Straußenpolitik : Neue Tierfabeln

By Th. Zell

The Project Gutenberg eBook of Straußenpolitik
    
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Title: Straußenpolitik
        Neue Tierfabeln

Author: Dr. Theodor Zell

Release date: October 3, 2025 [eBook #76968]

Language: German

Original publication: Stuttgart: Franckh'sche Verlagshandlung, 1907

Credits: The Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net


*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK STRAUSSENPOLITIK ***



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                     Anmerkungen zur Transkription.

Das Original ist in Fraktur gesetzt. Schreibweise und Interpunktion des
Originaltextes wurden übernommen; lediglich offensichtliche Druckfehler
sind stillschweigend korrigiert worden.

Worte in Antiqua sind so +gekennzeichnet+; gesperrte so: ~gesperrt~

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                            Straußenpolitik
                           Neue Tierfabeln.

                            [Illustration]




           Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, Stuttgart.


Die Gesellschaft Kosmos will die Kenntnis der Naturwissenschaften und
damit die Freude an der Natur und das Verständnis ihrer Erscheinungen
in den weitesten Kreisen unseres Volkes verbreiten. -- Dieses Ziel
glaubt die Gesellschaft durch Verbreitung guter naturwissenschaftlicher
Literatur zu erreichen mittelst des


                  Kosmos, Handweiser für Naturfreunde
                  Jährlich zwölf Hefte. Preis M 2.80;

ferner durch Herausgabe neuer, von ersten Autoren verfaßter, im guten
Sinne gemeinverständlicher Werke naturwissenschaftlichen Inhalts. Es
erscheinen im Vereinsjahr 1908:

  =Meyer, Dr. M. Wilh., Erdbeben und Vulkane. Reich illustriert. Geb.
                       M 1.-- = K 1.20 h ö. W.=

  =Dekker, Dr. Herm., Naturgeschichte des Kindes. Illustriert. Geb. M
                        1.-- = K 1.20 h ö. W.=

  =Sajó, Prof. Dr. K., Krieg u. Frieden im Ameisenstaat. Reich
            illustriert. Geb. M 1.-- = K 1.20 h ö. W.=

  =Teichmann, Dr. E., Vererbung als erhaltende Macht. Illustriert.
                    Geb. M 1.-- = K 1.20 h ö. W.=

   =Floericke, Dr. K., Säugetiere des deutschen Waldes. Reich
           illustriert. Geb. M 1.-- = K 1.20 h ö. W.=

Diese Veröffentlichungen sind durch ~alle Buchhandlungen~ zu
beziehen, daselbst werden Beitrittserklärungen (Jahresbeitrag nur
M 4.80) zum =Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde= (auch
nachträglich noch für die Jahre 1904/07 unter den gleichen günstigen
Bedingungen) entgegengenommen. (Satzung, Bestellkarte, Verzeichnis der
erschienenen Werke usw. siehe am Schlusse dieses Werkes.)


Geschäftsstelle des Kosmos: =Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart=.




                            Straußenpolitik


                            Neue Tierfabeln

                                  von

                             Dr. Th. Zell


                          Dreizehnte Auflage.

                            [Illustration]


                               Stuttgart
                ~Kosmos~, Gesellschaft der Naturfreunde
            Geschäftsstelle: Franckh'sche Verlagshandlung.


                     Max Dethleffs Buchdruckerei.




                          Inhaltsverzeichnis.


                                                             Seite

      Vorwort                                                  VII

      Tiergestaltenverbesserer                                   1

      Schämen sich manche Tiere?                                 8

      Der Respekt der Raubtiere vor den Menschen                15

      Können nur Herdentiere zu Haustieren gemacht werden?      20

      Die angebliche Nervosität der Tiere                       27

      Gibt es Tiere, die sich spiegeln?                         32

      Tiere als Heuchler                                        46

      Verstellungskünste bei Vogeleltern                        53

      Straußenpolitik                                           58

      Wittern die Geier Tierleichen?                            64

      Die Schnepfe als angeblicher Mediziner                    70

      Sichtotstellen als Rettungsmittel                         73

      Das Wiedererkennungsvermögen bei Menschen u. bei Tieren   76

      Anhang                                                    81




                               Vorwort.


Zu den vor zwei Jahren erschienenen Tierfabeln soll das vorliegende
Buch eine Fortsetzung bilden. Was ich dort im Vorwort sagte, gilt
auch hier: es sind nämlich nicht nur wirkliche Fabeln behandelt
worden, sondern auch solche Fälle, deren Unwahrheit noch nicht völlig
ausgemacht ist.

Ich hoffe, daß auch die vorliegende Arbeit dazu beiträgt, weiteren
Kreisen Interesse für die meist so verkannte Tierwelt einzuflößen.

Wegen der Zuschriften und Kritiken verweise ich auf den Anhang.

 ~Berlin~ +W.+ 57, Ende Februar 1907.

                                                   =Der Verfasser.=




                       Tiergestaltenverbesserer.


Obwohl jeder, der sich eingehend mit dem beschäftigt, was die uns
umgebende Natur an Tieren und Pflanzen geschaffen hat, m. E. beinahe
täglich einen neuen Grund zu größerer Bewunderung findet, so fehlt
es nicht an Leuten, die einen ganz entgegengesetzten Standpunkt
einnehmen. Fast mit einer gewissen Geringschätzung sprechen sie von
den geschaffenen Gebilden, die deutlich durchblicken läßt, sie selber
hätten die Sache viel zweckmäßiger gestaltet. Namentlich zwei Tiere
sind wegen ihrer angeblichen Unzweckmäßigkeit kritisiert worden, das
Nilpferd und die Giraffe. Da ich nirgends gelesen habe, daß diesen
tadelnden Urteilen widersprochen wäre, so sei es in nachstehendem
gestattet, den Beweis zu liefern, daß die Sache sich denn doch nicht so
einfach verhält, wie die gelehrten Herren Kritiker vermeinen.

Ich halte es nämlich für einen der verhängnisvollsten Irrtümer, der
Natur ins Handwerk pfuschen zu wollen.

Über das Nilpferd schreibt ein berühmter Philosophieprofessor
(~Lotze~, im Mikrokosmus, 2. Aufl. Bd. 2 S. 77): Wir bewundern
die entsetzliche Stärke des Nilpferdes, aber in der Tat ist dies mehr
eine zerstörende als eine arbeitende, und wir würden in Verlegenheit
geraten, wenn wir entsprechend große Vorteile nachweisen sollten,
die dieses schwierig verwendbare Kapital dem Tiere selbst in seinen
natürlichen Lebensverhältnissen verschaffte.

Hierauf ist folgendes zu erwidern. Wenn der Hippopotamus nach dem
Wunsche des Herrn Professors klein und zierlich gestaltet wäre, so
existierte kein einziges Exemplar heute mehr. Ob das ausgewachsene Tier
in seiner jetzigen Gestalt unter den Raubtieren Feinde hat, darüber
streiten die Afrikareisenden. ~Brehm~ und andere verweisen die Kämpfe
zwischen Löwen und Flußpferden in das Reich der Fabel, ~Bronsart von
Schellendorf~ will selbst ein totes gesehen haben, das Wunden aufwies,
die ihm ein Leopard, also ein viel kleineres Raubtier als der Löwe,
zugefügt hatte. Für die Ansicht ~Bronsarts~ spricht der Umstand,
daß die Nilpferde hauptsächlich in der Nacht ihr heimisches Element
verlassen und weiden gehen, ferner daß die Eingeborenen versichern, es
geschehe das aus Furcht vor einem Überfalle durch Löwen und Leoparden.
Allerdings könnte man wieder einwenden, daß die beiden genannten
Raubtiere mit Vorliebe in der Nacht auf Raub ausgehen, doch scheint
ein Anschleichen bei der nächtlichen Stille schwieriger als am Tage
zu sein. Überdies soll der Löwe zu dieser Zeit sein Kommen regelmäßig
durch Brüllen anzeigen.

Wir können die Sache hier auf sich beruhen lassen, jedenfalls kann
nicht der geringste Zweifel bestehen, daß der junge Hippopotamus ohne
den Schutz der Mutter unfehlbar ein Opfer von großen Raubtieren, auch
von wilden Hunden usw. werden würde. Aber selbst in seinem heimischen
Element, wohin er sonst flüchten könnte, wäre er seines Lebens nicht
sicher, denn ein junges Nilpferd würde allein in Kürze ein Opfer eines
Krokodils werden. Dasselbe Schicksal würde ein ausgewachsenes Nilpferd
erleiden, wenn es, wie der Kritiker wünscht, nur klein und zierlich
wäre.

