Othello

By William Shakespeare

The Project Gutenberg EBook of Othello, by William Shakespeare
#32 in our series by William Shakespeare

Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the
copyright laws for your country before downloading or redistributing
this or any other Project Gutenberg eBook.

This header should be the first thing seen when viewing this Project
Gutenberg file.  Please do not remove it.  Do not change or edit the
header without written permission.

Please read the "legal small print," and other information about the
eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file.  Included is
important information about your specific rights and restrictions in
how the file may be used.  You can also find out about how to make a
donation to Project Gutenberg, and how to get involved.


**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**

**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**

*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****


Title: Othello

Author: William Shakespeare

Release Date: December, 2004 [EBook #7185]
[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
[This file was first posted on March 24, 2003]

Edition: 10

Language: German


*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK OTHELLO ***




Produced by Delphine Lettau




Othello, der Mohr von Venedig.

William Shakespeare

Ein Trauerspiel.

Übersetzt von Christoph Martin Wieland

Personen.

Der Herzog von Venedig.
Brabantio, ein Edler Venetianer.
Gratiano, dessen Bruder,
Lodovico, derselben Neffe.
Othello, der Mohr, Venetianischer General in Cypern.
Cassio, sein General-Lieutenant.
Jago, Fähndrich des Othello.
Rodrigo, ein einfältiger Junker, in Desdemona verliebt.
Montano, des Mohren Vorfahrer im Commando zu Cypern.
Hans Wurst, des Mohren Diener.
Ein Herold.
Desdemona, des Brabantio Tochter.
Emilia, Jago's Weib.
Bianca, eine Courtisane, Cassio's Liebste.
Officiers, verschiedene Cavaliers, Abgeordnete, Musicanten,
Matrosen, und Bediente.

Der Schau-Plaz ist im ersten Aufzug in Venedig; und durch das ganze
übrige Stük in Cypern.




Erster Aufzug.



Erste Scene.
 (Eine Strasse in Venedig.)
 (Rodrigo und Jago treten auf.)


Rodrigo.
Stille, sage mir nichts mehr davon, ich nehm' es sehr übel, daß du,
Jago, der du mit meinem Beutel schalten und walten durftest, als ob
er dein eigen gewesen wäre, Nachricht von diesem--

Jago.
Ihr wollt mich ja nicht anhören: Wenn ich jemals von so was nur
geträumt habe, so seht mich als ein Scheusal an.

Rodrigo.
Du sagtest mir, du trügest einen unversöhnlichen Haß gegen ihn.

Jago.
Speyt mir ins Gesicht, wenn's nicht so ist.  Drey grosse Männer in
dieser Stadt zogen, in eigner Person, die Müzen bis auf den Boden
vor ihm ab, daß er mich zu seinem Lieutenant machen möchte: Und, so
wahr ich ein ehrlicher Mann bin, ich kenne mich, ich weiß, daß ich
keinen schlechtern Plaz werth bin.

Aber er, dessen hochmüthiger Eigensinn andre Absichten hatte,
entwischte ihnen mit einem Galimathias von Umständen, und
rauhtönenden Kriegs-Kunst-Wörtern; und das Ende vom Liede war, daß
er meine Gönner mit einer langen Nase abziehen ließ.  Es ist mir
leid, sagt er, aber ihr kommt zu spät; ich habe mir meinen
Lieutenant schon ausersehen.  Und wer ist denn der?  Ein gewisser
Michel Cassio, ein Bursche, der noch keinen Feldzug gethan hat, der
von Anordnung eines Treffens gerade so viel versteht als eine Woll-
Spinnerin--nichts als was er aus Büchern gelernt, blosse Theorie,
wovon unsre ehrsamen, friedliebenden Senatoren eben so gelehrt
sprechen können als er; blosses Gewäsche, ohne Erfahrung--Das ist
alles, was er vom Krieg versteht--Der hatte den Vorzug; und ich,
von dem seine Augen in Rhodis, in Cypern, und in so vielen andern
Orten, auf Christlichem und Heidnischem Boden, die Proben gesehen
haben; ich muß mich mit Complimenten und Versprechungen abspeisen
lassen--ich bin euer Schuldner, mein Herr, habt Geduld  wir wollen
schon Gelegenheit finden, mit einander abzurechnen, und dergleichen-
-Kurz, er muß nun sein Lieutenant seyn, und ich, Dank sey den
Göttern!  seiner Mohrischen Excellenz demüthiger Fahnen-Junker.

Rodrigo.
Beym Himmel, ich wollte lieber sein Profos seyn.

Jago.
Dafür ist nun kein Kraut gewachsen Es geht im Dienste nicht anders;
Befördrung geht heutigs Tags nach Gunst und Empfehlungs-Schreiben,
und nicht nach der Zeit, die man im Dienste gewesen ist, wie vor
Zeiten, da der zweyte allemal den erstern erbte.  Nun, mein Herr,
mach' ich euch selbst zum Richter, ob ich mit einigem Schein der
Wahrheit beschuldiget werden kan, daß ich den Mohren liebe.

Rodrigo.
Ich möchte nicht gerne haben, daß du ihn begleitest.

Jago.
O mein Herr, das laßt euch keine Sorge machen; ich begleite ihn, um
mir selbst auf seine Unkosten Dienste zu thun.  Wir können nicht
alle Befehlhaber seyn, und nicht alle Befehlhaber können getreue
Diener haben.  Ihr werdet in der Welt manchen Dienst-ergebenen,
knie-biegenden Schurken sehen, der unter einer vieljährigen treu-
eyfrigen Dienstbarkeit endlich so grau wird wie seines Herrn Esel,
ohne etwas anders davon zu haben, als daß er gefüttert, und wenn er
alt ist gar abgedankt wird.  Peitscht mir solche gutherzige
Schurken--Dagegen giebt es andre, die zwar ihr Gesicht meisterlich
in pflichtschuldige Falten zu legen wissen, aber ihr Herz hingegen
vor aller fremden Zuneigung rein bewahren; die ihren Herren nichts
als den äusserlichen Schein der Ergebenheit und eines erdichteten
Eifers zeigen, aber eben dadurch ihre Sachen am besten machen, und
wenn sie ihre Pfeiffen geschnitten haben, davon gehen, und ihre
eigne Herren sind.  Das sind noch Leute die einigen Verstand haben,
und ich habe die Ehre einer von ihnen zu seyn.  Es ist so gewiß
als ihr Rodrigo seyd; wär' ich der Mohr, so möcht ich nicht Jago
seyn: izt dien ich, das wissen die Götter!  bloß um mir selbst zu
dienen, und nicht aus Ergebenheit und Liebe--ich stelle mich zwar
so, aber das hat seine Absichten--denn wahrhaftig, wenn mein
Gesicht, und meine äusserlichen Handlungen die wahre innerliche
Gestalt meines Herzens zeigten, so würde mein Herz in kurzem den
Krähen zum Futter dienen--Mein guter Freund, ich bin nicht, was ich
scheine.

Rodrigo.
Was für ein Glük macht der dik-maulichte Kerl, wenn er sie so davon
tragen kann!

Jago.
Ruft ihren Vater auf, wekt ihn auf, macht Lerm, versalzt ihm
wenigstens seinen Spaß; ruft es in den Strassen aus, jagt ihre
Verwandten in den Harnisch, und wenn ihr ihn aus dem Paradiese,
worein er sich eingenistert hat, nicht vertreiben könnt, so plagt
ihn doch mit Fliegen,

{ed. * Eine Anspielung auf die Beobachtung, daß die
schönsten und fruchtbarsten Gegenden des Erdbodens am meisten mit
Ungeziefer gestraft sind.}

so daß seine Freude, wenn sie gleich nicht
völlig aufhört Freude zu seyn, doch wenigstens durch die
Verdrießlichkeiten womit sie unterbrochen wird, etwas von ihrer
Farbe verliere.

Rodrigo.
Hier ist ihres Vaters Haus ich will ihm überlaut ruffen.

Jago.
Thut es, und mit einem so gräßlichen Ton, und Zetter-Geschrey, als
wie wenn bey Nacht durch Nachlässigkeit Feuer in einer volkreichen
Stadt ausgekommen ist.

Rodrigo.
He!  holla!  Brabantio!  Signor Brabantio!  he!

Jago.
Wacht auf!  he!  holla!  Brabantio!  he!  Diebe!  Diebe!
Seht zu euerm Haus, zu eurer Tochter, und zu euern Geld-Säken:
Diebe!  Diebe!



Zweyte Scene.
 (Brabantio zeigt sich oben an einem Fenster.)


Brabantio.
Was ist die Ursache dieser fürchterlichen Aufforderung?  Was
giebt's hier?

Rodrigo.
Signor, ist eure ganze Familie zu Hause?

Jago.
Sind alle eure Thüren verriegelt?

Brabantio.
Was sollen diese Fragen?

Jago.
Sakerlot!  Herr, man bestiehlt euch; zieht doch wenigstens einen
Rok an, und seht zu euern Sachen; man greift euch nach der Seele,
euer bestes Kleinod ist verlohren; eben izt in diesem Augenblik,
Herr, bespringt ein alter schwarzer Schaaf-Bok euer weisses Schaaf.
Auf, auf, wekt die schnarchenden Bürger mit der Sturm-Gloke, oder
der Teufel wird euch zum Großvater machen; auf, sag ich.

Brabantio.
Wie?  Habt ihr euern Verstand verlohren?

Rodrigo.
Mein hochzuverehrender Herr und Gönner, kennt ihr meine Stimme
nicht?

Brabantio.
Wahrlich nicht; wer seyd ihr dann?

Rodrigo.
Mein Nam' ist Rodrigo.

Brabantio.
Desto schlimmer!  Hab ich dir nicht verboten, um meine Thüren
herum zu schwärmen?  Hab ich dir nicht aufrichtig und ehrlich
herausgesagt, meine Tochter sey nicht für dich gemacht?  Und izt,
nachdem du dich voll gefressen und gesoffen hast, kommst du in
tollem Muthe boshafter Weise den Narren mit mir zu treiben, und
mich in der Ruhe zu stören?

Rodrigo.
Herr, Herr, Herr--

Brabantio.
Aber du darfst dich unfehlbar darauf verlassen, daß mein Unwille
und mein Ansehen es in ihrer Gewalt haben, dich theuer davor
bezahlen zu machen.

Rodrigo.
Geduld, mein guter Herr.

Brabantio.
Was sagst du mir von Dieben?  Wir sind hier in Venedig; mein Haus
ist keine Scheure.

Rodrigo.
Sehr ehrwürdiger Brabantio, ich komm in der Einfalt meines Herzens,
und in guter Meynung zu euch.

Jago.
Sakerlot!  Herr, ihr seyd, glaub ich, einer von denen die Gott den
Dienst aufkünden würden, wenn's der Teufel so haben wollte.  Weil
wir kommen, und euch einen Dienst thun wollen, so meynt ihr wir
seyen Spizbuben; ihr wollt also haben, daß eure Tochter von einem
Barber-Hengst belegt werden soll; ihr wollt haben, daß eure Enkel
euch anwiehern; ihr wollt Postklepper zu Vettern und kleine
Andalusische Stutten zu Basen haben.

Brabantio.
Was für ein heilloser Lotterbube bist du?

Jago.
Ich bin einer, Herr, der ausdrüklich hieherkommt euch zu sagen, daß
eure Tochter und der Mohr im Begriff sind das Thier mit zween Rüken
zu machen.

Brabantio.
Du bist ein Nichtswürdiger--

Jago.
Ihr seyd ein Senator.

Brabantio.
Du sollst mir das bezahlen.  Ich kenne dich, Rodrigo.

Rodrigo.
Mein Herr, ich bin für alles gut.  Aber ich bitte euch, hört mich
nur an.  Wenn es mit euerm guten Willen und hochweisen Beyfall
geschehen ist, (wie ich fast vermuthen sollte) daß eure schöne
Tochter, in dieser nehmlichen Nacht, in keiner bessern Begleitung
als eines gemietheten Schurken, eines Gondoliers, den viehischen
Umarmungen eines geilen Mohren zugeführt worden; wenn das, sag ich,
mit eurer Begnehmigung geschehen ist, so haben wir euch allerdings
gröblich beleidiget.  Wißt ihr aber nichts hievon, so sind wir
diejenigen, die sich über Unrecht zu beschweren haben; oder ich
verstehe nicht was die gute Lebensart mit sich bringt.  Glaubet
nicht, daß ich von allem Gefühl der Anständigkeit so sehr verlassen
sey, daß ich aus blossem Muthwillen hieher kommen und Eure
Excellenz zum Besten haben sollte.  Ich sag es noch ein mal, wenn
ihr eurer Tochter nicht die Erlaubniß dazu gegeben habt, so hat sie
sich sehr vergangen, indem sie ihre Pflicht, ihre Schönheit, ihren
Verstand, und ihr Vermögen einem herumirrenden Ritter, einem
Abentheurer, aufopfert, der hier und allenthalben ein Fremdling ist--
Verzieht nicht länger; sezt euch selbst ins Klare: Wenn sie in
ihrem Zimmer oder in euerm Hause zu finden ist, so laßt mich die
ganze Strenge der Justiz dafür erfahren, daß ich euch so mißhandelt
habe.

Brabantio.
Schlagt Feuer, he!  bringt mir ein Licht--Ruft meine Leute
zusammen--Dieser Zufall sieht meinem Traum nicht ungleich, und ich
sterbe vor Furcht, daß es so seyn möchte.  He!  Licht, sag ich,
Licht!

Jago.
Lebt wohl, ich kan mich nicht länger aufhalten--Es würde sich gar
nicht wol für meinen Plaz schiken, und mir in keinerley Absicht
gesund seyn, als ein Zeuge gegen den Mohren vorgeführt zu werden.
Die Gründe, die ihn zum Heerführer in dem Cyprischen Kriege, worinn
sie würklich begriffen sind, bestimmen, sind so dringend, daß sie,
für ihre Seelen, keinen andern von seinem Gewicht finden können,
dem sie dieses Geschäft mit Sicherheit anvertrauen dürften.  Bey
solchen Umständen muß ich, ob ich ihn gleich so herzlich hasse als
die Pein der Hölle, doch äusserlich, meines eignen Vortheils wegen,
dergleichen thun, als ob ich ihm gänzlich ergeben sey.  Damit ihr
ihn aber unfehlbar findet, so führet den Brabantio und seine Leute
zum Schüzen, und dort werd' ich bey ihm seyn.  Hiemit, gehabt euch
wol.

(Jago geht ab.)



Dritte Scene.
 (Brabantio und einige Bediente mit Fakeln.)


Brabantio.
Mein Unglük ist nur allzugewiß.  Sie ist weg; und Schmach und
Bitterkeit ist nun der Antheil meines übrigen Lebens.  Nun,
Rodrigo, wo sahst du sie?  O, das unglükselige Mädchen!  Mit dem
Mohren, sagst du?  Wer wollte mehr ein Vater seyn wollen?--Woher
wußtest du, daß sie's war?  O!  das ist unbegreiflich, wie sehr
ich mich an ihr betrogen habe!--Was sagte sie zu euch?--Noch mehr
Fakeln her--Ruft meine ganze Verwandtschaft zusammen--meynt ihr,
sie seyen schon verheurathet?

Rodrigo.
Ich denke freylich, sie sind's.

Brabantio.
O Himmel!  wie ist's möglich, daß sie so aus der Art schlagen
konnte!--Väter, forthin trauet euern Kindern nicht weiter als ihr
sie sehet.  Giebt es nicht Zauber-Mittel, wodurch die Unschuld
eines jungen unwissenden Mädchens verführt werden kan?  Habt ihr
nichts von dergleichen Dingen gelesen, Rodrigo?

Rodrigo.
Ja mein Herr, das hab' ich, in der That.

Brabantio (zu einem Bedienten.)
Ruft meinen Bruder; oh, wie wollt' ich izt, ihr hättet sie gehabt,
auf eine oder die andre Art--Wißt ihr, wo wir sie und den Mohren
antreffen können?

Rodrigo.
Ich denke, ich werde sie entdeken können, wenn es euch gefällt,
unter einer guten Bedekung mit mir zu gehen.

Brabantio.
Ich bitte euch, geht voran.  Ich will von Hause zu Hause ruffen;
ich kann befehlen, wenn's nöthig ist; schafft Waffen her, holla!
und holt einige Officiers, auf die man sich verlassen kan--Geht,
mein guter Rodrigo, ich will dankbar für eure Bemühung seyn.

(Sie gehen ab.)



Vierte Scene.
 (Verwandelt sich in eine andre Strasse vorm Schüzen.)
 (Othello, Jago, und Gefolge mit Fakeln.)


Jago.
Ob ich gleich, seitdem ich das Kriegs-Handwerk treibe, manchen im
Feld erschlagen habe, so mach' ich mir doch das grösseste Gewissen
draus, einen vorsezlichen Mord zu begehen!  Weniger Bedenklichkeit
würde manchmal mein Vortheil seyn--Ich dachte neun- oder zehn mal,
ich müßte ihm nothwendig eins unter die Ribben geben.

Othello.
Es ist besser, daß du's nicht gethan hast.

Jago.
Nein, aber er plapperte, er gayferte so lotterbübisches Zeug, und
in so empfindlichen Ausdrüken gegen eure Ehre, daß all mein Bißchen
Sanftmuth kaum zureichend war, mich bey Geduld zu erhalten.  Aber
ich bitte euch, mein Herr, seyd ihr auch recht gültig verheurathet?
Denn davon dürft ihr versichert seyn, daß der (Magnifico) sehr
beliebt ist, und daß seine Stimme in der Republik zum wenigsten so
viel zu bedeuten hat, als des Herzogs selbst: Er wird auf die
Zerreissung euers Bandes dringen, und wenn sich seine Macht auch so
weit nicht erstrekt, euch doch so viel Uebels thun, als das Gesez
in seiner äussersten Strenge ihm Befugniß geben kan.

Othello.
Er mag sein Aergstes thun; die Dienste, die ich der Regierung
gethan habe, werden seine Klagen weit überschreyen.  Es ist noch
unbekannt, (ich werd es aber beweisen, wenn die Rettung meiner Ehre
mich zu einem Schritt zwingt, den ich sonst als eine meiner
unwürdige Pralerey ansehe,) daß mein Blut aus einer königlichen
Quelle geflossen ist; und meine Verdienste allein sind, ohne
Vergrösserung, zulänglich auf ein so stolzes Glük Anspruch zu
machen, als dieses ist, dessen ich mich bemächtiget habe.  Denn
wisse, Jago, wär' es nicht, daß ich die reizende Desdemona liebe,
der Werth des ganzen Oceans sollte mich nicht bewegen, meine
Freyheit in die Fesseln des ehlichen Standes schliessen zu lassen.
Aber siehe, was für Lichter kommen dort?



Fünfte Scene.
 (Cassio, mit Fakeln, zu den Vorigen.)


Jago.
Es werden der aufgebrachte Vater und seine Freunde seyn--das beste
wär', ihr giengt hinein.

Othello.
Ich?  gewiß nicht, ich muß gefunden werden.  Meine Verdienste,
mein Titel, und mein unerschrokner Muth sollen mich in meinem
wahren Lichte zeigen.  Sind sie's?

Jago.
Beym Janus, ich denke, nein.

Othello.
Es sind Leute vom Herzog und mein Lieutenant: guten Abend, meine
Freunde; was bringt ihr Neues?

Cassio.
Der Herzog entbeut euch seinen Gruß, Feldherr; und ersucht euch mit
der eilfertigsten Behendigkeit, gleich diesen Augenblik, um eure
Gegenwart.

Othello.
Was meynt ihr, warum es zu thun sey?

Cassio.
Etwas von Cypern, soviel ich errathen kan.  Es muß eine dringende
Anliegenheit seyn.  Die Galeren haben in dieser nemlichen Nacht
zwölf Expressen hinter einander hergeschikt, ein grosser Theil der
Senatoren ist auf, und im Pallast des Herzogs versammelt.  Man
ließ euch sehr dringend ruffen, und da man euch nicht in euerm
Quartier fand, schikte der Senat drey verschiedene Partheyen aus,
euch überall aufzusuchen.

Othello.
Es ist gut, daß ihr mich gefunden habt: Ich habe nur ein Wort in
diesem Hause zu reden, und dann will ich mit euch gehen.

(Othello geht ab.)

Cassio.
Fähndrich, was thut er hier?

Jago.
Meiner Treue, er hat heute Nacht eine reiche Land-Caraque

{ed. * Eigner Name der ehmaligen grossen Portugiesischen
Kauf-Fardey-Schiffe.}

aufgebracht; wenn sie für gute Prise erklärt wird, so ist sein Glük
gemacht.

Cassio.
Ich weiß nicht, was ihr sagen wollt.

Jago.
Er hat sich verheurathet.

Cassio.
Mit wem?

Jago.
Bey G***, mit--he!  Herr General, wollt ihr gehen?  (Othello zu
den Vorigen.)

Othello.
Hier bin ich--

Cassio.
Da kommt eine andre Parthey, die euch sucht.



Sechste Scene.
 (Brabantio, und Rodrigo, mit Officieren, Bedienten und Fakeln.)


Jago.
Es ist Brabantio; General, nehmt euch in Acht; er hat nichts Gutes im Sinn.

Othello.
Holla!  Steht, ihr dort!

Rodrigo.
Signor, es ist der Mohr.

Brabantio.
Zu Boden mit ihm, dem Räuber!

(Sie ziehen auf beyden Seiten.)

Jago.
Wie, ihr, Rodrigo?--Kommt, mein Herr, ich bin auf eurer Seite--(Zu
Othello.)

Othello.
Stekt eure Degen ein, der Thau möchte sie rostig machen.  Werther
Signor, euer Alter wird euch mehr Gewalt geben, als eure Waffen.

Brabantio.
O du schändlicher Räuber!  Wo hast du meine Tochter hin verborgen?
Verdammlicher Bube!  Du hast sie bezaubert; denn ich will alles was
Vernunft hat den Ausspruch thun lassen, ob ein Mädchen, so jung, so
schön, so zärtlich als sie war, von ihrem Stand und Glük, und so
abgeneigt vom Heurathen, daß sie den Augen der auserlesensten und
reichsten von unsrer edelsten Jugend sich entzog--ob ein solches
Mädchen, ohne die fesselnde Gewalt zaubrischer Künste fähig gewesen
wäre, dem allgemeinen Spott Troz zu bieten, und aus dem väterlichen
Haus zu entlauffen, um in die russichten Arme eines solchen Dings
wie du, das geschikter ist Schreken zu erweken, als Liebe, sich
hinein zu stürzen?  Die ganze Welt sey Richter, ob es nicht
handgreiflich ist, daß du vermittelst schnöder Zauber-Mittel oder
Liebes-Tränke die das Hirn verrüken, ihre schuldlose Jugend
mißbraucht und verleitet hast--Ich will es untersucht haben: Es ist
wahrscheinlich, man kan sich nichts anders vorstellen.  Ich
arrestiere dich also hier, als einen Verführer und der hiezu
verbotne Künste treibt--Bemächtigt euch seiner; und wenn er sich
wehrt, so entwaffnet ihn auf seine Gefahr.

Othello.
Haltet ein, zu beyden Seiten; wenn es hier meine Scene zum Fechten
wäre, so würd' ich's ohne einen Einsager gewußt haben.  Wohin wollt
ihr, daß ich mit euch gehen soll, mich auf diese Anklage zu
verantworten?

Brabantio.
Ins Gefängniß, bis zur gehörigen Zeit, wo du vor der Gerichts-Bank
erscheinen sollst.

Othello.
Aber wenn ich euch gehorche, wie soll indeß der Herzog zufrieden
gestellt werden, dessen Abgeordnete hier zu meiner Seite und im
Begriff sind, mich in einer dringenden Angelegenheit des Staats zu
ihm zu führen?

Officier.
Diß verhält sich würklich so, sehr edler Herr; der Herzog ist im
Staats-Rath; und ich bin sicher, daß ihr gleichfalls dahin beruffen
worden seyd.

Brabantio.
Wie?  der Herzog im Staats-Rath?  In dieser späten Nacht?  Führt
ihn dahin; meine Sache ist keine Kleinigkeit.  Der Herzog selbst
und jeder von meinen Brüdern im Staat kan nicht anders als diese
Beleidigung so empfinden, als ob sie ihnen selbst angethan worden
wäre.  Wenn solche Frefel-Thaten ungestraft verübt werden dürften,
so würden bald Sclaven und Banditen unsre Befehlshaber seyn.

(Sie gehen ab.)



Siebende Scene.
 (Verwandelt sich in das Rath-Haus.)
 (Der Herzog und die Senatoren, an einer Tafel mit Lichtern sizend,
  und einige Officianten etc.)


Herzog.
Es ist zu wenig Uebereinstimmung in diesen Zeitungen, als daß sie
Glauben verdienen könnten.

1. Senator.
In der That, sie gehen weit von einander ab; meine Briefe sagen
hundert und sieben Galeren.

Herzog.
Und meine hundert und vierzig.

2. Senator.
Und die meinen zwoohundert; allein ob sie gleich in der Zahl nicht
zusammentreffen, (welches in Fällen, wo der Bericht nach blosser
Muthmassung gemacht werden muß, nicht zu verwundern ist,) so
stimmen doch alle darinn überein, daß eine türkische Flotte in der
See ist, und daß es auf Cypern abgesehen sey.

Herzog.
Es ist möglich, und wenn ich mich auch irren sollte, so werd' ich
doch alle Maaßnehmungen einer klugen Furcht, die allezeit die
Mutter der Sicherheit ist, bey diesen Umständen gut heissen.

Matrosen (hinter der Scene.)



Holla!  ho!  he!  aufgemacht!  (Die Matrosen kommen herein.)

Officiers.
Eine Bottschaft von den Galeeren.

Herzog.
Nun!--was ist euer Anbringen?

1. Matrose.
Ich habe Befehl der Regierung anzuzeigen, daß die Türkischen Kriegs-
Zurüstungen der Insel Rhodis gelten.

(Die Matrosen gehen ab.)

Herzog.
Was sagt ihr zu diesem Wechsel?

1. Senator.
Es kan nicht seyn, es ist ganz und gar nicht glaublich.  Es ist ein
blosser Kunstgriff, unsre Augen von der Seite abzuhalten, wo die
Gefahr würklich ist.  Wenn wir bedenken, wie wichtig Cypern den
Türken ist--wie viel gelegner es ihnen ist als Rhodis--und daß sie
die Eroberung desselben weit eher hoffen können, da es weniger
befestigt, und in allen Absichten in schwächerm Vertheidigungs-
Stand ist--Wenn wir dieses in gehörige Betrachtung ziehen, so
werden wir uns schwerlich einbilden können, daß der Türk so
unbesonnen seyn werde, eine reiche und leicht zu gewinnende Beute
fahren zu lassen, um sich an eine gefährliche und wenig
vortheilhafte Unternehmung zu wagen, von der er sich mit keiner
Wahrscheinlichkeit einen guten Erfolg versprechen kan.

Herzog.
In der That, allen Umständen nach ist es nicht auf Rhodis abgezielt.

Officiers.
Hier kommt wieder eine Zeitung.  (Ein Expresser tritt auf.)

Expresser.
Erlauchte und Gnädige Herren, die Ottomannen, die in geradem Lauf
gegen die Insel Rhodis gesegelt hatten, haben sich dort mit einem
kleinern Geschwader vereinbart--

1. Senator.
Das dacht' ich ja; wie stark haltet ihr sie?

Expresser.
Dreyßig Segel; und nun steuern sie ihren Lauf, ohne ihre wahre
Absichten länger zu verheelen, nach Cypern.  Signor Montano, euer
getreuer und tapfrer Befehlshaber auf dieser Insel, erstattet Euch,
unter Versicherung seiner pflichtvollen Ergebenheit, diesen Bericht,
und bittet ihm vollen Glauben beyzumessen.

Herzog.
Wir sind also nun gewiß, daß es um Cypern zu thun ist; ist Marcus
Luccicos nicht in der Stadt?

1. Senator.
Er ist würklich in Florenz.

Herzog.
Schreibet unverzüglich in unserm Namen an ihn, daß er sich mit der
äussersten Eilfertigkeit hieher begebe.

1. Senator.
Hier kommt Brabantio und der tapfre Mohr.



Achte Scene.
 (Brabantio, Othello, Cassio, Jago, Rodrigo und Officiers, zu den
  Vorigen.)


Herzog.
Tapfrer Othello, wir sind im Begriff Eurer gegen unsern allgemeinen
Feind Ottoman vonnöthen zu haben.

(Zu Brabantio.)
Ich sah euch nicht gleich; willkommen, werther Signor; wir
mangelten euern Rath und eure Hülfe diese Nacht.

Brabantio.
Und ich die eurige; vergebet mir, Durchlauchtigster; weder mein
Plaz, noch was mir von einem vorschwebenden Staats-Geschäfte gesagt
wurde, hat mich aus meinem Bette aufgewekt; das gemeine Wesen ficht
mich izt wenig an; mein Privat-Schmerz ist von einer so wüthenden
und ungestümen Art, daß er alle andre Sorgen verschlingt, und mich
nichts anders fühlen läßt.

Herzog.
Wie?  Was kan die Ursach seyn?

Brabantio.
Meine Tochter!  O!  meine Tochter!--

Senator.
Gestorben?

Brabantio.
Für mich wenigstens; sie ist verführt, von mir weggestohlen,
mißbraucht worden, durch Zauber-Mittel und Liebes-Tränke, den Kram
von Markt-Schreyern, zu Grunde gerichtet worden--Denn auf eine so
widernatürliche Art konnte die Natur (da sie weder dumm, noch blind,
noch schwach von Sinnen ist,) nicht ausschweiffen--Zauberey allein
konnte sie dahin bringen--

Herzog.
Wer der auch seyn mag, der durch so schändliche Mittel eure Tochter,
sich selbst, und euch entführt hat, dessen Urtheil sollt ihr
selbst in dem blutigen Gesez-Buch lesen, und selbst der Ausleger
des strengen Buchstabens seyn; ja, und wenn unser eigner Sohn der
Thäter wäre.

Brabantio.
Ich danke Eu.  Durchlaucht unterthänig.  Hier ist der Mann, dieser
Mohr, den nun eben, wie es scheint, euer Befehl, in Geschäften des
Staats hieher gebracht hat.

Alle.
Das thut uns herzlich leid.

Herzog (zu Othello.)

Und was könnt ihr, eurer Seits, hierauf antworten?

Brabantio.
Nichts, als daß es so ist.

Othello.
Erlauchte und Großmächtigste Herren, meine sehr edle, geliebte und
gnädige Gebieter; daß ich dieses alten Mannes Tochter entführt habe,
ist wahr; und wahr ist's, daß ich mit ihr vermählt bin--So weit
erstrekt sich die äusserste Linie meines Verbrechens, und weiter
nicht--Ich bin kein Redner, und wenig geübt in der friedsamen Kunst,
die Zuhörer durch Worte zu gewinnen--Seitdem diese meine Arme
siebenjähriges Mark hatten, bis izt, die leztverfloßnen neun oder
zehen Monate ausgenommen, sind die Arbeiten des Kriegs meine
einzige Beschäftigung gewesen--in diesen Kreis ist alle meine
Wissenschaft eingeschlossen, und das ist alles, wovon ich reden kan.
Ich werde also, indem ich für mich selbst rede, meiner Sache
wenig Vortheil verschaffen.  Und doch will ich, mit eurer Erlaubniß,
eine aufrichtige ungeschminkte Erzählung von dem ganzen Hergang
meiner Liebes-Geschichte machen; damit ihr sehet, durch was für
Tränke, Zauber-Formeln, Beschwörungen und übernatürliche Künste,
(weil ich doch solche Mittel gebraucht zu haben beschuldiget werde,)
ich seine Tochter gewonnen habe.

Brabantio.
Ein unschuldiges junges Mädchen, die immer das zärtlichste,
schüchternste Kind von der Welt war; eine so sanfte und ruhige
Seele, das jede ihrer Bewegungen über sich selbst zu erröthen
schien--und sie sollte, troz Natur, Jugend, Geburt, Ehre, allem in
der Welt, in einen Mann verliebt werden, den sie zu furchtsam war
nur anzusehen--Was für eine Art zu schliessen muß der haben, der
sich vorstellen kan, daß die Natur so weit von ihren eignen Gesezen
abweichen sollte--Es ist unmöglich; aus der Hölle mußten die
verdammten Künste hergeholt werden, die das zuwegebringen konnten.
Ich behaupte also noch einmal, daß er sie durch Tränke, die das
Blut in gewaltsame Unordnung sezen, oder durch irgend ein andres
übernatürliches Mittel mißbraucht und zu Falle gebracht habe.

