Ich sage, Milords, er hat gute Dienste gethan, und in der Schlacht manchen von euern Feinden erschlagen. Wie dapfer hielt er sich nur in dem lezten Treffen, und was für ergiebige Wunden macht' er nicht! 2. Senator. Er ist ein vollkommen lüderlicher Mensch; er hat noch eine andre böse Gewohnheit, die seine Dapferkeit oft in Wein ertränkt; wenn gleich keine Feinde wären, so wäre das allein genug, ihn zu übermannen. Man weiß, daß er in dergleichen viehischer Raserey die grösten Ausschweiffungen begangen, und Tumult angefangen hat. Es ist uns geklagt worden, seine Tage seyen unnüze, und seine im Trunk verbrausende Nächte gefährlich. 1. Senator. Er muß sterben. Alcibiades. Hartes Schiksal! Er hätt' im Kriege sterben können. Milords, wenn euch seine eigne Verdienste nicht bewegen können, (obgleich sein rechter Arm seine Sache gut machen sollte, ohne jemand anderm etwas schuldig zu werden) so nehmt meine Verdienste zu den seinigen; und da ich weiß, daß euer ehrwürdiges Alter Sicherheit liebt, will ich euch meine Siege, meine Ehrenzeichen zum Pfand seiner Besserung geben. Wenn er dieses Verbrechens halben sein Leben dem Gesez schuldig ist, so laßt ihn's im Krieg auf eine dapfre Art in Wunden ausströmen; wenn das Gesez scharf ist, so ist es der Krieg nicht weniger. 1. Senator. Wir sind um des Gesezes willen da, er stirbt, treib es nicht weiter, bey den strengsten Folgen unsers Mißvergnügens; Freund oder Bruder, wer eines andern Blut vergießt, macht sich seines eignen verlustig. Alcibiades. Muß es denn seyn? Es muß nicht seyn; Milords, ich bitte euch, mißkennt mich nicht. 2. Senator. Wie? Alcibiades. Erinnert euch meiner! 3. Senator. Was?-- Alcibiades. Ich kan nicht anders als denken, euer Alter muß mich vergessen haben; es wäre sonst unmöglich, daß ich so verächtlich in euern Augen seyn sollte, um eine so gemeine Gnade zu bitten, und abgewiesen zu werden. Meine Wunden schmerzen mich um euertwillen. 1. Senator. Trozt ihr unserm Zorn--er braucht wenig Worte, aber die Würkung reicht weit--Wir verbannen dich auf ewig. Alcibiades. Mich verbannen? Verbannt euern Aberwiz, verbannt den Wucher, die den Senat verachtenswürdig machen! 1. Senator. Wenn nach zween Tagen Athen dich noch enthält, so erwart' unser strengeres Urtheil. Und damit dein unmächtiger Stolz noch mehr aufschwelle, soll er diesen Augenblik hingerichtet werden. (Sie gehen ab.) Alcibiades. Die Götter lassen euch alt genug werden, daß ihr nur noch in Knochen lebet, und euer Anblik alle Welt verscheuche! Ich bin mehr als unsinnig; ich habe ihre Feinde von ihnen entfernt gehalten, indessen daß sie ihr Geld gezählt, und auf Wucher ausgeliehen haben; Wunden sind mein ganzer Gewinn dabey--Und alles das für diß? Ist das der Balsam, den der filzichte Senat in eines Feldherrn Wunden gießt? Ha! Verbannung! Doch es kommt nicht ungelegen; ich bin es zufrieden, verbannt zu seyn; es ist mir eine gerechte Ursache, Athen meine Wuth empfinden zu lassen. Ich will meine mißvergnügten Truppen aufmuntern, und alles aufs Spiel sezen. Es ist Ehre einzulegen, wenn man es mit einer überlegnen Anzahl aufnimmt. Soldaten schluken so wenig eine Beleidigung ein, als die Götter. (Er geht ab.) Siebende Scene. (Verwandelt sich in Timons Haus.) (Verschiedene Senatoren treten durch verschiedne Thüren auf.) 1. Senator. Guten Tag, mein Herr. 2. Senator. Ebenfalls; ich denke dieser würdige Edelmann sezte uns lezthin nur auf die Probe. 1. Senator. Ich dachte nur eben auch daran. Ich hoffe, es steht nicht so schlimm mit ihm, als er vorgab, wie er seine Freunde auf die Probe sezte. 2. Senator. Es sollte nicht seyn, wenn man von diesem neuen Banket schliessen darf. 1. Senator. Ich kan nicht anders denken; er hat mir eine ernstliche Einladung zugesandt, die ich wegen vieler nothwendiger Geschäfte gerne abgelehnt hätte; allein, er hat mich so anhaltend bitten lassen, daß ich kommen mußte. 2. Senator. Ich befand mich in gleichen Umständen, allein er wollte keine Entschuldigung gelten lassen. Es ist mir leid, daß ich nicht versehen war, wie er um Geld zu mir schikte. 1. Senator. Es verdrießt mich für meinen Theil nicht weniger, da ich nun merke, wie die Sachen stehen. 2. Senator. Es ist keiner hier, dem es nicht eben so ist, wie uns. Wie viel wollt' er von euch entlehnen? 1. Senator. Fünfzig Talente. 2. Senator. Fünfzig Talente? 1. Senator. Wie viel von euch? 2. Senator. Er schikte zu mir--Hier kommt er. (Timon tritt mit seinem Gefolg auf.) Timon. Von Herzen willkommen, meine Herren beyderseits--und wie steht es? 1. Senator. Aufs allerbeste, da wir gute Zeitungen von Eu. Gnaden hören. 2. Senator. Die Schwalbe folgt dem Sommer nicht williger, als wir Eu. Gnaden. Timon (bey Seite.) Und verläßt den Winter nicht lieber; solche Sommer-Vögel sind die Menschen--Meine Herren, unsre Mahlzeit wird nicht werth seyn, daß wir so lange drauf warten; Tractirt indessen eure Ohren mit der Musik, wenn Trompeten-Schall nicht eine zu harte Speise für sie ist; wir werden uns gleich sezen können. 1. Senator. Ich hoffe Euer Gnaden werde keinen Unwillen gefaßt haben, daß ich euch einen leeren Boten zurükgeschikt habe. Timon. O mein Herr, laßt euch das nicht beunruhigen. 2. Senator. Mein edler Lord-- Timon. Ah, mein guter Freund, wie gehts? (Das Essen wird aufgetragen.) 2. Senator. Mein hochgeehrtester Herr, ich bin ganz krank vor Schaam, daß ich so ein unglüklicher Bettler war, als Euer Gnaden neulich zu mir schikte. Timon. Denkt nicht an das, mein Herr. 2. Senator. Hättet ihr nur zwo Stunden eher geschikt-- Timon. Laßt euch das nicht von angenehmern Erinnerungen abhalten--He, stellt alles zugleich auf! 2. Senator (zum Ersten.) Lauter bedekte Schüsseln? 1. Senator. Ein Königliches Tractament, ich steh' euch dafür. 3. Senator. Daran ist kein Zweifel, was Geld und die Jahrszeit aufbringen können. 1. Senator. Wie befindet ihr euch? Was giebt's Neues? 2. Senator. Alcibiades ist aus der Stadt verwiesen worden. 1. Senator. Alcibiades verwiesen? 3. Senator. Es ist nichts gewissers. 1. Senator. Wie das? wie das? 2. Senator. Ich bitte euch, weswegen? Timon. Meine würdigen Freunde, wollt ihr nicht näher kommen? 3. Senator. Ich will's euch sogleich sagen--Wir haben ein prächtiges Gastmahl vor uns. 2. Senator. Er ist noch immer der vorige Mann. 3. Senator. Wird es dauern? wird es dauern? 2. Senator. Es wird, wenn Zeit und Glük will, und so-- 3. Senator. Ich versteh euch. Timon. Ein jeder nehme seinen Plaz, so begierig, als ob er an die Lippen seiner Liebsten wollte; ihr werdet an allen Pläzen gleich gehalten werden. Macht nicht eine Stadt-Gasterey daraus, und laßt das Essen kalt werden, eh man einig werden kan, wer zu oberst sizen soll. Sezt euch, sezt euch! Die Götter fordern unsern Dank: "Ihr grossen Wohlthäter, besprengt unsre Gesellschaft mit Dankbarkeit. Macht, daß ihr für eure Gaben gepriesen werdet; aber behaltet immer etwas, das ihr geben könnt, sonst möchten Eure Gottheiten in Verachtung gerathen. Leihet einem jeden genug, damit keiner nöthig habe dem andern zu leihen; denn wenn Eure Gottheiten selbst dazu kämen, daß sie von Menschen entlehnen müßten, so würden die Menschen Atheisten seyn. Macht die Mahlzeit beliebter, als den der sie giebt. Laßt keine Versammlung von fünfzehn ohne eine Mandel Bösewichter seyn. Wenn zwölf Weiber an einem Tisch sizen, so laßt ein Duzend von ihnen seyn--was sie sind--den Rest eurer Feinde, o ihr Götter, die Senatoren von Athen, nebst der Grund-Suppe des übrigen Volks, zählet, ihr Götter, dem Verderben zu. Was diese meine Freunde betrift--So, wie sie für mich Nichts sind, so segnet sie auch mit Nichts, und zu Nichts sind sie mir willkommen." (Man dekt auf, und alle Schüsseln sind mit Hunden von verschiedner Gattung angefüllt.) Etliche von den Gästen. Was meynen Se. Gnaden damit? Andre. Das weiß ich nicht. Timon. Daß ihr nie keine bessere Mahlzeit sehet, ihr Maul-Freunde; Dampf und laues Wasser ist euer vollkommnes Ebenbild. Das ist Timons Leze. Lebt lang, und von aller Welt verabscheut, ihr glatten, lächelnden, verwünschten Schmarozer, ihr liebkosenden Zerstörer, schmeichlerische Wölfe, zahme Bären, ihr Glüks-Narren, Teller-Leker, und Fleisch-Fliegen, ihr Kopf- und Kniebeugenden Sclaven, daß alle ungezählten Krankheiten von Menschen und Vieh euch in diesem Augenblik überdeken! Wo gehst du hin! Sachte, nimm erst deine Arzney ein--du auch--und du -- (Er wirft die Teller nach ihnen, und jagt sie hinaus.) Halt, ich will dir Geld leihen, ich will keines borgen. Wie? Alle in Bewegung? Von nun an sey kein Gastmahl, wo ein Bösewicht nicht willkommen sey! Brenn' auf den Grund ab, Haus; sink', Athen; und Timon hasse von nun an den Menschen, und alles was menschlich ist! (Geht ab.) (Die Senatoren kommen zurük.) 1. Senator. Wie gefällt euch das, Milords? 2. Senator. Kennt ihr die Beschaffenheit von Lord Timons Wuth? 3. Senator. Zum Henker, habt ihr meine Müze nicht gesehen? 4. Senator. Ich habe meinen Oberrok verlohren. 1. Senator. Lord Timon ist nichts bessers als ein Narr, er läßt sich lediglich durch die Laune regieren. Lezthin schenkt' er mir ein Kleinod, und nun hat er mir's von meiner Müze abgeworfen. Seht ihr mein Kleinod nicht? 2. Senator. Habt ihr meine Müze nicht gesehen? 3. Senator. Hier ist sie. 4. Senator. Hier ligt mein Rok. 1. Senator. Wir wollen uns nicht länger aufhalten. 2. Senator. Lord Timon ist verrükt. 3. Senator. Das fühl ich an meinen Beinen. 4. Senator. Den einen Tag giebt er uns Diamanten, und den andern Steine. (Sie gehen ab.) Vierter Aufzug. Erste Scene. (Ein Plaz ausser den Mauern von Athen.) (Timon tritt auf.) Timon. Laßt mich noch einmal nach euch zurüksehen, o ihr Mauern, die diese Wölfe umzingeln! Versink' in den Erdboden, Athen! ihr vermählten Frauen, werdet unkeusch! ihr Kinder empört euch wider eure Eltern, und Sclaven und wahnwizige mögen den ehrwürdigen grauen Senat von seinen Bänken reissen, und an ihrer Stelle den Staat regieren! Gieb dich der allgemeinen Unzucht Preiß, unreiffe Jungferschaft, thut es vor euerer Eltern Augen! haltet fest, ihr Bankerotierer; eh ihr den Rüken kehret, die Messer heraus, und schneidet euern Gläubigern die Kehlen ab! Stehlt, ihr Sclaven; euere ehrsamen Herren sind nur Diebe mit längern Händen, und stehlen unter dem Schuz der Geseze. In deines Herrn Bette, Mädchen; deine Frau ist im Bordell. Sechszehnjähriger Sohn, reiß deinem alten hinkenden Vater die Krüke aus der Hand, und schlag ihm damit das Hirn aus! Furcht und Mitleiden, Scheu vor den Göttern, Friede, Gerechtigkeit, Wahrheit, häusliche Zucht, Nacht-Ruhe, Nachbarschaft, Unterricht, Sitten, Religions-Gebräuche, Unterschied der Stände, Herkommen, Gewohnheiten und Geseze, artet in euer zerrüttendes Gegentheil aus, und nichts als die Zerrüttung bestehe!