Wanderbilder aus Central-Amerika. Skizzen eines deutschen Malers

By Wilhelm Heine

Project Gutenberg's Wanderbilder aus Central-Amerika, by Wilhelm Heine

This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
almost no restrictions whatsoever.  You may copy it, give it away or
re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
with this eBook or online at www.gutenberg.org


Title: Wanderbilder aus Central-Amerika

Author: Wilhelm Heine

Commentator: Friedrich Gerstäcker

Release Date: May 3, 2014 [EBook #45569]

Language: German


*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK WANDERBILDER AUS CENTRAL-AMERIKA ***




Produced by The Online Distributed Proofreading Team at
http://www.pgdp.net (This file was produced from images
generously made available by The Internet Archive)







[ Symbole für Schriftarten: _gesperrt_ =Antiqua= ]




           Wanderbilder
                aus
        _Central-Amerika_.

  _Skizzen eines deutschen Malers_
                von
           Wilhelm Heine.

        _Mit einem Vorwort_
                von
       Friedrich Gerstäcker.

             Leipzig,
       _Hermann Costenoble._
               1853.




    _Der geliebten Schwester_
             gewidmet
          vom Verfasser.




_Meine gute Marie!_

Wenn junge Autoren ihr Erstlingsbüchlein in die Welt schicken,
so pflegen sie es gewöhnlich irgend einer hohen oder berühmten
Persönlichkeit zu widmen, um ihr geringes Opus zu Ehren zu bringen; wenn
dagegen bereits bekannte Autoren schreiben, so ehren sie einen ihrer
Freunde mit der Dedication.

Da nun aber gegenwärtiges Büchlein weder so bedeutend ist, um Jemand
durch seine Dedication zu ehren, noch ich so anmaßend sein will, irgend
eine hohe oder berühmte Persönlichkeit damit zu belästigen, sondern
die darin enthaltenen Reisemittheilungen nichts Anderes als Lebens-
und Liebeszeichen für Euch in der Heimath sein sollen, so eigne ich
dieselben Dir zu.

Oft in einsamer Gebirgsöde, beim trüben Lagerfeuer, wenn das Geheul der
Cayotas und Jaguars meine Nachtmusik bildete, flogen meine Gedanken der
lieben Heimath zu, und ich dachte Deiner, wie Du mit liebender Sorge
dem alternden Vater, der gramgebeugten Mutter zur Seite standest und den
Platz ausfülltest, den der ferne Sohn und Bruder leergelassen. Und
so wird es auch wieder sein, und auf nächtlicher Deckwache in fernen
unbekannten Meeren werden wieder meine Gedanken in der Heimath weilen
und meine heißen Segenswünsche sie begleiten.

Nimm darum dies Büchlein als eine Liebesgabe von mir an; bitte Gott, daß
er einst uns Allen ein fröhliches Wiedersehen verleihen möge und gedenke
stets in Liebe

  Deines
    treuen Bruders
      Wilhelm.

  Geschrieben an Bord der Dampffregatte Mississippi, in der
  Chasepeakbay, den 20. Nov. 1852, am Tage vor der Abfahrt der
  amerikanischen Expedition nach Japan.




Vorwort.


Der Leser soll hier zum ersten Mal mit einem jungen Künstler
bekannt werden, den nicht nur sein frischer fröhlicher Muth und jene
geheimnißvolle, aber doch auch so gewaltige Lust nach einem regen Leben,
sondern auch der ernste Zweck, seinen Studien obzuliegen und seine
Kenntnisse zu erweitern, in die Welt hineingetrieben, und der selbst
in diesem Augenblicke bei unseren Antipoden herumschwimmt, oder mit
der Büchse auf der Schulter und der Palette in der Mappe die Küsten des
indischen Archipels durchforscht und die Schätze plündert, die Mutter
Natur da draußen ja mit vollen Händen ausgestreut über das wundervolle
Land.

Wilhelm Heine, zuerst zum Architekten bestimmt, fand mehr Freude an
der freien Malerkunst. Sein Talent hierzu offenbarte sich bald. Von dem
König von Sachsen in seinem Plane unterstützt, wandte er sich zuerst
nach Paris, dort Decorationsmalerei zu studiren und später
seine Kenntnisse der Dresdener Hofbühne zu widmen. Die dort 1849
ausgebrochenen Unruhen warfen aber die Kunst weit in den Hintergrund
und von seinem rastlosen Eifer für dieselbe angetrieben, zog der junge
Künstler dorthin, wohin es Tausende damals schon, wie noch jetzt, in
unaufhaltsamer Sehnsucht hinüberdrängte über das Meer, in dem fernen
Lande des Westens, Studien zu sammeln, und das auszubilden in der freien
Welt, was er in den Kunst-Sälen von Paris vorbereitet hatte mit emsigem
Fleiße.

New-York aber genügte ihm auch nicht auf die Länge der Zeit -- der
Amerikaner ist für die Kunst empfänglich und liebt die Künstler, aber
das Land ist noch zu jung, -- die Energie seiner Bewohner wird noch zu
sehr für das augenblicklich Praktische gefordert, um dem _Schönen_ schon
seine vollen Sinne weihen zu können, und wo der Meubleshändler noch die
»Bilder« zusammen mit Sopha und Stühlen verkauft, wo diese _Gemälde_
noch zu so und so vielen Dutzend bestellt werden, kann natürlich der
_Künstler_ nicht Befriedigung finden.

Heine ergriff denn auch mit Freuden eine günstige Gelegenheit, die sich
ihm bot, in Begleitung des, schon durch seine früheren archäologischen
Forschungen in Nord- und Mittel-Amerika berühmten Herrn Squier, auch
früherem Gesandten der Vereinigten Staaten in Mittel-Amerika, das
letztere Land zu bereisen, um zu Mr. Squier's beabsichtigtem Werke über
diese Strecken die Illustrationen zu liefern.

Ueber diese Reise, die Heine aber leider allein beenden mußte, da Mr.
Squier durch Verhältnisse gehindert wurde, ihm zu folgen, handelt, mit
Ausnahme eines kurzen Künstlerausflugs im Staat New-York, dies kleine
Bändchen, und der Leser folgt dem jungen lebensfrohen Manne vielleicht
noch mit mehr Aufmerksamkeit und Interesse, wenn er erfährt, daß Wilhelm
Heine auch selbst in diesem regen Leben nicht den Drang befriedigt
fühlte, der ihn weiter und weiter trieb auf der einmal betretenen Bahn,
denn er befindet sich in diesem Augenblicke an Bord des amerikanischen
Geschwaders, das zu einer Recognoscirungstour des indischen Archipels,
vorzüglich aber der japanischen Küsten ausgesandt ist, und wohl nicht
wiederkehren wird, ohne ein tüchtiges Stück von der Welt gesehen, ja
vielleicht auch ein Stück in der Welt gethan zu haben.

Von dort werden seine Berichte für jetzt in der Allgemeinen Zeitung und
dem Ausland erscheinen, seine Stellung an Bord eines der Kriegsschiffe,
mit ehrenvollen Aufträgen der amerikanischen Regierung für unterwegs
anzustellende Sammlungen, sichert ihm dabei die Gewißheit, den
größtmöglichsten Nutzen von solch wilder Fahrt zu ziehen, und wir dürfen
hoffen, daß er uns noch manches Schöne von fernen Ländern erzählen wird.
Der Einzelne wird doch ja immer nur, möge seine Route liegen so weit sie
will, auf einen verhältnismäßig kleinen Kreis beschränkt, und dem Leser
bleibt es überlassen, sich von den verschiedenen Ansichten und Bildern
der draußen Herumstreifenden den Honig zu sammeln und seine Meinung
festzustellen.

Heine's Styl ist leicht und ungezwungen, seine Schilderung lebendig und
das Herzliche und Gemüthliche seines ganzen Wesens läßt uns ihn bald
liebgewinnen, und so hoffe ich denn, daß Dir, lieber Leser, diese Gabe
eine willkommene sein wird, wie es mir selber eine besondere Freude
gewährt hat, den jungen, noch gewissermaßen vom Seewasser triefenden
Künstler bei Dir einzuführen.

  Friedrich Gerstäcker.




Inhaltsverzeichniß.


                                                                   Seite

  Künstlerausflug durch den Staat New-York                             1

  Ein Jahr in Central-Amerika                                         41


  I.

  Vorwort. -- Zweck der Reise. -- Allgemeine Bemerkungen über
  Central-Amerika. -- Canalproject zur Verbindung des atlantischen
  und stillen Oceans.                                                 43


  II.

  Abreise von New-York. -- Die Brig Rogelin. -- Ansicht von Haiti.
  -- Eintritt in die Wendekreise. -- Unbewohnte Insel. --
  Mosquitoküste. -- San Juan di Nicaragua. -- Deutsches
  Gasthaus. -- Lebensweise.                                           56


  III.

  Vorbereitungen zur Flußfahrt. -- Das Bungo. -- Abreise von San
  Juan. -- San-Juan-River. -- Clima. -- Fruchtbarkeit. -- Die
  Machuca-Rapids. -- Verunglückte Tigerjagd. -- Unwetter. --
  Aerztliche Hülfe. -- Castillo Viejo. -- Prophezeihung. -- Der
  Wundarzt wider Willen. -- San Carlos. -- Douane. -- See von
  Granada. -- Ankunft in Granada. -- Gastfreundlichkeit. --
  Jahresfeier des 4. Juli.                                            66


  IV.

  Die Stadt Granada. -- Bauart. -- Einwohner. -- Lebensweise in
  Central-Amerika. -- Festtage. -- Reisezurüstungen. --
  Unsicherheit der Straßen. -- Art zu reisen. -- Fleiß der
  Indianer. -- Massaga. -- Indisches Begräbniß.                       94


  V.

  Lavafelder. -- Managua. -- Reisebekanntschaft. --
  Landschaftliches. -- Puebla nuova. -- Ein Raubmord. --
  Nächtliche Störung. -- Ankunft in Leon.                            109


  VI.

  Freundliche Aufnahme in Leon. -- General Munoz. -- Ein
  demüthiger Apostel Christi. -- Rückkehr nach Granada.              120


  VII.

  Indigobereitung. -- Verfall des Landbaues. -- Schlimme
  Aussichten für Ansiedler. -- Gefährliche Galanterie. --
  Zunahme der ärztlichen Praxis. -- Einfluß des Mondes. --
  Selbsthülfe zu rechter Zeit. -- Die Schwefelquellen von
  Tipitapa. -- Gefährliche Begegnung. -- Kriegsanstalten.
  -- Militairische Exercitien.                                       126


  VIII.

  Der geendigte Krieg in Nicaragua. -- Aufregung in Granada. --
  Unangenehme Conflicte. -- Meeting in Massaga. -- Hauptquartier
  in Managua. -- Don Fruto Chamorro. -- Gefecht von Nagarote. --
  Erkrankung. -- Gefecht von Chinandega. -- Mißverhältniß der
  Streitkräfte. -- Vertrag von Posolteja. -- Treubruch des
  Generals Lopez. -- Ehrenhaftes Benehmen des amerikanischen
  Gesandten. -- Traurige Aussichten.                                 143


  IX.

  Neue Erkrankung. -- Excursion in das Hochgebirge und die
  Minendistricte. -- Reiseanstalten. -- Aufbruch von Leon. --
  Nachtlager. -- Räubergerüchte. -- Nächtlicher Ueberfall. --
  Eintritt ins Gebirge. -- Trockenheit. -- Zuckererbauung. --
  Aztekische Sage. -- Beschwerlicher Marsch. -- Heimathliche
  Erinnerung.                                                        166


  X.

  Aufenthalt in San Rafael. -- Viehzucht. -- Versuch mit dem
  Lasso. -- Weiterreise. -- Nächtliches Concert. -- Totogalpa.
  -- Der gastfreundliche Cura. -- Eine Hochzeit. -- Ocotal. --
  General Guardiola. -- Hahnenkämpfe. -- Spielwuth der Bewohner.     185


  XI.

  Dipilto. -- Mangelhafter Zustand des Bergbaues. --
  Wiederkehrende Gesundheit. -- Taminos Feuer- und Wasserprobe zu
  Pferd. -- Erlegter Tiger. -- Der Staat Honduras.                   200


  XII.

  Yuscaran. -- Don Pedro Xatrerha. -- Indianerstämme. -- Gefahren
  eines Besuches bei ihnen. -- Gewaltsame Requisition. --
  Tegucigalpa. -- Sennora L... -- General Cabannas.                  217


  XIII.

  Süßer Abschied. -- Cerro di Ule. -- Prachtvolles Panorama. --
  Heimweh. -- Portillo de la Victoria. -- Künstlerische Ausbeute.
  -- Indianische Fiesta. -- Große Hitze. -- Ein tropisches
  Gewitter. -- Ankunft zu rechter Zeit. -- =Fata morgana.= --
  San Martin. -- Choluteca. -- Esteroreal. -- Noch etwas über das
  Canalproject. -- Ankunft in Leon.                                  232


  XIV.

  Glücklicher Zufall. -- Abschied von Leon. -- Ein Jahr
  Unterschied. -- =Stars and Stripes!= -- Verändertes Aussehen von
  St. Juan di Nicaragua. -- Abschied von Central-Amerika. --
  Allgemeine Bemerkungen und Warnungen für Auswanderer.              254




Künstlerausflug durch den Staat New-York.


1.


Die Glocke des Steamers New-York läutet zum drittenmale, der Ingenieur
giebt das Zeichen, das schöne große Schiff setzt sich in Bewegung, an
seinem Bord drei lustige deutsche Maler. Der Abend war angenehm und
lieblich, wie die Abende im Monat August nach einem heißen Tage an den
Ufern des Hudson in der Regel sind.

Auf dem Deck und im Salon des Steamers gab es gutgekleidete
Lustreisende, Leute aus der =beau monde=, welche in die Bäder von
Saratoga, zu den lieblichen Trentonfällen oder dem großartigen
Niagarafall reisten; Frauen und Mädchen, hold und anmuthig, wie sie
Amerika und vor allem New-York aufzuweisen hat, in süßem Müßiggange
sich im einladenden Schaukelstuhle wiegend, lachend, kokettirend;
Büreau-Generale, nach ihren Landhäusern gehend, um den Sonntag
dort zuzubringen; Brod- und Schweinehändler =en gros=, welche nach
abgeschlossenen Geschäften sich wiederum ins Land hinein begeben, um
alsbald mit neuen Sendungen nach New-York zurückzukehren; mitunter auch
wohl ein finsterer Pfaffe, deren einer, ein Methodist, sogar später das
Publikum mit einer Art Reisepredigt erlabte, an der jedoch nur blutwenig
Zuhörer Geschmack zu finden schienen.

Die große wandernde Stadt, auf der wir uns befinden, Euch näher zu
beschreiben, erlaßt Ihr mir wohl, meine Lieben; Fritz Gerstäcker hat
es in seinen Mississippi-Bildern bereits besser gethan, als ich es im
Stande sein würde. Die achthundert Pferdekraft der Dampfmaschine trieben
uns rasch den prachtvollen, hier ziemlich sechshundert Fuß breiten
Hudson stromaufwärts. Zur Linken streckten sich hohe Felswände in die
Höhe, die Palisaden genannt, zur Rechten lagen lachende Landhäuser in
üppig blühenden Gärten, kleinere oder größere Dorfschaften dazwischen,
hier und da ein Bach oder ein Flüßchen, dessen Wasser sich entweder
still und geräuschlos mit dem Hudson vermählt, oder eine kleine Bucht
bildet, an deren Saum freundliche Spaziergänge den Reisenden zu längerem
Verweilen anzulocken scheinen.

Wahrlich, wer sich die Staaten Nord-Amerikas als arm an malerischen
Naturschönheiten vorstellt, der befindet sich in großem Irrthume; sie
sind freilich von ganz anderem Charakter wie unsere europäischen, wollen
studirt und in ihrer Eigenthümlichkeit aufgefaßt sein, bieten dann aber
auch dem Künstler gar manche schätzbare Ausbeute.

Ermüdet vom Getreibe der riesigen Hauptstadt, erlabte ich Augen und Herz
an den lieblichen Gemälden.

Der Kessel von Sing-Sing, wo der Strom eine große Bai von vielleicht
einer deutschen Meile im Durchmesser bildet, ward mit Sonnenuntergang
passirt, und von den Bergen von West-Point strahlte bereits der Mond
sein mildes Licht über die lieblichen Gefilde. Der Abend rückte weiter
vor und nachdem die schön geformten Berge von Katshill in der Ferne
vorüber geglitten, ging ich in meine Koje, mich für den kommenden Tag zu
stärken, da die Ufer von hier an bis Albany flach werden und nicht mehr
die Mühe des Aufbleibens lohnen.

Bei meinem Erwachen legte der Steamer gerad am Quai von Albany an,
weshalb ich auch außer dem Quai und der Straße, die nach der Eisenbahn
führt, nichts von dieser Stadt sah. Kurze Rast nebst Frühstück,
und weiter ging es beim ersten Strahl der lauen Morgensonne auf dem
Schienenwege hin, durch das Mohawkthal. Ueberall blühende, fruchtbare
Felder, nette Ortschaften, freundliche Landhäuser, großartige
Fabrikgebäude längs der ganzen Bahn; der zur Seite sich hinziehende
große Kanal voll regen Lebens, überall thätige, kräftige, gesunde
Menschen, überall Leben, Licht, Freiheit. So ging's bis Utica, dem
ersten Haltpunkte.

Nachdem wir uns glücklich durch die lärmende, drängende Menge
hindurchgearbeitet, mietheten wir einen Wagen, der uns mit seinen vier
Rößlein zu den Trentonfällen bringen sollte. Auf einem gut unterhaltenen
Bohlenwege, dessen holzverschwenderische Anlage und Erhaltung -- der
ganze Weg ist mit zwölf Fuß langen, zwölf Zoll breiten und vier Zoll
starken Bohlen belegt -- manchen unserer gewissenhaften deutschen
Forstmänner zur Verzweiflung bringen würde, rollten wir munter dahin;
die acht Miles waren verhältnißmäßig schnell zurückgelegt und bald
empfing uns das gastliche Dach des Herrn Moore.

Unsere gespannte Neugierde erlaubte uns zuvörderst kein langes Verweilen
unter demselben, wir eilten den Fällen zu und hatten schon bei ihrem
ersten Erblicken die freudige Ueberzeugung, daß dieser eine Punkt allein
schon der Reise werth war.

Der West-Canada-Creek stürmt hier durch tiefe Schluchten, längs welcher
sich starre, hier und da mit Bäumen und Buschwerk gekrönte, oft
auch nackte, in bizarren Formen gebildete, zwischen dreihundert und
vierhundert Fuß hohe Felswände, senkrecht aus dem Flusse erheben.
Dazwischen hin schäumt der Fluß, manchmal in einer Breite von
hundertfünfzig Fuß, über die geradlinigen Flötzgebirgformationen
weggleitend, dann wieder in einen viel engeren Raum zusammengezwängt,
durch zerklüftete Felsblöcke sich Bahn brechend, mit einer Fallhöhe von
dreihundertachtzig Fuß auf eine kleine halbe (engl.) Meile. Nach Freund
Müller's Aussagen gleicht der größte dieser Wassersturze in mehren
Absätzen den Wasserfällen, welche er auf seiner letzten europäischen
Reise in Dalmatien gesehen.

Hier schied ich auch von einem alten Landsmanne, D. M., der nur
vorläufig nach Amerika herübergekommen war, um sich das Land, behufs
einer etwaigen späteren Uebersiedelung, zu besehen und uns junges Volk
bis hierher begleitet hatte. Er schien von dem, was er bis da gesehen,
nicht sehr befriedigt; das paßte alles nicht recht zu seinen deutschen
Agriculturbegriffen. Der Abschied von dem alten Knaben war ein
wehmüthiger und schwerlich dürfte ich ihn noch einmal wiedersehen.

Die schönen landschaftlichen Vorwürfe wurden nun fleißig ausgebeutet und
nach zehntägigem Aufenthalt hatten wir unsere Malermappen mit manchen
höchst schätzenswerthen Motiven bereichert.

Herr Moore, der gastfreundliche, humane Besitzer des großen Hotels, ein
großer Kunstliebhaber, bestellte bei uns einige Bilder mittlern
Formats für recht anständigen Preis, und überdies noch einen Cyclus von
Zeichnungen, als Illustrationen einer beabsichtigten Beschreibung der
Trentonfälle. Trotzdem sich Herrn Moore's selbst erworbenes Vermögen
kaum über einen angenehmen Wohlstand hinaus erstreckt, ist derselbe doch
ein eifriger Beförderer der schönen Künste und besitzt eine, für seine
Mittel nicht unbedeutende Sammlung von Gemälden, größtentheils von
Künstlern, die bei ihm einsprachen. Nebstdem hat er auch noch den
gewöhnlichen Hotelpreis von zwei Dollars täglich, für Künstler auf die
Hälfte herabgesetzt, was bei der ganz vorzüglichen Bewirthung eine sehr
mäßige Bezahlung ist. Herr Moore trieb seine Artigkeit so weit, uns
selbst nach Utika zurückzufahren, wo wir herzlich und auf baldiges
Wiedersehen von ihm schieden.

Und weiter ging es per Dampf, über Syrakus, wo bei Ankunft des Zuges
zwanzig Glocken, in den Händen von zwanzig Kellnern, vor eben so vielen
Hotels, einen wahren Heidenlärm erhoben, um allen Ankommenden recht
eindringlich das Zeichen zum Essen zu geben; dann wieder weiter, nach
Oswego hin, oft durch Wälder und ödes Sumpfland. Die Gegend sieht hier
fiebrig und unheimlich aus, so daß man kaum zu athmen wagt.

In Oswego, einer Stadt von nahe an fünftausend Einwohnern, bestiegen
wir von Neuem einen Steamer und rasch dahin glitten wir über die blaue
Wasserfläche des Ontariosees, bald nur noch einen schmalen Streifen Land
im Gesicht behaltend. Vier Uhr Morgens langten wir in Lewis-Town an,
noch ein kurzes Stück Eisenbahn, und zwar das erbärmlichste, das je von
Menschenhand erbaut worden ist, und mit Tagesanbruch standen wir da, wo:

  »schäumendes Gewässer mit Donnergebrüll hinabstürzt in
                          die grausige Tiefe!«

Es kann nicht meine Absicht sein, geognostische Abhandlungen zu
verfassen, und eben so wenig poetische Reisenovellen zu schreiben; doch
muß ich gestehen, daß das großartige Naturschauspiel, ohne Zweifel das
größte dieser Art auf dem bekannten Erdenrund, erst allmälig begann,
einen tiefen und gewaltigen Eindruck auf mich zu machen, je länger ich
davor verweilte und die colossalen Proportionen zu messen begann.
Die ganze Länge des Falles mag etwa tausend Schritte betragen, die
senkrechte Höhe, nach dem Augenmaß beurtheilt, vielleicht ein
Drittheil so viel, und ist in der Mitte von einer kleinen Felseninsel
unterbrochen, zu der oberhalb des Falles eine Brücke führt. Der Niagara
selbst ist von brillantem Smaragdgrün und bis weit unterhalb des Falles
vom Schaume milchig gefärbt, was dem Maler reizende Farbenabwechselungen
und Uebergänge gewährt; auf beiden Seiten begränzen den Fall
hundertachtzig bis zweihundert Fuß hohe Felswände. Alle diese
Formationen (Flötzgebirge) tragen Spuren der Gewalt des Gewässers und
bis eine (engl.) Meile unterhalb seiner jetzigen Stelle hat der Fall
die Merkmale seiner Zerstörungswuth zurückgelassen. Man hat nach
Wahrscheinlichkeitsgründen berechnet, daß der Fall dreißigtausend
Jahre gebraucht habe, um sich diese Bahn auszuwaschen; aber bei
aller möglichen Hochachtung vor den Berechnungen der Gelehrten und
Naturforscher, erscheint mir die hier in Frage gestellte denn doch etwas
problematisch, ohngefähr so wie die Berechnung der Entfernung mancher
Fixsterne. Da heißt es auch: wer's nicht glaubt, mag das Gegentheil
beweisen! Das ganze Ufer zunächst des Flusses ist bedeckt mit
herabgestürzten Felstrümmern, deren eben so viele in den Fluthen
begraben sein mögen, gleich dem Table-Rock seligen Andenkens, der etwa
vier Wochen vor unserer Ankunft glücklich zur Tiefe abgefahren ist. Ich
besinne mich, irgendwo von der Berechnung eines englischen Ingenieurs
gelesen zu haben, der ganz vor Kurzem erst herauscalculirt haben wollte,
wie lange das Wasser sich durchaus noch zu strapaziren habe, bevor es
mit der Unterwaschung besagten Table-Rocks glücklich zu Stande
gekommen sei; ich möchte wohl wissen, wie weit er in seiner Berechnung
fehlgeschossen haben mag? -- Die Ufer des Niagara waren in den Jahren
1812 bis 15 der Schauplatz zahlreicher Gefechte mit den Engländern,
und in einer Schlacht ohnweit der Fälle sollen an viertausend Todte
geblieben sein.

Amerika ist das Land der Industrie und Speculation, Niagara das Land der
fünfundzwanzig Cents: Du gehst auf die Heiligeninsel, kostet 25 Cents,
-- Du gehst zwei Meilen unterhalb der Fälle über die Hängebrücke, kostet
25 Cents, -- Du läßt Dich in einem kleinen Boote über den Fluß setzen,
kostet 25 Cents, -- Du willst unter den Fall selbst steigen, kostet 25
Cents u. s. w.

Der hiesige Gasthof war das Gegentheil von Herrn Moore's Hotel; zwei
Dollars täglich und alles mordschlecht. Wir machten Studien so viel als
möglich, und beeilten uns fortzukommen, so viel als möglich, und zwar um
so mehr, als wir beim Arbeiten viel von der unerträglichen Neugierde des
reisenden Publikums zu leiden hatten.

Noch am letzten Tage hatten wir das traurige Schauspiel, ein armes
Pferd, welches sich, oberhalb der Fälle von Hunden gehetzt, in den
Fluß retirirt haben mochte, den Fall hinunterstürzen zu sehen. Weiter
unterhalb fanden wir das arme Thier, zerschellt und kaum noch kenntlich,
von den Fluthen auf's Ufer geschleudert daliegen. Ein Canalboot mit
einer Schweinefleischladung, welches vor etwa sechs Wochen den Fluß
hinabgetrieben worden war, hängt inmitten des Falles, von einem
emporragenden Felsen aufgehalten, auf dem Rand des Sturzes, von
brausenden Gewässern umtobt; das Treibeis des nächsten Winters wird es
wohl noch vollends zertrümmern. Seltsam, trotzdem es nur ein lebloser
Gegenstand ist, kann man es nicht ohne ein Gefühl des Bangens da hängen
sehen und empfindet unwillkürlich eine Art von Mitleid mit dem armen
Ding.

Kurz und gut, unsere Studien waren beendet, unsere Zeit gemessen und wir
hatten nicht Lust, länger hier müssig liegen zu bleiben; wir begaben
uns daher vermittelst obbemeldeter schlechten Eisenbahn wieder auf die
Wanderschaft und an Bord des nämlichen Steamers, der uns in Lewis-Town
ans Land gesetzt hatte.




2.


Unsere zweite Fahrt auf dem Ontariosee war bei weitem länger als
die erste, denn wir befuhren ihn in seiner ganzen Längenausdehnung,
berührten nochmals Oswego, landeten in Sacketts Harbour, ein Name, der
sowohl im britisch-französischen, als im amerikanischen Befreiungskriege
vielfach genannt worden, als wichtigster Posten am Ontariosee; sahen
später Kingston und die rothen Röcke der englischen Soldaten und
passirten am Nachmittage die Tausend-Inseln. War schon die Fahrt über
den See mit seinen langgedehnten flachen Ufern langweilig, so wird
die Fahrt zwischen diesen kleinen, niedrigen, mager bewaldeten, sich
ähnelnden Inselchen zuletzt im höchsten Grade ermüdend. Ob es ihrer
gerade tausend waren, weiß ich nicht, denn ich habe sie wahrhaftig
nicht gezählt, war aber herzlich froh, als uns am Abend die Lichter von
Ogdensburg das Ziel unserer Wasserfahrt andeuteten.

Hier wurden wir auf dem Landgute des Herrn von R......... höchst
gastfreundlich aufgenommen und bewirthet. Diese Farm, von ungefähr
eintausend Acres geklärten Landes, kann als ein vollendetes Muster
amerikanischer Landwirthschaft gelten und ich hätte wohl gewünscht,
mein alter Landsmann D. M. hätte seine Untersuchungsreise bis hierher
ausgedehnt. Herr v. R......... hat in unglaublich kurzer Zeit Alles, was
er besitzt, aus einer Wüste geschaffen; denn als er sich in Ogdensburg
ansiedelte, wurden noch da Hirsche geschossen, wo jetzt sein schönes
Wohnhaus steht, und dunkle Kieferwaldung stand noch da, wo jetzt
ein lieblicher Park angenehme Spaziergänge bietet und in großartigen
Glashäusern Südfrüchte und tropische Pflanzen reifen. Mühlen aller Art,
Manufakturen, Eisenwerke, fast alle von Herrn v. R........ gegründet,
liegen in und um Ogdensburg. Es kam ihm allerdings bei seinen
Unternehmungen trefflich zu Statten, daß er ein sehr bedeutendes
väterliches Vermögen mitbrachte, was freilich unter allen Umständen das
Farmerleben aller Orten wesentlich angenehmer macht; immer aber kann man
sich hier überzeugen, daß sich auch ohne jenes Zaubermittel Fleiß und
Ausdauer hier reichlicher lohnen, wie in vielen andern Ländern. Nach
so manchen Beobachtungen möchte ich daher überhaupt jedem in der Union
Einwandernden dringend anrathen sich, wenn es seine Mittel irgend
verstatten, erst in den verschiedenen Strichen des Landes umzusehen
und sich mit dem landwirthschaftlichen Betrieb da und dort recht genau
bekannt zu machen, bevor er sich für einen Punkt entscheidet und dann
das Ganze nach vielleicht getäuschten Erwartungen beurtheilt. Eben so
Viele sind durch Nichtbeachtung dieser Vorsicht zu Grunde gegangen, als
andrerseits durch deren Beachtung binnen nicht sehr langer Zeit Andere
zu Wohlstand, ja sogar zu Reichthum gelangt sind. Wer aber aus
Trägheit oder Unwissenheit darauf beharrt, sich am ersten besten Fleck
niederzulassen und das Land nach den aus Deutschland mitgebrachten
Begriffen zu bebauen, dem wird es nicht besser ergehen, wie es
wahrscheinlich einem Amerikaner ergehen würde, dem es einfiele
unbebautes Land in Ungarn oder Rußland zu aquiriren und nach
amerikanischem Systeme auszubeuten.

Nicht verschweigen kann ich es, daß ich auch in Frau v. R........ eine
der liebenswürdigsten, feingebildetsten Frauen kennen lernte, die nicht
nur die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder fast allein besorgt,
sondern auch durch rastlose Thätigkeit und umsichtige Leitung ihres
großen Hausstandes, eine Gewohnheit, die sonst den amerikanischen
Frauen, bei vielen anderen Vorzügen, nicht eben sehr eigen ist,
wesentlich zum Gedeihen des Ganzen beiträgt.

Ogdensburg gegenüber wurden in der Insurrection von 1837 mehre Gefechte
geliefert; unter andern hatten die Insurgenten eine sehr feste Stellung
inne, die nur nach hartnäckigem Kampfe genommen werden konnte. Im
Lande ist sie unter dem Namen: die Schlacht bei der Windmühle, bekannt
geblieben.

In Ogdensburg war während unseres Aufenthaltes daselbst von der Miliz
des Districtes ein Uebungslager bezogen worden, an das man allerdings
nicht den Maßstab unserer europäischen Revuen und Manövers legen darf.
Diese Miliztruppen waren nämlich in vier Gattungen getheilt, als:
erstens, Bewaffnete und Uniformirte; zweitens, Bewaffnete und
Nichtuniformirte; drittens, Uniformirte und Nichtbewaffnete; viertens
endlich, Nichtuniformirte und Nichtbewaffnete. -- So passirte dieses
Corps von beiläufig dreihundert Köpfen die Revue, durchzog die Stadt mit
Musik und erfüllte sie mit kriegerischem Gepränge. Nichtsdestoweniger
hat jedoch die Erfahrung bereits bewiesen, daß diese Leutchen, sobald es
einmal Ernst gilt, ebenso wacker zu kämpfen wissen, wie nur irgend
eine Truppe der Welt. -- Wir aber zogen von dannen, denn nun sollte der
zweite Theil unseres Ausfluges, das Waldleben beginnen.

Wir hatten uns dazu die Ufer des Roquette-River ausersehen. Wollt Ihr,
meine Lieben, diesen Platz auf einer Spezialkarte der Vereinstaaten
finden, so sucht ihn im Norden des Staates New-York, auf dem westlichen
Abhange des Höhenzuges, welcher ihn von Süd nach Nord durchschneidet.
Dort ist noch eine undurchdringliche Wildniß in einer Ausdehnung von
hundertzwanzig bis hundertdreißig Meilen, die uns reichen Stoff zu
solcher Art landschaftlicher Studien verhoffen ließ. In jeder
Richtung hin keine Ansiedelung zu finden; dagegen bevölkern Hirsche
im Ueberflusse und selbst Elenthiere den Wald, zahllose Forellen der
vorzüglichsten Gattung die Bäche und Flüsse, und wilde Enten, Fasanen,
Truthühner, wilde Tauben sind in solcher Masse vorhanden, daß der Jäger
die reichste Beute findet. Inmitten dieser Wälder, auf der Hochebene
des Gebirges, ist ein ziemlich bedeutender See, Long-Lake genannt, der
südwärts den Hudson und nordwärts drei parallel laufende Flüsse, den
St. Regis-, den Roquette- und den Gros-River entsendet.

Ueber Canton, Stockholm, Potsdam, Rom kamen wir bis Parisville, wo die
Poststraße aufhört. Ein kleines Wägelchen führte unser Gepäck weiter,
wir selbst aber wanderten =per pedes= nebenher, über Knüppeldämme, Sumpf
und Moor in den Wald hinein, selten eine Ansiedelung treffend, die hier
schon sehr dünn werden. Zu zehn englischen Meilen brauchten wir einen
ganzen Tag; fünfmal brach unser Wägelchen und zuletzt so rettungslos,
daß wir es zurücklassen mußten, und die letzten Meilen mit unserer
Bagage auf den Schultern marschirten, bis wir spät Abends zum Tode
ermüdet im letzten Settlement anlangten.

Hier ließen wir den größten Theil unseres Gepäckes zurück, uns nur auf
das Nothwendigste beschränkend, und am anderen Morgen ging die Wanderung
auf einem Canoe weiter, dasselbe nach Art der Indianer bei jedem Rapid
(Stromschnelle) auf den Schultern um diese herumtragend. So leicht nun
auch ein solches Bootchen von Birkenrinde ist, so ist es doch nichts
destoweniger eine harte Arbeit, es immer weiter zu schleppen, und oft
haben wir bei solcher Bergstelle von kaum einer englischen Viertelmeile
mit Aus- und Einladen, Weitertragen, drei bis vier Stunden zugebracht.
Noch weitere fünfzehn Meilen wurden auf diese Weise mühsam zurückgelegt
und endlich langten wir am Starks-Fall, unserm Bestimmungsorte an.

Eine Schanty d. h. eine kleine Hütte von rohen Stämmen, mit Rinden
bedeckt, an der vierten, dem Feuer zugekehrten Seite offen, wie sie
Holzfäller bei ihrem Aufenthalt im Walde, oder Jäger die längere Zeit
an einer Stelle verweilen, errichten, fanden wir noch in ziemlich gutem
Zustande und hatten uns bald so wohnlich, als es irgend gehen wollte,
eingerichtet. Ein helles Feuer von mächtigen, acht Fuß langen Klötzen
loderte lustig im Abendwinde und in unsere Decken gehüllt, brachten wir
unsere erste Nacht in einem amerikanischen Walde trefflich schlafend zu.

Unser Leben war freilich ein etwas beschwerliches, denn da wir
allein auf uns verwiesen waren, mußten wir uns selbst Nahrungsmittel
verschaffen, Holz für die Feuerung hauen und unser einfaches Mahl selbst
bereiten. Meine Hände sahen bald so rauh aus, als zu jener Zeit, da
ich Maurerlehrling war, und gar oft klebte mein Blut am Axtstiel.
Nichtsdestoweniger wurde fleißig gemalt, wozu wir hier herrliche Studien
fanden, und immer noch blieb genugsam Zeit übrig, dem edlen Waidwerk
obzuliegen.

Allmorgendlich, sobald es nur hell genug war um Korn und Visir erkennen
zu können, ging ich am Flußufer pirschen. Nie habe ich so zahlreiche
Fährten nebeneinander gesehen, es war, als ob eine Herde Schafe durch
den Wald getrieben worden wären. Da ich aber keine genaue Kenntniß der
Wechsel hatte, so jagte ich nur auf der Fährte und hatte das Glück,
schon am zweiten Morgen ein altes Thier und zwei Spießhirsche in Zeit
von einer Stunde zu schießen; so hatten wir Fleisch im Ueberfluß
und besonders gab das der Spießer, auf indianische Manier auf einen
Baumzweig gespießt, einen gar saftigen, köstlichen Braten.

Unser Appetit ward aber auch durch die ungewöhnte Lebensweise und den
steten Aufenthalt in freier Luft so geschärft, daß wir, im Verein mit
ein paar Jägern, die weiter hinauf an den Fluß wollten und einen
halben Tag bei uns verweilten, die zwei Spießer in drei Tagen radical
aufzehrten, wobei ich indeß bemerken muß, daß die Hirsche hier zu Lande
bedeutend schwächer sind, als in Europa.

Einen ganz vorzüglichen Braten bot uns auch die sogenannte schwarze
Wildente, welche vom Fressen einer gewissen, nur hier in den Sümpfen
vorkommenden Wasserpflanze außerordentlich fett und schmackhaft wird.
Aus Mangel an Schrotladung und einer Flinte, war ich genöthigt den
Fasan, die Ente und selbst die wilde Taube mit der Büchse zu schießen.
Da man indeß selten weiter als vierzig bis fünfzig Schritt zu schießen
hat, gewöhnte ich mich bald daran und habe selten gefehlt. Häuten,
Aufbrechen und Ausweiden der Thiere, Trocknen der Häute und Räuchern des
Fleisches auf indische Weise, gaben manche spaßhafte Beschäftigung und
gute Gelegenheit etwas zu lernen. Meinen dritten Hirsch habe ich so
tadellos aufgebrochen und ausgewirkt, daß jeder gelernte Waidmann seine
Freude daran gehabt hätte.

Wölfe, obgleich dieselben noch ziemlich häufig sein sollen, habe ich
noch nirgend gesehen, selbst nicht Spuren, und ebensowenig Füchse,
Panther und Bären, die hier nur höchst selten vorkommen sollen.

An einem Regentage, der das den Boden bedeckende dürre Laub vollkommen
durchweicht hatte, folglich höchst günstiges Wetter zu einem Pirschgange
bot, hatte ich, obschon auf viele Fährten treffend, erfolglos vom
Morgen an gejagt und mich etwas weiter als gewöhnlich von unserm Lager
entfernt. Gegen Abend kam ich auf eine ganz frische Fährte die ich
verfolgte und mich denn auch bald auf einer kleinen Waldwiese einem
stattlichen Hirsche gegenüber befand. Die Entfernung war zwar etwas
weit, hundertdreißig bis hundertvierzig Schritt, doch die Zeit drängte,
denn wir brauchten Fleisch, und nirgend sah ich eine Deckung um näher
heran zu schleichen. Langsam hob ich die treue Büchse, ein scharfer
Krach erschütterte die Atmosphäre und mit einem dumpfen Schrei stürzte
das edle Thier zu Boden. »Guter Braten!« dachte ich, und stieß in aller
Ruhe eine frische Kugel in den Lauf hinab, doch ehe ich noch mit Laden
fertig war, erhob sich der Hirsch plötzlich wieder, ein angestrengter
Satz und er tauchte in das bunte Dickicht der Sassafrasbüsche nieder.
Auf dem Anschuß fand ich Schweiß in Menge und Lungenkrümel. Der deutlich
ausgeprägten und mit Schweiß ganz übergossenen Spur folgend, ward
ich aber nach dreißig bis vierzig Schritten von undurchwadbaren Sumpf
aufgehalten; ich umkreiste denselben, der Hirsch war darin, ich hörte
ihn deutlich nur wenige Schritte vor mir, im Todeskampfe die Büsche
knicken, und konnte nicht zu ihm, denn so oft und von welcher Seite ich
es auch versuchte, versank ich gleich beim ersten Schritt bis über die
Knie in den morastigen Boden.

Das war denn nun höchst fatal! nicht nur weil ich sehr ungern das schöne
Stück Wild einbüßen wollte, sondern auch weil ich den ganzen Tag noch
nichts gegessen hatte und folglich Fleisch brauchte. Doch, was war zu
machen? Ich verbrach den Anschuß, schnallte mir den Hungerriemen
fester und machte mich auf den Weg, um wo möglich noch unser Lager zu
erreichen, denn die Sonne war bereits zu Rüste. Ich suchte mich so gut
wie möglich in der Richtung zu orientiren und marschirte tapfer vorwärts
in die Dunkelheit, die schnell hereinbrach.

Nach zweistündigem Marsch erreichte ich ein ansteigendes Terrain, das
ich für dasselbe hielt, welches ich nach meiner Berechnung auf dem Wege
zu unserm Lager allerdings passiren mußte; allein schon war ich eine
gute Weile gegangen und statt flacher, ward das Terrain immer steiler.
Ich ward nun wohl inne, daß ich mich verirrt hatte, wußte aber durchaus
nicht, wo ich mich etwa befinden konnte. Vor allen Dingen war es mir
darum zu thun, bald möglichst eine Lichtung zu gewinnen, denn der Theil
des Waldes, in dem ich mich befand, war so dicht, daß auch nicht ein
Zoll breit Himmel zu sehen war. Ich drang also weiter vor, nach der
Spitze des Hügels, auf dem ich mich aller Wahrscheinlichkeit nach
befinden mußte; das Terrain war felsig und ebnete sich bald, so daß
ich schon Halt machen wollte, um den Aufgang des Mondes abzuwarten,
als plötzlich meine Füße ausglitten, ich mich über Moos, Steine und
Sträucher rasch dahinrutschen fühlte, endlich wieder ebenen Boden
unter mir hatte, aber so im Schusse war, daß ich mich nicht zu halten
vermochte, mit dem Kopfe im nämlichen Augenblicke so derb an einen
Baumstamm hämmerte, daß mir die Sinne vergingen und ich um und um
kollerte. Ein Weilchen mochte ich wohl so dagelegen haben, als ich aber
allmählig wieder anfing meine fünf Sinne zusammen zu lesen, ward ich
inne, daß ich außer denselben bei dem Purzelbaum auch noch Büchse,
Pulverhorn, Mütze und Messer verloren und dafür etliche Knuffe und Püffe
eingetauscht hatte, die sich ziemlich unangenehm fühlbar machten. Nach
langem Umhertappen fand sich endlich mein Eigenthum, mit Ausnahme des
Messers, wieder zusammen, welches letztere ich selbst, als der Mond
seine Laterne durch die allmählig dünner gewordenen Wolken heraus
steckte, nicht wieder finden konnte. Zu gleicher Zeit belehrte mich auch
der Stand des Mondes, daß ich, statt nordwestlich zu gehen, südöstlich
gegangen war.

Gern wäre ich jetzt liegen geblieben, denn ich fühlte mich erschöpft
und meine zerstoßenen Gliedmaßen schmerzten mich in der That recht
empfindlich, aber zwei Umstände verhinderten mich daran, zuerst
brennender Durst, sodann der Verlust meines Messers, und Mangel an
trocknen Holz; denn ohne Feuer hätte ich die recht beißend naßkalte
Nacht in meiner dünnen und durchnäßten Leinwandblouse nicht ausgehalten.

Ich »calculirte,« daß ich mich wahrscheinlich auf dem scheidenden
Rücken des St. Regis- und dem Roquette-River befand, nördlich mindestens
zwanzig Meilen von der nächsten Ansiedelung, östlich sechs bis acht
Meilen vom St. Regis und westlich etwa eben so weit vom Roquette-River
entfernt, südlich aber vielleicht hundert Meilen weit dichte Waldung vor
mir hatte.

Ich selbst war ohne Kompaß, ohne Feuerzeug, ohne Messer, ohne Decke,
dünn gekleidet, nüchtern seit dem Morgen, eine Kugel in der Büchse
und nur noch zwei in der Tasche, allerdings eine etwas ungemüthliche
Situation. Nach reiflicher Ueberlegung hielt ich es für das Beste, vor
allen Dingen den Roquette-River aufzusuchen und dann an seinen Ufern
hinabzugehen; ich mußte dann doch am Ende auf unser Lager, oder auf
irgend eine Ansiedelung stoßen. Fand ich nur erst Wasser, so konnte ich
es im schlimmsten Fall wohl noch einen ganzen Tag ohne Speise aushalten.
Das Empfindlichste war mir vor der Hand der Mangel eines guten,
erwärmenden Feuers.

Den Mond zur Linken, gings nun westlich und nach dreistündigem höchst
beschwerlichem Marsche, während welchem mein Fuß oft über Stämme und
Steine stolperte und ich einen gefährlichen Moorbruch passiren
mußte, befand ich mich glücklich am Ufer des Flusses. Ich verrichtete
zuvörderst ein geringfügig Waidmannsgebetlein, und zwar keinesweges in
der Meinung, daß dadurch irgend etwas Verdienstliches geschehe, sondern
weil es mich in Wahrheit drängte, Dem, der ja auch hier mir nahe war,
meinen Dank abzustatten. Mein Durst war mit zwei Mützen voll Wasser
gestillt, aber nunmehr verlangten meine durchkälteten Gliedmaßen desto
ungestümer nach Wärme.