Sieht man von diesen Feinden ab, so kommt noch ein anderer Umstand
hinzu, der ein kleines Nilpferd bei seiner Nahrungssuche gefährden
würde. Bei seinen Weidegängen ebenso wie bei seinen Wanderungen
nach anderen Flüssen und Seen stößt es in seiner Heimat häufig auf
undurchdringliches Dickicht. Wäre das Nilpferd etwa von der Größe eines
Hundes, so wäre es schlimmer daran als ein Mensch, der wenigstens
mit Werkzeugen sich mühsam einen Weg bahnen kann. Gerade aber durch
die Wucht ihres kolossalen Leibes können Elefanten, Nashörner,
Kafferbüffel und ebenso auch unsere Nilpferde schnurgerade Wege oder
Tunnels durch das dichteste Gestrüpp brechen. Dadurch werden sie zu
Wohltätern für die Menschen, indem diese ihre Straßen gern benutzen.
Die Afrikareisenden, namentlich v. ~Wißmann~, heben diesen Umstand
besonders hervor.

Ich glaube hiernach bewiesen zu haben, daß es vorläufig doch besser
ist, wir überlassen die Schöpfung der Flußpferde der Natur und nicht
unseren Gelehrten.

Auch den Elefanten hielt derselbe Professor für zu groß, doch brauchen
wir hierauf nicht näher einzugehen, da alles, was vom Nilpferd gesagt
ist, auch für das Rüsseltier zutrifft.

Was die Giraffe betrifft, so hat ein Kritiker (~Wolfgang Kirchbach~,
im Zeitgeist 1902, Nr. 24) folgendes an ihr auszusetzen gehabt. Er
betrachtete nämlich mit seinem Freunde die beiden Giraffen im Berliner
Zoologischen Garten und sah, wie diese Tiere Heu fraßen, ferner, daß
sie die Beine grätschen müssen, um frisches Gras vom Boden aufzunehmen.
Er folgerte hieraus, daß der Hals dieser Tiere nicht zu lang, sondern
vielmehr die Beine zu hoch geraten seien, oder daß der Rücken zu
kurz sei. Indem er die Anpassungstheorie verwirft, setzt er seinem
Freunde seine Theorie über die Giraffe auseinander, von der ich die
markantesten Stellen in nachstehendem anführe. »Sie sehen, daß jedes
Tier, Pferd, Ochse, Esel, alle vierfüßig laufenden Tiere zunächst so
organisiert sind, daß sie mit dem Maul die Erde unter sich und mit
ihren schlanken Affenhänden, Elefantenrüsseln und anderen Gliedmaßen
auch Nahrung bis zu einer gewissen Höhe über sich erlangen können.
Klettertiere wie Eichhörnchen und Affen kommen in diesem Verhältnis
am höchsten. Unter ihnen zeichnen sich die Einhufer und Zweihufer
durch Hälse aus, die so lang sind, daß sie trotz einer beträchtlichen
Höhe des Rückgrats vom Boden doch auch, ohne die stehende Stellung,
den Wandergang zu verlassen, den Boden abweiden können. Ein ganz
bestimmtes Verhältnis der Halslänge zur Höhe der Vorderbeine und
bis an die Schlüsselbeine ergibt sich daraus. So ist das Pferd zwar
langhalsig, aber sein Hals ist nicht zu lang, sondern gerade lang
genug, um den Boden zum Abweiden mit dem Maule zu erreichen; eine große
Bequemlichkeit für diese Weidetiere, daß sie nicht erst niederzuknieen
brauchen und mitten im Weiden, ohne zeitraubendes Aufspringen, auch
gleich weiterlaufen können. Nun betrachten Sie die Giraffe! Ihr Hals
ist eher etwas zu kurz geraten im Verhältnis zu ihren hohen Beinen, und
wenn wir etwas an ihr zu lang fänden, so müßten wir uns zuerst fragen:
Warum sind diese Beine so lang? Bei genauerer Betrachtung stellt
sich heraus, daß der Giraffenhals im Verhältnis zur Größe des ganzen
Tieres durchaus nur der Länge eines Pferdehalses entspricht. Soweit
er, nach unten gebogen, zu kurz scheint, ist in Erwägung zu ziehen,
daß er gerade lang genug ist, um höher gewachsenes Gras, wie es in den
Verbreitungsgebieten der Giraffe wächst, bequem zu erreichen. Wenn sie,
um ganz kurzes Gras zu erreichen, die Beine etwas breit stellen muß, so
ist das für die Erwerbung anatomischer Eigentümlichkeiten im Kampfe ums
Dasein ein schlechtes Zeugnis, denn eigentlich müßten ihre Beine dafür
allmählich durch Anpassung etwas kürzer geworden sein. Das ist ihnen
aber gar nicht eingefallen.« Weiter heißt es:

»Wie wollen Sie also, mein Herr, behaupten, die Giraffe habe ihren
allzu langen Hals durch ›Anpassung‹ im ~Lamarck-Darwinschen~
Sinne erhalten in Anbetracht der hohen Bäume, während ihr Hals
einfach zu kurz ist? Und sie frißt ja Gras, mein Herr, es fällt der
Giraffe gar nicht ein, nur vom Laube zu hoher Bäume zu leben; der
Kampf um Erhaltung und Nahrung weist sie gar nicht darauf an, das
Laub von Bäumen abzufressen. Womit ich Ihnen das beweise, mein Herr?
Eben mit diesen beiden schönen Berliner Giraffen vor uns. Hier in
diesem Antilopenhaus ist weder die berühmte Palme noch eine +Acacia
giraffae+ noch sonst ein Baum, den diese Giraffen abweiden, sie
leben seit Jahren von Heu, Gras und anderen Futterdingen, welche
in Ermangelung edler Giraffenbäume die Direktion des Zoologischen
Gartens in hochherziger Weise diesen afrikanischen Persönlichkeiten
zur Verfügung stellt. Daraus erkennen Sie klar, daß die Blätter
hoher Bäume, besonders der Akazie, für besagte Giraffen nur eine
gelegentliche Delikatesse sind, wie für jedes Pferd die Blätter vieler
Bäume auch. Die Giraffen haben ihre langen Beine und Hälse nicht, weil
sie genötigt sind, von hohen Bäumen zu fressen, sondern sie fressen
davon, weil sie zufällig so lange Vorderbeine und Hälse haben, genau
wie der Elefant mit seinem Rüssel sich auch aus beträchtlicher Höhe die
schönsten Früchte bricht.«

Diese Deduktion hört sich sehr gelehrt an, basiert aber völlig auf
Irrtum. Dabei wollen wir die Berechtigung oder Nichtberechtigung der
Anpassungstheorie an dieser Stelle ganz auf sich beruhen lassen. Dem
Kritiker genügt es, daß er Giraffen Heu fressen sieht, und sofort
steht es für ihn fest, daß Baumlaub nur Leckerbissen für sie sind.
Jeder Tierbeobachter weiß, daß sich Tiere in der Gefangenschaft
an Dinge gewöhnen, deren ausschließlicher Genuß auf die Dauer
ihren Tod herbeiführt. Gefangene Gemsen fressen ebenfalls unser
gewöhnliches Gras, gehen dafür aber auch bald ein, weil ihnen die
trockenen Alpenkräuter fehlen. Ausführlich hat sich über diesen Punkt
~Girtanner~ ausgesprochen (Der Zoologische Garten, Bd. 21, S. 1)
und nachgewiesen, daß nur die unzweckmäßige Ernährung die Schuld daran
trägt, wenn gefangene Gemsen so bald eingehen. Reicht man dagegen
unserer europäischen Antilope Wildheu und namentlich Baumlaub, so kann
man sie jahrelang in vorzüglichem Zustande erhalten. Es heißt bei ihm:
»Für Gemsen in zoologischen Gärten des Tieflandes wäre heutzutage mit
nicht allzuhohen Spesen Wildheu, wie es die Gemse liebt, in großen
Quantitäten per Eisenbahn leicht zu verschaffen. Man muß dieses kurze,
feine, mit seinem starken würzigen Geruch weithin duftende Heu nur
kennen, um leicht zu begreifen, wie sehr die Gemse, weit von den Bergen
entfernt, anders danach schnuppert und sich streckt, als nach dem
schwachen geruchlosen Gewächs der Ebene. -- Nur neben dem im Winter als
Hauptsache verfütterten Heu dürfen ohne Nachteil Küchenabfälle, Kohl,
Salat, Kartoffelhäute, Rüben usw. und nur in ganz kleinen Quantitäten
gereicht werden, sind aber bei leichtesten Darmkatarrh-Erscheinungen
auf längere Zeit zu entziehen. Werden sie hingegen, wie oft zu sehen,
der Bequemlichkeit und Wohlfeilheit halber und gewöhnlich erst noch
als einzige Abwechselung mit dem schädlichen, besonders jungen Gras
gebraucht, so geht die Gemse den Weg alles Fleisches, nachdem zuerst
das Fleisch in erstaunlich kurzer Zeit von der Gemse gegangen ist.«

Kühe kann man mit Fischen füttern, wir hatten einen Hund, der Obst fraß
usw. Daraus folgt natürlich noch nicht, daß die Rinder Fleischfresser
und die Hunde Vegetarier sind. Daß es in zoologischen Gärten so wenige
Giraffen gibt, liegt nicht bloß an der Seltenheit der Tiere, sondern
vornehmlich daran, daß gerade die Nahrung zu wünschen übrig läßt.