--Ihr Plagen alle, deren der Mensch fähig ist, häuffet eure gährenden anstekenden Fieber über Athen zusammen; es ist reif zum Untergang! Du kalte Gicht, mach' unsre Rathsherren zu Krüppeln, damit ihre Glieder so lahm seyn mögen als ihre Aufführung! Zaumlose Ueppigkeit und wilde Frechheit kriech in die Herzen und in das Mark unsrer Jugend, daß sie dem Strom der Tugend entgegen arbeiten, und sich selbst in Ruchlosigkeit ertränken! Kräze und Eyterbeulen überdeken jeden Atheniensischen Busen, und ihr Kropf sey lauter Aussaz; ein Athem steke den andern an, damit ihre Gesellschaft (wie ihre Freundschaft) durch und durch vergiftet sey. Nichts will ich aus dir hinaustragen als Naktheit, du abscheuliche Stadt! Nimm noch, mit vervielfachten Flüchen, diese Versicherung: Timon will in den Wald, wo er die wildesten Thiere milder als den Menschen finden wird. Die Götter verderben (o hört mich, ihr guten Götter alle!) die Athenienser inner- und ausserhalb ihrer Mauern, und verleihen, daß mit jedem Tage seines Lebens Timons Haß gegen das ganze Geschlecht der Menschen wachse! (Geht ab.) Zweyte Scene. (Verwandelt sich in Timons Haus.) (Flavius mit zween oder dreyen Bedienten.) 1. Bedienter. Hört ihr, guter Herr Verwalter, wo ist unser Herr? Sind wir verdorben, ist alles aus, ist nichts übrig? Flavius. Ach, meine lieben Cameraden, was soll ich euch sagen? So wahr als ich wünsche, daß die wohlthätigen Götter sich meiner erinnern, ich bin so arm als ihr. 1. Bedienter. Daß ein solches Haus gebrochen, ein so edler Herr gefallen seyn soll! Alles hin! und nicht ein einziger Freund, der ihm in seinem Unglük unter die Arme greiffe? 2. Bedienter. Wie wir uns von einem Bekannten wegwenden, der in sein Grab gesenkt worden, so schleichen seine Freunde von seinem begrabnen Glüksstand alle hinweg, hinterlassen ihm ihre treulosen Schwüre und Versprechungen; und er selbst, ein dem freyen Himmel preißgegebner Bettler, mit einem Uebel das alle Welt von ihm scheucht, mit Dürftigkeit behaftet, geht, bleibt, gleich der Verachtung, allein.-- Noch mehr von unsern Cameraden. (Es treten noch einige Bediente auf.) Flavius. Lauter zerbrochnes Geräthe eines zerstörten Hauses! 3. Bedienter. Doch tragen unsre Herzen noch Timons Liverey, das seh' ich in euer aller Gesicht. Wir sind noch alle Cameraden, die, da sie ihrem Herrn sonst nichts mehr dienen können, ihre Treu durch ihren Kummer zeigen. Unsre Barke ist lek, und wir armen Tropfen stehen auf dem sinkenden Verdek, und hören die Wellen dräuen; wir müssen alle in dem Meer der weiten Luft, jeder so gut er kan, seine Rettung suchen. Flavius. Meine guten Cameraden, ich will das äusserste meines Vermögens mit euch theilen. Wo wir uns jemals wieder antreffen, wollen wir, um Timons willen, immer gute Freunde seyn, unsre Köpfe schütteln, und sagen: Wir haben bessere Tage gesehen. Jeder nehme seinen Antheil; nein, streket alle eure Hände aus--Kein Wort mehr -- (Er giebt ihnen Geld, sie umarmen einander und scheiden, der eine diesen, der andre einen andern Weg.) Wer wollte sich Reichthum wünschen, wenn Reichthum in Elend und Verachtung aufhört? Wer wollte (nach diesem Beyspiel,) sich durch einen Traum von schimmerndem Glük und Freundschaft täuschen lassen? Durch ein Gepränge von Herrlichkeit und Wohlleben, aber alles nur gemahlt, wie diese gefirnißten Freunde! Mein armer redlicher Herr! durch sein eignes gutes Herz so weit herunter gebracht! Durch Güte zu Grunde gerichtet! Wie seltsam, daß zuviel Güte eines Menschen gröste Sünde seyn soll! Unbegränzte Güte macht Götter, und verderbt Menschen--Mein theurester Herr, einst so glüklich um desto elender, so reich um desto dürftiger zu seyn; dein grosser Wohlstand ist die Gelegenheit zu deinen grösten Widerwärtigkeiten worden! Ach! der gütige Herr! Er ist in Wuth aus dem undankbaren Siz unnatürlicher Freunde geflohen, und hat nichts mit sich genommen, was sein Leben unterhalten, oder diesen Unterhalt verschaffen kan. Ich will ihm folgen und ihn aufsuchen; ich will ihm um seines Herzens willen immer mit bestem Willen dienen, und, so lang ich Gold habe, immer sein Verwalter bleiben. (Er geht ab.) Dritte Scene. (Der Wald.) (Timon tritt auf.) Timon. O Sonne, Quelle der segensvollesten Einflüsse, ziehe faule Dünste aus der Erde, und vergifte die Luft unter deiner Schwester Kreis-- Zwillings-Brüder, zugleich gezeugt, von einer Mutter gebohren und gesäugt, sind im Glüke getheilt. Der Grössere verschmäht den Kleinern. Die menschliche Natur selbst, sie, die von so unzählbaren Uebeln belagert wird, kan zu keinem grossen Glüke kommen, ohne sich ihrer selbst zu schämen. Erhebt mir diesen Bettler und zieht mir diesen Lord aus, so wird der Lord so verachtet seyn, als ob er zum Bettler gebohren worden wäre, und der Bettler geehrt werden, als ob er kein gebohrner Bettler wäre. Es ist die Weide, die des Widders Seiten spikt, und der Mangel, der ihn mager macht. Wo ist der, dem die Aufrichtigkeit seiner eignen unverfälschten Seele den Muth giebt aufzustehen, und zu sagen: Dieser Mann ist ein Schmeichler? Wenn einer es ist, sind es alle; denn jede Stuffe des Glüks findt ihre Schmeichler eine Stuffe niedriger; der gelehrte Kopf bükt sich vor dem goldnen Narren; alles ist krumm, es ist nichts gerades in unsrer verfluchten Natur, als unverbesserliche Büberey. So sey dann alle Gesellschaft und alle Gemeinschaft mit Menschen von mir verabscheut! Alle von seiner Gattung, ja sich selbst hasset Timon. Verderben über das ganze Menschen-Geschlecht!--Erde, gieb mir Wurzeln. (Er gräbt die Erde auf.) Wer etwas bessers von dir begehrt, dem würze den Rachen mit deinem würksamsten Gifte!--Was ist hier! Gold! gelbes, blinkendes, feines Gold? Nein, ihr Götter, das verlangt' ich nicht von euch; Wurzeln, gütiger Himmel! Nur so viel von diesem hier ist genug, weiß, schwarz; schön, häßlich; unrecht, recht; niederträchtig, edel; ein altes Gesicht, jung; und eine feige Memme, tapfer zu machen. Ihr Götter, wozu das? warum das? Ihr Götter! wie, das kan eure Priester von eurer Seite loken, und Leute mit frischem Herzen ins Grab befördern; dieser gelbe Sclave kan geheiligte Bündnisse zusammenkütten und auflösen; dem Verfluchten Segnungen, und dem grindigen Aussaz Anbetung zuziehen; Diebe zu Ehrenstellen erheben und ihnen neben den Senatoren, Titel, Kniebeugungen und Beyfall geben: Diß ist's, was die bekümmerte Wittwe wieder freyen macht, und was einer von Geschwüren und Krebsschäden zerfressenen Candidatin des Siechenhauses, durch seine balsamische Kraft die frische Anmuth der Jugendblüthe wieder giebt. Komm, du verdammte Erde, du gemeine Meze des menschlichen Geschlechts, die so viel Lermens unter der Rotte der Nationen macht-- (Man hört von fern einen Marsch.) Ha, eine Trummel--Du bist sehr lebendig, aber ich will dich doch begraben; wenn deine podagrische Besizer nicht mehr stehen, kanst du noch davon lauffen--Doch nein, bleib noch ein wenig da, ich will dich für Handgeld gebrauchen. (Er stekt eine Anzahl Goldstüke zu sich.) Vierte Scene. (Alcibiades zieht auf eine kriegrische Weise mit Trummel und Pfeiffen auf; und Phrynia und Timandra.) Alcibiades. Wer bist du hier? Sprich! Timon. Eine Bestie, wie du bist. Daß der Krebs dein Herz dafür durchfresse, daß du mir wieder ein menschliches Gesicht zu sehen giebst! Alcibiades. Wie ist dein Name? Ist der Mensch dir so verhaßt, und du bist selbst ein Mensch? Timon. Ich bin Misanthropos, und hasse das menschliche Geschlecht. Was dich betrift, so wünscht' ich, du wär'st ein Hund, damit ich dich ein wenig lieben könnte. Alcibiades. Ich kenne dich wol; aber was für Unfälle dir zugestossen seyn müssen, davon weiß ich nichts. Timon. Ich kenne dich auch, und verlange nicht mehr von dir zu wissen, als ich weiß; zieh deiner Trummel nach, färbe den Boden mit Menschen- Blut; roth, roth;--Religions-Gebräuche, bürgerliche Geseze sind grausam, was soll dann der Krieg seyn? Diese faule Meze hier hat mit allen ihren Cherubin-Bliken mehr Zerstörung in sich als dein Schwerdt. Phrynia. Daß dir die Lippen verfaulen! Timon. Das könnte nur begegnen wenn ich dich küßte, und das will ich nicht. Alcibiades. Wie kam der edle Timon zu diesem Wechsel? Timon. Wie der Mond, weil er kein Licht mehr zu geben hatte; aber ich konnte mich nicht wieder erneuern wie der Mond, denn es waren keine Sonnen da, von denen ich hätte borgen können. Alcibiades. Edler Timon, was für Freundschaft kan ich dir erweisen? Timon. Keine, als mich in meiner Meynung zu bestärken. Alcibiades. Was ist diese, Timon? Timon. Mir Freundschaft zu versprechen, und keine zu halten. Wenn du mir keine versprechen willst, so verderben dich die Götter! denn du bist ein Mensch; und wenn du sie hältst, so sollen sie dich gleichfalls verderben, denn du bist ein Mensch. Alcibiades. Es sind mir einige verworrne Nachrichten von deinen Unglüksfällen zu Ohren gekommen. Timon. Du sahst sie, wie ich im Wohlstand saß. Alcibiades. Ich seh sie izt, damals war eine glükliche Zeit. Timon. Wie die deinige izt ist, zwischen einem Paar Mezen. Timandra. Ist das der allgemeine Liebling von Athen, von dem die Welt so viel rühmliches sagte? Timon. Bist du Timandra? Timandra. Ja. Timon. Bleib immer eine Hure; die lieben dich nicht, die dich gebrauchen; häng ihnen Krankheiten an, wenn sie ihre Lust mit dir gebüßt haben; mach einen guten Gebrauch von deinen bittern Stunden, bringe die Sclaven zu Schwiz-Kästen und Bädern, bring die rosenwangichte Jugend zur Hunger-Cur*, und zur Diät. {ed.