Herzog.
Behaupten ist nicht Beweisen--es gehören stärkere Beweisthümer
hiezu als die blossen nakten Vermuthungen, die ihr, in ein dünnes
Gewand einer schaalen Wahrscheinlichkeit gekleidet, gegen ihn
aufzustellen vermeynt.

1. Senator.
Redet dann, Othello; brauchtet ihr krumme und gewaltsame
Kunstmittel, die Neigungen dieser jungen Tochter zu erzwingen; oder
erhieltet ihr sie durch Bitten, und auf diejenige Weise, wie eine
Seele die andre anzuziehen pflegt?

Othello.
Ich bitte euch, laßt die junge Dame aus dem Schüzen herholen, und
sich selbst in Gegenwart ihres Vaters erklären; findet ihr, daß
ihre Erzählung seine Anklage rechtfertiget, so entsezet mich nicht
nur aller Ehren und Würden, die ich von euch empfangen habe,
sondern laßt mein Leben selbst der strengen Gerechtigkeit verfallen
seyn.

Herzog.
Holet Desdemona hieher.

(Zween oder drey gehen ab.)

Othello (zu Jago.)

Fähndrich, weiset ihnen den Weg, ihr kennt den Ort am besten--

(Jago geht ab.)

--Und indessen bis sie kommt, will ich, so aufrichtig als ich dem
Himmel selbst die Vergehungen meines Blutes bekenne, dieser
ehrwürdigen Versammlung anzeigen, wie ich das Herz der schönen
Desdemona gewonnen habe.

Herzog.
Redet, Othello.

Othello.
Ihr Vater liebte mich, lud mich oft ein, fragte mich immer nach der
Geschichte meines Lebens, von Jahr zu Jahr, und ließ mich alle
Schlachten, Belagerungen und Abentheuer, durch die ich passiert bin,
erzählen.  Das that ich nun, und durchlief mein ganzes Leben, von
meinen kindischen Tagen an bis auf den nemlichen Augenblik, worinn
er mich erzählen hieß: Und da sprach ich ihm also von den
verschiedenen seltsamen Glüks-Wechseln, die ich erfahren, von
hunderterley tragischen und herzbrechenden Unfällen, die mir zu
Wasser und Land aufgestossen, und wie oft ich kaum noch auf der
Breite eines Haars dem eindringenden Tod entgangen; und wie ich in
die Hände grausamer Feinde gefallen, und zum Sclaven verkauft
worden; und wie ich wieder in Freyheit gekommen, und dann die ganze
Geschichte meiner irrenden Ritterschaft--als von ungeheuern Grotten,
und unterirdischen Gewölben, einöden Inseln, Steinbrüchen, Felsen
und Gebürgen, die mit dem Kopf am Himmel anstossen, und von
Cannibalen die einander aufessen und von Anthropophagen, und von
Leuten, die die Köpfe unter den Schultern tragen,--und was der
Dinge mehr war, womit ich ihn zu unterhalten pflegte.  Allem diesem
hörte dann Desdemona mit grosser Aufmerksamkeit zu; und obgleich
die Hausgeschäfte sie von Zeit zu Zeit wegrieffen, so machte sie
sich doch so schnell als sie konnte, davon los, kam wieder zurük
und verschlang meine Erzählung mit gierigem Ohr: Ich bemerkte
dieses, und da sich einst eine günstige Stunde anbot, wußte ich
bald Anlas zu machen, daß sie mich recht von Herzen bat, ihr die
ganze Geschichte meiner Reisen, wovon sie nur einzelne, zerrißne
Stüke gehört hatte, vollständig und im Zusammenhang zu erzählen:
Ich willigte ein, und lokte manche Thräne aus ihren schönen Augen,
wenn ich auf die verschiednen Trübsalen und Unfälle kam, die meine
Jugend ausgestanden.  Wie ich mit meiner Geschichte fertig war,
belohnte sie meine Mühe mit einer Welt voll Seufzer

{ed. * Es hieß "Küsse" in einigen Ausgaben; und das war freylich in
mehr als einer Betrachtung sehr ungereimt.  Pope hat die ächte
Lesart wieder hergestellt.  Das junge Fräulein, meynt er, wäre gar
zu freygebig gewesen, wenn sie für die blosse Erzählung einer
Historie eine Welt voll Küsse gegeben hätte--und er hat allerdings
recht.}

--sie schwur bey ihrer Treu, es sey ausserordentlich, über die
Maassen ausserordentlich--es sey rührend, zum Verwundern rührend--
Sie wünschte, sie hätte nichts davon gehört--und doch wünschte sie,
der Himmel hätte einen solchen Mann für sie gemacht--und endlich
dankte sie mir, und sagte, wenn ich einen Freund hätte, der in sie
verliebt wäre, so möcht' ich ihn nur meine Geschichte erzählen
lehren, und er würde sie damit gewinnen.  Auf diesen Wink fieng'
ich dann an zu reden,--und so verlohren wir beyde unsre Herzen--Sie
liebte mich aus Mitleiden mit den Gefahren die ich ausgestanden,
und ich liebte sie um dieses Mitleidens willen: Das ist die ganze
Zauberey die ich gebraucht habe.  Aber hier kommt sie selbst, laßt
sie Zeugniß geben.



Neunte Scene.


Herzog.
Ich denke, in vollem Ernst, eine solche Erzählung würde meine eigne
Tochter noch oben drein behexen--Guter Brabantio, seht diese Sache,
da sie nun nicht mehr zu ändern ist, von der besten Seite an.  Die
Leute brauchen im Nothfall immer lieber ihre zerbrochne Waffen, als
die blosse Hand.

Brabantio.
Ich bitte euch, laßt sie reden.  Bekennt sie, daß sie seinen Liebes-
Bewerbungen auf halben Weg entgegen gegangen sey, so falle
Verderben auf mein Haupt, wenn ich ihn einen Augenblik länger tadle.
Kommt näher, angenehmes Frauenzimmer; empfindet ihr, wem in
dieser ganzen edeln Versammlung ihr am meisten Gehorsam schuldig
seyd?

Desdemona.
Mein edler Vater, ich empfinde daß meine Pflicht hier getheilt ist:
Euch bin ich für mein Leben und für meine Erziehung verbunden, und
beydes lehrt mich die Ehrfurcht die ich euch schuldig bin.  Ihr
seyd Herr über meinen Gehorsam, in so fern ich eure Tochter bin.
Aber hier ist mein Gemahl; und soviel Ergebenheit, als meine Mutter
gegen euch zeigte, da sie ihren Vater verließ um euch anzuhängen,
so viel bin ich hoffentlich befugt zu bekennen, daß ich dem Mohren,
meinem Gemahl, schuldig sey.

Brabantio.
Gott gesegne dir's; ich habe nichts mehr zu sagen.  Gefällt's eurer
Durchlaucht, so wollen wir nun von den Staats-Angelegenheiten reden.
Ich wollte lieber ein Kind angenommen als gezeugt haben.  Komm
hieher, Mohr; hier geb ich dir von ganzem Herzen, was ich, wenn
du's nicht schon hättest, von ganzem Herzen vor dir verwahren
wollte.  Um euertwillen, Kleinod, bin ich in der Seele froh daß ich
keine andre Kinder habe--Denn der Streich, den du mir gespielt hast,
würde mich tyrannisch genug machen, ihnen Klöze anzuhängen.  Ich
bin fertig, Gnädigster Herr.

Herzog.
Laßt mich nun in meinem eignen Character, in der Person eines
allgemeinen Vaters reden, und ein Urtheil fällen, das diesen
Liebenden zu einer Stuffe diene, sie wieder in eure Gunst zu heben.

{ed. * Von hier an spricht der Herzog im Original in Reimen, und wird
von Brabantio in gleicher Münze bezahlt.}

Sobald nicht mehr zu helfen ist, so hat man das Aergste gesehen,
und Klagen sind nicht nur fruchtlos, sondern der nächste Weg ein
geschehenes Unglük mit einem neuen zu häuffen.  Wenn die Klugheit
die Streiche des Glüks nicht allemal verhindern kan, so kan doch
Geduld einen Scherz aus seinen Beleidigungen machen.  Der Beraubte,
der dazu lächelt, stiehlt dem Räuber etwas, und der beraubt sich
selbst, der sich in vergeblichem Kummer verzehrt.

Brabantio.
Wenn das ist, so laßt die Türken uns immer Cypern wegnehmen; wir
verliehren's nicht, so lange wir dazu lachen können--Ich erkenne,
Gnädigster Herr, die Weisheit euers Raths--Aber Worte sind doch nur
Worte, und ein verwundetes Herz ist noch nie durch die Ohren
geheilt worden--Ich bitte euch, zu den Staats-Geschäften.

Herzog.
Die Türken machen furchtbare Zurüstungen, Cypern anzugreiffen:
Othello, dir ist am besten bekannt, in was für einem Vertheidigungs-
Stand der Plaz ist.  Wir haben zwar einen Befehlshaber von
bekannter Tüchtigkeit daselbst: Allein die allgemeine Meynung, die
unumschränkte Königin der Welt, verspricht sich von euch eine noch
grössere Sicherheit; laßt's euch also gefallen, über die Glasur
euers neuen Glüks hinweg zu schlüpfen, und die Freuden der Liebe
mit den Beschwerden dieser hartnäkigen und Gefahr-vollen
Unternehmung zu vertauschen.

Othello.
Die tyrannische Gewohnheit, erlauchte Senatoren, hat das steinharte
und stählerne Lager des Kriegs mir längst zum weichsten Pflaum-
Bette gemacht.  Die rauhe Arbeit des Kriegs ist für mich ein
Lustspiel, dem meine Seele mit angebohrner, flatternder Freudigkeit
entgegen eilt.  Ich unterziehe mich also dem gegenwärtigen Krieg
mit den Ottomannen; und alles, warum ich die Durchlauchtigste
Republik mit gebognen Knien bitte, ist, meine Gemahlin in ihren
unmittelbaren Schuz zu nehmen, und darauf bedacht zu seyn, daß sie
an einem anständigen Ort, und mit allem dem Glanz und Ansehen, so
sich für ihre Geburt schikt, unterhalten werde.

Herzog.
Also, in ihres Vaters Hause.

Brabantio.
Das will ich nicht.

Othello.
Ich noch weniger.

Desdemona.
Auch ich wollte nicht dort wohnen, und meinen Vater zu ungeduldigen
Gedanken reizen, wenn ich immer in seinen Augen wäre.  Gnädigster
Herr, leihet meiner Bitte ein geneigtes Ohr, und unterstüzet sie
mit eurer Stimme.

Herzog.
Was verlangt ihr, Desdemona?

Desdemona.
Daß ich den Mohren liebte, um mit ihm zu leben, mag die
Entschlossenheit, womit ich so vielen Vorurtheilen Gewalt angethan
habe, durch die ganze Welt austrompeten.  Mein Herz und meine
Person sind von meinem Gemahl unzertrennlich.  Ich sah Othello's
Gesicht in der Schönheit seines Gemüthes, und seinen Verdiensten
und heldenmässigen Eigenschaften hab ich meine Seele und mein
ganzes Glük gewiedmet.  So daß, theureste Herren, wenn ich
zurükgelassen werde, und er in den Krieg geht, ich des Rechts,
seine Gefahren mit ihm zu theilen, des Rechts, um deswillen ich ihn
liebe, verlustig, und in seiner schmerzlichen Abwesenheit zu einem
verdrießlichen Interim verurtheilt wäre.  Laßt mich also mit ihm
gehen.

Othello.
Eure Genehmigung, Gnädige Herren!  Ich bitte euch, laßt sie ihren
Willen haben.  Ich bitt' es nicht aus Rüksicht auf den Vortheil
meines eignen Vergnügens, nicht aus Gefälligkeit gegen die Hize
junger Begierden, die der erste Genuß mehr gereizt als befriedigt
hat;--sondern dem Edelmuth ihres Herzens seinen freyen Lauff zu
lassen.  Der Himmel verhüte, daß ihr mich fähig haltet, eure
ernsthaften und grossen Angelegenheiten zu vernachläßigen, wenn sie
bey mir ist--Nein!  Wenn jemals die kindischen Puppen-Spiele des
befiederten Cupido die Werkzeuge meines Verstands und meiner
Thätigkeit in üppige Trägheit senken, und meine Ergözungen meinen
Arbeiten schädlich sind; dann laßt Haus-Weiber eine Brey-Pfanne aus
meinem Helm machen, und die unwürdigsten, schmählichsten
Wiederwärtigkeiten sich zum Untergang meines Ruhms verschwören.

Herzog.
Ihr Gehen oder Bleiben soll eurer eignen Willkühr überlassen seyn--
Die Geschäfte fordern die hastigste Eilfertigkeit.  Ihr müßt diese
Nacht noch fort.

Desdemona.
Diese Nacht, gnädigster Herr?

Herzog.
Diese Nacht.

Othello.
Von Herzen gerne.

Herzog.
Morgen um neun Uhr wollen wir hier wieder zusammen kommen.  Othello,
laßt einen Officier zurük, durch den wir euch euer Patent, und
eure Instruction nachschiken können.

Othello.
Wenn es Eu.  Durchlaucht nicht entgegen ist, so ist hier mein
Fähndrich, ein Mann von Ehre und Redlichkeit, dem ich die
Begleitung meines Weibs anvertrauen will, und durch den mir
zugleich alles andre nachgeschikt werden kan, was Eu.  Durchlaucht
für nöthig hält.

Herzog.
Ich bin's zufrieden.  Gute Nacht allerseits--(Zu Brabantio.)

Und, edler Signor, wenn Tugend die glänzendste Schönheit ist, so
ist euer Tochtermann mehr weiß als schwarz.

Senator.
Adieu, tapfrer Mohr, begegne Desdemonen wol.

Brabantio.
Sieh fleissig zu ihr, Mohr, wenn du Augen hast; sie hat ihren Vater
betrogen, und wird dir's vielleicht nicht besser machen.

(Der Herzog und die Senatoren gehen ab.)

Othello.
Ich stehe mit meinem Leben für ihre Treue--Ehrlicher Jago, dir muß
ich meine Desdemona hinterlassen; ich bitte dich, gieb ihr deine
Frau zur Gesellschaft, und bringe sie mit der besten Gelegenheit
nach.  Komm, Desdemona, ich habe nur eine Stunde, die ich der Liebe
und unsern Angelegenheiten schenken kan.  Wir müssen der Zeit
gehorchen.

(Sie gehen ab.)



Zehnte Scene.
 (Rodrigo und Jago bleiben.)


Rodrigo.
Jago--

Jago.
Was willst du mir sagen, tapfres Herz?

Rodrigo.
Was denkst du, daß ich thun will?

Jago.
Was?  Zu Bette gehen und schlaffen.

Rodrigo.
Ich will auf der Stelle gehn, und mich ins Wasser stürzen.

Jago.
Wenn du das thust, so werd' ich dich in meinem Leben nicht mehr
lieb haben. Wie, du bist ein recht alberner Edelmann!

Rodrigo.
Es ist etwas albernes, leben, wenn Leben eine Qual ist; und dann,
so sterben wir ja nach den Regeln, wenn der Tod unser Arzt ist.

Jago.
O wie niederträchtig das gedacht ist!  Es ist schon viermal sieben
Jahre, daß ich mich auf der Welt umsehe, und seitdem ich einen
Unterscheid zwischen einer Wohlthat und einer Beleidigung machen
kan, hab' ich noch keinen Menschen gesehen, der den Verstand hätte
sich selbst zu lieben.  Eh ich sagen wollte, ich wolle mich einer
Guineischen Henne zulieb ersäuffen, eh wollt' ich meine Menschheit
mit einem Wald-Teufel vertauschen.

Rodrigo.
Wie soll ich mir aber anders helfen?  Ich bekenn', es macht mir
schlechte Ehre, daß ich so vernarrt in sie bin; aber meine Tugend
ist nicht stark genug, dem Uebel abzuhelfen.

Jago.
Tugend?  Pfifferling.  Auf uns kommt es an, ob wir so oder so seyn
wollen.  Unsre Leiber sind unsre Gärten, und unser Wille ist der
Gärtner darinn. Ob wir Nesseln oder Lattich drein säen wollen, ob
wir ihn mit Ysop oder Thymian, mit einer einzigen Art von Gewächsen,
oder mit vielerley Gattungen besezen, aus Faulheit verwildern und
unfruchtbar werden lassen, oder durch fleissige Wartung in guten
Stand sezen wollen: Das hängt alles lediglich von unsrer Willkühr
ab. Hätten wir nicht in der Waage unsers Lebens eine Schaale voll
Vernunft, um die Sinnlichkeit in der andern im Gleichgewicht zu
halten, zu was für tollen Ausschweiffungen würde uns die Hize des
Bluts und der thierische Trieb dahinreissen?  Aber wir haben die
Vernunft dazu, daß sie unsre rasenden Bewegungen, unsre
fleischliche Triebe und zügellose Lüste bändigen soll--Was nennt
ihr Liebe?  Meynt ihr, daß es eine so feyrliche Sache sey,  als ihr
euch einbildet?  Ein blosser Trieb des Blutes ist's, dem der Wille
den Zügel verhängt--Komm, sey ein Mann!  dich selbst ersäuffen?
Ersäuffe mir Kazen und junge blinde Hunde!  Ich habe dir meine
Freundschaft zugesagt, und ich mache mich groß, mit Seilen, die
unser beyder Leben ausdauern sollen, zu deinen Diensten gebunden zu
seyn.  Izt ist die Gelegenheit, da ich dir nüzlich seyn kan.  Einen
wolgespikten Beutel, und fort in diesen Krieg! Verbräme dein
glattes Gesichtchen mit einem falschen Bart; Geld in deinen Beutel,
sag ich. Es ist unmöglich, daß Desdemona den Mohren in die Länge
lieben könnte,--nur Geld in deinen Beutel--noch der Mohr sie.
Alle Sachen, die mit solcher Heftigkeit anfangen, pflegen auch
schnell wieder aufzuhören--Spik du nur deinen Beutel--Diese Mohren
sind veränderlich in ihren Neigungen;--füll deinen Beutel mit Geld--
Der Lekerbissen, der ihm izt so süß daucht wie Syrop, wird ihm
bald genug bittrer als Coloquinten schmeken; und wenn sie, an ihrem
Theil, sich einmal an ihm ersättiget hat, so werden ihr die Augen
über ihre ungereimte Wahl auf einmal aufgehen.  Sie (muß) sich
ändern, sie muß! Also füll du nur deinen Beutel.  Wenn du ja zum
T** fahren willst, so thu es wenigstens auf einem angenehmern Weg
als Ersäuffen.  Mach alles zu Gelde was du kanst.  Wenn Tugend und
ein armes zerbrechliches Gelübde zwischen diesem Landstreicher aus
der Barbarey und einer super-feinen verschmizten Venetianerin,
nicht stärker sind als mein Wiz und die ganze Zunft der Hölle, so
sollst du sie in deine Arme kriegen.  Also Geld in deinen Sekel,
sag ich! Laß du dich lieber dafür hängen, daß du deine Lust gebüßt
hast, als dich zu ersäuffen, und nichts dafür genossen zu haben.

Rodrigo.
Stehst du mir gut für meine Hoffnungen, wenn ich's wage?

Jago.
Verlaß dich auf mich--Geh, mach Geld zusammen--Ich habe dirs oft
gesagt, und sage dirs wieder und wieder, ich hasse den Mohren.
Meine Ursach stekt mir tief im Herzen; dein Haß hat keinen
schlechtern Grund.  Laß uns gemeine Sache machen, um unsre Rache an
ihm zu nehmen.  Wenn du ihn zum Hahnrey machen kanst, so machst du
dir selbst ein Vergnügen, und mir einen Spaß.  Die Zukunft geht mit
allerley Begebenheiten schwanger, von denen sie zu gehöriger Zeit
entbunden werden wird.  Geh du izt, und sorge für Geld; morgen mehr
von dieser Materie.  Adieu.

Rodrigo.
Wo sehen wir einander morgen?

Jago.
In meinem Quartier.

Rodrigo.
Ich will bey Zeiten kommen.

Jago.
Gut, geht nur, lebt wohl.  Hört ihr, Rodrigo?

Rodrigo.
Was soll ich hören?

Jago.
Nichts mehr vom Ersäuffen, hört ihr's?

Rodrigo.
Es ist mir anders gekommen: Ich will gehen und alle meine Güter zu
Geld machen.

(Er geht ab.)



Eilfte Scene.
 (Jago bleibt zurük.)


Jago (allein.)
Geht nur, lebt wohl, nur einen wohlgespikten Beutel,--Bin ich nicht
ein gescheidter Kerl?  So mach' ich aus meinem Narren meinen
Schazmeister--Denn das hiesse wol meine erworbne Geschiklichkeit
übel anwenden, wenn ich die Zeit mit einem solchen kleinen
Schneppen verderben wollte, ohne daß ich Spaß und Vortheil davon
hätte.  Ich hasse den Mohren, und das Publicum thut mir die Ehre an,
und glaubt, er habe zwischen meinen Bett-Laken meine Stelle
vertreten.  Ich weiß nicht, ob es so ist--aber mir ist eine blosse
Vermuthung von dieser Art genug, um so zu handeln, als ob ich's mit
Augen gesehen hätte.  Er mag mich wol leiden--Desto beßre
Gelegenheit hab ich, ihm beyzukommen; Cassio ist ein Mann, der zu
meinem Vorhaben taugt: Laßt einmal sehen--seine Stelle zu kriegen
und meinen Haß zu ersättigen--Wie, wie kommt das?  Laßt sehen--
Nach einiger Zeit dem Othello mit einer guten Art in's Ohr raunen,
daß er zu vertraulich mit seiner Frau ist--Seine Figur und sein
ganzes Betragen, werden den Verdacht rechtfertigen; er ist der Mann
dazu, die Weiber ungetreu zu machen.  Der Mohr ist von der offnen
treuherzigen Art Leuten, welche die Leute für ehrlich hält, wenn
sie so aussehen; er wird sich so gutwillig an der Nase herumführen
lassen wie ein Esel--Ich hab es--Mein Entwurf ist gezeugt--und Rach
und Hölle sollen die scheußliche Mißgeburt ans Taglicht bringen!

(ab.)




Zweyter Aufzug.



Erste Scene.
 (Die Hauptstadt von Cypern.)
 (Montano, Statthalter von Cypern, und zween Officiers.)


Montano.
Was könnt ihr vom Vorgebürg in der See unterscheiden?

1. Officier.
Gar nichts, als aufgethürmte Wellen; ich kan zwischen dem Himmel
und der See nicht ein einziges Segel entdeken.

Montano.
Mich däucht, der Wind ist zu Land sehr heftig gewesen--Ein
ungestümerer Sturm hat noch nie unsre Zinnen erschüttert--wenn er
auf der See eben so geraset hat, was für Ribben von Eichen sind,
wenn Berge auf sie herabschmelzen, stark genug, sich in ihren Fugen
zu erhalten?  Was für Zeitungen werden wir hievon hören?

2. Officier.
Die Zerstreuung der Türkischen Flotte--Steht nur am schäumenden
Ufer, die zornigen Wogen scheinen euch bis in die Wolken hinauf zu
sprizen--Man dächte, die vom Sturm geschleuderte Welle sprühe dem
brennenden Bären Wasser entgegen, und lösche die Nachtlichter des
Himmels aus--Ich habe in meinem Leben keinen so rasenden Sturm
gesehen.

Montano.
Wenn die Türkische Flotte sich nicht bey Zeit in irgend eine Bucht
hat retten können, so ist sie verlohren--es ist unmöglich, dieses
Wetter auszuhalten.



Zweyte Scene.
 (Ein dritter Officier zu den Vorigen.)


3. Officier.
Etwas Neues, meine Herren, der Krieg ist zu Ende; dieses
verzweifelte Ungewitter hat die Türken so zugerichtet, daß ihre
Entwürfe Halt machen müssen.  Ein ansehnliches Venetianisches
Schiff hat dem Schiffbruch und der Noth des grössesten Theils ihrer
Flotte zugesehen.

Montano.
Wie?  Ist das wahr?

3. Officier.
Das Schiff ist würklich hier eingelauffen; ein Veronesisches,
welches den Michael Cassio, den Lieutenant dieses tapfern Mohren
Othello, an Bord hatte; der Mohr selbst ist in der Ueberfahrt
begriffen, und wird in kurzem als oberster Kriegs-Befehlshaber hier
in Cypern eintreffen.

Montano.
Ich bin erfreut darüber; er hat alle Eigenschaften zu einem so
wichtigen Posten.

3. Officier.
Allein eben dieser Cassio, so tröstlich das lautet, was er uns vom
Verlust der Türken berichtet, sieht doch düster aus, und wünscht
daß der Mohr glüklich davon gekommen seyn möge; denn sie waren im
heftigsten Sturm abgereist.

Montano.
Der Himmel geb' es!  Ich bin sein Freund, und er ist beydes ein
guter Soldat und ein vollkommner Feldherr.  Wir wollen der See-
Seite zugehen, sowol um das schon eingelauffene Schiff zu
besichtigen, als dem wakern Othello, soweit bis Luft und Wasser
sich in unserm Auge vermischt, entgegen zu sehen.

Officier.
Kommt, wir wollen das thun--Eine jede Minute däucht uns lange, bis
wir seiner glüklichen Ankunft versichert sind.



Dritte Scene.
 (Cassio zu den Vorigen.)


Cassio.
Dank sollen die Tapfern dieser kriegerischen Insel davor haben, daß
sie so gute Freunde des Mohren sind--Der Himmel beschüze ihn gegen
der Wuth der Elemente; ich hab' ihn in einer gefährlichen See
verlohren.

Montano.
Ist sein Schiff gut?

Cassio.
Sein Schiff ist gut gezimmert, und sein Pilot ein Mann von
Erfahrung und bewährter Geschiklichkeit: Ich bin also nicht ohne
Hoffnung.

Hinter der Scene
Ein Segel!  ein Segel!  ein Segel!

Cassio.
Was bedeutet dieses Geschrey?

1. Officier.
Die Stadt ist leer; Schaarenweis steht das Volk am Ufer, und sie
ruffen: Ein Segel!

Cassio.
Ich hoffe es ist des Ober-Befehlhabers.

Officier.
Sie geben ihm ihre Freude durch Zujauchzungen zu erkennen; es sind
Freunde, wenigstens.

Cassio.
Ich bitte euch, mein Herr, geht und bringt uns Gewißheit, wer
angekommen ist.

Officier.
Ich will.

(ab.)

Montano.
Aber mein lieber Lieutenant, ist euer General vermählt?

Cassio.
Ja, und höchstglüklich; er hat eine junge Gemahlin davongetragen,
die alles übertrift, was das ausschweiffende Gerücht zu ihrem Lob
sagen kan: eine Gemahlin, deren Schönheit den Pinsel des feinsten
Mahlers beschämt, und die in einem irdischen Kleide ein wahrer
Auszug aller Vollkommenheiten der Schöpfung ist--



Vierte Scene.
 (Der Officier kommt zurük.)


Cassio.
Wie steht's?  Wer ist eingelauffen?

Officier.
Ein gewisser Jago, der Fähndrich des Generals.

Cassio.
Das kostbare Kleinod, womit er beladen war, hat seine Fahrt so
glücklich gemacht; die Ungewitter selbst, schwellende Seen und
heulende Winde, die Wasserbedekten Felsen und die aufgehäuften
Sandbänke, (Verräther, die im Verborgnen lauren, den schuldlosen
Kiel anzuhalten) vergessen, gleich als ob sie ein Gefühl der
Schönheit hätten, ihre natürliche Grausamkeit, um die göttliche
Desdemona unbeleidigt durchzulassen.

Montano.
Wer ist diese?

Cassio.
Sie, von der ich sprach, die Beherrscherin unsers grossen
Befehlshabers, die er der Führung des kühnen Jago anvertraut hat,
und deren beschleunigte Ankunft unsern Gedanken um eine Woche
wenigstens zuvorkömmt.  Beschüze nun, o Himmel, beschüze noch
Othello!  und schwelle seine Seegel mit deinem eignen allmächtigen
Athem auf, damit er mit seinem schönen Schiff diese Bay beselige,
und wenn seine Liebe in Desdemonens Armen die Entzükung des
Wiedersehens ausgeathmet hat, unsre erlöschende Geister in neues
Feuer seze, und ganz Cypern mit Muth und Vertrauen erfülle.--



Fünfte Scene.
 (Desdemona, Jago, Rodrigo und Aemilia zu den Vorigen.)


Cassio.
--O sehet!  der Schaz des Schiffes ist ans Land gekommen: Ihr
Männer von Cypern, laßt eure Knie sie bewillkommen!  Heil dir,
Gebieterin, und jeder Segen des Himmels gehe vor dir her, folge dir,
und schwebe zu deiner Seiten rings um dich her.

Desdemona.
Ich danke euch, tapfrer Cassio--Was für Nachrichten könnt ihr mir
von meinem Herrn geben?

Cassio.
Er ist noch nicht angeländet, doch weiß ich nichts anders, als daß
er wohl ist und in kurzem hier seyn wird.

Desdemona.
O--ich besorge nur--Wie verlohret ihr ihn?

Cassio.
Der heftige Streit zwischen Luft und Meer trennte unsre
Gesellschaft--Aber horcht, ein Segel!

Hinter der Scene:
Ein Segel!  ein Segel!

Officier.
Dieser Gruß wird gegen die Citadelle gemacht; es ist gleichfalls
ein Freund.

Cassio.
Seht was es ist: Mein lieber Fähndrich, willkommen!  (Zu Aemilia,
mit einem Kuß.)
Willkommen, Madam.  Nehmt mir nicht übel, mein guter Jago, daß ich
meiner Freude den Lauf lasse; es ist eine Gewohnheit von meiner
Erziehung her, daß ich so frey im Ausdruk einer schuldigen
Höflichkeit bin.

Jago.
Ich wollte, mein Herr, sie wäre gegen euch so freygebig mit ihren
Lippen, als sie es oft gegen mich mit ihrer Zunge ist, ihr würdet
ihrer genug kriegen!

Desdemona.
Wie, sie spricht ja gar nichts.

Jago.
Wahrhaftig, nur zuviel; ich find' es immer, wenn ich gerne schlafen
möchte; vor Euer Gnaden, da glaub' ich selber, daß sie ihre Zunge
ein wenig in ihr Herz stekt, und nur in Gedanken keift.

Aemilia.
Ihr habt wenig Ursache so zu reden.

Jago.
Kommt, kommt, ich kenne euch Weiber so gut als einer; ihr seyd
Gemählde ausser Hause; Gloken in eurem Zimmer; wilde Kazen in eurer
Küche; Heilige, wenn ihr beleidigt; Teufel, wenn ihr beleidigt
werdet; Comödiantinnen in eurer Wirthschaft, und nirgends Haus-
Weiber, als in--euerm Bette.

Desdemona.
O fy, schämt euch, ihr garstiger Verläumder!

Jago.
Nein, es ist wie ich sage, oder ich will ein Türk seyn; ihr steht
auf, um zu spielen, und legt euch zu Bette, um zu arbeiten.

Aemilia.
Ihr sollt mir gewiß keine Lobrede schreiben!

Jago.
Ich rathe euch nicht, daß ihr mich dazu bestellet.

Desdemona.
Was würdest du von mir schreiben, wenn du mich loben müßtest?

Jago.
O Gnädige Frau, sezt mich nicht in Versuchung; ich bin nichts, oder
ich bin ein Criticus.

Desdemona.
Kommt, eine kleine Probe--Dort ist jemand in die Bay eingelauffen.
--

Jago.
Ja, Gnädige Frau.

Desdemona.
Ich bin nicht aufgeräumt; ich belüge das was ich bin, indem ich was
anders scheine;--Komm, was wolltest du zu meinem Ruhm sagen?

Jago.
Ich bin würklich daran; aber, in der That, meine Erfindung geht so
ungern von meinem Hirnkasten ab, wie Vogel-Leim von einem Frieß-Rok--
doch meine Muse arbeitet, und nun ist sie entbunden--Ein jeder
Mund bekennt und spricht, sie ist so weis' als schön,
Doch eines zehrt das andre auf, das muß man auch gestehn.

Desdemona.
Vortreflich; aber wie, wenn sie schön und albern wäre?

Jago.
Albern?  Gut, die blödste Schöne hatte stets so viel Verstand
Daß sie, wo nicht einen Mann, mindstens einen Erben fand.