Wir haben noch ein anderes und zwar heimisches Tier, das ebenfalls
Baumzweige und Blätter frißt, ich meine das Elentier. Obwohl es bei
uns noch in Ostpreußen vorkommt, können sich gewiß nur wenige Leser
entsinnen, jemals in einem zoologischen Garten ein Exemplar dieses
Tieres gesehen zu haben. Hören wir, welchen Grund ~Brehm~, der
doch gewiß eine unbestrittene Autorität auf diesem Gebiete ist,
hierüber sagt: »Leider ertragen die nach Europa gebrachten Giraffen
die Gefangenschaft nur bei bester Pflege längere Zeit. Die meisten
gehen an einem eigentümlichen Knochenleiden zugrunde, welches man
›Giraffenkrankheit‹ genannt hat. Ursachen der letzteren dürften Mangel
an Bewegung und ungeeignete Nahrung sein. Nach den Erfahrungen, welche
ich an Elchen gemacht habe, glaube ich, daß namentlich Gerbsäure dem
Giraffenfutter zugesetzt werden muß, um ihr Wohlbefinden zu fördern;
denn gerade die Mimosenblätter sind besonders reich an diesem Stoffe.«

Baumlaub ist also für die Giraffen kein Leckerbissen, sondern etwas
Unentbehrliches. Schillings hat bei seinen zahlreichen Beobachtungen
überhaupt niemals gesehen, daß die Giraffe freiwillig Gras frißt. (Mit
Blitzlicht und Büchse S. 231.)

Zur Erreichung des auf dem Baume wachsenden Futters braucht die Giraffe
ihren langen Hals und hohe Beine. -- Ja, wäre es denn nun nicht besser,
die Giraffe hätte kürzere Beine oder einen längeren Rücken, damit sie,
ohne die Beine zu grätschen, bequem wie ein Pferd oder ein Rind grasen
könnte? Darauf kann man nur mit einem entschiedenen Nein antworten.

Angenommen, die Giraffe könnte bequem grasen und Baumlaub wäre für ihre
Gesundheit nicht notwendig -- was ja leicht denkbar wäre -- so ergäben
sich folgende Konsequenzen.

In ihrer Heimat gibt es zahllose Antilopen-, Zebra-, Straußenherden,
die alle auf Grasnahrung angewiesen sind. Grasten die Giraffen, so
würden sie natürlich den Tieren, die Baumlaub nicht erreichen können,
vielfach die unentbehrliche Nahrung fortfressen.

Ferner sei folgendes bemerkt: Die Giraffe ist eines der größten Tiere
und wird von ihren Feinden, namentlich von Menschen und Löwen, schon
aus weitester Ferne gesehen. Besonders würde das der Fall sein, wenn
sie auf freier Ebene graste. Die Bäume dagegen gewähren ihr einen
Schutz, der nicht hoch genug anzuschlagen ist.

Wir wollen über diesen Punkt ~v. Wißmanns~ Ansicht hören. In
seinen afrikanischen Jagderlebnissen heißt es: Diesmal traf ich das
wundervolle Wild in einem lichten Hochwald, der aus Bäumen bestand, die
ich noch nicht gesehen hatte -- ganz helle, ebenfalls fleckige Stämme,
die der Giraffe durch gleiche Färbung denselben Schutz gewähren wie
Mimosenwälder.

Ferner kommt folgendes in Betracht.

In die weiten wasserarmen Wildnisse, welche die Giraffe bevorzugt,
kommen Europäer äußerst selten, und diese Gelände sind nicht offene,
weit übersichtliche Steppen, sondern lichte, weite, meist aus Akazien
bestehende Wälder, die der Giraffe Äsung bieten und die sie dem Auge
verbergen. Es gehört schon Übung dazu, sie zwischen den gefleckten
Akazienstämmen und anderen, meist hell gefärbten Bäumen herauszufinden,
wenn sie sich nicht bewegt.

Schließlich noch eins. In meinem Buche: »Ist das Tier unvernünftig?«
habe ich ausführlich dargetan, daß alle Geschöpfe mit guten Augen
-- wie auch der Mensch -- nicht wittern können, also z. B. Affen,
Vögel, daß umgekehrt alle feinnasigen Tiere wie Hunde, Hirsche usw.
schlecht sehen können. Die Giraffe gehört zu der ersten Klasse; wie
schon ihr wundervolles Auge anzeigt, kann sie ausgezeichnet sehen,
vermag aber nicht zu wittern.[1] Das kann man z. B. daraus deutlich
erkennen, daß sie Damen die künstlichen Blumen vom Hute genommen hat,
was kein feinnasiges Tier jemals tun würde. Jetzt, wo es nach dem
Wunsche der Natur geht, holt sie ihr Futter von hohen Bäumen und hat
während des Fressens von ihrer turmartigen Höhe einen unendlich weiten
Gesichtskreis. Ginge es nach dem Herrn Kritiker, so weidete sie, hätte
ihren Kopf zur Erde geneigt und könnte naturgemäß unendlich leichter
beschlichen werden.

Auch hier wollen wir uns auf ~v. Wißmann~ berufen. Er sagt darüber
folgendes: Schwierig ist die Jagd auf dieses Wild, denn die enorme
Höhe des Lichtes über dem Boden erlaubt ihm nicht nur einen weiten
Umblick, sondern auch Einblick in niedrige Dickungen, die sein Feind
zum Anschleichen benutzt. -- Das Auge ist nicht allein der schönste
Schmuck der Giraffe, sondern auch ihr schärfster Sinn, ihre beste Waffe
im Kampfe ums Dasein.

Also vorläufig wollen wir Nilpferde und Giraffen lieber so lassen, wie
sie geschaffen sind, und sie nicht nach den Wünschen mehr oder weniger
gelehrter Kritiker ummodeln.




                      Schämen sich manche Tiere?


Die meisten Menschen werden die Frage, ob Tiere sich schämen können,
entschieden bejahen. Sie werden darauf hinweisen, daß bei Jägern, die
doch in gewissem Sinne die besten Hundekenner sind, die wenigstens am
meisten Gelegenheit haben, die Seele dieses anhänglichen Vierfüßlers zu
beobachten, Redensarten wie: »Pfui, Hekter, schämst du dich gar nicht!«
etwas ganz Alltägliches sind. Auch ~Darwin~ und ~Perty~ nehmen an, daß
hochentwickelte Tiere Scham besitzen. Trotzdem will es mir scheinen,
daß diese Annahme auf sehr schwachen Füßen steht, und ich möchte in
nachstehendem meine Ansicht näher begründen.

Zunächst ist es einleuchtend, daß man Scham nicht mit Schuldbewußtsein
verwechseln darf. Daß das letztgenannte hochentwickelte Tiere besitzen,
davon bin ich überzeugt, und ich werde dafür später einige Beispiele
anführen. Ein Verbrecher kann sehr wohl wissen, daß er Unrecht begeht,
braucht sich deswegen aber noch lange nicht zu schämen. Ebenso ist
Ärger und Scham zweierlei; es ist ärgerlich, wenn man als armer Teufel
geboren ist, aber man braucht sich dessen nicht zu schämen. Wenn man
es trotzdem tut, so liegt falsche Scham vor, denn Voraussetzung einer
jeden wahren Scham ist immer der Gedanke, daß man es anders oder
besser hätte machen oder unterlassen können. In meinem Buche: »Ist das
Tier unvernünftig?« habe ich darauf hingewiesen, daß wir den Tieren
kein Gefühl unterschieben sollen, das wir nicht bei Naturvölkern
und Kindern antreffen. Nun ist es sicherlich bei den Naturvölkern
recht zweifelhaft, ob der Begriff der Scham in unserem Sinne bei
ihnen vorhanden ist. Kinder lernen jedenfalls das wirkliche Schämen
verhältnismäßig spät, weil es etwas künstlich Anerzogenes ist.

Wenn mein Hund gegen das Verbot auf dem Sofa gelegen oder genascht hat,
und ich rufe ihm zu: »Aber pfui, was hast du getan?« so gewährt er das
bekannte Bild, daß er sich furchtsam niederkauert und, mit dem Schwanze
wedelnd, mich bittend ansieht. Ist das nun Scham, oder ist es Angst vor
Schlägen? Das letzte ist zunächst das Wahrscheinliche.