Neue Verlegenheit: kein Messer, kein Feuerzeug. Ich suchte in allen
Taschen nach etwas Papier, um mit Hülfe der Büchse Feuer zu bekommen,
aber auch das fehlte; ich fand nichts als einen Brief von meinen Lieben
aus der Heimath, der während meiner Abwesenheit in New-York eingetroffen
und mir noch zur letzten Station nachgesendet worden, und den wollte
ich doch nicht gern verbrennen; war er mir doch jetzt doppelt theuer in
meiner Einsamkeit, als freundliches Liebeszeichen aus weiter Ferne! --
Endlich fand ich einen ziemlich trocknen, verfaulten Stamm, derselbe
ward tüchtig mit Pulver eingerieben, die Büchse dicht davor losgedrückt,
die Funken zur Flamme angeblasen, und bald loderte der Stamm hell empor,
durch seine wohlthuende Wärme die Mühe reichlich lohnend. Bei seinem
Scheine hatte ich die Freude, als Ersatz für das mangelnde Nachtmahl,
die lieben Zeilen noch einmal zu durchlesen, dann warf ich mich todtmüde
unter die breiten Aeste einer Ceder, als einziges Kopfkissen ein gut
Gewissen, über mir als Bettdecke den gestirnten Himmel, diesen großen
Mantel aller Trostbedürftigen. Meine Uhr zeigte auf halb Zwei, ich war
demnach ziemlich sieben Stunden in der Irre umher marschirt.

Mehrmals ward ich aus dem tiefen Schlafe aufgeschreckt durch den
gellenden Schrei einer Nachteule, so nahe, daß ich aufsprang und nach
der Büchse griff, meinend, ein Panther wolle mich mit seinem nächtlichen
Besuche beehren.

Am anderen Morgen nach dem Frühstück, d. h., nachdem ich abermals aus
dem Fluße getrunken, machte ich mich auf, den Fluß hinabzugehen, wegen
der vielen Sumpfstellen, die man entweder umgehen oder durchwaden muß,
ein etwas beschwerlicherer Marsch, als eine Promenade im Dresdner großen
Garten.

Auch fand ich hier eine alte, oftgehörte Jagderfahrung sehr
handgreiflich bestätigt, daß nämlich der Jäger, der am nöthigsten Wild
braucht, keine Klaue zu sehen bekommt. Wenigstens ging es mir an dem
Tage so, und mit knurrenden Magen mußte ich durch den Wald schreiten,
der von Wild wimmelt, alle Augenblicke einmal frische Fährten kreuzend.
Es war die Geschichte vom Herrn Tantalus.

Einmal rauschte ein prächtiger Adler kaum dreißig Schritte vor mir
empor, die Jagdpassion riß mir die Büchse an den Backen, aber im Zielen
fiel mir noch zu rechter Zeit ein, daß ich jetzt nur noch eine Kugel
in der Büchse und eine in der Tasche hatte, die dritte war ja in den
Baumstamm gefahren, und so blieb das Rohr stumm.

Endlich gegen zehn Uhr stieß ich wieder auf das Lager, und ich
versichere Euch, von der Hirschkeule die ich in Angriff nahm, blieb
außer dem Knochen auch nicht ein Atom übrig.

Die Genossen waren besorgt um mich gewesen und hatten wiederholt ihre
Gewehre abgefeuert; allein zu jener Zeit war ich wenigstens schon vier
Meilen von ihnen entfernt.

Zweierlei höchst weise Erfahrungen hatte ich bei dieser Gelegenheit
gesammelt, erstens, daß es sehr unklug ist, ohne Compaß und ohne
Feuerzeug in solcher Wildniß zu jagen, und zweitens, daß man sich in
einem amerikanischen Urwalde doch nicht so leicht zurecht findet, als in
unseren von Flügeln und Schneusen durchschnittenen königlichen Forsten.
Uebrigens aber war ich sehr froh, daß meine abhärtende Lebensweise und
frühzeitiges Vertrautsein mit unangenehmen Situationen mich in den Stand
setzten, mich vorkommenden Fährnissen leichter zu entziehen. Ersteres
verdanke ich Eurer Erziehungsweise, geliebte Eltern, letzteres
großentheils dem wackeren alten Ohm. Sei Euch allen mein Dank dafür
übers Meer geschickt, dem guten Ohm aber insbesondere noch für die treue
Büchse, die mir in kalter Nacht Feuer, und außerdem noch manchen guten
Braten verschafft hat.




3.


Wir hatten nun Studien vollauf gesammelt und genug der Freuden des
Waldlebens, denn unsere Decken boten uns nicht mehr genügenden Schutz
gegen den Frost, der in letzter Nacht über einen halben Zoll Eis
gebracht hatte. Nach dreiwöchentlichem Aufenthalt, am 6. October brachen
wir daher auf, um uns wieder der Civilisation zuzuwenden. Unsere Reise
ging den Fluß entlang, gen Potsdam zu.

Wir hatten in unserm Lager den Besuch eines Amerikaners, eines Dokter
H.... aus Potsdam gehabt, der mehre auf Kosten der Regierung zur
Erleichterung des Holzflößens im Fluße erbaute Dämme zu inspiciren
hatte. Dieser Gentleman ersuchte uns, ihm einige correcte Skizzen
dieser Dämme zu zeichnen, um dieselben seinem Rapporte an die Regierung
beizufügen, eine Arbeit die in wenigen Tagen erledigt war und uns die
Summe von 50 Dollars einbrachte, sehr willkommene Subsidien, da unsere
Reisekasse verwünscht knapp zu werden begann. Unterwegs erhandelte
ich von einem Indianer ein schönes Paar Elenhörner, von einem Ende zum
andern sechs und einen halben Fuß lang und in den Schaufeln acht Zoll
breit, in hiesigem Lande ein wahres Prachtexemplar.

Auch die Feuerjagd habe ich versucht, doch in anderer Art als Fritz
Gerstäcker sie uns beschrieb. Wir jagten auf dem Fluß in Gesellschaft
eines alten Jägers, der die Führung des Bootes übernommen hatte, eine
jener ächt Cooperschen Gestalten, die hier immer seltener zu werden
beginnen. Statt der Kienpfannen hatten wir eine Art viereckige Kappe,
oder Helm, an drei Seiten geschlossen, die vierte vor dem Gesicht offen,
und oben drauf eine Art Laterne mit einem sehr starken Talglichte,
dessen Schein die Umgegend nach vorn auf zwanzig bis fünfundzwanzig
Schritte erhellte. Wir fuhren ganz geräuschlos am Flußufer hin, und erst
als wir den Hirsch im Wasser hörten, ward die Laternenmütze angezündet
und aufgestülpt. Es war eine Doe (Thier), die bis ans Blatt im Wasser
stand, gerade gegen uns gekehrt, und gewaltig blies und schreckte, als
sie des Lichtes ansichtig ward. Die fertig gehaltene Büchse fuhr an den
Backen und die Kugel der Doe in den Halswirbel. Weil diese Art zu jagen
mir noch neu war und man auch gewöhnlich des Nachts Alles überschießt,
hatte ich es nur dem Umstande, daß die Doe mir gerade zugekehrt stand,
zu verdanken, daß ich sie überhaupt bekam.

Nach kurzer Rast in Potsdam, wo wir unser zerrissenes Schuhwerk und
unser durchlöchertes Waldnegligé als milde Stiftung zurückließen und
uns wieder etwas säuberlich machten, um als honnette Menschen in der
Gesellschaft erscheinen zu können, gingen wir mit der Eisenbahn hinüber
nach dem Champlain-See.

Dieser lange, schmale See bietet ungleich mehr Reiz dar, als die
canadischen Seen, denn seine Breite beträgt selten mehr als vier
bis fünf engl. Meilen, und die oft längs desselben hinlaufenden
Gebirgsketten des Staates Vermont, so wie auf der anderen Seite
des Staates New-York, gewähren dem Auge eine eben so angenehme als
malerische Abwechselung. Möglich auch, daß der angenehme Eindruck, den
die Gegend auf uns machte, noch gesteigert ward durch den lieblichen
Duft der auf der Landschaft lag, und die herrlichen Herbstfarben der
Bäume, welche das Ufer bekränzen. Noch nirgend habe ich bis jetzt
solchen Farbenreichthum einer Landschaft gesehen. Amerika ist berühmt
wegen seiner prachtvollen bunten Herbstblätter, und verdient diesen
Ruf im vollsten Maße. Dabei haben seine Wälder noch den Reiz der
außerordentlichsten Mannichfaltigkeit der Hölzer; sogenannte Familien-
oder Geschlechtswaldungen, wie bei uns, habe ich hier nirgend getroffen;
auf verhältnißmäßig sehr kleinem Raum sahen wir dicht gedrängt bei
einander die Eiche, die Buche, den Ahorn mit hochrothen Blättern, Hikory
und Sassafrasstämme, dazwischen wieder die schwarze melancholische
Tanne, die knorrige Kiefer, und manchmal sogar die Birke mit
ihrem hellgelben Laube und weißem Stamme durchblitzend. Durch das
verschiedenzeitige Welken all dieser Blätter entstehen tausend
Schattirungen und Uebergänge, vom dunkelsten und zugleich möglichst
brillanten Purpurroth, bis zum hellsten Goldgeld, und von da in
gleicher Weise durch alle Abstufungen bis zum saftigsten Dunkelgrün, was
besonders bei Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang, wo die Ferne bald in
blauen, bald in violetten Duft gehüllt ist, eine wahrhaft zauberische
Wirkung hervorbringt.

Den See kreuzend, gelangten wir nach Whitehall, malerisch in einer
Schlucht gelegen, an der Mündung des Sees, wo ein Canal ihn mit dem
Hudson in Verbindung setzt. Durch diesen Canal kommen die Produkte
des fernsten Westen über den Ontario, den Sanct-Lorenzstrom, den
Champlainsee und Hudson bis New-York, ein Weg von vier- bis fünftausend
engl. Meilen, welchen die verschiedenen Handelsgegenstände zurücklegen,
ohne das Schiff zu verlassen, in das sie in Detroit oder Michican
geladen worden sind. Außerdem laufen noch zwei andere Canalwege südlich
nach demselben Punkt, von drei Hauptbahnlinien und zahllosen Canälen und
Zweigbahnen nach anderen Staaten durchkreuzt, wo ein ähnlicher Stand der
Dinge herrscht, und führen die Güter dem Orte ihrer Bestimmung zu.
Fast alle diese Riesenwerke sind erst in den letzten fünfzig Jahren
entstanden und ohne daß der Staat als solcher auch nur einen Dollar dazu
gegeben. Das sind die Segnungen einer gesetzlichen Freiheit, wie die
ungesetzliche Freiheit und Anarchie der Fluch der Völker ist! -- Eine,
im Verhältniß zu dem ungeheuren Territorium schwache Bevölkerung, hat
diese Werke vollführt und vollführen können, weil ihrer Entwickelung
nach allen Seiten hin ein unbegränztes Feld offen stand, weil der kühne
Unternehmungsgeist der Einen, wie der Fleiß und die Thätigkeit Anderer
nicht eingezwängt wird von veralteten Zunftgesetzen, der Erwerb nicht
geschmälert und aufgezehrt wird vom Zahn des alles verschlingenden
Monopolwesens. Doch ist das Alles ja von so vielen Anderen viel besser
gesagt und beleuchtet worden, als ich es zu thun vermöchte, und wollte
ich das Lob Amerikas mit vollen Backen posaunen, so gliche dies einer
Abhandlung über den wohlthätigen Einfluß des Sonnenlichts.

Auf unserm Wege begegneten wir überall Werkstätten voll rüstiger
und thätiger Arbeiter, welche den Mineralreichthum der Berge in den
verschiedensten Formen der Welt übergeben, oder die Riesen des Waldes,
zu Brettern, Latten, Kisten, Kasten, Fässern, Geräthen aller Art
zerschnitten und verarbeitet, ihre Reisen zum Markt antreten lassen.
Ueberall zeigt sich dies Land dem aufmerksamen Beschauer wie eine Art
von Riesenkind, das oft Riesenwerke spielend verrichtet, daneben aber
wieder Manches, das ihm zu tief dünkt, bei Seite wirft für spätere
Zeiten, immer aber wachsend, sich kräftigend und Wunder für die Zukunft
versprechend.

Die Gegend, durch die wir mußten, ist mit Blut getränkt; hier war der
Schauplatz von Kämpfen ohne Zahl, zuerst mit den Indianern, um ihnen das
Land abzugewinnen, dann die langen Fehden zwischen den Eingeborenen, den
französischen und britischen Heeren. Namen wie Ticonderoga, Fort-Edward,
Fort-William, Fort-Henri, rufen blutige Greuelscenen vor das Gedächtniß
und selbst unser Jahrhundert hat bereits dergleichen blutige Spuren
hinterlassen, im Jahre 1812 bei Plattsburg, wo viertausend Briten ihr
Leben auf der Wahlstatt aushauchten.

Wir durchkreuzten auch den Boden, wo Cooper's letzter der Mohicans
spielt. Bei Fort-Edward hielten wir an und wanderten hinüber nach
Gleen-Falls. Dort stürzt der Hudson, noch ein unbändiger Knabe, wild
durch zerklüftetes Gestein hinab, zu beiden Seiten der kleinen Insel,
auf welche Lederstrumpf den Major Howard und die Töchter Monrooes
führte. Wollt Ihr eine genaue Beschreibung der Localität, so les't
Cooper's meisterhaften Roman, der Platz ist darin nach der Natur
geschildert. An der Stelle, wo Nahuga den verfolgenden Indianern
entschlüpfte, ist jetzt ein Marmorbruch; die Höhle, in welcher die
Schwestern die Nacht zubrachten, ist ziemlich von Treibholz verstopft,
doch kann man noch hineingelangen. Da, wo Hawkeye den Indianer vom Baume
herunterschoß, stehen eine Menge Mühlen, statt des todten Kriegers,
fallen jetzt Abschnitzel von Brettern in die schäumende Fluth, und die
Spitze, welche zu erreichen zwei Kriegern das Leben kostete, wo Unca's
Messer den Major vom Tomahawk des Feindes rettete, ist jetzt bloßgelegt
von Wasser, was den Fällen durch einen Canal für den Betrieb der Mühlen
entzogen wird.

Von hier ging es nach Saratoga, ehedem der heilige Platz des rothen
Mannes, jetzt der Badeort =par excellence= für die elegante Welt. Noch
springt die Quelle, die Hawkeye wieder aus dem Boden grub, doch statt
der Calabasse, aus der die ermüdeten Jäger den Durst löschten, gewährt
eine elegante Trinkhalle einen bequemen Raum, und da, wo früher in der
heiligen Waldesruhe die Mineralquelle dem rothen Thonboden entsprang,
wandelt jetzt der Fuß schöner Frauen, dem Stutzer auf Spaziergängen
kokettirende Blicke zuwerfend.

Nicht zieht mehr der rothe Krieger an die heilige Quelle, um zu seinen
Göttern zu beten, aber dennoch wallfahrten die neuen Kinder des Landes
allsommerlich in Schaaren fashionabler Zugvögel hierher, um anderen
Götzen zu opfern, um entweder in den Tanz- und Spielsälen Gesundheit
und Vermögen zu zerrütten, oder die erstere in Kurhäusern wieder
zusammenzuflicken. Verdrehtes Leben der sogenannten feinen Welt,
die kokettirend, brillirend, raffinirend, intriguirend dahin zieht,
denjenigen am meisten bewundernd, der es am besten versteht, durch die
größte Modethorheit ihre Aufmerksamkeit so lange zu fesseln, bis eine
andere, noch größere, sie schnell wieder in Vergessenheit bringt. =C'est
tout comme chez nous!=

Als wir aber durch Saratoga kamen, sahen wir von alle dem nichts mehr;
die Saison war zu Ende, das Kurhaus geschlossen, und außer einigen
schläfrigen »Niggers«, die sich in den Hausthüren herumlümmelten, Alles
todt und öde. Die Blätter fielen, die Schwalben zogen südwärts und die
Maler heimwärts in ihr Atelier, beutelleer, aber beuteschwer, Geld, wie
Farben und Leinwand aufgebraucht.




Ein Jahr in Central-Amerika.


I.

Vorwort. -- Zweck der Reise. -- Allgemeine Bemerkungen über
Central-Amerika -- Canalproject zur Verbindung des atlantischen und des
stillen Oceans.


  Am Bord der Brigg Rogelin, im atlantischen Ocean, Junius 1851.

Ehe ich angelangt bin in jenen Tropenländern, welche für die nächste
Zukunft mein Aufenthalt sein sollen, halte ich es für angemessen, einige
erläuternde Worte, sowohl in Bezug auf den Zweck meiner Reise, als in
Bezug auf mich selbst vorauszuschicken.

Glückliche Zufälligkeiten hatten mich in New-York in Verbindung mit
Herrn Squier gebracht, einem Mann, welcher sich bereits durch seine
Verdienste um archäologische Forschungen in Nord- und Central-Amerika,
so wie durch seine ehrenhafte Thätigkeit in einer Angelegenheit, die
tief eingreift in die Handelsinteressen fast des ganzen Erdenrundes,
einen bedeutenden Ruf erworben.

Herr Squier war mehre Jahre Gesandter der Vereinigten Staaten von
Nordamerika bei den verschiedenen Republiken von Central-Amerika, und
hatte während dem die beste Gelegenheit, einen großen Theil dieser
Länderstriche genau zu erforschen. Das Ergebniß dieser Forschungen ist
ein Werk, mit dessen Beendigung Herr Squier jetzt eben beschäftigt ist,
während ich, nach getroffener Uebereinkunft mit ihm, vorausgegangen bin,
um mich einstweilen mit dem tropischen Klima und der Lebensweise jener
Länder vertraut zu machen, bis Herr Squier sofort nach Beendigung und
Publikation jenes Werkes mir nachfolgen wird, um seine Forschungen in
Gemeinschaft mit mir in den bis jetzt fast noch gar nicht bekannten
Strichen Central-Amerikas fortzusetzen. Gestalten sich die Umstände
diesem Unternehmen günstig, so soll dessen Resultat ein zweites Werk
Squier's sein, an welchem ich mich nur in Bezug auf dessen artistische
Ausstattung mit landschaftlichen Ansichten betheiligen werde.

Was nun mich betrifft und dasjenige von meinen persönlichen
Reiseerlebnissen, was vielleicht vorher und ganz unabhängig von dem
projektirten Werke zur Oeffentlichkeit gelangt, so nöthigt mich
die tadelnde Aufnahme, welche Herrn Fröbel's Nachrichten über
Central-Amerika zu Theil wurden, zu folgenden Bemerkungen.

Ich bin Künstler, und habe nur als solcher die Reise unternommen, aus
Liebe zur Kunst und aus Freude an wissenschaftlichen Forschungen. Es
kann nicht in meiner Absicht liegen Reiseberichte zu schreiben, welche
diesen oder jenen Strich Landes in zu günstigen Farben schildern und
welche vielleicht Veranlassung werden könnten, einen größeren oder
kleineren Theil der Auswanderung nach irgend einem bestimmten Punkt
der neuen Welt zu lenken. Der Widerspruch, den oberwähnte Berichte
mehrseitig erweckt, beweist klar genug, wie überaus schwer es ist, eine
feste Meinung über irgend ein Land als unbedingt maßgebend
aufzustellen. Das Schicksal des Auswanderers hängt überall von zu vielen
Nebenumständen ab, und durchschnittlich gehen an jedem Platze eben so
viele zu Grunde, als andere wiederum den Grund zu ihrer Existenz, zu
Wohlhabenheit oder gar zu Reichthum legen, wenn nicht gar der ersteren
Zahl die überwiegende ist. Jedenfalls sind stets Personen genug
vorhanden, welche triftigen Grund haben, Lob oder Tadel eines Landes, je
nach individuellen Umständen, übertrieben zu finden.

Ich werde meine Zeit während meines Aufenthaltes in Central-Amerika wohl
anderweit bedürfen, als dieselbe mit Entgegnungen von derlei Einwürfen
hinzubringen, wenn überhaupt solche mir zu Gesicht kommen sollten,
bemerke also im voraus, daß das, was ich etwa in dieser Beziehung zu
sagen haben könnte, eben nur individuelle Ansichten und Wahrnehmungen
sind, die ich unbefangen und wie sie sich meiner unmittelbaren
Anschauung darstellen wiedergebe. Sollte ich wichtige Thatsachen zu
berühren haben, so werde ich mich bemühen, stets die Quellen anzugeben,
aus denen ich geschöpft.

Bin ich übrigens etwa irgendwo im Irrthume, soll mir's lieb sein, wenn
sich Jemand findet, der es besser weiß und seine Ansicht ausspricht.

Was die etwaigen naturhistorischen und archäologischen Entdeckungen
betrifft, welche während der vereinigten Expedition von Herrn Squier
und mir gemacht werden sollten, so bemerke ich, daß das hier von mir zu
Sagende nicht als wissenschaftliche Doctrine anzusehen ist. Dieses Feld
bleibt einer geschickteren Feder überlassen als der meinigen, der meines
Freundes Herrn Squier. Ich selbst sehe ab von allem und jedem System,
wünsche nichts als die Eindrücke wiederzugeben, welche Natur, Menschen
und Kunstwerke, als in engster Verbindung mit einander stehend, auf mich
als Mensch und Künstler hervorrufen, und fühle mich hierzu veranlaßt
durch die Ansicht, daß es Pflicht eines Reisenden in wenig bekannten
Länderstrichen ist, seine Beobachtungen zur Kenntniß des Publikums zu
bringen, um so, wenn auch nur in einem Minimum, seinen Tribut zum Schatz
des menschlichen Wissens beizusteuern.

Nebenbei fühle ich mich gegenwärtig hierzu noch besonders durch den
Umstand veranlaßt, daß die Schaubühne von Herrn Squier's und meinen
Forschungen sich auf einem Theil des amerikanischen Continents befindet,
welcher für diesen Welttheil eine ähnliche Bedeutung hat wie Aegypten
und Assyrien für die alte Welt, und ich fühle mich freudig erhoben in
dem Gedanken, einen wenn auch noch so kleinen Theil zur Entwicklungs-
und Kunstgeschichte des Landes beizutragen, das den Fremden gastlich auf
seinem Boden aufgenommen.

Weder Hr. Squier noch ich sind die ersten, welche diesen Gedanken
erfaßt: der vorzüglichste Pionier der Neuzeit, im erhabenen Sinne des
Worts, der große Humboldt ist es! Viele namhafte Gelehrte und Künstler
haben seitdem mannichfaches Licht über jene Gegenden verbreitet, und die
letzten Veröffentlichungen Herrn Squier's haben dasselbe vermehrt. Doch
noch viel, sehr viel bleibt zu thun übrig, und speciell in den Staaten
Nicaragua, Honduras, St. Salvador und Guatemala hemmen unendliche
Schwierigkeiten die Fortschritte des wißbegierigen Sammlers. Wie weit
unser Unternehmen dieselben überwinden kann, bleibt Gott anheimgestellt;
mögen die Resultate indeß sein wie sie wollen, ich werde mich stets
dem Schicksal dankbar verpflichtet fühlen, das mir gestattet, meine
Thätigkeit mit der eines gleichgesinnten Mannes zu einer so schönen und
edlen Unternehmung zu vereinigen.

Es scheint mir zuvörderst dienlich einige topographische Mittheilungen
in Bezug auf den zukünftigen Schauplatz unseres Unternehmens und seine
Verhältnisse zu machen, zu denen ich die Mittheilungen benutze, welche
mein würdiger Freund, Hr. Squier, bereits früher dem amerikanischen
Publikum übergeben.

Geographisch ist Nicaragua der größte und bedeutendste Theil von
Central-Amerika. Es dehnt sich aus von einem Ocean zum andern, und
umfaßt in seinen Gränzen die großen Seen von Nicaragua und Managua,
durch welche, wie jetzt einstimmig festgestellt ist, die einzig mögliche
Linie für einen Schifffahrtscanal über diesen Theil des amerikanischen
Continents (Isthmus) führt. Die Nordgränze ist eine unregelmäßige
Linie vom Golf di Fonseca am stillen Ocean zum Cap Gracias a Dios am
atlantischen, die Südgränze hingegen eine gerade Linie von der Spitze
des Golfs von Nicoga zu einem Punkt inmitten der Mündung des San Juan
und dem Hafen von Matina in Costarica am atlantischen Ocean.

Der Grund und Boden hat ein mannichfaltiges Aeußere und eine unbegränzte
Fruchtbarkeit. Das große Becken der Seen besteht aus Ebenen und sanft
ansteigendem Hügelland, abwechselnd begränzt und unterbrochen durch hohe
steile Vulcane, und bietet alle Produkte der Tropenländer im reichsten
Maße dar. Die nördlichen Departements Segovia und Choutales sind höher
gelegen, gebirgiger, besitzen einen Ueberfluß an Metallen und bringen
eine Menge Früchte der gemäßigten Zone hervor; die Temperatur ist
vergleichsweise kühl und frisch.

Die atlantische oder, wie sie zumeist genannt wird, Mosquito-Küste ist
im ganzen flach, der fast das ganze Jahr sich ergießende Regen höchst
beschwerlich, die Atmosphäre drückend heiß und weniger zuträglich als in
andern Theilen des Staates. Die ziemlich dünne Bevölkerung besteht
aus Indianern vom Stamm der Charibs, entlaufenen Negern von den
westindischen Inseln und einer Mischlingsrace zwischen beiden. Der
größte Theil der Bevölkerung von Nicaragua jedoch bewohnt den Abhang
gegen den stillen Ocean hin. Hier ist der Boden nicht nur überaus
fruchtbar und leicht zu bearbeiten, sondern auch das Klima unendlich
gesünder und angenehmer. Es giebt hier nur zwei Jahreszeiten: die
Regenzeit, von Mitte Mai's bis Mitte Novembers, und die trockene,
während welcher sehr selten Regen fällt. Die Temperatur ist ziemlich
gleichmäßig, etwa zwischen 70 und 82° Fahrenheit, und schwerlich
dürfte sich eines der Tropenländer eines angenehmeren Klima's, einer
günstigeren Lage zu erfreuen haben.

Der Staat Nicaragua ist in fünf Departements eingetheilt und hat, trotz
seiner großen Ausdehnung, eine Bevölkerung von nur 250,000 Einwohnern,
die jedoch hauptsächlich die Städte bewohnen. Die Hauptstadt und der
Sitz der Regierung ist Leon, mit 25 bis 30,000 Seelen; die zweite
Masaya, eine fast durchaus indianische Stadt, bemerkenswerth durch ihre
Manufacturen, die dritte Granada, am See von Nicaragua, durch welche ein
großer Theil des Verkehrs des Landes über den See und den Fluß St. Juan
geht, mit 12 bis 14,000 Einwohnern. Außerdem sind Managua, Sitz der
gesetzgebenden Versammlung, und Rivas schon ziemlich bedeutende Plätze.

Der nichtindianische Theil der Bevölkerung stammt von den ersten
spanischen Eroberern her, und ist an Sitte und Charakter seinem
Stammblut ziemlich treu geblieben. Ein näheres Eingehen hierauf behalte
ich mir noch einer persönlichen Bekanntschaft mit den edlen Dons und
Sennores vor.

Der bedeutendste Hafen am stillen Ocean ist der von Realejo, zwischen
welchem und St. Francisco sich bereits ein lebhafter Verkehr entwickelt.
Zweifelsohne wird Central-Amerika binnen Kurzem für Californien und das
Oregon-Gebiet was die westindischen Inseln für die Union waren. Zucker,
Tabak, Reis, Cacao, Baumwolle, Indigo, Mais und fast alle tropischen
Früchte sind in Nicaragua in bester Art wie im größten Ueberfluß zu
finden, und bieten Millionen fleißiger Menschen noch reichliche Quellen
des Lebensunterhaltes dar. Eine ungeheure Anzahl von Hornvieh ist
vorhanden, und Häute, Indigo, Kaffee und kostbare Nutzhölzer bilden den
Haupt-Export.

Die Verfassung von Nicaragua ist entschieden liberal, und die
freundschaftlichsten Gesinnungen für die Vereinigten Staaten überall und
durch alle Classen der Bevölkerung vorherrschend; überall sprechen
sich Güte und Gastfreundlichkeit aus. Die Regierung besteht aus einem
obersten Director, alljährlich wählbar, einem Haus der Repräsentanten
und einem Senat, letzterer für zwei Jahre, ersteres für ein Jahr
wählbar. Die ersten Staatsbeamten in San Salvador und Honduras sind
Präsidenten benannt.

Seit der Eroberung von Californien ist der Plan für Eröffnung einer
directen Canalverbindung zwischen dem atlantischen und stillen Ocean,
über San Juan und den See von Nicaragua, nicht nur erneuert
worden, sondern man hat sich auch ernstlich mit seiner praktischen
Ausführbarkeit beschäftigt; eine große Menge Contracte sind bereits
darüber aufgesetzt worden, leider aber noch keine Resultate erfolgt.

General Taylor war sofort nach seiner Präsidentenwahl auf das
Lebhafteste mit diesem wichtigen Unternehmen beschäftigt, und eine der
ersten Handlungen seiner Verwaltungsperiode war die Absendung einer
Spezial-Gesandtschaft in der Person des Hrn. Squier nach Nicaragua, mit
Vollmacht in Unterhandlung mit diesem Staat zu treten. Eine Compagnie
bildete sich in New-York unter dem Namen: =The American Antlantic
and Pacific Canal Company= im August 1849, und im folgenden September
unterzeichneten Hr. Squier und die Bevollmächtigten von Nicaragua
den (am 27. d. M. auch von der Regierung dieses Staates ratificirten)
Vertrag, welcher die Neutralität dieses Canals, freien Durchgang jedes
amerikanischen Bürgers und seines Eigenthums durch denselben für ewige
Zeiten garantirt, ingleichen die unbeschränkte Freiheit aller Häfen
des Landes, und selbige Bestimmungen sollten auf alle Nationen, welche
später dem Vertrag beitreten wollten, ausgedehnt werden.

Dieser Vertrag wurde vom General Taylor geprüft und dem Senat der
Vereinigten Staaten zur Ratificirung übersendet; es ist jedoch bis jetzt
nichts weiter in dieser Sache gethan worden. Ebenso erfolglos ist ein
später zwischen Hrn. Clayton, Staatssecretär der Vereinigten Staaten,
und Sir Henry Bulwer, Gesandten Ihrer großbritannischen Majestät,
entworfener Vertrag zum Zweck der Zusicherung gegenseitigen Schutzes
beider Nationen für jeden Communicationsweg, welcher je über diesen
Continent eröffnet werden wird, geblieben, und hier mag wohl das
Haupthinderniß in den Territorial-Ansprüchen liegen, welche England
unter dem Namen eines Protectorats auf das Reich des ziemlich imaginären
Mosquito-Königs, und mithin auf die in dessen Gränzen gelegenen Mündung
des San Juan, erhebt.

Was nun aber die Hauptsache, d. h. den projectirten Canal selbst
betrifft, so würde nach der Schätzung des Hn. Squier, laut officiellem
Bericht an das Staatsdepartement, die ganze Länge der vorgeschlagenen
Wasserlinie betragen:

  =a)= Länge des San Juan-River                         90 =Miles=,
  =b)= Länge des zu passirenden Theils
       des Sees von Nicaragua                          110   "
  =c)= Länge des Tipitapa-River                         18   "
  =d)= Länge des Sees von Managua                       50   "
  =e)= Vom See nach Realejo                             45   "
                                                    -------------
                                                       313 =Miles=,

oder nach Wegfall der 160 Miles =sub b= und =d= -- 153 Miles
eigentlicher Fluß- und Canalfahrt. Aber auch von dieser Summe würden
noch 25 Miles wegfallen, wenn man die Canalmündung nach Tamarinda
verlegte. Einige andere Projecte lasse ich unerwähnt.

Schon vor dem Jahr 1838 hatte Herr Bailey, englischer Officier in
Halbsold, im Auftrag der central-amerikanischen Regierung einen
ähnlichen Plan ausgearbeitet, und dessen Kosten auf 20 bis 25 Millionen
Dollars veranschlagt -- eine Summe, welche, der Wichtigkeit und
Großartigkeit dieses Unternehmens gegenüber, nur gering erscheint, und
deren Aufbringen, wenn nur erst obige Hindernisse beseitigt wären,
gewiß keine so große Mühe erheischen würde. Geschieht dies aber, so
verwirklichen sich nach drei und einem halben Jahrhundert die
Plane, welche unausgesetzt den Geist eines der größten Männer seines
Jahrhunderts, Christoph Columbus, beschäftigen, deren Ausführung sein
Leben geweiht war, und an deren Verwirklichung er noch in seinen letzten
Jahren gearbeitet.




II.

Abreise von New-York. -- Die Brig Rogelin. -- Ansicht von Haiti. --
Eintritt in die Wendekreise. -- Unbewohnte Insel. -- Mosquitoküste.
-- San Juan di Nicaragua. -- Deutsches Gasthaus. -- Lebensweise.


  San Juan de Nicaragua, 19. Jun. 1851.

Am 28. Mai 1851 früh 9 Uhr lichtete die Brig Rogelin die Anker, und mit
einer leichten Südsüdwest-Brise glitten wir den Hudson hinab über
die Bay von New-York. Das Land, das bei seinem ersten Anblick solch
angenehmen Eindruck auf mich gemacht, dünkte mir jetzt, beim Scheiden
auf unbestimmte Zeit, noch einmal so lieblich. Die freundlichen Ufer von
New-Jersey, der Castle-Garden, dessen Bäume sich eben mit dem frischen
Frühjahrsgrün geschmückt hatten, Staten-Island mit seinen reizenden
Landhäusern, wo ich noch den letzten Tag in Gesellschaft von Freund
Schmidt und seiner lieben Familie verlebt -- alles schien mir ein
freundliches Lebewohl zuzurufen, und als das schöne Glockenspiel von
Trinity-Church aus der Ferne herüber klang in wohlbekannter Weise, war
mir's als ob »der Freund des Freundes Hand noch wärmer drückt, wenn er
sie lassen soll.«

Unsere Brig war just nicht größer als nöthig um auf der See nicht zu
sehr beengt zu sein; Passagiere waren außer mir nur einer, Hr. D.,
welcher nach Segovia zurückkehrte, wo er mit einem Compagnon eine
Silbermine betreibt, unser Capitain, ein gemüthlicher Neu-Engländer,
beides Leute mit denen es sich gut einige Wochen aushalten ließ, mithin
keine schlimmen Aussichten. Das einzige Ungemach das ich zu leiden
hatte, war eine sehr kurze bewegte See, die mich während 36 Stunden
recht unangenehm seekrank machte, nachdem ich aber recht weidlich H.
Ulrich um Hülfe angeschrieen, kehrte mein Wohlbefinden zurück, und hat
mich bis zur Landung nicht verlassen.

Am 1. Junius durchschnitten wir den Golfstrom mit Nordost, und befanden
uns schon am 4. südlich vom Cap Henry, doch hielten uns von da widrige
Winde und Windstille auf bis zum 11. Morgens, wo uns ein heftiger
Südost-Sturm bei Turks-Island, bekannt durch seine Salzfabrication, in
den Handkerchief-Paß der westindischen Inseln trieb. Um Mitternacht war
östlich abermals Land sichtbar, und bei Sonnenaufgang waren wir in
Sicht der Nordwestspitze von Haiti -- eine Ansicht von langgestreckten
Berglinien, unterbrochen von einigen Spitzen, ähnlich den Bergen am Lake
Champlain und in Böhmen. So weit durch das Glas erkennbar, waren die
Berge mit kurzem Gesträuch bedeckt, hie und da Gruppen von großen
Bäumen, stellenweise felsiges Gestein, am Fuß der Berge ein langer
flacher Landstrich, theils Sand, theils mit Gebüsch bedeckt, bewohnte
Plätze nirgend sichtbar.

Am 12. Jun. waren wir westlich vom Cap Donna Maria, welches mit hohen
schönen Gebirgen bedeckt ist, deren höchste Spitze, gegen 6000 Fuß, ganz
in Gewitter eingehüllt war.

Mit dem Eintritt in die Wendekreise eröffnet sich dem beobachtenden
Freund der Natur eine neue Welt. Die bekannten Sternbilder des
heimathlichen nordischen Himmels verschwinden allgemach, und neue
fremde Sterne strahlen herab aus dem tiefblauen Aether. Die senkrecht
herabfallenden Sonnenstrahlen brennen heiß auf den Scheitel, während
der Schatten des Haupthaares sich auf den Füßen zeichnet, und die so
beleuchteten Gegenstände mit ihren scharfen Reflexen ein seltsames
fremdartiges Ansehen erhalten. Das Meer bedeckt sich des Morgens
und Abends mit einem schweren Dunst, und die Sonne sinkt als ein
dunkelglühender Feuerball hinab. Fremdartig gestaltete Seevögel lugen
neugierig nach dem einsamen Segler, und lassen sich oft auf den Raaen
des Schiffes nieder. Schlafende Riesenschildkröten sonnen sich träg in
der Mittagshitze, bis Schaaren fliegender Fische, verfolgt von ihrem
grimmen Feind, dem Delphin, sich mit großem Geräusch über das Wasser
erheben und bald wieder in dasselbe zurückfallen, während des Menschen
Feind, der gefräßige Hai, dem Lauf des Schiffes folgt, sein Opfer zu
erspähen. Die dunstige Atmosphäre giebt den fernen Gebirgen eine zarte
violettgraue Farbe, ist aber auch Ursache, daß diese Küstenstriche
fieberisch und ungesund sind.

Ich hatte hier wiederum Gelegenheit zu bedauern, daß mir noch so vieles
Wissen mangelt. Eine genauere Kenntniß der Astronomie würde mich in
den Stand gesetzt haben in den schönen klaren Nächten nützliche
Beobachtungen zu machen, und alles was ich thun konnte war, die
astronomischen Berechnungen der Längen- und Breitengrade mitzumachen.

Südwestlich von Haiti liegt eine kleine unbewohnte Insel, ungefähr zwei
Miles im Durchmesser. Windstille die uns in unmittelbarer Nähe davon
überfiel, machte eine Landung auf einer Düne an der Westseite der Insel
möglich; der andere Theil besteht aus Felsen, ungefähr in der Höhe von
100 bis 120 Fuß, bedeckt mit kurzem Gestrüpp. Möven, Seeraben, Boobees,
Seeschwalben und Strandläufer verdunkeln die Luft und erfüllen sie
mit ihrem Geschrei. Die Menge dieser Vögel ist annähernd nur mit den
ungeheuern Taubenzügen zu vergleichen, welche im Herbst die canadischen
Seen kreuzen, und sie umschwärmen den Menschen, dessen fremdartige
Erscheinung ihnen nicht Furcht, sondern Neugierde einflößt, gleich
Mückenschwärmen. Ich beabsichtigte einige Specimen zu schießen, fand
dies aber unnöthig, da unsere Matrosen die Vögel mit Knüppeln und
Steinen aus der Luft herabwarfen, und ich selbst einen lebendig mit
meinem Schnupftuch und darein gebundenen Stein fing. Der Boden besteht
aus Sand und rundlichen Kieseln, zwischen denen spärliche Gräser
sproßten, stellenweise deckte aber eine dicke Kruste der Excremente der
Vögel den Boden. Das Wasser wimmelt buchstäblich von Fischen.

Leider war es nicht möglich den felsigen Theil der Insel zu untersuchen,
denn ein schnell heraufziehendes Gewitter machte unsere schleunige
Rückkehr nöthig, und in der That hatten wir auch nur Zeit das Schiff zu
erreichen, als der losbrechende Sturm und die hohl gehende See es
schon für unser Boot unmöglich machten länger See zu halten. Die
eingesammelten Eier, sowie einige frische Fische mundeten uns köstlich.
Der Sturm, welcher unsere Untersuchung so unangenehm unterbrochen hatte,
förderte unsere Reise trefflich, so daß wir schon am 14. Morgens weit
südwestlich von Jamaica waren.

Von jetzt an war unsere Reise wiederum unausgesetzt von Stürmen
begleitet, und ich lernte hier zuerst die Macht eines tropischen
Gewitters kennen. Oft scheint der ganze Horizont in Feuer zu stehen, und
der Donner kracht, als ob hundert Kanonen zugleich abgefeuert würden.
Dazu peitscht ein mächtiger Wind die Wogen, daß sich die Masten,
trotz der wenigen Leinwand, gleich dünnen Gerten biegen, und eine neue
Sündfluth scheint alles Lebendige von der Welt wegwaschen zu wollen.
Wegen der großen Nähe der Küste und der vielen kleinen Inseln und Riffe
war unsere Lage nicht ganz gefahrlos, doch stieß uns kein weiterer
Unglücksfall zu, als daß durch das von der großen Hitze leck gewordene
Deck eine Menge Wasser hereinströmte, das uns unsere Cojen und einen
Theil unseres Gepäcks jämmerlich durchweichte. Mir ward durch diesen
Umstand ein unangenehmer Verlust verursacht, da mehrere für das
Daguerreotyp nöthige Chemikalien mir verdarben -- ein Verlust den ich
jedoch dadurch auszugleichen hoffe, daß ich umgehend Nachricht an Hrn.
Squier sende, der, augenblicklich noch durch Geschäfte in New-York
zurückgehalten, in der Mitte nächsten Monats gleichfalls hieher abreisen
wird.

Die kleinen Inseln, welche wir passirten, gewährten einen überaus
lieblichen Anblick, so z. B. Little und Great Corn Island, mit in
frischem Grün prangenden Hügeln und kleinen Gehölzen mit Cocospalmen
durchstreut. Endlich am 18. Morgens zeigte sich die ersehnte Küste
unsern Augen. Langgedehntes Hügelland, nach der See das Ufer ganz flach,
überall jedoch in der üppigsten Vegetation prangend. Eine kleine Pirogue
aus Mahogany mit zwei Indianern bemannt, brachte einen Piloten an Bord,
und wir liefen in der Rhede ein als just der Steamer Mexico dieselbe
verließ. Ich mußte lächeln als auf unsere aufgehißten Sterne und
Streifen von der Küste die Flagge des imaginären Mosquitoreiches uns
Antwort gab, blau und weißgestreift, in der Ecke ein rothes Doppelkreuz
auf weißem Grunde. Bald brachte uns ein Boot, gleichfalls unter der
Mosquitoflagge, den Hafencapitain und den Hafenarzt an Bord, und
als nach wenigen Minuten uns beide verließen, machte ich von ihrem
freundlichen Anerbieten Gebrauch und benutzte das Boot, um an Land zu
gehen.

San Juan de Nicaragua oder Greytown, wie es die Engländer in der Neuzeit
getauft haben, ist eine abenteuerlich aussehende Niederlassung von 4
bis 500 Einwohnern, von denen drei Fünftel Indianer oder Neger sind. Es
liegt an der Mündung des St. Juan Flusses an einem ungesunden Platz,
und ist ringsum von undurchdringlichem Wald eingeschlossen, von dem
eben nicht mehr niedergehauen ist als nöthig um den jämmerlichen
Schilfhütten, an die sich in der Neuzeit einige Bretterhäuser der
neueren Ansiedler angeschlossen, Raum zu schaffen. Die Einwohner leben
lediglich vom Umsatz der importirten Produkte gegen die Roherzeugnisse
des Binnenlandes. Cultur ist gar keine da; Korn, Kartoffeln etc.
beziehen sie von oberhalb der Seen oder von Bluefield, 30 bis 40 Miles
weiter hin an der Küste; einige Pferde, weniges Vieh und einige Bungos
(Flußboote) bilden den ganzen Reichthum. In der ziemlich geräumigen
Bay liegt ein englischer Kriegsschooner vor Anker, und in einer Baracke
zunächst der des Königs der Mosquitos, die zugleich Posthaus und
Gouvernementshaus ist, eine Besatzung von 15 bis 20 blaubejackten
Negersoldaten.

Ich nahm ein kleines Zimmer in einem neuerbauten Gasthaus des Hn.
Wiener für 1½ Doll. täglich, und vertreibe mir nun, bis ich meinen Bungo
bekommen kann um den Fluß hinaufzureisen, nach besten Kräften die Zeit
mit Zeichnen, Sammeln von Pflanzen, Vogelbälgen und Reptilien und der
Alligatorjagd, damit ich die Rückfahrt unseres Schiffes nach New-York
benützen kann, um eine kleine Sendung gleich von hier zurückzuschicken.
Hoffentlich wird mein Aufenthalt möglichst kurz sein, denn einestheils
wünsche ich aus diesem Land des Fiebers hinwegzukommen, anderntheils
brenne ich vor Begierde mich recht gründlich mit dem Studium der
tropischen Natur, von der die Küste nur einen schwachen Abglanz bietet,
in Granada zu beschäftigen, wo ich einen angenehmeren Aufenthalt habe,
und Herrn Squiers Ankunft abwarten werde. Der amerikanische Steamer
Prometheus, der in diesen Tagen ankommen muß, mag diesen Brief, den
ersten aus so großer Entfernung, mitnehmen, der nächste wird aus Granada
datirt sein, und euch Näheres über meine Flußreise berichten, die
jedenfalls sehr beschwerlich sein und 9 bis 10 Tage dauern wird. Mein
Befinden ist bis jetzt außerordentlich gut, und soll's, so Gott will,
bleiben, da ich eine sehr strenge Diät beobachte, auch in Hinsicht der
Strapazen, sowie in Bezug auf das Aussetzen der Sonnenhitze die Regeln
der Vorsicht befolge.




III.