-* (Tub-Fast), (Tonne-Fasten) im Englischen. Der Autor zielt auf die Venerische Seuche und ihre Würkungen. Die Cur derselben wurde in damaligen Zeiten entweder durch (Guaiacum), oder Mercurialische Salben gemacht; und in beyden Fällen wurde der Patient sehr warm und eingesperrt gehalten; das erste, damit der Schweiß befördert werde; und das andre, damit er sich nicht wieder erkälte, welches gefährlich war. Das Regimen beym Gebrauch des (Guaiacum), oder (Lignum Sanctum) (sagt Dr. Friend in seiner Geschichte der Arzney- Kunst, 2. Theil, S. 380.) war anfangs mit ausserordentlichen Umständen begleitet, und so strenge, daß der Patient in ein enges dunkles Loch gesperrt wurde, damit er desto besser schwizen möchte; und durch diese Veranstaltung wurde, wie sich Fallopius ausdrukt, der ganze Mensch bis auf die Knochen selbst durchgebeizt. Wisemann sagt, in England habe man sich zu diesem Zwek, anstatt der anderwärts üblichen Keller, Bak-Ofen, u. d. gl. einer Tonne bedient. Was die Unction betrift, so wurde sie zuweilen sieben und dreyßig Tage fortgesezt, wie er S. 375. bemerkt, und während dieser ganzen Zeit war eine ausserordentliche Abstinenz nothwendig. Daher dann das Wort (Tub-Fast.) Warbürton. ** Ein Provinzial-Wort für das Englische (Slut), für welches dem Uebersezer kein hochdeutsches Wort bekannt ist.} Timandra. An den Galgen, du Ungeheuer. Alcibiades. Vergieb, meine liebe Timandra, seine Wiederwärtigkeiten haben seinen Verstand überwältiget. Ich habe nur wenig Geld übrig, wakrer Timon, und der Mangel daran verursacht täglichen Aufruhr unter meiner abgemergelten Kriegs-Schaar. Ich hörte mit Bekümmerniß, wie das verfluchte Athen, deiner Verdienste uneingedenk, und undankbarlich der Zeit vergessend, da sie ohne dein Schwerdt und deine Reichthümer, von ihren Nachbarn mit Füssen zertreten worden wären -- Timon. Ich bitte dich, laß deine Trummel rühren, und geh' deines Wegs. Alcibiades. Ich bin dein Freund, und habe Mitleiden mit dir, mein liebster Timon. Timon. Wie kanst du Mitleiden mit dem haben, den du beunruhigest; ich wollte lieber allein seyn. Alcibiades. Nun, so fahr wohl; hier hast du Gold. Timon. Behalt es, ich kan es nicht essen. Alcibiades. Wenn ich das stolze Athen in einen Steinhauffen umgekehrt habe -- Timon. Ziehst du gegen Athen? Alcibiades. Ja, Timon, und aus einer gerechten Ursache. Timon. Die Götter verderben sie alle durch deine Hand, und wenn du sie vernichtet hast, dich auch! Alcibiades. Warum mich, Timon? Timon. Weil du gebohren wardst, durch Ermordung von Bösewichtern mein Vaterland zu Grunde zu richten. Ließ dein Gold wieder auf. Geh weiter, hier ist noch mehr Gold, geh; sey wie eine Planetarische Seuche, wenn Jupiter über irgendeine lastervolle Stadt sein Gift in die sieche Luft aushängt; laß dein Schwerdt nicht einen einzigen überspringen; schone dem ehrwürdigen Greis nicht um seines weissen Barts willen, er ist ein Wucherer; schlage die Ehefrau nieder, ihr Kleid allein ist ehrlich, sie ist eine Kupplerin. Laß nicht die jungfräuliche Wange dein schneidendes Schwerdt stumpf machen; schone dieses milchweissen Busens nicht, der unter dem gläsernen Flor zu den Augen der Männer emporschwillt, er ist ein schändlicher Verräther. Schone nicht des Säuglings, dessen kindisches Lächeln Narren zur Erbarmung zwingt; denk es ist ein Bastard, von dem ein dunkles Orakel vorhergesagt hat, daß er dir die Kehle abschneiden soll, und zerhak' ihn ohne Bedenklichkeit. Verschwöre dich wider jeden Gegenstand, der dein Herz erweichen könnte; leg' eine Rüstung um deine Ohren und deine Augen, deren Stählung weder das Heulen der Mütter, das Geschrey der Jungfrauen, und das Wimmern der Kinder; noch der Anblik von Priestern, deren Blut über ihre heiligen Kleider herab strömt, nur um eine Nadelspize durchdringen möge. Hier ist Gold, deine Soldaten zu bezahlen. Verbreite Verderben um dich her, geh', und wenn du deine Wuth ausgelassen hast, so verdirb selbst! Antworte nicht, geh! Alcibiades. Hast du noch Gold? Ich nehme das Gold an, das du mir giebst, und lasse dir deinen Rath. Timon. Du folgest ihm oder nicht, so falle der Fluch des Himmels auf dich! Timandra, Phrynia. Gieb uns auch etwas Gold, guter Timon; hast du noch mehr? Timon. Genug, um zu machen daß eine Hure ihr Handwerk verschwöre und eine-- Kupplerin werde. Hebt auf, ihr Schlütten**, die Schürze auf! Ihr seyd nicht eydfähig, ob ich gleich weiß, daß ihr schwören würdet; schwören, daß die unsterblichen Götter die euch hören, vor Entsezen schaudern müßten. Spart eure Schwüre, ich will euerm blossen Versprechen glauben. Bleibt immer Huren, und dem, dessen frommer Zuspruch euch bekehren will, dem macht es dreymal ärger als den übrigen; ködert ihn an, brennt ihn bis auf die Knochen; laßt nicht eher von ihm ab, biß euer Feuer über seinem Rauch Meister wird; doch sollt ihr dafür alle Jahre sechs Monate eine ganz entgegengesezte Mühe haben. Sezt euch falsche Haare an, und dekt eure arme dünne Schädel mit Aufsäzen von Todten (wenn schon einige davon gehangen sind, das hindert nichts); tragt sie, betrügt damit, und h** immer auf ihren Credit hin; schminkt euch, bis ein Pferd in euerm Gesicht steken bleiben möchte; der Henker hole die Runzeln! Beyde. Gut, gut, nur mehr Gold; glaubt uns, um Gold thun wir was ihr nur wollt. Timon. Säet Auszehrung in ihre marklosen Knochen, lähmet ihre dünnen Beine, und dämpfet den männlichen Trieb. Brecht die Stimme des Advocaten, daß er untüchtig werde schlimme Sachen zu führen, und Rabulisten- Streiche durch sein Geschrey gut zu machen; stekt den Priester an, der wider die Triebe des Fleisches eifert und sich selbst nicht glaubt; herab mit der Nase, platt ab, nehmt ihm den Nasenknörpel ohne Verschonen, der, seinen Privat-Nuzen ausser Gefahr zu sezen, das gemeine Beste aufopfert. Macht krausköpfichte Spizbuben kahl, und laßt auch die jungen Eisenfresser nicht leer ausgehen, die mit ihren grossen Thaten pralen, und nur nicht eine Narbe davon aufzuweisen haben. Verpestet alle Welt, und ruhet nicht, bis ihr die Quelle der Vermehrung selbst gänzlich verstopft und ausgetroknet habt.--Hier ist mehr Gold für euch, bringt alle andre ins Verderben, dann verfaulet selbst und Misthauffen mögen euer aller Grab seyn. Beyde. Mehr Rath und mehr Geld, guter Timon. Timon. Ihr müßtet es erst besser verdienen; ihr habt nun euer Handgeld. Alcibiades. Rührt die Trummel, und gegen Athen zu. Lebe wohl, Timon, wenn es mir gelungen seyn wird, will ich dich wieder besuchen. Timon. Wenn mich die Hoffnung nicht betrügt, werd ich dich nicht mehr sehen. Alcibiades. Ich that dir nie was zu leide. Timon. Ja, du redtest Gutes von mir. Alcibiades. Nennst du das beleidigen? Timon. Die Menschen erfahren es alle Tage. Geh deines Weges, pake dich, und nimm deine Dachshunde mit. Alcibiades. Wir sind ihm nur beschwerlich; rührt die Trummel! (Alcibiades, Timandra und Phrynia gehen ab.) Fünfte Scene. Timon. Daß die Natur noch zu eben der Zeit hungern soll, da der Unmuth über des Menschen Unbarmherzigkeit sie des Lebens überdrüßig macht!-- Allgemeine Mutter, du deren unermeßliche Schoos und unbegrenzte Brust alles gebiehrt und säuget; o du, deren nemliche Zeugungs-Hize, woraus der stolze Mensch aufdunset, die schwarze Kröte zeugt, und die blaue Schlange, die goldflekichte Eidechs und den blinden vergifteten Wurm mit allem andern verabscheuten Ungeziefer, das Hyperions Feuer belebt: Gieb dem der alle deine menschlichen Söhne hasset, gieb ihm aus deinem unerschöpflichen Busen eine einzige arme Wurzel. Verstopfe deine fruchtbare gern empfangende Schooß; laß sie nichts mehr für den undankbaren Menschen hervorbringen. Geh nur mit Tygern, Drachen, Wölfen und Bären schwanger; schwill von neuen Ungeheuern auf, die dein emporgerichtetes Antliz dem umwölbenden Himmel nie gezeigt hat!--O! eine Wurzel--habet Dank, ihr Götter!--trokne deine lokern Adern auf, und deine vom Pflug zerrißne Schollen, aus denen der undankbare Mensch diese geistigen Säfte und diese niedlichen Bissen zieht, die sein reines Gemüth mit einem Fett umgeben, woran alle Betrachtung abglitscht. Sechste Scene. Timon (zu Apemanthus.) Wieder ein Mensch? Pest! Pest! Apemanthus. Ich bin hieher gewiesen worden. Die Leute sagen, du massest dich an, meine Lebensart nachzuahmen. Timon. So muß es deßwegen seyn, weil du keinen Hund hältst, den ich nachahmen könnte. Daß du die Schwindsucht kriegtest! Apemanthus. Es ist an dir nur etwas erzwungnes, eine arme unmännliche Melancholey, die bloß aus dem Wechsel deines Glüks entsprungen ist. Wozu dieses Grabscheit? Warum in diesem Walde? Warum dieser sclavenmässige Aufzug? Und diese kummervolle Blike? Deine Schmeichler tragen indessen Seide, trinken Wein, ligen weich, schwimmen in lieblichen Gerüchen, und haben vergessen, daß jemals ein Timon war. Entehre diese Kleidung nicht, die dir das Ansehen und die Vorrechte eines Censors geben soll. Sey du izt ein Schmeichler, versuch' es, dich nun durch eben dieses fortzubringen, was dich zu Grunde gerichtet hat; beuge deine Knie, und laß den blossen Athem dessen, dem du aufwartest, deine Müze vom Kopf herabwehen; erhebe seine lasterhaftesten Ausschweiffungen, und nenne sie vortreflich. So redte man mit dir; und du gabst deine Ohren dazu her, den Bierwirthen ähnlich, die Schelmen und alles was zu ihnen kommt willkommen heissen. Es ist höchst billig, daß du ein Spizbube werdest; hättest du noch Vermögen, so würden Spizbuben es haben. Affectire keine Gleichheit mit mir, sag ich dir! Timon. Wenn ich dir gleich wäre, ich wollte mich selbst wegwerfen. Apemanthus. Du hast dich selbst weggeworffen, da du dir selbst gleich warst; so lang' ein Unsinniger, izt ein Narr! Wie? denkst du, die kalte Luft, dein ungestümer Kammerherr, werde dir ein warmes Hemde reichen? Meynst du, diese bemooßten Bäume, die den Adler überlebt haben, werden wie Pagen hinter dir hertreten, und dir auf einen Wink zulauffen? Wird der kalte, mit Eis candirte Bach dir ein Cordial zum Frühstük geben, um die Unverdaulichkeit der gestrigen Nachtmahlzeit zu verbessern? Ruffe den nakten Geschöpfen, die der rauhen Witterung, und den kämpfenden Elementen ihre unverwahrten Rümpfe entgegen bieten; befiehl