Ähnliche Fälle sind folgende. Hunde, z. B. Pudel, denen der hintere
Teil des Körpers geschoren ist, pflegen diese Partie gern zu
verstecken. Es heißt dann allgemein: Seht, wie der Hund sich schämt!
In Wirklichkeit dürfte der Hund frieren und sich vor Kälte zu schützen
suchen.

Bekannt ist es ferner, daß Hirsche, die ihr Geweih abgeworfen haben,
sich selten sehen lassen, sich vielmehr im dichtesten Gestrüpp
aufhalten. Viele nehmen auch hier an, der König der Wälder schäme sich,
sich ohne seine Krone in der Öffentlichkeit zu zeigen. Viel näher und
begründeter ist die Ansicht, daß das Tier sich infolge seiner geringen
Wehrhaftigkeit nicht so sicher fühlt wie sonst und deshalb Verstecke
bevorzugt.

Für die Annahme, daß Tiere sich schämen, werden mit Vorliebe gewisse
Handlungsweisen der großen Raubtierarten, insbesondere der Löwen
angeführt. Es ist in unzähligen Fällen beobachtet worden, daß speziell
die Katzenarten nach einem Fehlsprunge das beschlichene Wild nicht
weiter verfolgen. Auch hier war man mit dem Urteile schnell bei der
Hand. Der König der Tiere schämt sich, daß er den Sprung nicht richtig
bemessen hat. Auch in diesem Falle liegt ein großer Irrtum vor, wie
sich aus dem folgenden ergeben wird. Ich habe in meinem Buche eingehend
dargetan, daß man zwischen Lauf- und Schleichraubtieren unterscheiden
muß. Zu den erstgenannten gehören die Hundearten, zu den zweitgenannten
die Katzen. Die Schleichraubtiere sind fast alle Kletterer, aber keine
ausdauernden Läufer. Umgekehrt sind die Laufraubtiere vorzügliche
Läufer, aber keine Kletterer. Der Löwe gehört zu den Katzen, und als
solcher kann er einen schnellfüßigen Pflanzenfresser durch ausdauerndes
Laufen nicht einholen. Es wären wohl alle Antilopenarten ausgerottet,
wenn sie von den großen Katzen nicht nur beschlichen werden könnten,
sondern -- falls sie sich vor einer Überlistung durch ihre Vorsicht
bewahrt hatten -- nicht einmal fähig wären, sich durch die Flucht
zu retten. Daß der Löwe bei einem Fehlsprunge nur deshalb nicht
an Verfolgung denkt, weil er nicht so schnellfüßig ist, wie das
beschlichene Tier, ersieht man daraus, daß er unter Umständen nochmals
springt. Es kommt nämlich manchmal vor, daß das verfolgte Tier einen
Weg einschlagen muß, der eine Krümmung aufweist, z. B. weil er durch
eine gewundene Schlucht führt. Dann schneidet der Löwe die Krümmung ab
und versucht den Sprung nochmals. Denn durch den kürzeren Weg besteht
naturgemäß für ihn die Möglichkeit, ein Geschöpf einzuholen, obwohl es
ihm an Schnelligkeit überlegen ist.

Der ausgezeichnete Tierbeobachter ~Loewis~ erzählt von seinem
zahmen Luchs Lucy einen Vorfall, der anscheinend beweist, daß trotzdem
Katzenarten Schamgefühl besitzen. Er schreibt nämlich folgendes:

»Sein Ehr- und Schamgefühl war ebenfalls nicht unbedeutend entwickelt.
Aus den Fenstern des Gutsgebäudes beobachtete ich eine eigentümliche,
das Gesagte dartuende Szene. Der große Teich war im November mit
einer Eisdecke belegt, nur in der Mitte war für die Gänseherde ein
Loch ausgehauen worden und von der schnatternden Schar dicht besetzt.
Mein Luchs erblickte dies mit lüsternen Augen. Platt auf die Eisdecke
gedrückt, schiebt er sich nur rutschend weiter heran, mit seinem
Schwänzchen vor Begierde hastig hin und her wedelnd. Die wachsamen
Nachkommen der Kapitolsretter werden unruhig und recken die Hälse bei
der drohend nahenden Gefahr. Jetzt duckt sich unser Jagdliebhaber,
und wie ein Schleudergeschoß fliegt mit gespreizten Pranken im Bogen
mitten in die erschreckte Sippe der grimme Feind, nicht ahnend, auf
welch trügerischem Element die heißersehnte Beute ruht. Statt mit jeder
Tatze eine Gans zu erfassen, klatscht der Luchs ins kühle Naß; denn
alles Federvieh war rasch zum Loche hinausgesprungen oder geschwind
untergetaucht. Jetzt gab ich die auf dem spiegelhellen Eise verwirrten
Gänse als verloren auf; aber statt nun leicht Herr über die armen
Vögel zu werden, schlich triefend, mit gesenktem Kopfe, Scham in
jeder Bewegung zeigend, nicht rechts und links schauend, mitten durch
die Wehrlosen der Luchs sich fort und verbarg sich auf viele Stunden
an einem einsamen Platze. Hunger, Jagdlust und angeborene Blutgier
konnten die Beschämung über den verfehlten Angriff nicht unterdrücken.«

Haben wir nicht in diesem Falle einen deutlichen Beweis, daß auch
ein Tier sich schämen kann? Von anderer Seite ist hiergegen geltend
gemacht worden, der Luchs habe sich nicht geschämt, sondern er sei
nur deshalb trübselig davongeschlichen, weil ihm das kalte Bad höchst
unwillkommen gewesen sei. Nun ist es ja richtig, daß die Katzen im
allgemeinen keine Freunde des Wassers sind. Aber auch unser Hinz scheut
ein Bad keineswegs, wenn es gilt, sich einen guten Bissen für sein
Mäulchen zu verschaffen. So beobachtete ich im verflossenen Frühjahre
folgendes. Im Schilfe eines Sees machten sich ein Paar Sperlinge eine
Liebeserklärung. Die Katze eines benachbarten Gehöftes wurde durch das
laute Gezeter aufmerksam und schlich sich lautlos an das Liebespärchen
heran. Plötzlich machte sie einen gewaltigen Sprung -- allerdings
daneben -- und sauste in das Wasser. Angenehm schien ihr das Bad auch
nicht zu sein, aber wenn ein Haustier das kalte Wasser nicht scheut,
so wird es ein frei lebendes erst recht nicht tun. Nun bedenke man,
daß Luchse vorwiegend Bewohner kalter Zonen sind. Wie ~Loewis~
berichtet, schlief sein Luchs selbst im kranken Zustande freiwillig auf
dem Dache bei einer Kälte von 10 bis 12 Grad. Ein solches Tier soll,
wenn es ins kalte Wasser kommt, deswegen tieftraurig sein? Das glaube
ich nimmermehr.

Ich sehe hier vielmehr wiederum einen Fall der Gewohnheit vorliegend.
Der wilde Luchs, der im Freien nach einem Vogel, also einer wilden Gans
oder Ente springt und sie nicht erhascht, weiß, daß er sie niemals mehr
bekommt. Der Vogel fliegt dann davon und ist für ihn verloren. Daß
zahmes Geflügel nicht ordentlich fliegen kann, ist dem Luchs sicherlich
nicht bekannt, denn ich habe niemals etwas davon gehört, daß er wie
Fuchs, Marder, Iltis unserm Hausgeflügel nachstellt.

Ich möchte nur daran erinnern, daß auch Menschen in neuen, ihnen
ungewohnten Verhältnissen in ähnlicher Weise handeln. So las ich von
einem deutschen Jäger folgendes Erlebnis aus Südrußland. Er war mit
seinem Hunde, den er an der Leine führte, auf die Jagd gegangen.
Unerwartet kamen ihm plötzlich Trappen zu Schuß, die sonst wegen
ihrer Scheuheit schwer zu beschleichen sind. Er legte auf einen Hahn
an, fehlte ihn jedoch. Ärgerlich über sein Mißgeschick erzählte er
später seinem Wirt sein Erlebnis. Dieser fragte ihn, warum er denn
nicht seinen Hund auf die Trappen losgelassen hätte? Der Deutsche
sah ihn ganz erstaunt an, denn Trappen können bekanntlich, wenn sie
auch vorher einen Anlauf nehmen müssen, ganz gut fliegen. Sein Wirt
setzte ihm auseinander, daß bei der herrschenden Witterung -- es war
gerade Rauhreif gefallen -- Trappen nicht fliegen können und von einem
schnellen Hunde leicht eingeholt werden.