Vorbereitungen zur Flußfahrt. -- Das Bungo. -- Abreise von San
Juan. -- San-Juan-River. -- Clima. -- Fruchtbarkeit. -- Die
Machuca-Rapids. -- Verunglückte Tigerjagd. -- Unwetter. --Aerztliche
Hülfe. -- Castillo Viego. -- Prophezeihung. -- Der Wundarzt wider
Willen. -- San Carlos. -- Douane. -- See von Granada. -- Ankunft in
Granada. -- Gastfreundlichkeit. -- Jahresfeier des 4. Juli.


  Granada de Nicaragua, 6. Juli 1851.

Ich habe euch, meine Lieben, jetzt schon über 14 Tage in St. Juan, wo
ich am Schluß meines letzten Briefes von euch Abschied nahm, sitzen
lassen, und erlöse euch jetzt mit um so größerem Vergnügen, als der
dortige Aufenthalt keineswegs ein angenehmer war.

St. Juan liegt an der Mosquitoküste im wahren Sinne des Worts, urtheilt
darnach. Gegenüber der Mündung des San Juan und einer ziemlich guten und
geräumigen Rhede, von der indeß ein Theil versandet, streckt sich
eine Reihe jämmerlicher Rohrhütten hin, mit den früher erwähnten
Bretterhäusern neueingewanderter Handelsleute dazwischen. Mit Ausnahme
eines kaum einen Büchsenschuß breiten Sandstriches an der Küste, ist
dem Urwald kaum so viel Raum abgewonnen als für die Häuser nöthig;
daher giebt es keine mannichfachen Spaziergänge, da der ringsum dicht
verwachsene Wald keinen andern Pfad erlaubt als den man sich selbst
mit der Macheta (Messer) durch die Schlingpflanzen haut. Hinter dem Ort
liegen einige kleine Teiche (=lagunas=), welche am obern Ende leicht
mit dem Fluß, am untern mit der See eine gute Abkürzung der Canallinie
bilden könnten, da sie hinreichende Wassertiefe besitzen sollen.

Wie ich bereits erwähnt, nahmen mich Capitain F., der Hafencommandant,
und Capitain J., Commandant des Schooners, mit ächt britischer
Gastfreundschaft auf, die mir die wenigen angenehmen Stunden bereitete,
die man überhaupt in diesem Ort verleben kann. Da die amtliche Stellung
dieser Herren mich nicht direct berührte, war mir's um so mehr vergönnt,
mich ihrer gastfreundlichen Güte zu erfreuen. Capitain J. holte mich
mehrfach mit seinem Gig ab, um in der Bay und auf dem Fluß Alligatoren
zu jagen, und neben mehreren kleinen hatten wir eines Tages das Glück
einen großen alten Burschen von 16½ Fuß zu erlegen, den ich im Sand
vergrub, um bei der Heimkehr das Gerippe mitzunehmen.

Da keine einzelne Passage nach Granada zu bekommen war, so benutzte
ich das Anerbieten des Herrn Ligaud, eines bei St. Juan ansässigen
Franzosen, und miethete im Verein mit meinem früheren Reisegefährten ein
ganzes Bungo (Flußboot) zum Preis von 100 Dollars, das wir mit Fracht
beluden, und bestiegen mit noch zwei Amerikanern aus Granada als
Passagiere das Boot. Ein solches Bungo ist von ziemlich roher
Construction, oft großentheils aus einem einzigen Stamm gehöhlt,
größere jedoch aus Planken gefügt, doch wegen der schwer zu passirenden
Stromschnellen ziemlich fest gebaut. Der unsrige war ungefähr 50 bis 55
Fuß lang, bemannt mit 9 Bootsleuten und dem Patron. Letzterer steht
auf einer Art kleinen Quarterdecks, und hält in reitender Stellung das
Steuer zwischen den Füßen, da in den Stromschnellen das Boot mit Hülfe
langer Stangen regiert wird. Die Bootsleute führen Ruder von etwa 15 Fuß
Länge, stehen bei jedem Schlag auf und hängen sich rückwärts gelehnt mit
der ganzen Schwere des Körpers an das Ruder, wobei sie jedesmal mit dem
Sitztheil derb auf den Rudersitz aufstoßen. Die Passagiere befinden sich
unter einem kleinen Dach im Hintertheil des Bootes, und liegen auf ihren
Koffern, da der Raum unter den Ruderbänken für Frachtgüter benutzt
wird. Da wir im Boot querüber liegen mußten, hatten wir viel Ungemach
auszustehen, besonders ich, da das Boot nur 5 Fuß breit, ich aber
thatsächlich 6 Fuß lang bin.

       *       *       *       *       *

Am 23. Junius stießen wir vom Ufer und kreuzten die Bay nach der
Flußmündung hin. Die schweren Regenwolken hatten sich etwas zertheilt,
und die glühende tropische Sonne beleuchtete mit ihren letzten Strahlen
den ersten Schritt meiner Reise ins Innere. Unsere Freunde winkten
uns vom Ufer ein Lebewohl, und als das Kriegsschiff den Abendschuß
abfeuerte, antworteten wir durch eine Salve unserer Feuerwaffen (Flinten
und Pistolen waren Alles in Allem nicht mehr als 34 Läufe an Bord). Nur
eine kurze Strecke fuhren wir den Fluß hinauf, dann nöthigte uns die, in
den Tropen sofort nach Sonnenuntergang hereinbrechende Dunkelheit Anker
zu werfen.

Die Hitze trieb mich aus der kleinen Cajüte, und ich lagerte auf dem
Dach, während die Bootsleute, jeder auf seinem Rudersitz, in die Decke
gewickelt schliefen. Die Nacht war hell, und mein Auge schweifte in den
unbekannten neuen Sternbildern umher, bis es auf dem südlichen Kreuz,
dem einzigen traditionell bekannten Sternbild, haften blieb; die
Gedanken aber schweiften weit hinüber in die deutsche Heimath, an der,
obschon getrennt von ihr, mein Herz mit warmer Liebe und dankbarer
Rückerinnerung frohverlebter Jugendjahre hängt. Ich entschlief erst
spät, doch trieben mich schon früh Moskitos und Thau, der mich trotz
meiner Regendecke ganz durchnäßt hatte, auf, noch ehe die Indianer ihre
Morgengebete für glückliche Reise sagen.

Giftige Nebel machen die Flußreise gefährlich, und sind Ursache, daß die
Flußmündungen Fieber und Tod aushauchen. Die Ufer sind mit dichten, ewig
feuchten Waldungen bedeckt, die von gefährlichem Gewürm angefüllt sind,
und des Nachts tönt das klägliche Geheul des Schakals, zu dem oft das
Gebrüll des Jaguars kommt, widerlich ins Ohr. Im Fluß lauert der grimme
Kaiman, versteckt im Wasser oder hohem Gras auf seine Beute, und manch
argloses Thier, Trank oder Kühlung suchend, wird vom Schlag seines
Schuppenschwanzes niedergestreckt, während in der Höhe der Bäume selbst
die Boa Constrictor manchen possierlichen Affen überfällt, oder einen
brütenden Vogel in der Vertheidigung seines Nestes würgt. Die Vegetation
ist so überaus üppig, daß nur an wenigen Stellen des Ufers eine Landung
möglich ist; deshalb pflegt man nur einmal des Tages zu kochen, was
wegen des feuchten Holzes zwei Stunden Aufenthalt verursacht. Bei jedem
Schritt versperrt dichtes Gesträuch und Lianen den Weg, den man
oft genug sich mühsam durchhauen muß. Der Boden jedoch ist von der
fruchtbarsten Beschaffenheit, und wird, hat sich erst die Cultur Bahn
gebrochen, die ergiebigsten Ernten liefern. Nur wird das Loos der ersten
Ansiedler ein hartes sein, da der Nordländer das Klima erst gewohnt
werden muß.

Zu trinken hatten wir nichts als das schmutzige warme Flußwasser. Die
während des Tages außerordentliche große Hitze veranlaßt oft Alles über
Bord zu gehen, um sich so viel als möglich im Bad zu erfrischen, und
die nackten Zambos (Mischling von Indianer und Neger, ein schöner und
starker Menschenschlag) springen oft ganz vom Schweiß triefend ins
Wasser, ohne üble Folgen zu spüren.

Wir ankerten an der Mündung des Colorado, eines Arms des San Juan, der
südlich entweicht, und hier dürfte ein Damm für den Canal nöthig werden,
um durch die große Wassermasse, die hier verloren geht, die hinderlichen
Triebsandbänke zu entfernen. Hier ist eine der schönsten Flußstellen:
Bäume von 150 Fuß in den schönsten Formen decken die Ufer, gekleidet
in saftiges Grün, geschmückt mit gelben, violetten und rothen Blüthen.
Riesenhafte Schlingpflanzen, oft von der Dicke eines jungen Baumstammes,
winden sich in die höchsten Gipfel, von wo sie sich wieder bis
zum Wasserspiegel herabsenken; Schwärme buntgefiederter Papageien
durchkreuzen die Luft nach allen Richtungen, während Massen der
verschiedenartigsten Reiher (ich zählte deren dreizehn Gattungen) und
mannichfache Specimen von Affen vorkommen, und von Insecten eine wahre
Fülle vorhanden ist. Da es mir an Schrot fehlte, zerschnitt ich mit
vieler Mühe einige Pistolenkugeln und tödtete mehrere Vögel, deren
Bälge ich aufbewahrte. Gar zu gern würde ich mehr sammeln, da aber die
Transportmittel sehr schwierig und mithin theuer sind, habe ich keine
Hoffnung diese wissenschaftlichen Schätze mit mir nehmen zu können.

Den 26. passirten wir den Serapique-River, am 27. den San Carlos-River,
beide von Süden kommend und sich mit dem San Juan verbindend. An
letzteren werden die ersten Berge sichtbar, und die Moskitos waren
weniger häufig, mir sehr angenehm, da ich kaum mehr einen Finger bewegen
konnte, so geschwollen und zerstochen war ich. Mehrere Arten wilder
Enten kamen vor, bis zur Größe einer Gans, und ich sah hier zum
erstenmal Enten auf Bäume fliegen. Wir verspeisten einige, welche
das große Blei meiner Büchse zu sehr zerrissen, und fanden sie höchst
schmackhaft, weniger jedoch die Affen, die wir auch kosteten, jedoch den
Bootsleuten überließen, zu ihrer großen Freude, da die Nahrung dieser
armen Leute lediglich aus Reis und Bananen besteht. Schwalben, gelbe
sowohl als ganz kleine graue, überaus niedliche, große rothe Arras
(=Lappes=) mit blauem Schweif und Flügeln waren gleichfalls sehr häufig.
Ich tödtete einen Congo (Brüllaffen) von der Dimension eines Hundes
mittlerer Größe, der ein sehr lautes brüllendes Geschrei erhob, derselbe
ward jedoch von den Indianern als nicht eßbar bezeichnet; sie ziehen den
großen rothen langgeschwänzten Affen (Migo) vor.

Am 28. brachen wir ungewöhnlich früh auf, um die Machuca-Rapids zu
passiren, aus Stromschnellen von drei Miles Länge bestehend, sehr
beschwerlich und sogar gefährlich, da das Wasser sehr starken Fall
hat und über große Felsstücke geht. Zwei Boote, welche uns folgten,
vereinigten sich mit uns, eines der Boote nach dem andern herüber zu
bringen, wozu immer 20 bis 25 Mann nöthig waren, und womit wir erst am
Abend zu Stande kamen, so daß wir an diesem Tage nicht über vier Miles
zurücklegten.

Während die Boote über die Fälle gebracht wurden, ging ich ans Ufer
einen wilden Truthahn zu schießen; als ich in kurzer Entfernung auf
einen großen Puma (Tiger) stieß, der, niedergekauert liegend, feindselig
knurrte und mir mit seinen grünglänzenden Augen Liebesblicke zuwarf.
Obschon man sagt, daß der centralamerikanische Tiger in der Regel
Menschen nicht angreift, so wußte ich doch nicht, wann gegenwärtiger
zuletzt gefrühstückt hatte, und schnell riß ich die Büchse an den
Backen. Doch die Begierde, das schöne Fell zu erlangen, ließ mich
zu unbedachtsam feuern, und meine Kugel zerschmetterte ihm das linke
Schulterblatt. Heulend warf sich die Bestie ins Gebüsch, und ich,
ein Pistol ziehend, rasch hinterdrein. Auf dem schlüpfrigen Boden
strauchelnd, blieb ich mit dem Fuß in einer Liane hängen, und zu Boden
stürzend entlud sich mein Pistol, während mein werthes Ich sich im Koth
der jungfräulichen Wälder abdrückte. Weitere Verfolgung erwies sich als
nutzlos, und ich kehrte zum Boot zurück, da dumpf rollender Donner einen
Hurican verkündigte.

Kaum angelangt, brach das Wetter los, und heftige Donnerschläge, wie der
Schall vieler Kanonen, schienen die Grundvesten der Erde erschüttern
zu wollen, während alle Schleußen des Himmels ihre Wasserströme auf uns
herabsendeten. Ein zufällig auf dem Deck stehender Blech-Eimer diente
mir als Regenmesser, und zeigte in einer Viertelstunde 14 Zoll Wasser.
Wir waren gerad an einer schwierigen Stelle der Fälle, und 20 Mann
mußten ins Wasser das Boot weiter zu bringen, während der Rest der
Mannschaft vom Boote aus mit langen Stangen nachhalf. Ein Blitz, der
kurz vor dem Boot einen ungeheuern Baum zusammenschlug, vollendete die
Verwirrung, die anfing gefährlich zu werden, da Alles durcheinander
schrie und lärmte. Der Patron betete zu St. Antonio, die Amerikaner
fluchten und suchten die Indianer mit gezogenem Pistol oder Knüppel zu
neuen Anstrengungen anzutreiben, und ich brauchte das wenige Spanisch,
das ich weiß, und schrie: =Agua ardiente! Agua ardiente!= (Schnaps),
welches Alles zusammen denn auch seine Wirkung that, gleichviel nun, ob
St. Antonio, die Prügel oder der versprochene Schnaps, den ich von
dem für die Insecten und Reptilien mitgenommenen Alkohol austheilte,
geholfen hatte.

Ich muß bemerken, daß St. Antonio, welcher für die Machuca-Rapids
eine besondere Gültigkeit haben soll, jedenfalls ein unangenehmes Amt
bekleidet. Ich wenigstens würde die Patronschaft ablehnen, müßte ich den
ganzen Tag Boote über diese verwünschten Stromschnellen bringen.

Im letzten Rapid liegt das Wrack eines amerikanischen Dampfbootes,
das, für die See bestimmt, jetzt durch ein anderes ersetzt worden ist.
(Dieser Steamer war wahrscheinlich dem St. Antonio, der nur das Bungo
gewöhnt ist, zu schwer, deshalb ließ er ihn sitzen.)

In der folgenden Nacht hatten wir arg zu leiden von dem vielen
Regenwasser, das, in das Boot gedrungen, die Häute, mit denen die
Waaren bedeckt, aufgeweicht hatte, was einen pestilenzialischen Geruch
verursachte. Ueber die Cajüte hatte ich eine große Gummidecke gebreitet,
die als Frachtstück mitging und uns selbst wenigstens trocken hielt.

Wir sahen hier Herrn Cropsey, Ingenieur des Canals, welcher ein auf ein
Boot befestigtes Haus bewohnt und längs des Flusses die vorbereitenden
Arbeiten leitet. Er war sehr erfreut in der Bootsladung für ihn
bestimmtes Fleisch, Mehl, Branntwein und Kaffee zu finden, denn in
einer Länge von 90 Miles ist gar nichts zu bekommen, da der ganze Fluß
unbewohnt ist.

Einer der Passagiere ward heftig vom Fieber geschüttelt, alle waren
unwohl, doch brachten einige meiner mitgenommenen Aloepillen eine
erwünschte Aenderung bei Allen hervor, mit Ausnahme des Fieberkranken,
der durch einen am Morgen hinzugetretenen Schlaganfall sich sehr übel
befand. Doctor Gescheidt's Geschenk, eine Lanzette, leistete mir beim
Aderlaß, den ich an ihm vornahm, gute Dienste, und er befand sich bald
besser darauf.

Bis zu den Rapids Castello Viejo ist stilles Wasser von gehöriger
Tiefe, ebenso oberhalb derselben bis zum See, so daß die größten
Mississippi-Boote bequem gehen können, nur werden die Rapids ziemlich
bedeutende Schleußenbauten erfordern. Im ganzen Fluß ist jedoch kein
größeres Hinderniß als solche, die im St. Lawrence-Fluß schon mit
großer Leichtigkeit überwunden worden sind, nur ist hier die große
Schwierigkeit, daß die Eingebornen schlechte Arbeiter und bei jeder
ihnen unbekannten Arbeit unbrauchbar sind, und Arbeiter aus dem Norden
haben anfänglich viel vom Klima zu leiden.

Am 29. Junius langten wir im Castello Viejo an. Auf der Spitze eines
kleinen Hügels liegen die Trümmer des alten Castells und beherrschen
die kurzen, aber sehr heftigen Stromschnellen; es wurde jedoch von den
Briten 1848 belagert und geschleift. Mit vieler Mühe hieb ich mir einen
Weg zum Gipfel nach den Trümmern, die in schon so kurzer Zeit ganz von
der Alles überwuchernden Vegetation bedeckt sind; da wo noch vor vier
Jahren die Kanonen über die Geschützbettungen donnerten, stehen schon
große Bäume. Die größte Sicherheit des Platzes bestand in dem Mangel
an Raum zu Errichtung feindlicher Batterien, für die erst der Wald
niedergehauen werden mußte. Das Fort selbst besteht theils aus Felsen,
theils ist es aus einer Art Porphyr, theils aus Ziegelsteinen gemauert.
Seine gegenwärtige Besatzung besteht nur aus Fledermäusen, von denen ich
in den Casematten mehrere nach männlichem Kampfe erlegte, andere fing.
Sie waren den nordischen Fledermäusen ähnlich, und hatten durch einen
aufrecht stehenden Hautlappen über der Nase das Aussehen eines Nashorns.
Farbe ganz schwarz, Körper haarig, fünf Zehen, an den Flügeln kleine
Haken, Zähne außerordentlich groß, beinahe so lang wie die obere
Kinnlade. Einige alte spanische Geschütze liegen im Schutte begraben.

Am Fuß des Castells liegt ein Rancho (Rohrhütte). Hr. W., ein Agent
der Canalcompagnie, ist mit einer Anzahl Indianer beschäftigt einen
Landungsplatz für das Dampfboot zu bauen. Er klagte sehr über die
Schwierigkeit, die Indianer zu guten Arbeitern zu machen. Mit Ausnahme
einiger Aexte, die von der Compagnie geliefert wurden, bedienen sie sich
lediglich der Macheta. Dies ist ein Messer, welches, je nach der
Sitte des Landes, von der Größe eines langen Dolches bis zu einem sehr
schwerfälligen Säbel anwächst, und zum mannichfachsten Gebrauch
dient. Man haut damit sein Holz, baut ein Haus, was jedoch bei diesen
Rohrhütten nicht viel sagen will, schneidet Fleisch und braucht es als
Waffe. Die Indianer hackten damit nach Anweisung am Holz herum, und
schienen sich zuletzt selbst zu wundern, wenn ein Stamm zurecht gehauen
war. Es wird bald der Plankenweg fertig sein, und eben ein solcher an
den Machuca gebaut werden.

Als ich von San Juan abging, war eben eines der kleinen eisernen
Dampfboote angelangt, und man arbeitete an dessen Zusammensetzung; zwei
andere folgen nach, und es wird in jeder der drei Hauptabtheilungen des
Flusses eines gehen. Wird der Fluß angesiedelt, so werden jedenfalls an
diesen Plätzen zuerst Dörfer entstehen. Bald vielleicht wird sich
ein American-Eagle-Hotel oder Independence-Hotel erheben und diesem
fruchtbaren Boden eine Ernte abgewonnen werden.

Zwischen beiden Bootsleuten entspann sich ein Streit, und dem einen
ward mit der Macheta ein Stück aus dem Backen gehauen. In den Augen
der Indianer ist jeder weiße Mann ein Doctor; durch meine Purganzen
und Vomitive, sowie durch den Aderlaß war die Thatsache noch mehr
festgestellt, und jetzt mußte ich =nolens volens= des Mannes Backen
zusammenflicken. In Ermangelung chirurgischer Nadeln legte ich ihm mit
einer gewöhnlichen Nähnadel Heftlöcher an. Der arme Teufel stand viel
Schmerzen aus, doch flickte ich ihn übel und bös zusammen, und pappte
schließlich ein Heftpflaster darüber; wenn die Backe schief heilt, ist's
nicht meine Schuld. Lieb wäre mir es aber doch, wenn meine chirurgischen
Kenntnisse nicht zu arg auf die Probe gestellt würden.

An diesem Platze waren wiederum Moskitos und Bremsen, deren Stich wie
Feuer brennt, sehr lästig, daher setzten wir so schnell als möglich
unsere Reise auf dem jetzt ruhiger fließenden Fluß mit günstigem
Fahrwasser fort. Ich überraschte einen Kaiman im Gras schlafend, und
schoß ihn durch das Blatt; er suchte noch das Wasser zu gewinnen, doch
kam ich ihm zuvor, und stach ihn zweimal mit der Macheta in die Weichen,
wobei er mich mit einem Schwanzschlag in das Wasser warf. Ehe ich wieder
im Trockenen war, hämmerten schon die Indianer auf seinem Kopf herum,
und ich konnte nur das Gebiß retten. Es war ein Weibchen, maß 11 Fuß und
hatte im Magen ein ganzes Hirschkalb. Die Flußufer sind hier flach und
wie überall der Boden höchst üppig.

Am 30. Mittags langten wir im Fort San Carlos an. Hier stand früher
gleichfalls ein großes Fort, das die Mündung des Sees beherrschte, aber
von den Engländern Ausgangs des verflossenen Jahrhunderts in Trümmer
gelegt ward, in welcher Action der junge Nelson als Midshipman eine
seiner ersten Waffenthaten verrichtete. Das jetzige Fort besteht aus
einer verfallenen Schanze, auf derselben ein Haus für ein bis zwei
Dutzend Soldaten, ein etwas besseres für den Commandanten. Neben
der Flagge von Nicaragua steht eine alte vom Rost zerfressene Kanone
(etwaige Schmugglerboote aufzuhalten) auf einer Laffette, deren Räder
aus einem quer durchgeschnittenen Stamm bestehen. Beim Abfeuern
dieses Geschützes sehe ich weniger Gefahr für den Feind als für den
Artilleristen, der es loszubrennen hat. Einige Dutzend Kugeln rosten im
Gras, doch liegen demontirt auch einige schöne bronzene 32-Pfünder
mit der Jahreszahl 1618 im Sand. So günstig auch dieses Fort für die
Vertheidigung liegt, so würde es doch in seinem jetzigen Zustande von
zehn derben Leuten mit Leichtigkeit zu nehmen sein.

Die am Fort liegende Ortschaft war lange ganz verlassen, doch sind jetzt
wieder einige Dutzend Rohrhütten erbaut, und bei eintretendem lebhaften
Verkehr wird dieser Ort jedenfalls ein wichtiges Settlement werden;
in seinem jetzigen Zustand jedoch kann es füglich mit San Juan
gleichgestellt werden.

Hier ist die Douane der Republik Nicaragua, welche die Reisenden sehr
quält, denn die kleinste Kiste muß ausgeladen und untersucht werden. Ich
machte hier zuerst von meinen Papieren Gebrauch, und erlaubte nicht
daß man mein Gepäck berührte. Die Douanenbeamten, sei's weil sie nicht
verstanden oder verstehen wollten, gaben sich indeß nicht zufrieden
und wollten selbst ausladen, da erschien der Douane-Inspector und der
Commandant des Forts. In San Juan hatte eine Auction stattgefunden, in
welcher unsere Schiffsgesellschaft, für den Fall, daß wir den 4. noch
auf dem Fluß oder See sein sollten, einen Korb Champagner erstanden. Als
die beiden Herren erschienen, nahm ich eine Flasche, legte sie an
den Backen, und schoß den Pfropfen auf den Douane-Inspector ab, dem
Commandanten meine Beglaubigung gebend. Durch beides zufrieden gestellt,
leerten wir diese und noch eine Flasche auf unser gegenseitiges Wohl,
während welcher Zeit der Hafencommandant sich entschuldigte, daß er
meinen Salutschuß mit dem Champagner, wegen spärlicher Munition aus
seinen Geschützen nicht erwiedern könne. Als die Fracht die Douane
passirt hatte, schieden wir mit gegenseitigen Achtungsversicherungen.

Die Fahrt über den See, welche 110 Miles beträgt, begann wieder des
Abends, allein ein ungleich lieblicherer Anblick bot sich mir, als beim
Beginn der Reise. Die ungeheure Wasserfläche, nach vorn den Horizont
bildend, wird rechts und links begränzt von schönen Gebirgen, und
während links die große Gebirgskette sich nach Costarica hinabzieht,
erheben sich inmitten des Sees die Gipfel der beiden großen Vulkane des
Ometepa-Islands majestätisch in die Wolken. Links, südlich, sind die
Mündungen des Rio Frio, umkränzt von üppigem Pflanzenreichthum, während
Baumgruppen ganz übersäet von Purpurblüthen sich rechts erheben. Ein
von Norden heraufziehendes Gewitter erfüllte die Luft mit imposanten
Wolkenformen, während die abendliche Spiegelung derselben den See in
reiche Farbenpracht kleidete.

Unser Boot gleitete unter seinem ärmlichen Segelwerk leise im Abendwind
dahin; als jedoch das Gewitter in gewohnter Heftigkeit losbrach,
getrauten sich die Bootsleute nicht dem Sturm Trotz zu bieten, und
ankerten im See bis Anbruch des Tages. In der nächsten Nacht war kein
so starker Wind, der Mann am Steuer aber schlief fortwährend, so daß
wir uns selbst über das Boot erbarmten und mit Hülfe einer eben
veröffentlichten (Colton) New-York-Karte und eines Taschencompasses
weiter segelten bis Tagesanbruch.

Der See von Granada ist der größte in Centralamerika, giebt den großen
canadischen Seen nicht viel nach und ist mit umfangreichen Inseln
besäet, deren größte, Omatepa, zwei Vulkane von 5-6000 Fuß besitzt und
30,000 Einwohner hat. Ein in der nächsten Nacht losbrechendes Gewitter,
das unser kleines Fahrzeug gleich einer Nußschale herumwarf, nöthigte
uns in unmittelbarer Nähe des Landes zu ankern. Gegen Morgen ruderten
wir vollends bis Granada, und vor Sonnenaufgang hatten wir neben dem
kleinen amerikanischen Steamer, dem ersten, welcher diesen See befährt,
geankert.

Es war der 4. Jul., der jedem amerikanischen Bürger theure Jahrestag der
Unabhängigkeits-Erklärung der Vereinigten Staaten, der wie immer von der
amerikanischen Flagge recht mit Ehren gefeiert wird. Bei Sonnenaufgang
hißte der Steamer und die beiden Schooner die Flagge, und vom Bord
stiegen eine Masse Raketen in den blauen Himmel, wir aber grüßten die
stolzen Sterne und Streifen mit einer dreifachen Salve.

Wir suchten die Ausschiffung unserer Effecten zu beschleunigen,
die einige Schwierigkeiten verursachte, da abermals ein Zollbeamter
Einwendungen gegen die Einfuhr meines Alkohol, der allerdings hier
Monopol ist, erhob, doch nach Erklärung des Zweckes gab er sich
zufrieden, nur hatten sich während der Debatte eine Partie zerlumpte
Soldaten, deren ganze Uniform in Flinte und Patrontasche bestand, und
die meine Effecten bewachen sollten, in einige Forschungen über den
Inhalt des Getränks vertieft. Bald war jedoch Alles auf einen großen
zweirädrigen Ochsenkarren, dessen Räder wie die der Kanone aus einem
Baumstamme geschnitten waren, geladen; das Deichselgespann ward von
einem auf dem Wagen stehenden Mann nach antiker Art mit dem Speer
gelenkt, voraus ging ein nackter Kerl, mit einer Art langer Decke
drapirt, in der Hand die unvermeidliche Macheta, mit der er, dem
Vordergespann auf das betreffende Horn hauend, die Richtung bezeichnete.
Die Ochsen sind daran gewöhnt daß kein Lenkseil gebraucht wird,
daher haben Zug-Ochsen oft ganz zerhackte Hörner, oft auch wird aus
Mißverständniß ein Stück Ohr mit abgehauen.

Ich fand hier den bekannten Gelehrten Hrn. Fröbel, dessen Bekanntschaft
ich voriges Jahr in New-York gemacht hatte, und nachdem die Freude des
Wiedersehens vorüber war, brachte ich mich selbst und mein Gepäck im
Hause eines Hrn. =Dr.= B. unter, der mir ein großes Zimmer freundlichst
abtrat.

Es war mir endlich verstattet, nachdem ich meine Koffer und Kisten,
deren Inhalt durch die viele Feuchtigkeit an einigen Stellen mit
Schimmel und Moder bedeckt war, ausgepackt und gelüftet, meinen
strapazirten Körper mit gründlicher Reinigung, frischer Wäsche und
reinen Kleidern zu laben, und das war eine wahre Wohlthat, denn ganz
bedeckt vom Schmutz des Bootes und der Wälder, kostete es mir nach jedem
Bad im Fluß keine geringe Ueberwindung wieder in meine Schmutzhülle zu
schlüpfen. Nach dieser nöthigen Reinigung gab ich einen Bündel Briefe
ab, wobei =Dr.= B. (ein Deutscher) meinem mangelhaften Spanisch als
Dolmetscher zu Hülfe kam. Ueberall ward mir der freundlichste Empfang
zu Theil, denn sowohl Hr. Squier als Herr Marcoleta (Gesandter in
Washington) waren sehr geachtete Persönlichkeiten, und überall erhielt
ich Einladungen zum Besuch und Aufenthalt in Hacienden, von denen
ich zuerst die Don Jose Sandovals, eines freundlichen alten Spaniers,
benutzen werde, um einige Tage auf seinem schönen großen Besitzthum
zuzubringen.

Ich war eben nach Hause zurückgekehrt als der Präsident, in Begleitung
des Vice-Präsidenten, den hiesigen Amerikanern und meiner Wenigkeit
zur Feier des 4. Jul. eine Einladung zu einem Festessen und Bankett
überbrachte, welche ehrende Auszeichnung ich mit Dank annahm. Um 4 Uhr
begab ich mich in Gesellschaft F's. und des =Dr.= B. in das Fest-Local.

Die Häuser sind nach Art der maurischen Häuser in Algier gebaut. In
der Mitte ein sehr großer Hof, umgeben von Säulengängen, an welche die
verschiedenen Gemächer des Hauses stoßen. Nach der Straße hin ist meist
eine große Empfangs-Halle, welche hier als Fest-Local mit den Flaggen
der Union und Nicaragua's und mit einer Menge ungeheurer Palmenzweige
geschmückt war. Ingleichen waren die Colonnaden des Hofs durch Palmen
in Baumgänge verwandelt, und da jeder Hof hier mit Pflanzen geziert ist,
zwischen denen immer eine Menge zahme Papageien und andere Vögel,
auch wohl zierliche Rehe herumlaufen, gewährte das Ganze einen überaus
lieblichen Anblick, mehr noch als bei einbrechender Dunkelheit eine
Masse von Lichtern durch das Grün schimmerten. Außer den angesehensten
hier wohnhaften Bürgern der Vereinigten Staaten waren als Ehrengäste
zugegen: der Präfect, der Commandant des Militärs, einige andere Beamte
und einige der angesehensten Eingebornen und Franzosen.

Der Präsident, Hr. Coterell, erinnerte in kurzer Ansprache an den Zweck
der Feier, und nachdem an der reichgeschmückten Tafel, auf der zwischen
ganzen gebratenen Rehen und gewaltigen wilden Truthühnern nordische
Leckerbissen in Gesellschaft der üppigsten Südfrüchte prangten, den
gastronomischen Forschungen eine kurze Zeit gewidmet war, erhob man die
Gläser, in denen rheinische Weine, Port und Madeira blinkten, und der
perlende Sohn der Champagne, seiner silbernen Bande entledigt, schäumte,
und brachte zuerst die bei jeder amerikanischen Feier des 4. Julius
üblichen regulären Toaste, denen sich dann eine Menge anderer
anschlossen.

Ein Toast aber ward durch einen sonderbaren Zufall besonders feierlich.
Bei jedem Gläserklingen antwortete von der Hauptwache ein Kanonenschuß,
und gegen Abend kam das unausbleibliche Gewitter wieder herauf. Es
waren eben die Worte gesprochen worden: »Wir trinken in der Stille dem
Andenken des großen Georg Washington!« -- Jeder brachte schweigend
und erhoben sein Glas an die Lippen, da übernahm der Himmel selbst den
üblichen Salutschuß durch einen furchtbaren Donnerschlag, der die Erde
in ihren Grundfesten erzittern machte, und ich läugne nicht, daß ich,
wie gewiß alle, das Glas mit einer Art von andächtigem Grausen leerte.
Eine Musikbande spielte in der Veranda während des ganzen Mahles,
und bis in späte Nachtstunden blieben die Genossen in ungezwungener
Heiterkeit beisammen, welche durch die anerkennungswerthen Bestrebungen
des Herrn Coterell nie die üblichen Formen der Wohlanständigkeit
überschritt.

Einige Veränderungen im Ministerium und der Regierung ließen es mir
räthlich erscheinen, meine Depeschen andern Tags persönlich an ihre
Adressen abzugeben. Ich habe meine Reisevorbereitungen getroffen, mein
Pferd ist auf Don Sandovals Hacienda gehörig ausgefüttert und stark und
wohl geeignet eine strapaziöse Reise zu ertragen, die zu erwarten steht,
da die Regenzeit, in der wir leben, die Wege bodenlos gemacht hat. In
einer Beziehung ist mir's lieb, daß noch sechs bis acht Tage hingehen,
ehe ich anfange zu malen, denn die empfangenen Eindrücke sind alle so
neu und bewältigend, daß ich nothwendig dieselben erst ordnen und klar
machen muß. Ich habe eine Menge der mannichfaltigsten und schönsten
Gegenstände für Studien gefunden, und sobald ich meine Verpflichtungen
gegen die Regierung erfüllt, werde ich mit großer Freude an die Arbeit
gehen, und bleibe ich von Krankheit verschont, was ich wünsche und hoffe
(denn seit ich hier bin erfreue ich mich eines ganz außerordentlichen
Wohlbefindens), so denke ich ein reiches Portefeuille zu sammeln.
Sehr froh bin ich, daß ich statt des Daguerreotyps, wie ich erst
beabsichtigte, ein Phototyp mitgenommen, denn ein Amerikaner, der ein
Daguerreotyp hieher gebracht, war ganz in Verzweiflung, daß er während
der trocknen Jahreszeit keine Platte poliren konnte, da der die ganze
Luft erfüllende Sandstaub alle Politur zerkratzte. Ich hoffe besonders
von interessanten Gruppen der Indianer, die nicht gern still stehen sich
malen zu lassen, sowie von naturhistorischen Gegenständen manche
gute Beute damit zu machen, und so reut mich die für meine Umstände
bedeutende Ausgabe von 150 Dollars, die ich dafür gemacht, nicht. Auf
der andern Seite thut mir's sehr leid, daß ich mein Sammeln von Insecten
und Vögeln nur in so kleinem Maßstab betreiben kann, da die Transport-
und Packmittel für dergleichen Gegenstände sehr theuer sind und meine
Kräfte übersteigen. Ich werde meinen Vorsatz, eine Collection an einige
deutsche naturhistorische Cabinette zu schicken, nicht ausführen können,
und außer einem Geschenk an Freund M. werde ich mich lediglich auf
das Institut in Washington, das mir eine Summe für diese Zwecke zur
Verfügung gestellt, beschränken müssen. Hier ist einer von den wenigen
Fällen, wo ich mehr bemittelt zu sein wünschte, denn es hindert mich
diese Mittellosigkeit an der Erreichung eines schönen Zwecks.

Nach meiner Rückkehr von Leon halte ich mich hier auf, um Hrn. Squiers
Ankunft abzuwarten und Stadt und Umgegend auszubeuten. Sobald es die
Jahreszeit erlaubt, will ich eine Besteigung des Mombatch, der über
der Stadt sein Haupt erhebt und jetzt beständig in Wolken gehüllt ist,
unternehmen. Mein nächster Brief wird entweder eine Beschreibung meiner
Reise nach Leon, oder eine genauere Beschreibung Granada's enthalten,
welches wohl derselben werth ist, denn es ist an dem schönen See mit
seinen zierlichen Ufern höchst pittoresk gelegen, und bietet im
Innern eine Menge malerischer Ansichten. Das Leben selbst ist ebenso
reichhaltig, daß es, sowie die Verhältnisse der ganzen Stadt, vielfach
malerischen Stoff bietet.

Man erwartet jetzt die Ankunft des Gesandten der Vereinigten Staaten
Hrn. Kerr, den aus St. Carlos abzuholen der Dampfer gestern abgegangen
ist, und zu dessen Empfang die Amerikaner für heute eine Festlichkeit
bereitet haben, an welche =Dr.= B., F. und ich uns anschließen werden.




IV.

Die Stadt Granada. -- Bauart. -- Einwohner. -- Lebensweise in
Central-Amerika. -- Festtage. -- Reisezurüstungen. -- Unsicherheit
der Straßen. -- Art zu reisen. -- Fleiß der Indianer. -- Massaga. --
Indisches Begräbniß.


  Granada, 4. Aug. 1851.

Seit ziemlich drei Wochen bin ich von meiner Excursion nach Leon
wieder zurückgekehrt nach Granada und habe seitdem ungestört meine
künstlerischen und wissenschaftlichen Studien beginnen können.

Granada ist, wie ich schon früher erwähnt, die bedeutendste Stadt am
See gleiches Namens, mit 12-15000 Einwohner, und unter den jetzigen
Umständen wohl überhaupt die wichtigste Stadt dieses Landes zu nennen.
Die Zeit ihrer Gründung fällt mit der zweiten Periode der Entdeckung von
Amerika zusammen. Ihre Erbauer waren jene kühnen Freibeuter, welche
ein seltsames Gemisch von soldatisch roher Ritterlichkeit, gepaart mit
blindem Glaubenseifer waren, mit welchen Eigenschaften sie aber doch
auch eine gewisse kaufmännische Verschmitztheit verbanden.

Die Häuser, meist nur aus einem Geschoße bestehend, dessen Höhe zwischen
12 und 15 Fuß beträgt, haben durch ihre 6-8 Fuß breiten Thüren und hohen
vergitterten Balconfenstern ein festungsähnliches Aussehen. Die innere
Einrichtung beschrieb ich Euch bereits früher. Die Haupträume bleiben
überall der mit Zierpflanzen geschmückte erste Arcadenhof und die an
der Vorderfront liegende Empfangshalle, an welche gewöhnlich das
Frauengemach stößt; oft auch befindet sich über letzterem noch
ein Balconzimmer. Ein solches ist gegenwärtig meine Wohnung, mit
wundervoller Aussicht über den See und die Gebirge. Einen zweiten oder
Hinterhof, umgeben die Ställe, die Küche (in der nur auf offenem
Herde gekocht wird, Bratöfen, Kochmaschinen, wie in Europa und den
Verein.-Staaten, kennt man hier nicht), welche letztere zugleich dem
Geflügel und sonstigem kleinen Gethier, das für jede Mahlzeit frisch
geschlachtet wird, zum Aufenthalt dient. In vielen dieser Hinterhöfe
befindet sich auch ein Ziehbrunnen, doch wird das Wasser mehrentheils
aus dem See geholt, da die Quellen fast alle mineralischer Natur sind.

Sehr belebt ist das Seeufer bei Sonnenaufgang: Frauen und Mädchen
erscheinen, mit großen irdenen Gefäßen, ähnlich den antiken Amphoren,
nur etwas bauchiger, auf dem Kopf und schöpfen Wasser; Reiter und
Fußgänger lustwandeln in der Morgenkühle, fast alle Besucher aber
erfrischen sich mit einem Bade. Später räumen sie den Waschwannen das
Feld, sowie den Schiffsleuten, welche die Waaren aus den Booten auf
große, zweirädrige, von 4-6 Ochsen gezogene Karren umladen. Dann füllen
sich die Straßen mit Indianern der benachbarten Dörfer und Haciendas,
welche ihre Produkte zum Kaufe ausbieten. Bei geringen Entfernungen
tragen sie ihre Last auf dem Kopfe, in großen hölzernen Schüsseln, von
denen man auch sagen kann, sie haben ungeheure hölzerne Hüte auf, die
sie umgekehrt auch zum Tragen benützen. Kleine nackte Jungen bringen auf
Pferden und Maulthieren Ladungen von jungen Mais (Zakate) als Futter für
die Pferde zu Markt, während die Stadtbewohner theils in ihren Läden
den Verkauf betreiben, die Frauen weibliche Arbeiten oder Cigarren
verfertigen; noch öfter aber liegen alle in den Hammocks, rauchend und
sich schaukelnd, wozu sie von Zeit zu Zeit einen Schluck Teste, ein
gar nicht übles Getränk aus Maismehl, Zucker, Cacao und Wasser nehmen.
Geraucht wird aber von Mann und Weib, Jung und Alt, und oft schickt ein
Vater sein kaum vierjähriges Söhnlein oder Töchterlein in die Küche, um
Feuer zu holen, welche dann gravitätisch mit der brennenden Cigarre im
Munde und qualmend wie Dampfessen zurückkommen.

Das Costüm der Frauen besteht in einem Unterrock von Mousselin, um die
nackten Hüften gebunden und am unteren Saume mit Flittern besetzt; über
dem Oberkörper tragen die besseren Classen ein kurzes, weitfaltiges
Uebergewand, ähnlich dem griechischen Peplum, die niederen Classen aber
den Oberkörper ganz bloß; oft auch, zumal bei Kindern, ist vollkommener
Mangel an Kleidung vorhanden, was die Frauen hier anwesender Amerikaner
oft veranlaßt, die Augen niederzuschlagen oder mit der Hand zu
bedecken. Alle Stände aber schmücken sich die schönen, größtentheils
ebenholzschwarzen Haare mit Jasminblüthen und Blumen von lebhaften
Farben, was die ausdrucksvollen und oft classisch regelmäßigen Gesichter
mit phantastischer Schönheit ziert. Der Gang hat, wahrscheinlich durch
die Gewohnheit alle Lasten auf dem Kopfe zu tragen, etwas überaus
Elastisches, was den ganzen Gestalten einen erhöhten Reiz verleiht.

Mehre schöne Kirchen, in einem seltsamen Gemisch von maurischem
Charakter, spanischer Renaissance, oft mit sehr bemerkbarem Anklang
von byzantinischem Style erbaut, zeugen von der früheren Macht und dem
Reichthume des Clerus (bei Errichtung der Städte ward bekanntlich
der zehnte Theil aller Beute auf Errichtung von Kirchen und Klöstern
verwandt). Durch die häufigen Revolutionen hat sich denn freilich in
dieser und anderer Hinsicht vieles geändert, da die großen Capitalisten
entweder auswanderten oder durch bedeutende Contributionen sehr in
Anspruch genommen wurden. Wenn auch noch hier und da ein wohlbeleibter,
behäbiger Prälat auf seinem Ochsenkarren und von zwei Soldaten begleitet
durch die Straßen zieht, so reitet dafür manch armer, abgemagerter
Dorf-Cura (Pfarrer), nach dem Beispiele des Heilandes, als wahrhafter
Apostel auf einem armseligen Eselein durch das Land, um mit christlicher
Demuth auf irgend einer entfernten Hacienda dem Sterbenden eine
geistliche Wegzehrung zu spenden.

An Festtagen, deren es hier, nach dem was ich bis jetzt gesehen, fast
so viele als Tage im Jahr zu geben scheint, durchziehen zahlreiche
Prozessionen mit Geigen und Flöten die Straßen, wobei an Weihrauch
unendliche Wolken verdampfen, und an Schießpulver, knallenden und
prasselnden Schwärmern, Raketen, französischen Schlägen, letztere oft zu
Dutzenden auf einmal, ein Erkleckliches verpufft wird. Abends wird dann
die Prozession mit Hunderten bunter Laternen fortgesetzt, was mit den
Gruppen, die allabendlich plaudernd die Räume vor den Hausthüren füllen,
und den erleuchteten Balconen, von denen transparente, mit Blumen
geschmückte und umgebene Heiligenbilder schimmern, einen malerischen und
poetischen Anblick gewährt. Oefters habe ich, spät am Abend von meinen
Excursionen heimkehrend, mein Pferd angehalten, um auf die eigenen
schwermüthigen kirchlichen Melodien zu horchen, oder Gruppen mit ihren
Liebhabern schäkernder Mädchen zu belauschen.

Doch indem ich mich so in Schilderungen des Lebens in Granada vertiefe,
vergesse ich ganz, euch von meiner Reise nach Leon zu berichten.

Nachdem ich einige Ruhetage benutzt hatte, um aus dem Mr. Squier
gehörigen und hier zurückgelassenen Eigenthume für mich ein starkes und
rasches Pferd mit Sattel und Packtaschen, für einen Diener ein kräftiges
Maulthier zu wählen, die Büchse und meine herrlichen Revolvers[1], ein
Reisegeschenk meines ehrenwerthen Gönners de Rhame in New-York, vom
Schmutze der Reise zu reinigen, frisch zu laden und einige Munition
nebst Wäsche einzupacken, während ich von meinem freundlichen Wirthe,
Don Narciso Espinosa, eine leichte Vogelflinte nebst einer unbändig
langen Doppelpistole für meinen tapfern Sancho Pansa geliehen hatte,
trat ich am 9. Juli meine Reise =in nomine domini= an. Es circulirten
eine Menge Gerüchte über Unsicherheit der Straßen, und ein Halbdutzend
Morde, welche im Laufe der letzten Monate vorgefallen waren, bestätigten
dieselben allerdings in nicht erfreulicher Weise. In Berücksichtigung
der Regierungsdepeschen aus Washington, die ich nach Leon zu überbringen
hatte, wurde mir vom Commandanten eine Escorte von zwei Lanciers
angeboten; ich gestehe aber, daß ihr Ajustement und ihr ganzes Aeußere
mich denn doch mehr Vertrauen in die Vorzüglichkeit meiner Waffen,
meines Pferdes und meine geringe Person selbst setzen ließen. Ich dankte
demnach höflichst für die Ehre, und zog es vor die Reise allein zu
machen.