ihnen, dir zu schmeicheln; o, du wirst finden -- Timon. Daß du ein Narr bist; zieh' ab. Apemanthus. Du bist mir izt lieber als jemals. Timon. Und du mir desto verhaßter. Apemanthus. Warum? Timon. Du schmeichelst der Dürftigkeit. Apemanthus. Ich schmeichle nicht; ich sage nur, daß du ein elender Tropf bist. Timon. Warum suchst du mich auf? Apemanthus. Um dich zu scheeren. Timon. Das ist immer die Verrichtung eines Bösewichts, oder eines Narren. Däucht sie dir kurzweilig? Apemanthus. Ja. Timon. Was für ein Schurke du bist! Apemanthus. Wenn du diesen schwermüthigen kalten Habit angezogen hättest, deinen Stolz zu züchtigen, so hättest du wol daran gethan; aber du thust es aus Noth; du würdest ein Stuzer seyn, wenn du nicht ein Bettler wärest. Freywillige Armuth überlebt ungewisses Wohlleben; dieses wird immer gefüllt und doch nie voll, jene erreicht ihren höchsten Wunsch auf einmal; der glüklichste Stand ist mißvergnügt, der elendeste zufrieden. (Du) solltest zu sterben wünschen, weil du in einem so armseligen Zustand bist. Timon. Nicht weil mir's einer sagt, der noch armseliger ist. Du bist ein Sclave, den das Glük nie mit zärtlichen Armen an ihre Brust drükte; sondern zu einem Hund gebohren. Wärest du wie wir, von der ersten Stuffe des Lebens an, durch alle die angenehmen Grade von Glükseligkeit fortgeschritten, die diese kurze Welt denjenigen gewährt, die sich nur besinnen dürfen, was sie von allen ihren Waaren haben wollen: Du hättest dich in dem diksten Schlamm der Lüderlichkeit herumgewälzt, deine Jugend in den schändlichsten Ausschweiffungen verschwendet, und nimmermehr die kalten Vorschriften der Mässigung und des Wohlstands beobachten gelernt, sondern würdest dem verzükerten Spiel vor dir her blindlings nachgeloffen seyn. Aber daß ich, für dessen Vergnügen die ganze Welt arbeitete, der die Zungen, die Augen, die Herzen der Menschen zu seinem Gebot hatte, mehr als ich ihnen Verrichtungen erdenken konnte, an dem unzähliche hiengen, wie die Blätter an einer Eiche; die aber alle, von einem einzigen Winter-Anstoß, von ihren Zweigen abgefallen sind, und mich entblößt und unbedekt jedem Sturm ausgesezt gelassen haben: Daß ich, der nie etwas anders als bessers gekannt hat, diß ertragen soll, ist etwas schwer. Dein Wesen fieng mit Elend an, und die Zeit hat dich dazu abgehärtet. Warum solltest du die Menschen hassen? Sie haben dir nie geschmeichelt. Was hast du ihnen geben können? Wenn du fluchen willt, so muß dein Vater, der arme Lumpenhund, der Gegenstand seyn, der, in einem Anstoß von Brunst, irgend eine Bettlerin überfallen, und dich armseligen Erb- Lumpenhund zusammgeflikt hat--Hinweg, pake dich!--Wärest du nicht zum untersten unter allen Menschen gebohren, so würdest du ein Spizbube und Schmeichler gewesen seyn. Apemanthus. Bist du noch stolz? Timon. Ja, daß ich nicht du bin. Apemanthus. Und ich, daß ich kein Verschwender gewesen bin. Timon. Und ich, daß ich izt noch einer bin. Wär' aller Reichthum, den ich hatte, in dir aufgeschüttet, so wollt' ich dir Erlaubniß geben, ihn aufzuhängen. Geh deines Weges--O! daß das Leben von ganz Athen in dieser Wurzel wäre! So wollt' ich es essen. (Er ißt eine Wurzel.) Apemanthus. Hier, ich will deine Mahlzeit verbessern. Timon. Verbeßre erst meine Gesellschaft, und pake dich fort! Apemanthus. Was hättest du gern zu Athen-- Timon. Dich, in einem Wirbelwind; wenn du willt, so sag ihnen, ich habe Gold; siehst du, daß ich habe. Apemanthus. Hier hat es keinen Nuzen. Timon. Den besten und sichersten; denn hier schläft es, und thut keinen gedungnen Schaden. Apemanthus. Wo ligst du des Nachts, Timon? Timon. Unter dem was über mir ist. Wo futterst du des Tags, Apemanthus? Apemanthus. Wo mein Magen Speise findet, oder vielmehr wo ich sie esse. Timon. Ich wollte, das Gift müßte mir gehorchen, und wüßte meine Gedanken. Apemanthus. Wo wolltest du es hinschiken? Timon. Deine Schüsseln zu würzen. Apemanthus. Das Mittel der Menschlichkeit hast du nie gekannt, sondern nur das äusserste von beyden Enden. Wie du in deinen vergoldeten Zimmern, und von ausgesuchten Specereyen umduftet warst, da trieben sie ihr Gespötte über deine ausschweiffende Zärtlichkeit des Geschmaks; izt da du in Lumpen bist, hast du gar keine, sondern wirst des Gegentheils halben verabscheut. Hier ist eine Mespel für dich, iß sie. Timon. Ich esse von nichts, was ich nicht leiden kan. Apemanthus. Kanst du die Mespeln nicht leiden? Timon. Nein, ob sie schon dir gleich sehen. Apemanthus. Hättest du sie früher nicht leiden können, so würdest du izt besser mit dir selbst zufrieden seyn. Hast du jemals einen Verschwender gekannt, den man noch geliebt hat, nachdem er um seine Mittel gekommen ist? Timon. Wen hast du jemals ohne diese Mittel, wovon du redst, beliebt gesehen? Apemanthus. Mich selbst. Timon. Ich verstehe dich, du hast einige Mittel, einen Hund zu halten. Apemanthus. Was für Dinge in der Welt findst du deinen Schmeichlern am ähnlichsten? Timon. Weiber--Was wolltest du mit der Welt thun, Apemanthus, wenn sie in deiner Gewalt wäre? Apemanthus. Sie den wilden Thieren vorwerfen, damit ich der Menschen los würde. Timon. Wolltest du selbst auch das Schiksal der Menschen haben, oder unter den wilden Thieren ein wildes Thier werden? Apemanthus. Das lezte, Timon. Timon. Ein bestialischer Wunsch, den die Götter dir gewähren mögen! Wenn du ein Löwe wärst, so würde dich der Fuchs betrügen; wärst du ein Lamm, so würde der Fuchs dich fressen; wärst du der Fuchs, so würdest du dem Löwen verdächtig werden, wenn dich zufallsweis ein Esel anklagte; wärst du der Esel, so würde dich deine Dummheit plagen, und du lebtest immer als ein Frühstük für den Wolf. Wärst du der Wolf, so würde dir deine Gefressigkeit zur Quaal werden, und du würdest oft dein Leben für dein Mittagessen wagen. Wärst du das Einhorn, so würde dich Stolz und Grimm verderben, und in Ermanglung eines andern würdest du die Beute deiner eignen Wuth werden. Wärst du ein Bär, so würde dich das Roß tödten; wärst du ein Roß, so würde dich der Leopard ergreiffen; wärst du ein Leopard, so wärst du des Löwen Vetter, und deine Fleken würden deine eigne Verwandten gegen dein Leben aufhezen. Alle deine Sicherheit wär' in Entfernung, und dein Schuz in der Abwesenheit eines Feindes. Was für ein Thier könntest du seyn, das nicht einem Thier unterworffen wäre? Und was für ein Stük Vieh bist du izt schon, daß du nicht siehst, wie viel du bey der Verwandlung verliehren würdest? Apemanthus. Wenn du mir durch irgend ein Gespräch gefallen könntest, so hättest du es izt getroffen. Das gemeine Wesen von Athen ist ein Wald von Thieren worden. Timon. Wie ist dann der Esel durch die Mauern gebrochen, daß du ausser der Stadt bist? Apemanthus. Dort kommt ein Poet und ein Mahler; die Pest der menschlichen Gesellschaft falle auf dich! Ich besorge, daß sie mich ansteken möchte, und will mich mit der Flucht retten. Wenn ich sonst nichts zu thun weiß, will ich dich wieder sehen. Timon. Wenn sonst nichts lebendiges mehr ist als du, sollt du mir willkommen seyn. Apemanthus. Du bist das Oberhaupt von allen iztlebenden Narren. Timon. Ich wollte, du wärest sauber genug, daß ich auf dich speyen könnte. Daß du die Kränke hättest! Apemanthus. Du bist ein zu schlechter Kerl, als daß du jemandem fluchen könntest. Timon. Alle Galgenschwengel werden rein, wenn sie neben dir stehen. Apemanthus. Es ist sonst kein Aussaz, als was du redst. Timon. Wenn ich dich nenne--Prügeln will ich dich; doch, ich würde nur meine Hände kräzicht machen. Apemanthus. Ich wollte, meine Zunge könnte machen, daß sie abfaulten. Timon. Weg, du Gezücht eines räudigen Hunds. Ich sterbe vor Zorn, daß du in der Welt bist; ich fall' in Unmacht, wenn ich dich ansehe. Apemanthus. Daß du bersten möchtest? Timon. Hinweg, du verabscheuter Raker; ich fürchte, du treibst mir einen H*d*n ab. Apemanthus. Vieh! Timon. Sclave! Apemanthus. Kröte! Timon. Lumpenhund, Lumpenhund, etc. (Apemanthus zieht sich zurük, als ob er gehe.) Ich bin dieser falschen Welt überdrüssig, und will nichts in ihr lieben, als ihre blossen Nothwendigkeiten. So zögre dann nicht, Timon, dir dein Grab zu machen, dort, wo der leichte Meerschaum deinen Grabstein täglich schlagen soll; mache deine Grabschrift, daß der Tod in mir über andrer Leben lache. (Er sieht auf das Gold, das zu seinen Füssen ligt.) O du angenehmer Königs-Mörder! du werthe Scheidung zwischen dem leiblichen Sohn und seinem Vater! du schimmernder Besudler von Hymens keuschestem Bette! du dapfrer Mars! du immer junger, frischer, beliebter, und reizender Buhler, dessen Röthe den geheiligten Schnee, der auf Dianens Schooß ligt, zerschmelzt! Du sichtbarer Gott, der Unmöglichkeiten zusammenfügt, und einander küssen macht! der jede Sprache zu jeder Absicht reden kan! O du Probstein der Herzen; denke, dein Sclave, der Mensch, empöre sich wider dich, und seze sie durch deine Macht in eine so zerrüttende Zwietracht, bis die Herrschaft über die Welt den Thieren bleibt. Apemanthus. Ich wollt' es wäre so, aber nicht eher, als bis ich todt bin! Ich will sagen, du habest Gold; was für einen Zulauff, du augenbliklich bekommen wirst! Timon. Einen Zulauf? Apemanthus. Ja. Timon. Deinen Rüken, ich bitte dich. Apemanthus. Leb' und liebe dein Elend! Timon. Leb lange so und stirb so! Ich bin quitt. Apemanthus. Schau, mehr Dinge die wie Menschen aussehen--iß, Timon, und verabscheue sie. (Apemanthus geht ab.) Siebende Scene. (Die Diebe treten auf.) 1. Dieb. Wo mag er wol sein Geld haben? Es wird irgend ein armseliges Fragment, irgend ein übriges Bißchen sein, das er noch davon gebracht hat. Nichts anders, als der Mangel an Geld, und der Undank seiner Freunde, hat ihn zu dieser Melancholey gebracht. 2. Dieb. Das Gerücht geht, er hab' einen Schaz gefunden. 3. Dieb. Wir wollen einen Versuch machen; wenn er nichts darnach fragt; wird er's uns gutwillig geben; aber wenn er so geizig ist, daß er's für sich allein behalten will, was ist dann zu thun? 2. Dieb. Er wird den Schaz nicht bey sich tragen; er wird ihn verstekt haben. 