Hier hat also der deutsche Jäger genau so wie der Luchs gehandelt.
Beide waren ärgerlich und verstimmt über ihr Mißgeschick und beide
dachten nicht daran, daß sie nachträglich noch zu einer Beute gelangen
konnten, denn in den bisherigen, ihnen bekannten Verhältnissen war eine
solche Möglichkeit ausgeschlossen.

Wenn ich somit bezweifle, daß die Tiere ein Schamgefühl besitzen, so
gehen m. E. diejenigen zu weit, die ihnen das Ehrgefühl und namentlich
das Schuldbewußtsein absprechen. Ich bin vielmehr davon durchdrungen,
daß manche hochorganisierten Tiere solches besitzen. Da gewöhnlich das
Vorhandensein eines Schuldbewußtseins bei Tieren bestritten wird, so
möchte ich hierfür einige Beispiele anführen.

Der Hund einer meiner Tanten z. B. ist durchaus kein besonders kluges
Tier, aber ein Schuldbewußtsein kann man ziemlich häufig bei ihm
feststellen. So soll er sich nicht auf den besten Teppich legen, was
er mit Vorliebe tut, da er am dichtesten und wärmsten ist. Gewöhnlich
klimpert er mit seiner Hundemarke und einem Schlüssel, die beide an
seinem Halsbande hängen, so laut wie ein Schäfchen mit einem Glöckchen,
schleicht er sich aber zu dem gedachten Teppich, so weiß er so zu
gehen, daß er nicht das geringste Geräusch erregt.

Noch drastischer sind folgende Fälle. ~Milne Edwards~ erzählt,
daß ein Haushund, der sehr blutdürstig war und Schafe erwürgte, alle
Nächte an die Kette gelegt wurde. Er vermochte aber sein Halsband über
den Kopf abzustreifen, worauf er aufs Feld lief, ein Schaf erwürgte,
dann aber regelmäßig nach einem Bache lief, um den blutigen Rachen
abzuwaschen. Hierauf eilte er vor Tagesanbruch auf den Hof zurück, wo
er mühsam den Kopf durch das Halsband zwängte und dann sich schlafen
legte, damit man nicht in ihm den Verbrecher entdeckte. -- Ein Hund in
Berlin hatte besondere Neigung, im nahen Garten sein Wesen zu treiben,
obwohl ihm verboten war, dorthin zu gehen. Er ging oft frühmorgens auf
einem Umwege durch den Keller dahin; wurde er gerufen, so kam er nicht
durch die Gartentüre herbei, sondern schlich durch den Keller nach
seiner Hütte und aus derselben ganz langsam hervor, als wenn er eben
erst vom Lager aufgestanden wäre.

Selbst Ziegen haben ein sehr feines Gefühl für Recht und Unrecht.
~Brehm~ erzählt von den Ziegen seiner Mutter folgendes: Meine
Mutter hält Ziegen und achtet sie hoch, ist deshalb auch um ihre
Abwartung sehr besorgt. Sie kann sofort erfahren, ob ihre Pfleglinge
sich befriedigt fühlen oder nicht; denn sie braucht nur zum Fenster
heraus zu fragen, so erhält sie die richtige Antwort. Vernehmen
die Ziegen die Stimme ihrer Gebieterin und fühlen sie irgendwie
sich vernachlässigt, so schreien sie laut auf, im entgegengesetzten
Falle schweigen sie still. Genau so benehmen sie sich, falls sie
unrechtmäßigerweise gezüchtigt werden. Wenn sie einmal in den Garten
geraten und dort mit ein paar Peitschenhieben von den Blumenbeeten oder
Obstbäumen weggetrieben werden, vernimmt man keinen Laut von ihnen;
wenn aber die Magd im Stalle ihnen einen Schlag gibt, schreien sie
jämmerlich.

Am überzeugendsten aber dürfte der Fall sein, den ~Schomburgk~
mitteilt und den ~Brehm~ wiedergibt: In der tierkundlichen
Abteilung des Pflanzengartens von Adelaide wurde ein alter Hutaffe mit
zwei jüngeren Artgenossen in demselben Käfige gehalten. Eines Tages
griff er, übermütig geworden durch die grausam gehandhabte Beknechtung
seiner Mitaffen, vielleicht auch beeinflußt von der herrschenden heißen
Witterung, seinen Wärter an, gerade als dieser das Trinkwasser für
die gefangenen Affen erneuern wollte, und biß ihn so heftig in das
Handgelenk des linken Armes, daß er nicht nur alle Sehnen, sondern
auch eine Schlagader schwer verletzte und dem Manne ein längeres
Krankenlager zuzog. Sofort, nachdem mir dies gemeldet worden war,
verurteilte ich den Schuldigen zum Tode, und früh am folgenden Morgen
nahm ein anderer Wärter ein Gewehr, um meinen Befehl auszuführen. Ich
muß erwähnen, daß Feuerwaffen in der Nähe der Käfige sehr oft gebraucht
werden, um Katzen, Ratten usw. zu vertilgen; die Affen haben sich daran
so gewöhnt, daß sie weder einer Flinte halber, noch wegen des Abfeuerns
derselben im geringsten sich beunruhigen. Als der Wärter dem Käfige
sich näherte, blieben die beiden jüngeren Affen wie gewöhnlich ruhig
auf der Stelle; der verurteilte Verbrecher dagegen floh in größter
Eile in den Schlafkäfig und ließ sich durch keinerlei Lockungen und
Überredungskünste bewegen, hervorzukommen. Das gewöhnliche Futter
wurde gebracht: er sah, was er früher nie getan hatte, ruhig zu, daß
die Gefährten fraßen, bevor er selbst seinen Hunger gestillt hatte,
und erst, als der Wärter mit dem Gewehre sich so weit vom Käfige
zurückgezogen hatte, daß er von ihm nicht mehr gesehen werden konnte,
kam er vorsichtig und ängstlich hervorgekrochen, ergriff etwas von dem
Futter und lief in größter Eile in den Schlafkäfig zurück, um es dort
zu verzehren. Nachdem er zum zweitenmal herausgekommen war, um sich
ein anderes Stück Brot zu sichern, wurde die Tür seines Zufluchtsortes
rasch von außen geschlossen; als der arme Schelm nunmehr wiederum den
Wärter mit der Todeswaffe auf den Käfig zukommen sah, fühlte er, daß
er verloren sei. Zuerst stürzte er sich wie wahnsinnig auf die Tür
des Schlafkäfigs, um sie zu öffnen; als ihm dies aber nicht gelang,
stürmte er durch den Käfig, versuchte durch alle Lücken und Winkel zu
entwischen, und warf sich, keine Möglichkeit zur Flucht entdeckend,
am ganzen Leibe zitternd, auf den Boden nieder und ergab sich in das
Schicksal, welches ihn schnell ereilte. Seine beiden Genossen zeigten
keine Spur von Aufregung und blickten ihm voll Erstaunen nach.

Die Geschichte ist vollständig wahr und liefert ein bemerkenswertes
Beispiel für die Fähigkeit des Affen, Wirkung und Ursache zu verbinden.

Muß man somit bezweifeln, daß die Tiere ein Schamgefühl besitzen, so
kann man ihnen doch nicht gut das Schuldbewußtsein absprechen.




              Der Respekt der Raubtiere vor den Menschen.


Von jeher hat es der Mensch geliebt, das an sich seltsame Verhalten
mancher Tiere dadurch zu erklären, daß er ihnen edelmütige oder
ähnliche sympathische Beweggründe unterlegte. Beispiele hierfür können
wir schon bei den Alten ausfindig machen.

So erzählt uns ~Plutarch~, Herkules habe immer eine große Freude
gehabt, wenn er bei seinen Unternehmungen einen Geier gesehen, weil er
die Gerechtigkeit dieses Vogels bewunderte, indem derselbe, obgleich
von Fleisch lebend, doch kein lebendiges Tier anfällt.

Teilen wir heute etwa noch die Ansicht des alten Helden und halten den
Geier für einen gerechten Vogel? Gewiß nicht! Wir sind der Meinung, daß
der Geier wie die Hyäne deshalb Aas fressen, weil es für sie bequemer
ist. Ferner sind sie beide nicht gewandt und schnell genug, um sich nur
von lebenden Tieren zu ernähren. Nicht die Gerechtigkeit, sondern das
+Non possumus+ ist also der wahre Grund.

Ähnlich schreibt ~Älian~: Der Adler wird oft von Raben gefoppt,
verachtet sie aber, fliegt hoch durch die Lüfte und überläßt ihnen die
Tiefe; das tut er nicht aus Furcht, sondern aus eigentümlichem Edelmut.