  [1]: Sechsschüssige Pistolen.

Durch die hier zu Lande übliche Art zu reisen wird man noch lebhaft an
die Zeit der fahrenden Ritter erinnert. Jeder Reisende, der sich auf
irgend eine Weise Säbel und Pistolen verschaffen kann, rüstet sich
damit, und in Ermangelung letzterer baumeln doch wenigstens ein paar
leere Pistolenhalfter am Sattelknopfe; wenn möglich, nimmt man auch
eine mit Rehposten geladene Flinte mit, die entweder quer über den
Sattelknopf gelegt, oder vom Schildknappen, wie weiland dem edlen Ritter
Don Quixote die Lanze, hinterdrein getragen wird. Das Gepäck hat man
theils selbst in Satteltaschen bei sich, theils trägt es der Diener
vor sich auf dem Maulthiere. Gewöhnlich trottirt dieser voraus, den Weg
zeigend; trifft man jedoch unterwegs mit anderen Reisenden zusammen, so
reiten die Caballeros voraus, während die hinterfolgenden Diener sich
gegenseitig von der Tapferkeit ihrer Gebieter, der unvergleichlichen
Güte ihrer Waffen und Pferde u. s. w. tüchtig etwas vorrenommiren, was
mit unvermindertem Eifer in jedem Nachtquartiere fortgesetzt wird,
wo dann gewöhnlich der Wirth noch die allerabsonderlich grausenhaften
Geschichten von Mordthaten zu erzählen weiß, die sich kürzlich erst
ganz in der Nähe zugetragen haben sollen, natürlich in der
menschenfreundlichen Absicht, den oder die Reisenden wo möglich noch den
nächsten Tag dazubehalten.

Beim Mahle, meist aus gekochtem Reis, Huhn, Eiern und Fisch, nebst
einigen steinharten rothen Bohnen und der unvermeidlichen Tortilla
(einem aus Mais gebackenen flachen Kuchen, der die Stelle des Brodes
hier vertritt) bestehend, wartet der Mozo (Diener) hinter dem Stuhle
seines Caballero stehend, auf, lauert aber gierig auf den Augenblick, wo
dieser sich erhebend, ihm die Reste der Speisen überläßt.

Früh, wo ich meist um 3 Uhr aufbrach, um die Morgenkühle zu benutzen,
kostete es stets mannichfache Mühe und Arbeit, Diener und Wirth aus dem
Schlafe zu rütteln, und bis die Thiere gefüttert waren, verging dann
immer noch mehr als eine Stunde, weshalb ich in der Regel das Geschäft
des Wecken schon um 2 Uhr begann, nichts destoweniger aber mit einer
Strohcigarre vorlieb nehmen mußte, während der Magen erst im nächsten
Dorfe, oft 14-16 Miles entfernt, bedacht werden konnte. Genug, man
übersetze die Abenteuer und Irrfahrten des obgenannten unsterblichen
Ritters ins Moderne, und man hat das leibhafte Conterfei eines Reisenden
in Central-Amerika.

Der erste Theil des Weges nach Massaga, dem ersten Haltpunkte, war durch
den vielen Regen grundlos geworden, und mein armes Pferd mußte immer aus
einem Sumpfloche ins andere tappen. Die Maulthiere, durch welche fast
der ganze Verkehr des Landes betrieben wird, treten immer wieder in
die Fußstapfen des vorangehenden Thieres, an dessen Schweif ihr Zaum
gebunden ist, so daß manchmal dadurch Reihen von 16-20 hintereinander
entstehen; hierdurch wird aber bei Regenwetter die Straße zu einer Reihe
nebeneinander und quer darüber hinlaufender Gräben, die, mit Wasser und
Schlamm gefüllt, das Reiten ungemein erschweren, und da die hiesigen
Pferde sehr kleinen Schlages sind, kaum 14 Hand hoch, so werden die Füße
des Reiters mit den 4 bis 5 Zoll langen großgeräderten Sporen weidlich
in den Koth getaucht. Ich zumal hatte oft Gelegenheit Betrachtungen
darüber anzustellen, warum der liebe Himmel gerade mich mit so
unziemlich langem Pedal ausstatten mußte. Bei besserem Wege ist die
Gangart der hiesigen Pferde eine sehr angenehme Art von Paß,
=paso picarro= hier zu Lande genannt. Ueberhaupt ist die Race ganz
vortrefflich für hiesige Gegend, obschon man auf Broadway, in Hydepark
oder dem Bois de Boulogne, im Berliner Thiergarten oder im Wiener Prater
eben nicht sonderliche Bewunderung damit erregen würde.

Da es noch früh am Tage war, begegnete ich langen Zügen von Indianern,
welche ihre Produkte, als: Mais, Bohnen, Cacao und Taback, zu Markte
trugen, die, theils auf Pferden, theils in Netzen auf dem Rücken
hängend, an einem breiten Gurt über die Stirn getragen wurden, wie man
dies auch zuweilen in den Schweizerbergen sieht, eine abscheuliche Mode,
die den Leuten das Aussehen von Zugochsen giebt. Mir erschien diese
Art von Kopfarbeit eine höchst anstrengende, wie auch als der Grund der
vielen Kröpfe, die ich hier herum wahrnahm.

Der Weg schlängelt sich theils durch herrlichen, hochstämmigen Wald,
bemerkenswerth durch die mächtigen und häufigen Gummibäume, theils führt
er hin zwischen Bananen- und Indigofelder, umgeben von 5 bis 6 Fuß hohen
wilden Ananas-Hecken. Hier und da bietet sich von der Höhe eines Hügels
eine entzückende Aussicht nach den Seen von Granada und Managua und dem
Tipitapa-River, begränzt von den lachendsten, fruchtbarsten Ebenen und
majestätischen Gebirgszügen mit sanft ansteigenden Vorhügeln in den
schönsten Formen und geschmückt mit aller Pracht und Ueppigkeit der
tropischen Vegetation. Beim großen Gott! dies Land ist ein wahres
Paradies und könnte Wunder wirken, Millionen fleißiger Hände ernähren,
wäre es nicht von solch träger, kurzsichtiger und geistig beschränkter
Bevölkerung bewohnet, welche es nicht versteht, oder nicht verstehen
will, diesem gottgesegneten Boden einen auch nur einigermaßen
erheblichen Tribut aufzuerlegen.

Massaga, wo ein kräftiges Frühstück mich und meinen Diener, süßer junger
Mais die Thiere erquickte, ist ein niedliches Städtchen, oder großer
Flecken, mit nicht unbeträchtlichem Markt für einheimische Produkte.
Ein großer Theil der Ortsbevölkerung wohnt freilich nur in indianischen
Rohrhütten, allein der Fleiß derselben sticht vortheilhaft gegen andere
Ortschaften ab, die ich später sah. Selbst Frauen, welche Früchte
zu Markte trugen, flochten im Gehen Strohhüte und Matten von recht
zierlicher Arbeit, und weniger als anderswo sah ich hier die Leute in
ihren Hammocks faullenzen. Trotzdem waltet aber auch hier immer noch
dieselbe indianische Halsstarrigkeit gegen alle und jede Verbesserung
vor, die ihre Arbeit nutzbringender machen könnte.

In dem kleinen, jenseits Massaga gelegenen Dörfchen Indiery sah ich
zufällig das Begräbniß eines jungen indianischen Mädchens mit an,
während unsere Thiere gefüttert wurden.

Die Leiche ward auf einer Bahre, ohne Sarg, blos der Körper mit einem
Leinentuche bedeckt, das Gesicht, dessen schöne unschuldvolle Züge
selbst der Tod nicht zu verunstalten vermocht hatte, jedoch offen
getragen. Vorauf zogen sechs Musikanten mit zwei Geigen, zwei
Flöten, einem Waldhorne und einem Violoncello, hinter ihnen der arme
Dorfpfarrer, Gebete sprechend. Die Musik war eigentlich mehr ein
sonderbarer Wirrwarr von Tönen zu nennen, die nur bei einigen öfters
wiederkehrenden Gebetformeln sich zu einer Art von Accord einigten.

Beim Grabe, einer kleinen, kaum einige Fuß tiefen Grube, auf dem Platze
vor der Kirche angelangt, ward nach kurzem Ceremoniel die Leiche in die
Grube gelegt, jeder der wenigen Leidtragenden warf seine Hand voll
Erde darauf und ein paar Leute mit Schaufeln thaten in kaum drei, vier
Minuten den Rest. Ein Bündelchen Raketen zischte in die Luft empor,
das Aufschwingen der Seele gen Himmel andeutend, wie mir einer der
Anwesenden erklärte, und jetzt zum erstenmale einte sich das bisherige
Tongewirre der Musikanten zu einer wirklichen Melodie, in der ich zu
meiner großen Ueberraschung das liebliche Lied der Brautjungfern in
unseres herrlichen Webers Freischütz, wenn auch etwas naturalistisch
verstümmelt, wieder erkannte. Wie dies Lied den Weg bis hierher in die
Tropenwelt gefunden, mag der Himmel wissen.

Ich kann nicht sagen ob es die Erinnerung war, welche diese aus holder
Kinderzeit herüberklingenden heimischen Töne in mir erweckte, oder
was sonst, so viel aber ist gewiß, daß weder das pomphafteste
Trauergepränge, noch die vollstimmigsten und kunstvollsten Trauerhymnen,
noch die schönsten Grabreden jemals einen rührenderen Eindruck auf
mich hervorgebracht haben, als diese kindlich naiven Töne und die
noch naivere Raketensymbolik neben diesem frischen Grabe einer kaum im
Entfalten schon dahingerafften Blüthe. Der Zufall ist oft poetischer,
als das poetischste Raffinement!

Als eine Viertelstunde später die Thiere getränkt und gefüttert waren
und ich wieder da vorbeiritt, spielten die Kinder schon wieder harmlos
und fröhlich auf der Stelle, die eine kaum merkliche Erhöhung als ein
Grab andeutete, da ja der jugendliche Körper nur wenig Raum einnahm.




V.

Lavafelder. -- Managua. -- Reisebekanntschaft. -- Landschaftliches.
-- Puebla nuova. -- Ein Raubmord. -- Nächtliche Störung. -- Ankunft
in Leon.


Fünf Miles von Massaga erreichte ich, nachdem ich noch einige
allerliebst zwischen Cocospalmen gelegene indianische Dörfchen passirt,
die Lavafelder des Vulcans von Massaga. Seine Thätigkeit beschränkt sich
nur noch auf zeitweilige Entwickelung von Schwefelwasserstoff und starke
Erhitzung des Schlammbodens in dem erloschenen Krater; ein kleiner
Salzsee auf der Südseite, welcher einen andern Krater ausfüllt, so
wie ungeheure, sich wohl 6 bis 7 Miles gegen Norden hin erstreckende
Lavafelder, geben Zeugniß seiner früheren Verheerungen. Ueberhaupt
ist das ganze Land mit trachitischen Gebilden, Osidien und todten
Lavaströmen bedeckt, welche die alles überwuchernde üppige Vegetation
später mit neuem Leben bekleidet hat. Ein großer Theil der Quellen
ist gleichfalls voller mineralischer Substanzen, und viele haben einen
beträchtlichen Hitzegrad. In den Lavafeldern von Massaga fielen mir
besonders eine Menge seltsamer Höhlen auf, ähnlich ungeheuren Backöfen,
wahrscheinlich herrührend von den durch sich entwickelnde Gase
gebildeten Blasen.

Am Nachmittage brach wieder ein Gewitter mit gewohnter tropischer
Heftigkeit los. »Donnere du bis du es satt hast!« dachte ich, und
wickelte mich zum Schutze gegen die herabströmende Sündfluth in
meinen Poncho, eine dicke Wolldecke, mit einem Loch in der Mitte, zum
Durchstecken des Kopfes, welche als Mantel den ganzen Menschen einhüllt,
während der Kopf durch einen breitkrämpigen Hut geschützt wird; mein
armes Pferd aber schritt schwermüthig auf der, in einen Gießbach
verwandelten Straße einher und mein Sancho Pansa hinterdrein, höchst
kleinlaut und verdrüßlich auf seinem Maulthiere hockend.

Menschen und Thiere waren froh, als wir am Abend Managua erreichten,
eine ziemlich ansehnliche Stadt am See gleiches Namens gelegen und Sitz
der gesetzgebenden Versammlung, übrigens durch nichts bemerkbar als
durch eine nicht unschöne Hauptkirche von ziemlich reicher Architektur,
in dem oben erwähnten Mischlingsstyl.

Ein wilder Truthahn, den ich unterwegs geschossen, bildete unser
Abendessen, welches ich mit einem Italiener theilte, der, gleichfalls
auf der Reise nach Leon begriffen, in Verzweiflung war, daß sein
Reisegefährte, ein Spanier des Landes, ihm durch seine permanente
Trunkenheit die Reise äußerst beschwerlich und unangenehm machte. Die
regelmäßig schönen Gesichtszüge dieses Mannes, von antiker Strenge, aber
durch die freundlichen blauen Augen, aus denen herzliches Wohlwollen
blickte, sehr gemildert, so wie seine stramme soldatische Haltung,
gepaart mit ritterlicher Anmuth, zogen mich wider Willen an und in
stillschweigender Uebereinkunft brachen wir am anderen Morgen um 3 Uhr
gemeinschaftlich auf, den lästigen Trunkenbold zurücklassend, der noch
seinen gestrigen Rausch ausschlief.

Mein neuer Bekannter hatte, nachdem er die letzten Kriege seines
Vaterlandes mit durchgekämpft und sein geliebtes Weib, das alle Gefahren
und Beschwerden treu mit ihm getheilt, auf schreckliche Weise verloren,
die friedliche Beschäftigung des Landmannes erwählt, und war jetzt
auf dem Wege nach Californien, wo er beschlossen hatte, im Vereine mit
mehren seiner Schicksalsgenossen sich lediglich auf die Agricultur zu
verlegen und so, wenn auch langsamer, die wahren Schätze dieses Landes
auszubeuten, das in nicht gar zu langer Zeit vielleicht noch einer der
blühendsten Staaten der nordischen Union werden wird. In Leon, wo ich
mehrere Mitglieder dieser projectirten Colonie, meist Genueser, kennen
lernte, die einen sehr erfreulichen Gegensatz zu den Fehlern bildeten,
die man meist den Italienern vorwirft, vernahm ich erst zufällig
den Namen dieses, in der neuesten Periode seines Vaterlandes berühmt
gewordenen Mannes, aber das strenge Incognito achtend, das er angenommen
um sich vor Zudringlichkeiten zu schützen, war und blieb er für mich nur
Signor Giuseppe, oder auch Monsieur Joseph.

Hinter Managua führt der Weg über eine steile, mit großen Felsbrocken
bedeckte Anhöhe, welche, da wir sie noch im Morgendunkel passiren
mußten, unsere armen Thiere weidlich zum straucheln brachten. Wir
erreichten jedoch ohne erheblichen Unfall mit Tagesanbruch den Gipfel,
wo die aufgehende Sonne ein wahres Paradies vor unsern entzückten
Blicken entrollte. Südöstlich sahen wir noch den See von Granada,
nordwestlich aber, jenseits des See's von Managua, dessen Brandung dumpf
zu uns herauf tönte, dehnte sich langhin das schöne Thal von Leon, über
welches der hohe Viejo sein rauchendes Haupt über die Wolken erhob.

Der Weg gleicht von hier an dem prachtvollsten Park, der Wald ist
fortwährend durchbrochen von üppigen Wiesenflächen, in deren hohem Grase
schöne Rinder, größer als ich sie bis jetzt hier zu Lande gesehen, und
muntere Stuten mit ihren Füllen weideten. Die einzige Calamität dieses
gesegneten Landes ist der Mangel an fließendem Wasser, denn während
der trockenen Jahreszeit, wo die kleinen Teiche und Tümpel meist
austrocknen, der Wald, seines grünen Blätterschmuckes beraubt, nur
noch in brillantem rothen und gelben Blätterkleide erscheint, irrt das
geängstete Rindvieh, durstend, geplagt von Schwärmen von Insecten,
dumpf brüllend umher, nach vereinzelten Quellen suchend, um seinen
Durst gemeinsam mit dem schüchternen Reh und dem possirlichen Affen zu
stillen. Zahlreich umherliegende Gerippe geben Zeugniß, wie viele schon
als Opfer des Durstes, oder auch des grimmen Jaguars gefallen waren.

In Pueblo nuevo, unserm Nachtquartier, fanden wir im Gasthause einen
kleinen englischen Schiffsjungen und erfuhren von ihm die genauen
Details eines nur vor wenig Tagen erst verübten Raubmordes, den ich, als
ich im letzten Nachtquartier und unterwegs davon reden hörte, für
eine der gewöhnlichen Aufschneidereien gehalten hatte. Ein englischer
Capitain, dessen Schiff in Realejo gestrandet war, hatte den Erlös der
geretteten Waaren nebst einigen anderen Gegenständen mit sich auf einem
Ochsenkarren geführt. Dieser Umstand war, wie man vermuthet, durch den
Karrenführer, von dessen Mitgenossenschaft an der Gräuelthat man sogar
ziemlich stark munkelt, bekannt geworden und eine kurze Strecke
hinter Pueblo nuevo überfielen sechs Strauchdiebe den Capitain, der
in Gesellschaft des kleinen Schiffsjungen ein Stück Wegs hinter dem
Fuhrwerke herging, auf welchem er seine Waffen gelassen hatte und
von denen er auf diese Weise abgeschnitten war. Ein Mann von
Entschlossenheit und großer Körperkraft, leistete er waffenlos
nichtsdestoweniger tapferen Widerstand, warf einen der Strolche zu
Boden und verwundete ihn mit dessen eigener Macheta. Von den übrigen
hinterrücks zu Boden geworfen, ward auf ihn losgehauen wie auf ein
Bündel Brennholz, und als der arme Junge, den ein Schlag über den
Kopf besinnungslos niedergestreckt hatte, wieder zu sich kam, war der
todtähnliche Capitain in ein nahes Gebüsch geschleppt, der Karren
des Geldes, des Schiffschronometers und einiger anderen leicht
transportablen Gegenstände beraubt, die Banditen aber verschwunden.
Einige Amerikaner, -- die ich später in Leon kennen lernte -- des Weges
kommend und gut bewaffnet, setzten zwar den Räubern eine Strecke nach,
aber ohne Erfolg. Sie mußten sich damit begnügen den Verwundeten, der
noch einige Lebenszeichen von sich gab, zu verbinden und nach Pueblo
nuevo zu schaffen, wo man ihn unter der Pflege der Wirthsleute, ein paar
gutmüthiger alter Jungfern, noch zu retten hoffte. Zwei Aerzte aus
Leon, =Dr.= Livingston und =Dr.= Seidel, ein Sachse, die man schnell von
dorther zu Hülfe geholt hatte, fanden nicht weniger als fünfzehn Hieb-
und Stichwunden und zwei Knochenbrüche an dem Unglücklichen, der trotz
aller angewandten ärztlichen Sorgfalt am dritten Tage, in Folge des
vielen Blutverlustes den Geist aufgab. Große Erbitterung herrscht hier
über diesen Mord, dem in nicht langen Zwischenräumen bereits mehre
vorangegangen, und sobald sich nur erst Gelegenheit dazu findet, wird
Judge Lynch, glaube ich, auf tüchtige Beschäftigung rechnen können.

Der arme Schiffsjunge war noch sehr niedergeschlagen und fühlte sich
bang unter all den fremden Menschen hier, von denen keiner seine Sprache
kannte. Ein gutes Abendessen, das wir mit ihm theilten, ein Glas alten
Portwein aus unserm Reisekeller, so wie einige kleine Geldgeschenke
heiterten ihn indeß ein wenig auf. Am andern Tage ward er nach Leon
abgeholt, um von dort über Realejo auf einem englischen Schiffe in seine
Heimath befördert zu werden.

Im Hause fanden sich nur zwei Gastbetten und davon war eines das
Todesbett des unglücklichen Capitains gewesen; die Strohmatte, aus
der hier einzig die Betten bestanden, starrte noch von den dunklen
Blutflecken des Ermordeten. Obschon ein solcher Umstand nicht eben die
Annehmlichkeiten eines Nachtlagers erhöhet, sind doch 45 Miles zu Pferd
ein probates Mittel um alle etwaigen Bedenklichkeiten niederzuschlagen
und ich entschlummerte sanft, während Mr. Joseph ein Gleiches auf der
anderen Strohmatte that.

Gegen Morgen weckte mich ein Luftzug und ein seltsames Geräusch; die
Thüre ins Freie stand auf, ich hörte an meinem Gepäck zerren und ein
unbekanntes Etwas dumpf brummen. »=En garde!=« rief ich, und das Knacken
eines Pistolenhahnes gab mir vom Nachtlager meines Reisegefährten
herüber Antwort, wobei mir dieser zugleich zurief, ich möge schnell
Licht machen, er wolle die Thüre vertheidigen. Die eintretende
Helle überzeugte uns jedoch, daß der vermeintliche Spitzbube nur ein
friedliches Schwein war, welches, angelockt vom Geruche einiger schönen
Vogelbälge, an meinen Satteltaschen herumzupfte, in welchen ich sie
verwahrt hatte. Ich war so grausam seinen Drang nach ornithologischen
Studien durch einige Hiebe zu dämpfen. Die dadurch erregte Heiterkeit
hatte allen Schlaf verscheucht; wir sattelten und machten uns auf den
Weg, um Leon wo möglich noch bei guter Zeit am Vormittage zu erreichen.

Ein seltsames Concert bildet noch in jedem Dorfe das fortwährende
Geschrei der Hähne und das Bellen einer zahllosen Menge von Hunden, das
die ganze Nacht ununterbrochen fortdauert, als wollten letztere damit
gegen das alte Mährchen, daß die Hunde in diesen Tropenländern stumm
wären, recht eindringlich protestiren. -- Eine höchst praktische
Schutzwehr der Höfe bilden hier die Cactushecken, welche sich
pallisadenartig, mit scharfen harten Stacheln besetzt, oft in einer
Höhe von 8 bis 10 Fuß ringsherumziehen, und vorzüglich zum Abhalten
der Jaguare geeignet sind, die sich häufig des Nachts zu ihrem Schmause
Hunde aus den Dörfern holen.

Um 7 Uhr Morgens stiegen wir hinab in das herrliche Thal von Leon, das
an Schönheit wie an Fruchtbarkeit wohl kaum von irgend einem Lande
der Welt übertroffen werden kann. Ueberall wo nur der mindeste Fleiß
angewandt ist, lohnt sich derselbe im reichsten Maße. Dabei habe ich bis
jetzt noch nirgend gesehen, daß die Cultur wirklich so zur Verschönerung
der Natur beitragen kann, wie eben hier, denn da die Felder meist 50-60
Acres betragen und sich dazwischen immer Gebüsche und schöngezeichnete
reiche Baumgruppen hinziehen, während dichte Waldung da und dort einen,
bald bunten, bald dunklen Hintergrund bildet, so wird dadurch die
angenehmste und zugleich malerischeste Abwechselung hervorgebracht.
Inmitten dieser großen Thalebene liegt Leon, mit seinen vielen Kirchen,
lieblich auf Hügelhängen an einem kleinen Fluße, zwischen majestätischen
Baumparthien. Hier und da wiegen Cocospalmen, einzeln oder in Gruppen
ihre vom Morgenwinde bewegten Häupter auf zierlichen Stämmen; jenseits
der Stadt aber zieht sich die imposante Gebirgskette hin, auf welcher
fünf Vulkane fortwährend Rauchsäulen gleich gigantischen Stoßseufzern,
gen Himmel senden, Kunde gebend von ihrer geheimnißvollen Thätigkeit
tief im Schooße der Erde. Im Osten steht der Monotombo, über 6000
Fuß hoch, im Westen der Viejo, 5500 Fuß hoch, als die gewaltigen
Strebefeiler dieser Riesenmauer, während der stille Ocean sich am fernen
Horizont als dunkelblaue Linie hinzieht.

Um 10 Uhr ritten wir in Leon ein und mit einem Händedruck schied ich
von meinem liebenswürdigen Reisegefährten, der seine Fahrt nach Realejo
fortsetzte. Ob wir uns je wiedersehen, weiß Gott allein.




VI.

Freundliche Aufnahme in Leon. -- General Munnoz. -- Ein demüthiger
Apostel Christi. -- Rückkehr nach Granada.


Ich fand für mich, für Diener und Thiere eine gastliche Aufnahme im
Hause des =Dr.= Livingston, eines sehr geachteten Arztes, dem ich
meine Depeschen, gleich einer Art von Empfehlungsbrief vom Pferde herab
überreichte. Ehe ich mir jedoch Ruhe vergönnte, machte ich mich auf,
gestiefelt, bespornt und staubbedeckt, wie ich war, vor allen Dingen
diese Depeschen abzugeben, die mir dringend ans Herz gelegt waren und
wozu ich noch besondere Veranlassung in den kriegerischen Gerüchten
fand, welche überall laut wurden. Später habe ich mich jedoch überzeugt,
daß dergleichen hier eben nicht viel zu bedeuten hat. Man schreit und
zankt sich eine Weile herum, feuert, wenns hoch kommt, ein paar Dutzend
Flintenschüsse ab, sperrt auch vielleicht hinterher einige Hauptschreier
auf kürzere oder längere Zeit ins Loch, dann ist alles vorbei, um in
einigen Monaten wieder von vorn anzufangen.

Von meinem Empfange bei der Regierung ist nicht viel zu sagen. Schon
vielfach ist das Lächerliche eines kleinen Staates, gleichviel ob
Republik oder Monarchie, ohne inneren Gehalt, ohne Macht und äußern
Einfluß, der sich aber gleichwohl das Ansehen und Gewicht eines größeren
geben möchte, besprochen worden. Der Unterschied zwischen Washington
und Leon ist ungefähr dem eines Empfanges am Hofe von St. Petersburg
und eines in Bernburg zu vergleichen. General Munnoz, der eine Art
von Dictatorrolle spielt, war noch in Unter-Inexpressibles, warf aber
schnell ein kleines gelbes spanisches Mäntelchen um, das wahrscheinlich
eine Art von Interimsuniform vorstellen sollte. Ich ward übrigens
äußerst freundlich und zuvorkommend aufgenommen und in mehren Häusern
ward mir Wohnung und Unterhalt angeboten. Ich zog es jedoch vor da
zu bleiben, wo ich war, d. h. bei =Dr.= Livingston, wo ich mich einer
trefflichen Verpflegung und wahrhaft liebenswürdigen Umganges zu
erfreuen hatte.

Mein Zeichnen- und Maler-Material hatte ich in Granada zurückgelassen
und es drängte mich endlich an die Arbeit zu kommen, deshalb dachte ich
auf meine baldige Rückkehr dahin, auf welcher Rückreise =Dr.= Livingston
und Mr. Lane, ein zeitweilig hier lebender Amerikaner, mich begleiten
wollten.

Am Tage vor der Abreise saß ich mit letzterem eben vor der Thüre, als
ein wohlbeleibter Prälat, in Begleitung seiner gewöhnlichen Sauvegarde
von zwei Soldaten, auf seinem Ochsenkarren angeklingelt kam. Wir nahmen
ganz höflich die Hüte ab, allein dies schien dem frommen Manne noch
keineswegs zu genügen, denn er sendete einen seiner Soldaten ab, der
uns zum Niederknieen nöthigen sollte. Das kam uns denn doch ein wenig
allzuspanisch vor, zumal er ja nicht das Venerabile mit sich führte.
Als wir nicht schleunigst gehorchten, holte der Soldat aus, um Mr. Lane
einen Kolbenstoß zu versetzen. Ein ächter Yankee versteht in diesem
Punkte nicht viel Spaß und mein Gefährte zog rasch eine jener
sechsschüssigen New-Yorker Pistolen hervor, was auch mich veranlaßte
mein Bowiemesser ein wenig zu lüften; beim Anblick unseres guten
Vertheidigungszustandes retirirte der Kriegsheld über Hals und
Kopf hinter den Karren des Prälaten, der die Faust ballte und die
schrecklichsten Maledictionen auf uns herabdonnerte. Die ganze
Gesellschaft entfernte sich aber so eiligen Schrittes, als ein
Ochsengespann vermittelst Hieben fortzubringen ist. Mein Gefährte
forderte mich auf sogleich mit ihm zum Präfekten zu gehen, wo wir
den zornentbrannten Prälaten bereits vorfanden. Der Mann des Gesetzes
gerieth durch unsere Gegendeposition so in Verlegenheit, daß er die
ganze Sache, als nicht vor seinen Richterstuhl gehörig, von sich
wies. Der Amerikaner wandte sich nun mit seiner Beschwerde an den
Militaircommandanten, der den allzueifrigen Soldaten auf 24 Stunden ins
Loch sperren ließ. Der arme Bursche dauerte mich, da er ja gar nicht
wußte, wem er es eigentlich recht machen sollte, und erinnerte mich
lebhaft an jenen Rekruten in den fliegenden Blättern, der auf die Frage:
»Was ist ein Soldat?« die Antwort giebt: »A armer geplagter Mensch!«

Der Rückweg nach Granada bot nur den Unterschied, daß ich einige
prachtvolle Arten von Vögeln sammelte, und einen recht einfältigen Mord
an einem armen Affen beging, der ein Kleines auf dem Rücken trug, was
ich leider vorher nicht bemerkt hatte. Ich nahm mich der hinterlassenen
Waise pflichtschuldigst an und päppele sie bis diesen Tag mit Milch und
Wasser weiter, bis sie im Stande sein wird, sich durch eigenes Ingenium
ihren Lebensunterhalt zu verschaffen. Eine ganz neue Erscheinung waren
für mich die Quadusen, im Baue ähnlich dem Hasen, doch mit kürzeren
Ohren und Springfüßen und trippelnd wie der Dachshund.

Auch machte ich von Massaga aus dem Vulkane gleiches Namens einen
Besuch, um vorläufig einige Zeichnenstudien dieser eigenthümlichen
Naturbildungen zu nehmen. Ich hätte sehr gewünscht ins Innere des
Hauptkraters hinabsteigen zu können, der mehre höchst interessante und
groteske Schwefelformationen enthalten soll; dies allein zu unternehmen
ward mir jedoch als eine absolute Unmöglichkeit dringend widerrathen,
da ebensowohl die während der Regenzeit sehr häufigen und plötzlich
eintretenden Nebel den Weg ungemein erschweren, als auch die noch
fortwährenden Entwickelungen von Schwefelwasserstoffdämpfen den einsamen
Wanderer leicht der Gefahr des Erstickens aussetzen. Auch hätte ich
mein armes Pferd um keinen Preis über die verglaste Schlackenmasse
hinweggeschunden und eben so unmöglich war es, trotz aller Nachfragen
und Geldanerbietungen einen Führer und ein Maulthier zu erlangen.
Nichtsdestoweniger habe ich die Lavafelder so viel als möglich kreuz und
quer durchstrichen und auch einen kleineren Nebenkrater erklettert,
bis mich körperliche Erschöpfung und meine total zerrissenen Schuhe zur
Rückkehr nöthigten, habe auch, trotz der erschwerenden Umstände einige
höchst interessante Studien zustandegebracht.

Das Durchwandern dieser öden, und doch dabei an malerischen Schönheiten
so reichen Landschaft, gewährte mir einen eigenthümlichen Reiz, dem ich
nicht Worte zu geben vermag.




VII.

Indigobereitung. -- Verfall des Landbaues. -- Schlimme Aussichten
für Ansiedler. -- Gefährliche Galanterie. -- Zunahme der ärztlichen
Praxis. -- Einfluß des Mondes. -- Selbsthülfe zu rechter Zeit.
-- Die Schwefelquellen von Tipitapa. -- Gefährliche Begegnung. --
Kriegsanstalten. -- Militairische Exercitien.


Ihr habt mich zuletzt Anfang August 1851 auf der Rückreise von Leon nach
Granada verlassen, woselbst ich mein Malergeräth und sonstige Effecten
in Verwahrung gelassen und nun endlich meinen Reisegefährten, Mr.
_Squier_, selbst, oder doch wenigstens gewisse Nachricht über die Zeit
seines Eintreffens vorzufinden hoffte. Da beides nicht der Fall war,
beschloß ich wenigstens, die Zeit zu fleißigen Arbeiten für mein
Portefeuille und kleinern Ausflügen in der Umgegend zu benutzen.

Mein erster ging über den Bergrücken, welcher Granada von Rivas trennt,
nach einer Hacienda des Don Emanuel B.........., die mir als eine
der vorzüglichsten geschildert worden war, sowohl für den Kaffee- und
Cacaobau, wie für Erzeugung des Indigo, mir also die beste Gelegenheit
bot, mich über den Betrieb des hiesigen Landbaues zu unterrichten. Ich
war in Begleitung eines so gebildeten wie liebenswürdigen jungen Mannes
aus Granada, Don Jose S.... Unser Weg führte theils durch herrliche
Wälder, theils durch angebautes Land, dessen Hauptproducte Indigo, Mais
und Bananen sind.

Ziemlich auf der Höhe eines kleinen Gebirgsrückens, etwa 8 Miles von
Granada, hatte ich die Freude, die Ueberreste eines wahrscheinlich
aztekischen Idols aufzufinden; obgleich nur aus geringem und weichem
Material gearbeitet und arg mitgenommen von der Witterung, wie von der
Zerstörungslust der Maulthiertreiber, die im Vorbeiziehen gern einen
Streich mit der Macheta (lange, schwertartige Messer, die zugleich als
Waffe und als einziges Hau- und Schneidewerkzeug dienen) gleich einem
alten Sündenbocke danach führen, zeigte es doch noch deutlich die
nicht unschönen Proportionen und auffallende Aehnlichkeit mit den
flachstirnigen Physiognomien mexicanischer Monumente.

Mehrfach bemerkte ich unterwegs einen merkwürdig lauten Hall des
Hufschlages unserer Pferde, entweder von den Lavafeldern herrührend,
über die sich die wunderbar üppige Vegetation dieses Himmelsstriches
gebreitet, oder vielleicht auch von vulkanischen Höhlungen, die der
Erdoberfläche ziemlich nahe liegen. Ich habe bis jetzt noch nirgends
eine so bedeutende Verstärkung und Weitertragung des Schalles vernommen
wie hier, am auffallendsten aber bei Besteigung eines etwa 10 Miles
von Granada liegenden Berges, der eine entzückende Fernsicht von den
Gebirgen von Leon bis hinab nach St. Carlos bietet und wo ich, zufällig
am Boden liegend, ganz deutlich Trommeln und Musik aus Granada vernahm,
während man stehend nichts davon hören konnte.

Rings um den Mombatch, den Hauptstock des Gebirges von Granada, dessen
eingestürzter, gewaltiger Krater von allen Seiten die malerischesten
Umrisse bietet, erheben sich eine Menge größerer und kleinerer
Hügel, theils noch jetzt fortwachsend, getrieben von der Gewalt des
unterirdischen Feuers, das einen derselben in den letzten vier Jahren
über 30' gehoben hat, vielleicht aber doch nicht mehr Kraft genug
besitzt, um noch kleinere Nebenkrater zu bilden, wie sie sonst bei
Vulkanen mehr oder minder vorkommen.

Auf der erwähnten Hacienda, die wir gegen Abend auf den jetzt überall
durch den Regen grundlos gewordenen Wegen erreichten, ward uns eine
überaus gastliche und freundliche Aufnahme zu Theil, wie denn überhaupt
Gastfreundschaft die hervorragendste Tugend der Einwohner dieses Landes
ist.

Die Hacienda enthält nebst einem ziemlich bedeutenden Viehstande eine
Pflanzung von etwa 12,000 Cacaobäumen und eben so viel Kaffeebäumen;
sehr große Strecken waren mit den für den Wirthschaftsbedarf nöthigen
Mais und Bananen, hauptsächlich aber mit Indigo bebaut, dessen
Fabrication mich am meisten interessirte. Bekanntlich ist der Indigo nur
ein Oxyd des durch Gährung aus der Pflanze gezogenen und ursprünglich
grünen Saftes. Die Pflanze wird zu diesem Zwecke kurz über der Wurzel
abgeschnitten, in großen gemauerten Bassins dicht aufgespeichert und das
Ganze unter Wasser gesetzt. Die darauf wirkende heiße Sonne färbt das
mit dem Pflanzensafte geschwängerte Wasser bald grün, worauf es in
andere, tiefer liegende Behälter abgelassen, dort durch fortwährendes
Rühren und Peitschen mit der Atmosphäre in Contact gebracht wird und
so allmälig erst jene schöne tiefblaue Farbe bekömmt. Das Umrühren wird
anderwärts gewöhnlich durch einen Ochsengöpel oder durch Wasserkraft
bewerkstelligt, hier aber durch eine Procedur, die einen wirklich
höchst possirlichen Anblick gewährte, nämlich durch eine quer durch den
Behälter gehende, mit kurzen Stangen gespickte Holzwelle, in welcher
in der Mitte eine Art Schaukelbret angebracht ist, an dessen Enden zwei
Männer sitzen, die durch abwechselndes Aufstehen und Niederkauern
die ganze Maschine, nach Art der Nürnberger Sägemännchen, in Bewegung
setzen. Man kann kaum etwas Komischeres sehen, als diese hockenden,
schreienden, schwitzenden, oben kupferfarbigen und unten _echt_
indigogefärbten Indianer.

Die ganze Plantage war in früherer spanischer Zeit, aus welcher
überhaupt alle umfassenden Anlagen und bessern Einrichtungen herstammen,
mit großer Umsicht angelegt; weit ausgedehnte gemauerte Kanäle brachten
das Wasser nach allen Theilen der in geordneten Reihen stehenden
Pflanzung. Fortwährende Revolutionen, deren ungefähr aller drei bis
vier Jahre eine ist und durch welche jedesmal die Reichern durch
Contributionen arg geschröpft werden, haben das Vermögen der Besitzer
sehr heruntergebracht; die Kanäle sind verschlammt, die Indigofelder
voller Unkraut, in traurigem, wüstem Zustande, der nur eben so weit
bewältigt wird, um nicht Alles ganz einschlafen zu lassen.

Traurige Zustände, denen allein durch eine recht gesunde, kräftige
Einwanderung abgeholfen werden könnte, wozu aber wiederum nur eben
solche Leute tauglich wären, welche sich zuvor in den Vereinigten
Staaten die Hörner ein wenig abgelaufen und dort erst gelernt hätten,
wie man sich in fremdem Lande am besten organisirt und seine Kräfte
anwenden muß, um die mehrsten Körner aus seinem Weizen zu dreschen.
Solche aber, welche direct aus Deutschland herüberkommen und etwa
meinen, es würden ihnen bei nur geringer Mühe die gebratenen Tauben in
den Mund fliegen, werden hier wahrlich schlechte Rechnung finden. Doch
hierüber werde ich mir am Schlusse meiner Reiseberichte noch einige
besondere Gesammtbemerkungen erlauben.

Einige landesübliche Galanterien sind hier doch solcher Art, daß der
nicht eingewohnte Europäer sich dagegen bei Zeiten verwahren muß, wenn
er nicht, wie ich, die üblen Folgen verschmecken will. Die jungen Damen
vom Hause hatten die Artigkeit gehabt, mir zur Nacht eine mächtige
Schale voll Jasmin unters Bett zu stellen. So gut gemeint dies auch war
und vermuthlich eine landesübliche Sitte gegen Gäste, hatte es doch zur
Folge, daß mein armer Kopf mir andern Tages noch viermal so dick und
schwer, als gewöhnlich vorkam. Ich empfehle meinen Nachfolgern also
nicht blos _Vor_-, sondern auch _Unter_sicht beim Zubettgehen!

Aber nicht nur in Bezug auf Land und Leute, sondern auch an mir selbst
habe ich Entdeckungen gemacht, die Euch in Erstaunen setzen werden. Wie
Ihr wißt, hatte mein trefflicher Freund, =Dr.= _Gescheidt_ in New-York,
mich beim Antritte meiner Reise mit einem kleinen chirurgischen Besteck,
Anleitung zum Aderlassen, sowie einigen allgemeinen medicinischen Regeln
ausstaffirt. Schon während der Fahrt auf dem St. Juan-River hatte ich
Gelegenheit gehabt, von ersterm verdienstliche Anwendung zu machen. Hier
aber sollte ich in noch ganz andere Versuchung geführt werden.

Der alte Herr, dessen Gastfreundschaft ich genoß, von Umfang des Leibes
ziemlich einem Falstaff gleich, befand sich am Abend sehr übel und
wollte guten Rath von mir. Solchen nicht geben, heißt hier sehr
unhöflich sein, denn selbst Demosthenes würde diese braven Leutchen
nicht überzeugt haben, daß ein Europäer (zumal ein Deutscher) und ein
Doctor nicht ganz identisch seien. Zum Glück war der Fall ziemlich
einfach, da der Hauptgrund der Krankheit augenscheinlich in täglich
fünfzehn- bis achtzehnstündigem Schlaf im Hammock und etlichen
Tagesmahlzeiten =à proportion= seines Leibesumfanges lag. Nach
Pulsfühlen und gewichtigem Fingerandienaselegen verabreichte ich ihm
eine gehörige Dosis meiner prächtigen Aloëpillen, die, wenn sie nichts
nützten, doch auch nicht schaden konnten, machte ihn aber aufmerksam,
ja nicht zu Nacht zu speisen, was jedoch eine unmöglich zu befolgende
Vorschrift war, weil der gute alte Papa eine mörderliche Angst hatte,
in diesem Falle über Nacht Hungers zu sterben. Zwei Becher gewürzter
Chocolade mußte ich also =nolens volens= concediren. Trotzdem war der
Zustand des Patienten am andern Morgen bedeutend besser, da die Pillen
ihre bekannte Eigenschaft kräftigst bethätigt hatten, und ich empfing
von der gesammten Familie die feierliche Versicherung, daß ich ein
großer Doctor sei -- was denn doch in der That eine nagelneue Entdeckung
genannt werden kann!

Am Tage darauf kam jedoch ein bedenklicherer Fall: ein Knecht war von
einem Maulthiere an den Schlaf geschlagen worden und lag für todt da.
Natürlich sollte und mußte der =Sennor e'strangero= da wieder Rath
schaffen. Ich spürte noch einige Lebenszeichen an ihm und verfuhr nun
flugs wie der gute =Dr.= de Montegre mit mir vor vier Jahren in Paris
verfahren, als ich jenen unfreiwilligen Purzelbaum von 44' Höhe vom
Gerüste herab gemacht hatte, d. h. ich ließ dem Scheintodten von mehrern
Personen zugleich die Hände und Füße mit ganz heißem Wasser waschen,
bis ich wieder Pulsschläge fühlte, worauf ich ihm eine Ader öffnete,
und hatte die Freude, ihn bald wieder bei voller Besinnung zu sehen. Die
Moral der Sache ist, daß etwa hierher pilgernde Landschaftsmaler sich
darauf gefaßt machen müssen, nebst ihrer Kunst auch noch ganz andere
Künste zu üben. Dergleichen Kopfstöße scheinen übrigens hier etwas sehr
Gewöhnliches zu sein, denn besagtes Individuum ward wenigstens, außer
jener kurzen Gefahr, eine Reise in den Himmel zu machen, weiter nicht
sehr von den Nachwehen belästigt, und hülste schon am Nachmittage ganz
gemüthlich und zu meiner großen Freude Cacao aus, denn ich habe eine
wahre Heidenangst, daß meine wider Willen ausgeübte Doctorpraxis mich
einmal recht ordentlich in die Klemme bringt, wo die gute Absicht einen
kaum ausreichenden Trostgrund für angerichtetes Uebel gewähren dürfte.

Auch die in der tropischen Zone so heftigen Einflüsse des Mondes wie der
Sonne habe ich einige Zeit darauf an mir selbst erfahren. Von ersterem,
als ich eine Nacht so lag, daß die Strahlen des Mondes eine Zeitlang auf
mein Gesicht schienen. Nach lebhaften, ängstigenden Träumen, von denen
mich doch sonst mein gesunder Schlaf nach körperlicher Ermüdung immer
frei läßt, erwachte ich mit überaus heftigem, nervösem Kopfschmerz, der
den ganzen folgenden Tag anhielt und meine ganze, vom Monde beschienene
Gesichtshälfte dick aufschwellte.