1. Dieb. Ist der nicht Timon? Alle. Wo? 2. Dieb. Der Beschreibung nach ist er's. 3. Dieb. Er ists, ich kenn' ihn. Alle. Grüß dich Gott, Timon. Timon. He, Diebe. Alle. Soldaten, keine Diebe. Timon. Beydes, und von Weibern gebohren. Alle. Diebe sind wir nicht, aber Leute, die sehr viel Bedürfnisse haben. Timon. Euer gröstes Bedürfniß ist, was ihr aller Orten finden könnet: Was solltet ihr bedürfen? Seht, die Erde hat Wurzeln; innert einer Meile um uns her entspringen hundert Quellen; die Eichen tragen Eicheln, die Gesträuche, Hambutten; die gutthätige Hausmutter, Natur, legt auf jedem Busch ihren ganzen Kram vor euch aus-- Bedürfnisse? Warum Bedürfnisse? 1. Dieb. Wir können nicht von Gras, Beeren und Wasser leben; wie Thiere, Vögel und Fische. Timon. Auch nicht von den Thieren, Vögeln und Fischen selbst; ihr müßt Menschen essen. Doch muß ich euch Dank dafür sagen, daß ihr offenbare Diebe seyd, und euch nicht in heiligere Gestalten einhüllet; denn es herrscht grenzenlose Dieberey auch in gesezmässigen Lebensarten. Galgenschwengel, Diebe, hier ist Gold! (Er giebt ihnen Geld.) Geht, saugt das flüchtige Blut der Traube, bis das hizige Fieber euer Blut zu Schaum kocht, und entgeht dadurch dem Galgen. Vertraut euch keinem Arzt, seine Arzneyen sind Gift, er tödtet mehr Menschen als ihr beraubt, und nimmt ihnen ihr Geld mit samt dem Leben. Treibt eure Bubenstüke, treibt sie, weil ihr euch dazu bekennt, wie ein andres Handwerk; ich will euch Beyspiele genug von Dieberey geben. Die Sonn' ist ein Dieb, und beraubt durch ihre starke Anziehung das weite Welt-Meer. Der Mond ist ein ausgemachter Dieb, und maußt sein blasses Licht der Sonne. Das Meer ist ein Dieb, dessen schmelzende Wellen Dämme in salzichte Thränen auflösen. Die Erde ist ein Dieb, die uns das Futter, wovon sie lebt, aus dem Unrath aller Dinge zusammenstiehlt; ein jedes Ding ist ein Dieb. Die Geseze, die euch binden und mit Ruthen streichen, haben ungestraften Diebstahl in ihrer rauhen Gewalt. Liebt euch selbst nicht, hinweg, beraubt einander, hier habt ihr mehr Gold; schneidet Kehlen ab; alle die euch begegnen sind Diebe: Geht nach Athen, brecht in offne Buden ein, denn ihr könnt nichts stehlen; das nicht von Dieben verlohren wird; stehlt nichts desto minder, weil ich euch Gold gebe, und Gold verderbe euch, Amen! (Er geht ab.) 3. Dieb. Er hat mir mein Handwerk schier erleidet, indem er mich dazu aufmunterte. 1. Dieb. Das ist die allgemeine Bosheit der Menschen; er giebt uns einen Rath, in Hoffnung, daß er uns an den Galgen bringen werde. 2. Dieb. So will ich ihm glauben wie einem Feind, und meine Profeßion aufgeben. 1. Dieb. Wir wollen erst warten, bis zu Athen Fried' ist. 2. Dieb. Es ist kein so schlimmer Zustand, worinn ein Mensch nicht noch gut werden kan. (Sie gehen ab.) Fünfter Aufzug. Erste Scene. (Der Wald und Timons Höle.) (Flavius tritt auf.) Flavius. O ihr Götter, ist jener verworfne, zerstörte Mann mein Herr? So abgezehrt, so eingefallen! O! ein Denkmal, ein Wunder von übelangewandten Gutthaten! Was für eine Veränderung hat eine verzweiflungsvolle Dürftigkeit in seiner Gemüthsart gemacht! Was für ein schändlicheres Ding ist auf der Erde als Freunde, die das edelste Gemüth zu einem solchen Verfall bringen können! Wie wohl schikt sich das Gebott, daß wir unsre Feinde lieben sollen*, für unsre Zeiten! Wenn es mir auch frey stünde, wollt' ich sie doch eher lieben als Schmeichler.--Er hat mich wahrgenommen; ich will ihm meinen redlichen Kummer zeigen, und bis zum lezten Athemzug sein treuer Diener bleiben. {ed.-* Hier vergißt unser Autor, daß seine Personen keine Christen sind, noch seyn können; kein Wunder, da er durch das ganze Stük vergessen hat, daß sie Athenienser sind.} (Timon kommt aus seiner Höle hervor.) Mein theurester Herr. Timon. Weg! Wer bist du? Flavius. Habt ihr mich vergessen, mein Herr? Timon. Wie magst du fragen? Ich habe alle Menschen vergessen; wenn du also gestehen mußt, das du ein Mensch bist, so hab ich dich vergessen. Flavius. Ein ehrlicher Diener-- Timon. So kenn ich dich nicht: ich habe niemals ehrliche Leute um mich gehabt; alle die ich hatte waren Spizbuben, um Galgenschwengeln beym Essen aufzuwarten. Flavius. Die Götter sind Zeugen, daß niemals ein armer Verwalter einen aufrichtigern Schmerz für seinen zu Grunde gerichteten Herrn gefühlt hat, als meine Augen für euch. (Er weint.) Timon. Wie? weinst du? Komm näher, so will ich dich denn lieben, weil du ein Weib bist; du kanst aus Mitleiden weinen; das kan das kieselsteinerne Herz des männlichen Geschlechts nicht; wenn ihre Augen übergehen, so geschieht es vor Lachen oder böser Lust. Flavius. Ich bitte euch, mein gütiger Herr, mich nicht abzuweisen, und mir zu verstatten, daß ich euern Kummer theile, und so lange dieser arme Reichthum daurt, (er zeigt ihm einen Beutel mit Geld,) euer Verwalter bleibe. Timon. Hatt' ich einen Verwalter, der so getreu, so redlich, und nun so hülfreich ist? Diß könnte mein verwildertes Gemüth beynahe zahm machen. Laß mich dein Gesicht sehen; wahrlich, dieser Mann ist von einem Weibe gebohren. Verzeihet mir mein allgemeines, keine Ausnahme machendes, zu rasches Urtheil, ihr unsterblichen, weisen Götter! Ich gestehe nun einen ehrlichen Mann zu; verstehet mich wol, nur Einen; keinen mehr, ich bitte euch; und der einzige ist ein Verwalter! Wie gerne wollt' ich das ganze Menschen-Geschlecht gehasset haben, und du kaufst dich los; doch alle andre, dich ausgenommen, mögen meine Flüche treffen! Mich däucht, du seyest mehr ehrlich als klug; denn, wenn du mich betrogen und verrathen hättest, so hättest du desto bälder eine andre Bedienstung erhalten können; viele kommen auf diese Art zu ihren zweyten Herren, auf ihres ersten Herrn Naken. Aber sage mir aufrichtig, (denn ich muß immer zweifeln, ob ich gleich niemals weniger Ursach dazu hatte;) ist nicht diese deine Zärtlichkeit listig und eigennüzig, eine wuchernde Zärtlichkeit, wie reiche Leute Geschenke machen, um zwanzig mal so viel dafür zurük zu bekommen? Flavius. Nein, mein würdiger Herr, (in dessen Brust Zweifel und Argwohn, ach leider! zu spät Plaz nehmen;) ihr hättet falsche Freundschafts- Versicherungen vermuthen sollen, da ihr Bankette gabt. Das was ich euch zeige, der Himmel weiß es, ist lauter Liebe, Pflicht und Ergebenheit gegen ein Herz, das seines gleichen nicht hat, Sorge für euern Unterhalt und euer Leben; und glaubt mir, es ist kein Vortheil weder gegenwärtig, noch den ich hoffen könnte, den ich nicht um diesen einzigen Wunsch vertauschen wollte, euch wieder in Glük und Wohlstand zu sehen. Timon. Gut, ich glaube dir, es ist so; du einzelner ehrlicher Mann, hier, nimm. (Er giebt ihm einen Sak mit Gold.) Die Götter haben dir aus meinem Elend einen Schaz zugeschikt. Geh, lebe reich und glüklich; aber mit dieser Bedingung, daß du von den Menschen abgesondert wohnen sollst. Haß' alle, verwünsch' alle, thue keinem Gutes; laß einem Bettler eh sein verhungertes Fleisch von den Knochen fallen, eh du ihm ein Almosen gäbest. Gieb den Hunden, was du den Menschen versagst. Daß Gefängnisse sie verschlingen, daß sie in Schulden verderben, daß die Menschen einem verdorrten Walde gleich sehen, und verpestete Krankheiten ihr falsches Blut aufleken! Und hiemit lebe wohl, und gedeyhe! Flavius. O laßt mich bey euch bleiben, mein gütiger Herr, und euch unterstüzen -- Timon. Wenn du meinem Fluch ausweichen willst, so säume dich nicht, flieh; flieh, weil du noch gesegnet und frey bist. Sieh du keinen Menschen mehr, und laß dich nimmer vor mir sehen. (Sie gehen auf verschiedne Seiten ab.) Zweyte Scene. (Der Poet und der Makler treten auf.) Mahler. Nach der Erkundigung, die ich von dem Ort eingezogen habe, kan er nicht weit von hier sich aufhalten. Poet. Was soll man von ihm denken? bestättigt sich das Gerücht, daß er soviel Gold haben soll? Mahler. Er hat; Alcibiades erzählt es, Phrynia und Timandra haben Gold von ihm bekommen; er schenkt' auch etlichen armen verlaufenen Soldaten eine grosse Menge davon. Man sagt, er gab seinem Verwalter eine starke Summe. Poet. So war folglich diese Bankrutt nur eine Prüfung seiner Freunde. Mahler. Nichts anders; ihr werdet ihn bald in Athen unter den Ersten wieder glänzen sehen. Es wird also nicht übel gethan seyn, wenn wir ihm in dem Unglüks-Stand', worinn man ihn versunken glaubt, unsre Freundschaft bezeugen; es wird uns das Ansehen eines edelmüthigen Betragens geben; und es ist sehr wahrscheinlich, daß es uns zu unserm Zwek führen wird, wenn es wahr ist, daß er so reich seyn soll. Poet. Was habt ihr bey euch, womit ihr ihm aufwarten wollet? Mahler. Nichts für dißmal als meinen Besuch; allein ich will ihm ein vortrefliches Stük versprechen. Poet. Ich will ihn auf die nemliche Art bedienen. Mahler. So ist's am besten. Versprechen öffnet das Auge der Erwartung, und macht sich oft für etwas, das niemals gehalten wird, zum voraus bezahlt. Halten ist allemal der Narr in seinem eignen Spiel; sobald ein Versprechen gehalten ist, so nüzt es, ausser bey der einfältigern Art von Leuten, dem Geber nichts mehr. Versprechen ist hofmännisch, und ein Stük von der feinen Lebensart; Halten ist eine Art von leztem Willen oder Testament, welches bey dem, der es macht, eine grosse Krankheit--am Verstand anzeigt. (Timon kommt, ohne daß ihn die vorigen Personen gewahr werden, aus der Höle hervor.) Timon (vor sich.) Vortreflicher Künstler! du kanst keinen so schlechten Kerl mahlen als du selbst bist. Poet. Ich besann' mich, was ich sagen will, das ich für ihn in der Arbeit habe--Es muß eine Vorstellung von ihm selbst seyn; eine Satyre über die Weichlichkeit, die eine Folge des Wohlstands zu seyn pflegt; mit einer Entdekung der unendlichen Schmeicheleyen, die das Gefolge von Jugend und Reichthum sind. Timon. Must du dich dann in deinem eignen Werk als einen Nichtswürdigen abschildern? Willt du deine eigne Laster auf andrer Leute Rüken peitschen? Thue es, ich habe Gold für dich. Poet. Wir wollen ihn aufsuchen. Wer einen Vortheil einzuholen Zu spät kommt, hat sich selbst bestohlen. Mahler. Ihr habt recht. Poet. Such', was dir fehlt, bey Tag, der unbezahlt dir scheint; Die Nacht im schwarzen Flor ist niemands Freund. Kommt! Timon. Ich will euch beym Umkehren entgegen kommen--Was für ein Gott ist Gold, daß er in Tempeln verehrt wird, die verächtlicher sind als die Oerter, wo Schweine ihre Speise suchen. Du bist es der das Schiff ausrehdet, und die beschäumten Wellen pflügt; du verschaffst dem Sclaven Bewundrung und Ehrfurcht; niemals möge dein Dienst abnehmen, und verderbliche Plagen sollen deine Anbeter umkränzen!