Desdemona.
Das sind alte abgedroschne Einfälle, um Narren im Bierhause lachen
zu machen.  Was für ein armseliges Lob hast du dann für eine, die
häßlich und albern ist?

Jago.
Keine ist so dumm und häßlich, die an List bey schlimmer Sache
Den Verschmiztesten und Schönsten nicht den Vorzug streitig mache.

Desdemona.
O grobe Ungeschiklichkeit!  Du lobest die Schlechteste am besten.
Aber was könntest du dann zum Lob eines Frauenzimmers sagen, das in
der That Lob verdiente?  Einer solchen, deren Verdienste so
unstreitig wären, daß sie es auf den Ausspruch der Bosheit selbst
ankommen lassen dürfte?

Jago.
Die, bey niemals welker Schönheit frey von Stolz und Eigensinn,
Meisterin von ihrer Zunge, und doch keine Schreyerin,
Immer Geld im Beutel hat, und sich nie dadurch entehrte,
Die gelassen meiden kan, was ihr Herz sich gern gewährte;
Die, wenn sie der Mann beleidigt, doch der Rache gern entsagt,
Welche sanften Weiber-Herzen, wie man glaubt, so sehr behagt:
Die so treu der Weisheit ist, daß sie nie in ihrem Leben,
Um den Schwanz des besten Salms, eines Schel-Fischs Kopf gegeben;
Die zwar denkt, doch was sie denkt, niemand als sich selbst
vertraut,
Noch, wenn ihr Verehrer folgen, aus Zerstreuung um sich schaut;
Diese, wenn sie jemals war, konnte wol vortrefflich taugen--

Desdemona.
Und wozu dann?

Jago.
Ein Schmahl-Bier-Protocoll zu führen, und Narren auszusaugen.

Desdemona.
O, was für ein krüppelhafter, armseliger Schluß!  Lerne ja nichts
von ihm, Aemilia, ob er gleich dein Mann ist.  Was sagt ihr, Cassio,
würd' er nicht einen feinen Rath abgeben?

Cassio.
Es ist besser gemeynt als gesagt, Madam; Euer Gnaden werden den
Soldaten grösser in ihm finden, als den Gelehrten.

Jago (bey Seite.)
Er nimmt sie bey der Hand; gut, wol gegeben--flüstert einander ins
Ohr--Ich brauche kein stärkeres Gewebe als diß, um eine so grosse
Fliege wie Cassio zu verstriken.  Ey ja doch, lächle sie an, thu's--
in deiner eignen Höflichkeit sollst du gefangen werden--Ihr habt
recht, es ist so, in der That--Wenn solche arme kleine Freyheiten
euch um eure Lieutenants-Stelle bringen sollten, so wär' es besser,
ihr hättet eure drey Finger nicht so oft geküßt--O vortrefflich!
wol geküßt!  vortreffliche Galanterie!--es ist so, in der That--
Noch einmal--eure Finger an eure Lippen?  Ich wollt' es wären
Clystier-Sprizen, so lieb seyd ihr mir.

(Trompeten.)

Ha, der Mohr kommt; ich kenne seine Trompete.

Cassio.
Es ist würklich so.

Desdemona.
Wir wollen ihm entgegen gehen--

Cassio.
Seht, hier ist er schon.



Sechste Scene.
 (Othello und Gefolge zu den Vorigen.)


Othello.
O meine schöne Heldin!

Desdemona.
Mein theurer Othello!

Othello.
Meine Verwundrung euch vor mir hier zu sehen, ist so groß als mein
Vergnügen.  O Wonne meines Herzens!  Wenn auf jeden Sturm eine so
süsse Stille folgte, so möchten die Winde blasen, bis sie den Tod
aufgewekt hätten: So möchte die arbeitende Barke an Hügeln von
Wasser bis an den Olymp hinauf klettern, dann wieder so tief sich
tauchen, als die Hölle vom Himmel ist!  Wenn ich izt sterben müßte,
so wär's in dem Augenblik, da meine Glükseligkeit ihren höchsten
Punkt erreicht hat; ich besorge sehr, diese Wonne meiner Seele ist
zu groß, als daß noch eine solche in der unbekannten Zukunft für
mich ligen kan.

Desdemona.
Das verhüte der Himmel, daß unsre Liebe und unser Vergnügen nicht
in gleichem Maasse zunehmen sollte, wie unsre Tage wachsen!

Othello.
Amen, zu diesem holden Wunsch!  Ich kan nicht genug von dieser
Freude sagen, mein Herz ist so voll--

(er küßt sie--)

und diß, und diß, möge die grösseste Dissonanz seyn, die jemals
unsre Herzen machen werden!

Jago (bei Seite.)

O, izt seyd ihr noch wolgestimmt; aber ich will den Wirbel legen,
der diese Musik macht, so wahr ich ehrlich bin!

Othello.
Kommt, wir wollen in's Schloß.  Nun, meine Freunde, der Krieg ist
geendigt, eh er angefangen hat; die Türken sind ertrunken.  Wie
leben unsre alten Bekannten auf dieser Insel?--Mein liebstes Herz,
ihr werdet in Cypern sehr geliebt werden; ich habe viele
Freundschaft hier empfangen--O meine Liebe, ich merke daß ich mich
vergesse; das Uebermaaß meiner Freude macht mich schwärmen.--Ich
bitte dich, guter Jago, geh an die Rhede und laß meine Kisten
auspaken; und den Schiffs-Patron bring' in die Citadelle zu mir; er
ist ein geschikter Mann, dessen Verdiensten eine vorzügliche
Achtung gebührt.  Kommt, Desdemona, noch einmal willkommen in
Cypern!

(Othello und Desdemona gehen ab.)



Siebende Scene.
 (Jago und Rodrigo bleiben.)


Jago (zu einigen Bedienten.)
Geht ihr dem Hafen zu, ich werde in einem Augenblik folgen--(zu
Rodrigo.)
Komm näher, wenn du ein tapfrer Mann bist; (und man sagt doch, daß
die Liebe auch den feigesten Seelen eine gewisse Stärke und
Erhabenheit gebe, die ihnen sonst nicht natürlich ist)--Horch mir
zu; der Lieutenant commandirt diese Nacht auf der Hauptwache.
Zuerst muß ich dir sagen, daß diese Desdemona geradezu in ihn
verliebt ist.

Rodrigo.
In ihn?  Wie, das ist nicht möglich.

Jago.
Leg deine Finger auf den Mund und laß dir sagen, was du zu wissen
brauchst.  Bedenk einmal mit was für einer Heftigkeit sie anfangs
den Mohren liebte, bloß weil er aufschnitt, und ihr romanhafte
Lügen vorsagte.  Meynst du, sein Pralen werde machen, daß sie ihn
immer liebe?  Sey nicht so einfältig, und bilde dir solche Dinge
ein.  Ihr Auge muß doch auch eine Nahrung haben.  Und was ein
Vergnügen kan sie davon haben, wenn sie den Teufel ansieht?  Wenn
die Entzükungen des Liebes-Spiels das Blut ermattet haben, so
braucht es Reizungen, Schönheiten, Sympathie im Alter, zärtliche
Empfindungen, was weiß ich's, kurz lauter Eigenschaften, die der
Mohr nicht hat, um es wieder anzuflammen.  Nun aber kan's nicht
fehlen, der Abgang dieser Erfordernisse und Uebereinstimmungen wird
ihre jugendliche Zärtlichkeit gar bald empören; sie wird finden,
daß sie sich betrogen hat; sie wird des Mohren erst satt, dann
überdrüssig werden, dann einen Ekel vor ihm bekommen, und ihn
endlich gar verabscheuen, die Natur selbst wird sie das lehren und
sie zu einer andern Wahl nöthigen.  Nun, Herr, dieses vorausgesezt,
(wie es dann eine ausgemachte Sonnenklare Sache ist,) wer darf sich
dieses Glük mit beßrer Hoffnung versprechen als Cassio?  Der
geschmeidigste Schurke von der Welt; der nicht mehr Gewissen oder
Tugend hat, als der Wohlstand und die Klugheit erfordern, um unterm
Schuz der äusserlichen Form eines bescheidnen und wohlgesitteten
Betragens seine geheimen Ausschweiffungen und Leichtfertigkeiten
desto sichrer auszuüben; ein glatter, abgeteilter Schurke, ein
Gelegenheits-Hascher, ein Gleißner, der sich das Ansehen von
Tugenden geben kan, die er nie gehabt hat; ein verteufelter Schurke!
Und dann kommt noch in Betrachtung, daß der Schurke hübsch, jung,
und mit allen den Erfordernissen begabt ist, worauf Thorheit und
unreiffe Jugend am meisten sehen.  Ein schwernöthischer
ausgemachter Schurke!  Und das Weibsbild kennt ihn schon besser,
als du dir einbildest.

Rodrigo.
Das kan ich unmöglich von ihr glauben; sie ist von einer so
tugendhaften Gemüthsart--

Jago.
Tugendhafter Pfifferling!  Der Wein den sie trinkt ist aus Trauben
gemacht.  Wenn sie tugendhaft gewesen wäre, so würde sie sich nicht
in den Mohren verliebt haben: Tugendhafter Quark!  Hast du dann
nicht gesehen wie sie mit seiner Hand auf- und abschaukelte?  Hast
du nicht darauf Acht gegeben?

Rodrigo.
Ja, das that ich; aber das war nur Höflichkeit.

Jago.
Leichtfertigkeit war's, bey meiner Seele!  Eine geheime Andeutung,
ein stillschweigender Prologus zu einem Lustspiel, wo man keine
Zuschauer verlangt.  Sie kamen einander ja mit ihren Lippen so nah,
daß ihr Athem sich vermischen und zusammenfliessen mußte.  Das ist
ein vertrakter Gedanke, Rodrigo!  Wenn solche Vertraulichkeiten den
Weg bahnen, so darf man sich darauf verlassen, daß die Haupt-Action
bald nachkommen wird--Fy, Henker!--Aber, laßt euch nur von mir
rathen, Herr.  Ich hab' euch von Venedig mitgebracht.  Zieht mit
auf die Wache diese Nacht, ich will euch dazu commandieren.  Cassio
kennt euch nicht; und ich will nicht weit von euch seyn.  Seht daß
ihr dann eine Gelegenheit findet, ihn aufzubringen; redet zu laut,
oder haltet euch über seine Art zu commandieren auf, oder thut
sonst was das ihn ärgern kan, wie es Zeit und Umstände an die Hand
geben werden.

Rodrigo.
Gut.

Jago.
Er ist jäh, und in einem Augenblik aufgebracht; es kan leicht
begegnen, daß er euch einen Schlag giebt.  Reizt ihn dazu; dann das
würde mir einen vortrefflichen Anlaß geben, die Cyprier in eine
solche Empörung gegen ihn zu sezen, daß nichts als seine Entfernung
sie besänftigen soll.  Dadurch kommt ihr desto bälder zu euerm Zwek;
denn wenn Cassio einmal aus dem Weg ist, so will ich für das
übrige schon Mittel finden, und ihr sollt glüklich werden.

Rodrigo.
Ich verstehe mich zu allem, wenn ihr's dahin bringen könnt.

Jago.
Dafür steh ich dir.  Laß dich vor der Citadelle wieder antreffen;
ich muß nur einen kleinen Gang machen, um sein Gepäke ans Land zu
holen.  Lebt wohl indessen.

Rodrigo.
Adieu.

(Er geht ab.)



Achte Scene.


Jago (allein.)
Daß Cassio sie liebt, das glaub ich, und daß sie ihn wieder liebt,
das läßt sich wenigstens glauben.  Was den Mohren betrift, so muß
ich gestehen, ob ich ihn gleich nicht leiden kan, daß er von einer
gesezten, liebreichen und edeln Gemüths-Art ist; und ich zweifle
gar nicht daran, daß er gegen Desdemona ein recht zärtlicher Ehmann
seyn wird.  Nun lieb ich sie auch, nicht eben aus Antrieb einer
sonderlichen Lust zu ihr, (ob ich gleich vielleicht für eben so
grosse Sünden in des Teufels Schuldbuch stehe,) sondern mehr um an
dem üppigen Mohren Rache zu üben, den ich im Verdacht habe, daß er
meinem Weibe zu nah' gekommen seyn möchte; ein Gedanke, der mir wie
mineralisches Gift an meinem Inwendigen nagt, und mir keine Ruhe
lassen wird, bis ich quitt mit ihm bin, Weib um Weib: Oder wenn mir
auch das fehlschlüge, so muß mir der Mohr wenigstens in eine so
starke Eifersucht gesezt werden, daß die Vernunft selbst ihm nichts
dagegen helfen soll.  Und wenn dieser arme Venetianische Brak, den
ich bloß um seines guten Jagens willen liebe, unserm Michael Cassio
nur recht zu Leibe geht, so wollen wir ihn bald bey der Hüfte
kriegen, und ihn dem Mohren auf eine Art empfehlen, die ihre
Würkung thun soll; und der Mohr soll mir noch danken, und mich noch
dafür lieben und belohnen, daß ich ihn fein sauber zu einem Esel
mache, und ihn aus dem stolzen Frieden seiner Seele bis zur
Tollheit herausbetrüge.  Das alles ligt hier--aber noch verworren;
Spizbüberey läßt ihr ganzes Gesicht nicht eher sehen, bis sie
vollbracht ist.

(Geht ab.)



Neunte Scene.
 (Die Strasse.)
 (Ein Herold tritt auf.)


Herold.
Es ist Othello's, unsers edeln und tapfern Ober-Befehlhabers, Wille
und Belieben, daß auf die zuverlässig eingelauffene Nachricht von
dem gänzlichen Untergang der Türkischen Flotte, jedermann seine
Freude öffentlich, durch Tänze, Freuden-Feuer, und alle die Spiele
und Lustbarkeiten, wozu einen jeden seine Neigung treiben mag, an
den Tag geben möge--Zumal, da noch über diese glükliche Zeitung,
sein Vermählungs-Fest ein Gegenstand der allgemeinen Freude ist.
Alle seine Vorraths-Kammern sind aufgeschlossen, und es ist jedem
erlaubt von dieser fünften Stunde an, bis die Gloke eilfe
geschlagen haben wird, zu schmausen und sich zu erlustigen, wie es
ihm beliebt.  Dieses sollte, nach seinem Befehl, durch öffentlichen
Ausruf bekannt gemacht werden.  Heil der Insel Cypern, und unserm
edeln General!

(Othello, Desdemona, Cassio, und Gefolge treten auf.)

Othello.
Mein lieber Cassio, seht diese Nacht zur Wache; wir wollen nicht
vergessen, in unsern Lustbarkeiten nie über das Ziel der
Anständigkeit und Mässigung hinauszuschweiffen.

Cassio.
Jago hat schon Befehl auf die Nacht; ich will aber nichts
destoweniger selbst ein Aug' auf alles haben.

Othello.
Jago ist ein ehrlicher Mensch--Gute Nacht, Cassio.  Morgen, so früh
als euch gelegen ist, laßt mich eine Unterredung mit euch haben--

(Zu Desdemona.)

Komm, meine theure Liebe--Wenn der Kauf geschehen ist, so folgt die
Nuzniessung;--Gute Nacht.

(Othello und Desdemona gehen ab.)

(Jago zu Cassio.)

Cassio.
Willkommen Jago, wir müssen zur Wache.

Jago.
Izt noch nicht, Lieutenant, es ist noch nicht zehn Uhr.  Unser
General hat uns seiner Desdemona zu lieb so früh entlassen, und wir
können ihn nicht deßwegen tadeln--es ist seine erste Nacht, und sie
ist ein Lekerbissen für einen Jupiter.

Cassio.
Sie ist eine vortreffliche Dame.

Jago.
Und sie liebt das Spiel, ich stehe für sie.

Cassio.
In der That, sie ist ein reizendes Geschöpf.

Jago.
Was sie für ein paar Augen hat!  Es ist, als ob sie einen
auffordern--

Cassio.
Sehr anziehende Augen, und doch, wie mich däucht, vollkommen
sittsam.

Jago.
Und wenn sie redt, ist nicht der blosse Ton ihrer Stimme ein Signal
zur Liebe?

Cassio.
Sie ist, in der That, die Vollkommenheit selbst.

Jago.
Gut, viel Glüks zu ihrer Hochzeit-Nacht!  Kommt, Lieutenant, ich
habe eine Flasche Wein, und es sind ein paar brave junge Cyprier
draussen, die gerne eins auf Othello's Gesundheit mit uns trinken
möchten.

Cassio.
Diese Nacht kan's nicht seyn, Jago; ich habe ein armes unglükliches
Gehirn zum Trinken.  Ich möchte wol wünschen, daß man eine andre
Manier, einander seinen guten Willen zu bezeugen, erfinden möchte
als Gesundheittrinken.

Jago.
Oh, es sind gute Freunde; nur ein Gläschen; ich will für euch
trinken.

Cassio.
Ich habe diesen Abend nicht mehr als einen Bechervoll getrunken,
der noch dazu mit Wasser gemischt war, und ihr seht, was für
Veränderungen er schon hier gemacht.  Es ist ein Unglük für mich,
daß ich so wenig ertragen kan, aber ich darf es nicht wagen, mehr
zu thun.

Jago.
Wie, Mann?  Die heutige Nacht ist dazu bestimmt, daß man sich
lustig mache, und die jungen Herren würden sich durch unsre
Weigerung beleidigt finden.

Cassio.
Wo sind sie?

Jago.
Hier, vor der Thür; ich bitte euch, ruft sie herein.

(Cassio geht ab.)

Jago (allein.)
Wenn ich ihm, über das was er schon getrunken hat, nur noch einen
Becher voll beybringen kan, so wird er so händelsüchtig seyn, und
sich so unnüz machen wie meiner jungen Fräulein Hund--Nun hat mein
ehrlicher Rodrigo, dem die Liebe nun vollends die unrechte Seite
herausgekehrt hat, diese Nacht auch manchen Stuzer auf Desdemonens
Gesundheit ausgeleert, und izt wird er mit auf die Wache ziehen.
Drey junge Cyprier, frische rüstige Bursche, die Herz und Ehre
haben, hab ich gleichfalls mit vollen Bechern zugedekt, und sie
sind auch von der Wache.  Unter dieser Schaar von Betrunknen kan es
mir also nicht schwer fallen, unsern Cassio zu einem Exceß zu
bringen, wodurch er diese Insulaner vor die Köpfe stößt--Aber da
kommen sie ja schon.  Wenn der Erfolg meinem Entwurf antwortet, so
segelt mein Boot mit Wind und Fluth davon.



Zehnte Scene.
 (Cassio, Montano, und drey junge Cyprier.)


Cassio.
Beym Himmel, sie haben mir schon einen Tips angehängt.

Montano.
Einen sehr kleinen, in der That: ihr habt nicht über eine Maaß
getrunken, so wahr ich ein Soldat bin.

Jago.
Wein her, Wein her!  (er fängt an zu singen)
 he!  Wein her, ihr Jungens!

Cassio.
Beym Himmel, das war ein hübsches Lied.

Jago.
Das lernt ich in England, wo sie, in der That, mächtige Zecher sind.
Euer Dähne, euer Deutscher, euer schmerbauchichter Holländer--he!
zu trinken!  sind nichts gegen meinen Engländer.

Cassio.
So ist euer Engländer ein so grosser Trinker?

Jago.
Ob er's ist?  Ich sag euch, er trinkt euch eure Dänen zu Boden,
ohne daß ihr's ihm anseht.  Er braucht nicht zu schwizen, um über
euern Deutschen Meister zu werden; und euern Holländer bringt er
zum Speyen, eh die nächste Flasche gefüllt werden kan.

Cassio.
Auf die Gesundheit unsers Generals!

Montano.
Da bin ich auch dabey, Lieutenant, ich will euch Bescheid thun.

Jago.
O das liebe England!
(König Stephan war ein braver Pair etc.)

(Er singt.)
Mehr Wein her, he!

Cassio.
Ha, das Lied ist noch schöner als das vorige.

Jago.
Wollt ihr's noch einmal hören?

Cassio.
Nein, wahrhaftig, und hielte den für einen Mann der seines Plazes
nicht würdig wäre, der solche Dinge thun wollte--Gut--Der Himmel
ist über uns alle; und es ist nun schon einmal so, daß die einen
selig werden, und die andern nicht selig werden.

Jago.
Das ist wahr, Herr Lieutenant.

Cassio.
Was mich betrift, (ohne unserm General, oder sonst einem Mann von
Stande zu nah zu treten,) so hoff' ich, selig zu werden.

Jago.
Und ich auch, Lieutenant.

Cassio.
Schon gut, aber, mit eurer Erlaubniß, nicht vor mir.  Der
Lieutenant muß vor dem Fähndrich selig werden.  Sagt mir nichts
mehr hievon!--Wir wollen von unsern Geschäften reden--Vergieb uns
unsre Schulden!--Meine Herren, wir wollen zu unsern Geschäften
sehen.  Bildet euch nicht ein, ihr Herren, daß ich betrunken sey:
Das ist mein Fähndrich; das ist meine rechte Hand, und das ist
meine linke.  Ich bin noch nicht betrunken, ich kan noch ziemlich
aufrecht stehen, und ich rede noch gut genug.

Alle.
Vortreflich gut.

Cassio.
Nun, recht gut also; so müßt ihr also nicht denken, daß ich
betrunken sey.

(Er geht ab.)



Eilfte Scene.


Montano.
Auf die Platte-Forme, meine Herren; kommt, wir wollen die Wache
besezen.

Jago.
Ihr seht diesen Burschen, der voraus gegangen ist; er ist ein guter
Soldat, werth zunächst an Cäsarn zu stehen, und unter ihm Befehle
zu geben.  Aber ihr seht auch sein Laster;--es ist schade für ihn--
er hat Stunden, wo dieses einzige Gebrechen alle seine Tugenden
unbrauchbar macht--ich fürchte nur, das Vertrauen, das Othello in
den Mann sezt, mag in irgend einem solchen unglüklichen Augenblik
das Verderben dieser Insel seyn.

Montano.
Ist er denn oft so?

Jago.
Es ist jedesmal der Prologus zu seinem Schlaf.  Er würde euch
zweymal vier und zwanzig Stunden an einem Weg wachen, wenn Bacchus
seine Wiege nicht rüttelte.

Montano.
Es wäre gut, wenn dem General eine Vorstellung hierüber gemacht
würde; vielleicht weiß er's nicht; oder sein gutes Gemüth ist von
den Verdiensten, die an Cassio in die Augen leuchten, so
eingenommen, daß er ihm seine Untugenden übersieht; ist's nicht so?

(Rodrigo zu den Vorigen.)

Jago.
Was macht ihr hier, Rodrigo?  Ich bitte euch, seht wo der
Lieutenant ist, geht.

(Rodrigo geht ab.)

Montano.
Und es ist in der That recht zu bedauren, daß der Mohr einen so
wichtigen Plaz, die Vertretung seiner eignen Person, einem Mann
anvertrauen soll, der mit einem so eingewurzelten Gebrechen
behaftet ist; es wäre die That eines ehrlichen Mannes, wenn man dem
Mohren das sagen würde.

Jago.
Der möcht' ich nicht seyn, und wenn ich diese ganze Insel damit zu
gewinnen wüßte; ich liebe den Cassio, und wollte alles in der Welt
thun, ihn von diesem Uebel zu heilen.  Horcht, was für ein Lerm ist
das?

(Man schreyt hinter der Scene: Helft, helft!)
(Cassio verfolgt den Rodrigo auf den Schau-Plaz.)

Cassio.
Du Raker!  du Lumpenhund!

Montano.
Was habt ihr, Lieutenant?

Cassio.
Ein Schurke soll mich meine Schuldigkeit lehren!  Ich will den
Schurken in eine Kürbis-Flasche hineinprügeln.

Rodrigo.
Mich prügeln--

Cassio.
Rüppelst du dich noch, Lumpenkerl?

Montano (der ihn zurükhält.)
Haltet ein, guter Lieutenant; ich bitte euch, mein Herr, haltet ein.

Cassio.
Laßt mich gehen, Herr, oder ihr kriegt eins auf die Ohren.

Montano.
Kommt, kommt, ihr seyd ein betrunkener Mann.

Cassio.
Betrunken?--

(Er zieht den Degen gegen Montano, welcher sich zur Wehr sezt.)

Jago (zu Rodrigo leise.)
Weg, sag ich, hinaus, und schlagt Lermen.

(Rodrigo geht.)

Nein, guter Lieutenant--Ums Himmels willen, meine Herren--Helft!
he!--Lieutenant--meine Herren--Montano--helft, ihr Herren!  das ist
mir eine feine Wache, in der That!--Nu ja, wer hat den Einfall gar
die Sturmgloke zu läuten?--Zum Teufel, halt!  die ganze Stadt wird
in Bewegung kommen.  Fy, fy, Lieutenant!  halt, sag ich!  Ihr
verliehrt eure Ehre auf eine unwiederbringliche Art.



Zwölfte Scene.
 (Othello, mit seinem Gefolge zu den Vorigen.)


Othello.
Was giebt es hier?

Montano.
Ich blute stark, ich bin verwundet, doch nicht tödtlich.

Othello.
Halt, so lieb euch euer Leben ist.

Jago.
Halt, he, Lieutenant--Herr--Montano--meine Herren--Habt ihr denn
allen Verstand verlohren?  Wißt ihr nicht mehr, wer, und vor wem
ihr seyd?  Der General redt mit euch--Halt, sag ich--schämt euch
doch wenigstens, und haltet ein--

Othello.
Wie, was soll das seyn, he!  Wer ist der Urheber von diesem Unfug?
Sind wir zu Türken geworden?  Und thun uns selbst was der Himmel
den Ottomannen verboten hat?  Aus Schaam wenigstens vor diesen
Ungläubigen, macht diesem barbarischen Gefecht ein Ende; der erste
von euch, der sich noch rührt, ist auf der Stelle des Todes!  Heißt
diese Gloke schweigen, sie schrekt diese Insel aus ihrer Ruhe auf.
Was war denn der Anlas zu diesem Handel?  Ehrlicher Jago, dein
blasses Gesicht sagt mir, daß du bekümmert bist--Sprich, wer machte
den Anfang?  Sage die Wahrheit, so lieb ich dir bin!

Jago.
Ich weiß es nicht; wir waren alle gute Freunde, nur eben, nur noch
vor einem Augenblik auf der Hauptwache beisammen, so freundlich wie
Braut und Bräutigam, wenn sie zu Bette gehen wollen--und dann, in
einem Augenblik (nicht anders als ob irgend ein aufgehender Planet
den Leuten die Vernunft genommen hätte) sind sie mit ihren Degen
heraus, und gehen einander auf Leib und Leben.  Ich kan nicht sagen,
was der Anlas zu diesem unsinnigen Zwist war; aber ich wollte, ich
hätte in irgend einer rühmlichen Action diese Beine verlohren, die
mich zu einem Theil davon geführt haben.

Othello.
Wie kommt es, Cassio, daß ihr euch so vergessen habt?

Cassio.
Ich bitte euch, entschuldigt mich, ich kan nicht reden.

Othello.
Würdiger Montano, ihr seyd sonst ein gesitteter Mann: die Welt legt
euch den Charakter eines gesezten und sittsamen Jünglings bey, und
die Weisesten sprechen euern Namen mit Hochachtung aus.  Was für
ein Anlas konnte euch dahin bringen, euern Ruhm so leichtsinnig zu
verschleudern, und die gute Meynung der Welt um den Namen eines
Nacht-Schwärmers hinzugeben?  Antwortet mir auf das!

Montano.
Würdiger Othello, ich bin gefährlich verwundet: Euer Officier, Jago,
kan mir eine Mühe ersparen, die mir izt einige Ungelegenheit
verursachen würde; er weiß alles, was ich euch sagen könnte; und
ich wißte auch nicht was ich diese Nacht über Unrechtes gesagt oder
gethan hätte, es wäre denn, daß Selbstvertheidigung, wenn wir
gewaltsam angefallen werden, eine Sünde seyn sollte.

Othello.
Nun, beym Himmel, mein Blut fangt an über meine Vernunft Meister zu
werden--Reizt mich nicht, sag ich euch, oder wenn ich nur diesen
Arm hebe, so soll der Beste von euch unter meinem Zorn zu Boden
sinken.  Laßt mich wissen, wie dieser schändliche Tumult sich anhub;
wer der Anfänger war; und derjenige, welcher schuldig befunden
wird, hat einen Freund an mir verlohren, und wenn er mein Zwillings-
Bruder wäre--Wie?  in einer mit Krieg bedräuten Stadt, deren
Einwohner noch mit Schreken angefüllt sind, sich von der Furcht
eines feindlichen Ueberfalls noch nicht erholt haben, um Privat-
Händeln willen einen Lerm anfangen?  Und das bey Nacht, und auf der
Hauptwache, die der Schirm der allgemeinen Sicherheit seyn soll?
Es ist etwas ungeheures!  Rede, Jago, wer war der Anfänger?

Montano.
Wenn du aus Partheylichkeit, Freundschaft oder vermeynter Pflicht
mehr oder weniger sagst als wahr ist, so bist du kein Soldat.

Jago.
Rühret mich an keinem so empfindlichen Theil an: Ich wollte mir
lieber diese Zunge aus dem Mund reissen lassen, als daß ich meinem
Freund Cassio zum Schaden reden wollte: jedoch hoff' ich es könne
ihm keinen Schaden thun, wenn ich die Wahrheit sage.  So verhält
sich die Sache, General: Montano und ich waren in einem Gespräch
begriffen, als ein Bursche hereinzulauffen kam, der aus vollem Hals
um Hülfe schrie, und Cassio mit blossem Degen hinter ihm her,
vermuthlich um ihn abzustraffen.  Hierüber gieng dieser Herr auf
den Cassio zu, und bat ihn sich zufrieden zu geben, ich selbst aber
lief dem schreienden Kerl nach, aus Furcht, sein Geschrey möchte
(wie es auch würklich begegnet ist,) die Stadt in Unruh sezen;
allein, da er schneller auf den Beinen war, so verlohr' ich ihn
gleich aus dem Gesicht, kehrte also wieder zurük, um so mehr als
ich das Klingeln und Fallen von blossen Degen und den Cassio
gewaltig fluchen hörte, welches ich vor dieser Nacht niemals hätte
von ihm sagen können.  Wie ich nun zurük kam, so fand ich sie im
hizigsten Gefecht begriffen, kurz, in den nemlichen Umständen,
worinn ihr selbst sie auseinander gebracht habt.  Mehr kan ich von
diesem Handel nicht sagen.  Aber Menschen sind Menschen; die besten
vergessen sich zuweilen; und wenn ihm auch Cassio ein wenig zuviel
gethan hat, wie denn Leute in der Wuth oft ihre liebsten Freunde
schlagen, so glaub ich doch gewiß, daß Cassio von dem Burschen, der
entlaufen ist, irgend eine grobe Beleidigung, die nicht zu dulden
war, empfangen haben muß.

Othello.
Ich sehe, Jago, daß dein gutes Gemüth und deine Liebe zu Cassio
seine Schuld zu verkleinern sucht.  Cassio, ich liebe dich, aber du
bist mein Officier nicht mehr--(Desdemona, mit Gefolge, zu den
Vorigen.) Seht, ist nicht meine liebste Desdemona aufgestanden--ich
will dich zu einem Exempel machen.

Desdemona.
Was ist hier zu thun?

Othello.
Es ist alles in seiner Ordnung.  Komm zu Bette, meine Liebe--Mein
Herr, ich will selbst der Arzt für eure Wunden seyn--Führt ihn nach
Hause.  Jago, laß dir die Beruhigung der Stadt angelegen seyn--Komm,
 Desdemona; es ist einer von den Zufällen des Soldaten-Lebens, oft
vom süssesten Schlummer durch kriegrisches Getümmel aufgewekt zu
werden.

(Sie gehen ab.)



Dreyzehnte Scene.
 (Jago und Cassio bleiben.)


Jago.
Wie, seyd ihr verwundet, Lieutenant?

Cassio.
So, daß mir alle Wundärzte der Welt nicht helfen können.

Jago.
Das verhüte der Himmel!