Schlimmer bekam mir die andere Erfahrung in Bezug auf die Sonne, die
möglicherweise sogar den Grund zu der bösen Krankheit gelegt haben kann,
die mich bald darauf befiel. Ich hatte =Dr.= _Livingston_ wieder
ein Stück nach Leon zurückbegleitet, um später von dieser himmlisch
gelegenen Stadt aus meine Malerexcursionen vorzunehmen; vorher aber
wollte ich trotz des Abmahnens allein den heißen Schwefelquellen von
Tipi-Tapa und dem Vulkane von Massaga einen Besuch abstatten. Von
Managua aus führt der Weg über die große Ebene, welche die Seen von
Granada und Managua trennt, theils durch herrlichen, hochstämmigen Wald,
theils durch baumloses Sumpfland. Die Sonne brannte heiß hernieder
auf den einsamen Wanderer, das 5 bis 6 Fuß hohe Schilf gewährte keinen
Schutz gegen die senkrechten Strahlen, und die Sumpfluft lag bleiern
über der lautlosen Landschaft. Roß und Reiter trieften von Schweiß
und suchten vergebens nach erquickendem Schatten und Wasser. Mir ward
plötzlich so schwindlich und unwohl, daß ich mich nicht mehr im Sattel
zu halten vermochte und, da ich die Ursache meines Uebelbefindens
errieth und allenfalls noch Bewußtsein genug hatte, um meinen Rock
abzustreifen und meine Lanzette hervorzuholen, so versuchte ich hier zum
ersten Male meine Kunst an mir selbst und öffnete mir eine Ader. Nach
einiger Zeit erwachte ich wieder aus der Ohnmacht, in die ich verfallen
war, hatte starken Blutverlust gehabt, fühlte mich aber auch sehr
erleichtert dadurch. Mein Schimmel dachte nicht ans Fortlaufen, sondern
beschnoperte neugierig bald mich, bald die Blutpfütze. Ich band mir das
Taschentuch so fest ich konnte, um den Arm und kletterte mühsam auf's
Pferd, konnte aber diesen Tag vor Mattigkeit Tipi-Tapa nicht mehr
erreichen, sondern mußte in einer kleinen Hacienda übernachten, wo mein
armes Pferd, da kein Futter vorhanden war, sich das seinige selbst im
=Protero= (Weideplatz) suchen mußte, der noch dazu über eine englische
Meile entlegen war. Dieser letztere Uebelstand tritt sehr oft ein und
deshalb bringt jede Reise die Thiere sehr herunter, besonders wenn man
schwer laden muß, wie ich es genöthigt war, da ich bei solchen kleineren
Excursionen aus öconomischen Gründen weder Diener noch Packthier bei mir
habe.

Nachdem ich mich bei dem gutmüthigen Besitzer der Hacienda einen Tag
ausgeruht, riskirte ich, trotz der erhaltenen Witzigung, noch einen
Besuch der Schwefelquellen von Tipi-Tapa, welche ungefähr eine Meile vom
genannten Flecken, an der Stelle liegen, wo der Rio di Tipi-Tapa (ein
Ausfluß des Sees von Managua) sich zwischen großen Felsbrocken verliert.

Die stärkste dieser Quellen erhebt sich inmitten eines, theils
sumpfigen, theils mit Steingerölle gefüllten flachen Kessels aus einem,
durch Niederschlag der das Wasser sättigenden Mineralien gebildeten
Hügelchen von acht bis zehn Fuß Höhe. Das Wasser quillt ganz siedend
hervor und entwickelt eine Menge von Schwefelwasserstoffdämpfen,
die mich, als ich beim Losbrechen und Sammeln einzelner Stücken des
Niederschlages etwas zu lange verweilte, ganz schwindlich machten.
Ich befürchtete eine Rückkehr des vorerwähnten Ohnmachtanfalles und
entfernte mich so schnell als ich vermochte. Es ging auch bald vorüber,
als ich nach einiger Zeit in freiere Luft kam, und ein Fußbad in dem
etwas weiter entfernten abgekühlten Wasser wirkte besonders wohlthätig
auf mich.

Eine zweite heiße Schwefelquelle entspringt inmitten eines kleinen
Teiches von ganz kaltem Wasser, wie dies auch bei den Liparischen
Inseln an der Küste Siciliens gefunden wird, und noch mehre andere,
von minderer Bedeutung, nicht weit davon. Alle diese Quellen enthalten
augenscheinlich eine große Menge Schwefel, Kochsalz, sowie einige
andere kräftige Substanzen, und werden dereinst einmal, wenn erst eine
zahlreichere und betriebsamere Bevölkerung das Land etwas empor gebracht
haben werden, gewiß eine sehr besuchte Heilquelle bilden, und einen
nicht weniger bedeutenden Exportartikel liefern.

In Folge dieser beiden eigenen Erlebnisse kann ich alle, mir etwa
nachfolgenden Reisenden, zumal so lange sie sich noch nicht völlig an
das hiesige Klima gewöhnt haben, nicht dringend genug warnen, selbst
kleinere derartige Ausflüge niemals allein zu unternehmen.

Als ich Tags darauf auf meinem Rückwege durch einen Wald über eine Art
von Kreuzweg kam, riefen mir von der Seite drei Berittene, mit Lanzen
bewaffnet, ein grimmiges »Halt!« zu; ich verspürte jedoch nicht
sonderlich viel Lust mich mit ihnen in nähere Expectorationen
einzulassen, und als einer davon mit erneutem Rufe ein Pistol aus der
Halfter zog, nahm ich, so miserabel und unkriegerisch mir auch noch zu
Muthe war, meine getreue Büchse herauf, was die drei Helden, zu meiner
großen Befriedigung, bewog, Kehrt zu machen und sich nicht weiter um
mich zu bekümmern. Ich erfuhr bald darauf, daß es der Vorposten eines,
in Managua garnisonirenden, etwa 300 Mann starken Corps der Granadiner
Reichsarmee war, welche zum bevorstehenden Kampfe mit den Leonesern
zusammengezogen wird.

Ihr müßt nämlich wissen, daß seit etwa zwei Wochen wiederum eine neue
Revolution sammt allen Gräueln des Bürgerkrieges im Anzuge ist, ohne
daß ich selbst bis jetzt viel davon bemerkt hatte. Die respectiven
Regierungen von Granada und Leon haben einen Aufruf an alle waffenfähige
Bürger erlassen, zur Rettung des Vaterlandes herbeizueilen, welcher
Aufruf jedoch, wenigstens auf Seite der Granadiner, eben keinen
absonderlichen Enthusiasmus erregt zu haben scheint. Eine Abtheilung
dieser barfüßigen Prätorianer liegt, wie gesagt, in Managua,
größtentheils mit Flinten bewaffnet, von denen die eine keinen
Ladestock, die andere kein Bajonett, die dritte sogar kein Schloß hat,
sehr viele davon aber wohl beim ersten Schuß springen werden. Dieses
Corps steht unter dem Commando eines Generals, der sich in besseren
friedlichen Zeiten damit beschäftigt, verdorbene Uhren noch mehr zu
verderben.

Auf der Durchreise ward mir das Glück zu Theil, diese tapferen Spartaner
manövriren und exerciren zu sehen. In Erwartung nämlich, daß der Feind
kommen werde, laufen die Helden einstweilen täglich einige Stunden,
einer hinter dem andern, rings um den geräumigen Marktplatz herum,
wozu abwechselnd auf einer faßartigen, von zwei Mann getragenen großen
Trommel, oder auf zwei kleinen übereinandergebundenen, Tambourins
gleichenden Trömmelchen tapfer darauf losgepaukt wird. Auch
Festungswerke hat man errichtet, wenn man nämlich einige, 4 Fuß hohe,
einen Fuß dicke Mäuerchen aus Luftziegeln und von Holzklötzen und Balken
gestützt, mit diesem Titel beehren will. Auf der Gegenpartei mag es
wohl auch nicht viel besser aussehen, und so stehen sich denn die Löwen
kampfgerüstet einander gegenüber.

Der Hauptkern dieser ewig wiederkehrenden Katzbalgereien, die das arme
Land nur aussaugen und keinen gedeihlichen Zustand zur Blüthe kommen
lassen, beruht auf einem individuellen Streite der Machthaber von Leon
und Granada, und diesmal scheint mir die Granadiner Partei insofern im
Rechte zu sein, als sie einen, meiner Ansicht nach, ganz vernünftigen
Zusammentritt zu einer größeren Föderativrepublik zum Feldgeschrei
haben, während die Leoneser eine Art von Sonderbündelei im Schilde
führen, aus der natürlich immer wieder neuer Same der Zwietracht
erwachsen muß. Das Seltsamste dabei ist aber, daß die ganze Sache
sich eigentlich nur um das Privatinteresse von etwa einem Dutzend
tonangebender Personen dreht, die Hauptmasse der Bevölkerung derselben
ziemlich fremd bleibt und nur insofern Interesse daran hat, als sie
immer wieder das blutende Opfer dieser Kämpfe werden muß; von wahrem
Patriotismus, freudiger Hingebung an das allgemeine Wohl des Vaterlandes
habe ich aber verwünscht wenig bemerkt, trotzdem die Leute derlei
pomphafte Reden ewig im Munde führen.

Solche Wahrnehmungen, so viel sie auch zur Erweiterung meiner Welt- und
Menschenkenntniß beitragen, betrüben doch recht herzlich in einem Alter,
das noch für allerhand schöne und ideale Illusionen empfänglich ist.
Hat man auch endlich hier und da noch einige edle Züge entdeckt, so
schrumpfen bei näherer Prüfung auch davon noch die meisten zu einer
gedörrten Frucht zusammen, die sich nur das Ansehen einer frischen zu
geben strebt. So jung ich auch noch bin und so wenig Welterfahrung ich
auch in dieser Hinsicht noch gesammelt, ist mir doch der Appetit nach
mehren schon ziemlich vergangen.




VIII.

Der geendigte Krieg in Nicaragua. -- Aufregung in Granada. --
Unangenehme Conflicte. -- Meeting in Massaga. -- Hauptquartier
in Managua. -- Don Fruto Chamorro. -- Gefecht von Nagarote.
-- Erkrankung. -- Gefecht von Chinandega. -- Mißverhältniß der
Streitkräfte. -- Vertrag von Posolteja. -- Treubruch des Generals
Lopez. -- Ehrenhaftes Benehmen des amerikanischen Gesandten. --
Traurige Aussichten.


  Leon, d. 1. December 1851.

So widerlich und betrübend für den Menschenfreund auch das seit meinem
letzten Berichte hier zu Ende geführte Drama ist, kann ich mich doch
nicht enthalten Euch das schmachvolle Ende dieses neuesten zahmen
Revolutionskampfes von Nicaragua zu schildern. Ich will eine möglichst
ausführliche und getreue Darstellung der letzten Ereignisse versuchen,
einmal, weil, soviel ich weiß, keine der bisherigen Correspondenzen in
amerikanischen Blättern frei von Irrthümern war, was seinen natürlichen
Grund darin hat, daß keine dieser Correspondenzen von Leon aus erfolgte,
wo die Haupttragödie -- oder Comödie, wie man es nehmen will -- gespielt
hat und hier zu Lande, wie anderwärts, jede Meile ein wenig an der
Nachricht verändert, so daß eine Mosquitofliege, welche in den Straßen
von Leon ausfliegt, schon in Granada als ein zweiköpfiger Drache anlangt
und bis St. Juan zu einem Monstrum mit hundert Köpfen und tausend Armen
anschwillt.

Nebstdem vermag aber auch nichts einen deutlicheren Begriff der
hiesigen unglückseligen Landesverhältnisse zu geben, als eine schlichte
Darstellung solcher Ereignisse, die sich schon so oft in gleicher
Weise wiederholt haben und noch wiederholen werden, mit dem einzigen
Unterschiede, daß dann immer andere Hauptacteurs figuriren; die
Hauptsache bleibt aber dieselbe.

Meine letzte (dritte) Reise von hier nach Granada und zurück, um einen
meiner Creditbriefe in klingende Münze zu verwandeln, so wie eine
zufällige Unterhaltung mit dem eben zurückgekehrten Präsidenten Pineta,
der mir aber zu jener Zeit noch unbekannt war, in Massaga, erlauben
mir die genaueste Auskunft über das zu geben, was sich auf Seite der
Granadiner zutrug. In Betreff der Leoneser Partei setzen mich die
detaillirsten Mittheilungen eines, zur Zeit hier noch residirenden,
höchst achtbaren Amerikaners, dessen verantwortliche Stellung mir jedoch
die Nennung seines Namens verbietet, der aber von allen Vorfällen auf
das Genaueste unterrichtet ist, in den Stand auch dasjenige zu berichten
was sich zutrug, als ein hitziges Fieber mich ans Bett fesselte und
somit verhinderte, Augenzeuge der Vorfälle zwischen dem General Lopez
von Honduras und dem Leoneser General Munoz zu werden. Endlich aber
überzeugten mich mehre Unterhaltungen mit dem Minister Chicodilla,
welcher fast täglich das Haus meines gütigen Wirthes und Pflegers, des
=Dr.= Livingston besuchte, von der vollkommenen Richtigkeit aller jener
Mittheilungen.

Ich übergehe meine letzte Hinreise nach Granada, die den früher schon
beschriebenen gleich war, bis auf den Umstand, daß ich diesmal meinen
Weg über Tamarinta-Bay nahm, welche ich jedoch nur in der Entfernung
einer (engl.) Meile zu Gesicht bekam, da der Sumpfboden, in welchem mein
armes Pferd bis an den Sattelgurt versank, mir nicht verstattete, näher
hinan zu gelangen. Dieser Abstecher brachte mir nebenbei auch noch das
Vergnügen einer schlaflosen und höchst qualvollen Nacht ein, in der ich
von Mosquitos und Sandfliegen, -- das allerlästigste Insect von der Welt
-- beinahe aufgefressen worden wäre.

Am Tage, oder richtiger am Abend, wo ich Granada wieder verließ, war die
Stadt aus zweierlei Anlaß in lebhafter Aufregung. Zuerst war früh 9 Uhr
die Nachricht eingetroffen, daß der vertriebene Präsident Pineta aus
seiner Verbannung über Segovia und Tipitapa eintreffen werde, infolge
dessen jedermänniglich und weibiglich sein Haus aufs Beste mit Fahnen,
Teppichen und Blumen zu schmücken bemüht gewesen war. Diese Freude
der Granadiner ward jedoch unangenehm durch den blinden Lärm gestört,
Colonel Mac-Claen sei mit einer großen Anzahl Amerikaner in St. Juan del
Sur den Leonesern zu Hülfe gekommen und rücke mit Heeresmacht heran, um
Granada zu bedrohen. Daß diese letzte Nachricht völlig unwahr, wußte
ich sehr wohl, denn noch bevor ich Leon verließ war besagter Colonel
mit nicht mehr als 14 Mann amerikanische Freiwillige dort eingetroffen,
welche Heeresmacht noch durch etliche Zuläufer bis zu einer sehr
schwachen Compagnie angewachsen war, die Mac-Claen eben noch möglichst
einzuexerziren sich abmühete.

Es hatte sich in Granada, Gott weiß aus welchem Grunde und auf welchem
Wege, das Gerücht verbreitet, ich sei Träger einer bedeutenden Geldsumme
für Munoz, welche seine Freunde in Granada ihm zusendeten. -- Du lieber
Himmel! als ob ein armer reisender Maler überhaupt jemals Träger einer
bedeutenden Geldsumme sein könnte? -- und als ich die Plaza passirte,
ward ich vom Pfeifen und Schreien der Menge begleitet, während ein
junger, ziemlich anständig gekleideter Mensch sogar unverschämt genug
war, mich auf englisch zu insultiren und mich als Parteigänger Munoz
bezeichnete, den man anhalten, das Pferd wegnehmen müsse und endlich
gar das Wort Scoundrel (Schurke) gebrauchte. Wer ein gut Gewissen
hat, braucht sich nicht schimpfen zu lassen, dachte ich, wendete
augenblicklich mein Pferd und zog, auf den Laffen losgaloppirend, den
Ladestock meiner Büchse, um ihm die verdiente Züchtigung angedeihen zu
lassen; er flüchtete sich aber in ein Haus, durch dessen verschlossene
Thür ich ihm freilich nicht folgen konnte, was mir für den Moment um
so lieber war, als die späte Tagesstunde, so wie ein heraufziehendes
schweres Gewitter mich zur Eile antrieb; treffe ich aber den Burschen
jemals wieder, so dürfte unsere Begegnung zur Folge haben, daß ich mir
einen neuen Ladestock anschaffen müßte.

Ich wünschte noch vor später Nacht Massaga zu erreichen und legte die
5 Leguas, durch den unaufhörlichen Regen bodenlos gewordenen Weges bis
dahin so schnell wie möglich und mit all der Vorsicht zurück, die eine
Vedette in Feindesland anwendet, denn nach den gemachten Erfahrungen
mußte ich jeden Augenblick gewärtig sein, den Pfeil eines Meuchelmörders
aus dem Dickicht schwirren zu hören. Nichts der Art trug sich indessen
zu und gegen 10 Uhr Abends ritt ich in das Gehöft einer bekannten
Familie ein, bei der ich schon zweimal übernachtet hatte.

Ich fand in diesem Hause, wo ich sonst nie einen Mann, außer dem
Besitzer, getroffen hatte, eine Versammlung von zehn bis zwölf Männern
vor, von denen einer, ein hochgewachsener helläugiger Mann mit blondem
oder grauem Haare, -- wegen mangelhafter Beleuchtung konnte ich den
Zweifel nicht lösen -- der gutmüthig in die Welt hinausblickte, el
Sennor Directore genannt wurde. Ich war zu sehr mit dem Gedanken
an meine Weiterreise mitten durch die, einander feindlich
gegenüberstehenden Heere, so wie mit der Befriedigung meines Appetits
beschäftigt, um der Unterhaltung dieser Gesellschaft absonderliche
Aufmerksamkeit zu schenken; allein auf einige an mich gerichtete Fragen
über Zweck und Endpunkt meiner Reise, so wie um meine Meinung über das
Land, die Revolution und die Stimmung der Fremden, antwortete ich frank
und frei, ohne mir ein Blättchen vor den Mund zu nehmen, so daß ich
sicher war, verstanden zu werden. Zudem sorgte auch noch ein junger
Mann, Namens Rivas, dafür, aus einer der angesehensten Familien
Massagas, der geläufig englisch und französisch sprach und meinen
Dollmetscher machte. Auf meine Aeußerungen der Entrüstung: daß in einem
kleinen Lande wie Nicaragua, das man selbst auf der größten Specialkarte
bequem mit der Hand bedecken könne und dennoch zwanzigmal mehr
Flächenraum habe als zum Unterhalte seiner Bewohner nöthig, die Menschen
nicht einmal in Ruhe und Frieden mit einander leben könnten, lachte
jener blondgraue Herr recht aus vollem Herzen und schnitt dazu ein
Gesicht wie mein Schimmel, wenn ich ihm die Schüssel voll süßen Mais
vorhalte.

Ohne weitere Abenteuer langte ich andern Tages bei guter Zeit in Managua
an, wo man mich nach meinem Paß vom Präfecten von Granada fragte und
mich auf meine verneinende Antwort an den commandirenden General Don
Fruto Chamorro verwies. Ich war vortrefflich mit doppelten Pässen
versehen, einen vom Ministerium in Washington und einen zweiten von
Sennor Don Marcoleta, spanischer Gesandter bei der Regierung der
Vereinsstaaten und den Staaten von Central-Amerika, dachte mithin nicht
im mindesten daran, umzukehren.

Nachdem ich mich und mein Roß erst mit einigem Imbiß gestärkt, ritt
ich straks vor Don Fruto's Hauptquartier. Es wimmelte von Officieren,
Ordonnanzen und Soldaten aller Waffen, wohl ihrer hundert, kurz einem
Generalstabe, mit dem sich eine Armee von 50,000 Mann allenfalls
hätte begnügen können. Das erste Beginnen dieser Helden war, mich zu
entwaffnen, ja einer schnallte mir sogar die Sporen ab, während zwei
Andere mein Pferd hielten. Ein Officier bezeigte sogar Lust, Hand an
mein Toledoschwert zu legen, was ich jedoch fest entschlossen war nicht
_auf_-, sondern dem dreisten Menschen eines damit _über_ den Kopf zu
geben, als Don Fruto's Dazwischenkunft noch bei Zeiten alle weiteren
Gewaltthätigkeiten verhinderte, bei denen meine Wenigkeit am Ende doch
wohl den Kürzeren gezogen haben dürfte. Da ich aber nun einmal auf hohem
Pferde saß, ließ ich ihm einige sehr scharfe Redensarten verschmecken,
worauf er, wie ich nicht anders erwartet hatte, sein Visa ohne weiteres
Zögern unter meine Pässe setzte.

Auf halbem Wege zur nächsten Station (Mitiares) begegnete mir ein
Officier in großer Hast und Eile und von äußerst mürrischem Ansehen;
im Dorfe selbst angelangt, welches der letzte befestigte Posten der
Granadiner war, fand ich etwa 200 bis 250 Mann, ganz entkräftet, mit bei
Seite geworfenen Waffen überall schlafend umherliegen, während von Zeit
zu Zeit immer noch Andere vereinzelt und eben so erschöpft anlangten. Am
Ausgange des Dorfes erfuhr ich die Ursache hiervon. In vergangener Nacht
war ein vorgeschobenes Corps von 350 Mann im Dorfe Nagarote von den
Leonesern plötzlich mit großem Ungestüm angegriffen und in die Flucht
geschlagen worden. Genauere Details konnte ich zur Zeit nicht erfahren,
außer daß ein Colonel Silaga -- auch Cachirullo genannt -- durch einen
Lanzenstich getödtet worden sei, was mich aufrichtig betrübte, denn
ich war schon bei meiner ersten Anwesenheit in Leon mit diesem Colonel
persönlich bekannt und befreundet worden und hatte ihn als braven,
gebildeten Officier und auch sonst um Vieles höher schätzen lernen, als
einen großen Theil seiner Landsleute.

Bis Abends 7 Uhr begegnete ich noch Nachzüglern, theils einzeln, theils
in kleinen Trupps, theils mit, theils ohne Waffen, theils auf der
Heerstraße einherschwankend, theils aus dem Walde kommend, wohin sie
sich in ihrem Schrecken geflüchtet hatten.

Tief in der Nacht und triefend von Regen langte ich in Nagarote an; am
Eingange des Dorfes lagen einige getödtete Pferde und die Bewohner waren
noch so voller Schrecken über die letzte Affaire, daß ich nur erst,
nachdem man meine von früherher noch bekannte Stimme wieder erkannt
hatte, Einlaß ins Wirthshaus erhielt.

Dies waren die einzigen persönlichen Rencontres, die ich mit den Heeren
der kriegführenden Mächte von Central-Amerika zu bestehen hatte, und
aller Wahrscheinlichkeit nach waren es diese Vorfälle, aus denen der
Correspondent eines New-Yorker Blattes die grausenhafte Geschichte
meiner Gefangennehmung und tödtlichen Verwundung zusammengeschmiedet
hatte, die Euch, Ihr Lieben, leider in so große Sorge und Angst um mich
versetzte. Die Münchhausiade sei ihm in Gnaden verziehen.

In Leon, das ich am andern Morgen ohne weitere Fährlichkeiten erreichte,
erfuhr ich erst die genaueren Details über jenes Gefecht von Nagarote.
Dreißig Mann Infanterie, ungefähr eben so viele Cavalleristen und etwa
ein Dutzend amerikanischer Scharfschützen waren unter Befehl des Colonel
Silaga auf eine Recognoscirung detachirt worden und stießen unvermuthet
auf den Feind. Als die Vorposten feuerten, ging's gleich mit Hurrah und
Halloh drauf los, und da die Dunkelheit die geringe Anzahl der Leoneser
verbarg, so brachte der erste entschiedene Angriff eine eben so
entschiedene Niederlage hervor und die Granadiner liefen nach allen
Seiten davon, wie ich noch selbst hatte sehen können, und so wild war
die Flucht gewesen, daß mehre Armee-Papiere, Geld, Effecten und die
ganze Bagage der Officiere, insoweit dieselben dergleichen hatten, in
die Hände der Leoneser fielen. Noch am Morgen nach dem Gefechte wurden
von den Dorfbewohnern fünf Granadiner aus einem flachen Brunnen gezogen,
wohinein sie in der Todesangst gesprungen waren.

Doch genug der Thaten der zerlumpten Helden. Ich war, wie gesagt,
glücklich und wohlbehalten in Leon angekommen, mußte aber gleich nach
meiner Ankunft den nur aufgeschobenen Tribut der Acclimatisation zahlen,
indem ich in ein hitziges Fieber verfiel, das mich über vierzehn Tage
ans Bett fesselte und mich sehr von Kräften brachte; nur durch die
größte Schonung, treffliche Pflege in =Dr.= Livingston's gastfreiem
Hause, gute Nahrung, Porter u. s. w. kam ich nach und nach wieder auf.
Während dieser Zeit war die Entwickelung des traurigen Possenspiels in
folgender Weise vor sich gegangen:

Am 4. November war eine Escolta von fünfundzwanzig Infanteristen und
fünfundzwanzig Cavalleristen nach Chinandega, einer kleinen Stadt
von circa 10,000 Einwohnern, halbwegs zwischen hier und der Küste des
Pacific gelegen, entsendet worden, um eine Geldcontribution zu erheben.
Commandant des kleinen Trupps war Major Silaga II., Bruder jenes
erstgenannten Colonel Silaga, der übrigens nicht in jenem Gefechte von
Nagarote geblieben war, sondern nur drei leichte Wunden davon getragen
hatte. Dieser Leoneser Trupp war bereits bis auf die Plaza von
Chinandega vorgerückt, mit Befremden nur durch leere Straßen
marschirend, als er plötzlich von allen Seiten mit einem mörderischen
Feuer begrüßt ward. Es waren dies Hondurenser Truppen, welchen Staat
Granada für sich zu gewinnen gewußt hatte, unter Commando des Generals
Lopez, begleitet von dem Minister Chicodilla von Nicaragua, welcher mit
dem Präsidenten Pineta die Verbannung getheilt hatte. Schon einige Zeit
vorher hatte das Gerücht vom Abfall Honduras und vom Eintreffen dieser
Truppen in Leon circulirt, Niemand hatte aber recht daran glauben
wollen.

Ein kurz zuvor eingetretener Regensturm hatte zum Unglücke der Leoneser
Truppen auf dem Marsche den größten Theil ihrer Munition durchnäßt; die
Uebermacht nicht beachtend commandirte Major Silaga dennoch muthig zum
Angriff und warf den Feind auch wirklich fünf Straßen weit zurück, über
einen kleinen Fluß. Hier aber ward er mit solcher Heftigkeit von drei
Seiten angegriffen, daß er nicht länger Stand zu halten vermochte;
nachdem jeder seiner Leute die wenigen etwa noch trocken gebliebenen
Patronen bis auf die letzte verschossen hatte, zerstreuten sie sich und
suchten einzeln, so gut sie konnten, sich einen Ausweg zu bahnen. Der
Major Silaga und sein Adjutant, denen beiden die Pferde unter dem Leibe
getödtet worden waren, mußten zu Fuß den Weg bis Chichigalpa suchen, an
welchem Orte sie so glücklich waren frische Pferde zu erlangen. Von der
ganzen Escolta trafen im Laufe der nächsten Tage noch 26 Mann, ohne ihre
Officiere, ein; etwa 12 Todte waren auf dem Platze geblieben, worunter
die Mrs. Bradburry und Lane. Das Häuflein erreichte glücklich Leon
auf weitem Umwege über Realejo. Feindlicher Seits waren bedeutend mehr
geblieben. Im Ganzen sollen sich jedoch die Hondurenser, obschon ihnen
ihre große Ueberzahl zu statten kam, immer noch besser geschlagen haben,
als die Granadiner Helden.

Der General Munoz sah nach diesem Gefechte ein, daß die neuesten
zuverlässigen Nachrichten über die nummerische Stärke des Feindes ihm
ein sehr zweifelhaftes Resultat in Aussicht stellten. Die Granadiner
zählten, die allerdings nur schwachen Garnisonen von Granada, Rivas,
St. Juan del Sur, Matagalpa nicht mit eingerechnet, über 1100 Mann,
wovon ein großer Theil zuletzt noch in aller Eil ganz gut mit Uncle
Sams Musqueten bewaffnet worden war, die Mr. White als Preis seines
nichtswürdigen Monopols erschachert hatte; dazu die Hondurenser,
zwischen 300 und 400 Mann stark, also zusammen über 1500 Mann disponible
Truppen. Diesen hatte Munoz Alles in Allem nicht ganz 700 Mann
entgegenzustellen, allerdings besser disciplinirte und exerzirte Leute,
mit einer halben Batterie leichter Artillerie unter Commando eines
französischen Officiers. Auch sein kleines Häuflein Cavallerie war
nicht ganz übel beritten und einexerzirt. Bei solchem nummerischen
Mißverhältniß und geringem Vertrauen auf die kriegerische Ausdauer der
Eingeborenen, war es daher das Klügste was man thun konnte, mit der
Gegenpartei in Unterhandlungen zu treten, um die Stadt doch wenigstens
unter möglichst guten Bedingungen zu übergeben.

Munoz sendete daher am 9. November einen Parlamentair ab, der eine
Zusammenkunft in Posolteja mit General Lopez stipulirte. Bei Munoz
Annäherung mit der gegenseitig accordirten Escolta (die Munozsche
bestand aus 2 Officieren, 2 Amerikanern und 6 Lanziers), lief die
Granadiner Escolta über eine Legua zurück, bis Chichigalpa, und war erst
dort zu überzeugen, daß von dieser, in friedlicher Absicht gekommenen,
handvoll Leute nichts zu befürchten sei.

Die Capitulation kam denn auch wirklich zu Stande, und einige
ihrer Hauptbedingungen waren: gänzliche Amnestie für alle an dem
Revolutionskriege Betheiligten, Entlassung der beiderseitigen
Kriegsheere, Freiheit für die amerikanischen Freiwilligen, zu gehen,
oder sich friedlich im Lande niederzulassen u. s. w.

Am 12. November ward in Folge dieser Capitulation Leon übergeben; die
Amerikaner feuerten den üblichen Salutschuß, während die eingeborenen
Artilleristen in den stehenden Batterien postirt waren. Wie groß
war aber das Erstaunen des Generals Munoz, als er sich, nachdem er
seinerseits pünktlich alle Artikel erfüllt, die Waffen gestreckt und
alle seine Truppen entlassen hatte, plötzlich von der eingerückten
Abtheilung Leoneser, die er mit einem Handgriff hätte erdrücken können,
so lange er seine Truppen noch unter Waffen hatte, überfallen und mit
eilf der vornehmsten Officiere gefangen sieht. Der Traktat war dem
Präsidenten Abaonza (von Leon) übergeben, dann aber diesem wieder
heimlich entwendet worden, und jetzt leugnete General Lopez sogar dessen
Existenz ganz ab.

Auf wessen Seite von Anfang her das Unrecht lag, sei hier ganz
dahingestellt, und eben so die Erörterung der Frage, ob ein Sieg der
Leoneser Partei dem unglücklichen Lande eine bessere Zukunft in Aussicht
gestellt haben würde; aber jeder Unbefangene wird sich nach Obigem einen
Begriff machen können, was man in Central-Amerika auf die Heiligkeit der
Verträge, auf Soldaten- und Mannesehre zu geben hat.

Die Gefangenen hatten sich noch am selben Nachmittage an den sehr
ehrenwerthen Mr. Kerr, bevollmächtigten Gesandten der Vereins-Staaten
in Nicaragua gewandt und dieser stand keinen Augenblick an sich dieses
Vertrauens, so wie der Regierung, die er repräsentirte, vollkommen
würdig zu beweisen. Trotzdem er früher laut und unverhohlen kund
gegeben, wie weit entfernt er sei, mit der Revolutionspartei und dieser
steten Erneuerung der Mißhelligkeiten zu harmoniren, eilte er jetzt bei
so grober Rechtsverletzung nichtsdestoweniger, obschon es schon spät in
der Nacht war, zum feindlichen General, um unter dem Schutze der Sterne
und Streifen auf der Stelle eine energische Protestation gegen solch
nichtswürdiges und wortbrüchiges Verfahren, so wie gegen jede etwaige
militairische Verurtheilung und Tödtung der Gefangenen, diese geradezu
als niedrigen Meuchelmord bezeichnend, niederzulegen. Dieser Akt war
keineswegs so leicht und gefahrlos, wie er daheim unter civilisirten
Nationen erscheinen mag; denn hier, wo durchschnittlich immer die Hälfte
der Soldaten betrunken, und die andere noch nicht völlig nüchtern ist
und demnach fortwährend Excesse aller Art vorkommen, war es gar nicht
unmöglich, daß einige Soldaten, statt ihren patriotischen Heldenmuth
durch Freudenschüsse in die Luft kund zu geben, wie man es hier sehr
liebt, aus Versehen dem verhaßten amerikanischen Gesandten, der
ihrem General so starke Sachen zu riechen gab, eine Kugel durch den
Hirnschädel jagte.

Erst zwei Tage darauf wagte es endlich Don Fruto Chamorro mit seiner
gesammten Heldenarmee in die Stadt zu rücken, nachdem er sich vorher
sorgfältig überzeugt hatte, daß ihm keinerlei Gefahr mehr drohe. Ich
hörte von meinem Krankenbette aus die Freudensalven der Soldaten,
konnte aber leider den Anblick des mit Lorbeern und Lumpen bedeckten
Siegesheeres nicht genießen.

Am 18. brachte eine Escolta Hondurenser 10 Amerikaner, die sich
laut Vertrag im Hafen von Realejo hatten einschiffen wollen und im
Augenblicke ihrer Einschiffung von den nachgeschickten Truppen gefangen
genommen worden waren, in die Stadt. =Dr.= Livingston und ich, da
ich wieder so weit Reconvalescent war, um ausgehen zu dürfen, gingen
sogleich um die Gefangenen zu sehen, wurden aber zurückgewiesen. Wir
kehrten sogleich um, ich um zu Mr. Kerr zu gehen und ihm den Vorfall
anzuzeigen, während =Dr.= Livingston schriftlich von Don Fruto Chamorro
eine Erklärung über diese neue Vertragsverletzung verlangte.

Nach einigem Hinundherverhandeln ward uns endlich allen Dreien der
Zutritt verstattet, und traurig genug war der Anblick der armen Leute;
in einem wahren Hundeloche, voller Schmutz und Ungeziefer, ohne Essen,
Trinken, noch irgend eine Spur von Versorgung. Es wurden indeß vier,
welche infolge der Mißhandlungen bedeutend erkrankt waren, sogleich auf
=Dr.= Livingstons Bürgschaft an diesen ausgeliefert, während der Rest,
Dank den energischen Schritten des Mr. Kerr, später gegen Handgelöbniß
entlassen, und seit gestern in völlige Freiheit gesetzt wurden, bis
zu welchem Tage sie alle im gastfreien Hause des =Dr.= Livingston eine
Zufluchtsstätte gefunden hatten.

Die Lage der eingeborenen Gefangenen blieb jedoch nach wie vor dieselbe,
und ohne Mr. Kerr's unermüdliche Wachsamkeit, der sich überhaupt während
dieser ganzen Zeit kein geringes Verdienst um die Ruhe und Sicherheit
der Stadt erworben, wären sie vielleicht schon längst ihres Lebens
beraubt worden. Man hatte mehrfach beabsichtigt, dieselben aus dem
bischöflichen Palaste, wo sie gefangen gehalten wurden, an einen anderen
Ort zu bringen, und es entspräche ganz dem niedrigen Charakter der jetzt
herrschenden Partei, bei der sich, wie dies so häufig der Fall ist,
Feigheit mit Grausamkeit paart, während des Transportes unter möglichst
schwacher Bedeckung, die Gefangenen von einem Haufen gedungener Mörder
überfallen und abschlachten zu lassen. Das Gouvernement kann ja dann mit
Leichtigkeit alle Schuld von sich abwälzen und öffentlich mit größtem
Eifer nach den Dolchen suchen, die es in der eigenen Schärpe trägt.

Das politische Wetter ist übrigens noch entsetzlich schwül und ich
müßte mich sehr täuschen, wenn nicht binnen ganz kurzer Zeit ein neues
Ungewitter losbräche. Durch den, vor einigen Tagen erfolgten Abmarsch
der Hondurenser, so wie massenhafte Desertionen unter den Granadinern
ist die Stärke der Besatzung, welche Chamorro noch unter seinen Händen
hat, auf circa 260 Mann zusammengeschmolzen, und schon tauchen hin und
wieder Gerüchte von einem vorbereiteten neuen Aufstande auf. Dazu hat
Chamorro in seinem kindischen Unverstande die von Munoz sehr zweckmäßig
angelegten Batterien um die Kathedrale, welche dieselbe zu einer, nach
hiesigen Verhältnissen, fast uneinnehmbaren Stellung machten und mit
deren Hülfe er die ganze Stadt leicht in Schach halten konnte, rasiren
und die Geschütze demontiren lassen, während er in seiner ganzen Armee
nicht einen Officier besitzt, der fähig wäre sie wieder in Stand zu
setzen. Bricht nun früher oder später eine neue Revolution aus, so wird
sie jedenfalls grausamer und verderblicher wie die vorhergegangene, und
wahrscheinlich würde es dann wiederum den Granadiner Grundbesitzern und
Handelsherren ebenso scharf an die Börsen und Waarenlager gehen, wie
jetzt den Leonesischen.

Noch muß ich hinzufügen, daß auch Don Fruto Chamorro, auf die offizielle
Anfrage seiner Regierung, die Existenz der mit Munoz abgeschlossenen
Capitulation gänzlich ableugnete, trotzdem Mr. Kerr die schriftlichen
Beweise dafür in Händen hat und dieselben präsentirte, ein Verfahren,
für welches in jedem nur halb civilisirtem Lande einem solchen Officier
der Degen zerbrochen worden wäre.

Wann wird doch dieses herrliche, von der Natur in jeder Hinsicht so sehr
begünstigte Land aufhören, durch die niedrigen Leidenschaften seiner
erbärmlichen Bewohner, durch die Schwäche und Hinterlist seiner
Machthaber in immer tiefere Degradation zu sinken? Wahrscheinlich nicht
eher, als bis die Sterne und Streifen über dem ganzen Isthmus wehen,
und zum Heile der Civilisation muß man wünschen, daß dies recht bald
geschehen möge.

=Quien sabe!= -- wie die Leute hier zu Lande immer zu sagen pflegen.

Wenig bleibt mir noch hinzuzufügen. Betrachtet man diese letzte
Revolution im Ganzen, so ist es allerdings in keiner Weise zu
rechtfertigen, den Präsidenten so ohne Weiteres bei Nacht und Nebel
über die Grenze zu werfen, so wenig befähigt dieser sich auch für seine
Amtsführung zeigen, oder dieselben mißbrauchen mochte; andrerseits
dient aber auch das Benehmen eben dieser Schützer der Gesetze den ewigen
Revolutionen, wenn auch nicht zur Rechtfertigung, so doch zu einiger
Entschuldigung. Ich kenne bis jetzt wenigstens noch kein Volk,
das weniger befähigt ist sich selbst zu regieren, und eine Art von
russischem Gouvernement würde ihm eine wahre Wohlthat sein.

Die Geschichte bietet Beispiele, wie durch lang anhaltende Tyrannei
civilisirte Nationen gänzlich demoralisirt worden sind; dies Volk
aber ist ein Beispiel des umgekehrten Falls, der Demoralisation durch
Unabhängigkeit, denn von da an datirt sich dieselbe, wenn schon die
Ursachen vielleicht noch viel weiter zurückliegen mögen.

Von mir habe ich nur noch zu sagen, daß die Folgen des Fiebers allgemach
schwinden und ich dessen quitt zu sein hoffe. Es drängt und treibt mich
wieder hinauszukommen, an die Fortsetzung meiner Studien und Arbeiten.
Zunächst nach der Küste des Pacific, um mich durch die Seeluft zu
stärken, dann nach dem Dorfe Felica, etwa 7 Meilen von hier, wo ich kurz
vor der Erkrankung einen altindischen Begräbnißplatz und beim Nachgraben
mehre höchst interessante Alterthümer aufstöberte, die ehemöglichst
ausgebeutet werden müssen. -- -- --




IX.

Neue Erkrankung. -- Excursion in das Hochgebirge und die
Minendistricte. -- Reiseanstalten. -- Aufbruch von Leon. --
Nachtlager. -- Räubergerüchte. -- Nächtlicher Ueberfall. -- Eintritt
ins Gebirge. -- Trockenheit. -- Zuckererbauung. -- Aztekische Sage.
-- Beschwerlicher Marsch. -- Heimathliche Erinnerung.


  Leon, Ende Mai 1852.

Die in meinem letzten Briefe ausgesprochene Hoffnung, durch ein
mehrwöchentliches hitziges Fieber den Tribut der Acclimatisation
vollständig entrichtet zu haben, sollte leider nicht in Erfüllung gehen
und das schlimmste Ende noch nachkommen. Das allzukühne Vertrauen
auf meine Jugendkraft und feste Constitution, die Nichtbeachtung
gutgemeinter Warnungen, in Bezug auf die schädlichen Wirkungen des
Klimas, habe ich, wie Euch mein Brief vom Ende Januar d. J. gezeigt
haben wird[2], durch einen sehr bösen Rückfall, der mich nahe an den
Rand des Grabes brachte, und mehre Monate an's Krankenlager fesselte,
gebüßt. Gottes väterlicher Schutz und die liebevolle Pflege wackerer
Menschen haben mich aber die herbe Leidensperiode glücklich überstehen
lassen und mich dem Leben, der Gesundheit, der Thätigkeit zurückgegeben.

  [2]: Dieser, so wie einige andere Briefe, waren jedoch nicht an ihre
  Bestimmung gelangt.

Laßt mich die traurige Zeit der Krankheit und langsamen Reconvalescens
mit Stillschweigen, und sofort zum letzten und angenehmsten Theile
meiner Fahrten und Erlebnisse in der Tropenwelt Central-Amerikas
übergehen, nämlich zu meiner:


_Excursion in das Hochgebirge und die Minendistricte von Nicaragua und
Honduras._

Während meiner Krankheit hatte ich endlich bestimmte Nachricht von Mr.
Squier erhalten, daß er sein Unternehmen hierher aus wichtigen
Gründen leider aufgeben müsse, wenigstens vor der Hand, und somit die
eigentliche Absicht meines hiesigen Aufenthalts vereitelt sei. Theils
um denselben nun doch wenigstens zu möglichst reicher Ausbeute für mein
Malerportefeuille und mein Tagebuch zu benutzen, theils aber auch, um
die vom Fieber hinterlassene Schwäche vollends aus meinen Gebeinen zu
verjagen, beschloß ich, die noch übrige Dauer der heißen Jahreszeit in
dem gesunden Gebirgsklima zu verbringen, womit mein freundlicher Arzt
und ärztlicher Freund, =Dr.= Livingston, vollkommen einverstanden war.

Für eine Reise durch jene noch sehr wenig bevölkerten Gegenden ist
es nöthig, sich gleich anfangs mit einem Paar kräftiger Segovier
Maulthieren zu versehen, für sich und seinen Diener, da die aus der
Plaine nicht zu so beschwerlicher Gebirgskletterei geeignet sind; dabei
möglichst wenig Gepäck und einigen Proviant, denn in diesen Gegenden
ist der Reisende meist auf sich selbst verwiesen; Gasthöfe kennt man
daselbst nicht einmal dem Namen nach. Auf der andern Seite herrscht
freilich eine fast unbegrenzte Gastfreundschaft; ein bloßer
Empfehlungsbrief sichert einem fast überall die freundlichste Aufnahme
und man kann bleiben, so lange man nur immer Lust hat; allein unterwegs
ist es oft unmöglich bewohnte Orte zu erreichen, man bleibt, wo man
Wasser und Futter für die Thiere findet, den Hammock zwischen zwei
Bäumen aufgehangen, wenn nämlich solche da sind, die nackte Erde, auf
welcher, der blaue Himmel das Dach, unter welchem man schläft. Ein
wenig an der Sonne gedörrtes Fleisch, etwas Totoposke (doppelt gebackene
Maiskuchen) bilden Frühstück, Mittag- und Abendessen und ein kleiner
blecherner Feldkessel, den man mit sich führt, dient um Kaffee zu
kochen, bei welchem die Sahne natürlich meist der Phantasie
überlassen bleibt. Die Thiere werden »gehobbelt«, d. h. die Vorderfüße
zusammengebunden, und lassen sich während der Nacht die Weide schmecken,
wenn nämlich welche da ist.

Gerade zur Zeit, als ich meine Reise antreten wollte, waren Maulthiere
beinahe gar nicht zu bekommen und ich gerieth dadurch in einige
Verlegenheit, bis ich an das »Maison« gewiesen wurde, dort Abhülfe
derselben zu finden. Das Maison ist nämlich ein großes, den
orientalischen Caravanserais ähnliches Gebäude, bestehend aus Höfen
und Säulengängen, wo jeder ankommende Maulthiertransport seine Ladung
deponirt, die Zölle entrichtet und dort gleich verkauft oder einzeln an
ihre Bestimmung abliefert. -- Dort miethete ich nun von einem Caravanos
aus St. Rafael (nahe Matagalpa) ein großes starkes Segovier Pferd (groß
im Vergleich mit der kleinen Race des Landes) und ein dito Maulthier
für das Gepäck, denn mein eigenes Pferd und Maulthier waren durch
Futtermangel während und nach der Revolution zu wahren Skeletten
herabgekommen und bedurften erst der längeren Ruhe im Protero
(Weideplatz), um sich wieder zu kräftigen.

Am 3. März gegen Abend, als eben die Glocken zur Oration geläutet,
kletterte ich, wegen meiner Schwäche nicht ohne Schwierigkeit, in den
Sattel, und unsere ganze Streitmacht, aus 7 Mann und 13 Maulthieren
bestehend, setzte sich in Bewegung. Die Cavallerie bestand, außer mir
selbst, aus Don Eusebio, dem Eigenthümer der Maulthiere wie der Ladung,
und Don Cesario, seinem =Major domo=; die Infanterie aber aus zwei Mozos
(Dienern), Basilio und Apolinario, und zwei Jungen von 12-15 Jahren,
Innocente und Candelario, zu deutsch: _Leuchter_ -- und so »mit Licht
und Unschuld im Geleite -- zog frohen Muthes ich ins Weite.« Jeder war
auf seine Weise so gut wie möglich bewaffnet, denn man sprach viel
von einer, aus Ausreißern beider Revolutionsarmeen gebildeten
Spitzbubenbande in der Gegend des Monte-Rota, die einige Reisende
angehalten und sogar mehre Haciendas ausgeraubt hatte. Ich führte die
deutsche Spitzkugelbüchse und die amerikanischen Revolvers, die Dons
Pistolen, sämmtliche Cavallerie aber unendlich lange Toledo-Schwerter;
die Infanterie hatte ihre Machetas (lange Messer), Basilio und
Apolinario aber Bogen und einige Dutzend Pfeile. Don Eusebio und ich
bildeten die Avantgarde, dann folgte das Gros der Armee sammt Bagage
und als Nachhut Don Cesario, dem dieser Posten zugleich die große
Annehmlichkeit gewährte, den ganzen Tag inmitten einer großen Staubwolke
zu reiten.