-- Izt ist es Zeit, ihnen entgegen zu kommen. Poet. Heil dir, würdiger Timon. Mahler. Einst unser edler Gebieter. Timon. Wie, erleb' ich es, noch zween ehrliche Männer zu sehen? Poet. Mein Herr, da wir so viel Gutes von euch genossen haben, und vernehmen mußten, daß ihr euch entfernt, und daß alle eure Freunde abgefallen, für deren undankbare Gemüther--(oh, verabscheuungswürdige Seelen!) alle Ruthen des Himmels nicht hinreichend sind--Was? von euch? dessen Stern-gleiche Großmuth Leben und Einflüsse ihrem ganzen Wesen gab? Ich komme ganz ausser mich, und kan keine Worte groß genug finden, die ungeheure Grösse dieser Undankbarkeit darein zu kleiden. Timon. Laßt sie nakend gehen, so sehen die Leute sie desto besser; ihr, die ihr ehrliche Männer seyd, macht durch das, was ihr seyd, das was sie sind am besten sichtbar. Mahler. Er und ich haben in dem grossen Regen eurer Freygebigkeit gereißt, und ihn auf eine angenehme Art empfunden. Timon. Ja, ihr seyd ehrliche Männer. Mahler. Wir sind hieher gekommen, euch unsre Dienste anzubieten. Timon. Sehr ehrliche Männer! Wie kan ich's euch wett machen? Könnt ihr Wurzeln essen, und kaltes Wasser trinken? Nein. Beyde. Wir wollen thun, was wir nur immer können, um euch Dienste zu leisten. Timon. Ihr seyd ehrliche Männer; ihr habt gehört, daß ich Gold habe; ich bin versichert, ihr habt's gehört; sagt die Wahrheit, ihr seyd ehrliche Männer. Mahler. So sagt man, mein edler Lord; allein deßwegen kam ich und mein Freund nicht hieher. Timon. Guter ehrlicher Mann; du mahlst das beste Portrait unter allen Mahlern in Athen; du bist, in der That, der beste; du mahlst vortreflich nach dem Leben. Mahler. So, so, Gnädiger Herr. Timon. Eben so, mein Herr, wie ich sagte. (Zum Poet.) Und was deine Gedichte betrift, deine Verse fliessen so voll und lieblich, daß du in deiner Kunst eben so natürlich bist. Allein eben darum, meine ehrlich-gesinnten Freunde, muß ich euch sagen, ihr habt einen kleinen Fehler; der aber in der That euch nicht sehr entstellt; auch wünscht' ich nicht, daß ihr euch grosse Mühe gäbet, ihn zu verbessern. Beyde. Wir bitten Euer Gnaden ihn uns bekannt zu machen. Timon. Ihr möchtet es übel aufnehmen. Beyde. Mit höchstem Dank, Gnädiger Herr. Timon. Ist das euer Ernst? Beyde. Zweifelt nicht daran, Milord. Timon. Es ist niemals einer von euch allein, ohne sich einem Spizbuben anzuvertrauen, der euch gewaltig hinter's Licht führt. Beyde. Thun wir das, Gnädiger Herr? Timon. Das thut ihr, und ihr hört seine Schmeicheleyen; seht wie er sich verstellt, kennt seine groben Schelmstüke, und doch liebt ihr ihn, gebt ihm zu essen, und tragt ihn in euerm Busen; aber seyd versichert, er ist ein ausgemachter Spizbube. Mahler. Ich kenne keinen solchen, Gnädiger Herr. Poet. Noch ich. Timon. Schaut ihr, ihr seyd mir lieb, ich will euch Gold geben, wenn ihr mir diese Schelmen aus eurer Gesellschaft ausstossen wollt; hängt sie oder erstecht sie, gebt ihnen Gift ein, oder schaft sie sonst auf eine Art aus der Welt, und kommt wieder zu mir, so will ich euch Gold genug geben. Beyde. Nennet sie, Gnädiger Herr, wir möchten sie kennen. Timon. Geht ihr auf diese Seite, und ihr auf diese--Aber es sollte jeder allein seyn--wenn jeder von euch ganz allein und einzeln ist, so hält ihm doch ein Erz-Spizbube Gesellschaft. (Zum Mahler.) Wenn da wo du bist, nicht zween Spizbuben seyn sollen, so komm ihm nie zu nah-- (Zum Poet.) Wenn du nirgends seyn willt, als wo nur ein Spizbube ist, so verlaß ihn. Fort, pakt euch, hier ist Gold; (Er giebt ihnen Schläge.) ihr kamet um Gold zu kriegen, ihr Sclaven; ihr habt Arbeit für mich;--hier ist eure Bezahlung--Fort--Ihr seyd ein Alchymist, macht Gold aus diesem; fort, ihr Lumpenhunde! (Er prügelt sie, und jagt sie fort.) Dritte Scene. (Flavius und zween Senatoren treten auf.) Flavius. Es ist umsonst, wenn ihr den Timon sprechen wollt; denn er ist so gänzlich auf sich allein eingeschränkt, daß er nichts was einem Menschen gleich sieht, ausser sich selbst, um sich leiden kan. 1. Senator. Führt uns zu seiner Höle; es ist unser Auftrag, und wir haben uns den Atheniensern dazu verpflichtet, mit Timon zu reden. 2. Senator. Die Menschen sind nicht zu allen Zeiten gleich; Umstände und Kummer haben ihm diesen Humor gegeben; die Zeit, die ihm nun die Glükseligkeiten seiner ehmaligen Tage wieder anbietet, kan ihn wieder zu dem vorigen Mann machen; führt uns zu ihm, es mag gehen wie es will. Flavius. Hier ist seine Höle! Fried' und Zufriedenheit wohne hier, Lord Timon! Timon, schaue heraus, und rede mit Freunden; die Athenienser grüssen dich durch zwey Mitglieder ihres höchst ehrwürdigen Senats; rede mit ihnen, edler Timon. (Timon kommt aus seiner Höle heraus.) Timon. Du Sonne, anstatt zu erquiken, brenne!--Redet, und dann geht an den Galgen! wenn ihr für jedes wahre Wort eine Blatter kriegtet, und für jedes falsche bis auf die Wurzel eurer Zunge gebrannt würdet, so würd' euer Vortrag nicht lange dauern. 1. Senator. Würdiger Timon-- Timon. Ja, solcher Leute würdig wie ihr seyd, und ihr des Timons. 2. Senator. Die Senatoren von Athen grüssen dich, Timon. Timon. Ich dank' ihnen, und wollt' ihnen die Pest dafür zurük schiken, wenn ich sie kriegen könnte. 1. Senator. O vergiß dessen, an was wir selbst ohne Schaam und Kummer nicht denken können; die Senatoren ruffen dich mit einhelliger Freundschaft nach Athen zurük, und sind darauf bedacht, dich mit den ansehnlichsten Ehrenstellen zu überhäuffen, die für dich erledigt ligen. 2. Senator. Sie bekennen, daß ihre Unachtsamkeit auf deine Verdienste zu allgemein, zu groß gewesen; die ganze Republik, (die sonst selten Palinodien zu singen pflegt,) hat durch das Gefühl, wie sehr ihr Timon mangelt, eine lebhafte Empfindung von dem Unrecht bekommen, das sie sich selbst angethan, indem sie dem Timon ihren Beystand entzogen; und sendet uns nun, dir darüber ihre reuvolle Bekümmerniß zu bezeugen, und dir zugleich einen Ersaz anzubieten, den ihr Vergehen nicht um eine Drachme überwiegen soll; ja so überhäufte Summen von Liebe, Ansehn und Reichthum, daß sie jede Spur der vergangnen Kränkungen in deinem Andenken auslöschen, und die Figuren ihrer Liebe so tief in dich eindrüken sollen, daß sie auf ewig unauslöschlich dauern werden. Timon. Ihr bezaubert mich, überrascht mich durch eure Beredsamkeit beynahe zu Thränen; leiht mir eines Narren Herz, und die Augen eines Weibs, so will ich über diese tröstlichen Sachen weinen, würdige Senatoren. 1. Senator. Laß dir also gefallen mit uns zurük zu kehren, und die Ober- Befehlhabers-Stelle über unser Athen, dein und unser Athen, anzunehmen: Du sollt mit allgemeinen Dankbezeugungen eingeholt, und mit dem völligen Ansehn der höchsten Gewalt bekleidet werden; so werden wir bald die wilden Anfälle des Alcibiades zurük getrieben haben, der izt, wie ein ergrimmter Bär, den Frieden seines Vaterlands aufwühlt, 2. Senator. und sein dräuendes Schwerdt gegen die Mauern von Athen gezükt hält. 1. Senator. Daher, Timon-- Timon. Gut, mein Herr, ich will; daher will ich, mein Herr; so, nemlich-- Wenn Alcibiades meine Landsleute umbringt, so laßt den Alcibiades vom Timon dieses wissen, daß Timon sich nichts darum bekümmert. Wenn er das schöne Athen zu einem Steinhauffen macht, wenn er eure wakern alten Männer bey den Bärten zieht, und eure keuschen Jungfrauen der Beflekung des schaamlosen, viehischen, wüthenden Kriegs Preiß giebt, so laßt ihn wissen--und sagt ihm, Timon hab' es gesagt--Aus Mitleiden mit euern Alten und mit eurer Jugend kan ich nicht anders als ihm sagen lassen, daß ich--nichts darnach frage. Und laßt es ihn im schlimmsten Sinn nehmen als er will, denn ihre Messer fragen auch nichts darnach, daß ihr Gurgeln zum Antworten habt. Was mich selbst betrift, so ist in seinem ganzen zaumlosen Lager kein so kleines Taschen-Messer, das ich nicht höher schäze und liebe, als die ehrwürdigste Gurgel in Athen. Und hiemit überlaß ich euch der Obhut der Götter, wie Diebe ihren Hütern. Flavius. Bleibet nicht länger, es ist alles umsonst. Timon. Wie, ich war eben im Begriff, meine Grabschrift zu schreiben; morgen wird man sie sehen können. Meine lange Krankheit an Gesundheit und Leben fängt an sich zu bessern, und Nichts bringt mir Alles.--Geht, lebt immerhin; Alcibiades sey eure Geissel, ihr die seinige; und so daurt einander aus, so lang es möglich ist! 1. Senator. Alles, was wir reden könnten ist umsonst. Timon. Und doch lieb' ich mein Vaterland noch; und bin keiner, der an dem allgemeinen Schiffbruch seine Freude hat, wie die Sage von mir geht. 1. Senator. Das ist wol gesprochen. Timon. Empfehlt mich meinen werthesten Mitbürgern. 1. Senator. Das sind Worte, die euern Lippen wol anstehen! 2. Senator. Und in unsre Ohren, wie triumphierende Sieger durch ihre zujauchzenden Thore, eingehen. Timon. Empfehlt mich ihnen, und sagt ihnen, um ihnen in ihren bekümmerten Umständen, ihrer Furcht vor feindlichen Streichen, ihren Drangsalen, ihrem grossen Verlust, ihren Liebes-Aengsten, und andern dergleichen zufälligen Wehen, die das zerbrechliche Gefäß der menschlichen Natur in der ungewissen Reise des Lebens auszustehen hat, einige Linderung zu verschaffen, woll' ich ihnen noch eine Probe von meiner gütigen Gemüthsart geben, und ihnen ein Mittel sagen, wodurch sie dem Grimm des Alcibiades zuvorkommen können. 