Cassio.
O Guter Name!  Guter Name!  Ich habe meinen guten Namen verlohren;
ich habe mein unsterbliches Theil verlohren, was mir übrig
geblieben, ist ein blosses Thier.  Meinen guten Namen, Jago, meinen
guten Namen!--

Jago.
So wahr ich ein Bidermann bin, ich dachte, ihr hättet irgend eine
tieffe Wunde in den Leib bekommen; das hätte mehr zu bedeuten als
ein guter Name--Diese Schimäre, die so oft ohne Verdienste gewonnen,
und ohne Verschuldung verlohren wird.  Ihr habt nichts verlohren,
als in so fern ihr euch einbildet, daß ihr was verlohren habt.  Wie,
Mann--man kan Mittel finden, den General wieder zu gewinnen.  Ihr
seyd nur noch mündlich cassiert, eine Straffe, worinn mehr Politik
als böser Willen ist; gerade so, als wenn einer seinen unschuldigen
Hund schlüge, um einen übermüthigen Löwen zu erschreken.  Gebt ihm
gute Worte, so ist er wieder euer.

Cassio.
Ich wollte lieber selbst um meine Verwerfung bitten, als einen so
rechtschaffnen General mit einem so schlechten, so versoffenen, so
unbedachtsamen Officier betrügen.  Besoffen?  und plappern wie ein
Papagay?  und Händel anfangen?  großpralen?  fluchen?  und dummes
Zeug mit seinem eignen Schatten reden?  O du unbändiger Geist des
Weins, wenn du noch keinen Namen hast, woran man dich kennen kan,
so laß dich Teufel heissen.

Jago.
Wer war der Kerl, den ihr mit dem Degen verfolgtet?  was hatte er
euch gethan?

Cassio.
Das weiß ich nicht.

Jago.
Ists möglich?

Cassio.
Ich erinnere mich eines verworrenen Klumpens von Sachen, aber
nichts deutlich: Eines Handels, aber nicht warum.  O daß ein Mann
einen Feind zu seinem Mund einlassen soll, damit er ihm seine
Vernunft wegstehlen könne!  daß wir fähig sind, mit lauter Freude,
Lust, Scherz und Wohlleben uns in Bestien zu verwandeln!

Jago.
Nun, gebt euch zufrieden, ihr seyd wieder ganz wohl: Wie habt ihr
euch sobald wieder erholt?

Cassio.
Der Teufel der Trunkenheit hat dem Teufel des Zorns Plaz gemacht;
eine Unvollkommenheit zeigt mir eine andre--o wie herzlich veracht'
ich mich selber!

Jago.
Kommt, ihr seyd ein allzustrenger Moralist.  In Betrachtung der
Zeit, des Orts und der gegenwärtigen Umstände dieses Lands möcht'
ich selbst von Herzen wünschen, es wäre nicht begegnet; aber da es
nun einmal so ist wie es ist, so ergebt euch darein, und denkt
darauf, wie ihr's wieder gut machen wollt.

Cassio.
Gesezt, ich geh, und bitt' ihn wieder um meine Stelle, so wird er
mir sagen, ich sey ein Trunkenbold--Hätte ich so viele Mäuler als
die Hydra, eine solche Antwort würde sie mir alle stopfen.  Izt ein
vernünftiger Mensch seyn, bald darauf ein Narr, und dann plözlich
gar ein Vieh--Ein jedes Glas das man zuviel trinkt ist verflucht,
und das Ingrediens davon ist ein Teufel.

Jago.
Kommt, kommt, guter Wein ist ein guter (Spiritus familiaris,) wenn
man mit ihm umzugehen weiß: Keine Declamationen mehr dagegen!--Mein
lieber Lieutenant, ich hoffe doch, ihr glaubt, daß ich euer Freund
bin.

Cassio.
Ihr habt mir Proben davon gegeben, mein Herr--Ich, betrunken!--

Jago.
Das ist etwas, das euch und einem jeden andern ehrlichen Mann in
der Welt einmal begegnen kan--Ich will euch sagen, was ihr thun
solltet.  Unsers Generals Frau ist izt der General.  Ich kan mich
dieses Ausdruks bedienen, weil er sich ganz und gar der Beschauung,
Betrachtung und Beherzigung ihrer Vollkommenheiten und Schönheiten
gewiedmet und überlassen zu haben scheint.  Macht ihr ein
freymüthiges Geständniß euers Fehlers, und laßt nicht ab, bis sie
euch verspricht euch wieder zu euerm Plaz zu helfen.  Sie ist von
einer so großmüthigen, so gütigen, so menschenfreundlichen Gemüths-
Art, daß sie es für einen Mangel an Güte hielte, nicht noch mehr zu
thun als man von ihr begehrt.  Bittet sie, dieses zerbrochne Band
zwischen euch und ihrem Manne wieder zusammen zu löthen--und ich
will alles was ich habe gegen eine Steknadel sezen, eure
Freundschaft wird stärker werden als sie je gewesen ist.

Cassio.
Euer Rath ist gut.

Jago.
Er ist wenigstens gut gemeynt, und kommt aus einem aufrichtigen und
freundschaftlichen Herzen.

Cassio.
Davon bin ich überzeuget; ich will es nicht länger als bis morgen
früh anstehen lassen, die tugendhafte Desdemona um ihr Vorwort zu
bitten; ich bin gänzlich verlohren, wenn ich auf eine so
schimpfliche Art von hier gejagt werde.

Jago.
Ihr habt recht; gute Nacht, Lieutenant; ich muß zur Wache sehen.

Cassio.
Gute Nacht, redlicher Jago--

(Er geht ab.)



Vierzehnte Scene.


Jago (allein.)
Und wo ist nun der, welcher sagen kan, ich spiele die Rolle eines
Spizbuben?  Da der Rath, den ich ihm gebe, gut, ehrlich, von dem
wahrscheinlichsten Erfolg, ja in der That der gerade Weg ist, den
Mohren wieder zu gewinnen.  Denn es ist etwas sehr leichtes die
gutherzige Desdemona zu bewegen, daß sie irgend eine erlaubte Bitte
begünstige; sie ist von einer so überfliessend-wohlthätigen Natur
wie die alles umfassenden Elemente.  Und dann ist für sie wiederum
nichts leichters als den Mohren zu gewinnen, wär' es auch seinem
Taufbund zu entsagen, so gänzlich ist seine Seele in ihrer Liebe
verstrikt; sie kan mit ihm anfangen was sie will, machen, wieder
vernichten, wie es ihrem Eigensinn nur belieben mag, den Gott mit
seiner Schwäche zu spielen.  Bin ich denn also ein Spizbube, dem
Cassio einen Weg zu rathen, der ihn so gerade zu seinem Besten
führt?  Beym Abgott der Hölle!  wenn Teufel ihre schwärzeste Sünden
ausüben wollen, so täuschen sie uns zuvor in himmlischen Gestalten--
So mach' ichs würklich auch.  Denn indeß daß dieser ehrliche Thor
sich Desdemonen zu Füssen wirft, um sein Glük wieder herzustellen,
und sie alle ihre Macht über den Mohren zu Cassio's Vortheil
anwendet; ich will ihm den giftigen Argwohn in die Ohren blasen,
daß sie ihn nur zu Büssung ihrer Lust so gerne bey sich zu behalten
wünsche; und je eyfriger sie sich bemühen wird, ihm Gutes zu thun,
je mehr wird sie ihren Credit in den Augen des Mohren verliehren.
So will ich ihre Tugend in Pech verwandeln, und aus ihrer Güte
selbst ein Nez machen, worinn sie alle gefangen werden sollen.  Wo
kommt ihr her, Rodrigo?



Fünfzehnte Scene.
 (Rodrigo zu Jago.)


Rodrigo.
Ich lauffe hier mit der Jagd, nicht wie ein Hund der jagt, sondern
nur, wie einer der schreyen hilft.  Mein Geld ist beynah
aufgebraucht; heute Nachts bin ich ganz unvergleichlich abgeprügelt
worden; und ich denke, das Ende vom Liede wird seyn, daß ich so
viel Erfahrung für meine Mühe habe; und so werd' ich mit einem
leeren Beutel und einem Bißchen mehr Wiz wieder nach Venedig zurük
kehren--

Jago.
Was für elende Leute sind doch die, so keine Geduld haben können!
Wenn heilt jemals eine Wunde anderst als nach und nach--Du weißst
doch, daß wir nicht zaubern können, sondern daß alles was wir thun,
natürlich zugehen muß; und die Natur will ihre Zeit haben.  Wo
fehlt es dann, laßt sehen?  Cassio hat dich geprügelt, und du hast
für ein paar arme Schläge diesen Cassio cassiert--Was reiff werden
soll, muß erst blühen.  Gedulde dich noch ein wenig: Es ist
würklich schon Tag.  Vergnügen und Arbeit machen, daß uns die
Stunden kurz scheinen.  Entfern' dich; geh, wohin du angewiesen
bist; geh, sag ich--du sollst bald mehr von mir hören--Nun, so geh
doch--

(Rodrigo geht.)

Nun sind zwey Dinge zu thun; mein Weib muß für den Cassio zur
Desdemonen gehen, und das will ich bald veranstaltet haben; ich muß
indeß den Mohren auf die Seite nehmen, und ihn nicht eher wieder
erscheinen lassen, als gerade wenn er den Cassio bey seiner Frauen
überraschen kan--ja, so muß es gehen--und das Eisen soll
geschmiedet werden, weil es noch warm ist.

(Er geht ab.)




Dritter Aufzug.



Erste Scene.
 (Vor Othello's Pallast.)
 (Cassio, mit Musicanten, tritt auf.)


Cassio.
Meine Herren, hier spielt eins, (ich will eure Mühe vergelten,)
etwas das nicht zu lange währt, und dann wünscht dem General einen
guten Morgen.

(Die Musik fängt an; Hans Wurst kommt aus dem Hause heraus.)

Hans Wurst.
Wie, ihr Herren, sind eure Instrumente in Neapel gewesen, daß sie
so durch die Nase reden?--Hier ist Geld für euch; eure Musik
gefällt dem General so wol, daß er wünscht, ihr möchtet ihm den
Gefallen thun, und nicht gar zu laut damit seyn.

Musicant.
Gut, Herr, wir wollen's leiser machen.

Hans Wurst.
Wenn ihr eine Musik habt, die man nicht hört, so macht immer fort:
Aber was man heißt, Musik zu hören, davon ist der General kein
sonderlicher Liebhaber.

Musicant.
Eine Musik, die man nicht hört?--Wir können eine solche, Herr.

Hans Wurst.
So stekt eure Pfeiffen wieder in euern Sak, und zieht ab.  Geht,
zerfließt in Luft, fort.

(Die Musicanten gehen ab.)

Cassio.
Hörst du, guter Freund?

Hans Wurst.
Mit beyden Ohren.

Cassio.
Hier ist ein kleines Goldstük für dich; wenn die Kammer-Frau der
Generalin auf ist, so sag' ihr, es sey ein gewisser Cassio da, der
sich die Erlaubniß ausbitte, ein paar Worte mit ihr zu reden.
Willt du?

Hans Wurst.
Sie ist auf, Herr; wenn sie mir in den Wurf kommt, so will ich
nicht ermangeln, es ihr zu notificieren.

(Er geht.)

Cassio.
Thu das, guter Freund--Da kommt Jago eben recht.

Jago.  (zu ihm.)
Ihr seyd also nicht zu Bette gegangen?

Cassio.
Nein, gewiß nicht; der Tag brach ja schon an, eh wir schieden.  Ich
bin so frey gewesen, und habe eure Frau hieher bitten lassen; ich
will sie ersuchen, sie möchte mir Zutritt bey Desdemona verschaffen.

Jago.
Ich will sie augenbliklich hieher schiken, und indeß ein Mittel
ausfindig machen, um den Mohren auf die Seite zu bringen, damit ihr
ungehindert mit Desdemonen sprechen könnt.

(Er geht ab.)

Cassio.
Ich dank euch gehorsamst davor--In meinem Leben hab' ich keinen
gutherzigern und ehrlichern Florentiner gesehen!  (Aemilia zu
Cassio.)

Aemilia.
Guten Morgen, Herr Lieutenant.  Es ist mir leid, daß ihr Verdruß
gehabt habt; aber ich hoffe, es wird alles wieder gut werden.  Der
General und seine Gemahlin reden mit einander davon, und sie nimmt
eure Parthey sehr lebhaft.  Der Mohr hält ihr entgegen, derjenige,
den ihr verwundet hättet, sey ein Mann von grossem Namen in Cypern,
und von einer ansehnlichen Familie; er könne aus politischen
Ursachen nicht anders, als euch von sich entfernen.  Jedoch
versichert er zu gleicher Zeit, er liebe euch, und habe keine andre
Fürbitter nöthig, um euch wieder bey ihm in Gunst zu sezen, als
seine eigne Zuneigung.

Cassio.
Ich bitte euch dem ungeachtet, wenn ihr anders glaubt daß es
schiklich sey, und wenn es sich thun läßt, mir Gelegenheit zu
verschaffen, daß ich ein paar Worte mit Desdemonen allein sprechen
könnte.

Aemilia.
Ich bitte euch, kommt herein; ich will euch an einen Ort führen, wo
ihr Gelegenheit haben sollt, ihr alles zu sagen was ihr auf dem
Herzen habt.

Cassio.
Ich bin euch sehr dafür verbunden.

(Sie gehen ab.)



Zweyte Scene.
 (Othello, Jago, und etliche Cyprische Edelleute.)


Othello.
Diese Briefe, Jago, gieb dem Schiffs-Patron, und bitte ihn, dem
Senat meine Schuldigkeit zu bezeugen.  Ich will indessen einen Gang
in die Vestungs-Werker thun, mache, daß du dort wieder zu mir
kommst.

Jago.
Ich werde nicht ermangeln, gnädiger Herr.

Othello.
Wollen wir gehen, meine Herren, und die Vestung besehen?

Edelleute.
Wir werden die Ehre haben, Eu.  Gnaden zu begleiten.

(Sie gehen ab.)



Dritte Scene.
 (Verwandelt sich in das Zimmer im Pallast.)
 (Desdemona, Cassio, und Aemilia.)


Desdemona.
Sey versichert, mein guter Cassio, ich will alle meine Vermögenheit
zu deinem Besten anwenden.

Aemilia.
Thut es, liebste Madam; ich weiß, es bekümmert meinen Mann, als ob
es seine eigne Sache wäre.

Desdemona.
Ich glaub' es, er ist ein guter Mensch; zweifelt nicht, Cassio, ich
will meinen Herrn und euch wieder zu so guten Freunden machen, als
ihr gewesen seyd.

Cassio.
Meine großmüthigste Gebieterin, was auch aus Cassio werden mag, so
wird er nie was anders als euer getreuer Diener seyn.

Desdemona.
Ich weiß es; ich danke euch; ihr liebet meinen Gemahl; ihr kennt
ihn schon lange; und seyd vollkommen versichert, er wird in dieser
Entfernung von euch nicht weiter gehen, als er durch politische
Ursachen sich genöthigt sehen wird.

Cassio.
Sehr wohl, Gnädige Frau; aber diese politische Freundschaft kan so
lange währen, und indeß mit einer so leichten und wäßrichten
Nahrung unterhalten werden, daß, indem ich abwesend bin, und ein
andrer meine Stelle inne hat, mein General meiner Ergebenheit und
meiner Dienste endlich gänzlich vergessen wird.

Desdemona.
Macht euch keine solche Gedanken; hier in Aemiliens Gegenwart
verbürg' ich mich selbst für deine Stelle.  Versichre dich, wenn
ich meine Freundschaft verspreche, so darf man sich darauf
verlassen, daß ich ihre Pflichten bis auf den äussersten Punkt
erfüllen werde.  Mein Gemahl soll keine Ruhe haben, bis er sich
ergeben wird; er soll Tag und Nacht nichts anders hören, ich will
ihn bis in sein Bette damit verfolgen, und er soll nichts sagen
noch thun können, wovon ich nicht den Anlas nehme, ihn an Cassio's
Gesuch zu erinnern; sey also ruhig, Cassio; deine Sachwalterin soll
eher das Leben lassen, ehe sie deine Sache aufgeben soll.



Vierte Scene.
 (Othello und Jago treten von der Seite, in einiger Entfernung auf.)


Aemilia.
Gnädige Frau, dort kommt euer Gemahl.

Cassio.
So will ich meinen Abschied nehmen, Gnädige Frau.

Desdemona.
Warum dann?  Bleibt da, und hört mich reden.

Cassio.
Izt nicht, Gnädige Frau; ich bin so übel aufgeräumt, daß ich meiner
Sache keinen guten Schwung geben würde.

(Cassio geht ab.)

Desdemona.
Gut, nach euerm Belieben.

Jago (leise.)
Ha!  Das gefällt mir nicht zum Besten--

Othello (zu Jago.)
Was sagst du?

Jago.
Nichts, Gnädiger Herr; oder wenn--ich weiß selbst nicht was.

Othello.
Gieng nicht diesen Augenblick Cassio von meiner Frauen weg?

Jago.
Cassio, Gnädiger Herr?--Nein, versichert, ich kan mir nicht
vorstellen, daß er sich, sobald er euch kommen sieht, so eilfertig
davon schleichen würde, als ob er kein gutes Gewissen hätte.

Othello.
Ich glaube nicht anders als er war's.

Desdemona.
Wie steht's, mein Gemahl?  Ich sprach eben izt mit einem
Supplicanten, einem Mann, den eure Ungnade sehr unglüklich macht.

Othello.
Und wer ist dieser Mann?

Desdemona.
Wer sollt es seyn als euer Lieutenant, Cassio?  Liebster Gemahl,
wenn ich nur das mindeste Vermögen über euer Herz habe, so söhnt
euch auf der Stelle wieder mit ihm aus.  Wenn er nicht ein Mann ist,
 der euch aufrichtig liebt, und der aus blosser Uebereilung und
nicht mit Vorsaz gefehlt hat, so versteh ich nichts davon was ein
ehrliches Gesicht ist.

Othello.
War er's, der nur eben weggieng?

Desdemona.
Und so niedergeschlagen, daß er meinem mitleidigen Herzen einen
Theil seines Kummers zurükgelassen hat.  Ich bitte euch, mein Schaz,
laßt ihn zurükruffen.

Othello.
Noch nicht, liebste Desdemona, ein andermal.

Desdemona.
Aber doch bald?

Othello.
Bald genug, mein Herz, für dich.

Desdemona.
Heute, Abends, zum Nacht-Essen?

Othello.
Das nicht.

Desdemona.
Also doch morgen auf den Mittag?

Othello.
Ich esse morgen mit einigen Officiers in der Citadelle zu Mittag.

Desdemona.
Nun, also doch Morgen Nachts, oder Dienstag Morgens oder Nachts,
oder Mittwoch Morgens, ich bitte dich, bestimme die Zeit; aber laß
es nicht länger als drey Tage seyn; bey meiner Treue, er ist
bußfertig; und doch ist sein Verbrechen, nach der gemeinen Art
davon zu urtheilen und bey Seite gesezt, daß in Kriegszeiten von
einem Officier das beste Exempel gefordert wird, eine kleine
Uebereilung, die kaum einen Privat-Verweis verdient--Wenn soll er
kommen?  Sag mir's, Othello!  Mich nimmt in der Seele Wunder, was
ihr mich bitten könntet, das ich euch abschlagen würde, oder wobey
ich so verdrieslich dastühnde!  Wie?  Michael Cassio!--Der eurer
Liebe zu mir so gute Dienste leistete; der so oft, wenn ich nicht
sehr vortheilhaft von euch sprach, eure Parthey nahm--und ich soll
soviel Mühe haben, ihn wieder bey euch in Gunst zu sezen?  Glaubt
mir auf mein Wort, ich wollte wohl mehr--

Othello.
Ich bitte dich, laß es genug seyn; er kan kommen, wenn er will; ich
will dir nichts abschlagen.

Desdemona.
Wie, das ist keine Gefälligkeit, die ich für mich bitte; es ist als
ob ich euch bitte eure Kleider zu tragen oder von einer gesunden
Speise zu essen, oder euch warm zu halten; kurz, als ob ich bey
euch darum anhielte, daß ihr euch selbst etwas zu gut thun möchtet.
Nein, wenn ich eine Bitte habe, wodurch ich eure Liebe in der That
auf die Probe zu stellen gedenke, so soll es etwas schweres und
grosses seyn, etwas das Herz erfordert, um bewilliget zu werden.

Othello.
Ich werde dir nichts abschlagen, und alles was ich mir dagegen von
dir ausbitte, ist, daß du mich izt ein wenig allein lassen wollest.

Desdemona.
Sollt' ich euch's abschlagen?  Nein; lebt wohl, mein Gemahl.

Othello.
Lebe wohl, meine Desdemona, ich will gleich folgen.

Desdemona.
Aemilia, komm; seyd wie es euch eure Laune eingiebt, ihr mögt seyn
wie ihr wollt, so bin ich gehorsam.

(Sie gehen ab.)



Fünfte Scene.
 (Othello und Jago bleiben.)


Othello.
Anmuthsvolle Spizbübin!--Verderben erhasche meine Seele, wenn ich
dich nicht liebe--und wenn ich dich nicht mehr liebe, so ist die
Welt wieder zum Chaos worden.

Jago.
Mein Gebietender Herr--

Othello.
Was willt du sagen, Jago?

Jago.
Wie ihr euch um eure Gemahlin bewarbet, wußte Michael Cassio etwas
von eurer Liebe?

Othello.
Allerdings, vom Anfang bis zum Ende: Warum fragst du?

Jago.
Bloß zu meiner eignen Befriedigung; es hat gar nichts böses zu
bedeuten.

Othello.
Warum zu deiner eignen Befriedigung?

Jago.
Ich glaubte nicht, daß er etwas davon gewußt habe.

Othello.
Oh, ja, das hat er, und er war oft die Mittels-Person zwischen uns
beyden.

Jago.
In der That!

Othello.
In der That?  Ja, in der That!  Siehst du was hierinn?  Ist er
nicht ein rechtschaffner Mann?

Jago.
Rechtschaffen, Gnädiger Herr?

Othello.
Rechtschaffen?  Ja, rechtschaffen!

Jago.
Gnädiger Herr, so viel ich weiß.

Othello.
Was denkst du?

Jago.
Denken, Gnädiger Herr!

Othello.
Denken, Gnädiger Herr!--Wie, beym Himmel!  Was meynst du damit, daß
du mir immer nachhallest, gleich als ob irgend ein Ungeheuer, zu
gräßlich um gezeigt zu werden, in deinen Gedanken verborgen läge?
Du meynst etwas damit; vor einer kleinen Weile hört' ich dich sagen,
(das gefalle dir nicht)--wie Cassio von meinem Weibe weggieng.
Was gefiel dir nicht?--Und wie ich dir sagte, er sey während dem
ganzen Lauf meiner Bewerbung um Desdemona mein Vertrauter gewesen,
riefst du, (in der That?) und zogst deine Augbraunen auf eine Art
zusammen, als ob du in selbem Augenblik irgend einem scheußlichen
Gedanken in deinem Gehirn den Ausgang versperren wolltest: Wenn du
mein Freund bist, so sage mir was du denkst.

Jago.
Gnädiger Herr, ihr wißt, daß ich euer Freund bin.

Othello.
Ich denke, du bist's: Und weil ich weiß, daß du ein gutherziger,
ehrlicher Mann bist, und deine Worte wiegst, eh du ihnen Athem
giebst, so schreken mich diese Pausen an dir; denn wenn es an einem
falschen unredlichen Spizbuben ein Kunstgriff oder auch oft bloß
ein angewöhntes Wesen ist, das nichts zu bedeuten hat; so ist es
hingegen an einem rechtschaffnen Mann ein Zeichen, daß er sich Mühe
giebt etwas in seinem Herzen zurück zu halten, dessen Entdekung
schlimme Folgen habe könnte.

Jago.
Was Michael Cassio betrift, so darf ich schwören, daß ich ihn für
einen ehrlichen Mann halte.

Othello.
Dafür halt' ich ihn auch.

Jago.
Die Leute sollten seyn, was sie scheinen; oder die es nicht sind,
von denen wäre zu wünschen, daß sie auch so aussähen, wie Schelmen.

Othello.
Es ist wahr, die Leute sollten seyn, was sie scheinen.

Jago.
Nun, ich denke also, Cassio ist ein ehrlicher Mann.

Othello.
Nein, du willt mehr damit sagen; ich bitte dich, rede mit mir, wie
mit deiner eignen Seele, und gieb deinem ärgsten Gedanken auch den
ärgsten Ausdruk.

Jago.
Mein liebster General, verschonet mich.  Ob ich euch gleich einen
vollkommnen Gehorsam schuldig bin, so bin ich doch dazu nicht
verbunden, worinn alle Sclaven frey sind--euch meine Gedanken zu
sagen--Wie?  gesezt, sie seyen einmal falsch, schändlich; wo ist
der Pallast, in den sich nicht zuweilen garstige Dinge eindrängen?
Wer hat ein so reines Herz, das nicht manchmal unziemliche
Vorstellungen sich unter seine guten Gedanken einmischen sollten?

Othello.
Du bist ein Verräther an deinem Freund, Jago, wenn du glaubst, er
werde betrogen, und ihm doch nicht entdekest was du denkst.

Jago.
Ich denke, daß ich mich vielleicht in meiner Muthmassung betrüge;
(wie ich dann bekennen muß, daß es ein unglüklicher Fehler meines
Temperaments ist, zum Mißtrauen geneigt zu seyn, und mir eine Sache
manchmal schlimmer einzubilden als sie ist,) ich bitte euch also,
Gnädiger Herr, euch selbst aus den ungefehren und unsichern
Bemerkungen eines Menschen, den sein Argwohn so leicht betrügen kan,
keine Ursachen zur Unruhe zu ziehen: Es wäre nicht gut für euch,
und nicht ehrlich und vernünftig an mir, wenn ich euch meine
Gedanken wollte wissen lassen.

Othello.
Was meynst du damit?

Jago.
Der gute Name, mein liebster gnädiger Herr, ist bey Manns- und
Weibsleuten ein Kleinod das ihnen so theuer seyn soll als ihre
Seele.  Wer mir mein Geld stiehlt, stiehlt Quark; es ist etwas und
ist nichts; es war mein, nun ists sein, und ist schon ein Sclave
von Tausenden gewesen; aber wer mir meinen guten Namen nimmt,
beraubt mich eines Schazes, der ihn nicht reicher und mich in der
That arm macht.

Othello.
Ich will wissen, was du denkst--

Jago.
Ihr könntet das nicht, wenn ihr gleich mein Herz in eurer Hand
hättet; und sollt es nicht, so lang es in meiner Verwahrung ist.

Othello.
Ha!

Jago.
Oh, Gnädiger Herr, nehmt euch vor der Eifersucht in Acht; sie ist
ein grün-äugiges Ungeheuer, das sich toller Weise von demjenigen
nährt was es am meisten verabscheut.  Mancher betrogne Ehemann ist
seines Schiksals gewiß, ohne desto unglüklicher zu seyn, weil ihm
seine Ungetreue gleichgültig ist--Aber, o was für unselige Minuten
zählt derjenige über, der vor Liebe schmachtet und doch zweifelt;
der argwöhnet, und nur desto heftiger liebt!

Othello.
Ein elender Zustand, beym Himmel!

Jago.
Arm und zufrieden, ist reich und reich genug; aber ein
unermeßlicher Reichthum ist so arm als der Winter für denjenigen,
der immer besorgt, es werde ihm ausgehen.  Gütiger Himmel!  bewahre
alle menschlichen Herzen vor Eifersucht!

Othello.
Wie?  Was meynst du damit?  Denkst du, ich wollte jemals mein Leben
in Eifersucht zubringen?  Die Monds-Veränderungen unverwandt mit
argwöhnischen Augen begleiten?  Nein, einmal zweifeln heißt bey mir
entschlossen seyn.  Tausche mich gegen eine Ziege aus, wenn ich
jemals fähig bin meine Seele so mißgeschaffnen Gespenstern einer
kranken Phantasie Preiß zu geben, als du dir einbildest.  Das kan
mich nicht eifersüchtig machen, wenn jemand sagt, mein Weib ist
schön, ißt mit gutem Appetit, liebt Gesellschaft, ist munter,
gesprächig, singt, spielt und tanzt gut; an einer tugendhaften
Person werden diese Dinge selbst zu Tugenden.  Eben so wenig werd'
ich jemals von meinen eignen Unvollkommenheiten Anlas zum kleinsten
Zweifel oder Verdacht einer Untreue von ihrer Seite nehmen; denn
sie hatte Augen und wählte mich.  Nein, Jago; ich will sehen eh ich
zweifle; wenn ich zweifle, so will ich Beweise; und sobald ich
diese habe, weg auf einmal mit Liebe und Eifersucht!

Jago.
Das hör' ich sehr gerne; dann nun darf ich mir also kein Bedenken
mehr machen, euch die Freundschaft und Ergebenheit sehen zu lassen,
die ich zu euch trage.  Nehmt also was ich sagen werde so auf, wie
es gemeynt ist.  Ich rede noch nicht von Beweisen; gebt auf eure
Gemahlin Acht, habt ein aufmerksames Auge auf sie und Cassio, das
ist alles was ich sagen kan: Nicht eifersüchtig, aber auch nicht
sicher; ich möchte nicht gerne, daß ein so edles Gemüthe wie das
eurige, aus einem Uebermaaß von angebohrner Gutherzigkeit betrogen
würde; seht euch also vor.  Ich kenne die Venetianische Landes-Art;
in Venedig bekümmern sie sich wenig, ob der Himmel ein Zeuge ihrer
Streiche ist, wenn nur ihre Männer nichts davon gewahr werden; ihre
gröste Gewissenhaftigkeit geht insgemein nicht weiter, als daß sie
niemand zusehen lassen, wenn sie sündigen.

Othello.
Sagst du das?

Jago.
Sie betrog ihren Vater, wie sie sich euch ergab; und zu eben der
Zeit, da sie euch am heftigsten liebte, stellte sie sich, als ob
sie sich vor euch fürchte.

Othello.
Das machte sie würklich so.

Jago.
Macht also den Schluß; konnte sie, so jung, so unschuldig als sie
war, sich so gut verstellen, daß ihr eigner Vater von allem was in
ihrem Herzen vorgieng, nichts gewahr werden konnte--Er dachte, es
müsse nothwendig Zauberey dabey gebraucht worden seyn--Doch ich bin
sehr zu tadeln: Ich bitte euch recht demüthig um Vergebung, daß ich
mich von meiner Liebe zu euch so weit verleiten lasse.

Othello.
Ich bin euch auf immer dafür verbunden.

Jago.
Ich sehe doch, es hat eure Lebensgeister ein wenig in Unordnung
gebracht.

Othello.
Im mindsten nicht, im mindsten nicht!

Jago.
Glaubt mir, ich besorge, es ist so etwas; ich hoffe wenigstens, ihr
werdet überzeugt seyn, daß, was ich sagte aus Freundschaft zu euch
geflossen ist.  Aber, ich seh' es, ihr seyd beunruhigt--Ich bitte
euch recht inständig, meinen Reden keine schlimmere Auslegung zu
geben, als meine Meynung ist.

Othello.
Das will ich auch nicht.

Jago.
Thätet ihr's, Gnädiger Herr, so könntet ihr Folgen daraus ziehen,
an die ich in der That nie gedacht habe.  Cassio ist mein Freund
und ein Mann der Verdienste hat--Gnädiger Herr, ich sehe, ihr seyd
unruhig--

Othello.
Nein, nicht sonderlich unruhig--ich denke nichts anders, als
Desdemona ist tugendhaft.

Jago.
Lange lebe sie so!  Und lange möget ihr leben, so zu denken!

Othello.
Und doch, wenn die Natur einmal aus ihrem Geleis getreten ist--

Jago.
Das ist eben der Punct--Daß sie (wenn ich so frey seyn darf, es
herauszusagen) so viele Partheyen, die ihr natürlicher Weise hätten
angemeßner scheinen sollen, abgewiesen hat, um sich einem Liebhaber
zu ergeben, dessen Landesart, Farbe und Alter dem ihrigen so
entgegen gesezt war.  In der That, das scheint etwas
ausschweiffendes in ihrem Gemüth, eine gewisse Ueppigkeit und
Unordnung ihrer Einbildung und ihrer Neigungen anzuzeigen.  Doch
ich bitte euch um Vergebung, ich rede eigentlich nicht von ihr ins
besondere; ob ich gleich nicht ohne alle Sorge bin, so könnte, bey
kühlerm Blut, darauf fallen, eure Gestalt mit derjenigen von ihren
Landsleuten zu vergleichen, und sich vielleicht ihre Wahl gereuen
zu lassen.

Othello.
Leb wohl, leb wohl; wenn du etwas weiters merkest, so laß mich's
wissen: Trag es deiner Frau auf, sie genau zu beobachten.  Verlaß
mich, Jago.

Jago.
Ich beurlaube mich, gnädiger Herr.

(Er geht.)