Auch hier müssen wir zu dieser Erklärung ein großes Fragezeichen
machen. Der wahre Grund ist vielmehr der, wie schon ~Lenz~ mit
Recht betont, daß die von Raben, Schwalben, Bachstelzen geneckten
Raubvögel nicht aus Edelmut forteilen, sondern weil sie wissen, daß da
keine Beute zu hoffen ist, wo der schreiende Schwarm die übrigen Tiere
warnt.

Es ist auch nicht Kühnheit der Schwalbe, wie man annimmt, wenn sie mit
Hohngeschrei die meisten Raubvögel umschwirrt, sondern das Gefühl der
Sicherheit, schneller als der verspottete Räuber fliegen zu können. Das
sieht man recht deutlich daran, daß sie ein Angstgeschrei erhebt und
Reißaus nimmt -- zum Beispiel sich in das Schilf stürzt --, sobald der
Baumfalk sich blicken läßt, weil dieser eben schneller als die Schwalbe
fliegt.

Edelmut nimmt man auch bei den Edelfalken an, um zu erklären, weshalb
sich diese eine geschlagene Beute von so elenden Schmarotzern wie
den Milanen abnehmen lassen. Eine Glucke verteidigt sich gegen den
Gabelweih -- sagt ~Naumann~ -- aber der Wanderfalk gibt ihm die
Beute heraus.

Sollte auch hier wieder der Edelmut nicht nur in unserer Phantasie
existieren? Dürfte sich die Sache nicht etwas anders verhalten? Daß der
Wanderfalk keine Beute vom Erdboden nimmt, wissen wir, aber wir nehmen
mit Recht an, daß er nicht aus Edelmut ein sitzendes Tier verschont,
sondern wir vermuten ganz richtig, daß er wegen seiner rasenden
Schnelligkeit Gefahr liefe, zu zerschellen. Deshalb raubt er nur
fliegende Vögel. Ist doch vor ein paar Jahren selbst in Berlin einem
Habicht, der doch nicht so schnell fliegt, folgendes passiert: Bei der
Verfolgung einer wilden Ente stieß er so heftig auf die Herkulesbrücke,
daß ihn ein Passant mit leichter Mühe fangen konnte.

Bedenkt man nun, daß alle schnellfliegenden Vögel auf dem Boden
regelmäßig sehr unbeholfen sind -- der Mauersegler, dieser
unübertreffliche Flieger, kann wegen seiner langen Flügel vom Erdboden
sich kaum erheben --, daß aus diesem Grunde als Sitz stets ein Baum
oder ein Ort, der das Abfliegen erleichtert, bevorzugt wird, so wird
die Nachgiebigkeit des Wanderfalken wahrscheinlich ihren Grund darin
haben, daß er auf der Erde als einem ihm fremden Element große Mühe
hätte, die Gabelweihe abzuwehren. Deshalb kalkuliert er mit Recht: Bei
meiner Gewandtheit im Erbeuten ist es praktischer für mich, mir ein
neues Opfer zu holen, als es auf einen ungewissen Streit ankommen zu
lassen.

Nach diesen Beispielen möchte ich auf das eigentliche Thema zu sprechen
kommen und auseinandersetzen, daß ich zwar ohne weiteres zugebe, daß
die Raubtiere vor dem Menschen Respekt haben, aber nicht recht daran
glaube, daß der Grund darin liege, weil die Tiere in dem Menschen ein
höheres Wesen erkennen.

Schon die Alten haben ähnliche Gedanken geäußert. So schreibt
~Plinius~ folgendes: Bemerkt der Elefant den Fußtritt eines
Menschen eher als den Menschen selbst, so bleibt er stehen, wittert,
blickt umher, schnaubt vor Wut, zertritt aber die Fußspur nicht,
sondern hebt sie aus, gibt sie dem nächsten, dieser wieder dem
nächsten usw., worauf die Herde sich schwenkt und in Schlachtordnung
aufmarschiert. So soll auch die grimmige Tigerin, die keinem Tiere
weicht und selbst die Spuren des Elefanten verachtet, ihre Jungen in
Sicherheit bringen, sobald sie die Spur eines Menschen erblickt. Wie
erkennen sie die Spuren des Menschen? Wo haben sie ihn je gesehen,
da jene Wildnisse von ihm so selten betreten werden? Woher wissen
Elefanten und Tiger, daß der Mensch zu fürchten ist? Sie sind ihm doch
so weit an Kraft, Größe und Schnelligkeit überlegen! Das ist die große
Macht des Naturtriebes, daß die größten und wildesten Tiere gleich
wissen, was sie fürchten müssen, wenn sie es auch nie zuvor gesehen
haben.

Ähnlich äußert sich ~Brehm~: Selbst Löwe, Tiger und Jaguar
fürchten anfangs den Menschen und gehen ihm fast feig aus dem Wege;
nachdem sie aber gelernt haben, welch schwaches, wehrloses Geschöpf er
ist, werden sie seine furchtbarsten Feinde, und es scheint fast, als ob
sie dann das Menschenfleisch dem aller übrigen Säugetiere entschieden
vorzögen.

Speziell vom Löwen schreibt er: Den Menschen greift der Löwe äußerst
selten an. Die hohe Gestalt eines Mannes scheint ihm Ehrfurcht
einzuflößen. Im Sudan wenigstens, wo er in manchen Gegenden häufig
auftritt, sind so gut wie keine Fälle bekannt, daß ein Mensch von einem
Löwen gefressen worden wäre.

Die Araber jener Gegenden versichern, daß der Mensch, welcher einen
ruhenden Löwen treffe, denselben durch einen einzigen Steinwurf
verscheuchen könne, falls er Mut genug habe, auf ihn loszugehen. Wer
dagegen entfliehe, sei unrettbar verloren. Zweimal, so sagen sie,
weiche jeder Löwe dem Manne aus, weil er weiß, daß dieser das Ebenbild
Gottes des Allbarmherzigen ist, den auch er, als ein gerechtes Tier,
in Demut anerkennt. Frevelt jedoch der Mensch gegen die Gebote des
Erhaltenden, welche bestimmen, daß niemand sein Leben tollkühn wage,
und geht er dem Löwen zum drittenmal entgegen, so muß er sein Leben
lassen.

Die Araber sind auch der Meinung, daß der Löwe bei seinen Raubzügen
deshalb vorher brülle, um die Tiere zu warnen. ~Brehm~ meint
mit Recht, der wahre Grund dürfte der sein, daß er dadurch das Wild
aufscheuchen, insbesondere das Vieh der Nomaden zum Ausbrechen aus der
Hürde veranlassen will. Die Begründung der Wüstensöhne hinsichtlich des
Respekts scheint daher ebenfalls mehr poetisch als zutreffend zu sein.

Hiervon abgesehen, wird aber die Tatsache, daß der Löwe häufig vor dem
Menschen zurückweicht, doch von zahlreichen glaubwürdigen Beobachtern
bestätigt.

~Brehm~ hält den aufrechten Gang des Menschen für den ausschlaggebenden
Grund. Aber dieser kann schwerlich deshalb als furchterweckend in
Betracht kommen, weil es ja vierfüßige Tiere gibt, die viel größer als
der Mensch sind und trotzdem von Raubtieren angegriffen werden, wie zum
Beispiel manche Büffelarten. Tiger sind auf den Rücken von Elefanten
gesprungen und haben von dort Menschen heruntergeholt. Das große Kamel
ebenso wie die fast achtzehn Fuß hohe Giraffe bildet eine bevorzugte
Beute des Löwen. Gerade das letztgenannte Tier zeigt deutlich die
irrige Anschauung, daß die Größe imponierend wirkt, denn der Kopf der
Giraffe befindet sich etwa zwölf Fuß höher als der eines Menschen.

Nur das soll zugegeben werden, daß ein vierfüßiges Tier bequemer am
Halse gepackt werden kann, als der aufrechtstehende Mensch. Trotzdem
aber überfällt der Leopard den Strauß, der viel größer als der Mensch
und ebenfalls nur zweifüßig ist.

Im übrigen richten sich zahlreiche Tiere beim Angriff oder der
Verteidigung auf und gewähren dann einen weit überwältigenderen Anblick
als der Mensch, so Hengste, Gorillas usw. Daß sich hierdurch die großen
Raubtiere von einer Attacke jemals haben abhalten lassen, ist wohl noch
nicht behauptet worden.

Dagegen steht fest, daß die sogenannten Menschenfresser fast
ausnahmslos Raubtiere mit schlechten Zähnen sind, nicht mehr imstande,
ihre sonstige Nahrung, nämlich das flüchtige Wild, Wildschweine und
Affen, zu erbeuten. Not kennt kein Gebot; ein Raubtier, das nur die
Wahl hat, zu verhungern oder Menschen anzufallen, wird unzweifelhaft
das letztere tun.