2. Senator (leise.) Das geht ganz gut; er wird mit uns zurük kommen. Timon. Ich habe einen Baum, der hier in meinem Einfang wächßt, und den ich zu meinem eignen Gebrauch nächstens fällen muß. Sagt meinen Freunden, den Atheniensern, allen ohne Ausnahm, von dem Höchsten bis zum Niedrigsten; daß ein jeder der Lust habe, allem seinem Leid ein Ende zu machen, unverzüglich hieher kommen, und eh noch mein Baum die Axt gefühlt hat, sich daran aufhängen soll--Ich bitte euch, richtet es wohl aus. Flavius. Beunruhigt ihn nicht länger, ihr werdet ihn nie anders finden. Timon. Kommt nicht wieder zu mir, sondern sagt den Atheniensern: Timon habe seine immerwährende Wohnung an dem äussersten Strande der gesalznen Fluth genommen, wo die ungestümen Wellen sie alle Tage einmal mit ihrem schwellenden Schaum bedeken werden. Dahin kommt, und laßt meinen Grabstein euer Orakel seyn. Schliesset euch nun, meine Lippen, und macht euern Verwünschungen ein Ende; Pest und Verderben vollende, was ihr vergessen habt; Gräber allein seyen der Menschen Arbeit, und Tod ihr Gewinn! Sonne, verbirg deine Stralen! Timon hat seinen Lauf vollbracht. (Timon geht ab.) 1. Senator. Sein Unwille und Gram ist auf eine unzertrennliche Art mit seinem Wesen zusammengewachsen. 2. Senator. Unsre Hoffnung auf ihn ist todt; laßt uns zurük kehren, und sehen, was für andre Mittel uns in dieser äussersten Gefahr noch übrig sind. 1. Senator. Wir haben keinen Augenblik zu versäumen. Vierte Scene. (Die Mauern von Athen.) (Zween andre Senatoren mit einem Boten treten auf.) 1. Senator (zum Bot.) Du hast grosse Mühe bey deiner Auskundschaftung gehabt; sind denn seine Linien so voll wie man sagt? Bote. Ich habe die geringste Zahl angegeben; zudem, so macht er Anstalten, unmittelbar vor die Stadt anzurüken. 2. Senator. Wir sind in grosser Gefahr, wenn sie den Timon nicht mit sich bringen. Bote. Ich begegnete unterwegs einem Courier, einem alten guten Freund von mir; wir sind zwar von entgegenstehenden Partheyen; allein unsre alte Liebe hatte doch Stärke genug, zu machen, daß wir wie gute Freunde mit einander sprachen. Dieser Mann war in Eile von Alcibiades nach Timons Höle abgeschikt mit Briefen, worinn er ihn einlud, seine Parthey wider eure Stadt zu verstärken, um so mehr als das Unrecht, so dem Timon angethan worden, eine von den Ursachen sey, die ihn in Waffen gesezt habe. (Andre Senatoren zu den Vorigen.) 1. Senator. Hier kommen unsre Brüder. 3. Senator. Redet nicht von Timon, erwartet nichts von ihm; man hört schon die Trummeln der Feinde, und das fürchterliche Stampfen ihrer Tritte füllt die Luft mit Staub. Hinein, und macht euch gefaßt; ich besorge, unsre Gegenwehr werde wenig helfen. (Sie gehen ab.) (Ein Soldat geht in den Wald hinein, und sucht den Timon.) Soldat. Der Beschreibung nach muß dieses der Ort seyn. Wer ist hier? Antworte! he! Keine Antwort?--was ist diß?--ha! Timon todt ausgestrekt? Irgend ein wildes Thier muß dieses Grabmal aufgewühlt haben, denn hier lebt kein Mensch. Er ist todt, so ist's, und diß ist sein Grab--Was ist auf diesem Stein? Ich kan nicht lesen; aber ich will die Schrift in Wachs abdruken; unser General versteht alles, er ist alt an Wissenschaft, obgleich jung an Tagen; anstatt ihm seinen Freund zu bringen, bring ich ihm seine Grabschrift. (Er geht ab.) Fünfte Scene. (Vor den Mauern von Athen.) (Trompeten. Alcibiades zieht mit seinem Heer auf.) Alcibiades. Verkündigt dieser feigen und von Wollust aufgelösten Stadt unsre fürchterliche Ankunft. (Man hört Schamade schlagen. Die Senatoren lassen sich auf den Mauern sehen.) Bis izt habt ihr ohne Scheu euerm ausschweiffenden Uebermuth den Zügel gelassen, und eure Willkühr zum Zwek der Geseze gemacht. Lange genug sind ich und andre, die im Schatten eurer Gewalt schliefen, mit verkehrten Waffen, wie Nachtwandrer, herumgeirret, und haben unsre Bedrükung umsonst in Klagen ausgehaucht. Nun ist die Zeit gekommen, da das überladne Mark unter der übermässigen Last ausruft: Es ist genug*; nun soll die keuchende Beleidigung sich in eure grosse Lehnstühle werfen, und ausschnauben; und der aufgeschwollne Uebermuth vor Angst allen seinen Wind fahren lassen, und mit emporsträubenden Haaren davon lauffen. {ed.-* Das Mark wurde für die Quelle der Stärke gehalten. Das Bild ist von einem Cameel hergenommen, welches auf den Knien ligt, um seine Last aufzunehmen; und gleich aufsteht, wenn man ihm mehr auflegen will, als es tragen kan. Warbürton.} 1. Senator. Edler Jüngling, da deine ersten Beschwerden nur noch Gedanken waren, eh du Macht hattest oder wir Ursache hatten dich zu fürchten; sandten wir zu dir, deinen Zorn zu besänftigen, und versprachen, unsre Undankbarkeit mit überschwänglicher Liebe auszulöschen. 2. Senator. Wir hielten auch durch eine demüthige Gesandtschaft, und mit versprochner Besserung, bey dem verwandelten Timon an, unsrer Stadt seine Liebe wieder zu schenken; wir sind nicht alle undankbar, und verdienen nicht alle unter dem allgemeinen Streich des Krieges zu sinken. 1. Senator. Diese unsre Mauern sind nicht von den Händen derjenigen aufgeführt worden, von denen ihr Beleidigungen empfangen habt; und es wäre nicht billig, daß diese schönen Thürme, diese Tropheen und diese Schulen, um der Missethat etlicher Privatleute willen fallen sollten. 2. Senator. Diejenigen sind nicht einmal mehr am Leben, deren Bestraffung der erste Beweggrund euers Auszugs war. Schaam und Verdruß über die Folgen ihrer Unbesonnenheit hat ihnen das Herz gebrochen. Ziehe nur, o edler Lord, mit fliegenden Fahnen in unsre Stadt ein; laß, wenn deine Rache nach einer Nahrung hungert, wovor der Natur grauet, laß durch das fatale Loos den zehnten Mann sterben, und schone der übrigen. 1. Senator. Nicht alle haben gesündiget; es ist nicht billig, an den Unschuldigen die Rache zu nehmen, die nur die Schuldigen verdient haben. Verbrechen werden nicht mit den Gütern geerbt. Führ' also, theurer Mitbürger, deine Schaaren herein, aber laß deinen Zorn voraussen; schone deiner Atheniensischen Wiege, und dieser Geschlechter, die in dem Ungestüm deines Grimms mit denen, so gesündigt haben, fallen müßten. Komm, gleich einem Schäfer, in die Hürden, um die angestekten auszusondern, nicht alle zusammen zu erwürgen. 2. Senator. Wozu willst du dein Schwerdt wieder uns ziehen, da du uns durch dein Lächeln leichter zu allem was du willst, zwingen kanst? 1. Senator. Seze nur deinen Fuß gegen unsre verrigelten Thore, und sie sollen sich öffnen, wenn du dein gütiges Herz vorausschiken willst, uns zu versichern, daß du als Freund einziehen werdest. 2. Senator. Zieh deinen Handschuh, oder gieb uns ein andres Pfand deines Ehrenworts, daß du deine Macht nur zu deiner eignen Wiederherstellung, nicht zu unsrer Zerstörung, gebrauchen wollest; alle deine Kriegsschaaren sollen so lange in unsern Mauern ligen bleiben, biß deinen Fordrungen völlig genug geschehen seyn wird. Alcibiades. So ist dann hier mein Handschuh. Steigt herab, und öffnet eure wehrlosen Thore; diese Feinde des Timon und die meinige, deren Verurtheilung euch selbst übergeben seyn soll, diese allein sollen fallen; und euch zu zeigen, daß ihr von meinen edlern Gesinnungen nichts zu besorgen habt, so soll keiner von meinen Leuten sein angewiesenes Quartier überschreiten, oder den Lauf der bürgerlichen Ordnung in den Bezirken eurer Stadt stören, ohne von den öffentlichen Gesezen zur schärfsten Verantwortung gezogen zu werden. Beyde. Diß ist sehr edel gesprochen. Alcibiades. Kommet herab, und haltet euer Wort. (Ein Soldat tritt auf.) Soldat. Mein edler Obrister, Timon ist todt; an dem äussersten Ufer des Meers ist sein Grab, und auf dem Grabstein diese Aufschrift, die ich in Wachs mit mir genommen habe, damit dieser Abdruk der Dolmetscher meiner armen Unwissenheit sey. Alcibiades (ließt die Grabschrift:) Hier ligt ein unglüklicher Leichnam, von einer unglüklichen Seele verlassen; sucht meinen Namen nicht! Verderben über euch Bösewichter alle, die ich hinter mir lasse! Hier ligt Timon, der alle Menschen hassete; geh' vorbey, und fluch' ihm bis du genug hast, nur verweile dich nicht hier. Dieses drükt die lezten Bewegungen deiner Seele wohl aus; ob du gleich unser menschliches Mitleid verabscheuet, und die Thränen verschmähest, die der kargen Natur entfallen; so lehrte dich doch ein edler Stolz, den ungeheuern Neptun für ewig auf dein niedriges Grab weinen zu lassen--Wohlan--die Fehler sollen vergeben seyn--Der edle Timon ist todt; und sein Gedächtniß soll eine unsrer Sorgen seyn--Führt mich in eure Stadt, und ich will mein Schwerdt mit Oelzweigen umwinden!-- Rührt die Trummeln, und rükt ein-- (Sie ziehen ab.) Timon von Athen, von William Shakespeare (Übersetzt von Christoph Martin Wieland). End of the Project Gutenberg EBook of Timon von Athen, by William Shakespeare *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK TIMON VON ATHEN *** This file should be named 7226-8.txt or 7226-8.zip Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. We are now trying to release all our eBooks one year in advance of the official release dates, leaving time for better editing. Please be encouraged to tell us about any error or corrections, even years after the official publication date. Please note neither this listing nor its contents are final til midnight of the last day of the month of any such announcement. The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A preliminary version may often be posted for suggestion, comment and editing by those who wish to do so. Most people start at our Web sites at: https://gutenberg.org or http://promo.net/pg These Web sites include award-winning information about Project Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!). Those of you who want to download any eBook before announcement can get to them as follows, and just download by date. This is also a good way to get them instantly upon announcement, as the indexes our cataloguers produce obviously take a while after an announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter. http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext03 or ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext03 Or /etext02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90 Just search by the first five letters of the filename you want, as it appears in our Newsletters. Information about Project Gutenberg (one page) We produce about two million dollars for each hour we work. The time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our projected audience is one hundred million