Othello.
O warum heurathete ich!  Dieser ehrliche Mann sieht und weiß ohne
Zweifel mehr, weit mehr, als er sagt.

Jago (wieder zurükkommend.)
Gnädiger Herr, ich wollt' ich dürfte Eu.  Gnaden bitten, dieser
Sache nicht weiter nachzuhängen; überlaßt es der Zeit; ob es gleich
ganz gut wäre, daß Cassio wieder seine Stelle hätte, (denn in der
That, bekleidete er sie mit grosser Geschiklichkeit,) so würdet ihr
doch, wenn es euch gefiele ihn noch eine Zeitlang in der
Ungewißheit zu lassen, dabey Anlaß finden, ihn und sein Betragen
besser kennen zu lernen.  Gebt auch acht, ob eure Gemahlin seine
Wiedereinsezung mit Merkmalen von Ungestüm und Heftigkeit betreiben
wird; daraus würde sich vieles abnehmen lassen.  Mittlerweile
glaubet lieber, ich treibe meine Besorgnisse zu weit, und begegnet
ihr so, daß sie keine Veränderung spüren könne; ich bitte Eu.
Gnaden sehr darum.

Othello.
Verlaß dich hierüber auf meine Klugheit.

Jago.
Ich empfehle mich nochmals.

(Er geht ab.)



Sechste Scene.
 (Othello allein.)


Othello.
Dieser Bursche ist der ehrlichste Mensch von der Welt, und kennt
die Menschen und den Lauf der Welt meisterlich: Find' ich sie
unkeusch, so soll alle meine Liebe sie nicht vor meinem Grimm
retten--Vielleicht weil ich schwarz bin, und keine von den
einschmeichelnden Eigenschaften im Umgang habe, die das ganze
Verdienst dieser Jungfern-Knechte ausmachen; oder weil ich schon im
herabsteigenden Alter bin--Doch, das will nicht viel sagen--Sie ist
hin, ich bin betrogen, und mein Trost muß seyn, einen Ekel vor ihr
zu fassen.  O der Fluch des Ehestandes!  Daß wir diese reizenden
Geschöpfe unser nennen können, und nicht ihre Neigungen!  Ich
wollte lieber eine Kröte seyn, und von den Ausdünstungen einer
Mistgrube leben, als in dem was ich liebe, einen Winkel für eines
andern Gebrauch zu wissen.  Und doch ist das die gewöhnliche Plage
der Grossen, die hierinn unglüklicher als die Geringen sind; es ist
ein unvermeidliches Schiksal wie der Tod--Hier kommt sie ja!
(Desdemona und Aemilia treten auf.) Wenn sie ungetreu ist, so
spottet der Himmel seiner selbst.  Ich kan es nicht glauben!

Desdemona.
Wie geht's, mein liebster Othello?  Euer Mittag-Essen, und die
edeln Insulaner, die ihr dazu eingeladen habt, warten auf eure
Gegenwart.

Othello.
Ich bin zu tadeln.

Desdemona.
Warum redet ihr so schwach?  Fehlt euch was?

Othello.
Ich hab' einen Schmerz hier an meiner Stirne.

Desdemona.
Das kommt nur, weil ihr zu viel gewacht habt, es wird bald wieder
vergehen.  Erlaubt mir nur, daß ich euch die Stirne hart verbinde,
so wird es in einer Stunde wieder besser seyn.

(Sie zieht ihr Schnupftuch heraus, um es ihm umzubinden.)

Othello.
Euer Schnupftuch ist zu klein: laßt es gut seyn: Kommt, ich will
mit euch gehen.

(Das Schnupftuch entfällt ihr, indem sie es einsteken will.)

Desdemona.
Es ist mir recht leid, daß ihr nicht wohl seyd.

(Sie gehen ab.)



Siebende Scene.
 (Aemilia bleibt zurük.)


Aemilia (indem sie das Schnupftuch aufließt.)
Ich bin froh, daß ich dieses Schnupftuch gefunden habe; das war das
erste Geschenk, das sie von dem Mohren empfieng.  Mein wunderlicher
Mann hat mir schon hundertmal gute Worte gegeben, daß ich es
stehlen sollte.  Allein sie liebt es so sehr, (denn er beschwor sie,
es immer zu seinem Andenken zu behalten,) daß sie es immer mit
sich herum trägt, um es zu küssen und damit zu schwazen.  Ich will
den Riß von der Stikerey abzeichnen, und es dann dem Jago geben;
was er damit machen will, weiß der Himmel, nicht ich: Ich habe
nichts dabey, als seine Grille zu befriedigen.  (Jago tritt auf.)

Jago.
Wie steht's?  Was macht ihr hier allein?

Aemilia.
Schmählt mich nicht; ich hab etwas für euch.

Jago.
Ihr habt etwas für mich?  Es ist etwas gemeines--

Aemilia.
Wie?

Jago.
Ein närrisches Weib zu haben.

Aemilia.
O, ist das alles?  Was gebt ihr mir für dieses Schnupftuch?

Jago.
Was für ein Schnupftuch?

Aemilia.
Was für ein Schnupftuch?--Wie, das so der Mohr Desdemonen gab; das
nemliche, wo ihr mich so lange schon stehlen hiesset.

Jago.
Hast du ihr's gestohlen?

Aemilia.
Nein; aber sie ließ es aus Versehen entfallen, und da ich zu allem
Glük dabey war, so hub ich's auf; sieh, da ist es.

Jago.
Du bist ein braves Mensch; gieb mir's.

Aemilia.
Was wollt ihr damit machen, daß ihr so ernstlich haben wolltet, daß
ich's stehlen sollte?

Jago.
Wie, was geht das dich an?

Aemilia.
Wenn es nicht zu irgend einem Vorhaben von Wichtigkeit ist, so gebt
mir's wieder.  Die arme Frau!  Sie wird närrisch werden, wenn sie
es missen wird.

Jago.
Thut nicht, als ob ihr was davon wißt.  Ich hab es nöthig.  Geh,
laß mich allein--

(Aemilia geht ab.)

Izt will ich dieses Schnupftuch in Cassio's Quartier verliehren,
und es ihn finden lassen.  Die ärmsten Kleinigkeiten sind für
eifersüchtige Leute so starke Bekräftigungen, als Beweise aus der
Bibel.  Dieses Ding kan zu was gut sein.  Das Gift das ich dem
Mohren beygebracht habe, fangt schon an bey ihm zu würken:
Argwöhnische Einbildungen haben in der That die Natur des Gifts,
welches man anfangs am Geschmak kaum erkennen kan: aber sobald es
ins Blut übergeht, wie eine Schwefel-Mine brennt--Das sagt ich!



Achte Scene.


Jago.
Seht, da kommt er!  Weder Mohn-Saamen, noch Mandragora, noch alle
einschläfernde Säfte in der Welt zusammen genommen werden dir
jemals diesen süssen Schlaf wiedergeben, den du gestern noch
hattest--

Othello (vor sich.)
Ha!  Sie soll mir untreu seyn!

Jago.
Wie, wie stehts, General?  Nichts solches mehr!

Othello.
Hinweg!  fort!  Du spannst mich auf die Folter: Ich schwör' es, es
ist besser mit seinen Augen sehen, daß man betrogen wird, als nur
besorgen müssen, daß man's sey.

Jago.
Wie, Gnädiger Herr?

Othello.
Was wußt' ich von ihren verstohlnen Ausschweiffungen?  Ich sah sie
nicht, ich dachte nicht daran, sie thaten mir kein Leid; ich
schlief die Nacht darauf wohl; war ruhig und froh; ich fand
Cassio's Küsse nicht auf ihren Lippen.  Laßt den der bestohlen ward
und das Gestohlne nicht vermißt, laßt ihn nichts davon wissen, und
es ist soviel als ob er gar nicht bestohlen worden wäre.

Jago.
Ich bedaure, daß ich solche Dinge hören muß.

Othello.
Und hätte das ganze Lager bis auf die Troßbuben herab, ihren holden
Leib gekostet, und ich wüßte nur nichts davon, so wär' ich glüklich.
Aber, o!  nun auf ewig fahr wohl, Ruhe des Gemüths!  Fahr wohl,
Zufriedenheit!  Fahret wohl, ihr mit Federbüschen geschmükten
Schaaren; und du, stolzer Krieg, der die schwellende Seele mit
edler Ruhmbegierde füllt: O fahret wohl!  Fahret wohl wiehernde
Stuten, schmetternde Trompete, Muth-erwekende Trummel, und du
muntre Queer-Pfeiffe, königliches Panner, und der ganze Prunk und
Pomp des glorreichen Kriegs!  Und, o!  ihr tödtlichen Werkzeuge,
deren eherner Rachen Jupiters furchtbaren Donner nachahmt, fahret
wohl!  Othello's Arbeit ist gethan!

Jago.
Ist's möglich, Gnädiger Herr?--

Othello.
Nichtswürdiger, sey gewiß, daß du mir beweisen kanst, daß meine
Liebe eine Hure ist; sey dessen gewiß, gieb mir eine sichtbare
Probe--

(Er faßt ihn wüthend an.)

Oder, beym Werth der unsterblichen Seele des Menschen!  es wäre dir
besser, wenn du ein Hund gebohren worden wärest, als meinem
aufgeschrekten Grimm zu begegnen.

Jago.
Ist es dazu gekommen?

Othello.
Laß mich's sehen; oder beweis es wenigstens so, daß kein Schatten
eines Zweifels übrig bleibe: Oder weh deinem Leben!

Jago.
Mein edler Gebieter--

Othello.
Wenn du sie unschuldig angeklagt, und mich auf diese Folterbank
geschraubt hast, so bete nicht mehr, erstik dein Gewissen, häuffe
Greuel auf Greuel, begeh Sünden, daß der Himmel weinen und die Erde
sich entsezen muß; du kanst nichts ärgers thun, um das Maaß deiner
Verdammniß voll zu machen als du schon gethan hast.

Jago.
O!  Barmherzigkeit!  Der Himmel steh mir bey!  Seyd ihr ein Mann?
Habt ihr eine Seele?  oder ein menschliches Gefühl?  Gott sey bey
euch; nehmt mir mein Amt, und wenn ihr wollt, mein Leben dazu--O
ich unglüklicher Thor, daß ich erleben soll daß meine Ehrlichkeit
zum Verbrechen gemacht wird!  O Welt!  Welt!  Das ist dein Lauff;
ehrlich und aufrichtig, ist sein eigner Feind seyn.  Ich dank' euch
für diesen Unterricht; von nun will ich der Freundschaft gute Nacht
geben, und niemand mehr lieben als mich selbst.

Othello.
Nein, warte--Du solltest ehrlich seyn--

Jago.
Ich sollte klug seyn; Ehrlichkeit ist ein Narr, der jedermann gutes
thut, und nur sich selbst schadet.

Othello.
Bey allem was in der Welt ist, ich denke mein Weib ist unschuldig,
und denke sie ists nicht; ich denke du bist rechtschaffen, und
denke du bist's nicht; ich will Beweis haben.  Ihr Name, der so
frisch war wie Dianens Antliz, ist nun so schwarz als mein eignes.
Nein, wenn noch Strike, noch Dolche, noch Gift, Feuer oder Wasser
in der Welt sind, so will ich diese Pein nicht länger ausstehen--
Ich wollt' ich wäre meines Schiksals gewiß!

Jago.
Ich sehe, Gnädiger Herr, ihr werdet von eurer Leidenschaft
aufgerieben.  Es reut mich, daß ich Anlas dazu gegeben habe.  Ihr
wollt eures Schiksals gewiß seyn?

Othello.
Ja, das will ich.

Jago.
Und könnt; aber wie?  wie gewiß seyn, Gnädiger Herr?  wolltet ihr
ein Augenzeuge seyn--mit weitoffnen Augen zusehen?  Sehen wie sie--

Othello.
Tod und Verdammniß!  oh!

Jago.
Ich denk' es würde schwer halten, sie so vertraulich zu machen: Bey
solchen Spielen liebt man keine fremde Augen zu Zuschauern.  Was
dann?  Wie dann?  Was soll ich sagen?  Was nennt ihr Gewißheit?  Es
ist unmöglich, daß ihr's mit Augen sehen könnt; und wenn sie so
unverschämt wären wie Geissen, so hizig wie die Wald-Teufels, und
so unbesonnen wie ein Dummkopf, den man mit Wein angefüllt hat.
Und doch sag ich, wenn Wahrscheinlichkeiten, wenn Umstände die
geradeswegs bis vor die Thüre der Wahrheit führen, euch Gewißheit
geben können, so könnt' ihr sie haben.

Othello.
Gieb mir einen überführenden Beweis, daß sie ungetreu ist.

Jago.
Ihr legt mir eine unangenehme Pflicht auf; aber da ich mich nun
einmal, aus unüberlegter Aufrichtigkeit und Freundschaft, so weit
in diese Sache eingelassen habe, so will ich weiter gehen.  Ich lag
lezthin mit Cassio in einem Bette; ein rasender Zahn machte daß ich
nicht schlafen konnte--Es giebt eine Art von Leuten, deren Seele so
schlapp ist, daß ihnen ihre geheimsten Gedanken im Schlaf entgehen.
Von dieser Art ist Cassio.  Er redte im Schlaf.  Liebste Desdemona,
hört' ich ihn sagen, laß uns vorsichtig seyn.  Laß uns unser
Liebes-Verständniß dem schärfsten Aug' unerforschlich machen!  Und
dann, gnädiger Herr, tappte er um sich, und drükte mir die Hand,
rief--O bezauberndes Geschöpf!  und küßte mich dann nicht anders,
als ob er Küsse, die auf meinen Lippen wüchsen, mit den Wurzeln
ausziehen wollte, legte dann sein Bein über meinen Schenkel, und
seufte und küßte mich, und rief, verfluchtes Schiksal, das dich dem
Mohren gab!

Othello.
O Scheusal!  Scheusal!

Jago.
Nein, das war nur ein Traum.

Othello.
Aber ein Traum, der ganz deutlich anzeigt, was geschehen ist.

Jago.
Das ist ein verdammter Zweifel, ob es gleich nur ein Traum ist.  Es
kan doch immer dazu dienen, andre, an sich selbst zu schwache
Anzeigen zu verstärken.

Othello.
Ich will sie von Glied zu Glied in Stüke reissen.

Jago.
Nicht so heftig!  Fasset euch; noch (sehen) wir nichts, sie kan
noch unschuldig seyn--Sagt mir nur das, habt ihr niemals ein
Schnupftuch, mit Erdbeeren überstikt, in eurer Gemahlin Hand
gesehen?

Othello.
Ich gab ihr so eines, es war mein erstes Geschenk.

Jago.
Davon weiß ich nichts; aber mit einem solchen Schnupftuch (und ich
bin gewiß, es war eurer Gemahlin ihres,) sah ich Cassio heute
seinen Bart wischen.

Othello.
Wenn's das nemliche wäre--

Jago.
Es mag dieses oder ein anders seyn, so war es doch von ihr, und, zu
den andern Proben genommen, spricht es nicht zu ihrem Vortheil.

Othello.
O daß die Elende tausend Leben hätte!  Eines ist zu wenig für meine
Rache.  Nun seh ich endlich--Schau, Jago, so blase ich alle meine
Liebe dem Himmel zu: Sie ist weg;--erhebe dich, schwarze Rache, aus
deiner unseligen Gruft!  und du, Liebe, tritt dem tyrannischen Haß
deinen Thron und deine Krone ab!  Wie mein Herz mir schwillt, als
ob es mit lauter Natter-Zungen angefüllt wäre!

Jago.
Gebt euch noch zufrieden.

Othello.
O Blut, Blut, Blut!--

Jago.
Geduld, sag ich; ihr könnt vielleicht anders Sinnes werden.

Othello.
Niemals, Jago--niemals sollen meine blutige Gedanken, in ungestümer
Fluth sich daherwälzend, zu sanfter Liebe zurük fliessen, bis eine
weite hinlängliche Rache sie verschlungen haben wird--Das schwör'
ich,

(er kniet,)

höre Himmel das schrekliche, unwiederrufliche Gelübd!--Bey deiner
unzerstörbaren Veste schwör' ich Rache!

Jago (kniend.)
Stehet noch nicht auf--Seyd Zeugen, ihr ewigbrennenden Lampen dort
oben, und ihr Elemente, die uns rings umfassen; seyd Zeugen, daß
Jago hier alles was sein Verstand, seine Hand und sein Herz vermag,
zum Dienste des beleidigten Othello wiedmet!  Er befehle!  Und ich
will gehorchen, ohne Zaudern gehorchen, so blutig auch der Befehl
seyn mag!

Othello.
Ich bewillkomme deine Freundschaft nicht mit eiteln Danksagungen,
sondern mit gutwilliger Annahm; und im gleichen Augenblik will ich
dir sagen, wozu ich sie nöthig habe.  In den nächsten dreyen Tagen,
laß mich von dir hören, daß Cassio nicht mehr ist.

Jago.
Mein Freund ist todt; ihr wollt es, es ist gethan.  Aber sie--sie
laßt leben!

Othello.
Verderben über sie, die unzüchtige Gleißnerin!  oh!  Verderben,
Verderben über sie!  Komm, geh mit mir auf die Seite, ich muß auf
irgend ein schnelles Mittel denken, den schönen Teufel aus der Welt
zu schaffen.  Nunmehr bist du mein Lieutenant--

Jago.
Ich bin auf ewig der eurige.

(Sie gehen ab.)



Neunte Scene.
 (Ein andrer Theil des Pallasts.)
 (Desdemona, Aemilia, und Hans Wurst.)


Desdemona.
Guter Freund, wißt ihr, wo der Lieutenant Cassio ligt?

Hans Wurst.
Das unterstühnd' ich mich wol nicht zu sagen, daß er irgendwo lüge.

Desdemona.
Warum?

Hans Wurst.
Er ist ein Soldat; und wenn unser einer sagte, ein Soldat lüge, das
wäre Hals-Arbeit.

Desdemona.
Keine Possen!  Wo ist sein Quartier?

Hans Wurst.
Da würd' ich selbst lügen, wenn ich euch das sagen wollte.

Desdemona.
Auf diese Art werd' ich von dir keine Antwort kriegen.

Hans Wurst.
Ich weiß sein Quartier nicht; und wenn ich folglich ein Quartier
erdenken wollte, und sagen, er lige da, oder er lige da im Quartier,
so würd ich's in meinen Hals hinein lügen.

Desdemona.
Du kanst ihn doch erfragen?

Hans Wurst.
Ich will die ganze Welt catechisieren; ich will so lange nach ihm
fragen, bis mir jemand antwortet, wo er ist.

Desdemona.
Such ihn auf, und heiß ihn hieher kommen; sag ihm, ich habe meinen
Herrn auf gute Gedanken für ihn gebracht, und ich hoffe, es werde
alles gut gehen.

Hans Wurst.
Das ist endlich eine Verrichtung, die innert den Grenzen von eines
ehrlichen Kerls Wiz ligt; und also will ich sehen, ob ich damit zu
Stande kommen kan.

(Er geht.)

Desdemona.
Wo mag ich doch das Schnupftuch verlohren haben?

Aemilia.
Ich weiß es nicht, gnädige Frau.

Desdemona.
Ich versichre dich, ich wollte lieber einen Beutel voll Crusado's
verlohren haben.  Wenn mein edler Mohr nicht zu vernünftig und zu
großmüthig gesinnt wäre, um eifersüchtig zu seyn, so brauchte es
nicht mehr, um ihn auf schlimme Gedanken zu bringen.

Aemilia.
Ist er nicht eifersüchtig?

Desdemona.
Wer, er?  Ich denke, die Sonne, unter der er gebohren ward, zog
alle groben Dünste von dieser Art aus ihm.

Aemilia.
Seht, da kommt er.

Desdemona.
Ich will izt nicht von ihm ablassen, bis er den Cassio zu sich
ruffen läßt--Wie stehts mit euch, mein lieber Gemahl?



Zehnte Scene.
 (Othello zu den Vorigen.)


Othello.
Wohl, meine liebe Gemahlin--Himmel!  wie werd ich an mich halten
können!--wie gehts euch, Desdemona?  Gebt mir eure Hand; diese Hand
ist feucht, Madam.  Heiß, heiß, und feucht--eine solche Hand
erfordert Eingezogenheit; fasten und beten, viel Casteyung, und
geistliche Uebungen; denn es ist ein feuriger, schwizender Teufel
hier, der oft rebellisch wird; es ist eine gute Hand, eine
freygebige Hand.

Desdemona.
Ihr könnt in der That wohl so sagen; denn es war die Hand die mein
Herz weggab.

Othello.
Eine freygebige Hand.  In vorigen Zeiten gaben die Hände Herzen;
aber unsre neue Heraldik ist Hände ohne Herz.

{ed. * Eine satyrische Anspielung auf die vielen Baronets, welche König
Jacob der Erste machte, und die unter andern Vorrechten eine rothe
Hand in einem silbernen Feld in den Wappen-Schild ihrer Vorfahren
bekamen.}

Desdemona.
Ich verstehe mich nichts hierauf; kommt, wir wollen nun von euerm
Versprechen reden.

Othello.
Was für ein Versprechen, mein Däubchen?

Desdemona.
Ich habe zu Cassio geschikt, daß er kommen und mit euch reden solle.

Othello.
Ich bin mit einem beschwerlichen Schnuppen geplagt; leih mir dein
Schnupftuch!

Desdemona.
Hier, mein Gemahl.

Othello.
Das, so ihr von mir bekommen habt.

Desdemona.
Ich hab es nicht bey mir.

Othello.
Nicht?

Desdemona.
In der That, nicht.

Othello.
Das ist ein Fehler.  Das nemliche Schnupftuch hatte meine Mutter
von einer Zigäunerin, die sich auf die Zauberey verstuhnd, und den
Leuten so gar sagen konnte, was sie dachten.  Sie sagte ihr, so
lange sie es behalten würde, würd' es sie liebenswürdig und ihr das
Herz meines Vaters gänzlich eigen machen; wenn sie es aber verlöhre,
oder verschenkte, würde sie auf einmal allen Reiz in seinen Augen
verliehren, und ihm verhaßt und unerträglich werden.  Meine Mutter
gab mir's da sie starb und bat mich, wenn ich jemals heurathete, es
meinem Weibe zu geben.  Ich that es, und ich sag euch, habt Acht
darauf.--Bewahrt es, wie euern Augapfel: Es verliehren oder
weggeben, wär' ein Unglük, dem kein anders zu vergleichen wäre.

Desdemona.
Ists möglich?

Othello.
Es ist würklich so; es ist etwas zauberisches in dem Gewebe davon.
Eine Fee, welche den Lauf der Sonne zweyhundert mal anfangen und
enden gesehen hatte, machte die Stikerey daran: Die Würmer waren
geweyht, welche die Seide dazu spannen, und es wurde mit Mumien von
einbalsamierten Jungfern-Herzen gefärbt.

Desdemona.
In der That!  Ist das wahr?

Othello.
Sehr wahr; ihr könnt also nur Sorge dazu tragen.

Desdemona.
Wenn es so ist, so wollt' ich zu Gott, ich hätt' es nie gesehen!

Othello.
Ha!  Warum?

Desdemona.
Warum sprecht ihr so hastig und auffahrend?

Othello.
Ist's verlohren?  Ist's hin?  Sagt, ist es fort?

Desdemona.
Gott sey bey uns!--

Othello.
Was sagt ihr?

Desdemona.
Es ist nicht verlohren; aber gesezt, es wäre verlohren?

Othello.
Ha!

Desdemona.
Ich sag, es ist nicht verlohren.

Othello.
Holt es, ich will es sehen.

Desdemona.
Gut, das kan ich, mein Herr; aber ich will izt nicht: Das ist ein
kleiner Streich, wodurch ihr mich von meiner Bitte abbringen wollt.
Ich bitte euch, laßt euer Haus dem Cassio wieder offen seyn.

Othello.
Holt mir das Schnupftuch--ich will nicht hoffen--

Desdemona.
Kommt, ihr werdet niemals einen bravern Mann an seinen Plaz
bekommen.

Othello.
Das Schnupftuch--

Desdemona.
Ein Mann, der bisher sein ganzes Glük auf eure Freundschaft gebaut
hat; der Gefahren mit euch getheilt hat--

Othello.
Das Schnupftuch.

Desdemona.
Wahrhaftig, ihr seyd zu tadeln--

Othello.
Hinweg!--

(Er geht ab.)



Eilfte Scene.


Aemilia.
Wie?  Ich glaube der Mann ist eifersüchtig?

Desdemona.
So hab' ich ihn noch nie gesehen.  O ganz gewiß ist etwas
ausserordentliches in diesem Schnupftuch.  Ich bin höchst
unglüklich es verlohren zu haben.

Aemilia.
Man lernt weder in einem noch in zweyen Jahren was ein Mann ist;
sie sind alle lauter Magen, und wir Arme sind ihr Futter; sie
schlingen uns gierig hinein; und wenn sie sich überfüllt haben, so
rülpsen sie uns wieder aus.

{ed. * Dieses Gleichniß ist freylich unanständig genug; allein darum
bekümmert unser Autor sich nicht; genug für ihn, daß es wahr ist.}

Seht, da kommt Cassio und mein Mann.

(Jago und Cassio treten auf.)

Jago.
Es ist kein andres Mittel übrig; das muß sie thun--Wie glüklich!
hier ist sie schon; geht und bittet sie so sehr ihr könnt.

Desdemona.
Wie steht's, guter Cassio?  wie gehn eure Sachen?

Cassio.
Gnädige Frau, ich habe noch immer meine vorige Bitte.  Auf eurer
Großmuth beruht alle meine Hofnung zu meiner Wiederherstellung in
die Freundschaft euers Gemahls, den ich mit so gänzlicher
Ergebenheit des Herzens ehre und liebe.  Ich möchte nicht noch
länger aufgezogen werden.  Ist mein Vergehen so groß, daß weder
meine Reue noch meine ehmaligen Dienste, noch diejenigen die ich
künftig zu leisten wünsche, mich loskauffen und wieder in seine
Gunst einsezen können, so ist wenigstens das eine Wohlthat, wenn
ich weiß daß es so ist; damit ich in diesem Fall, in eine
erzwungene Zufriedenheit eingehüllt, einen andern Weg suchen kan,
um vom Allmosen des Glüks zu leben.

Desdemona.
Ach, mein lieber guter Cassio, meine Fürsprache ist dermalen sehr
unvermögend; mein Gemahl ist nicht mein Gemahl; ich würde ihn nicht
mehr kennen, wenn er sich an Gestalt so sehr wie am Humor,
verändert hätte.  So stehe jeder gute Engel mir bey, wie ich nach
meinem äussersten Vermögen für euch gesprochen habe.  Aber alles
was ich durch meine Freymüthigkeit erhielt, war, daß ich mir seinen
Unwillen zuzog.  Ihr müßt euch noch ein wenig gedulden; was ich
thun kan, das will ich: Und ich will mehr als ich Herz hätte für
mich selbst zu thun.  Laßt euch das genug seyn.

Jago.
Ist der General zornig?

Aemilia.
Er gieng nur erst von hier fort, und, versichert, er ist in einer
seltsamen Gemüths-Unruhe.

Jago.
Kan er zornig seyn?  Ich war dabey, wie die Canone seine Linien in
die Luft zerstiebte, und so schnell und gewaltsam wie der Teufel,
seinen Bruder unmittelbar an seiner Seite wegrafte; und kan er
zornig seyn?  So muß etwas wichtiges daran Ursache seyn; ich will
gehn und ihn aufsuchen; in der That, das bedeutet was, wenn er
zornig ist.

(Er geht ab.)



Zwölfte Scene.
 (Desdemona, Aemilia und Cassio bleiben.)


Desdemona.
Ich bitte dich, thu das--Ganz gewiß muß etwas das den Staat betrift,
 entweder von Venedig, oder irgend ein unausgebrütetes Complot hier
in Cypern, wovon er die Entdekung gemacht hat, seinen sonst immer
heitern Geist verfinstert haben; und in solchen Fällen ist es die
Art der Menschen, daß sie ihren Unmuth an geringern Dingen
auslassen, wenn gleich grosse ihr Gegenstand sind.  Es ist nicht
anders.  Es darf uns nur ein Finger weh thun, so verbreitet sich
auch über unsre übrigen gesunden Gliedmassen ein Gefühl von Schmerz.
Nein, wir müssen denken, daß unsre Männer keine Götter sind; wir
können nicht von ihnen fordern, daß sie immer so zärtlich mit uns
umgehen, als sie vor der Hochzeit thun.  Schilt mich nur recht sehr
aus, Aemilia; ich unartiges Ding, ich war schon im Begriff seiner
Unfreundlichkeit in meinem Herzen den Proceß zu machen; aber nun
find' ich, daß meine Eigenliebe den Zeugen bestochen hat, und daß
er ungerechter Weise angeklagt worden ist.

Aemilia.
Gebe der Himmel, daß es Staats-Sachen seyen, wie ihr glaubt, und
keine eifersüchtige Grillen, die euch angehen.

Desdemona.
Das wäre gar zu unglüklich!  Ich gab ihm niemals Ursache dazu.

Aemilia.
Eifersüchtige Gemüther lassen sich damit nicht beruhigen; sie sind
nicht allezeit eifersüchtig, weil sie eine Ursache dazu haben,
sondern oft nur, weil sie eifersüchtig sind.  Die Eifersucht ist
ein Ungeheuer, daß keinen andern Vater und keine andre Mutter hat
als sich selbst.

Desdemona.
Der Himmel bewahre Othello's Herz vor diesem Ungeheuer!

Aemilia.
Dazu sag ich Amen, Gnädige Frau.

Desdemona.
Ich will sehen, wo er ist.  Cassio, entfernt euch nicht zu weit;
wenn ich ihn in einer bessern Laune finde, so will ich euer Anligen
wieder in Bewegung bringen, und das äusserste versuchen, um
glüklich damit zu seyn.

Cassio.
Ich danke Eu.  Gnaden demüthig.

(Sie gehen auf verschiedenen Seiten ab.)



Dreyzehnte Scene.
 (Eine Strasse vor dem Pallast.)
 (Cassio, tritt wieder auf, und begegnet der Bianca.)


Bianca.
Guten Tag, Freund Cassio.

Cassio.
Was führt euch hieher?  Wie steht's mit euch, meine schönste
Bianca?  In der That, mein Herzchen, ich war im Begriff bey euch
anzusprechen.

Bianca.
Und ich war im Begriff euch einen Besuch in euerm Quartier
abzustatten, Cassio.  Wie?  eine ganze Woche wegbleiben?  Sieben
Tag' und Nächte?  Hundert und acht und sechszig Stunden?  Und eines
Liebhabers Abwesenheits-Stunden, die hundert und sechszig mal
langweiliger sind als der Stunden-Zeiger.  O!  eine verdrießliche
Rechnung!

Cassio.
Vergieb mir, Bianca; ich war diese Zeit über von bleyernen Gedanken
zu Boden gedrükt; aber ich werde in einer glüklichern Zeit diese
lange Rechnung von Abwesenheit zu tilgen wissen.  Liebste Bianca,
zeichne mir diesen Riß ab--

(Er giebt ihr Desdemonens Schnupftuch.)

Bianca.
O Cassio, woher habt ihr das?  Das hat mir die Mine von einem
Liebes-Pfand irgend einer neuern Freundin: Nun merk' ich die
Ursache deiner Abwesenheit die mir so schmerzlich war: Ist es dazu
gekommen?  Wohl, wohl!

Cassio.
Geh, Mädchen, und wirf deine häßlichen Muthmassungen dem Teufel in
die Zähne, von dem du sie hast.  Du bildest dir also ein, das sey
ein Andenken von einer Liebste?  Nein, Bianca, in ganzem Ernst.

Bianca.
Wie, von wem ist es dann?

Cassio.
Das weiß ich selbst nicht; ich fand es in meinem Zimmer; die Arbeit
daran gefällt mir ungemein, und eh man es wieder begehrt, (welches
vermuthlich geschehen wird) möcht' ich einen Abriß davon haben.
Nimm es, mein Herz, und zeichn' es ab, und laß mich izt allein.

Bianca.
Euch allein lassen?  Warum?

Cassio.
Ich warte hier auf den General, und denke, es würde mir eben keine
grosse Dienste bey ihm thun, wenn er mich beweibt sehen würde.

Bianca.
Wie ist das zu verstehen?

Cassio.
Nicht als liebt' ich euch nicht.

Bianca.
Sondern nur daß ihr mich nicht liebet.  Ich bitte euch, macht mir
das ein wenig deutlicher und sagt mir, ob ich euch diese Nacht
nicht sehen soll?