So ging denn der Zug vorwärts in stiller, klarer Mondnacht, lieblich und
wollüstig wie nur eine tropische Nacht sein kann. Wir befanden uns zwar
noch mitten in der heißen Jahreszeit, seit November hatte kein Wölkchen
den tiefblauen Azur des Himmels getrübt; allein obschon die Tage glühend
heiß waren, so schien doch in der Nacht die ganze Natur, von
einem kühlen Südost erfrischt, der nur leise in den Blättern der
majestätischen Palmen spielte, neues Leben zu athmen. Die große Ebene
von Leon erstreckt sich auf der einen Seite hinaus bis an den Pacific
(stillen Ocean), auf der andern bis zum See von Managua, und wird im
Norden von der prachtvollen Kette von Vulkanen begrenzt, als deren
Endpfeiler der Viejo und der ehrwürdige, über 6000 Fuß hohe Monotombo
sich in überaus zarten, grauen Tinten vom Horizonte absetzen.
Feierliche Ruhe schien über die ganze Natur verbreitet, nur hier und
da unterbrochen vom Hufschlage eines Maulthieres oder der kurzen,
melancholischen Melodie einer spanischen Romanze. Wäre ich Dichter, so
hätte ich hier die passendste Gelegenheit zu poetischen Ergüssen gehabt.

Wir blieben jedoch nicht lange in Marsch; schon nachdem wir etwa 2
Leguas zurückgelegt, wurde Halt gemacht, die Thiere abgeladen und
gehobbelt, Feuer angezündet, die Hammocks an einzelne Bäume aufgehangen
und bald schlief Jeder, in seinen Poncho gewickelt, sanft und süß,
während einer der Mozos über Menschen und Vieh Wache hielt; letzteres
delectirte sich an dem dürren, schlechten Grase, als ob es das süßeste
Heu wäre. Meine Ruhe ward leider sehr unangenehm von den Garralatos,
zu deutsch Holzböcken, gestört, ein höchst lästiges Insect, mit dem man
während der heißen Jahreszeit ganz bedeckt ist, sobald man durch ein
Gebüsch geht oder reitet, und dessen Biß wie Feuer brennt. Zuletzt
schlief ich aber denn doch recht tapfer bis zum nächsten Morgen, wo bei
guter Zeit das Frühstück genossen, die Maulthiere beladen, was stets
mit größter Sorgfalt geschieht, damit die Thiere nicht aufgerieben oder
gedrückt werden, und dann der Marsch wieder angetreten ward.

Ziemlich früh kamen wir an einem kleinen Vulkan vorüber, der sich erst
vor ungefähr zwei Jahren gebildet hat und sich noch immer fleißig in
Eruptionen übt; der Patron soll überaus reizbaren Temperaments sein,
denn wenn ein Stein in den Krater geworfen, heftig auf den Boden
gestampft, ja nur besonders laut gesprochen wird, soll er seinen Verdruß
alsogleich durch höchst unmanierliche Expectorationen kundgeben, weshalb
wir auch in mäuschenstiller Ehrerbietung an ihm vorbeizogen. Mr. Squier
giebt in seinem neuesten Werke über Nicaragua eine genaue Beschreibung
davon.

Gegen Mittag überschritten wir die Vulkankette am Monte-Rota und stiegen
dann nach kurzer Rast, um die Thiere zu tränken, in die nördlich von den
Vulkanen gelegene Thalebene hinab, wo wir die Nacht auf einer kleinen
Waldwiese, das Caimito genannt, zubrachten. Diese zweite Ebene erstreckt
sich vom nordwestlichen Ende des Sees von Managua gegen den Golf von
Fonseca hin. Es ist dies einer der fünf Punkte, welche schon der große
Humboldt als geeignet für eine künstliche Verbindung zwischen den beiden
Oceanen bezeichnete. Capitain Sir Edward Belcher, =H. B. M. N.=, welcher
diesen Theil des Landes vom Golf von Fonseca aus untersuchte, bezeichnet
diese Ebene sogar als den vielleicht einzigen Punkt, wo ein Kanal,
brauchbar für Schiffe erster Größe, angelegt werden kann. Auch Squier
spricht in seinem Werke eine ähnliche Meinung aus; da ich aber auf
meinem Rückwege Gelegenheit hatte, noch einen andern, größeren Theil
dieser Ebene zu untersuchen, so werde ich mir später erlauben, meine
Bemerkungen über diesen Gegenstand mitzutheilen.

Die beiden nächsten Tage verfolgten wir eine mehr östliche Richtung,
in nicht allzu großer Entfernung vom See von Managua. Die flache, meist
bewaldete und nur hier und da ein Stück Wiesen- oder Ackerland zeigende
Ebene glich im Charakter ziemlich den Flächen im südlichen Frankreich,
und sah in seinem ganzen Habitus, Häusern, der Art und Weise zu leben
und zu reisen, so zu sagen mittelalterlich aus. Wenn da oder dort der
Klang einer Holzaxt durch den Wald schallte, meinte ich immer, Moliere's
Scagnarelle erscheinen zu sehen, und ein Paar Reiter glichen bald
Don Juan und Leporello auf der Flucht vor den Dienern der heiligen
Hermandad, bald wieder Don Quixote mit seinem getreuen Sancho Pansa, auf
Abenteuer ausziehend. -- Jeder Reisende hier zu Lande hat übrigens,
wie ich schon früher bemerkte, etwas mit dem berühmten Ritter von der
traurigen Gestalt gemein, theils des imposanten Kriegsapparates halber,
den man hier mit sich schleppen muß, theils der mehr als spanischen Diät
wegen, zu der man hier gezwungen ist. Hier erst ging mir ein Licht auf,
wie wahr und getreu der gefräßige Charakter jener Bedienten der alten
Komödien aufgefaßt ist, denn man lugt selbst begierig aus, wo man etwas
Leidliches zu schnappen bekommt. Uebrigens ist der Haupterwerbszweig
durch diese Ebene die Rindviehzucht.

Gegen Abend des dritten Tages näherten wir uns endlich dem Hochgebirge,
das rauh genug aussah und strapazenreiche Märsche versprach. Die
Berichte über Spitzbuben mehrten sich hier in bedenklicher Weise; erst
zwei Tage vorher hatten dieselben eine Hacienda geplündert und ein
reisender Leoneser war seines Pferdes, Gepäckes, selbst seiner Kleider
bis auf die Unter-inexpressibles beraubt worden, und noch dazu von
seinem eigenen, leiblichen Bruder, der sich im Lande aufhielt. Süße,
heilige Bande der Natur! -- Ich hatte ordentliche Sehnsucht, mit solch'
lieben Burschen eine handgreifliche Bekanntschaft zu machen. -- Don
Eusebio wurde nachdenklich und hatte allerdings Ursache dazu, denn nicht
nur, daß Maulthiere und Ladung, so wie der Erlös aus seiner Reise nach
Leon einen beträchtlichen Theil seines Vermögens ausmachten, sondern er
hatte auch eine ziemliche Geldsumme für einen der Bergwerksbesitzer in
Matagalpa unter seine Verantwortung genommen. Meine Befürchtungen waren
in dieser Beziehung nicht so bedeutend, dem alten Sprichworte gemäß: »Wo
nichts ist u. s. w.« Indeß hielten wir doch für gut, unsere bisherige
Marschordnung etwas mehr zu concentriren, um nöthigenfalls einander
schnellen Beistand zu leisten.

Zur Nacht campirten wir dicht am Fuße des Gebirges auf einer Savannah
mit einigen zerstreuten Bäumen und einer kleinen Waldspitze, welche in
die Wiese auslief. Ein scharfer Nordost blies von den Bergen herab,
und um mich ein wenig dagegen zu schützen, baute ich mir aus drei
Packsätteln und einer Pferdedecke eine Art von Zelt. Die gewöhnliche
Wache ward ausgestellt, und wir Uebrigen legten uns im schönen klaren
Mondlichte zum Schlafen nieder. Es mochte etwa gegen 2 Uhr Morgens sein,
als mich Don Eusebio plötzlich weckte, mit ganz verstörtem Aussehen
rief: »=Sennor, Sennor, los ladrones vienen!=« und fast zu gleicher
Zeit plafften einige Flintenschüsse von oberwähnter kleinen Waldspitze
herüber. -- Sie mögen in Gottes Namen kommen! dachte ich und blieb still
liegen, wo ich war, denn die Sättel bildeten eine ganz hübsche Art von
Brustwehr, sah aber doch für den Nothfall nach meinen Revolvers und
machte die Büchse schußfertig. Die Mozos liefen hin und her, um die
Thiere zusammenzutreiben, und ließen ihre Machetas gar fürchterlich im
Mondlichte blitzen, wozu sie schrieen wie vom bösen Geiste besessen. Die
Dons Eusebio und Cesario schossen ihre Pistolen gegen das Gehölz ab, was
mit einigen Flintenschüssen erwiedert ward. Wenn die Spitzbuben wirklich
die Absicht hatten, uns Eins auszuwischen, so müssen es mordschlechte
Schützen gewesen sein, denn ich kann versichern, auch nicht eine einzige
Kugel pfeifen gehört zu haben.

Während dieser Scene der Verwirrung sah ich deutlich eine weiße Jacke
nebst dazu gehörigen Modesten gleich einer Schlange auf dem Bauche nach
jener Stelle hinkriechen, wo mein Pferd graste, augenscheinlich in der
Absicht, dasselbe zu stehlen. Da ich nun durchaus nicht gewillt war, die
beschwerliche Reise zu Fuß fortzusetzen, auch der Mond noch hell
genug schien, um Korn und Visir zu erkennen, so ließ ich eine meiner
Spitzpillen hinübersausen. Sobald der Schuß knallte, sprang die
weiße Jacke wie electrisirt in die Höhe und die Modesten tanzten mit
bewundernswürdiger Gelenkigkeit und Eile nach der Waldspitze zurück. Mit
Gewißheit kann ich allerdings nicht behaupten, den Eigenthümer dieser
Kleidungsstücke verwundet zu haben, wenn aber, so muß es unzweifelhaft
an derselben Stelle gewesen sein, wo Cooper's Natty Bumpo seinem
verhaßten Gegner, dem Zimmermann Hiram, eine Kugel applicirte, denn ich
bemerkte, wie der eine Aermel der Jacke während des Schnelllaufes höchst
verdächtige Bewegungen nach einer gewissen, nicht wohl anständig zu
bezeichnenden Gegend besagter Modesten machte. Hiermit endete die Scene
und Alles ward wieder ruhig, wie vorher, nur daß Jeder noch für einige
Zeit seinen bewiesenen Heldenmuth bedeutend pries. Dies war der einzige
Schuß, den ich je in Central-Amerika zu meiner Vertheidigung abgefeuert;
vielleicht wäre er nicht einmal nöthig gewesen: allein man hatte bisher
so viel Lärmen und Aufhebens von solchen Räubergeschichten gemacht, daß
man mir vergeben wird, wenn ich vielleicht zu voreilig meinen kleinen
Beitrag zu denselben lieferte.

Jetzt endlich traten wir in das Gebirge ein, durch ein Thal, rechts
und links von bewaldeten Bergen eingeschlossen, die sich allmälig zu
beträchtlicher Höhe erheben und deren Gipfel eine Art Tafelland, mit
Savannahs, steinigtem Terrain und einigen armseligen Bäumen bedeckt,
bildet. Durch das Thal herab fließt ein ziemlich breiter Fluß, der
sich in den See von Managua ergießt, jetzt aber freilich nur einige
Wasserlachen enthielt, an deren Rändern die wunderschönen alten Bäume
ihr frisches Grün behalten hatten, ein Herz und Augen erlabender Anblick
in dieser Jahreszeit, wo die ganze Natur bis ins innerste Mark
verbrannt aussieht, und die großen Besen gleichenden Bäume ihre nackten,
blätterlosen Arme wie hülfeflehend gen Himmel emporstrecken. Die
Flüsse, welche wir bisher passirt, und wo an manchen Stellen während der
Regenzeit schon Menschen und Thiere ertranken, waren jetzt so trocken,
daß wir tiefe Löcher in den Sand graben mußten, um nur etwas schmutziges
Wasser für die Thiere zu erlangen.

Ungefähr 9 bis 10 Miles wand sich der Weg in der Schlucht fort, bis zu
dem Dörfchen Hykaral, und dann begann ein mühseliges Bergsteigen
über einen heißen, mit Felsbrocken bestreuten Boden, den nur eben ein
Segovia-Maulthier passiren kann, ohne die Beine zu brechen. Rechts und
links sendeten nackte weiße Sandsteinfelsen die Strahlen der tropischen
Sonne mit verdoppelter Stärke zurück und mein Reisethermometer zeigte
ziemlich 110° Fahrenheit im Schatten, =nota bene= wo etwa Schatten war.
Von jetzt an war die Reise nichts mehr als ein beständiges Auf- und
Niederklettern, bei Gelegenheit eine kleine Strecke im Thale bleibend
oder für einige Miles auf hohem Tafellande, bedeckt mit Wiesen und
einigen Hykarobäumen, aus deren kürbisartigen Früchten man hier
Trinkgefäße macht. Elend aussehende kleine Rohrhütten, in die man von
allen Richtungen hinein- und auf der andern Seite wieder hinausschauen
kann, waren die einzigen Zeichen, daß hier noch Menschen wohnten. Die
Nächte wurden allmälig kühler und jeden Morgen gegen 2, 3 Uhr stellte
sich ein dichter Nebel und starker Thau ein, der, indem er meine Kleider
bis auf die Haut durchnäßte, sehr lästig fiel, denn in diesen Klimaten
wird die Haut sehr empfindlich gegen Feuchtigkeit und Kälte.

In den Thälern und in der Nähe fließenden Wassers wurde viel
Zuckerrohr gebaut, doch meist nur in kleinen Abtheilungen von einzelnen
Indianerfamilien; die oben erwähnten Hochebenen dagegen werden
großentheils für Rindviehzucht benutzt, doch ist das Vieh hier klein und
nur von geringer Qualität. Da gerade die Zeit der Zuckerernte war, so
brodelte in allen Kesseln über starkem Feuer der Zuckersaft, und so oft
wir eine Pflanzung passirten und Appetit verspürten, bekamen wir zum
Geschenk ein Bündel köstlichen Zuckerrohres, bei dessen Verspeisung
wir so ziemlich einer Bande ambulanter Flötenspieler glichen, und
durch welche Nahrung man nach einiger Zeit so fett wird, wie ein Bär im
Herbste.

Eine erwähnenswerthe Unterbrechung der Einförmigkeit meiner Reise war
bei dem Dorfe Guaximala, seitwärts am Wege, eine große Höhle, an deren
Eingang einige Felsen mit Sculpturen bedeckt waren, im Charakter den
alten Bildwerken an den beiden Seen von Nicaragua und ihren nächsten
Umgebungen gleichend. Eine kleine indische Legende knüpft sich an
diese Höhle, nach welcher eine aztekische Prinzessin, von den Spaniern
verfolgt, sich in dieselbe flüchtete und durch einen dichten giftigen
Nebel, den sie erscheinen ließ, die Verfolger am weiteren
Vordringen hinderte. Hier soll sie noch weilen, umgeben von fremden,
geheimnißvollen Wesen, jeden Neumond oben auf dem Gipfel des Berges
erscheinend, um zu sehen, ob nicht ein Adler einen Geier bekämpft und
tödtet, denn geschieht dies, so ist der Augenblick der Befreiung des
Landes gekommen; die weißen Fremdlinge werden ausgerottet und der
alte indische Fürstenstamm wird wieder in erneuter Glorie das Land
beherrschen. -- Der neueste Lauf der Begebenheiten wird, wie mir
scheint, diesen Augenblick noch bedeutend hinausschieben, denn die
rothhemdigen, tabackkauenden Männer des Nordens, welche sich neuerdings
im Lande niedergelassen haben, scheinen mir eine schwer auszurottende
Race. --

Ich hätte sehr gewünscht, diese geheimnißvolle Höhle näher zu
untersuchen, von deren großer Ausdehnung, zahlreichen labyrinthischen
Gemächern mit Sculpturen und theilweiser Vergoldung die Leute viel zu
erzählen wußten; aber nicht eine bedeutende Summe hätte einen Indianer
vermocht, mir als Führer zu dienen, und allein das Unternehmen zu wagen,
nahm ich denn doch Anstand, denn in dieser Art von Höhlen entwickeln
sich häufig Schwefelwasserstoffgase, und schwach, wie ich noch war, war
mehr als Wahrscheinlichkeit vorhanden, dem Unternehmen zu erliegen; da
ich zudem in diesen Theil des Landes zurückzukehren dachte, so verschob
ich die Untersuchung dieses interessanten Monuments für später, leider,
wie ich jetzt sehe, vielleicht für immer.

Am achten Tage meiner Reise stiegen wir in ein Thal hinab, so steil und
so tief, daß es wirklich schien, als solle es direct bis ins Centrum der
Erde gehen; unten erreichten wir endlich ein niedliches Dörfchen, »la
Concordia«, inmitten zahlreicher Zuckerrohrfelder und Gruppen schöner
alter Bäume, am Ufer eines kleinen Bergflusses gelegen, der rasch und
lustig über Felsen und Gestein dahin hüpfte. Um so theuerer mußte ich
aber den lieblichen Anblick durch das Erklettern des jenseitigen, noch
viel steilern Bergpfades erkaufen, noch erschwert durch den Umstand, daß
ich Basilio, der am Tage vorher von einem Maulthiere geschlagen worden
war und gar nicht gehen konnte, mein Pferd geliehen hatte, und so,
theilweise auf Don Eusebio's Thier, theilweise aber auch zu Fuß, in
meinen schweren Reitstiefeln den Weg zurücklegen mußte. Ein bitter Stück
Arbeit!

Gegen Abend indeß erreichten wir den nördlichen Saum eines Tafellandes
und befanden uns plötzlich im Angesichte von St. Rafael, dem Orte
unserer Bestimmung.

Hier bot sich dem Auge ein wunderliches Spiel der Natur: gegen Süden
erstreckte sich eine großartige Gebirgslandschaft in den so ernsten und
doch so graziösen Conturen, ganz ähnlich den Gebirgen Griechenlands
und Kleinasiens; nordwärts dagegen war auch nicht mehr ein Schatten
tropischer Natur zu sehen. Das Thal von St. Rafael, von kleineren
vulkanischen Hügeln umgeben, glich frappant dem Thale von Teplitz in
Böhmen und war bewaldet mit Massen von Rotheichen, dazwischen Wiesen
und Zuckerrohrfelder, die aus solcher Entfernung für das Auge die
Getreidefelder ersetzten; die Gipfel der Hügel mit einer Menge der
schönsten Kiefern bedeckt. Selbst die Hütten des Dorfes glichen in
Form und Größe von weitem den Häuserchen des sächsischen und böhmischen
Erzgebirges -- mit einem Worte: es sah beinahe aus wie daheim im lieben
Sachsenlande.




X.

Aufenthalt in San Rafael. -- Viehzucht. -- Versuch mit dem Lasso.
-- Weiterreise. -- Nächtliches Concert. -- Totogalpa. -- Der
gastfreundliche Cura. -- Eine Hochzeit. -- Ocotal. -- General
Guardiola. -- Hahnenkämpfe. -- Spielwuth der Bewohner.


Ich ward genöthigt, einige Tage hier zu bleiben, theils weil Don Eusebio
Geschmack an mir gefunden hatte und mich durchaus in seinem Hause
beherbergen wollte, was mir sehr angenehm war, um etwas auszuruhen,
und dann, weil zwei der Maulthiere am vorigen Tage ganz erschöpft
zurückgelassen werden mußten, und ich so meine Bagage zu erwarten hatte,
bis Apolinario sie auf anderen Thieren nachgeholt haben würde. Die kurze
Rast bekam mir aber vortrefflich und mein Gesundheitszustand besserte
sich schnell und merklich.

Don Eusebio zeigte mir seine Besitzung, meist Weideland und an Umfang
beinahe so groß, als manches kleine Fürstenthum, mit ungefähr 4000
Stück Rindvieh, nannte sich selbst aber dabei einen armen Mann; er hatte
insofern nicht ganz Unrecht, als er von all' seinem Eigenthume kaum 600
bis 700 Piaster jährlich realisiren kann. (Das Stück Rindvieh im Preise
von 3, 4, höchstens 5 Piaster.)

Da Don Eusebio eine kleine Ladung Rohzucker nach Ocotal zu senden hatte,
so contrahirte ich mit ihm für Thiere nach dem nicht weit von Ocotal
gelegenen Dipilto, einem der bedeutendsten Minenplätze des Landes. Es
mußten dazu noch einige von den in den Savannahs grasenden Maulthieren
eingefangen werden, und auf Don Eusebio's Einladung beschloß ich, auch
einen Versuch mit dem Lasso zu machen.

Eines Morgens ritten wir in Begleitung von zwei Mozos, jeder mit seinem
Lasso am Sattelknopfe, zur Jagd aus, nachdem ich von Don Eusebio noch
einige Lectionen, wie zu verfahren sei, erhalten hatte, denn es ist ein
verwünschter Unterschied, einen Lasso zu Pferd oder zu Fuß zu werfen.
Nachdem die Mozos in Zeit einer halben Stunde den geschäftlichen Theil
erledigt, d. h. die nöthigen Maulthiere eingefangen, kam an mich die
Reihe, meine Künste zu produciren. Ein starker Bulle ward ausersehen und
ich ritt langsam auf denselben los. Der Stier, Schlimmes ahnend, fing an
zu laufen, ich galoppirte hinterdrein, das Pferd scharf in der Faust. In
angemessener Entfernung erhob ich mich ein wenig in den Bügeln, wirbelte
den Lasso um den Kopf, lehnte mich vorwärts, um ihn zu werfen, als --
schnapp! der Steigbügel mir entschlüpfte, und ich kopfüber zu Boden
schoß. -- Ungeheuere Heiterkeit von allen Seiten! -- Das gut abgerichtete
Pferd stand im Augenblicke still, und nachdem ich mich überall befühlt
und entdeckt hatte, daß alle meine Knochen noch ganz waren, stieg ich
wieder auf, mein Glück auf's Neue zu versuchen; diesmal ging's besser,
der Lasso fiel, den halben Cirkel beschreibend, dem Thiere kunstgerecht
über die Hörner; das Pferd, als ob es die Länge des am Sattel
befestigten Lasso genau berechnet hätte, wendete augenblicklich um und
brachte durch einen heftigen Ruck den Bullen zu Boden. Nur ist noch eine
gewisse Geschicklichkeit erforderlich, sich des Thieres auch ganz zu
bemeistern, was meiner Unerfahrenheit doch wahrscheinlich etwas schwer
geworden sein dürfte, hätte Don Eusebio nicht, seinen Lasso von der
andern Seite werfend, alle weiteren Schwierigkeiten beseitigt, und so
endete denn dieser erste Versuch mehr zu meinem Ruhme, als ich in der
That verdient hatte. -- Ungeheuere Zufriedenheit!

       *       *       *       *       *

Nachdem Don Eusebio mich während meines Aufenthalts bei ihm so gastfrei
behandelt, als seine Mittel es nur irgend erlaubten, begleitete er mich
noch einige Meilen auf meiner Weiterreise.

       *       *       *       *       *

Ich änderte nun meine Richtung, die bisher eine nordöstliche gewesen
war, in eine nordwestliche und, obschon weit im Binnenlande, eine
mit der rechtwinkligen Form der Meeresküste parallel laufende Linie
beschreibend, setzte ich meine Reise in alleiniger Begleitung eines
Mozo fort. Der Weg glich so ziemlich dem vorigen, nur daß in so
beträchtlicher Höhe, wie ich mich befand (3000 bis 4000 Fuß auf den
tiefsten Punkten), die Nachtluft, zumal auf den Gipfeln der Hügel, recht
empfindlich kühl ward, mein Poncho und ein tüchtiges Feuer mir äußerst
angenehm waren, desto mehr aber die Thiere zu leiden hatten, denen die
Kühle häufig eine Art von Darmgicht oder Kolik zuzieht, die zwar nur
einige Stunden anhält, sie aber doch für diese Zeit ganz unfähig macht,
zu gehen.

Wasser ist hier häufiger und von vorzüglicher Qualität. Die
Zuckerrohrfelder, obwohl nur klein, sind ergiebig, der übrige Boden, wie
bisher, Wald und Weideland. Die Landschaft war hier unter dem Einflusse
der Morgennebel und des reichlichen Thaues schön grün geblieben.
Bergauf- und bergabsteigend bot die Pflanzenwelt eine höchst
überraschende Abwechselung dar, denn in der bedeutenden Wärme der Thäler
sproßte die tropische Vegetation in vollster Ueppigkeit, während auf
den höchsten Höhepunkten, die ich berührte, oft selbst die Kiefer
als verkrüppeltes Knieholz hinter mir blieb, und ich so manchmal
im Zeitraume eines Tages die Vegetation von 30 bis 40 Breitegraden
beobachten konnte.

Ich passirte eine Menge von Dörfern, von bald christlichen, bald
heidnischen Namen, unter denen ich mich besonders eines lieblichen
Blickes in das Thal Santa Rosa, von der Borda di Santa Rosa herab, mit
Vergnügen erinnere. Die Nächte freilich wurden des täglich heftigern
Thaues wegen auch im nämlichen Grade unangenehmer und mein
Schlummer ward oft gestört vom nächtlichen Geheul der Cayotas oder
südamerikanischen Wölfe, welches ganz so klingt, als ob eine Bande
ungezogener Gassenbuben im höchsten Discant schrie, und in das sich
manchmal das tiefe, langgezogene Geheul eines Jaguars mischt. Obschon
man allgemein und, wie ich glaube, mit Recht behauptet, daß diese
Bestien, außer vielleicht im furchtbarsten Hunger, den Menschen nie
angreifen, so kann man sich doch, wenn das schändliche Concert zu arg
wird und gar nicht aufhören will, eines gewissen Büchsenfertigmachungs-
und Messerzurechtlegungsgefühles nicht erwehren, und manch' liebes Mal
trieb mich die Sorge um die Thiere aus dem Hammock, um mit der Büchse im
Arme die Wachtrunde zu machen.

Am dritten Tage gegen Abend gelangte ich nach Totogalpa, einem mit
Ausnahme des Cura (Pfarrers), der ein Weißer ist, nur von Indianern
bewohnten Dorfe, die sich immer wieder nur unter einander verheirathen
und so ihren Stamm rein und unvermischt erhalten. -- Der Cura war ein
=compadre= (auf gut deutsch Herr Gevatter) Don Eusebio's, weshalb der
Mozo Ordre hatte, mich nach seinem Hause zu bringen. Der Cura,
ein respectabel aussehender Vierziger, war die Herzensgüte und
Freundlichkeit selbst. Da ich immer noch ein wenig zu schlank im
Verhältniß meiner Körperlänge war und blaß aussah, so litt er nicht, daß
ich im Hammock schlief, sondern ich mußte durchaus ein Bett annehmen,
wie ich erst später zu meinem großen Leidwesen erfuhr, des würdigen
Mannes eigenes Bett, da er in dem Artikel nicht eben reichlich versehen
war.

Mr. Stevens rühmt in seinem Werke über Central-Amerika mit allem Rechte
die Güte der Curas, und ich muß dieses Lob in vollster Ausdehnung
bestätigen; mit vielleicht nur wenigen Ausnahmen in den größern Städten
ist das Haus des Cura stets die Zufluchtsstätte aller Obdach- oder sonst
Hülfebedürftigen, und so auch in Totogalpa. Es blieben in derselben
Nacht wenigstens zehn bis zwölf Personen, darunter auch drei Damen,
welche auf dem Wege nach Leon begriffen waren, in der Pfarrei, und
vielleicht dreißig Maulthiere und Pferde ließen sich die Weide auf des
guten Pfarrers Protero trefflich schmecken.

Die bessern Häuser haben hier alle einen Patio oder Veranda, den jeder
Reisende ebenso als sein Eigenthum betrachten kann wie die Landstraße;
zwischen den Säulen schlingt er seinen Hammock auf, in einer Ecke oder
auf dem freien Platze vor dem Hause zündet er sein Feuer an, kocht seine
mitgebrachten Vorräthe und zahlt nur dann etwas, wenn er irgend etwas
von den Vorräthen des Hauses consumirt, -- =nota bene= wenn Vorräthe da
sind. --

Der Cura theilte mir beim Schlafengehen mit, daß am andern Morgen drei
junge Paare den ledigen mit dem Ehestande vertauschen wollten, und
lange vor Tagesanbruch folgte ich ihm in die Kirche, der Ceremonie
beizuwohnen, denn es ist hier Sitte, jede Trauung noch vor
Sonnenaufgang zu vollziehen, eine Sitte, die wahrscheinlich noch
indianisch-heidnischen Ursprungs ist.

Die jungen Paare erschienen, gefolgt von ihren Verwandten, im Geleite
der Brautführer und Brautjungfern; der Cura vollzog die Trauung nach dem
Ritus der katholischen Kirche und im Zwielichte des anbrechenden Tages
begab sich der ganze Hochzeitszug nach dem Hause des Bräutigams, um dort
den Tag bis zur späten Nacht mit Essen, Trinken und Tanzen zuzubringen.

Der Cura führte mich in eins der Häuser, um die Festlichkeiten mit
anzusehen. Inmitten der dichtgedrängten Menge ward getanzt, doch stets
nur ein Paar auf einmal, beim Klange zweier Guitarren und einer Geige.
Das Mädchen stand auf einer Seite des kleinen Tanzraumes und der junge
Bursche bewegte sich hüpfend und tänzelnd auf sie zu, bald vorwärts,
bald rückwärts, und drehte sich in verschiedenen Bewegungen um sie
herum; dann that das Mädchen desgleichen, dann beide zusammen, worauf
beide abtraten, um einem neuen Paare den Raum zu überlassen, sich selbst
aber mit Tortillas und Bohnen zu erlaben. Aus besonderer Rücksicht auf
mich als Fremden und die würdige Begleitung, in der ich mich befand,
näherte sich mir eine Art von Ceremonienmeister und forderte mich zum
Tanze auf; da aber mittlerweile der Tag angebrochen war und die Thiere
gesattelt vor der Thür standen, entschuldigte ich mich mit meinen
bestiefelten und pfundbespornten Gemüthszuständen, schüttelte dem
wackern Diener Gottes herzlich die Hand und galoppirte lustig dahin in
der frischen Morgenluft.

Bald bot sich mir von der Höhe der Borda de Ocotal eine wunderliebliche
Aussicht in das Thal, wo sich der Riococo hinab nach der Ostküste
schlängelt, an seinen Ufern das reizend gelegene Dörfchen Ocotal und
drüben auf der andern Seite die grandiosen Berge von Dipilto. Noch ein
steiles Hinabklettern, bei dem die Thiere manchmal eine ganze Strecke
auf dem Hintertheile rutschend zurücklegten, dann die Passage des
Riococo, jetzt ziemlich leicht, doch in der Regenzeit sehr schwierig und
gefahrvoll, und ich ritt nach kurzer Zeit über die Plaza von Ocotal
nach dem Hause der Sennora, Donna Chepa (Josephine) G., einer großen
corpulenten Dame, an die ich eine Empfehlung hatte. Aufnahme wie
überall.

Als ich beim Frühstück saß, kam der Militärcommandant des Departements,
Don Gabriel Y., in Gesellschaft eines kurzen, dickbeleibten Sennors mit
ungeheuerm militärischen Schnurrbart und blauem Oberrock, um der Sennora
einen Besuch abzustatten. An mich wurden nun viele Fragen: Leon, die
Revolution, Munoz etc. betreffend, gerichtet, die ich ungenirt und so
gut ich es vermochte beantwortete. Mir fiel dabei auf, daß der dicke
Herr im blauen Oberrock mit dem gewaltigen Schnurrbarte seine übrigens
recht hübschen und sanften blauen Augen immer schüchtern wie ein
verlegenes Mädchen niederschlug, wenn ich ihn ansah, eine Gewohnheit,
die mir an Männern nie recht gefallen will. -- Später in Dipilto, wo ich
denselben nochmals antraf, erfuhr ich erst, daß es der General Guardiola
sei, auch »der Tiger von Honduras« benannt. -- Dieser Mann hatte sich im
Jahre 1844, wo er die Regierung von Honduras unterstützte, eine traurige
Berühmtheit erworben durch seine blutige, grausame Verfolgung der
Gegenpartei. Im Jahre 1849 conspirirte er dann selbst gegen die
Regierung, hatte aber schlechten Succes und hielt sich seit jener Zeit
als Verbannter in Costa-Rica auf. Dann ward er von der Regierung von
Nicaragua herbeigerufen, um ein Commando gegen Munoz zu übernehmen,
konnte sich jedoch nicht mit dem commandirenden General, Don Fruto
Chammorro, vertragen und nahm deshalb sehr schnell wieder seine
Entlassung.

Ocotal ist die von Manchen als Nuevo Segovia bezeichnete Stadt; die
eigentliche Stadt dieses Namens ist jedoch 4 Miles tiefer hinab, am
Riococo gelegen, ward im Anfange des vorigen Jahrhunderts aber von
Flibustiern, die den Fluß heraufkamen, zerstört und die geflüchteten
Bewohner bauten das heutige Ocotal.

Ich wünschte noch vor Nacht Dipilto zu erreichen und brach also auf,
sobald Menschen und Thiere sich ein wenig erholt hatten. Als ich über
die Plaza kam, bemerkte ich eine Menge Menschen und aus ihrer Aufregung
und der allgemein auf einen Punkt gerichteten Aufmerksamkeit schloß ich,
daß da etwas Absonderliches los sein müsse. Als ich an die Stelle kam,
sah ich, daß ein Paar Kampfhähne die Helden der Scene waren, und der
heutige Tag, wie man mir sagte, der eines weitberühmten Hahnengefechts.
Jetzt erst ward mir plötzlich klar, warum ich unterwegs so viele Leute
mit Bretern auf dem Rücken gesehen hatte, auf deren jedem fünf bis sechs
Hähne festgebunden waren. Ein Mann zu Pferde kam sogar mehr als 30 Miles
weit her, die vier Ecken seines Sattels nach den vier Himmelsgegenden zu
mit ebenso vielen Hähnen garnirt, zwei an Stelle der Holftern, zwei
an Stelle der Satteltaschen. Die Hähne fechten hier nicht mit den
gewöhnlichen Sporen, sondern mit sichelartigen Messerchen, deren
haarscharfe Klinge manche so geschickt an das rechte Bein des Hahnes zu
befestigen verstehen, daß oft schon beim ersten Anlauf der Gegner ein
Bein einbüßt. Eben als ich anlangte, fiel einer der armen Kämpen,
von seinem Gegner in die Seite gestochen und schändlich hinterlistig
umgebracht, zu Boden und maß den Wahlplatz mit seinem Heldenleibe.
Gleich war jedoch ein neues Paar zur Stelle, und ein barfüßiger,
ziemlich lumpenhaft toilettirter Sennor frug mich, ob ich nicht mit ihm
auf einen der Duellanten wetten wollte. Wie viel? -- Zehn! -- Was zehn,
Piaster? (Etwas hoch, dachte ich.) -- Nein, zehn Mark Silber (ziemlich
80 Dollars). Bagatelle! meinte ich und machte, daß ich weiter kam, denn
ein so niedriges und grausames Vergnügen schien mir nicht werth, Zeit
und noch weniger Geld daran zu setzen. Es ist übrigens eine gewöhnliche
Sache, hier anscheinend arme Leute recht hohe Summen bei Hahnen-
und Stiergefechten verwetten zu sehen. Das Spiel ist hier die
vorherrschendste Leidenschaft und, wie man mich versicherte, sollen am
selben Tage auf zwei Hähne von besonderer Kriegsreputation in mehrern
Wetten die Summen von 2000 Dollars im Ganzen auf dem Spiele gestanden
haben. So fand ich auch, was ich vorher nicht beachtet hatte, in jedem
Hause einen oder mehrere Kampfhähne, jeden mit einem Bindfaden am
Fuße, auf einer Art von Papageienstock sitzend, die lediglich zu jenem
barbarischen Vergnügen aufgefüttert werden.

Bald hinter Ocotal tritt man wieder in eine tiefe Schlucht ein, und
gleich im Anfange hören alle bewohnten Plätze auf. Ein zwar enger, aber
doch nicht zu beschwerlicher Weg führte bald auf dem einen, bald auf dem
andern Ufer des Rio di Dipilto hin, der hell, klar und lustig über die
Steine dahinhüpft, hier und da von einem kleinen Salto (Wasserfall)
unterbrochen, mühsam an manchen Stellen sich durch das Thal zwängend,
dessen vielfache Windungen ihm manchmal das Aussehen geben, als hätte
hier die Welt ein Ende. Mein Mozo, für den das Hahnengefecht mehr
Anziehungskraft hatte, als für mich die Reize dieser malerischen Natur,
war etwas zurückgeblieben, und so verfolgte ich denn meinen Pfad in
einer angenehmen Einsamkeit. Die steilen Höhen rechts und links, bedeckt
mit majestätischen Kiefern, wie ich sie noch kaum so hoch gesehen,
ließen die Sonne nicht so eindringen, und die tiefe Ruhe, durch das
sanfte Gemurmel des dahineilenden Flüßchens noch traulicher gemacht,
ward nur dann und wann vom leisen Gesange eines Vögelchens unterbrochen.
Viele Nordländer sind der Meinung, daß die Vögel der Tropen nicht
singen; dem ist aber nicht so, nur muß sich das Ohr an ihren Gesang
gewöhnt haben, der so zart ist, daß sie fast leichter zu sehen als
zu hören sind. Ich aber fühlte mich so froh gestimmt, daß ich die
schweigsamen Wälder lustig vom Gesange deutscher Lieder wiederhallen
ließ, was ihnen wohl nicht häufig passiren mag.

Endlich und endlich öffnete sich das Thal ein wenig und auf einem
kleinen Plateau, just nur groß genug, um den Gebäuden nothdürftig Raum
zu geben, erschienen die Dächer von Dipilto, vergoldet vom letzten
Strahle der untergehenden Sonne.




XI.

Dipilto. -- Mangelhafter Zustand des Bergbaues. -- Wiederkehrende
Gesundheit. -- Taminos Feuer- und Wasserprobe zu Pferd. -- Erlegter
Tiger. -- Der Staat Honduras.


Dipilto, jetzt vielleicht der bedeutendste Minenort in Nicaragua, war,
obschon seine Minen schon seit sehr langer Zeit betrieben werden sollen,
vor zwanzig Jahren noch nur ein einziges Haus, und ward das Almuercadero
(Frühstücksplatz) genannt, weil die Reisenden von Honduras meist hier am
Ufer des Flusses im Schatten einiger Bäume, die jetzt noch dastehen, ihr
Frühstück einnahmen.

Ich stieg im Hause der Madame L. ab, hier nur glattweg die Madama
genannt, an welche ich eine Empfehlung von ihrem Manne aus Massaga
hatte. Sie war Französin und hatte sich, obschon bereits 22 Jahre
in Central-Amerika, noch ihre echt französische Lebendigkeit und
Liebenswürdigkeit vollkommen bewahrt, in Bezug auf Gastfreundschaft
aber mit den Sitten des Landes ganz acclimatisirt. Ich fand hier drei
Amerikaner und einen amerikanisirten Deutschen, Mr. Sch....., welcher,
sowie ein Engländer in Matagalpa, Mr. P., die einzigen ausländischen
Minenbesitzer in Honduras sind. Einer der drei Amerikaner ist jener
Mr. Dickson, der im vorigen Jahre mein Schiffsgenosse auf der Reise von
New-York nach Central-Amerika war, augenblicklich aber nicht in Dipilto
anwesend.

Der Bergbau liegt hier freilich noch sehr in den Urzuständen, und von
einem wissenschaftlichen Betrieb ist noch kaum die Rede. Zwei junge
deutsche Bergleute, Herr Schmidt, ehemaliger Bergstudent in Freiberg,
und Herr Witting aus Hessen, beide im Interesse einer Compagnie
arbeitend, waren ganz in Verzweiflung über die vielen Hindernisse, die
einem geregelten Betriebe des Bergbaues hier noch im Wege stehen. An
einen kunstgemäßen Schachtbau ist noch nicht zu denken; wo sich eine
Ader findet, schlägt man ein und folgt ihr in jeder beliebigen Richtung,
aufwärts oder abwärts, rechts oder links, nach Art der Maulwürfe. Manche
Minen haben allerdings eine Art von Schacht mit Ruheplätzen (Posas) von
ungefähr 15 Varas (20 Ellen) Umfang, sowie auch Leitern, die aber nichts
weiter sind, als unbehauene Stämme mit rechts und links in dieselben
angebrachten Kerben, Papageienstangen nicht unähnlich, auf welchen die
Indianer wie die Affen hinauf- und hinunterklettern, auf dem Rücken
einen ledernen Sack, der an einem Riemen über die Stirn getragen wird,
um das Erz und die Steine zu transportiren. Von regelrechten Fahrten mit
Sprossen, Schachten mit Göpeln zum Ausbringen der Erze und des todten
Gesteines hat Niemand eine Idee, und ebenso wenig vom Bau eines
Stollens, um die unterirdischen Gewässer abzuleiten. Daher werden die
meisten Minen schon in einer Tiefe von 200 bis 300 Fuß verlassen,
und erst in neuester Zeit hat Herr Sch...... Versuche gemacht, eine
aufgegebene Grube auszupumpen und wieder gangbar zu machen. Das größte
Hinderniß sind die üblen Straßen, auf denen Alles nur durch Maulesel und
Menschen fortgetragen werden muß, und die es natürlich unmöglich
machen, zweckmäßige Maschinen zum Auspumpen ersoffener Schachte
herbeizuschaffen. Von einer bergmännischen Berechnung, wo man sich unter
der Erde befinde, hat hier gleichfalls Niemand eine Ahnung. Trotz des
bedeutenden Mineralreichthums (manche Minen geben 18 bis 20, ja sogar 25
Procent Silber) wird es immer noch geraume Zeit dauern, bis Dipilto den
Aufschwung bekommt, den es haben könnte, denn Jeder wird einsehen, daß
unter so erschwerenden Umständen viel Arbeit nöthig ist, um nur ein
leidliches Resultat zu erzielen. --

Die localen Verhältnisse sind übrigens in vieler Hinsicht günstig; der
Fluß mit bedeutendem Fall ist während aller Jahreszeiten im Stande,
eine hinreichende Wasserkraft zu produciren; als Brennmaterial dient
das vortrefflichste Kiefernholz, zum bloßen Preis des Umhauens, und
die Arbeiter erhalten die niedrige Bezahlung von 2 Dimes (etwa 8
Silbergroschen) den Tag; die größte Schwierigkeit ist aber eben, diese
zu bekommen. Sobald der Indianer nur noch einen Cent in der Tasche hat,
kann ihn keine Macht zum Arbeiten bewegen, statt Montag kommt er oft
Mittwoch oder Donnerstag zur Arbeit; von einer regelmäßigen Eintheilung
in Schichten für Tag- und Nachtarbeit ist gar keine Rede. Was nun daraus
für eine Art von Bergbau entsteht, mag Jeder beurtheilen, der nur die
oberflächlichste Sachkenntniß hat. Das sicherste Mittel, was noch der
Arbeitgebende hat, die Leute zur Arbeit zu zwingen, ist, ihnen einige
Dollars vorzustrecken, dann kann er die Leute durch den Alcalden
zwingen, das Geld abzuarbeiten, und sollte der Mann vom Sterbebett des
Kindes weggeholt werden müssen. Da nun die Indianer in ihrem sorglosen
Wesen sehr leicht verschuldet werden, so bringen die Leute meistens ihr
Leben in einem Zustande zu, noch schlimmer als Sklaverei. Es ist dies
eins der vielen Uebel, die spanische Gesetze nach Amerika gebracht
haben.

Da viele der Minen 5 bis 6 Miles von Dipilto liegen, so werden die Erze
durch Maulthiere dahin geschafft. Auch das Verfahren beim Ausbringen des
Silbergehaltes liegt hier noch in derselben Kindheit, wie vor etwa drei,
vier Jahrhunderten in Freiberg und Goslar, und geschieht meistentheils
in kleinen Oefen durch Feuer, so daß jede Operation 7 bis 8 Stunden
erfordert und ein sehr unvollkommenes Resultat giebt.

Einige Besitzer bedienen sich auch noch einer amerikanischen
Originalerfindung auf dem Patio, d. i. ein großer gedielter Platz,
auf dem das gemahlene Erz in Haufen (Montones) von 15 bis 20 Centner
gebracht, mit etwas Kochsalz und Quecksilber gemischt, mit Wasser
durchgetreten und dann etwa 14 Tage der Sonne ausgesetzt wird, welcher
Proceß sich oft drei- bis viermal wiederholt; dann wird der Sand
ausgewaschen, das gewonnene Amalgama unter Kupferglocken verdampft, die
Quecksilberdämpfe in dem darunter befindlichen Wasser condensirt
und später das Silber in kleinen Oefen von der geringen darin noch
enthaltenen Quantität Kupfer gereinigt. Ein höchst langwieriges
Verfahren, welches wegen des dabei unvermeidlichen Verlustes an
Quecksilber (hier im Preise von 140 Dollars der Centner) immer mehr in
Abnahme kommt.