readers. If the value per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2 million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+ We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002 If they reach just 1-2% of the world's population then the total will reach over half a trillion eBooks given away by year's end. The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks! This is ten thousand titles each to one hundred million readers, which is only about 4% of the present number of computer users. Here is the briefest record of our progress (* means estimated): eBooks Year Month 1 1971 July 10 1991 January 100 1994 January 1000 1997 August 1500 1998 October 2000 1999 December 2500 2000 December 3000 2001 November 4000 2001 October/November 6000 2002 December* 9000 2003 November* 10000 2004 January* The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium. We need your donations more than ever! As of February, 2002, contributions are being solicited from people and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut, Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois, Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts, Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio, Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West Virginia, Wisconsin, and Wyoming. We have filed in all 50 states now, but these are the only ones that have responded. As the requirements for other states are met, additions to this list will be made and fund raising will begin in the additional states. Please feel free to ask to check the status of your state. In answer to various questions we have received on this: We are constantly working on finishing the paperwork to legally request donations in all 50 states. If your state is not listed and you would like to know if we have added it since the list you have, just ask. While we cannot solicit donations from people in states where we are not yet registered, we know of no prohibition against accepting donations from donors in these states who approach us with an offer to donate. International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made deductible, and don't have the staff to handle it even if there are ways. Donations by check or money order may be sent to: Project Gutenberg Literary Archive Foundation PMB 113 1739 University Ave. Oxford, MS 38655-4109 Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment method other than by check or money order. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN [Employee Identification Number] 64-622154. Donations are tax-deductible to the maximum extent permitted by law. As fund-raising requirements for other states are met, additions to this list will be made and fund-raising will begin in the additional states. We need your donations more than ever! You can get up to date donation information online at: https://www.gutenberg.org/donation.html *** If you can't reach Project Gutenberg, you can always email directly to: Michael S. HartProf. Hart will answer or forward your message. We would prefer to send you information by email. **The Legal Small Print** (Three Pages) ***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS**START*** Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers. They tell us you might sue us if there is something wrong with your copy of this eBook, even if you got it for free from someone other than us, and even if what's wrong is not our fault. So, among other things, this "Small Print!" statement disclaims most of our liability to you. It also tells you how you may distribute copies of this eBook if you want to. *BEFORE!* YOU USE OR READ THIS EBOOK By using or reading any part of this PROJECT GUTENBERG-tm eBook, you indicate that you understand, agree to and accept this "Small Print!" statement. If you do not, you can receive a refund of the money (if any) you paid for this eBook by sending a request within 30 days of receiving it to the person you got it from. If you received this eBook on a physical medium (such as a disk), you must return it with your request. ABOUT PROJECT GUTENBERG-TM EBOOKS This PROJECT GUTENBERG-tm eBook, like most PROJECT GUTENBERG-tm eBooks, is a "public domain" work distributed by Professor Michael S. Hart through the Project Gutenberg Association (the "Project"). Among other things, this means that no one owns a United States copyright on or for this work, so the Project (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth below, apply if you wish to copy and distribute this eBook under the "PROJECT GUTENBERG" trademark. Please do not use the "PROJECT GUTENBERG" trademark to market any commercial products without permission. To create these eBooks, the Project expends considerable efforts to identify, transcribe and proofread public domain works. Despite these efforts, the Project's eBooks and any medium they may be on may contain "Defects". Among other things, Defects may take the form of incomplete, inaccurate or corrupt data, transcription errors, a copyright or other intellectual property infringement, a defective or damaged disk or other eBook medium, a computer virus, or computer codes that damage or cannot be read by your equipment. LIMITED WARRANTY; DISCLAIMER OF DAMAGES But for the "Right of Replacement or Refund" described below, [1] Michael Hart and the Foundation (and any other party you may receive this eBook from as a PROJECT GUTENBERG-tm eBook) disclaims all liability to you for damages, costs and expenses, including legal fees, and [2] YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE OR UNDER STRICT LIABILITY, OR FOR BREACH OF WARRANTY OR CONTRACT, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR INCIDENTAL DAMAGES, EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH DAMAGES. If you discover a Defect in this eBook within 90 days of receiving it, you can receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending an explanatory note within that time to the person you received it from. If you received it on a physical medium, you must return it with your note, and such person may choose to alternatively give you a replacement copy. If you received it electronically, such person may choose to alternatively give you a second opportunity to receive it electronically. THIS EBOOK IS OTHERWISE PROVIDED TO YOU "AS-IS". NO OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, ARE MADE TO YOU AS TO THE EBOOK OR ANY MEDIUM IT MAY BE ON, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR A PARTICULAR PURPOSE. Some states do not allow disclaimers of implied warranties or the exclusion or limitation of consequential damages, so the above disclaimers and exclusions may not apply to you, and you may have other legal rights. INDEMNITY You will indemnify and hold Michael Hart, the Foundation, and its trustees and agents, and any volunteers associated with the production and distribution of Project Gutenberg-tm texts harmless, from all liability, cost and expense, including legal fees, that arise directly or indirectly from any of the following that you do or cause: [1] distribution of this eBook, [2] alteration, modification, or addition to the eBook, or [3] any Defect. DISTRIBUTION UNDER "PROJECT GUTENBERG-tm" You may distribute copies of this eBook electronically, or by disk, book or any other medium if you either delete this "Small Print!" and all other references to Project Gutenberg, or: [1] Only give exact copies of it. Among other things, this requires that you do not remove, alter or modify the eBook or this "small print!" statement. You may however, if you wish, distribute this eBook in machine readable binary, compressed, mark-up, or proprietary form, including any form resulting from conversion by word processing or hypertext software, but only so long as *EITHER*: [*] The eBook, when displayed, is clearly readable, and does *not* contain characters other than those intended by the author of the work, although tilde (~), asterisk (*) and underline (_) characters may be used to convey punctuation intended by the author, and additional characters may be used to indicate hypertext links; OR [*] The eBook may be readily converted by the reader at no expense into plain ASCII, EBCDIC or equivalent form by the program that displays the eBook (as is the case, for instance, with most word processors); OR [*] You provide, or agree to also provide on request at no additional cost, fee or expense, a copy of the eBook in its original plain ASCII form (or in EBCDIC or other equivalent proprietary form). [2] Honor the eBook refund and replacement provisions of this "Small Print!" statement. [3] Pay a trademark license fee to the Foundation of 20% of the gross profits you derive calculated using the method you already use to calculate your applicable taxes. If you don't derive profits, no royalty is due. Royalties are payable to "Project Gutenberg Literary Archive Foundation" the 60 days following each date you prepare (or were legally required to prepare) your annual (or equivalent periodic) tax return. Please contact us beforehand to let us know your plans and to work out the details. WHAT IF YOU *WANT* TO SEND MONEY EVEN IF YOU DON'T HAVE TO? Project Gutenberg is dedicated to increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine readable form. The Project gratefully accepts contributions of money, time, public domain materials, or royalty free copyright licenses. Money should be paid to the: "Project Gutenberg Literary Archive Foundation." If you are interested in contributing scanning equipment or software or other items, please contact Michael Hart at: [email protected] [Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only when distributed free of all fees. Copyright (C) 2001, 2002 by Michael S. Hart. Project Gutenberg is a TradeMark and may not be used in any sales of Project Gutenberg eBooks or other materials be they hardware or software or any other related product without express permission.] *END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*