Cassio.
Wenigstens will ich euch sehen, sobald ich kan.

Bianca.
Nun wohl dann, ich muß es also drauf ankommen lassen.

(Sie gehen ab.)




Vierter Aufzug.



Erste Scene.
 (Eine Strasse vor dem Pallast.)
 (Othello und Jago treten auf.)


Jago.
Denkt ihr das?

Othello.
Ob ich's denke, Jago?

Jago.
Wie, einander heimlich küssen?

Othello.
Unauthorisierte Küsse?

Jago.
Oder auch nakend bey ihrem Freund im Bette zu ligen, eine, zwo und
mehr Stunden, ohne was böses dabey zu meynen?  Das sollte nicht
möglich seyn?

{ed. * Eine Anspielung auf die berüchtigte Keuschheits-Probe des
heiligen Robert von Arbrissel, der mitten zwischen zwoen schönen
jungen Nonnen eine Probe machte, die mit einer Häßlichen gefährlich
wäre.}

Othello.
Nakend im Bette, Jago, und nichts böses dabey meynen?  Das heißt,
den Teufel zum Narren machen wollen: Leute, die mit tugendhaften
Absichten so etwas thun, die versucht der Teufel nicht; sie
versuchen den Himmel.

Jago.
Und doch, wenn sie nichts thun, so ist es nur eine läßliche Sünde:
Aber wenn ich meinem Weib ein Schnupftuch gebe--

Othello.
Was dann?

Jago.
Was dann?  So gehört's ihr zu, Gnädiger Herr; und da es ihr
zugehört, so kan sie's, denk' ich, wieder einem andern geben.

Othello.
Ihre Ehre gehört auch ihr zu; darf sie solche darum weggeben?

Jago.
Ihre Ehre ist ein unsichtbares Ding und es bleibt immer
problematisch ob man sie hat oder nicht hat; aber das Schnupftuch--

Othello.
Beym Himmel!  du erinnerst mich an etwas das ich so gern vergessen
hätte; du sagtest--oh, es kommt über mein Gedächtniß wie ein Unglük-
weissagender Rabe über ein verpestetes Haus--er habe mein
Schnupftuch.

Jago.
Ja, und was ist's dann mehr?

Othello.
Es ist nur zuviel.

Jago.
Was wär' es denn, wenn ich sagte, ich habe mit meinen eignen Augen
gesehen, daß er euch beleidigt habe, oder ich hab' es von ihm
selbst gehört, (wie es denn solche Schurken giebt, die, wenn sie
irgend ein Frauenzimmer, entweder durch ungestüme Verfolgungen oder
durch die freywillige Ergebung der Dame unter sich gebracht haben,
es unmöglich von sich selbst erhalten können nicht zu plaudern.)

Othello.
Hat er dann etwas gesagt?

Jago.
Das hat er, Gnädiger Herr; aber dessen seyd versichert, nichts was
er nicht wieder läugnen und verschwören würde.

Othello.
Was sagt' er denn?

Jago.
Was?  Er habe bey ihr--ich weiß nicht was gethan--

Othello.
Was denn, was denn?

Jago.
Gelegen.

Othello.
Bey ihr?

Jago.
Bey ihr, oder auf ihr--was ihr wollt--

Othello.
Bey ihr!  Auf ihr!  Bey ihr gelegen!  Das ist alles was man sagen
kan: Das Schnupftuch--Sein eigen Geständniß--Das Schnupftuch!  das
Schnupftuch!--Ich erschüttre vom blossen Gedanken--Ohne eine grosse
Ursache würde die Natur sich selbst in keinen solchen Schatten
einhüllen.  Es sind keine Worte, die mich so schütteln--Nasen,
Ohren und Lippen--ist's möglich!  Sein Geständniß!  Ihr Schnupftuch!
--O Teufel!

(Er wird ohnmächtig.)

Jago.
Würke du nur wohl, meine Mixtur, würke!  So muß man leichtgläubige
Narren fangen--manche rechtschaffne und keusche Frauen kommen, mit
aller ihrer Unschuld, gerad auf solche Art um ihren guten Namen.
Wie, he!  Gnädiger Herr!  Hört ihr nicht?  Othello!  he!



Zweyte Scene.
 (Cassio tritt auf.)


Jago.
Wo kommt ihr her, Cassio?

Cassio.
Was giebt's hier?

Jago.
Der General ist von dem fallenden Weh überfallen worden; das ist
nun der zweyte Anstoß; er hatte gestern den ersten.

Cassio.
Reibt ihn um die Schläfe.

Jago.
Nein, rührt ihn nicht an; man muß der Ohnmacht ihren ruhigen Gang
lassen; oder, er fängt an zu schäumen, und bricht endlich völlig in
die wildeste Tobsucht aus: Seht, er rührt sich; entfernt euch ein
wenig, er wird gleich wieder zu sich selbst kommen; wenn er weg ist,
 so möcht' ich über eine Sache von grosser Wichtigkeit mit euch
sprechen können.

(Cassio geht ab.)

--Wie steht's mit euch, Gnädiger Herr?  Habt ihr den Kopf nicht
angeschlagen?

Othello.
Spottest du meiner noch?

Jago.
Ich spotte, beym Himmel!  nicht; aber ich wünschte, daß ihr euer
Unglük wie ein Mann trüget.

Othello.
Ein gehörnter Mann ist ein Ungeheuer; ein Unthier.

Jago.
Wenn das ist, so giebt es in volkreichen Städten eine Menge
Ungeheuer, und dazu noch recht zahme und manierliche Ungeheuer.

Othello.
Er gestand's also selbst?

Jago.
Liebster General, seyd ein Mann!  denkt, es sind wenige bärtige
Gesellen, die, wenn sie anders bejocht sind, nicht mit euch ziehen.
Millionen Männer leben diesen Augenblik, die alle Nacht in einem
Bette ligen, das sie mit andern theilen; und die doch schwüren, daß
es ihnen eigen sey.  Euer Fall ist doch noch besser.  O, das ist
des Teufels gröster Spaß, eine unzüchtige Meze in ein sichres Ehe-
Bette zu legen, und sie für ein Tugendbild zu geben.  Nein, besser
ist's ich wisse's; wenn ich weiß, was ich bin, so weiß ich auch,
was sie seyn soll.

Othello.
O, du sprichst wie ein Orakel; das ist gewiß.

Jago.
Geht nur eine kleine Weile bey Seite, verbergt euch, und habt ein
wenig Geduld.  Während daß ihr hier von euerm Schmerz so unmännlich
überwältigt laget, kam Cassio hieher.  Ich erdachte gleich etwas,
um eurer Ohnmacht eine scheinbare Ursache zu geben, und schaffte
ihn wieder weg, bat ihn aber bald wieder zu kommen, weil ich mit
ihm zu reden hätte.  Er versprach mir's.  Verbergt euch also nur
irgendwo, wo ihr ihn sehen könnt; und beobachtet das schelmische,
triumphierende Lächeln, die hönische Züge, die sichtbare
Leichtfertigkeit, die sein Geheimniß in seinem ganzen Gesicht
verrathen.  Denn er soll mir seine Erzählung wieder von vorn
anfangen; wo, wie, wie oft, seit wie lange, und wenn er mit eurer
Frau handgemein worden ist, und es noch ferner werden will; ich
sage, gebt nur auf seine Mine Acht--O zum Henker, Geduld, oder ich
muß endlich glauben, ihr seyd über und über lauter Galle, und habt
nicht das mindeste von einem Mann.

Othello.
Hörst du, Jago!  Ich will dir zeigen, daß ich so lange geduldig
scheinen kan, als es nöthig ist; aber eine blutige Rache soll mich
davor schadlos halten.

Jago.
Es läßt sich hören; aber nur alles zu rechter Zeit.  Wollt ihr bey
Seite gehen?

(Othello verbirgt sich.)
(--Jago, ohne daß ihn Othello hören kan, fährt fort:)

Nun will ich den Cassio nach seiner Bianca fragen, einem Weibsbild,
das seine Reizungen verkauft, um sich Brod und Kleider davor
anzuschaffen.  Die Närrin ist sterblich in Cassio verliebt, und zur
Straffe davor, daß sie schon so viele betrogen hat, wird sie izt
von ihm betrogen; denn er kan sich, wenn er nur von ihr reden hört,
des überlauten Lachens nicht verwehren.--Da kommt er.



Dritte Scene.
 (Cassio (zu Jago.)


Jago.
Je mehr er lachen wird, je mehr wird Othello rasen; sein Lächeln,
seine Gebehrden, seine leichtsinnigen Manieren, seine kleinsten
Bewegungen, werden durch die Auslegung, die der eifersüchtige Mohr
davon macht, zu Verräthern an ihm werden Nun, wie geht's euch,
Lieutenant?

Cassio.
Desto schlimmer, weil ihr mir einen Charakter beylegt, dessen
Beraubung mir das Leben zur Quaal macht.

Jago.
Macht euch nur recht lebhaft an Desdemona, so kan's euch nicht
fehlen.  (leiser.)
Gelt, wenn Bianca die Gewalt dazu hätte, wie schnell würdet ihr
wieder hergestellt seyn.

Cassio (lachend.)
Wie kommt ihr auf diese arme Närrin?

Othello (vor sich.)
Seht, wie er schon lacht.

Jago.
In meinem Leben hab' ich kein Weibsbild so verliebt in einen Mann
gesehen.

Cassio.
Der arme Tropf, ich denke, in der That, sie ist in mich verliebt.

Othello (vor sich.)
Izt läugnet er's so ganz kaltsinnig, und lacht hinten nach.

Jago.
Hört ihr, Cassio?

Othello (vor sich)
Izt sezt er ihm zu, es ihm zu gestehen: Gut, gut, nur weiter!

Jago.
Sie giebt aus, ihr wollt sie heurathen.  Ist das eure Absicht?

Cassio.
Ha, ha, ha!

Othello.
Triumphierest du, Schurke?  Triumphierest du?

Cassio.
Ich, sie heurathen?--Eine barmherzige Schwester?  Ich bitte dich,
erweise meiner Vernunft so viel Christliche Liebe, und glaube etwas
bessers von ihr.  Ha, ha, ha!

Othello (vor sich.)
So, so: Wer gewinnt, hat gut lachen.

Jago.
In der That, die Rede geht, ihr werdet sie heurathen.

Cassio.
Ich bitte dich, redst du im Ernst?

Jago.
Ich will ein Schelm seyn, wenn es anderst ist.

Othello (vor sich.)
Hast du mein Maß genommen?  Nun, wohl dann!

Cassio.
Wenn das ist, so kommt es von dem Affen selbst.  Sie hat sich's in
den Kopf gesezt, daß ich sie heurathen werde, und das bloß, weil
sie es wünscht, und nicht, weil ich ihr's versprochen hätte.

Othello.
Izt fängt er die Historie an--

Cassio.
Sie war erst kürzlich hier; sie spükt mir nach, wo ich hingehe.
Ich war neulich am Ufer, und sprach mit etlichen Venetianerinnen,
da kommt die Närrin, und fällt mir so zärtlich um den Hals--

Othello (bey Seite.)
Und ruft, o du allerliebstes Cassio, oder so was; seine Gebehrden
sagen das.

Cassio.
Hängt sich so an, und herzt und küßt mich, und weint auf mich, und
schüttelt und drükt mich, so abscheulich zärtlich--Ha, ha, ha!--

Othello.
Izt erzählt er, wie sie ihn in mein Schlafzimmer gezogen habe: O,
ich sehe deine aufgestülpte Nase vor mir, aber ich seh' den Hund
nicht, dem ich sie vorwerfen will.

Cassio.
Gut, ich kan mich nicht länger hier aufhalten.

Jago.
Wie es euch beliebt--Aber da kommt sie ja selbst.



Vierte Scene.
 (Bianca zu den Vorigen.)


Cassio.
Was das für eine Meer-Kaze ist!  Zum Henker, und sie riecht noch
dazu nach Biesam:--Was soll denn das bedeuten, daß ihr mir so
nachlauft?

Bianca.
Das mag der Teufel und seine Großmutter thun!  Sagt mir einmal, was
wolltet ihr mit dem Schnupftuch, das ihr mir vorhin gegeben habt?
Ich war wol eine grosse Närrin, daß ich's annahm: Ich sollte die
Arbeit absehen?  Ein feines Stük Arbeit, daß ihr in euerm
Schlafzimmer gefunden habt, und wißt nicht, wer es da verlohren
haben mag.  Ich will nicht ehrlich seyn, wenn es nicht ein Geschenk
von irgend einer ehrsamen Matrone ist; und ich soll die Arbeit dran
absehen?  Da, gebt es euerm Steken-Pferde: Woher ihr's auch haben
mögt, ich will nichts daran absehen, ich.

Cassio.
Nun, nun, meine schöne Bianca, sachte, sachte!

Othello (bey Seite.)
Beym Himmel, das wird wohl mein Schnupftuch seyn.

Bianca.
Wenn ihr heute zu mir zum Nachtessen kommen wollt, so könnt ihr; wo
nicht, so kommt nicht eher als bis man Anstalten auf euch gemacht
hat.

(Sie geht ab.)

Jago.
Lauft ihr nach, lauft ihr nach.

Cassio.
Das muß ich, sonst fangt sie auf der Strasse einen Lermen an.

Jago.
Wollt ihr bey ihr zu Nacht essen?

Cassio.
Ja, ich hab es im Sinn.

Jago.
Gut, vielleicht seh ich euch dort; denn ich möchte sehr gern mit
euch reden.

Cassio.
Ich bitt euch, kommt; wollt ihr--

Jago.
Verlaßt euch darauf--

(Cassio geht ab.)



Fünfte Scene.
 (Othello und Jago.)


Othello.
Was für eine Todesart soll ich ihm anthun, Jago?

Jago.
Habt ihr gesehen, wie lustig er sich mit seinem Verbrechen machte?

Othello.
Oh, Jago!

Jago.
Und saht ihr das Schnupftuch?

Othello.
War's das meinige?

Jago.
Das eurige, auf meine Ehre!  und habt ihr gesehen, wie viel er sich
aus dem einfältigen Geschöpf, eurer Frau, macht?--Sie gab es ihm
und er verschenkt es an seine Hure!

Othello.
Ich wollt, ich könnte neun Jahre lang an ihm morden--eine so artige
Frau!  Eine so schöne Frau!  Eine so anmuthsvolle Frau!

Jago.
Nein, das müßt ihr nun vergessen!

Othello.
O, laß sie verfaulen, verdorren und zur Hölle fahren, eh es wieder
Tag wird!  leben soll sie nicht!  Nein, mein Herz ist zu Stein
worden: ich schlage drauf, und die Hand schmerzt mich davon--O, die
ganze Welt hat keine reizendere Creatur!  Sie hätte an eines
Kaysers Seite ligen können, er würd' ihr Sclave gewesen seyn!

Jago.
Nicht doch; das sind Gedanken, die gar nicht zur Sache taugen.

Othello.
An den Galgen mit ihr, ich sage nur was sie ist--eine so feine
Arbeiterin mit der Nadel--eine vortrefliche Musicantin--Oh, sie
würde die Wildheit aus einem Bären heraus singen so belebt, so
wizig!  So voller Geist!

Jago.
Desto schlimmer ist sie um das alles.

Othello.
O, tausend, tausendmal: Und dann von so einnehmender Gestalt!--

Jago.
Nur gar zu einnehmend.

Othello.
Ja, das ist wahr.  Aber doch ist es erbärmlich, Jago--oh, Jago, es
ist erbärmlich!--

Jago.
Wenn ihr so zärtlich gegen ihre Bosheiten seyd, so gebt ihr ein
Patent, daß sie euch beleidigen darf wie sie will; wenn ihr
gleichgültig dabey seyd, so hat sich niemand darum zu bekümmern.

Othello.
Ich will sie in kleine Stükchen haken: Mich zum Hahnrey zu machen!

Jago.
Es ist garstig an ihr!

Othello.
Mit meinem Lieutenant!

Jago.
Das ist noch garstiger!

Othello.
Verschaffe mir eine Dose Gift bis auf die Nacht, Jago; ich will
keinen Wortwechsel mit ihr haben--ich darf meine Standhaftigkeit
nicht an ihre Reizungen wagen--Diese Nacht, Jago--

Jago.
Aber nicht durch Gift; erdrosselt sie in ihrem Bette, in dem Bette,
das sie entweiht hat.

Othello.
Gut, gut; dieses Mittel gefällt mir, weil es gerecht ist--

Jago.
Und was den Cassio betrift, den überlaßt mir; bis Mitternacht sollt
ihr mehr hören.

(Eine Trompete hinter der Scene.)

Othello.
Vortrefflich!  Wie?  Was bedeutet diese Trompete?

Jago.
Vermuthlich etwas von Venedig--Es ist Lodovico, vom Herzog
abgeschikt: Au, seht, eure Gemahlin ist schon bey ihm.



Sechste Scene.
 (Lodovico, Desdemona, und Gefolge treten auf.)


Lodovico.
Seyd mir gegrüßt, würdiger General.

Othello.
Ich erwiedre den Wunsch von ganzem Herzen, mein Herr.

Lodovico.
Der Herzog und die Senatoren von Venedig grüssen euch.

(Er überreicht ihm ein Schreiben.)

Othello.
Ich küsse die Urkunde ihrer Befehle.

Desdemona.
Und was giebt es neues, mein lieber Vetter Lodovico?

Jago.
Ich bin sehr erfreut euch zu sehen, mein Herr; willkommen in Cypern.

Lodovico.
Ich danke euch; was macht der Lieutenant Cassio?

Jago.
Er lebt, mein Herr.

Desdemona.
Vetter, es ist zwischen meinem Gemahl und ihm zu einem
unfreundlichen Bruch gekommen; aber ihr werdet alles wieder gut
machen.

Othello (vor sich.)
Seyd ihr dessen so gewiß?

Desdemona.
Mein Gemahl?

Othello (ließt.)
"Ermangelt nicht, dieses zu befolgen, so lieb euch--"

Lodovico (zu Desdemona.)
Er rief euch nicht; er ist in seinem Schreiben vertieft.  Ist ein
Mißverständnis zwischen dem General und Cassio?

Desdemona.
Ein sehr unglükliches; ich wollte gern alles thun, sie wieder zu
vereinigen, so lieb ist mir Cassio.

Othello.
Feuer und Schwefel!  (vor sich.)

Desdemona.
Mein Gemahl!

Othello.
Seyd ihr bey Verstand?

Desdemona (zu Lodovico.)
Wie, ist er zornig?

Lodovico.
Vielleicht hat ihn das Schreiben in einige Bewegung gebracht.  Denn,
wie ich vermuthe, so beruffen sie ihn nach Hause, und befehlen ihm,
sein Gouvernement dem Cassio zu überlassen.

Desdemona.
Glaubt mir, es erfreut mich.

Othello.
In der That!  (vor sich.)

Desdemona.
Mein Gemahl!

Othello.
Ich bin erfreut, dich toll zu sehen.  (vor sich.)

Desdemona.
Wie, mein liebster Othello?

Othello (nach ihr schlagend.)
Teufel!--

Desdemona.
Das hab' ich nicht verdient.

Lodovico.
Mein Herr, in Venedig würde das niemand glauben, wenn ich gleich
schwüre, daß ichs gesehen habe.  Es ist sehr viel; bittet ihr's ab;
sie weint.

Othello.
O Teufel!  Teufel!  Könnte die Erde von Weiberthränen geschwängert
werden, jeder Tropfe, den sie weint, würde ein Crocodil werden: Aus
meinem Gesicht--

Desdemona (indem sie gehen will.)
Ich will gehen, wenn euch mein Anblik so zuwieder ist.

Lodovico.
Wahrhaftig, eine gehorsame Frau--ich bitte Euer Gnaden, ruffet sie
zurük.

Othello.
Madam--

Desdemona.
Mein Gemahl--

Othello.
Was wollt ihr mit ihr, mein Herr?

Lodovico.
Wer, ich, mein Herr?

Othello.
Ja; ihr wolltet ja, ich sollte machen, daß sie sich wieder umdrehe.
Herr, sie kan sich drehen, und drehen, und doch weiter kommen; sie
ist eine Meisterin darinn.  Und sie kan auch weinen, Herr, weinen;
und sie ist gehorsam; wie ihr sagtet, gehorsam; sehr gehorsam--
weint ihr nur fort--Was das anbetrift, mein Herr--O die
Leidenschaften spielt sie vortreflich!--Ich bin zurükberuffen--

(zu Desdemona.)
Pakt ihr euch fort, ich will gleich wieder nach euch schiken--Mein
Herr, ich gehorche dem Oberherrlichen Befehl, und will nach Venedig
zurük kehren--Weg, pake dich!--

(Desdemona geht ab.)

--Cassio soll meinen Plaz haben.  Und ihr, mein Herr, werdet mir
die Ehre erweisen, heute mit mir zu Nacht zu essen.  Ihr seyd
willkommen in Cypern--

(vor sich.)
Geissen, und Affen!

{ed. * [Sind diese Venetianer,] denkt er hinzu.}

(Er geht ab.)



Siebende Scene.
 (Lodovico und Jago bleiben zurük.)


Lodovico.
Ist diß der edle Mohr, den unser ganzer Senat sein Alles und Alles
nennt?  Ist diß das Gemüth, dessen standhafte Tugend keine
Leidenschaft, kein Glük, kein Zufall erschüttern kan?

Jago.
Er hat sich sehr verändert.

Lodovico.
Ist er recht bey Sinnen?  Leidet er etwann am Gehirn?

Jago.
Er ist was er ist; ich mag nicht sagen, was ich denke.  Ich wollte
zu Gott, er wäre, was er seyn könnte, wenn er nicht ist, was er
sollte.

Lodovico.
Wie, seine Gemahlin schlagen!

Jago.
In der That, es war nicht fein; und doch wünscht' ich, ich wißte,
daß dieser Streich das ärgste wäre.

Lodovico.
Ist er gemeiniglich so?  oder würkte das Schreiben so stark auf
sein Blut, daß er zum ersten mal sich selbst so ungleich war?

Jago.
Es ist eine schlimme Sache, leider!  Es wäre nicht anständig, wenn
ich sagen wollte, was ich gesehen und gehört habe.  Ihr werdet ihn
durch euch selbst kennen lernen, und sein eignes Betragen wird ihn
so charakterisieren, daß ich meine Worte sparen kan.  Geht ihm nur
nach, und seht, wie er fortfahren wird.

(Sie gehen ab.)



Achte Scene.
 (Verwandelt sich in einen Saal im Pallast.)
 (Othello und Aemilia treten auf.)


Othello.
Ihr habt also nichts gesehen?

Aemilia.
Noch jemals was solches gehört, oder nur gemuthmasset.

Othello.
Ihr habt doch den Cassio und sie beysammen gesehen?

Aemilia.
Aber da sah ich nichts böses, und ich hörte eine jede Sylbe, die
sie mit einander redeten.

Othello.
Wie, flüsterten sie niemals zusammen?

Aemilia.
Niemals, Gnädiger Herr.

Othello.
Und schikten sie euch niemals fort?

Aemilia.
Niemals.

Othello.
Etwann ihren Fächer, ihre Handschuhe, ihre Maske, oder so was zu
holen?

Aemilia.
Niemals, Gnädiger Herr.

Othello.
Das ist seltsam!

Aemilia.
Ich dürfte meine Seele an einem Pfahl wetten, Gnädiger Herr, daß
sie ehrlich ist: Wenn ihr anders denkt, so verbannet diesen
Gedanken, er betrügt euer Herz.  Der Himmel vergelt' es dem Elenden,
der es euch in den Kopf gesezt haben mag, mit dem Fluch der
Schlange!  Wahrhaftig, wenn sie nicht tugendhaft, keusch und getreu
ist, so giebt's keinen glüklichen Mann auf Erden; so ist die
reinste ihrer Weiber so häßlich als Lästerung.

Othello.
Geh, ruffe sie hieher.

(Aemilia geht ab.)

Sie sagt genug; allein sie ist eine einfältige Kupplerin, die nicht
mehr sagen kan--Das ist eine verschmizte Hure, die ihre garstigen
Geheimnisse behutsam zu verriegeln weiß--und doch kniet sie euch in
ihrem Zimmer hin, und betet: Das hab' ich selbst gesehen.



Neunte Scene.
 (Desdemona und Aemilia treten auf.)


Desdemona.
Was ist euer Wille, mein Gemahl?

Othello.
Kommt näher, Hühnchen, wenn ich bitten darf.

Desdemona.
Was beliebt euch?

Othello.
Laßt mich eure Augen sehen; seht mir in's Gesicht.

Desdemona.
Was für eine entsezliche Einbildung kommt euch an?

Othello (Zu Aemilia.)
Ein Stük von euerm Amt, Madam; laßt die handelnden Personen allein,
und schließt die Thüre zu; hustet, oder ruft wenn jemand kommt.
Euer Geheimniß, euer Geheimniß--nein, macht euch fort.

(Aemilia geht ab.)

Desdemona.
Auf meinen Knien, was wollen diese Reden sagen?  Ich sehe wol, daß
etwas Entsezliches in euern Worten ist, aber ich verstehe sie
dennoch nicht.

Othello.
Wie?  Was bist du?

Desdemona.
Euer Weib, mein Herr; euer getreues, redliches Weib.

Othello.
Komm, schwör mir das; sprich dir dein Urtheil selbst; sonst möchten,
 da du einem himmlischen Wesen so ähnlich bist, die Teufel sich
scheuen Hand an dich zu legen.  Zieh dir also eine zweyfache
Verdammniß zu; schwöre, du seyest ehrlich.

Desdemona.
Der Himmel weiß es.

Othello.
Der Himmel weiß, daß du falsch wie die Hölle bist.

Desdemona.
An wem, mein Gemahl?  Mit wem?  Wie bin ich falsch?

Othello (Er weint.)
Ach, Desdemona!  Weg, weg, weg!--

Desdemona.
O des unglükseligen Tags!  Warum weint ihr?  Bin ich die Beweg-
Ursach dieser Thränen, mein liebster Mann?--Wenn ihr vielleicht
meinen Vater in Verdacht habt, daß er an eurer Zurükberuffung
Schuld habe, so laßt es doch mich nicht entgelten; wenn ihr ihn
verlohren habt, so hab' ich ihn ja auch verlohren.

Othello.
Hätt' es dem Himmel gefallen, mich durch Trübsale zu prüfen, hätt'
er alle Arten von Schmerzen und Demüthigungen auf mein naktes Haupt
regnen, mich bis an die Lippen in Armuth versinken, mich ohne
Hoffnung der Befreyung in Sclaverey gerathen lassen; so würd' ich
noch in irgend einem Winkel meiner Seele einen Tropfen Geduld
gefunden haben.  Aber, ach!  mich zu einem festen Ziel für den
unbeweglichen Finger der spottenden Verachtung zu machen--und doch
auch das, auch das wollt' ich noch ertragen können.  Aber da,

{ed. * Man hat hier, einem herrschenden, obgleich an sich vielleicht
ungerechten Vorurtheil zu gefallen, von dem buchstäblichen Sinn des
Originals ein wenig abweichen müssen.}

wo die Ruhe, der Trost, die Wonne meines Lebens lag, aus deinem Herzen
vertrieben zu seyn, oder es als eine Cisterne, worinn unflätige
Kröten zügeln, zu besizen: Hebe dich weg, Geduld, du junger,
rosenwangichter Cherubin,--Da seh' ich grimmig wie die Hölle aus.

Desdemona.
Ich hoffe, mein edelmüthiger Mann kennt mich genugsam, mich für
unschuldig zu halten.

Othello.
O, ja, wie Sommerfliegen in Schlachthäusern, die von einem
anwehenden Lüftchen lebendig werden.  O du giftiges Unkraut, warum
bist du so lieblich anzusehen?  Du riechst so gut, daß einem der
Kopf davon weh thut.  Ich wollte, du wärest nie gebohren worden!

Desdemona.
Himmel!  was für eine Sünde kan ich unwissender Weise begangen
haben?

Othello.
Wie, du fragst noch?  Du fragst was du begangen habest?  Begangen?--
O du Nichtswürdige, ich würde meine Wangen zu Feuer-Essen machen,
wo die Zucht zu Asche verbrennen müßte, wenn ich deine Thaten
nennen wollte.  Wie?  was du begangen hast?  Der Himmel stopft sich
die Nase davor zu, und der Mond die Augen; der buhlerische Wind
sogar, der alles küßt was ihm vorkommt, hat sich in die holen Minen
der Erde verkrochen, und will es nicht anhören.  Was du begangen
hast?--Unverschämte Meze!

Desdemona.
Beym Himmel!  ihr thut mir Unrecht.

Othello.
Du bist keine Meze?

Desdemona.
Nein, so wahr ich eine Christin bin.  Wenn ein Weib, die sich für
ihren Mann allein, und von jeder fremden, unkeuschen, unerlaubten
Berührung rein bewahrt hat, keine Meze ist, so bin ich keine.

Othello.
Wie, auch keine Hure?

Desdemona.
Nein, so wahr ich selig zu werden wünsche!

Othello.
Ists möglich?

Desdemona.
O Himmel, sey uns gnädig!

Othello.
So bitt' ich also um Vergebung.  Ich sah euch für diese abgefeimte
Hure von Venedig an, die den Othello heurathete--



Zehnte Scene.
 (Aemilia zu den Vorigen.)


Othello.
Ihr, Frau Gelegenheits-Macherin,--Ihr, ihr, ja ihr!  Wir haben
unsre Sachen gemacht.  Hier ist Geld für eure Mühe; ich bitte euch,
dreht den Schlüssel, und behaltet unser Geheimniß für euch.

(Er geht ab.)

Aemilia.
Um's Himmels willen, was macht der Herr sich vor Gedanken!--Wie
befindet sich Eu.  Gnaden?  Wie steht's um meine liebste Gnädige
Frau?

Desdemona (allein.)
Es ist billig, daß mir so mitgespielt wird, sehr billig; wie hab
ich mich denn aufgeführt, daß er nur den Schatten eines Grundes zum
allerkleinsten Mißtrauen gefunden haben soll?--



Eilfte Scene.
 (Jago und Aemilia zu Desdemona.)


Jago.
Was ist zu Eu.  Gnaden Befehl?  Wie steht's?

Desdemona.
Das kan ich nicht sagen; diejenigen, die eure Kinder ziehen, thun
es mit Freundlichkeit, und legen ihnen nicht zuviel auf; er hätte
mich ja mit Sanftmuth ausschelten können: Denn, die Wahrheit zu
sagen, ich bin wie ein Kind wenn ich ausgescholten werde.

Jago.
Wovon ist die Rede, Gnädige Frau?

Aemilia.
Ach, Jago, der Gnädige Herr hat sie so behurt, ihr so schmählich
begegnet, so garstige Namen über sie ausgegossen, daß ein ehrliches
Herz es nicht ertragen kan.

Desdemona.
Verdien' ich einen solchen Namen, Jago?

Jago.
Was für einen Namen, Gnädige Frau?

Desdemona.
Den, so sie sagte, daß mir mein Mann gegeben habe.

Aemilia.
Er nannte sie eine Hure; ein betrunkner Bettler würde sich schämen,
seinem Menschen einen solchen Namen zu geben.

Jago.
Warum that er das?

Desdemona.
Das weiß ich nicht; was ich weiß, ist, daß ich nichts solches bin.

Jago.
Weinet nicht, weinet nicht; das ist ein leidiger Handel!

Aemilia.
Hat sie so viele grosse Partheyen ausgeschlagen--Hat sie ihren
Vater, ihr Vaterland, ihre Freunde aufgeopfert--um eine Hure
geheissen zu werden?  Sollte das einen nicht weinen machen?

Desdemona.
Das ist nun mein Schiksal.

Jago.
Ihr müßt es nicht von ihm leiden.  Wie überfiel ihn denn dieser
Anstoß?

Desdemona.
Das weiß der Himmel.

Aemilia.
Ich will mich hängen lassen, wenn nicht irgend ein höllischer Bube,
irgend ein geschäftiger, raubsüchtiger Schurke, irgend ein glatter,
lekender, Schlangen-züngigter Sclave, um sich ein Verdienst bey ihm
zu machen, sie bey ihm verlästert hat; ich will mich hängen lassen,
wenn es anders ist.

Jago.
Fy, es lebt kein solcher Mann, es ist unmöglich.

Desdemona.
Wenn ein solcher Mann ist, so vergeb ihm der Himmel!