Das Mahlen des Erzes geschieht im sogenannten Ingenio (vielleicht
sogenannt, weil in der Erfindung eben durchaus nichts Ingeniöses ist);
diese Maschine besteht aus einem horizontalen Rade, meist 30 Fuß im
Durchmesser und ebenso hoch vom Boden entfernt, auf dessen Zähne oder
Kästen eine im Winkel von wenigstens 45° herabstürzende Wasserkraft
wirkt. An der verticalen Axe, etwa 5 Fuß über dem Boden, durchkreuzen
zwei Hölzer, jedes von ungefähr 20 bis 25 Fuß, dieselbe, an deren
Enden Steine von 12 bis 15 Centnern, durch das Rad gedreht, einen
Kreis beschreiben und so die Erze zerquetschen. Eine sehr schwerfällige
Maschine, deren Resultat sich durch viel einfachere Mittel weit
vollkommener erreichen läßt.

Die letzte Methode des Ausbringens, die erst in neuerer Zeit in Aufnahme
zu kommen beginnt, ist die bekannte Amalgamatiere in drehbaren Fässern,
nachdem das Erz vorher im Ofen geröstet worden ist. Herr Schmidt stellte
eben auch Versuche der sogenannten Augustin'schen Methode vermittelst
Kochsalz an, mit welchem Erfolge ist mir zur Zeit jedoch nicht bekannt
geworden.

Die vier Wochen, welche ich in Dipilto zubrachte, waren vom allerbesten
Erfolg für mein Befinden und werden unter meinen Erinnerungen aus
Central-Amerika stets eine liebe Stelle einnehmen. Ich ging mit
erneueter Lust an die Arbeit, bereicherte meine Zeichnenmappe
beträchtlich mit höchst pittoresken Studienblättern und meine
Naturaliensammlung mit Specimen der verschiedensten Art. Der klare Fluß
bot mir ein kräftigendes Bad am Morgen, die bewaldeten Berge angenehme
Spaziergänge in der Kühle des Abends, mit einem Worte, ich lebte wieder
neu auf. Selbst die kleinen Unannehmlichkeiten, die ein Aufenthalt an
so entlegenen, von aller Communication abgeschnittenen Orten mit sich
bringt, fühlte ich im Hause meiner gütigen Wirthin und durch den so
lieben freundlichen Umgang weniger. Sogar für literarische Unterhaltung
auf einsamen Spaziergängen war gesorgt, denn ihr Büchervorrath enthielt
allerhand Literaturerzeugnisse in buntester Mischung, von Rousseau und
Voltaire bis Frederic Soulié und Alexander Dumas.

Lebensmittel sind, da dieselben erst aus den tiefer gelegenen Bezirken
auf Maulthieren herbeigeschafft werden müssen, wohl zu Zeiten etwas
sparsam; allein da Herr und Madame L. selbst Handel mit Silber nach
Granada und mit allerhand Gütern für den Verbrauch am Orte von dort
hierher betreiben, so geht beinahe monatlich ein Transport hinab und
einer herauf, wodurch denn auch Keller und Speisekammer wohl versorgt
ward. Zur Regenzeit mögen freilich manchmal magere Tage auf fette
folgen.

Gesellschaft fand ich, außer den beiden jungen deutschen Bergleuten,
in Herrn Sch., meinem Doppellandsmann, geborenen Deutschen und
naturalisirten Amerikaner, Don Felix S., ein unternehmender, thätiger
Mann, dem Dipilto die Einführung der neuesten Verbesserungen verdankt,
Don Chico F. u. s. w. Die meisten dieser Leute waren früher durch
Guardiolo aus Besitz und Heimath vertrieben worden und jetzt irrte
ihr früherer Verfolger in denselben Gegenden heimathlos umher, wo die
Vertriebenen sich eine neue Heimath gegründet. »Nehmt euch ein Exempel
dran!«

Selbst die frohesten Stunden müssen aber ein Ende haben und so auch mein
Aufenthalt in Dipilto. Wenn ich noch andere Punkte für meine Studien
ausbeuten wollte, hatte ich, der bevorstehenden Regenzeit wegen, nicht
sehr viel Zeit zu verlieren.

Ich fand hier noch größere Schwierigkeit, mir Thiere zu verschaffen,
denn die meinigen waren gleich nach meiner Ankunft nach St. Rafael
zurück gekehrt, weil der Mangel an Futter dort die meisten unfähig zur
Arbeit machte. Da ein Packthier, welches ich mit Mühe und Noth auftrieb,
erst in einigen Tagen disponibel ward, mir aber mittlerweile ein
ziemlich gutes Reitpferd verschafft worden war, so beschloß ich, mich
einstweilen allein auf den Weg zu machen, um in der Zwischenzeit Mr.
Dickson, meinen vorjährigen Reisegefährten von der Brigg Rogelin, zu
besuchen, der in Maquelizo eine Zweigmine bearbeitete.

So belud ich denn -- es war jetzt schon Mitte April -- den kleinen
munteren Braunen mit den nöthigsten Lebensmitteln, da ich wenig Aussicht
hatte, die nächsten zwei Tagereisen bis Yuscaran welche zu bekommen, und
begab mich frisch und fröhlich wieder auf die Wanderschaft.

Es ging nun von Neuem an ein Steigen und Klettern durch ödes steriles
Gebirg, weit und breit keine Spur menschlicher Wesen, denn ich befand
mich hier so ziemlich zwischen den letzten Außenposten der Civilisation.
Ich mochte etwa drei Stunden geritten sein und hatte von fern schon
mehrmals einzelne Savannen hinter mir in Feuer gesehen, als ich, in
einem engen Felsthal eingeschlossen, auf einem kleinen abschüssigen
Terrain, bei einer Biegung das Thal vor mir in Flammen sah. Wäre das
Gras hier so hoch und dicht wie in den Prairien von Texas, so würde
ich jetzt wahrscheinlich nicht im Stande sein, gegenwärtige Zeilen zu
schreiben. Die Sache erscheint aber weit gefährlicher als sie wirklich
ist, denn das Gras ist hier nur dünn und kurz, brennt schnell wie Pulver
ab, und dann bieten auch einzelne ganz nackte Stellen Plätze, wo das
Feuer nicht hinreicht, ja bisweilen hält nur ein kleines Bächlein den
Gang der Flammen auf. Es geschieht dies Abbrennen absichtlich gegen Ende
der heißen Jahreszeit, um dem neuen Grase Platz zu machen.

Zurückzugehen fand ich nicht für rathsam, denn bergauf wäre ich von den
Flammen sicherlich eingeholt und vom Feuer und Rauch noch mehr belästigt
worden, darum hielt ich auf der etwas hoch gelegenen Stelle an, stieg
ab und sattelte mein Pferd etwas mehr zurück, um ihm das Athmen zu
erleichtern.

Das kluge Thierchen wieherte leise, als hätte es mich verstanden und
wollte mir sagen: Sei nur ruhig und verlaß dich auf mich.

In der That sind auch die Thiere durch das alljährliche Abbrennen der
Savannen so ans Feuer gewöhnt, daß selbst Kühe sich ganz gemächlich an
gesicherte Punkte zurückziehen, wobei sie freilich die feinere Witterung
vor dem stolzen und doch oft so hülflosen Herrn der Erde voraus haben.

Ich hielt nun still, bis die Flammen einen Punkt erreicht hatten der mir
günstig schien, gab dem Braunen scharf die Sporen und im raschen Galopp,
das Gesicht in des Pferdes Mähne geborgen, tauchte ich gegen den Wind
in den dichten Qualm und war in nicht einer halben Minute wieder auf der
anderen Seite aus dem Feuer heraus. Zwar war der Boden noch heiß, die
Luft schwer und raucherfüllt, allein bald verlor sich auch dies, und als
ich nach einiger Zeit an einen Quell kam, wusch ich mein Pferd, das an
den Beinen ziemlich versengt war, so wie mein eigenes rauchgeschwärztes
Gesicht im kühlenden Naß. Das Fatalste war, daß ich durch die Hatze den
Weg verloren hatte und erst eine Weile herumirren mußte, ehe ich ihn
wieder fand.

Ich konnte nun freilich Maquelizo diese Nacht nicht mehr erreichen, wie
ich gewollt, allein da ich gegen Abend einen Rehbock schoß und auch so
glücklich war, ein Bächlein mit noch grünem Ufer zu finden, das Wasser
und Futter für's Pferd bot, blieb ich liegen, hobbelte das Pferd, briet
mir etwas Fleisch und ließ das andere am Morgen den Coyotas, welche die
ganze Nacht darum serenadirt hatten.

Ich kam nach Maquelizo, das etwas kleiner als Dipilto, übrigens aber
demselben sehr gleicht, schüttelte Freund Dickson die Hand, und nachdem
wir einen Tag mit gegenseitiger Erzählung unserer Erlebnisse verbracht,
ritt ich weiter gen Honduras. Ich war jetzt auf der Höhe des Gebirges,
welches die Wasserscheide zwischen den beiden Oceanen bildet; in einer
Entfernung von nur einigen hundert Schritten entsendeten Quellen ihre
Wässer nach Osten und Westen.

Bis Yuscaran kam ich nur zweimal an elende Indianerhütten, in deren
einer ich übernachtete. Mein Bett war ein hölzerner Trog, in welchem die
Thiere, »die Moses Kinder scheuen«, nach ihrem Tode abgebrüht und ihrer
Borsten beraubt werden, und mein Schlummer ward sehr gestört, nicht
sowohl von den blutigen Gestalten jener unschuldig Gemordeten, sondern
von einer Legion Flöhe und anderer Insecten. Ich hatte am nächsten
Morgen auch noch das Vergnügen, einen Tiger zu schießen, der mich von
einem kleinen Felsblocke aus neugierig betrachtete, als ich eben mein
Pferd einen steilen Hohlweg am Zügel heraufführte. Die Kugel drang ihm
ins linke Auge und er verschied ohne weitere Protestationen, das Pferd
aber hatte beim Knall Reißaus genommen, und ich hatte Mühe, es wieder zu
erhaschen. Das schöne Fell brachte ich als Trophäe mit nach New-York.

Am Mittag erreichte ich den Rio di Choluteca, den Grenzfluß zwischen
Honduras und Nicaragua. Von Zollbeamten und Gensdarmen zur Visitation
der Pässe war hier freilich keine Spur, und doch wäre es mir höchst
erfreulich gewesen, dergleichen Leutchen hier zu finden, da sie mir doch
die Furth zum Passiren des Flusses hätten zeigen können, zu der ich den
Weg im steinigten Terrain verloren hatte; denn da der an und für sich
schon große Fluß noch von steilen Felsen eingeklemmt wird, so ist er
selbst in der trockenen Jahreszeit nur an einigen Stellen passirbar.

Ich suchte eine Zeitlang, bald auf-, bald abwärts, nach einer Furth, da
ich aber keine fand, nahm ich Waffen und Packtaschen auf den Kopf
und durchkreuzte auf gut Glück den Fluß an der Stelle, die mir am
tauglichsten dazu schien. Bald hatte das Pferd Grund, bald ging es
schwimmend weiter, so daß manchmal nur noch unsere beiderseitigen Köpfe
zu sehen waren, doch langte ich ohne weiteren Unfall am anderen Ufer an,
natürlich so naß, als ein Geschöpf Gottes möglicherweise nur sein kann,
setzte meinen Weg fort und langte am Abend im Hause des Herrn George
C..... an, eines Engländers, der seit mehr als 20 Jahren hier ist,
sich mit einer Tochter des Landes verheirathet hat und nun mit seiner
liebenswürdigen Gattin und seinen Kindern ein zwar einsames, aber
ruhiges und augenscheinlich glückliches Leben führt.

Sein Ingenio liegt nur etwa 3 Miles von Yuscaran entfernt; ich leistete
daher seiner, schon in Dipilto an mich ergangenen Einladung, in seinem
Hause zu ruhen, um so lieber Folge, als sowohl das Pferd wie ich vom
dreitägigen Klettern gehörig erschöpft waren. Das arme Thier war von dem
schweren Reiter und den ausgestandenen Strapazen so mitgenommen, daß es
sich durch mehre Tage nicht erholen konnte.

Mit wahrem Wonnegefühl legte ich mich am Abend, nach einer Tasse
stärkendem Kaffees, in einem guten Hause unter freundlichen Menschen
zur Ruhe und schlief mit dem seligen Bewußtsein ein, morgen nicht gleich
wieder in den Sattel klettern zu müssen.

Der Staat Honduras, dessen Grenze ich im Rio di Choluteca überschwommen,
ist von den fünf Staaten Central-Amerikas nächst Nicaragua an
Flächenraum der größte, an Bevölkerung der kleinste, an Mineralien der
reichste, an Productenausfuhr der ärmste. Er erstreckt sich vom 13. bis
16. Grade nördlicher Breite, vom 83. bis 89. westlicher von Greenwich,
vom 6. bis 12. westlicher von Washington, ist im Norden und Nordwesten
von den carribischen Seen, östlich vom sogenannten Mosquito-Königreiche,
südlich vom Staate Nicaragua, südwestlich von St. Salvador, nordwestlich
von Guatemala begrenzt.

Die Verfassung ist mit geringen Abweichungen der von Nicaragua gleich.

Der Staat ist in sechs Departements getheilt: Gracias, St. Barba mit
dem Hafen von Omoir an dem Carribien-See, Comayagua mit der Hauptstadt
gleiches Namens, Yoco, nächst dem Cap Honduras, Choluteca, welches
zugleich einen großen Theil des Golfes di Fonseca umfaßt, und in
letzterem die wichtigen Inseln Islo de Tigre und Sacate Grande,
die, sollte der Atlantic-Pacific-Kanal zu Stande kommen, eine
außerordentliche Bedeutung erlangen müssen. Die Stadt Tegucigalpa liegt
gleichfalls in diesem Bezirke und ist meist der Aufenthaltsort der
Regierung, da die ungesunde Lage von Comayagua diese Stadt nicht recht
zur Bedeutung kommen lassen will. Der sechste District endlich, Olancho,
ist einer jener unter dem Namen des Mosquito-Königreiches streitig
gemachten Landstriche und größtentheils, gleich Yoco und St. Barba, von
den Indianerstämmen der Ikakes und Carribes bewohnt; der weiße Theil
der Bevölkerung lebt meist zerstreut auf Rindvieh-Haciendas, unter denen
sehr ausgedehnte Besitzungen sind. So starb während meines Aufenthalts
in Yuscaran einer der reichsten Grundbesitzer, der an 24,000 -- sage
24,000 -- Stück Rindvieh hinterließ, und deren Weideplätze einen
Flächenraum einnahmen, größer als so manches deutsche Fürstenthum.

Zur selben Zeit fand auch einer der öfter vorkommenden Raubüberfälle
der Carribes statt, als deren Grund ich aber mehr jene kleinlichen
Hetzereien wegen der Gebietsstreitigkeiten ansehe, als wirkliche
Feindseligkeiten und Haß; denn so oft ich auch Indianer antraf, fand ich
sie doch nur stets von friedfertigem, freundlichem Charakter und sanften
Sitten.




XII.

Yuscaran. -- Don Pedro Xatrerha. -- Indianerstämme. -- Gefahren
eines Besuches bei ihnen. -- Gewaltsame Requisition. -- Tegucigalpa.
-- Sennora L... -- General Cabannas.


Yuscaran, wo ich einen Halt von zwei Wochen machte, ist einer der
bedeutendsten Bergbauplätze mit einer großen Anzahl Minen, deren viele
schon seit mehren Jahrhunderten betrieben werden. In der Neuzeit ist die
Ausbeute allerdings bedeutend geringer geworden, was auch hier
seinen Grund in dem höchst unvollkommenen Betriebe hat, so wie in der
Schwierigkeit, sich die nöthigen Maschinen und tüchtige Bergleute zu
verschaffen, denn Alles, was ich über Dipilto gesagt, hat auch auf hier
Bezug. Keine der Minen hat mehr als 500 bis 600 Fuß Tiefe, und doch
liegen viele derselben schon lange todt, die bei gehörigem Betriebe
noch sehr reiche Ausbeute geben würden. Ich habe auf meinen Touren die
verschiedenartigsten Stufen gesammelt, deren reicher Gehalt gewiß die
Aufmerksamkeit der Mineralogen fesseln würde, und dennoch tragen viele
der Minen, aus denen ich sie gesammelt, kaum die Kosten des Betriebs.

Der Ackerbau ist von keiner großen Bedeutung und genügt kaum, die dünne
Bevölkerung zu ernähren; Reis, Bohnen, ja selbst Mais muß nicht selten
aus den Niederungen am Pacific herbeigeführt werden, und sogar während
meines kurzen Aufenthaltes war wegen geringer Stockung im Transport für
einige Zeit eine Art von Hungersnoth eingetreten.

Die weiße Bevölkerung ist auch hier verhältnißmäßig noch schwach, da das
Land erst später unter spanische Botmäßigkeit kam. Cortez, auf seinem
berühmten, beschwerdereichen Marsche nach Cap Gracias, berührte nur
Nord-Honduras.

In den blutigen Revolutionen, die Central-Amerika bis auf unsere Tage
erschüttern, hatte auch Honduras seine Rolle; in dem Kriege, den
Morozan für die Föderation führte, war Tegucigalpa der Schauplatz einer
heldenmüthigen Vertheidigung des Generals Cabannas, desselben, der sich
auf Morozan's Rückzug von Guatemala so großen Ruhm erwarb und der heute
den Präsidentenstuhl von Honduras einnimmt.

Eine traurige Epoche war die, wo Guardiolas' fanatische Verfolgung
der Gegenpartei stattfand und das Land mit Blut überschwemmte. Wenige
Familien existiren, die aus jener traurigen Zeit nicht den Verlust eines
ihrer Glieder zu betrauern haben. In jener Zeit erwarb sich der damalige
Commandant von Yuscaran, Don Pedro Xatrerha, großes Verdienst: als
nämlich Guardiolas sich der Stadt bis auf einen Tagemarsch genähert,
öffnete Don Pedro auf eigene Gefahr der Verantwortung die Gefängnisse
und entzog so Hunderte von unglücklichen Gefangenen einem grausenvollen
Tode, eine menschenfreundliche Handlung, die der wackere Mann beinahe
mit dem eigenen Leben bezahlt hätte, denn Guardiolas, wüthend, daß seine
Opfer ihm entgangen waren, ließ ihren Befreier verhaften, und nur seine
anerkannte Bravour als Soldat entzog Don Pedro dem Tode. Derselbe lebt
noch heute geehrt und geliebt auf demselben Posten, und ich genoß drei
Tage, die ich in der Stadt selbst blieb, seine Gastfreundschaft, die,
wie hier überall, gern gegeben und darum dankbar angenommen ward. Für
mein Portefeuille fand ich auf meinen Streifereien in der Umgegend
besonders reiche Ausbeute und bereue die darauf verwendete Zeit
keineswegs.

Großes Verlangen trug ich danach, meine Excursionen bis in das Gebiet
der Ikakes und Carribes auszudehnen, unter günstigen Umständen mich
sogar länger unter ihnen aufzuhalten und vielleicht manche nicht
unwichtigen Beiträge zu Nutz und Frommen der Wissenschaft zu sammeln;
allein einige Berichte competenter Männer über die Eigenthümlichkeiten
dieser Indianerstämme hielten mich ab, dies Wagniß allein zu
unternehmen, und ein Begleiter wollte sich nicht finden.

Es herrscht nämlich bei allen diesen Stämmen, neben der Scheu, die
sie überhaupt vor Umgang mit Fremden tragen, eine außerordentliche
abergläubische Furcht vor Bezauberung und Ansteckung durch Krankheit.
Allein unter ihnen krank werden, heißt seinem gewissen Tode
entgegengehen. Man läßt dem fremden Kranken einige nothdürftige
Lebensmittel und Wasser, worauf Alles aus seiner verderbenbringenden
Nähe flüchtet und erst nach seinem Tode oder, was äußerst selten
vorkommt, nach seiner Genesung zurückkehrt; stirbt er, so wird das Haus
sammt Allem, was darin ist, niedergebrannt. Dasselbe geschieht ihm aber
auch, jedoch bei lebendigem Leibe, wenn er nur zufällig auf die Erde
spuckt, so groß ist ihre Furcht vor Bezauberung.

Es möge dies den tabackkauenden Yankees zur Lehre dienen, wenn anders
einige von ihnen diese Länderstriche besuchen und, wie überall, einen
magischen Kreis braungefärbten Speichels um sich ziehen sollten.

Ich selbst huldige zwar keineswegs der edlen Gewohnheit des Tabackkauens
und hatte also von dieser Seite nichts zu befürchten; allein mein
viermonatliches Fieber hatte mir denn doch einigen Schrecken in die
Glieder gejagt, und wenngleich ich den Tod nicht scheue, wenn's einmal
gestorben sein muß, so hat der Gedanke, von aller Welt verlassen gleich
einem Paria zu verenden, doch zu wenig Anziehendes für mich. Sollte
sich also ein anderer Reisender zur Nachholung des von mir Versäumten
verlockt fühlen, so rathe ich ihm wohlmeinend, sich wenigstens mit einer
zu Schutz und Krankenpflege geeigneten Begleitung zu versehen, besonders
aber sich des Ausspuckens gänzlich zu enthalten.

Nachdem mir die Güte des wackern Mr. George C......, eines der
angesehensten Minenbesitzer hiesiger Gegend, ein paar leidliche
Maulthiere verschafft, machte ich mich in Begleitung eines Mozo nach
Tegucigalpa auf den Weg. Die einzelnen Individuen vom Stamme der Ikaken,
die, schon als Kinder geraubt, hier und da zerstreut als Diener leben,
sind wesentlich von den Nachkommen der Aztekes und Toltekes verschieden,
weniger gut gebaut, mit kleinen geschlitzten Augen, verschwollenen
Augenliedern, dicken Lippen und unverhältnißmäßig großen Untertheilen
des Kopfes, augenscheinlich von viel geringerer Intelligenz und
Capacität als jene. Die Haare, welche die Nicaragua-Indier bis auf einen
kleinen Theil über der Stirn abscheren, tragen diese Ikaken lang, auch
waren dieselben nicht kraus, sondern schlicht herabhängend.

Um nach Tegucigalpa zu gelangen, hatte ich zuvörderst einen mächtigen
Gebirgsstock zu erklettern, was viel leichter gesagt als gethan ist;
die trockene Jahreszeit hatte ihren höchsten Gipfel erreicht, die ganze
Natur schien mir bis ins innerste Mark verbrannt; die armen Maulthiere
waren durch die Spärlichkeit des Futters zu wahren Skeletten
herabgekommen, konnten statt der 250 bis 300 Pfund der gewöhnlichen
Ladung kaum 150 Pfund tragen, und mein armes Sattelthier machte mein
Mitleid so rege, daß ich es vorzog, einen großen Theil der Kletterei zu
Fuß abzumachen. Auf der Höhe des Gebirges fanden wir einen Quell,
kalt wie Eis, für Menschen und Vieh eine willkommene Erquickung. Meine
Tortillas gab ich meinem armen verhungerten Thiere, begnügte mich mit
einigen gekochten Bohnen und einem halben Dutzend Strohcigarren
zum Nachtisch, worauf es wieder an ein eben so halsbrecherisches
Hinabklettern ging, das uns am Abend zu einem mit grünen Ufern
kokettirenden Flüßchen als geeigneten Lagerplatz brachte. Die größte
Wohlthat war den armen Thieren hier unten die Befreiung von den
abscheulichen Stechfliegen, die hier die Größe von einem Zoll haben
und eine wahre Höllenmarter für das Vieh sind; ich vergrößerte ihr
Wohlbehagen noch dadurch, daß ich ihnen meinen Salzvorrath zu lecken
gab.

Aber bei all' meiner Thierfreundlichkeit blieb ich doch selbst ohne
Nahrungsmittel und schickte daher Salvador, meinen zeitweiligen Sancho
Pansa, auf Requisition von Eiern und Hühnern aus, während ich selbst
Feuer machte; der Bursche kehrte aber mit der gewöhnlichen Redensart
»=No hai=« (es ist nichts da) zurück. Das wurmte mich und meinen Magen
gar sehr, deshalb beschloß ich, selbst eine Recognoscirung anzustellen,
gürtete meine Hüften, schulterte die Büchse und schlug den Pfad nach
einigen zerstreuten Indianerhütten ein, die das Dörfchen Jove bilden.

Wie gewöhnlich war auch hier Alles, wonach ich fragte, nicht vorhanden.
Da führte sein Unstern mir ein halbwüchsiges Schweinchen in den Weg, und
ich that, wie ich schon früher bei gleicher Gelegenheit einmal gethan,
d. h. nachdem ich die anwesenden Indianer gefragt, ob einer von ihnen
der Eigenthümer sei und ein »=No Sennor=« zum Bescheid erhalten, schnitt
meine Kugel den Lebensfaden des jugendlichen Geschöpfes zugleich mit
allen Einwendungen des Mannes kurz ab, eröffnete aber dagegen die
Schleusen seines Jammers ob des ungeheueren Verlustes; 10 Pesos Kupfer,
ungefähr 2 Thaler und gut der dreifache Werth des Schlachtopfers,
stillten jedoch den Jammer und verwandelten ihn in solche Freude, daß
der Mann mir ein Geschenk von einem Dutzend Eiern machte und seiner
Frau befahl, mir so viele Tortillas zu backen, als mein Herz nur immer
verlangen würde.

Da ging es nun an ein Kochen, Braten und Backen, das Feuer ward rundum
mit Cochonnerien aller Art besteckt, Wirth und Wirthin wurden meine
Gäste, aus meinem kleinen Feldkessel sendete ein köstlicher Kaffee
seine aromatischen Düfte empor, und um dem Mahle den größten Reiz zu
verleihen, zog ich eine Flasche =Agua ardiente=, zu deutsch Schnaps, aus
meiner Satteltasche hervor. Ueberwältigt vom lucullischen Mahle und der
Müdigkeit, sank ich dahin und schlief den Schlaf des Gerechten.

Wer wissen will, wie ich den nächsten Tag verlebt, der lese das Obige
noch einmal, nur mit dem Unterschiede, daß der reichlichere Vorrath von
Tortillas und Schweinefleisch neue Requisitionen unnöthig machte, und
daß auf der Höhe des Gebirges der Minenort St. Antonio, zwischen todten,
sterilen Sandsteinfelsen gelegen, die Oede etwas unterbrach; nachdem
ich aber den zweiten Gebirgskamm überschritten, sah ich das Ziel
meiner diesmaligen Reise, Tegucigalpa, in der Ferne liegen, bei welchem
Anblicke mein Herr Maulesel, in der Hoffnung auf Erlösung von seinen
Leiden, die Lüfte von einer mißtönigen Freudenhymne wiederhallen
ließ. Noch ein mühevolles Hinabklimmen, und ich hielt meinen Einzug
in besagter Stadt, deren reinlich gehaltene, gepflasterte Straßen,
wohnliche Häuser und behäbig aussehende Einwohner einen sehr angenehmen
Eindruck auf mich machten.

Im Hause der Schwiegermutter des Herrn C....., Sennora Donna L.....,
erwartete, wie überall, Menschen und Thiere die freundlichste Aufnahme;
mein Gepäck traf aber erst spät am Abend ein, denn das arme verhungerte
Thier war zweimal gestürzt; nebenbei hatte Salvador große Aengsten
ausgestanden, daß ich mich verirrt haben könne, und war höchlich
erstaunt, mich gesund und wohlbehalten beim Schmause zu finden.

Die Stadt Tegucigalpa, inmitten der Gebirge in einer schönen Thalebene
am Rio di Choluteca und nicht weit von seinem Ursprunge gelegen, _soll_
eine Bevölkerung von 25,000 bis 30,000 Einwohnern haben, woran ich
jedoch billig zweifeln muß, obschon man den über einen großen Theil der
Ebene zerstreuten Stadtbezirk hierbei mit einrechnet. Wenn überhaupt
alle die hier gewöhnlich erfolgenden Angaben der Einwohnerzahl richtig
wären, wie z. B. Granada 40,000, Leon 35,000, Matagalpa 30,000 u. s. w.,
so müßte Central-Amerika mindestens 10 Millionen Einwohner haben,
während es thatsächlich deren kaum 2 Millionen besitzt. Meiner
Berechnung nach kann die eigentliche Stadt Tegucigalpa etwa 5000 bis
6000 Einwohner haben.

Alles trägt aber hier den Charakter der Wohnlichkeit und Nettigkeit. Die
Plaza ist mit hübschen Häusern umgeben, worunter mehrere zweistöckige,
eine Seltenheit in diesem Lande, welche beweist, daß die Erdbeben in
diesem Theile weder so häufig, noch sehr stark sind. Ein erfreuliches
Zeichen waren die vielen im Bau begriffenen Häuser und die gänzliche
Abwesenheit von Ruinen, jener traurigen Denkmale vergangener
Bürgerkriege. Die Kathedrale ist ein großes, stattliches Gebäude mit
nicht unschönen Verhältnissen, nicht ganz so imposant wie die von Leon,
aber immerhin ein schönes Bauwerk und seinen Umgebungen angemessen. Sie
besitzt einen überaus reichen Altar von vergoldeter Holzschnitzerei
im spanischen Roccoco, einige Bilder alter spanischer Meister zweiten
Ranges und mehrere neuere von geringer Bedeutung. In der Sakristei lag
auf einem Tische eine neungeschwänzte Geißel; ich frug den freundlichen
alten Priester, der mich herumführte, ob dies Instrument hier etwa
zu frommen Bußübungen angewendet würde? »=No, Sennor,=« entgegnete
er lächelnd und kopfschüttelnd, »es ist für die Hunde, die einst, vom
Hunger getrieben, das Hostienkästchen ausgefressen haben.«

Im Hause der Sennora L.... war ein ganzes Heer allerliebster Mädchen,
sammt und sonders Schwägerinnen des Herrn George C...... Ich war meist
den ganzen Tag abwesend, wenn ich aber am Abende zurückkehrte, so hatten
immer zwei der jungen Damen die Aufmerksamkeit, ihr Diner bis zu meiner
Essenszeit zu verschieben, um mir Gesellschaft zu leisten, was mir im
höchsten Grade angenehm war. Gern hätte ich mich für so viele Güte durch
doppelte Liebenswürdigkeit dankbar erzeigt, allein mein vom Weltschmerz
zusammengeworfenes Schicksal trieb mich unerbittlich weiter und weiter
über Stein und Dorn, und verstattete mir keine Frist, meine Galanterie
zur vollen Blüthe zu entfalten.

Ein freundlicher alter Herr, Don Liberato X......, stellte mich dem
Präsidenten, General Cabannas, vor, einem kleinen Manne, der mir kaum
bis an die Herzgrube reichte, mit einem Kopfe, der sich zum Körper wie
1 zu 6 verhält, einem Gesichte voller Narben, aber einem Paar biederer,
kluger Augen, aus denen Muth und Energie blitzt, und der felsenfeste
Geist eines redlichen Patrioten und tüchtigen Feldherrn.

Bei Morozan's Rückzug von Guatemala hatte der damalige Colonel Cabannas
die Kathedrale mit einem Häuflein besetzt und gehalten, bis das ganze
Patriotenheer sich zurückgezogen, und schlug sich dann mit 100 Mann
durch ihrer 3000, wobei freilich kaum ein Viertheil seiner Tapfern mit
dem Leben davonkam. Als Guardiolas im Jahre 1849 die Regierung umstürzen
wollte, genügte der bloße Name Cabannas', um ein Heer auf die Beine
zu bringen, und schnell, wie Spreu vom Winde, waren die Empörer
auseinandergejagt.

       *       *       *       *       *

Der Mann war mir trotz seines unschönen Aeußern wirklich lieb geworden,
und ich fand den Enthusiasmus für ihn ganz begreiflich. Er bewohnt jetzt
das Haus, das ehemals Morozan gehörte, ein pittoreskes, altspanisches
Gebäude, dicht am Flusse gelegen, über den hier eine breite steinerne
Brücke von 17 Pfeilern führt, die erste, die ich in Central-Amerika
gesehen, denn die von Leon ist nie vollendet worden.

       *       *       *       *       *

Aller Wahrscheinlichkeit nach bin ich das erste Malerexemplar, das sich
in diese Himmelsstriche verirrt hat, denn es ist unglaublich, was ich
von der Neugierde der Leute auszustehen hatte; bei der Arbeit umstanden
sie mich so dicht, mir nur gerade ein Stück Aussicht offen lassend,
daß kein Lüftchen mir Kühlung bringen konnte, hier unter der tropischen
Sonne eine höchst unerquickliche Probe von Kunstliebe.

Ich sah im Hause des Präsidenten mehrere sehr schöne Opale, deren im
Gebirge von ungeheuerer Menge, wenn auch nicht alle von gleichem Werthe,
vorhanden sind; einen davon verehrte er mir, sowie auch einige schöne
Gold- und Silbererze.

Nach alle diesen Kreuz- und Querzügen nahte sich der Monat Mai heran,
und mit dessen Ende das Ende der trockenen Jahreszeit. Wie schmerzlich
fühlte ich hier den durch meine Krankheit verursachten Zeitverlust, der
es mir unmöglich machte, noch einen Abstecher nach Copan vorzunehmen,
obschon ich mich hier bereits auf ziemlich zwei Drittel des Weges von
Leon dahin befand; allein jetzt war es die höchste Zeit, den Rückmarsch
nach Leon anzutreten, wollte ich anders zu Land dorthin gelangen; denn
gleich nach den ersten Regengüssen, die meist auch die stärksten der
ganzen Regenzeit sind, verwandelt sich das Land nördlich vom Viejo in
einen wahren Sumpf.

Ich hatte mich jetzt nach und nach bis ziemlich zum 15. Breitengrade
hinaufgearbeitet und sollte mich nun aus diesem _kalten_ nördlichen
Klima, wo man sich im Schatten bei 95° Fahrenheit erlaben durfte, wieder
einem südlichern, wärmern, d. h. noch brühheißern, zuwenden. O welch'
heitere Aussicht!




XIII.

Süßer Abschied. -- Cerro di Ule. -- Prachtvolles Panorama. --
Heimweh. -- Portillo de la Victoria. -- Künstlerische Ausbeute. --
Indianische Fiesta. -- Große Hitze. -- Ein tropisches Gewitter.
-- Ankunft zu rechter Zeit. -- =Fata morgana.= -- San Martin. --
Choluteca. -- Esteroreal. -- Noch etwas über das Canalproject. --
Ankunft in Leon.


Das alte Lied vom Maulthiermiethen, satteln, packen ging wieder
los; diesmal aber hatte mich die Güte der Sennora L.... mit einem
vorzüglichen Vorrath von Proviant aller Art versehen, worunter sich
sogar ein außerordentlicher Luxusartikel befand: Brod, wirkliches
ordentliches Brod! Gegen Mitte des Mai rückte ich mit dem Frühesten aus,
denn ein harter, langer Tag stand mir bevor.

Der Abschied war mir weniger schmerzlich, als vielmehr sehr wonniglich,
denn ich hatte ein ganzes Pelotonfeuer von Umarmungen und rosigen Lippen
zu passiren -- =honni soit qui mal y pense!= das ist hier Landessitte,
und Landessitte muß man ehren! Ganz nach der Regel fing ich mit der
ältesten Dame an und endigte mit der jüngsten, gleichwie man erst
Tischwein trinkt und dann Cabinetswein nippt, und »als das Spiel ein
Ende nahm, da fing ich wieder von vorne an« -- dann aber machte ich, daß
ich in den Sattel kam, sonst wäre ich wohl gar ganz kleben geblieben.

Und bergauf, bergab ging's wieder, und immer mehr bergauf, und immer
pittoresker und schöner ward die Landschaft -- o hätte ich den Genuß mit
so manchem meiner Kunstgenossen theilen können! Zuerst ließ ich hinter
mir die herrliche, luftige Palme, dann die majestätische Buche, dann die
knorrige Eiche, zuletzt selbst die Kiefer, bis ich ein hohes Tafelland
erreichte, wo nur noch niedrige Sträucher und endlich eine Art mir noch
gänzlich unbekannter Bäume wuchsen. Zwischen Steinen und Felsgerüll
schafften sich riesige Aloës von 30 bis 35 Fuß, wohl auch noch höher,
Raum, jene fremdartigen Bäume aber waren mit langen Streifen hellen
Mooses behangen, das in dicken Fasern bis hernieder zur Erde hing und,
vom leisesten Winde lautlos hin- und hergewiegt, der ganzen Natur das
Ansehen eines ehrwürdigen, nachdenklichen Greises gab.

Wie so fremd, so heimathlos fremd und einsam fühlte ich mich da
plötzlich in solch' lautloser Beweglichkeit, daß mir graute wie im
Reiche der Schatten, und ich ordentlich froh war, wenn der Hufschlag
meines Thieres die unheimliche Stille unterbrach.

Bald hörte auch die letzte Vegetation auf und allmälig dröhnte der Tritt
der Thiere hell auf der gefrorenen Erde; die seltsamsten Empfindungen
regte der Contrast des fremdartigen Anblicks mit diesem eigenthümlich
heimischen Schall in mir auf. Die Sonne sank tiefer und tiefer, und als
sie ungefähr noch zwei Hände hoch über dem Horizonte stand, hatte ich
die letzte Höhe des Cerro di Ule erreicht.

Wen solche Naturscenen nicht zur Andacht stimmen, der, meine ich,
ist überhaupt keiner Herzenserhebung zum Herrn und Schöpfer fähig!
Da draußen, in weiter, unermeßlicher Ferne, lag der stille Ocean, in
welchen bald die herrliche, glühende Sonne hinabtauchen sollte, wie in
ein ersehntes Land der Verheißung; da lag, in grauvioletten, unendlich
zarten Duft gehüllt, der schöne Golf von Fonseca mit seinem gebirgigen
Archipelagus; da lag gen Süden die Ebene von Nicaragua, begränzt von
der imposanten Kette von Vulkanen, deren letzter und höchster, der
alte Monotombo, sein graues Haupt über die Spitze eines näher liegenden
Gebirges noch erhebt, während der Viejo, als anderer riesiger Endpfeiler
dieser Kette, seinen Fuß von den Wellen des unendlichen Meeres bespülen
läßt; da lag die Tierra caliente von Choluteca, durchschnitten von
vielen in der Abendsonne blinkenden Flüssen und Flüßchen, und
weiterhin eine zweite Vulkankette, la Consequina, la Union, St. Miguel,
St. Vicente, St. Salvador, Itzalko, bis sich weit, weithin nach
Nordwesten Alles in grauen Nebel verlor; ringsum aber in größerer Nähe
streckten starre, steile Felsgebirge die nackten Häupter aus der
Tiefe empor, und hier und da brannte das Gras und erhöhte durch die
leichthinziehenden weißen Rauchwolken noch den Reiz der großartigen
Landschaft. Gott ist groß und die Natur der erhabenste Prophet seiner
Größe!

Aber wie so häßlich störend rüttelten mich die Lamentionen meines
klappernden, frierenden Mozo auf, der mich endlich einholte und mir
vordemonstrirte, daß die Thiere noch weit mehr frören als er, daß sie
krank werden würden, wenn sie die Nacht hier blieben, wo keine Weide,
kein Wasser und nur wenig Holz sei, und dies und das, bis ich fuchswild
ward und Alle zum Kuckkuk wünschte, was von hier aus wohl ziemlich
ebenso weit sein mag, als das Pfefferland von Europa; er nahm sich den
Wunsch zu Herzen und zog ab -- nach einer der tiefer liegenden Hütten,
ich aber behielt mein Poncho, meine Büchse, meinen Feldkessel und etwas
Wasser, machte Feuer an, kochte mir Kaffee, wickelte mich in den
Poncho und überließ mich meinen Gedanken, die schneller noch als alle
elektromagnetischen Telegraphen dahinflogen in weite Ferne.

Es wurde aber wirklich recht frisch in der Nacht, und das Gefühl der
Kälte war mir ganz wunderlich, denn seit Jahr und Tag hatte ich es fast
verlernt; ich lief hin und her im klaren Mondschein, rieb mir die Hände
und schüttelte mich, suchte mehr Wurzeln für's Feuer und lief wieder
umher -- und plötzlich ward mir's recht seltsam zu Muthe, ich kam mir
vor wie einer jener armen Jungen am Weihnachtsmarkte meiner Vaterstadt,
die auch frierend hinter ihren kleinen Verkaufstischchen mit den
winzigen papiernen Pyramiden und Christbäumchen hin- und hertrippeln,
und sich ebenso, wie ich jetzt, die Hände reiben; ich gedachte der
heiligen Christabende meiner Jugend und es überfiel mich ein seltsames
Gefühl -- mit einem Worte: ich bekam das Heimweh.

Der Morgen kam und mit ihm der Mozo, und die Maulthiere, und der Kaffee
und Tortillas, =nota bene= nicht auf einmal, sondern Eins nach dem
Andern, und als nichts mehr kommen wollte, machten wir uns auf die
Socken, oder richtiger, auf die Hufe unserer Maulthiere.

Der höchste Punkt meiner ganzen Tour war nun überschritten, und bald
sollte ich aus der Tierra fria, wie das ganze Hochland benannt wird, in
die Tierra caliente am Pacific, das heißt aus dem kalten Striche in den
warmen kommen.

Zuvörderst suchte ich dem Golf von Fonseca näher zu kommen, um eine
malerische Ansicht zu erlangen; die vom Cerro di Ule war zu ausgedehnt
für ein Bild, und als solche war mir der Portilla (soviel wie Engpaß)
de la Victoria gerühmt worden. Zunächst erreichte ich das freundliche
Indianerdorf Coyolar, wo mir in einem freundlichen steinernen Hause von
einem noch freundlichern Wirthe die allerfreundlichste Aufnahme ward.
Der Eigenthümer war auch einer jener sich arm nennenden Besitzer von
circa 20,000 Acker Landes und 6000 bis 7000 Stück Rindvieh, eine Armuth,
bei der es sich indeß allenfalls leben läßt. Sehr in Erstaunen setzte
mich hier die Größe des Rindviehs, das von hier durch die ganze Gegend
bis Choluteca dem größten Schweizervieh nichts nachgiebt.

Der folgende Tagemarsch sollte mich bei Zeiten Nachmittags an besagten
Portillo bringen, allein just am entscheidenden Punkte ließ mich,
oder ließ ich den Weg im Stiche, wenn man nämlich einen einfachen
Rindviehpfad so nennen kann; statt rechts wandte ich mich links, und
nach dreistündigem mühe- und gefahrvollem Hinabklettern befand ich mich
plötzlich auf einem stark abschüssigen Terrain, einige Hundert Fuß über
einem kleinen Flusse, und gegenüber, aber hoch, hoch über mir lag der
fragliche Punkt.

Zurückzugehen war so schlimm als vorwärts, ersteres aber zu zeitraubend,
und so blieb mir denn nichts übrig, als, bald rutschend, bald kletternd,
bald fallend, einen Pfad zum Fluß hinab zu suchen, was besonders für die
armen Thiere sehr beschwerlich war, endlich aber doch trotz
mehrmaligem störrischen Protestes ihrerseits ohne Hals- oder Beinbruch
bewerkstelligt ward; die Passage des Flusses ergab gleichfalls ein
beträchtliches Risico für die Gebeine von Menschen und Vieh von
wegen des schlüpfrigen, ungleichen Terrains zwischen scharfkantigen
Felsbrocken, nach dessen glücklicher Ueberwindung zu allgemeiner
Erholung ein fünfstündiges Klimmen begann, bergauf durch pfadloses
Gerüll, und bei einer Sonnengluth! -- ohne Schatten, ohne erfrischenden
Trunk, -- das Wasser im Calabash (Kürbisflasche) hatte so ziemlich eine
Temperatur, um Eier weich darin zu sieden.

Alles aber erreicht sein Ende, so auch das Klettern; Dank dem Umstande,
daß ich glücklicherweise so ungewöhnlich starke Maulthiere erwischt
hatte.

Spät gegen Abend langte ich am Portillo in einem Trupp indischer
Hütten an, in deren bester ich mein Standquartier nahm, und sogleich
Erkundigungen wegen des mir empfohlenen Punktes einzog. Ich erfuhr, daß
ich ihn auf dem Gipfel einer südlich emporsteigenden steilen
Felswand finden würde, auf welcher aber zuvörderst eine Anzahl Bäume
niedergehauen werden müßten, um eine volle Fernsicht zu gewinnen. --

Hätte ich Geld geboten, um Führer und Arbeiter zu dingen, so würde ich
manche Schwierigkeiten gehabt haben, deshalb griff ich zu einem andern
Mittel. Ich ernannte den Mozo zu meinem Herold, und befahl ihm, laut dem
Volke zu verkünden: ich sei in Gnaden gewillt, eine pompöse »Fiesta« zu
geben, und jedermänniglich sei dazu geladen, der mich morgen begleiten
und mir helfen wolle, Bäume umzuhauen. Ein lautes =E viva!= von der
einige Dutzend Kehlen starken Bevölkerung war die Antwort.

Als Zeit des Aufbruches ward früh 3 Uhr festgesetzt, allein schon vor
der bestimmten Zeit fanden sich dienstfertige Geister ein, und als ihre
Zahl bis zwölf angewachsen war, ging die Kletterei über Stock und Stein
im Mondschein los; meinen Sancho hatte ich mit einer kleinen Geldsumme
versehen, um aus einem tiefer gelegenen größern Dorfe den bei einem
indischen Feste unerläßlichen Vorrath von Agua ardiente zu requiriren,
meiner Wirthin hatte ich ein junges Schwein abgekauft und Vollmacht
ertheilt, Bohnen, Tortillas und Kaffee =en masse= bereit zu halten; ich
war gewillt, etwas Großes loszulassen, denn heute war ja der 15. Mai,
der Tag, an dem Du, mein guter Vater, das Licht der Welt erblickt!