Warum tut es das nun nicht auch in der Blüte seiner Jahre? Ich meine,
die unglückselige Vorstellung von der »Tapferkeit« der Raubtiere ist
schuld daran, daß wir uns darüber wundern. Man vergleiche das in den
»Tierfabeln« auf S. 25 Gesagte. Hier heißt es: Selbst die größten
Arten scheuen Tiere, von denen sie bedeutenden Widerstand erwarten,
und greifen sie bloß dann an, wenn sie durch Erfahrung sich überzeugt
haben, daß sie trotz der Stärke ihrer Gegner als Sieger aus einem
etwaigen Kampfe hervorgehen.

Kann man ein solches Verhalten Tapferkeit nennen? Gewiß nicht!
Außerdem muß man folgendes berücksichtigen. Bei jedem Angriff auf ein
vierfüßiges Geschöpf weiß das Raubtier im voraus ganz genau, welche
Waffen ihn bedrohen können: Das Pferd kann hinten ausschlagen, der
Büffel mit den Hörnern stoßen, der Eber mit seinen Gewehren schlagen,
der Pavian gefährlich beißen usw. Nur beim Menschen weiß es nicht
genau, was kommen kann. Er kann es von fern mit Bogen und Lanze
verwunden, mit Felsstücken werfen, in der Nähe mit Schwert oder Dolch
verletzen -- wobei wir von den furchtbaren Wirkungen des Feuergewehres
ganz absehen wollen. Selbst der Ureinwohner auf niedrigster Kulturstufe
vermag durch vergiftete Pfeile das größte Raubtier zu töten.

Was also bei keinem Tiere vorkommt, das kann sich beim Menschen
ereignen; das Raubtier weiß niemals genau, woran es ist.

Natürlich wird eine vom Hunger geplagte Bestie nicht lange Reflexionen
darüber anstellen, ob der Angriff auf den Menschen gelingt oder nicht.
Je häufiger sie ihn besiegt, desto frecher wird ihr Gebaren werden.
Aber wenn ein großes Raubtier gesättigt oder wenigstens nicht hungrig
ist, so ist folgende Reflexion nicht unwahrscheinlich: Wenn ich wüßte,
ich erbeute den Menschen, ohne erheblich verletzt zu werden, so würde
ich mich auf ihn stürzen -- aber man kann ja dem Frieden nicht trauen.
Anschleichen kann ich mich nicht, wie es meine liebste Methode ist,
denn der Kerl hat mich schon gesehen. Ob er gefährliche Waffen bei sich
trägt? Er glotzt mich so unverschämt an -- nun, die Sache ist mir doch
zu riskant, ich werde mich empfehlen. -- Umgekehrt wird ein fliehender
Mensch gewöhnlich deswegen verloren sein, weil er durch seine Flucht
offenbart, er fühle sich dem Feinde nicht gewachsen.

Ein unbewaffneter Mensch, der einen Löwen mit Gemütsruhe anstarrt, ist
wie ein Kartenspieler, der sich den Anschein gibt, als habe er viele
Trümpfe, die er in Wirklichkeit gar nicht besitzt. Einem solchen
Spieler gelingt es ja häufig, die anderen zu täuschen.

Zum Beweise dafür, daß hauptsächlich die Unberechenbarkeit des Menschen
den Respekt hervorruft, will ich mich auf folgende Tatsachen berufen.
In nördlichen Ländern scheinen giftige Waffen wenig gebraucht zu
werden, so daß hier der Mensch erst durch Feuerwaffen gefährlichen
Tieren, wie Eisbären, Walrossen, Grislybären usw., energisch auf den
Leib rücken konnte. Die alten Schilderungen von der Furchtbarkeit
dieser Geschöpfe scheinen gar nicht so übertrieben zu sein.

Ausdrücklich bestätigt das ~Haacke~, indem er schreibt: Übrigens
soll der Graubär von heute, mit den Wirkungen der Büchse bekannter als
der Graubär früherer Zeiten, viel vorsichtiger und furchtsamer sein als
dieser.

Wie lieb im übrigen den Raubtieren ihr eigenes Leben ist, dafür seien
nur zwei Beispiele angeführt. ~v. Wißmann~ schildert einen bereits
früher erwähnten Angriff, den ein Kapbüffel auf einen ausgewachsenen
Löwen macht. Der »König der Tiere« läßt wirklich seinen Fraß -- eine
getötete Antilope -- im Stich und nimmt Reißaus. Sodann möchte ich
darauf aufmerksam machen, daß nach ~Livingstone~ angebundene
Pferde oder Ochsen nur ausnahmsweise von Löwen angegriffen werden, weil
diese eine -- Falle vermuten. Das gleiche berichtet ~Brehm~ von
Tigern. Man sieht also ganz deutlich, daß auch vierfüßige Tiere, und
zwar selbst solche, die sonst gern gefressen werden, unter Umständen
Respekt einflößen, daß also der aufrechte Gang des Menschen nicht der
wahre Grund sein kann.

Die Tatsache, daß große Raubtiere vielfach den Menschen unbehelligt
lassen, erklärt sich also wohl daraus, daß sie nicht hungrig sind und
die Unberechenbarkeit seiner Verteidigung scheuen. Ihr Leben ist ihnen
zu lieb, um sich auf ein riskantes Unternehmen einzulassen.




         Können nur Herdentiere zu Haustieren gemacht werden?


Es gibt gewisse Behauptungen, die gläubig nachgebetet werden, weil man
sie für allgemein gültige Wahrheiten hält. Zu ihnen gehört auch diese:
Nur aus Herdentieren können Haustiere gemacht werden. Ich teile diese
Meinung in keiner Weise und möchte in nachstehendem meine abweichende
Ansicht näher begründen.

Eingehend hat sich mit der hier erörterten Frage ein so ausgezeichneter
Tierkenner wie ~Perty~ beschäftigt. Er schreibt darüber folgendes:

»Die Domestikation der Tiere kommt nicht allein durch die Macht des
Menschen zustande, wie man früher und auch noch ~Buffon~ geglaubt
hat, und namentlich ~Friedrich Cuvier~ hat erkannt, daß hierzu
Geselligkeit der Tiere kommen müsse, nur gesellig lebende Tiere kann
der Mensch domestizieren. Der Geselligkeitstrieb, den auch der Mensch
in ausgezeichnetem Grade besitzt, und der auch seinen wildesten
Stämmen nicht fehlt, hängt nicht von der Intelligenz ab, sondern kommt
bei dummen und sehr gescheiten Tieren vor. Auch führt ihn nicht die
Gewohnheit des Zusammenlebens der Familienmitglieder herbei; der Bär
lebt einsam, obwohl er seine Jungen so lange und zärtlich pflegt wie
der Hund. Die Aïnos, das sonderbare Volk von Yesso und den Kurilen,
fast so behaart als der Bär selbst, haben, weil er kein geselliges Tier
ist, vergeblich versucht, ihn zum Haustier zu erziehen und zum Reiten
zu benützen, haben vergeblich junge Bären von ihren Weibern säugen
lassen; es gelang nicht, und sie müssen ihn fortwährend an der Kette
halten, wie ~Witson~ berichtet. ~Fr. Cuvier~ unterschied drei
Zustände: erstens den der einsam lebenden Tiere: Katzen, Marder, Bären,
Hyänen; dann den Zustand der in Familien lebenden Tiere: Wölfe, Rehe
usw.; endlich die wahren Gesellschaften, wie sie bei Bibern, Affen,
Hunden, Robben, Pferden, Elefanten, Wiederkäuern und beim Menschen
selbst vorkommen; nur aus der letzten Kategorie hat der Mensch seine
wahren Haustiere erhalten. Der Mensch, meint ~Cuvier~, gelte
den Haustieren für ein Mitglied ihrer Gesellschaft, und seine ganze
Kunst bestehe darin, sich als Gesellschaftsmitglied einzureihen. Ist
er einmal ein solches geworden, so kann er dann leicht das Tier durch
seine höhere Intelligenz beherrschen. Das Schaf folgt dem Hirten, weil
es in ihm das Oberhaupt der Herde sieht. ~Buffon~ hatte behauptet,
der Mensch verändere bei der Zähmung das Naturell der Haustiere, was
~Cuvier~ bestritt, nach welchem der Mensch nur den natürlichen
Trieb benützt; er fand nämlich gesellige Tiere vor und knüpfte diese
an seine Familie. Demnach wäre die Domestikation nur eine Abänderung,
eine andere Form der Geselligkeit und eine bestimmte Folge des Triebes
zu letzterer. Die katzenartigen Tiere können deshalb nicht vollkommen
domestiziert, eigentlich familiarisiert werden, weil sie nicht gesellig
lebende Tiere sind. Die Fügsamkeit der Haustiere beruht nach ~F.
Cuviers~ und ~Dureau de la Malles~ Nachweisung auf der langen
Reihe von Generationen, seit welchen ihre Domestikation währt. Noch zur
Zeit des ~Plinius~ waren Pferde, Rindvieh, Geflügel halb wild.« --

Nur nebenbei sei bemerkt, daß diese letzte Behauptung ~Pertys~
etwas kühn erscheint. Kein Mensch kann aus den Schilderungen Homers
den Eindruck erhalten, daß die Rosse der Griechen und Trojaner halb
wild waren, und doch kämpften beide Völker ein Jahrtausend vor
~Plinius~. Die Erörterung anderer Irrtümer in nebensächlichen
Dingen -- z. B. daß Hyänen einzeln leben -- würde zu weit führen, da
uns hier nur das Prinzip interessiert.