Aemilia.
Ein Strik vergeb ihm!  Und der Teufel nag' ihm seine verdammten
Knochen ab!  Warum soll er sie eine Hure heissen?  Wer soll denn
ihr Buhler seyn?  Wo?  wann?  wie?  Wo ist auch nur eine
Wahrscheinlichkeit davon?  Der Mohr ist durch irgend einen
galgenbübischen Schurken, irgend einen elenden nichtswürdigen
Erzlotterbuben belogen worden.  O Himmel, daß du doch solche
Gesellen an's Taglicht ziehen, und in jede ehrliche Hand eine
Geisel steken möchtest, um den Raker nakend durch die ganze Welt zu
peitschen, von einem Ende der Welt bis zum andern!

Jago.
Schreyt nur nicht so laut.

Aemilia.
O fy, die garstigen Kerls!  Gerad ein solcher Schuft wars, der euch
einst den Kopf auf die unrechte Seite stellte, und euch weis machte,
 daß ich mit dem Mohren in heimlichem Verständniß sey.

Jago.
Du bist nicht klug; geh, geh.

Desdemona.
Ach, Jago, sage mir, was soll ich thun um meinen Gemahl wieder zu
gewinnen?  Mein guter Freund, geh, rede du mit ihm; bey diesem
Licht des Himmels, ich weiß nicht, wie ich sein Herz verlohren habe.
Hier knie ich;

(sie kniet.)

Wenn jemals mein Wille in Worten, Gedanken oder in würklicher That
sich gegen seine Pflicht aufgelehnt hat; oder wenn jemals meine
Augen, meine Ohren oder irgend einer meiner Sinne sich an einem
andern Gegenstand ergözt haben; oder wenn ich ihn nicht immer liebe,
geliebt habe, und sollt' er mich auch als eine Bettlerin von sich
verstossen, aufs zärtlichste lieben werde, so komme kein Trost in
meine Seele!  Unzärtlichkeit kan viel thun, sie kan mich ums Leben
bringen, aber meine Liebe kan sie nicht vermindern.  Ich kan nicht
sagen, Hure; es graut mir, da ich izt das Wort ausgesprochen habe;
aber das zu thun, was er bezeichnet, könnte mich die Welt mit ihrer
ganzen Masse von Eitelkeit nicht bewegen.

Jago.
Ich bitte euch, gebt euch zufrieden; es ist nur eine Laune von ihm;
die Staats-Angelegenheiten gehen ihm im Kopf herum, er ist
mißvergnügt darüber, und da muß nun sein Unmuth über euch
ausbrechen.

Desdemona.
Wenn es nur dieses wäre--

Jago.
Es ist nichts anders, ich stehe dafür.  (Trompeten.)
Horcht, diese Trompeten ruffen zum Nacht-Essen.  Der Abgeordnete
von Venedig bleibt bey der Tafel; geht hinein und weint nicht; es
wird alles wieder gut werden.

(Desdemona und Aemilia gehen ab.)



Zwölfte Scene.
 (Rodrigo (zu Jago.)


Jago.
Ha, wo kommt ihr her, Rodrigo?

Rodrigo.
Ich finde nicht, daß du ehrlich mit mir zu Werke gehst.

Jago.
Wie findt ihr das?

Rodrigo.
Jeden Tag machst du mir irgend einen Dunst vor die Augen, Jago; und
ich fange endlich an zu sehen, daß du, anstatt mich nur um einen
Schritt meinen Hoffnungen näher gebracht zu haben, mich weiter
zurükgesezt hast, als ich jemals war.  Ich will es nicht länger
dulden; und bin auch gar nicht der Meynung so ruhig einzusteken,
was ich närrischer Weise bereits gelitten habe.

Jago.
Wollt ihr mich anhören, Rodrigo?

Rodrigo.
Meiner Treue, ich habe nur zuviel angehört; eure Worte und eure
Thaten haben gar keine Gemeinschaft mit einander.

Jago.
Ihr beschuldiget mich mit gröstem Unrecht.

Rodrigo.
Ich sage die lautre Wahrheit: Ihr habt mich um mein ganzes Vermögen
gebracht.  Die Juwelen, die ihr von mir bekommen habt, um sie
Desdemonen zu überliefern, hätten eine Vestalin verführen sollen.
Ihr sagtet mir, sie habe sie empfangen, und brachtet mir die
tröstlichsten Versicherungen von ihrer guten Würkung; aber ich
finde keine.

Jago.
Gut, nur weiter; sehr gut.

Rodrigo.
Sehr gut, nur weiter; ich kan nicht weiter, Herr, und es ist nicht
sehr gut; nein, ich denke, es ist boshaft, und ich fange an zu
merken, daß man mich nur am Narren-Seil herumführt.

Jago.
Sehr gut.

Rodrigo.
Ich sag euch, es ist nicht sehr gut.  Ich will mich Desdemonen
selbst entdeken; wenn sie mir meine Juwelen wieder geben will, so
will ich klug seyn und ihr mit meiner Bewerbung nicht mehr
beschwerlich fallen: Wo nicht, so versichr' ich euch, ich will
meine Schadloshaltung an euch suchen.

Jago.
Ihr habt nun geredt--

Rodrigo.
Ja, und nichts, als was ich, meiner Seel!  zu thun im Sinn habe.

Jago.
Wie, nun seh ich doch daß du Feuer im Leibe hast; und von diesem
Augenblik an hab' ich eine grössere Meynung von dir als jemals.
Gieb mir deine Hand, Rodrigo; du hast alle Ursache gehabt, mir
Vorwürfe zu machen, aber ich schwöre dir, daß ich in der ganzen
Sache redlich an dir gewesen bin.

Rodrigo.
Es hat sich nicht gezeigt.

Jago.
Ich muß es gestehen, in der That, euer Argwohn ist nicht ohne
Wahrscheinlichkeit.  Aber, Rodrigo, wenn du das hast, was ich dir
izt mit besserm Grund als jemals zutraue, (ich meyne,
Standhaftigkeit, Herz und Tapferkeit,) so zeig es diese Nacht.
Wenn du in der nächstfolgenden Nacht nicht bey Desdemonen ligen
wirst, so halte mich für einen Verräther, und schaffe mich aus der
Welt wie du willst.

Rodrigo.
Gut, was ist es?  Ist es etwas, das sich vernünftiger Weise
unternehmen läßt?

Jago.
Wisset, mein Herr, daß eine Special-Commißion von Venedig
eingetroffen ist, um den Cassio an Othello's Stelle einzusezen.

Rodrigo.
Ist das wahr?  Nun, so kehren Othello und Desdemona wieder nach
Venedig zurück.

Jago.
O nein; er geht nach Mauritanien, und nimmt seine schöne Desdemona
mit sich; das geschieht unfehlbar, es müßte denn etwas begegnen,
wodurch sein hiesiger Aufenthalt verlängert würde: Und das könnte
durch nichts gewisser erhalten werden, als wenn Cassio auf die
Seite geschaft würde.

Rodrigo.
Was nennt ihr, den Cassio auf die Seite schaffen?

Jago.
Das versteht sich von selbst; ihn unfähig machen, in Othello's
Stelle einzutreten, mit einem Wort, ihm den Hals zu brechen.

Rodrigo.
Und ihr wollt, daß ich das thun soll?

Jago.
Ja, wenn ihr das Herz habt euch selbst Gutes zu thun.  Er ißt heute
bey einer Courtisane zu Nacht; und ich will ihm dort Gesellschaft
leisten.  Er weiß noch nichts von seiner Beförderung; wenn ihr dann
nur aufpassen wollt, bis er dort weggeht, (und ich will schon dafür
sorgen, daß es zwischen zwölf und ein Uhr geschehen soll:) So könnt
ihr ihn mit der grösten Bequemlichkeit überraschen.  Ich will in
der Nähe seyn, euern Angriff zu unterstüzen, und wir wollen ihn
zwischen zwey Feuer kriegen.  Kommt, steht nicht so bestürzt da;
kommt mit mir; wir wollen von der Sache reden.  Ich will euch
zeigen, daß sein Tod so unumgänglich nothwendig ist, daß ihr euch
verbunden sehen werdet, ihn zu befördern.  Es ist izt bald Nacht-
Essens-Zeit, und die Nacht nimmt überhand--Wir müssen gehen.

Rodrigo.
Ich muß mehr Licht in dieser Sache haben--

Jago.
Das sollt ihr bekommen.

(Sie gehen ab.)



Dreyzehnte Scene.
 (Othello, Lodovico, Desdemona, Aemilia und Gefolge.)


Lodovico.
Ich bitte euch, mein Herr, bemüht euch nicht weiter.

Othello.
Oh, ich bitte um Vergebung; die Bewegung wird mir wohl bekommen.

Lodovico.
Madam, gute Nacht; ich danke Eu.  Gnaden unterthänig.

Desdemona.
Ihr werdet allezeit willkommen seyn, mein Herr.

Othello.
Wollt ihr gehen, mein Herr?--o, Desdemona!--

Desdemona.
Mein Gemahl--

Othello.
Geht sogleich zu Bette, ich werde bald wieder zurük kommen; schikt
eure Bedienung hier fort; thut, was ich euch sage.

Desdemona.
Ich will, mein Gemahl.

(Lodovico und Othello gehen ab.)

Aemilia.
Wie geht es nun?  Er sieht freundlicher aus als diesen Abend.

Desdemona.
Er sagt, er wolle gleich zurük kommen, und hat mir befohlen zu
Bette zu gehen, und euch wegzuschiken.

Aemilia.
Mich wegzuschiken?

Desdemona.
Das war sein Befehl; also, meine gute Aemilia, gieb mir mein Nacht-
Zeug, und gute Nacht.  Wir müssen ihm keinen Verdruß machen.

Aemilia.
Ich wollte, ihr hättet ihn nie gesehen!

Desdemona.
Das wollt' ich nicht; meine Liebe ist so wol mit ihm zufrieden, daß
sogar sein mürrisches Bezeugen, sein Schelten und Zürnen, eine Art
von Anmuth in meinen Augen hat.  Ich bitte dich, steke mir mein
Kopfzeug ab--

Aemilia.
Ich habe die Laken, die ihr mir sagtet, auf euer Bette gelegt.

Desdemona.
Es ist all eins: Guter Himmel!  Was für alberne Geschöpfe sind wir
nicht!  Wenn ich vor dir sterbe, so mache mir, ich bitte dich, aus
einem dieser Tücher mein Todten-Hemde.

Aemilia.
Kommt, kommt; wie ihr redt!

Desdemona.
Meine Mutter hatte ein Kammer-Mädchen, die Barbara hieß; das arme
Ding war in jemand verliebt, der sie nicht wieder lieben wollte,
und da wurde sie zulezt närrisch; sie hatte ein Lied, das sich
immer mit (Weide) endigte, es war ein altes Ding, aber es schikte
sich auf ihre Umstände, und sie sang es bis in den lezten Augenblik
ihres Lebens.  Ich kan mir dieses Lied diese ganze Nacht durch
nicht aus dem Sinn bringen; es braucht alles, daß ich mich erwehre,
den Kopf auf eine Seite zu hängen, und es zu singen, wie die arme
Barbara.  Ich bitte dich, mach' daß du fertig wirst.

Aemilia.
Soll ich gehn und euern Schlaf-Rok holen?

Desdemona.
Nein, steke mich hier ab; dieser Lodovico ist ein recht artiger
Mann.

Aemilia.
Ein sehr hübscher Mann.

Desdemona.
Er spricht gut.

Aemilia.
Ich kenn' eine Dame in Venedig, die um einen Druk von seiner
Unterlippe eine Wallfahrt ins Gelobte Land gemacht hätte.

Desdemona (singt.)
Das arme Ding, sie saß und sang, an einem Baum saß sie,
    Singt alle, grüne Weide;
Die Hand gelegt auf ihre Brust, den Kopf auf ihrem Knie,
    Singt Weide, Weide, Weide;
Der Bach, der murmelt neben ihr, in ihre Seufzer ein,
    Singt Weide, Weide, Weide;
Und ihrer Thränen heisse Fluth erweichte Kieselstein;
    Singt Weide, Weide, Weide;
Weide, Weide, Weide etc.  Ich bitte dich, mache hurtig, er wird
alle Augenblike wiederkommen.  Singt all', ein grünes Weiden-Zweig,
das muß mein Kränzchen seyn.
    *  *  * O!  tadelt nicht sein hartes Herz, mein Herz
verzeiht ihm gern;
Nein, das folgt noch nicht--Horch was klopft so?

Aemilia.
Es ist nur der Wind.

Desdemona (singt.)
Ich nannte meinen Liebsten falsch; was sagt' er denn dazu?
    Singt Weide, Weide, Weide;
Ich thu mit andern Weibern schön, mit andern Männern du.  So, geh
du izt, gute Nacht; meine Augen brennen mich; bedeutet das Weinen?

Aemilia.
Das wollen wir nicht hoffen.

Desdemona.
Ich hab' es sagen gehört; o diese Männer, diese Männer!  Sag mir
einmal, Aemilia, glaubst du in deinem Gewissen, daß es Weiber giebt,
die ihre Männer auf eine so grobe Art hintergehen?

Aemilia.
Es giebt solche, das ist nur keine Frage.

Desdemona.
Wolltest du um die ganze Welt so was thun?

Aemilia.
Wie, thätet ihr's nicht?

Desdemona.
Nein, bey diesem himmlischen Licht!

Aemilia.
Ich bey diesem himmlischen Licht auch nicht; es liesse sich eben so
gut im Dunkeln thun.

Desdemona.
Wolltest du eine solche That um die ganze Welt thun?

Aemilia.
Die ganze Welt ist gleichwol ein hübsches ansehnliches Ding, es
wär' ein feiner Preis für ein so kleines Verbrechen.

Desdemona.
Bey meiner Treu, ich denke, du thätest es nicht.

Aemilia.
Und bey meiner Treu, ich denk', ich thät' es; mit dem Vorbehalt,
daß es das erste und lezte mal seyn sollte.  Wahrhaftig, ich thäte
so was nicht um einen Finger-Ring, noch für ein paar Ellen Kammer-
Tuch, noch für einen neuen Unterrok, oder eine Kappe, oder so was
armseliges; aber für die ganze Welt!  Welches Weib wollte ihren
Mann nicht zu einem Hahnrey machen, damit er Herr von der ganzen
Welt würde?  Dafür wollt' ich noch wol das Fegfeuer wagen.

Desdemona.
Ich will des Todes seyn, wenn ich so was Unrechtes um die ganze
Welt thun wollte.

Aemilia.
Wie, das Unrecht ist nur ein Unrecht in der Welt; und da ihr die
Welt für eure Mühe bekämet, so wär' es ein Unrecht in eurer Welt,
und ihr könntet es bald recht machen.

Desdemona.
Ich kan nicht glauben, daß es ein solches Weib giebt.

Aemilia.
O Ja, wohl ein duzend und so viele oben drein, daß sie die Welt, um
die sie spielten, bevölkern könnten.  Allein, ich denke, der Fehler
ligt an den Männern, wenn ihre Weiber fallen; gesezt, sie vergessen
ihre Pflichten gegen uns, und verschwenden an andre, was uns gehört;
oder sie brechen in eine verdrießliche Eifersucht aus, und belegen
uns mit sclavischem Zwang; oder sie schlagen uns, oder sie bringen
uns unser Vermögen durch; wahrhaftig, wir haben auch Galle, und so
sanft wir sind, so rächen wir uns doch gerne, wenn wir beleidigt
werden.  Unsre Herren Männer sollen wissen, daß ihre Weiber so gut
Empfindlichkeit haben als sie; sie sehen, und riechen, und haben
einen Geschmak für süß und sauer, so gut wie ihre Männer.  Was thun
sie, wenn sie uns mit andern vertauschen?  Ist es Spaß?  Ich will
es glauben: Geschieht es aus Leidenschaft?  Ich will es glauben:
Ist es eine menschliche Schwachheit?  es mag auch seyn.  Und haben
wir nicht auch Leidenschaften?  Lieben wir den Zeitvertreib nicht
auch?  Sind wir nicht so gebrechlich als sie?  Sie mögen uns also
nur wohl begegnen; oder sie sollen wissen, daß wenn wir sündigen,
sie unsre Lehrmeister gewesen sind.

Desdemona.
Gute Nacht, gute Nacht; der Himmel gebe mir Gnade, anstatt Böses
mit Bösem zu vertreiben, das Böse gut zu machen!

(Sie gehen ab.)




Fünfter Aufzug.



Erste Scene.
 (Eine Strasse vor dem Pallast.)
 (Jago und Rodrigo treten auf.)


Jago.
Hier stellt euch hinter diese Fässer.  Er wird augenbliklich kommen:
Deinen blossen Degen in die Hand, und dann frisch dran!  Nur
munter, munter, sey unverzagt: ich will an deinem Ellenbogen seyn:
Es macht unser Glük oder wir sind verlohren: Denk an das, und
entschliesse dich wie ein Mann.

Rodrigo.
Seyd ihr nur nahe bey der Hand, ich könnt' ihn verfehlen.

Jago.
Ich will hier stehen, es könnte nicht näher seyn; fasst, Muth und
zieh deinen Degen.

Rodrigo (indem er sich auf die Seite stellt.)
Ich gehe ungern an diese That, aber er hat mir Gründe vorgelegt,
gegen die nichts einzuwenden ist; es ist endlich nichts, als ein
einzelner Mann weniger--Heraus, mein Schwerdt; er soll sterben.

Jago (vor sich.)
Ich habe diesen armen Geken gerieben, bis er empfindlich worden ist,
er fängt an aufzubrennen.  Nun mag er den Cassio ermorden, oder
Cassio ihn, oder einer den andern, so find' ich allemal meine
Rechnung dabey--Gut, aber wenn Rodrigo lebt, so wird er mich
anhalten, ihm die Menge Gold und Juwelen wieder zu erstatten, die
ich ihm als Geschenke für Desdemona, abpracticiert habe?  Das muß
nicht seyn--Bleibt Cassio übrig, so macht mir der Anblik seines
Glüks meinen Zustand unerträglich; und überdem, könnte mich der
Mohr verrathen; da käm' ich in saubere Ungelegenheiten; nein,
sterben soll er!  So muß es seyn; ich hör' ihn kommen.  (Cassio
tritt auf.)

Rodrigo.
Den Gang kenn' ich; es ist Er: Schelm, du must sterben.

(Er fällt den Cassio an, und bringt ihm einen Stoß bey.)

Cassio.
Dieser Stoß hätte mir in der That übel bekommen können, wenn mein
Kleid nicht besser gefüttert wäre als du wußtest: Nun will ich
sehen, wie das deinige die Probe hält.

(Er ficht mit Rodrigo; Jago haut den Cassio von hinten in die Beine,
 und entläuft; Rodrigo und Cassio fallen.)

Rodrigo.
O, ich bin des Todes.

Cassio.
Ich bin auf immer zum Krippel gemacht; Hülfe, he!  Mörder!  Mörder!



Zweyte Scene.
 (Othello erscheint am Fenster.)


Othello (vor sich.)
Das ist Cassio's Stimme--Jago hält sein Wort.

Rodrigo.
Oh, Bösewicht, der ich bin!

Othello.
Das ist wol nicht anders.

Cassio.
Oh, Hülfe, Hülfe!  he!  Licht!  einen Wund-Arzt!

Othello.
Es ist Er!  O braver, ehrlicher, redlicher Jago, den das erlittne
Unrecht seines Freundes in einen so edlen Eifer sezt!  Du lehrst
mich--Püpchen, euer Liebling ist todt; und eure Stunde eilt heran--
Ich komme, Meze--Deine Reizungen, deine Blike, dein Lächeln, sind
aus meinem Herzen ausgewischt; und in deinem Bette, dem Schau-Plaz
deiner zügellosen Lust, soll deine Straffe dich erhaschen!

(Er geht ab.)



Dritte Scene.
 (Lodovico und Gratiano treten in der Ferne auf.)


Cassio.
Wie dann, he!  Ist kein Wächter, ist kein Mensch da?  Mörder,
Mörder!

Gratiano.
Es ist irgend ein Unheil begegnet; die Stimme ist gräßlich.

Cassio.
O Hülfe!

Lodovico.
Horcht!

Rodrigo.
O elender Bösewicht!

Lodovico.
Ich höre zween oder drey wehklagen.  Es ist stokfinster; es könnte
Verstellung seyn: Es ist nicht sicher, näher hinzugeben, da unsrer
nur zween sind.  (Jago, in seinem Hemd, mit gezognem Degen und
einem Licht, tritt auf.)

Lodovico.
Horcht.

Gratiano.
Hier kam einer in blossem Hemde, mit einem Licht und gezognem Degen.

Jago.
Wer ist hier?  Wer ruft Mörder?

Lodovico.
Das wissen wir nicht.

Jago.
Hört ihr nicht schreyen?

Cassio.
Hier, hier: Um's Himmels willen, helft mir.

Jago.
Was giebt's hier?

Gratiano (zu Lodovico.)
Wie mich däucht, so ist dieser hier Othello's Fähndrich.

Lodovico.
Er ist's, in der That, ein wakrer herzhafter Camerad.

Jago.
Wer seyd ihr hier, die ein so klägliches Geschrey erheben?

Cassio.
Jago?--O ich bin gestümmelt, von Banditen zum elenden Manne gemacht-
-Kommt mir zu Hülfe!

Jago.
Gott sey bey uns!  Lieutenant!  Was für Bösewichter haben das
gethan?

Cassio.
Ich denke, einer davon ligt hier, und kan sich nicht davon machen.

Jago.
Die meuchelmördrischen Schurken!  (zu Lodovico und Gratiano.)
Wer seyd ihr hier?  Kommt näher, und helft.

Rodrigo.
O, helft mir hier.

Cassio.
Das ist einer von ihnen.

Jago.
Du mördrischer Sclave!  du Raker!

(Er giebt dem Rodrigo vollends den Rest.)

Rodrigo.
O verruchter Jago!  unmenschlicher Hund!

Jago.
Leute im Dunkeln zu ermorden!  Wo sind diese blutige Diebe?  Wie?
diese Stadt ist ja so still als wenn alles ausgestorben wäre!  He!
Mord!  Mord!--Wer seyd wohl ihr?  Seyd ihr ehrliche Leute oder--

Lodovico.
Qualificiert uns, wie ihr uns findet.

Jago.
Signor Lodovico?--

Lodovico.
Er selbst, mein Herr.

Jago.
Ich bitte tausendmal um Vergebung!  Hier ligt Cassio, von
Meuchelmördern verwundet.

Gratiano.
Cassio?

Jago.
Wie steht's um dich, Bruder?

Cassio.
Mein Bein ist entzwey gehauen.

Jago.
Das verhüte der Himmel!  Licht, meine Herren, ich will ihn mit
meinem Hemde verbinden.



Vierte Scene.
 (Bianca zu den Vorigen.)


Bianca.
Was ist hier für ein Lerm?  He, wer ist der, so ruft?

Cassio.
Wer ist der, so ruft?

Bianca.
O mein liebster Cassio!  Mein süsser Cassio!  O, Cassio, Cassio!
Cassio!

Jago.
O merkwürdige Meze!  Cassio, könnt ihr nicht errathen, wer
diejenigen seyn mögen, die euch so zugerichtet haben?

Cassio.
Nein.

Gratiano.
Es bekümmert mich sehr, euch so zu finden.  Ich war im Begriff,
euch aufzusuchen.

Jago.
Lehnt mir ein Knieband.  So--O wenn wir nur einen Lehn-Sessel
hätten, um ihn bequemer wegzutragen!

Bianca.
O Himmel, er wird ohnmächtig.  O Cassio, Cassio, Cassio!

Jago.
Meine Herren allerseits; ich hab' eine Vermuthung, daß dieser
Bündel hier Antheil an dem verübten Bubenstük haben möchte.  Ein
wenig Geduld, lieber Cassio; kommt, kommt: Leiht mir das Licht:
Kennen wir dieses Gesicht oder nicht?  O Himmel!  Mein Freund, mein
liebster Landsmann?  Rodrigo?  Nein: ja, würklich: ja, es ist
Rodrigo.

Gratiano.
Wie, von Venedig?

Jago.
Eben er, mein Herr; kanntet ihr ihn?

Gratiano.
Ob ich ihn kannte?  Ah!

Jago.
Signor Gratiano!  Ich bitte Eu.  Gnaden sehr um Vergebung: Die
Verwirrung bey einem so blutigen Auftritt muß die Entschuldigung
meiner Unhöflichkeit machen.

Gratiano.
Ich erfreue mich euch zu sehen.

Jago.
Wie geht's euch, Cassio?  O, einen Arm-Sessel!  Einen Arm-Sessel!

Gratiano.
Rodrigo?

Jago.
Er, Er, es ist Er--Wenn wir nur einen Sessel hätten, damit man ihn
ohne Erschütterung von hier wegbringen könnte; ich will den Wund-
Arzt des Generals holen.  Ihr, Mamsel, könn't eure Mühe sparen.
Der Mann, Cassio, der hier in seinem Blute ligt, war mein bester
Freund.  Was für ein Mißverständniß war denn zwischen euch?

Cassio.
Keines in der Welt; ich kenn' ihn nicht einmal.

Jago.
Wie?  Ihr seht ganz bleich aus?--Oh, tragt ihn doch aus der freyen
Luft!--Bleibt doch hier, meine Gnädige Herren--

(Zu Bianca.)

Seht ihr blaß aus, Mamsel?--Merkt ihr meine Herren, wie verstört
ihre Augen herumfahren?  Gut, gut, das bedeutet was, wir werden
bald mehr hören.  Betrachtet sie recht, ich bitte euch, seht sie an;
seht ihr, meine Herren?  O, ein böses Gewissen wird reden, wenn
alle Sprachen abgegangen wären.



Fünfte Scene.
 (Aemilia zu den Vorigen.)


Aemilia.
Ums Himmels willen, was giebt's hier?  Was giebt's hier, Mann?

Jago.
Cassio ist hier im Dunkeln von Rodrigo und seinen Gesellen, welche
entsprungen sind, angefallen worden; er ist übel verwundet, und
Rodrigo todt.

Aemilia.
O Jammer!  der arme Cavalier!  der arme, gute Cassio!

Jago.
Das sind die Früchte vom Huren-Leben--Ich bitte dich, Aemilia, geh,
frage den Cassio, wo er heute zu Nacht gegessen habe--

(zu Bianca.)

Wie, zittert ihr vor dieser Frage?

Bianca.
Er aß in meinem Hause zu Nacht, aber ich zittre nicht deßwegen.

Jago.
O, that er das?--ich arretiere euch hier--kommt mit mir.

Aemilia.
O fy, die garstige Hure!

Bianca.
Ich bin keine Hure, ich bin eine so ehrliche Frau als ihr, die mich
so beschimpfst!

Aemilia.
Als ich?  Pfuy, das garstige Ding!

Jago.
Meine liebsten Herren, wir wollen dafür sorgen, daß Cassio
verbunden wird.  Kommt, Mamsell, wir wollen euch schon die Zunge
lösen.  Aemilia, lauft ihr in die Citadelle, und sagt dem General
und der Gnädigen Frauen was begegnet ist: Wollt ihr voran gehen?--

(vor sich.)

Der Ausgang dieser Nacht wird mein Glük oder meinen Untergang
entscheiden.

(Sie gehen ab, Jago zulezt.)



Sechste Scene.
 (Ein Schlaf-Zimmer.  Desdemona in einem Bette, wovon der Vorhang
  halb weggezogen ist.)
 (Othello tritt mit einem Degen in einer, und einem Licht in der
  andern Hand auf.)


Othello.
Die Beleidigung ist zu groß, zu groß, meine Seele--Laßt sie mich
nicht vor euch nennen, ihr keuschen Sterne!  Sie ist zu groß!--Und
doch will ich ihr Blut nicht vergiessen, noch diese ihre Haut
zerrizen, die weisser als Schnee, und so glatt wie Alabaster ist.

(Er legt seinen Degen nieder.)

Und doch muß sie sterben; sie würde sonst noch mehr Unglükliche
machen.  Das Licht ausgelöscht, und dann--Das Licht auslöschen--O
du dienstbare Flamme, wenn ich dich auslösche, und es gereut mich,
so kan ich dir dein Licht wieder geben: Aber wenn (dein) Licht
einmal ausgeblasen ist, du vollkommenstes Modell der sich selbst
übertreffenden Natur, so weiß ich nicht, wo dieser prometheische
Funke ist, der es wieder anzünden kan--

(Er stellt das Licht hin.)

Wenn ich deine Rose abgepflükt habe, so kan ich ihr den belebenden
Geist nicht wiedergeben; sie muß verwelken--Ich will dich noch am
Stoke riechen--

(Er küßt sie.)

--O du balsamischer Athem, fast könntest du die Gerechtigkeit
bewegen ihr Schwerdt zu zerbrechen--Noch einen; noch einen--Sey so,
wenn du todt bist, und ich will dich erst ermorden, und dann lieben--
noch einen, der soll der lezte seyn--Holdseliges Geschöpf, wie
Schade, daß du sterben sollst!  Ich muß weinen, aber es sind
grausame Thränen--Sie weinen auf die Hand, die dir den Tod bringt--
Sie erwacht.

Desdemona.
Wer ist hier?  Othello?

Othello.
Ja, Desdemona.

Desdemona.
Wollt ihr zu Bette kommen, mein Gemahl?

Othello.
Habt ihr euer Nachtgebet gebetet, Desdemona?

Desdemona.
Ja, mein Herr.

Othello.
Wenn ihr euch noch irgend eines Verbrechens erinnert, worüber ihr
euch mit dem Himmel noch nicht ausgesöhnt habt, so säumt euch nicht,
um seine Gnade zu flehen.

Desdemona.
O Gott!  was meynt ihr mit dieser Aufforderung?

Othello.
Gut, thu es, und machs kurz; ich will bey Seite gehen.  Ich möchte
dich nicht unbereitet überraschen, nein, (der Himmel bewahre mich
davor!) ich möchte deine Seele nicht ermorden.

Desdemona.
Redet ihr von ermorden?

Othello.
Ja, das thu ich.

Desdemona.
So erbarme sich der Himmel über mich!

Othello.
Amen, von ganzem Herzen.

Desdemona.
Wenn ihr so sagt, so werdet ihr mich doch nicht umbringen wollen.

Othello.
Hum!

Desdemona.
Und doch fürcht' ich euch; ihr seyd gefährlich, wenn eure Augen so
rollen.  Warum ich mir förchten soll, weiß ich nicht, da ich mir
keiner Schuld bewußt bin; und doch fühl' ichs, daß mir bang ist.

Othello.
Denk an deine Sünden.

Desdemona.
Ich kenne keine, als die zu grosse Liebe, die ich zu euch trage.

Othello.
Ja, und davor must du sterben.

Desdemona.
Das ist unnatürlich, Liebe mit dem Tode zu bestrafen.  O Gott!
Warum beißt ihr so in eure Unter-Lippe?  Irgend ein blutiges
Vorhaben erschüttert euern ganzen Bau; das sind fürchterliche
Vorbedeutungen; und doch hoff' ich, ich hoffe, sie zielen nicht auf
mich.

Othello.
Schweig, und sey still.

Desdemona.
Ich will; was habt ihr dann?

Othello.
Das Schnupftuch, das mir so lieb war, und das ich dir gab, gabst du
dem Cassio?

Desdemona.
Nein, bey meinem Leben und meiner Seele; schikt nach ihm, und fragt
ihn.

Othello.
Holde Seele, nimm dich in Acht, nimm dich vor Meineyd in Acht; du
bist auf deinem Tod-Bette.

Desdemona.
Ja, aber doch noch nicht izt zu sterben.

Othello.
Diesen Augenblik; entlade dich also durch ein aufrichtiges
Bekenntniß deiner Sünde; denn wenn du auch jeden Artikel mit einem
Eyde läugnen würdest, so würd' es unvermögend seyn, die tiefe
Ueberzeugung zu erschüttern, die mir diesen Seufzer erpreßt.  Du
must sterben.

Desdemona.
O Himmel, erbarme dich meiner!

Othello.
Ich sag, Amen.

Desdemona.
Und erbarmt ihr euch auch!--Nie, in meinem Leben hab ich euch nie
beleidigt; niemals diesen Cassio geliebt, als mit dieser
allgemeinen Liebe, die der Himmel selbst billigt und fordert.  Ich
gab ihm niemalen kein Andenken.

Othello.
Beym Himmel, ich sah mein Schnupftuch in seiner Hand.  O
meineydiges Weibsbild!  du versteinerst mein Herz!  du machst, daß
ich das was ich zu thun vorhabe, einen Mord nennen muß, da ich es
für ein Opfer hielt.  Ich sah das Schnupftuch.