Wie ich mit meinen kupferfarbigen Gefährten die Wand hinaufkam, wie die
Machetas, deren Anzahl sich nach und nach verdoppelt, lustig zu arbeiten
begannen, die Stämmchen rechts und links krachten und fielen, und wie
sich, da eben die Sonne hervorlugte, neugierig das frevle Treiben der
Menschlein zu beschauen, vor meinen vor Entzücken trunkenen Blicken ein
wahres Prachtstück aus der großen Gemäldegallerie der Natur entrollte,
das erlaßt mir, Euch zu schildern. Landschaften lassen sich nicht
beschreiben; denkt Euch aber Robert Kummer's Bild: der Fernblick vom
Gipfel des Montenegrinergebirges nach dem See von Scutary hinab,
ins Tropische übersetzt, und Ihr habt einen schwachen Begriff des
wundervollen Landschaftmotives, das ich glücklicher Sterblicher am Abend
des fleißig benutzten Tages mit gutem Gewissen als mein Eigenthum in der
Malermappe davontrug.

Genug, der Abend war da, meine Gäste gleichfalls, der Schnaps und
anderweite Festrequisiten dito; ein freier Platz vor dem Hause,
zur höchstgewölbten Festhalle bestimmt, war reingefegt -- »und die
Schmauserei ging los, und der Spaß war himmlisch groß!« u. s. w.

Messer, Gabel, Löffel, Teller, Gläser, Tische, Stühle, Servietten und
all' dergleichen Ueberflüssigkeiten waren freilich nicht vorhanden. Die
Tortillas, kleine runde Maiskuchen (welche hier die Stelle der Teller
und Servietten vertreten und vor diesen noch den großen Vortheil haben,
selbst verzehrt werden zu können), mit Bohnen und Fleisch bedeckt, hielt
Jeder vor sich auf den Knieen, statt des Stuhles auf den eigenen Fersen
kauernd. Für den Kaffee hatte Jeder seinen eigenen Gualqual oder Hykaro
mitgebracht, Flaschenkürbisse, deren erstere einer flachen Trinkschale,
letztere unten abgerundeten Bechern gleichen; ich aber saß inmitten der
vielen, auf meine Veranlassung wackelnden Mäuler auf meinem Feldstuhle,
und kam mir wie recht was Großes vor, selbst tüchtig mitschmausend,
denn der lange Fasttag hatte meinen Appetit in ungewöhnlicher Weise rege
gemacht, wobei ein Hofstaat von Muchachas (indische Mädchen) mir die
Ehre erwiesen, mich immer wieder mit neuem Stoff an Fleisch und Bohnen
zu versehen, welches erstere mein Sancho Pansa mit mehr Schnelligkeit
als Grazie zerlegte, und dabei sich selbst nicht vergaß, ganz wie
weiland sein europäischer Ahnherr.

Die Muchachos (junge Burschen) hatten ringsum an den Bäumen lange
Kienspäne befestigt, deren Feuer weithin ein rothes Licht verbreitete;
es hätte ein allerliebstes Bild abgegeben, wenn Hunger und Müdigkeit
nicht so heftig gegen das Malen protestirten.

Nachdem die Arbeit des Essens vorüber, fingen die Guitarren an zu
klimpern. Der mühsam herbeigeschaffte Schnaps stand in weitbauchigen
Korbflaschen da, Kaffee brodelte im Kessel und der Majordomo des Festes
hatte aus eigenem Antriebe eine mächtige Battea (hölzerne Waschschüssel
von 4 Fuß im Durchmesser) voll Chicha brauen lassen, ein Getränk von
Ananas, Wasser und Zucker, das eben so angenehm schmeckt als kühlend
ist; daneben noch ein ansehnlicher Vorrath von Pinolia, d. i. geröstetes
Maismehl, Cacao, Zucker und Wasser, das gleichfalls eine wesentliche und
gar nicht unangenehm schmeckende Erfrischung bildet; endlich Zuckerrohr
=a discretion= -- kurz, es war ein Leben wie im Schlaraffenlande!

Diesmal war mir's nicht möglich, wie in Totogalpa, mich vom Tanze
abzudrücken, denn das wäre als große Beleidigung aufgenommen worden.
Zum Glück führte man zuerst den sogenannten spanischen Tanz auf, der
ziemlich einfach in seinen Bewegungen ist und darin besteht, daß die
tanzenden Paare in einer langen Reihe, je zwei und zwei mit dem Gesichte
gegen einander gekehrt, stehen, einigemale die Runde machen, dann
changiren, wodurch sie gegen ein neues Paar zu stehen kommen, und
so weiter bis ans Ende der Reihe, wo sie sich wenden und wieder
zurücktanzen. Das war mir leicht, denn ich hatte ja etwas dem Aehnliches
schon in New-York gelernt und verübt, auf Kosten der Fußzehen einiger
tanzenden jungen Damen. So nahm ich denn die ganz niedliche Muchacha,
die man mir als Partnerin präsentirte, bei der Hand und entledigte mich
meiner Obliegenheiten mit möglichstem Anstand und ohne weiteren Unfall;
dann aber ließ ich meinen Hammock etwas weiter hinauf am Berge an Bäumen
aufbinden und zog mich in meine inneren Gemächer zurück.

Einen allerliebsten Anblick hatte ich von oben hinab auf den Tanzplatz,
da sowohl am Berghange als das ganze Thal herauf eine Menge rothe
Kienfackeln schimmerten, denn der Ruf der Fiesta, die der =Sennor
estrangero= gab, hatte im Laufe des Tages weithin verbreitet und von nah
und fern Gäste herbeigelockt, deren Fackeln wie Leuchtkäfer durch die
Nacht schimmerten.

Auffällig war mir die ungewöhnliche Menge von Kröpfen, deren ich in
solchem Umfange selbst in Central-Amerika noch nicht gesehen und von
denen manche wie ein Kürbis von leidlicher Größe ihren Eigenthümern
am Halse baumelten. Ich griff voll Schrecken selbst mehrmals an meine
eigene Gurgelgegend, um mich zu vergewissern, ob sich nicht auch da im
Laufe des Tages ein solches Gewächs eingefunden hätte.

Wie lange das Fest dauerte, weiß ich nicht, denn nach so anstrengendem
Tagewerke schlief ich natürlich hart und fest, nur erinnere ich mich,
daß noch eine geraume Zeit Guitarrengeklimper und Jauchzen sich in meine
Träume mischten und am andern Morgen Sancho kaum aus dem Schlafe zu
rütteln war, was Zeugniß gab, wie fleißig er in der Nacht Beine und
Gurgel in Bewegung gesetzt; von =agua ardiente= und allen anderen
Festgenüssen war aber auch nicht ein Atom mehr vorhanden.

Mein nächstes Ziel waren nun die Minen von St. Martin, in kurzer
Entfernung vom Golf von Fonseca gelegen, die man mir als die reichsten
rühmte. Gegenwärtig werden dieselben vom Capitain M.... H. B. M. N. und
Herrn R......., der eine der vielen Schwägerinnen des Herrn George C....
geheirathet, betrieben.

Es war wieder die alte Strapaze, durch steile, kahle Felsenthäler
ohne Schatten hinab, wozu noch die liebe Sonne ihre Strahlen in allzu
freigebiger Hitze spendete und die Atmosphäre auch nicht vom leisesten
Lufthauche gekühlt ward. Der berühmte russische Reisende Krusenstern,
wenn ich nicht irre, berichtet von einem südsibirischen See, in welchem
eine Fischart existirt, die nur aus Gräten und Haut und dazwischen einer
öligen Substanz statt des Fleisches bestünde. Mir war zu Muthe, als sei
ich solch' ein armer Fisch und all' mein Fleisch sei geschmolzen wie
Butter von der Sonne. Diese übergroße Hitze hatte ihren Grund darin, daß
man in diesen Tagen den ersten Regen erwartete, wo immer die Hitze
den höchsten Grad erreicht, und in der That begannen sich auch schon
mächtige Wolkenmassen am fernen Horizont zusammenzuballen.

Am Nachmittag war ich endlich hinab in die Ebene gelangt, das Gewitter
aber war heraufgezogen. Da der Boden eben war, ließ ich meinen Macho
ausgreifen, was er nur konnte, um St. Martin möglichst noch vor Ausbruch
des Gewitters zu erreichen. Zwei Reiter, die wir überholten, riefen mir
zu, nicht so zu eilen, wir hätten noch Zeit; besser ist besser! dachte
ich aber, winkte dem Mozo und trottirte frisch weiter. Es dauerte auch
gar nicht lange, so schlugen schon einzelne mächtige Tropfen mit dem
Knalle einer Peitsche auf die harttrockene Erde nieder, während weiße
Staubwolken, emporgewirbelt vom daherbrausenden Sturme, grell gegen den
rabenschwarzen Horizont abstachen, hie und da ein zischender Blitz
durch die Luft züngelte und dumpfer Donner das Herannahen des Unwetters
verkündete.

       *       *       *       *       *

Vorwärts jagten die keuchenden Thiere, als wüßten sie besser wie
Menschen was da kommen würde, und die Bagage auf dem Lastthiere
rasselte, als ob Alles in zehn Millionen Stücken gehen sollte, bis ich
endlich, Gott sei Dank! die ersten Häuser von St. Martin erreichte, in
deren ersten einem Mr. R...... eben unter seiner Veranda stand; dessen
»=Good day Sir, glad to see you, expected you since two days!=« ward
dabei von einem furchtbaren Donnerschlage unterbrochen, zugleich war's,
als ob alle Schleusen des Himmels geöffnet würden, und hernieder strömte
die Wasserfluth, als wollte es alles Fleisch, das nicht in der Hitze
verschmort, vollends ersäufen. Mr. R....... war hoch erfreut mich unter
seinem Dache zu sehen, ich aber sicherlich noch viel mehr, denn in
solchem Wetter war es wahrlich kein Spaß, auf offener Haide zu sein.
Schlag auf Schlag sauste hernieder und dazu brüllte der Donner in einer
Weise, gegen die alle Proben tropischer Gewitter, die ich nur je erlebt,
als ein wahres Erbsengerolle erschienen.

Es waren zwei Gewitter, eins von der Küste, das andere vom Gebirge
herziehend, die sich gegenseitig bekämpften; letzteres schien das
schwächere, denn nach kurzem Kampfe ward es von seinem Gegner in die
Schluchten zurückgedrängt, der noch lange Zeit ein dumpfes Knurren hören
ließ, wie ein Bulldogge nach der Beißerei, sich dann endlich auch
zur Ruhe begab und der erfrischten Natur noch einen schönen Abend zu
genießen verstattete.

Am andern Morgen sah die ganze Landschaft aus wie eine =Fata morgana=;
die graue Pergamentfarbe vom vorigen Tage war wie durch einen
Zauberschwamm weggewaschen und liebliches, sanftes Grün erlabte ringsum
das Auge. So etwas war mir noch in meinem Leben nicht vorgekommen:
dem Boden, der noch gestern für ewige Zeiten der Vegetation erstorben
schien, waren über Nacht zwei Zoll lange Grashalme entsprossen, und
Blätter von beträchtlicher Größe hatten sich in Zeit von kaum zwölf
Stunden vollkommen entwickelt.

Ich machte mit Herrn R....... einen Spaziergang durch seine Werke,
die wohl ergiebiger sein mögen als die von Dipilto und Yuscaran, deren
Betrieb sich aber in nichts von jenen unterscheidet.

Von einem Burschen, der des Weges daher kam, hörten wir, daß die beiden
Reiter, die ich am Tage vorher überholt, vom Blitze getroffen worden
waren, der eine nebst dem Pferde getödtet, der andere schwer beschädigt.
Wie froh war ich, ihren Worten kein Gehör gegeben zu haben! Mit dem
vielen Metallgeräthe, das ich an mir trug, Büchse, Pistolen, Schwert
u. s. w., hätte ich, gleich einem alten Ritter in der Rüstung, einen
ganz herrlichen Blitzableiter abgegeben!

Die Minen von St. Martin rechtfertigen ihren Ruf allerdings in
hohem Grade; ich sammelte hier die reichsten Stufen; allein wie alle
Bergwerksbesitzer klagte auch Mr. R. sehr über Mangel an hinreichenden
und sachverständigen Arbeitern und die daraus erwachsende Unmöglichkeit
eines ausgedehnteren Betriebes. Eine Compagnie, die während einiger
Jahre 5000 bis 10,000 Dollars für Einführung des verbesserten Bergbaues
verausgaben könnte, würde ohne allen Zweifel sehr brillante Geschäfte
machen.

Ein Ruhetag, ein Abschied und weiter ging's dann, denn von jetzt an
stellten sich jeden Nachmittag Gewitter ein, weshalb ich nur kurze
Tagemärsche zurücklegen konnte. Die erste Nacht kam ich bis Choluteca,
3 bis 4 Miles von den Ufern des Golfs von Fonseca gelegen, am Flusse
gleiches Namens, der hier in der Ebene ziemlich eine halbe (englische)
Meile breit, aber nicht sehr tief ist und sich leicht zu Pferde passiren
läßt. Der Ort selbst ist traurig und todt und bietet jetzt keinerlei
Vortheil, als in seiner Umgebung gutes Acker- und Weideland, auf dem
schönes Rindvieh graset. Einwohner mögen höchstens 2000 da sein. Am
Abend warf ich vom Thurme der kleinen Kirche noch einen letzten Blick
auf den schönen, lieblichen Golf und die wilden, zackigen Gebirge, die
mich so weidlich in Schweiß gebracht hatten. Ich schlief im Hause
des Mayor, eines jovialen Kauzes, mit dem ich ein Glas trefflichen
Burgunders leerte, das ich hier wahrlich nicht zu finden erwartet hätte.

Am andern Morgen, als ich mich eben in den Sattel schwingen
wollte, kaufte ein Indianer in seinem Laden 1 Vara (etwa 2 Ellen)
Baumwollenstoff; der würdige Magistrat machte mich darauf aufmerksam und
meinte lachend, wenn ich ein Buch über Central-Amerika schreiben wollte,
möchte ich ja nicht vergessen, Choluteca als bedeutenden Handelsplatz
mit anzuführen. Je nun, was nicht ist, könnte wohl noch werden, wenn
erst die große Welthandelsbahn rings um den Erdball Central-Amerika
durchschneidet und dessen reichen Bodenschatz der Mühe des Ausbeutens
werth macht.

Von Choluteca aus geht der Weg durch fettes, herrliches Weideland, meist
flach und nur an den ersten zwei Tagen hier und da von niedrigen Hügeln
unterbrochen. In vielen der kleinen Flüßchen, die bis dahin trocken
gelegen, fing schon an Wasser zu rieseln, und trotzdem nur erst wenig
Regen gefallen, mußten sich die armen Thiere doch an einigen sumpfigen
Stellen schon arg quälen.

Der erste bedeutendere Fluß, über den ich kam, war der Rio negro,
welcher in den Estero real fällt. Von da an ist das Land so eben wie
ein Tisch. Den Estero real überschritt ich am andern Morgen ungefähr
10 Meilen höher, als Mr. Belcher, der englische Ingenieur, mit seinem
Schiff gekommen war. Selbst da noch hat der Fluß 200 bis 250 Fuß Breite;
das Wasser war jetzt freilich noch spärlich, kaum 3 Fuß tief, allein
die Ufer sind sehr hoch und von sehr starken, gerad nach dem Wasser sich
absenkenden Wurzeln, gleich einem festen Pfahlwerke, geschützt, so
daß die Natur die Anlegung und Vertiefung eines schiffbaren Kanals zum
großen Theil selbst vorgearbeitet hat.

Nachdem ich das fragliche Terrain in mannichfachen Richtungen
durchstreift und untersucht, steht auch bei mir die Ueberzeugung fest,
daß der Atlantic-Pacific-Ship-Kanal entweder an dieser Stelle nach dem
Golf von Fonseca zu führen, oder überhaupt in eine ganz andere Richtung
zu verlegen ist. Erlaubt es meine Zeit, so werde ich späterhin eine
genauere technische Erörterung dieser Frage versuchen.

Das Ende dieses Gebirgsausfluges ist kurz beschrieben. Ich zog am Fuße
des Viejo hin, bis zu einem Engpaß zwischen diesem Vulkane und dem
Teliva, und stieg von da endlich in die Ebene von Leon hinab, wo ich
gegen Ende Mai anlangte, mit leichtem Herzen, noch viel leichterem
Beutel, als ich es verlassen, und mit schauderhaft zerfetzter Garderobe,
übrigens aber mich einer so trefflichen Gesundheit erfreuend, wie seit
lange nicht, fett wie ein Bär im Herbste und geistig im besten Humor.
Meinen Mozo hatte ich die letzte Tagereise zu Fuß machen lassen, denn
auf sein Maulthier hatte ich einen starken Hirsch und ein halbes Dutzend
Pavon real geladen, ein herrlicher Vogel, bedeutend größer als der
Truthahn, von schönem Gefieder und noch köstlicherem Geschmack, deren
der Viejo und die Ufer des Estero real in ungeheuerer Menge beherbergen,
und welches Wildpret ich zum Geschenk für meine Freunde bestimmte,
die mich nach fast dreimonatlicher Abwesenheit mit alter Herzlichkeit
willkommen hießen.




XIV.

Glücklicher Zufall. -- Abschied von Leon. -- Ein Jahr Unterschied.
-- =Stars and Stripes!= -- Verändertes Aussehen von St. Juan
di Nicaragua. -- Abschied von Central-Amerika. -- Allgemeine
Bemerkungen und Warnungen für Auswanderer.


  Am Bord des Steamers Illinois auf der Höhe von Cuba, Juli, 1852.

So war denn, für jetzt wenigstens, die mir gestellte Aufgabe in
Central-Amerika erledigt, da manche unvermuthete Zwischenfälle die von
Squier und mir projectirte Exploration der noch unbekannten Striche
desselben auf eine entferntere Zeit zu verschieben nöthig machen.
Meine Bestimmung rief mich wieder nach New-York zurück, aber in meiner
jetzigen Lage war eine Reise von mehr als 3000 Miles ein Kunststückchen,
über dessen Lösung ich mir wohl vergebens hätte den Kopf zerbrechen
können, wenn nicht der liebe Gott und mein sehr geehrter Freund und
Gönner, Mr. Kerr, Gesandter der Vereinigten Staaten in Central-Amerika,
mir eine gute Gelegenheit geboten hätten, dies zu bewerkstelligen, und
Letzterm zugleich einen Dienst zu erweisen: zwei wichtige ratificirte
Traktate waren nach Washington zu überbringen, welche Mission Mr. Kerr
mir anvertraute.

Meine Sachen waren bald gepackt, mein alter Schimmel hatte sich in
der Zwischenzeit auf guter Weide von den Entbehrungen der trockenen
Jahreszeit recht wacker wieder erholt und ward mir von seinem jetzigen
Besitzer freundlichst zu diesem letzten Ritt geliehen; das Maulthier
eines neuen Sancho Pansa trug mein ziemlich umfängliches Gepäck, und
nach kurzem, herzlichem Abschiede von Land und Leuten befand ich mich
bald in Gesellschaft meines gütigen Arztes und Gastfreundes =Dr.= L.,
den ebenfalls Geschäfte nach den Vereinigten Staaten riefen, auf dem
Wege nach Granada. Während wir durch die klare tropische Mondnacht
dahintrabten, sandten uns noch die Glocken der ehrwürdigen Kathedrale,
das morgende Frohnleichnamsfest einläutend, den letzten Scheidegruß
nach, und in dem leisen Wellengemurmel, mit dem der stille Ocean
einstimmte, verklang der Schlußaccord meines Lebens in den Tropen.

       *       *       *       *       *

Nach scharfem zweiundzwanzigstündigen Ritt (für 110 Miles) langten wir
in Granada an, wo =Dr.= S., einer meiner früheren Bekannten, sofort
einen seiner kleinen Schooner segelfertig machen ließ; bald waren wir
mit meinen Skizzen und Sammlungen an Bord, und eine günstige Brise
trieb uns in 36 Stunden über den See. In St. Carlos war uns der
Duanendirector, der sich lachend meines Champagnerschusses vom vorigen
Jahre erinnerte, behilflich, schnell ein Boot für den Fluß fertig zu
machen, und nach abermals 36 Stunden waren wir in St. Juan.

       *       *       *       *       *

Daß meine vor einem Jahre ausgesprochenen Prophezeiungen in Bezug auf
den St. Juan River und den Platz gleiches Namens so schnell in Erfüllung
gehen würden, hätte ich wahrlich nicht gedacht. Die Veränderung war fast
wunderbar; da, wo noch vor'm Jahre (ich passirte die Stelle am selben
Tage und fast zur selben Stunde) die Ruinen von Castillo Viejo einsam im
Walde vergraben lagen, flatterten jetzt lustig die =Stars and Stripes=
(Sterne und Streifen, die Flagge der Vereinigten Staaten) über einem
entstehenden Wohnplatz; die alte Festung und die sie beschattenden
Bäume waren verschwunden, ein großes Hotel und eine Anzahl hölzerner
Wohnhäuser lugten wundersam neugierig hinüber in die jungfräulichen
Wälder; über den Rapids lag ein kleiner Steamer, unterhalb noch einer,
am Serapique River wieder einer, und zwei kleine Schlepp-Steamer gingen
eben letztern Fluß hinauf, um Ladungen von Kaffee aus Costa Rica zu
holen. Das kleine Dampfboot, das voriges Jahr, kurz vor meiner Ankunft,
an dem Machucha-Rapids gestrandet war, hing zwar immer noch an derselben
Stelle, seiner völligen Zertrümmerung entgegenharrend, aber eine Menge
Treibholz war an dasselbe angeschwemmt, und hatte schon angefangen, eine
kleine Insel zu bilden, auf der Büsche lustig grünten. In St. Juan hatte
der größte Theil der Schilfhütten hübschen hölzernen Wohnhäusern Platz
gemacht, was dem pittoresken Aussehen zwar Abbruch that, das Leben aber
denn doch bedeutend angenehmer machte. Manche der alten Bekannten
waren noch da und freuten sich meines Wiedersehens, und wie in Leon die
Glocken der Kathedrale, so ward mir hier beim frohen Mahle im Klange der
Gläser das Abschiedsgeläute von Central-Amerika.

       *       *       *       *       *

Die große Bedeutung, welche diese Länderstriche gewiß binnen Kurzem
für den Welthandel erhalten müssen, versprechen ihnen eine reiche,
gedeihliche Zukunft, werden aber auch viele Ansiedler aus europäischen
Ländern hierherlocken, zumal Deutsche, und zu ihrem Nutz und Frommen
sei es mir hier noch verstattet, einige auf eigene Erlebnisse und
Anschauungen gegründete allgemeine Bemerkungen anzuschließen.

       *       *       *       *       *

Wer es irgend vermag, der vermeide hier, zumal im Innern, das
Alleinreisen, das tausend Beschwerlichkeiten und Verlegenheiten
bereitet, und versorge sich mit einem Mozo, einem Packthiere und wo
möglich mit einem Hammock, sowie auch mit Lebensmitteln, denn nicht
nur, daß man alle Sorge für Satteln, Packen und Füttern des Pferdes
übernehmen muß, bieten selbst viele der sogenannten Gasthäuser, außer
einer Bettstelle mit roher Ochsenhaut überzogen, nur höchst spärliche
Mahlzeiten, ja jenseits Leon hören sie sogar ganz auf. Besonders lästig
dabei ist die Verpflegung des Pferdes, da das nöthige Futter meist
schwierig aufzutreiben ist, und man, selbst bis zum Tode ermattet, das
müde Thier oft noch eine Stunde weit nach dem Protero bringen muß.

Was die Preise der Lebensmittel anlangt, so sind diese durchgängig
billig, ausgenommen wenn eben ein starker Durchzug nach Californien die
große Heerstraße etwas theuer macht, und nur aus dem Umstande, daß Herr
Thiele, derselbe, welcher so heftig gegen Fröbel's Berichte auftrat,
nie weiter als nach dem Hafen von St. Juan di Nicaragua gekommen, wohin
allerdings die Lebensmittel theils von Granada, theils von Bluefield,
über 30 Meilen die Küste entlang, gebracht werden müssen, lassen sich
dessen übertriebene Preisangaben der Lebensmittel erklären, wie z. B.
ein Ei 1 Media (etwa 2 Silbergroschen), ein Pfund Rindfleisch 1 Real,
u. s. w. Ich kann versichern, daß ich selbst an Plätzen, wie Massaya und
Managua, wo nach den Landesbegriffen höchst luxuriöse Gasthäuser sind,
sogar in Begleitung eines Dieners nie mehr als 1 Dollar für Nachtessen
(bestehend aus gebratenem Huhn, Fisch, Eiern, Käse und Chocolade),
Nachtlager und Frühstück, incl. des Futters für zwei Pferde, bezahlt
habe. Auch die schädlichen Einflüsse des Klimas werden diejenigen nicht
zu befürchten haben, welche sich meine Erfahrungen in dieser Beziehung
zu Herzen nehmen und dergleichen Extravaganzen vermeiden, wie ich sie
mir unvorsichtigerweise zu Schulden kommen ließ.

Die Hauptschwierigkeiten, welche sich, meines Erachtens, dem Einwanderer
entgegenstellen, sind: _Erstens_ die wenig consolidirte Stellung,
welche der Fremde hier noch einnimmt, theils infolge der politischen
Zerrüttungen des Landes, theils infolge der Kurzsichtigkeit der
Einwohner, deren ganzes Bestreben nur dahin gerichtet ist, vollauf
Bananen und Tortillas essen zu können, und welche sich gewissermaßen
fürchten, zu einer angestrengtern Thätigkeit genöthigt zu werden, sobald
kräftige, arbeitsame Einwanderer ihnen als Concurrenten gegenüberstehen.
Aus diesem Grunde allein werden sie, statt, wie in der Union, durch
eine zweckmäßige Gesetzgebung dem neuen Ankömmlinge Erleichterungen
zu verschaffen, und durch günstige Bedingungen fleißige Hände
herbeizuziehen, welche sich bemühen, dieser in jeder Beziehung fast
unerschöpflichen Natur einen stärkern Tribut aufzuerlegen, als
ihre jetzigen Gebieter es thun, im Gegentheil noch durch allerhand
Einschränkungen und Schwierigkeiten dem Ansiedler sein saures Geschäft
noch saurer zu machen sich bestreben.

Die oben erwähnten politischen Zerrüttungen leisten natürlich dieser,
theils indolenten, theils böswilligen Opposition der kurzsichtigen
Landesbevölkerung noch bedeutenden Vorschub, und so lange es nicht einer
ebenso verständigen, humanen, wie energischen Regierung gelingt, eine
stabilere Ordnung einzuführen und kräftig aufrecht zu erhalten, dürfte
es auch einer fremden Colonisation kaum möglich werden, mit glücklichem
Erfolge gegen alle jene Hemmnisse anzukämpfen.

Ebenso kann man endlich auch noch als den schlimmsten Feind, den der
europäische Einwanderer, und vor Allem der Deutsche, zu begegnen hat,
_ihn selbst_ und seine Landsleute bezeichnen. Auswandern ist an und für
sich selbst keine Kleinigkeit, das nehme sich Jeder zu Herzen, der
seine Heimath verläßt, er möge sich wenden, wohin er wolle, zumal aber
hierher. Dazu kommt aber noch, daß in Deutschland der Unterthan fast in
Bezug auf jede staatliche und communliche Einrichtung fortwährend
unter Leitung zahlreicher Regierungsbehörden steht, die, so lästig
und einengend sie ihm auf der einen Seite auch erscheinen mag, auf
der andern Seite aber auch ebenso viele Anlehnungspunkte und
Bequemlichkeiten bietet. Im neuen Lande fällt dies nun plötzlich weg,
der Auswanderer hüpft wie ein Springteufelchen aus der Dose, alle die
Institutionen, Verordnungen und Gesetze, an welche er gewöhnt ist und zu
denen er bei jeder vorkommenden Gelegenheit seine Zuflucht nahm, fehlen
ihm nun hier plötzlich. Unwissend und ohne Erfahrung, wie eine neue
Gesellschaft in einem neuen Lande zu bilden sei, und statt sein Bestes
für das Gemeinwohl, auf dem ja das Wohl des Einzelnen mit beruht, zu
thun, verharrt der Einwanderer, bei aller körperlichen Uebermühung und
einer Menge unnützer Anstrengungen, geistig in einer gewissen
Trägheit, und überläßt aus alter Gewohnheit die Organisation des Ganzen
denjenigen, welche Selbstaufopferung oder Ehrgeiz genug besitzen, es zu
übernehmen, oder auch von Sonderinteressen dazu getrieben werden. Sind
nun alle jene getroffenen Anordnungen nicht nach Wunsch, oder entspricht
der neue Zustand nicht vollkommen dem Bilde, welches sich der Ansiedler
zuvor davon entworfen, so bricht er, statt den Grund in sich selbst
zu suchen und sein Möglichstes zur Abhilfe des Uebels beizutragen, in
maßloses Schimpfen über das elende Land und die Schurken aus, die ihn
ins Verderben gelockt. Dies sind meines Erachtens die Ursachen, warum so
viele Pläne von deutschen Colonien, in der Union sowohl als anderwärts,
gescheitert sind, dies und die unglückliche Theorienreiterei, welche
schon daheim einen vollständigen Plan ausarbeitet, bis auf die
Gartenbeete womöglich, ob sie Zwiebeln oder Spargel tragen sollen,
gleichviel, ob der Plan ausführbar ist oder nicht.

Haben sich diese Betrachtungen schon in der Union als richtig und
begründet erwiesen, wo doch so Manches zur Erleichterung des Einwanderns
gethan wird, so wird dies hier um so mehr der Fall sein, wo dem
Fremdlinge im Gegentheil eine Menge Erschwernisse in den Weg kommen,
und so sehe ich denn auch in dem neuerlichen Versuche der Gründung einer
deutschen Colonie in Central-Amerika, so aufrichtig ich demselben auch
den besten Erfolg wünsche, kein sonderliches Heil erblühen. Ich setze
voraus, daß die Principien dieser Gesellschaft liberaler und praktischer
sein werden, als die des Mainzer Schutzvereins in Texas; es kann
dieselbe auch schon aus andern Gründen wohl nicht so ganz scheitern wie
jene Colonie; dennoch kann ich kaum glauben, daß eine größere Anzahl
von Leuten so viel Thatkraft und Resignation besitzt, die namenlosen
Mühseligkeiten einer Ansiedelung hier im Lande gemeinsam zu bewältigen,
nur um _ihren Kindern_ ein besseres Loos zu bereiten, als _sie selbst_
dabei erwartet. Solche Gesinnung gehört aber unbedingt dazu, soll der
Ansiedler frohen Muthes über das Ungemach hinwegkommen, das überall sein
Beginnen begleitet. Geschieht dies jedoch und kommt die junge Colonie
nur erst glücklich über die Kinderjahre hinaus, so wird ganz gewiß diese
herrliche, üppige Natur dem gut angewandten, redlichen Fleiße einen
reichen Lohn nicht versagen.


_Druckfehler-Verzeichniß._

  Seite  7 Zeile  9 v. u. lies: _Müller_ statt Moore.
  "     25 "     12 v. o. "     _Schusse_ st. Schlusse.
  "     28 "      4 "     "     _von meinen_ st. von meiner.
  "     90 "      5 "     "     _erhoben_ st. erhob.
  "    105 "     10 v. u. "     _junger_ st. ganzer.
  "    112 "      8 "     "     _Giuseppe_ st. Giuseppa.
  "    133 "      7 "     "     _Becher_ st. Beche.
  "    137 "      6 v. o. "     _Protero_ st. pastura.
  "    141 "     12 "     "     _Granadiner_ st. Leoneser.
  "    141 "     15 "     "     _Leoneser_ st. Granadiner.
  "    150 "      4 "     "     _Chamorro_ st. Chamorra.
  "    152 "      7 v. u. "     _Heeren_ st. Herren.
  "    157 "      6 "     "     _Chichigalpa_ st. Chidrigalpa.
  "    196 "     11 v. o. "     _Holftern_ st. Halftern.


Druck von _Ferber & Seydel_ in Leipzig.




[Hinweise zur Transkription


Das Buch ist ursprünglich in Fraktur gesetzt. Fremdsprachige Abschnitte,
die abweichend in Antiqua gesetzt wurden, sind in der Transkription
markiert, ausgenommen römische Zahlen.

Sofern in den Kapitelüberschriften Punkte fehlten, wurden diese ergänzt.

Der Text des Originalbuches wurde generell beibehalten, einschließlich
uneinheitlicher und ungebräuchlicher Schreibweisen, mit folgenden
Ausnahmen:

Geändert wurden

entsprechend dem bucheigenen "Druckfehler-Verzeichniß" von Seite 264,

  Seite 7: "Moore's" geändert in "Müller's"
  (Nach Freund Müller's Aussagen gleicht der)

  Seite 25: "Schluße" geändert in "Schusse"
  (aber so im Schusse war, daß ich mich nicht)

  Seite 28: "meiner" geändert in "meinen"
  (ich fand nichts als einen Brief von meinen Lieben)

  Seite 90: "erhob" geändert in "erhoben"
  (Jeder brachte schweigend und erhoben sein Glas)

  Seite 105: "ganzer" geändert in "junger"
  (süßer junger Mais die Thiere erquickte)

  Seite 112: "Giuseppa" geändert in "Giuseppe"
  (blieb er für mich nur Signor Giuseppe)

  Seite 133: "Beche" geändert in "Becher"
  (Zwei Becher gewürzter)

  Seite 137: "pastura" geändert in "Protero"
  (sich das seinige selbst im =Protero= (Weideplatz) suchen mußte)

  Seite 141: "Leoneser" geändert in "Granadiner"
  (scheint mir die Granadiner Partei insofern im Rechte)

  Seite 141: "Granadiner" geändert in "Leoneser"
  (während die Leoneser eine Art von Sonderbündelei im Schilde führen)

  Seite 150: "Chamarro" geändert in "Chamorro"
  (an den commandirenden General Don Fruto Chamorro verwies)

  Seite 152: "Herren" geändert in "Heeren"
  (mit den Heeren der kriegführenden Mächte von Central-Amerika)

  Seite 157: "Chidrigalpa" geändert in "Chichigalpa"
  (zurück, bis Chichigalpa, und war erst dort)

  Seite 196: "Halftern" geändert in "Holftern"
  (zwei an Stelle der Holftern)

und zusätzlich,

  Seite XV: "Chinaudega" geändert in "Chinandega"
  (Gefecht von Chinandega)

  Seite 8: "mittlen" geändert in "mittlern"
  (einige Bilder mittlern Formats)

  Seite 38: "Platz, ist" geändert in "Platz ist"
  (der Platz ist darin nach der Natur geschildert)

  Seite 72: "Inseeten" geändert in "Insecten"
  (und von Insecten eine wahre Fülle vorhanden ist)

  Seite 94: "Begräbniß. --" geändert in "Begräbniß."
  (Fleiß der Indianer. -- Massaga. -- Indisches Begräbniß.)

  Seite 106: "Halsstarrigket" geändert in "Halsstarrigkeit"
  (indianische Halsstarrigkeit gegen alle und jede Verbesserung)

  Seite 109: "errreichte" geändert in "erreichte"
  (Fünf Miles von Massaga erreichte ich)

  Seite 126: "zur" geändert in "zu"
  (Selbsthülfe zu rechter Zeit.)

  Seite 133: "Chocolode" geändert in "Chocolade"
  (gewürzter Chocolade mußte ich also)

  Seite 143: "Chinaudega" geändert in "Chinandega"
  (Gefecht von Chinandega)

  Seite 156: "zuverlässiigen" geändert in "zuverlässigen"
  (die neuesten zuverlässigen Nachrichten)

  Seite 158: "Lopez, sogar" geändert in "Lopez sogar"
  (jetzt leugnete General Lopez sogar dessen Existenz)

  Seite 159: "Mißhelligkeitrn" geändert in "Mißhelligkeiten"
  (dieser steten Erneuerung der Mißhelligkeiten)

  Seite 237: "Cerro die Ule" geändert in "Cerro di Ule"
  (die vom Cerro di Ule war zu ausgedehnt für ein Bild)]






End of Project Gutenberg's Wanderbilder aus Central-Amerika, by Wilhelm Heine

*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK WANDERBILDER AUS CENTRAL-AMERIKA ***

***** This file should be named 45569-8.txt or 45569-8.zip *****
This and all associated files of various formats will be found in:
        http://www.gutenberg.org/4/5/5/6/45569/

Produced by The Online Distributed Proofreading Team at
http://www.pgdp.net (This file was produced from images
generously made available by The Internet Archive)


Updated editions will replace the previous one--the old editions
will be renamed.

Creating the works from public domain print editions means that no
one owns a United States copyright in these works, so the Foundation
(and you!) can copy and distribute it in the United States without
permission and without paying copyright royalties.  Special rules,
set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to
copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to
protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark.  Project
Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you
charge for the eBooks, unless you receive specific permission.  If you
do not charge anything for copies of this eBook, complying with the
rules is very easy.  You may use this eBook for nearly any purpose
such as creation of derivative works, reports, performances and
research.  They may be modified and printed and given away--you may do
practically ANYTHING with public domain eBooks.  Redistribution is
subject to the trademark license, especially commercial
redistribution.



*** START: FULL LICENSE ***

THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE
PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK

To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free
distribution of electronic works, by using or distributing this work
(or any other work associated in any way with the phrase "Project
Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project
Gutenberg-tm License available with this file or online at
  www.gutenberg.org/license.


Section 1.  General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm
electronic works

1.A.  By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm
electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to
and accept all the terms of this license and intellectual property
(trademark/copyright) agreement.  If you do not agree to abide by all
the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy
all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your possession.
If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a Project
Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound by the
terms of this agreement, you may obtain a refund from the person or
entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8.

1.B.  "Project Gutenberg" is a registered trademark.  It may only be
used on or associated in any way with an electronic work by people who
agree to be bound by the terms of this agreement.  There are a few
things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works
even without complying with the full terms of this agreement.  See
paragraph 1.C below.  There are a lot of things you can do with Project
Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this agreement
and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm electronic
works.  See paragraph 1.E below.

1.C.  The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the Foundation"
or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project
Gutenberg-tm electronic works.  Nearly all the individual works in the
collection are in the public domain in the United States.  If an
individual work is in the public domain in the United States and you are
located in the United States, we do not claim a right to prevent you from
copying, distributing, performing, displaying or creating derivative
works based on the work as long as all references to Project Gutenberg
are removed.  Of course, we hope that you will support the Project
Gutenberg-tm mission of promoting free access to electronic works by
freely sharing Project Gutenberg-tm works in compliance with the terms of
this agreement for keeping the Project Gutenberg-tm name associated with
the work.  You can easily comply with the terms of this agreement by
keeping this work in the same format with its attached full Project
Gutenberg-tm License when you share it without charge with others.

1.D.  The copyright laws of the place where you are located also govern
what you can do with this work.  Copyright laws in most countries are in
a constant state of change.  If you are outside the United States, check
the laws of your country in addition to the terms of this agreement
before downloading, copying, displaying, performing, distributing or
creating derivative works based on this work or any other Project
Gutenberg-tm work.  The Foundation makes no representations concerning
the copyright status of any work in any country outside the United
States.

1.E.  Unless you have removed all references to Project Gutenberg:

1.E.1.  The following sentence, with active links to, or other immediate
access to, the full Project Gutenberg-tm License must appear prominently
whenever any copy of a Project Gutenberg-tm work (any work on which the
phrase "Project Gutenberg" appears, or with which the phrase "Project
Gutenberg" is associated) is accessed, displayed, performed, viewed,
copied or distributed:

This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
almost no restrictions whatsoever.  You may copy it, give it away or
re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
with this eBook or online at www.gutenberg.org

1.E.2.  If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is derived
from the public domain (does not contain a notice indicating that it is
posted with permission of the copyright holder), the work can be copied
and distributed to anyone in the United States without paying any fees
or charges.  If you are redistributing or providing access to a work
with the phrase "Project Gutenberg" associated with or appearing on the
work, you must comply either with the requirements of paragraphs 1.E.1
through 1.E.7 or obtain permission for the use of the work and the
Project Gutenberg-tm trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or
1.E.9.

1.E.3.  If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is posted
with the permission of the copyright holder, your use and distribution
must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any additional
terms imposed by the copyright holder.  Additional terms will be linked
to the Project Gutenberg-tm License for all works posted with the
permission of the copyright holder found at the beginning of this work.

1.E.4.  Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg-tm
License terms from this work, or any files containing a part of this
work or any other work associated with Project Gutenberg-tm.

1.E.5.  Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this
electronic work, or any part of this electronic work, without
prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with
active links or immediate access to the full terms of the Project
Gutenberg-tm License.

1.E.6.  You may convert to and distribute this work in any binary,
compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including any
word processing or hypertext form.  However, if you provide access to or
distribute copies of a Project Gutenberg-tm work in a format other than
"Plain Vanilla ASCII" or other format used in the official version
posted on the official Project Gutenberg-tm web site (www.gutenberg.org),
you must, at no additional cost, fee or expense to the user, provide a
copy, a means of exporting a copy, or a means of obtaining a copy upon
request, of the work in its original "Plain Vanilla ASCII" or other
form.  Any alternate format must include the full Project Gutenberg-tm
License as specified in paragraph 1.E.1.

1.E.7.  Do not charge a fee for access to, viewing, displaying,
performing, copying or distributing any Project Gutenberg-tm works
unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9.

1.E.8.  You may charge a reasonable fee for copies of or providing
access to or distributing Project Gutenberg-tm electronic works provided
that

- You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from
     the use of Project Gutenberg-tm works calculated using the method
     you already use to calculate your applicable taxes.  The fee is
     owed to the owner of the Project Gutenberg-tm trademark, but he
     has agreed to donate royalties under this paragraph to the
     Project Gutenberg Literary Archive Foundation.  Royalty payments
     must be paid within 60 days following each date on which you
     prepare (or are legally required to prepare) your periodic tax
     returns.  Royalty payments should be clearly marked as such and
     sent to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation at the
     address specified in Section 4, "Information about donations to
     the Project Gutenberg Literary Archive Foundation."

- You provide a full refund of any money paid by a user who notifies
     you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he
     does not agree to the terms of the full Project Gutenberg-tm
     License.  You must require such a user to return or
     destroy all copies of the works possessed in a physical medium
     and discontinue all use of and all access to other copies of
     Project Gutenberg-tm works.

- You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of any
     money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
     electronic work is discovered and reported to you within 90 days
     of receipt of the work.

- You comply with all other terms of this agreement for free
     distribution of Project Gutenberg-tm works.

1.E.9.  If you wish to charge a fee or distribute a Project Gutenberg-tm
electronic work or group of works on different terms than are set
forth in this agreement, you must obtain permission in writing from
both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and Michael
Hart, the owner of the Project Gutenberg-tm trademark.  Contact the
Foundation as set forth in Section 3 below.

1.F.

1.F.1.  Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable
effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
public domain works in creating the Project Gutenberg-tm
collection.  Despite these efforts, Project Gutenberg-tm electronic
works, and the medium on which they may be stored, may contain
"Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate or
corrupt data, transcription errors, a copyright or other intellectual
property infringement, a defective or damaged disk or other medium, a
computer virus, or computer codes that damage or cannot be read by
your equipment.

1.F.2.  LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the "Right
of Replacement or Refund" described in paragraph 1.F.3, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project
Gutenberg-tm trademark, and any other party distributing a Project
Gutenberg-tm electronic work under this agreement, disclaim all
liability to you for damages, costs and expenses, including legal
fees.  YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT
LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3.  YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE
TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE
LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
DAMAGE.

1.F.3.  LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a
defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can
receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a
written explanation to the person you received the work from.  If you
received the work on a physical medium, you must return the medium with
your written explanation.  The person or entity that provided you with
the defective work may elect to provide a replacement copy in lieu of a
refund.  If you received the work electronically, the person or entity
providing it to you may choose to give you a second opportunity to
receive the work electronically in lieu of a refund.  If the second copy
is also defective, you may demand a refund in writing without further
opportunities to fix the problem.

1.F.4.  Except for the limited right of replacement or refund set forth
in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO OTHER
WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO
WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.

1.F.5.  Some states do not allow disclaimers of certain implied
warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages.
If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the
law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be
interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
the applicable state law.  The invalidity or unenforceability of any
provision of this agreement shall not void the remaining provisions.

1.F.6.  INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance
with this agreement, and any volunteers associated with the production,
promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works,
harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees,
that arise directly or indirectly from any of the following which you do
or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.


Section  2.  Information about the Mission of Project Gutenberg-tm

Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of computers
including obsolete, old, middle-aged and new computers.  It exists
because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
remain freely available for generations to come.  In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
and the Foundation information page at www.gutenberg.org


Section 3.  Information about the Project Gutenberg Literary Archive
Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service.  The Foundation's EIN or federal tax identification
number is 64-6221541.  Contributions to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
permitted by U.S. federal laws and your state's laws.

The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
throughout numerous locations.  Its business office is located at 809
North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887.  Email
contact links and up to date contact information can be found at the
Foundation's web site and official page at www.gutenberg.org/contact

For additional contact information:
     Dr. Gregory B. Newby
     Chief Executive and Director
     [email protected]

Section 4.  Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment.  Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States.  Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements.  We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance.  To
SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
particular state visit www.gutenberg.org/donate

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States.  U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses.  Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations.
To donate, please visit:  www.gutenberg.org/donate


Section 5.  General Information About Project Gutenberg-tm electronic
works.

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
concept of a library of electronic works that could be freely shared
with anyone.  For forty years, he produced and distributed Project
Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.

Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
unless a copyright notice is included.  Thus, we do not necessarily
keep eBooks in compliance with any particular paper edition.

Most people start at our Web site which has the main PG search facility:

     www.gutenberg.org

This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.