Desdemona.
So hat er's also gefunden; ich gab' es ihm nie; schikt nach ihm,
laßt ihn die Wahrheit gestehen.

Othello.
Er hat gestanden.

Desdemona.
Was, mein Gemahl?

Othello.
Daß er--mit dir zu thun gehabt--

Desdemona.
Wie, auf eine unerlaubte Art?

Othello.
Ja.

Desdemona.
Das kan er nicht sagen.

Othello.
Nein, sein Mund ist verstopft.  Der ehrliche Jago hat davor gesorgt.

Desdemona.
Wie, ist er todt?

Othello.
Wär' in jedem seiner Haare ein eignes Leben gewesen, meine grosse
Rache hätte Zorn genug für alle gehabt.

Desdemona.
O Gott, so ist er verrathen, und ich bin verlohren!

Othello.
Weg mit dir, Schandhure!  Weinst du vor meinen Augen um ihn?

Desdemona.
Verbanne mich, lieber Mann, tödte mich nur nicht.

Othello.
Hinab, unzüchtiger Balg!

Desdemona.
Tödte mich morgen, laß mich nur diese Nacht noch leben.

Othello.
Nein, wenn du dich sträubst--

Desdemona.
Nur noch eine halbe Stunde.

Othello.
Schweige, du bekommst keinen Aufschub.

Desdemona.
Nur so lang ich ein Vater Unser beten kan.

Othello.
Es ist zu spät.

(Er erstekt sie.)



Siebende Scene.
 (Aemilia, vor der Thüre.)


Aemilia.
Gnädiger Herr, Gnädiger Herr!  He!  Gnädiger Herr!

Othello.
Was für ein Getös ist das?--Noch nicht todt?  noch nicht völlig
todt?  So grausam ich bin, bin ich doch barmherzig; ich wollte dich
nicht gern lang leiden lassen--So, so.

Aemilia (vor der Thüre.)
Wie?  he!  Gnädiger Herr!  Gnädiger Herr!

Othello.
Wer ist da?

Aemilia.
O mein lieber Gnädiger Herr, ich möchte nur ein Wort mit euch reden.

Othello.
Ja, es ist Emilia--In einem Augenblik--sie ist todt--Vermuthlich
wird sie mir die Nachricht von Cassios Tode bringen--Der Lerm war
groß--Ha, du rührst dich nicht mehr?  Still wie ein Grab.  Soll ich
sie hereinlassen?  Wär' es gut?  Mich däucht, sie rührt sich wieder-
-Nein--Was ist das Beste?  Wenn sie herein kömmt, so wird sie mit
meinem Weibe reden wollen; meinem Weib?  Meinem Weib?  Was für
einem Weib?  Ich habe kein Weib--O Unerträglich!  o bange Stunde!
Mich däucht, es sollte izt eine dichte Verfinsterung der Sonne und
des Monds seyn, und der geschrekte Erdball sollte vor Entsezen
beben--

Aemilia.
Ich bitte euch, nur ein paar Worte, ach; mein lieber Gnädiger Herr!
--

Othello.
Ich hatte dich vergessen; oh, komm herein, Aemilia.  Sachte,
augenbliklich, ich muß nur erst den Vorhang ziehen.--Wer bist du?
Was willst du?

(Er riegelt die Thür auf.)

(Aemilia kommt herein.)

Aemilia.
Ach, Gnädiger Herr, es ist eine greuliche Mordthat begangen worden!

Othello.
Wie?  izt?

Aemilia.
Eben izt, Gnädiger Herr.

Othello.
Da hat der Mond die Schuld; er ist der Erde näher gekommen als
seine Gewohnheit ist, und nun werden alle Leute toll.

Aemilia.
Cassio hat einen jungen Venetianer, Rodrigo genannt, umgebracht.

Othello.
Rodrigo umgebracht?  und Cassio umgebracht?

Aemilia.
Nein, Cassio ist nicht todt.

Othello.
Cassio ist nicht todt?  So ist die Rache nur halb befriedigt.

Desdemona.
O unbillig, unbillig ermordet!--

Aemilia.
Gott helf uns!  was für ein Geschrey ist das?

Othello.
Das?  Was?

Aemilia.
O Himmel, es war meiner Gnädigen Frauen Stimme.  Zu Hülfe, zu Hülfe!
He!  zu Hülfe!  O Gnädige Frau, redet weiter; englische Desdemona,
o meine theureste Gebieterin, redet!

Desdemona.
Ich sterbe unschuldig.

Aemilia.
O, wer hat diese entsezliche That gethan?

Desdemona.
Niemand, ich selbst, lebe wohl; bringe meinem gütigen Gemahl meinen
lezten Gruß; o, lebe wohl.

(Sie stirbt.)

Othello.
Wie, wie sollte sie ermordet worden seyn?

Aemilia.
O Gott!  wer weiß das?

Othello.
Ihr hörtet's, sie sagte selbst, ich sey's nicht gewesen.

Aemilia.
Sie sagte so, ich kan nichts anders sagen.

Othello.
Sie ist als eine Lügnerin zur Hölle gefahren; ich war's, der sie
ermordete.

Aemilia.
Oh, desto mehr Engel ist sie nun, und du ein desto schwärzerer
Teufel.

Othello.
Sie ergab sich der Leichtfertigkeit, sie war eine Hure.

Aemilia.
Du lästerst sie, du bist ein Teufel.

Othello.
Sie war falsch wie Wasser.

Aemilia.
Und du bist rasch wie Feuer, wenn du das sagst.  Oh, sie war ein
Engel von Unschuld.

Othello.
Sie ließ sich von Cassio deken; frag deinen Mann, wenn du's nicht
glauben willst.  Welcher Abgrund in der flammenden Hölle wäre tief
genug für mich, wenn ich ohne die stärksten Gründe so weit gegangen
wäre?  Dein Mann weiß alles.

Aemilia.
Mein Mann?

Othello.
Dein Mann.

Aemilia.
Das sie ihrem Ehbett untreu war?

Othello.
Ja, mit Cassio.  Wäre sie treu gewesen, glaube mir, wenn mir der
Himmel noch eine solche Welt, wie diese, aus einem einzigen ganzen
Chrysolith hätte machen wollen, ich hätte sie nicht darum gegeben.

Aemilia.
Mein Mann!

Othello.
Ja, er war's, der mir die erste Nachricht davon gab.  Er ist ein
ehrlicher Mann, und ein Feind schändlicher Thaten.

Aemilia.
Mein Mann!

Othello.
Wozu soll diese doppelte Ausruffung, Weib?  Ich sage, dein Mann.

Aemilia.
O meine Gebieterin!  Arglistige Bosheit hat die eifersüchtige Liebe
betrogen, und du bist das Opfer.  Mein Mann soll gesagt haben, sie
sey ungetreu!

Othello.
Er, Weibsbild; ich sage, dein Mann; verstehst du das Wort?  Mein
Freund, dein Mann, der ehrliche, rechtschaffne Jago.

Aemilia.
Wenn er das sagt, so verderbe seine verruchte Seele in langsam
marternden Qualen!  Er lügt's in sein Herz hinein!  Nur zu sehr
liebte sie den hassenswürdigen Teufel, mit dem sie sich beladen
hatte.

Othello.
Ha!--

Aemilia.
Thu dein ärgstes; diese greuliche That, die du gethan hast, ist den
Himmel nicht mehr werth, wie du ihrer werth warst.

Othello.
Schweigen wäre das rathsamste für dich.

Aemilia.
Du kanst nicht halb so geneigt seyn, mir Leid anzuthun, als ich es
wünsche: o Erzbetrüger!  o dummer Kerl!  dumm wie Mist!  du hast
eine That gethan--ich frage nichts nach deinem Degen, ich will
bekannt machen wer du bist, und wenn ich zwanzig Leben zu
verliehren hätte--Hülfe!  Hülfe!  He!  Hülfe!  Der Mohr hat meine
Frau umgebracht.  Hülfe, Hülfe!



Achte Scene.
 (Montano, Gratiano, Jago und andre treten auf.)


Montano.
Was giebt es hier?  Wie, was bedeutet das, General?

Aemilia.
O, seyd ihr auch da, Jago?  Ihr habt es weit gebracht, daß die
Leute ihre Mordthaten auf euern Hals schieben.

Gratiano.
Was soll dieses bedeuten?

Aemilia.
Wiedersprich diesem Bösewicht, wenn du ein Mann bist; er giebt aus,
du habest ihm gesagt, seine Frau sey untreu gewesen: Ich bin gewiß,
du hast es nicht gesagt; du bist kein solcher Bube!  Rede, mein
Herz ist so voll, daß es zerspringen wird.

Jago.
Ich sagte ihm was ich dachte; und nicht mehr, als er selbst
glaubwürdig und wahr befand.

Aemilia.
Aber sagtet ihr ihm jemals, sie sey untreu?

Jago.
Ja, das that ich.

Aemilia.
So sagtet ihr eine Lüge.  eine hassenswürdige, verdammte Lüge; auf
meine Seel', eine Lüge; eine verfluchte Lüge.  Sie untreu mit
Cassio?  Sagtet ihr, mit Cassio?

Jago.
Mit Cassio, Frau; geht, geht, und laßt euch eure Zunge legen.

Aemilia.
Das will ich nicht; ich will, ich muß reden; es ist meine Pflicht,
daß ich rede.  Meine Frau ligt hier ermordet in ihrem Bette.

Alle.
Das wolle der Himmel nicht!

Aemilia.
Und eure Ohrenbläsereyen sind der Antrieb zu diesem Mord gewesen.

Othello.
Nein, seht nicht so erschroken aus, meine Herren; es ist wahr, es
ist würklich so.

Gratiano.
Das ist eine verwünschte Wahrheit.

Montano.
O ungeheure That!

Aemilia.
Büberey!  Schändliche versuchte Büberey!  Ich seh--ich rieche sie--
Verdammte Büberey!--Ich dachte gleich--O, ich möchte vor Schmerz
Hand an mich selbst legen--o Büberey!  Büberey!

Jago.
Wie, seyd ihr toll?  Ich befehls euch, pakt euch heim.

Aemilia.
Meine liebe Herren, erlaubt mir daß ich reden darf, ich bin ihm
sonst Gehorsam schuldig, aber nicht izt: Vielleicht, Jago, werd'
ich nie wieder heim gehen.

Othello.
O!  O!  O!

(Er sinkt auf das Bette.)

Aemilia.
Ja, leg dich nur hin, und heule: Du hast die liebenswürdigste
Unschuldige umgebracht, die jemals geathmet hat.

Othello (auffahrend.)
O, sie war lasterhaft!--Ich erkenn' euch erst izt, Oheim; hier ligt
eure Nichte, deren Athem, ich bekenn' es, diese Hände nur eben
gestopft haben; ich weiß es, diese That sieht gräßlich aus.

Gratiano.
Arme Desdemona!  Ich bin froh, daß dein Vater todt ist: Deine
Heurath kürzte ihm das Leben ab.  Lebte er noch, dieser Anblik
würde ihn zur Verzweiflung treiben; ja, er würde seinen guten Engel
von seiner Seite wegfluchen, und in Verzweiflung sterben.

Othello.
Es ist erbarmenswürdig; aber Jago weiß es, daß sie die schaamvolle
That mit Cassio wol tausendmal begangen hat.  Cassio hat es
eingestanden; und zu Vergeltung seiner Liebes-Proben gab sie ihm
das, womit ich ihr das erste Geschenk gemacht hatte; ich sah es in
seiner Hand; es war ein Schnupftuch, ein altes Andenken, das mein
Vater meiner Mutter gegeben hatte.

Aemilia.
O Himmel!  O himmlische Mächte!

Jago.
Schweig, sag ich dir!

Aemilia.
Es muß heraus, es muß heraus--Ich, schweigen?  Laßt Engel, Menschen
und Teufel, laßt sie alle, alle, alle Schaam über mich schreyen,
wenn ich nicht rede.

Jago.
Sey klug und geh heim.

(Jago will sein Weib ermorden, und wird zurük gehalten.)

Gratiano.
Fy, euern Degen gegen ein Weibsbild!

Aemilia.
O du dummer Mohr!  Dieses Schnupftuch, wovon du redst, fand ich von
ungefehr, und gab es meinem Manne, der mich gar oft aufs
inständigste, angelegenste, (mehr, in der That, als eine solche
Kleinigkeit werth war,) bat, daß ich es stehlen möchte.

Jago.
Verfluchte Hure!

Aemilia.
Sie soll es dem Cassio gegeben haben?  Weh mir!  ich fand es, und
gab es meinem Manne!

Jago.
Rabenaaß!  du lügst.

Aemilia.
Beym Himmel!  ich lüge nicht; ich lüge nicht, meine Herren; o du
meuchelmördrischer Dummkopf!  Was sollte ein solcher Narr mit einer
so vortreflichen Frau machen?

(Jago bricht los, verwundet seine Frau, und entspringt.)

Othello.
Sind keine Donnerkeile mehr im Himmel?  Wozu nüzt dann der Donner?
Unerhörter Lotterbube!

Gratiano.
Sie fällt; er hat sein Weib umgebracht--

Aemilia.
Ja, ja; oh, legt mich an meiner Frauen Seite.

Gratiano.
Seine Frau ist ermordet, und er ist entlauffen.

Montano.
Das ist ein entsezlicher Bösewicht; nehmt diesen Degen in
Verwahrung, damit ihn der Mohr nicht erhasche; kommt, besezt die
auswendigen Thüren, laßt ihn nicht durch; tödtet ihn eher; ich
selbst will diesem Bösewicht nach; es ist ein verdammter Geselle!

(Montano und Gratiano gehen ab.)



Neunte Scene.


Othello.
Ich bin auch nicht mehr tapfer; ein jeder kleiner Klopffechter
nimmt mir meinen Degen weg.  Aber warum sollte die Ehre die Tugend
überleben?  Laßt immer alles dahin fahren!

Aemilia.
Was bedeutete dein Gesang, meine Gebieterin?  Höre, kanst du mich
hören?  Ich will den Schwanen machen, und singend sterben; (Weide,
Weide, Weide--)--Mohr, sie war keusch; sie liebte dich, grausamer
Mohr; so sehe mein Geist die Seligkeit, wie ich die Wahrheit rede,
und diese Wahrheit--sey mein leztes Wort--

(Sie stirbt.)

Othello.
Ich habe noch einen andern Degen in diesem Zimmer, eine Spanische
Klinge, mit Wasser aus dem Ebro gestählt; o, hier ist sie: Oheim,
ich muß hinaus.

Gratiano (vor der Thüre.)
Wenn du es versuchst, wird es dir theuer zu stehen kommen; du hast
kein Gewehr, und sollst dich unterwerfen, du magst wollen oder
nicht.

Othello.
So schau zu mir herein und rede mit mir, oder ich will ohne Gewehr
über dich.

(Gratiano kommt herein.)

Gratiano.
Was wollt ihr?

Othello.
Seht!  ich hab ein Gewehr; ein schöneres hieng niemals an eines
Soldaten Hüfte.  Ich habe den Tag gesehen, da ich mit diesem
kleinen Arm, und diesem guten Degen mir durch mehr Hinternisse
einen Weg machte, als zwanzig solche Wächter wie ihr seyd.  Aber, o
eitle Pralerey!  Wer kan über sein Schiksal Meister werden?  Es ist
nun ein anders.  Erschreket nicht, ob ihr mich gleich bewaffnet
sehet; hier ist das Ende meiner Fahrt, hier ist mein Ziel, die
äusserste Marke, die mein leztes Segel noch erreichen kan--tretet
ihr erschroken zurük?  Es ist eine vergebliche Furcht: Züket nur
ein Schilfrohr gegen Othello's Brust, so wird er sich zurükziehen.
Wo sollte Othello hin gehen?  Nun--

(Er sieht auf Desdemona.)

--Wie siehst du nun aus?  Unglükliches Geschöpf!  wie bleich!  Wenn
wir vor Gericht zusammen kommen, wird diese Mine, die du hast,
meine Seele vom Himmel herabschleudern, und Teufel werden sie
auffangen--Kalt, kalt, mein Mädchen; kalt, wie deine Keuschheit--O
verfluchter Sclave!  Peitscht mich, ihr bösen Geister, peitscht
mich vom Genuß dieses himmlischen Anschauens weg; zerstäubt mich in
die Winde, röstet mich in Schwefel, wascht mich in bodenlosen
Schlünden von flüssigem Feuer--O Desdemona!  Desdemona!  todt!
todt!  oh, oh!



Zehnte Scene.
 (Lodovico, Cassio, der hereingeführt wird, Montano, Jago gebunden,
  und einige Officiers, zu den Vorigen.)


Lodovico.
Wo ist dieser rasche und höchst unglükliche Mann?

Othello.
Das ist der, der einst Othello war, hier bin ich.

Lodovico.
Wo habt ihr diese Viper?  Bringt den Buben hervor!

Othello.
Ich seh ihm auf die Füsse; aber das ist eine Fabel.  Wenn du ein
Teufel bist, so kan ich dich nicht tödten.

(Othello stößt nach Jago, und verwundet ihn.)

Lodovico.
Windet ihm seinen Degen aus den Händen.

Jago.
Ich blute, Herr, aber ich lebe noch.

Othello.
Auch ist es mir nicht leid; ich will daß du lebest; du verdienst
nicht, so glüklich zu seyn und zu sterben.

Lodovico.
O du, Othello, einst ein so vortrefflicher Mann--nun in die
Fallstrike eines verruchten Sclaven gefallen--was soll man zu dir
sagen?

Othello.
Wie, was man will; daß ich ein ehrlicher Mörder sey, wenn ihr wollt:
Denn was ich that, that ich nicht aus Haß, sondern meine Ehre zu
rächen.

Lodovico.
Dieser Unselige hat einen Theil seines Bubenstüks eingestanden:
Beschlosset ihr und er mit einander, den Cassio zu ermorden?

Othello.
Ja.

Cassio.
Mein theurer General, ich gab euch niemals Ursache dazu.

Othello.
Ich glaub es, und bitte euch um Vergebung: Wollt ihr, ich bitte
euch, diesen Halb-Teufel fragen, warum er meinen Leib und meine
Seele so verstrikt habe?

Jago.
Fragt mich nichts; was ihr wißt, das wißt ihr; von diesem Augenblik
an soll kein Wort mehr aus meinem Munde gehen.

Lodovico.
Wie?  Auch nicht zum Beten?

Gratiano.
Foltern sollen dir den Mund schon aufthun.

Othello.
Gut, du thust am besten.

Lodovico.
Mein Herr, mich däucht, ihr seht noch nicht klar in der Sache;
diese zween Briefe, die man in des erschlagenen Rodrigo Tasche
gefunden, werden euch aus dem Wunder helfen.  Einer davon enthält
die Ermordung des Cassio, welche Rodrigo auf sich nehmen sollte--

Othello.
O Bösewicht!

Cassio.
Mehr als heidnisch!

Lodovico.
Und hier ist der andre, die Antwort, die, dem Ansehen nach, Rodrigo
ihm zugeschikt haben wollte, wenn Jago nicht indessen selbst
gekommen und ihn befriediget hätte.

Othello.
O du verpesteter Bube!--Wie kam't ihr zu meines Weibs Schnupftuch,
Cassio?

Cassio.
Ich fand es in meiner Kammer, und er gestuhnd uns eben izt, daß er
es in einer besondern Absicht daselbst hingeworfen habe, welche er
auch nach Herzens-Lust erreicht habe.

Othello.
O Narr!  Narr!  Narr!  der ich war!

Cassio.
Hier ist auch noch in Rodrigo's Briefe, wie er ihm vorwirft, daß er
ihn vermocht habe, mich auf der Wache zu beschimpfen; welches die
Gelegenheit dazu gab, daß ich cassiert wurde: Und eben erst, da er
nach einer langen Ohnmacht, worinn er für todt gehalten wurde,
wieder zu sich selbst kam, sagte er, Jago selbst habe ihm den Rest
gegeben.

Lodovico (zu Othello.)
Ihr müßt nun diesen Ort verlassen, und mit uns gehen: Eure Gewalt
ist euch abgenommen, und Cassio regiert nun in Cypern.  Was diesen
Sclaven betrift, wenn irgend eine sinnreiche Marter ausgedacht
werden kan, die ihn die grausamste Pein leiden mache, ohne ihn zu
bald aufzureiben, so wartet sie auf ihn.  Ihr, Othello, sollt in
enger Verwahrung bleiben, bis die Beschaffenheit eures Vergehens
der Regierung von Venedig bekannt gemacht seyn wird.  Kommt, führet
ihn hinweg.

Othello.
Sachte; ein paar Worte, eh ihr geht.  Ich habe dem Staat einige
Dienste geleistet, und sie wissen's: Nichts mehr davon.  Ich bitte
euch, wenn ihr in euern Briefen diese unglükliche Geschicht'
erzählet, so redet von mir wie ich bin; verkleinert meine Fehler
nicht, aber macht mich auch nicht schlimmer als ich war.  Redet
also von einem, der nicht weislich liebte, aber zu sehr; von einem
der nicht leicht eiferte; aber nachdem er einmal von dieser
Leidenschaft ergriffen war, keine Grenzen kannte; von einem, dessen
Hand gleich dem verworfnen Juden (Herodes) eine Perle wegwarf,
deren unschäzbaren Werth sein ganzer Stamm nicht bezahlen konnte;
von einem dessen ungewohnte Augen, ihr gleich Arabiens Balsam-
Staude Thränen, Jammer-lindernde Thränen quellen sahet.  Dieses
schreibet, und sezt hinzu, daß ich einst in Aleppo, wo ein
boßhafter, schelmischer Türke einen Venetianer schlug und auf den
Staat schimpfte, den beschnittnen Hund bey der Gurgel gefaßt, und
ihn so gekizelt habe.

(Er ersticht sich.)

Lodovico.
O blutige Nacht!

Gratiano.
Hier verliehren Worte alle ihre Kraft!

Othello (zu Desdemona.)
Ich küßte dich, eh ich dich tödtete; nun ist nichts übrig, als da
ich mich selbst getödtet habe, mit einem Kuß zu sterben.

(Er sinkt auf Desdemonens Leiche und stirbt.)

Cassio.
Das besorgte ich, aber ich glaubte nicht, daß er ein Gewehr habe;
er hatte ein grosses Herz.

Lodovico (zu Jago.)
O Spartanischer Hund, verderblicher als Pest, Hunger, oder die
tobende See!  Schau auf die jammervolle Last dieses Bettes hin; das
ist dein Werk; der gräßliche Anblik vergiftet das Gesicht--Laßt ihn
verhüllen, Gratiano.  Behaltet das Haus, und bemächtigt euch des
Vermögens des Mohren, denn ihr seyd sein Erbe.

(Zu Cassio.)

Euch, Herr Statthalter, verbleibt die Abstraffung dieses höllischen
Bubens, die Zeit, der Ort, die Marter, o!  laßt sie so greulich als
seine Bosheit seyn.  Ich selbst eile zu Schiffe, um mit schwerem
Herzen dem Staat diesen jammervollen Zufall vorzutragen.

Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Othello, von William Shakespeare
(Übersetzt von Christoph Martin Wieland)






End of the Project Gutenberg EBook of Othello, by Shakespeare

*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK OTHELLO ***

This file should be named 7185-8.txt or 7185-8.zip
Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 8gs3211.txt
VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 8gs3210a.txt

Produced by Delphine Lettau

Project Gutenberg eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US
unless a copyright notice is included.  Thus, we usually do not
keep eBooks in compliance with any particular paper edition.

We are now trying to release all our eBooks one year in advance
of the official release dates, leaving time for better editing.
Please be encouraged to tell us about any error or corrections,
even years after the official publication date.

Please note neither this listing nor its contents are final til
midnight of the last day of the month of any such announcement.
The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at
Midnight, Central Time, of the last day of the stated month.  A
preliminary version may often be posted for suggestion, comment
and editing by those who wish to do so.

Most people start at our Web sites at:
https://gutenberg.org or
http://promo.net/pg

These Web sites include award-winning information about Project
Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new
eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!).


Those of you who want to download any eBook before announcement
can get to them as follows, and just download by date.  This is
also a good way to get them instantly upon announcement, as the
indexes our cataloguers produce obviously take a while after an
announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter.

http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext03 or
ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext03

Or /etext02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90

Just search by the first five letters of the filename you want,
as it appears in our Newsletters.


Information about Project Gutenberg (one page)

We produce about two million dollars for each hour we work.  The
time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright
searched and analyzed, the copyright letters written, etc.   Our
projected audience is one hundred million readers.  If the value
per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text
files per month:  1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+
We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002
If they reach just 1-2% of the world's population then the total
will reach over half a trillion eBooks given away by year's end.

The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks!
This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
which is only about 4% of the present number of computer users.

Here is the briefest record of our progress (* means estimated):

eBooks Year Month

    1  1971 July
   10  1991 January
  100  1994 January
 1000  1997 August
 1500  1998 October
 2000  1999 December
 2500  2000 December
 3000  2001 November
 4000  2001 October/November
 6000  2002 December*
 9000  2003 November*
10000  2004 January*


The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created
to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium.

We need your donations more than ever!

As of February, 2002, contributions are being solicited from people
and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut,
Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois,
Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts,
Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New
Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio,
Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South
Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West
Virginia, Wisconsin, and Wyoming.

We have filed in all 50 states now, but these are the only ones
that have responded.

As the requirements for other states are met, additions to this list
will be made and fund raising will begin in the additional states.
Please feel free to ask to check the status of your state.

In answer to various questions we have received on this:

We are constantly working on finishing the paperwork to legally
request donations in all 50 states.  If your state is not listed and
you would like to know if we have added it since the list you have,
just ask.

While we cannot solicit donations from people in states where we are
not yet registered, we know of no prohibition against accepting
donations from donors in these states who approach us with an offer to
donate.

International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about
how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made
deductible, and don't have the staff to handle it even if there are
ways.

Donations by check or money order may be sent to:

Project Gutenberg Literary Archive Foundation
PMB 113
1739 University Ave.
Oxford, MS 38655-4109

Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment
method other than by check or money order.

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by
the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN
[Employee Identification Number] 64-622154.  Donations are
tax-deductible to the maximum extent permitted by law.  As fund-raising
requirements for other states are met, additions to this list will be
made and fund-raising will begin in the additional states.

We need your donations more than ever!

You can get up to date donation information online at:

https://www.gutenberg.org/donation.html


***

If you can't reach Project Gutenberg,
you can always email directly to:

Michael S. Hart 

Prof. Hart will answer or forward your message.

We would prefer to send you information by email.


**The Legal Small Print**


(Three Pages)

***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS**START***
Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers.
They tell us you might sue us if there is something wrong with
your copy of this eBook, even if you got it for free from
someone other than us, and even if what's wrong is not our
fault. So, among other things, this "Small Print!" statement
disclaims most of our liability to you. It also tells you how
you may distribute copies of this eBook if you want to.

*BEFORE!* YOU USE OR READ THIS EBOOK
By using or reading any part of this PROJECT GUTENBERG-tm
eBook, you indicate that you understand, agree to and accept
this "Small Print!" statement. If you do not, you can receive
a refund of the money (if any) you paid for this eBook by
sending a request within 30 days of receiving it to the person
you got it from. If you received this eBook on a physical
medium (such as a disk), you must return it with your request.

ABOUT PROJECT GUTENBERG-TM EBOOKS
This PROJECT GUTENBERG-tm eBook, like most PROJECT GUTENBERG-tm eBooks,
is a "public domain" work distributed by Professor Michael S. Hart
through the Project Gutenberg Association (the "Project").
Among other things, this means that no one owns a United States copyright
on or for this work, so the Project (and you!) can copy and
distribute it in the United States without permission and
without paying copyright royalties. Special rules, set forth
below, apply if you wish to copy and distribute this eBook
under the "PROJECT GUTENBERG" trademark.

Please do not use the "PROJECT GUTENBERG" trademark to market
any commercial products without permission.

To create these eBooks, the Project expends considerable
efforts to identify, transcribe and proofread public domain
works. Despite these efforts, the Project's eBooks and any
medium they may be on may contain "Defects". Among other
things, Defects may take the form of incomplete, inaccurate or
corrupt data, transcription errors, a copyright or other
intellectual property infringement, a defective or damaged
disk or other eBook medium, a computer virus, or computer
codes that damage or cannot be read by your equipment.

LIMITED WARRANTY; DISCLAIMER OF DAMAGES
But for the "Right of Replacement or Refund" described below,
[1] Michael Hart and the Foundation (and any other party you may
receive this eBook from as a PROJECT GUTENBERG-tm eBook) disclaims
all liability to you for damages, costs and expenses, including
legal fees, and [2] YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE OR
UNDER STRICT LIABILITY, OR FOR BREACH OF WARRANTY OR CONTRACT,
INCLUDING BUT NOT LIMITED TO INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE
OR INCIDENTAL DAMAGES, EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE
POSSIBILITY OF SUCH DAMAGES.

If you discover a Defect in this eBook within 90 days of
receiving it, you can receive a refund of the money (if any)
you paid for it by sending an explanatory note within that
time to the person you received it from. If you received it
on a physical medium, you must return it with your note, and
such person may choose to alternatively give you a replacement
copy. If you received it electronically, such person may
choose to alternatively give you a second opportunity to
receive it electronically.

THIS EBOOK IS OTHERWISE PROVIDED TO YOU "AS-IS". NO OTHER
WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, ARE MADE TO YOU AS
TO THE EBOOK OR ANY MEDIUM IT MAY BE ON, INCLUDING BUT NOT
LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR A
PARTICULAR PURPOSE.

Some states do not allow disclaimers of implied warranties or
the exclusion or limitation of consequential damages, so the
above disclaimers and exclusions may not apply to you, and you
may have other legal rights.

INDEMNITY
You will indemnify and hold Michael Hart, the Foundation,
and its trustees and agents, and any volunteers associated
with the production and distribution of Project Gutenberg-tm
texts harmless, from all liability, cost and expense, including
legal fees, that arise directly or indirectly from any of the
following that you do or cause:  [1] distribution of this eBook,
[2] alteration, modification, or addition to the eBook,
or [3] any Defect.

DISTRIBUTION UNDER "PROJECT GUTENBERG-tm"
You may distribute copies of this eBook electronically, or by
disk, book or any other medium if you either delete this
"Small Print!" and all other references to Project Gutenberg,
or:

[1]  Only give exact copies of it.  Among other things, this
     requires that you do not remove, alter or modify the
     eBook or this "small print!" statement.  You may however,
     if you wish, distribute this eBook in machine readable
     binary, compressed, mark-up, or proprietary form,
     including any form resulting from conversion by word
     processing or hypertext software, but only so long as
     *EITHER*:

     [*]  The eBook, when displayed, is clearly readable, and
          does *not* contain characters other than those
          intended by the author of the work, although tilde
          (~), asterisk (*) and underline (_) characters may
          be used to convey punctuation intended by the
          author, and additional characters may be used to
          indicate hypertext links; OR

     [*]  The eBook may be readily converted by the reader at
          no expense into plain ASCII, EBCDIC or equivalent
          form by the program that displays the eBook (as is
          the case, for instance, with most word processors);
          OR

     [*]  You provide, or agree to also provide on request at
          no additional cost, fee or expense, a copy of the
          eBook in its original plain ASCII form (or in EBCDIC
          or other equivalent proprietary form).

[2]  Honor the eBook refund and replacement provisions of this
     "Small Print!" statement.

[3]  Pay a trademark license fee to the Foundation of 20% of the
     gross profits you derive calculated using the method you
     already use to calculate your applicable taxes.  If you
     don't derive profits, no royalty is due.  Royalties are
     payable to "Project Gutenberg Literary Archive Foundation"
     the 60 days following each date you prepare (or were
     legally required to prepare) your annual (or equivalent
     periodic) tax return.  Please contact us beforehand to
     let us know your plans and to work out the details.

WHAT IF YOU *WANT* TO SEND MONEY EVEN IF YOU DON'T HAVE TO?
Project Gutenberg is dedicated to increasing the number of
public domain and licensed works that can be freely distributed
in machine readable form.

The Project gratefully accepts contributions of money, time,
public domain materials, or royalty free copyright licenses.
Money should be paid to the:
"Project Gutenberg Literary Archive Foundation."

If you are interested in contributing scanning equipment or
software or other items, please contact Michael Hart at:
[email protected]

[Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only
when distributed free of all fees.  Copyright (C) 2001, 2002 by
Michael S. Hart.  Project Gutenberg is a TradeMark and may not be
used in any sales of Project Gutenberg eBooks or other materials be
they hardware or software or any other related product without
express permission.]

*END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*