Die Katze soll kein wahres Haustier sein. Diese Behauptung ist wohl nur
deshalb aufgestellt, weil fast alle Katzenarten allein leben, und die
ganze Theorie mit der alleinigen Domestikation der Herdentiere über den
Haufen stürzen würde, wenn man zugäbe, daß Hinz zu unsern Haustieren
gehöre. Ich habe ein andermal ausführlich dargetan, weshalb die
Katze uns ferner steht als der Hund. Hier seien kurz die Hauptgründe
angegeben.

Zunächst wird die Katze bei uns sehr schlecht behandelt, vielen
Menschen bereitet es ein Vergnügen, das »falsche« Geschöpf
totzuschlagen, wobei sie noch ein gutes Werk zu verrichten meinen,
weil sich Hexen nach dem Volksglauben in Katzen verwandeln sollen.
Sodann ist die Jagdmethode von Hinz und uns grundverschieden. Vermöge
seiner Kletterfähigkeit bevorzugt jener das Reich der höheren Regionen,
wohin wir ihm nicht zu folgen vermögen. Schließlich aber haben wir
selbst auf dem Erdboden grundverschiedene Methoden. Die Katze ist
ein Schleichraubtier, eine Terrainkünstlerin, die das Wild auf sich
zukommen läßt und dann plötzlich packt. Wir suchen unsere Beute auf.
Da der Hund es genau so macht wie wir, außerdem nicht klettern kann
und schließlich vermöge seiner ausgezeichneten Nase, die weder der
Mensch noch die Katze besitzt, Spuren findet, die uns völlig entgehen,
so ist er für uns als Jagdgehilfe wie geschaffen. Deshalb haben wir
uns die größte Mühe mit seiner Domestikation gegeben, während wir
die Katze links haben liegen lassen. Haben wir uns denn schon mit
der Zähmung anderer Katzenarten befaßt? Das ist kaum jemals einem
Menschen eingefallen. Dem scheuen Luchs hätte gewiß jeder die Fähigkeit
abgesprochen, daß er sich dem Menschen anschließe. Nun höre man, was
~Loewis~ von seinem zahmen Luchs Lucy erzählt: »Gewöhnlich spricht
man den Katzen die Fähigkeit und Eigentümlichkeit ab, sich an bestimmte
Personen zu gewöhnen, von denselben Befehle anzunehmen, ihnen Gehorsam
zu zollen. Mit welchem Rechte solches von der Hauskatze gilt, kommt
hier nicht in Betracht; daß aber der Luchs dem Menschen gegenüber sich
anders verhält, hat der von mir jung aufgezogene genügend dargetan. Er
hörte nur auf meines Bruders oder meine Stimme und bewies Zurückhaltung
und Achtung auch nur uns gegenüber. Fuhren wir beide auf einen Tag in
die Nachbarschaft, so konnte niemand Lucy bändigen; dann wehe jedem
unbedachten Huhn, jeder sorglosen Ente oder Gans! Beim Dunkelwerden
kletterte er auf das Dach des Wohnhauses, wo er, an einen Schornstein
gelehnt, seine Ruhe hielt. Rollte spät abends oder in der Nacht der
Wagen vor die Haustreppe, so war das Tier in einigen Sätzen vom
Hausdache hinab auf das der Treppe gesprungen; rief ich nun seinen
Namen, so schwang sich das anhängliche Geschöpf eilig an den Säulen
hinab und flog in weiten Bogensätzen mir an die Brust, seine starken
Vorderbeine um meinen Hals schlagend, laut schnurrend, mit dem Kopfe
nach Art der Katzen an mich sich stoßend und reibend, und folgte uns
sodann in die Stube, um auf dem Sofa, dem Bette oder am Ofen sein
Nachtlager aufzuschlagen. Mehrere Male teilte er mit uns das Lager,
und verursachte einmal seinem Herrn, quer über dessen Hals liegend,
beunruhigende Träume und Alpdrücken.«

Wie der Luchs, so lebt auch der Gepard oder Jagdleopard (Tschita)
allein, man sollte also meinen, daß die Grundlage der Domestikation,
die Zähmung, bei ihm sehr schwer fallen sollte. Das Gegenteil ist
aber der Fall. Durch einfache Abrichtung wird der Jagdleopard zu
einem trefflichen Jagdtier, welches in seiner Art dem Edelfalken kaum
nachsteht. In ganz Ostindien betrachtet man ihn allgemein als einen
geachteten Jagdgehilfen.

~Brehm~ hat selbst einen zahmen Geparden besessen und schreibt
über dieses interessante Tier: »~Daß die Zähmung nicht schwierig
sein kann, wird jedem klar, welcher einen Gepard in der Gefangenschaft
gesehen hat. Ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich behaupte, daß
es in der ganzen Katzenfamilie kein so gemütliches Geschöpf gibt wie
unsern Jagdleoparden und bezweifle~, daß irgend eine Wildkatze so
zahm wird wie er. Gemütlichkeit ist der Grundzug des Wesens unseres
Tieres. Dem angebundenen Gepard fällt es gar nicht ein, den leichten
Strick zu zerbeißen, an welchen man ihn gefesselt hat. Er denkt nie
daran, dem etwas zuleide zu tun, welcher sich mit ihm beschäftigt, und
man darf ohne Bedenken dreist zu ihm hingehen und ihn streicheln und
liebkosen. Scheinbar gleichmütig nimmt er solche Liebkosungen an, und
das Höchste, was man erlangen kann, ist, daß er etwas beschleunigter
spinnt als gewöhnlich. Ich besaß einen Gepard, welcher so zahm war, daß
ich ihn am Stricke herumführen und es dreist wagen durfte, mit ihm in
den Straßen zu lustwandeln.«

Auch ~Ernst Friedel~ erzählt, daß in Potsdam im Parke eines
königlichen Schlosses zwei zahme Geparden völlig frei umherliefen und
keinem Menschen etwas zuleide taten. Erst als mehrere Damen, die sie
für entsprungene Tiger hielten, in Ohnmacht gefallen waren, wurde ihnen
ihre Freiheit genommen. Kein Mensch kann hiernach zweifeln, daß man den
Geparden völlig zum Haustier machen könnte.

Umgekehrt seien einige Herdentiere auf ihre Zähmbarkeit betrachtet. Das
Zebra galt bisher als unzähmbar, es werden jetzt die ersten Versuche
gemacht. Den nordamerikanischen Bison wie den Kafferbüffel hat bisher
wohl niemand zu zähmen versucht, ebensowenig den Moschusochsen.
Den Strauß hält man, um ihn seiner Federn zu berauben, aber als
zahmes Haustier kann man ihn schwerlich bezeichnen. Dagegen wird
die gewöhnlich nicht in Herden, sondern in Familien lebende Giraffe
meistens sehr zahm. Von den in Herden lebenden größeren Affen wird
allenfalls der Schimpanse und von den Pavianen der Babuin als Haustier
gehalten. Die Zähmung des Hyänenhundes ist der Neuzeit noch nicht
gelungen, obwohl er eine vorzügliche Nase besitzen soll, ebensowenig
die des afrikanischen Elefanten, wenngleich die Karthager es verstanden
haben sollen. Dagegen hat man von einzeln lebenden Tieren bereits im
Altertum Löwen und Tiger gezähmt. Der ägyptische König ~Ramses der
Große~ kämpfte in Begleitung seines zahmen Löwen, der ihm die Feinde
niederreißen half. Der römische Kaiser ~Heliogabal~ spannte Löwen
und Tiger vor seinen Wagen, indem er sich mit der Göttin ~Cybele~
und mit dem Gotte ~Bacchus~ verglich.

In der Berliner Raubtierschule legt sich der Inspektor ~Havemann~
eine Leopardin wie einen Mantelkragen um den Hals. Auch wohl alle
bei uns allein lebenden Tiere, wie Fuchs, Dachs, Marder, Wiesel,
Eichhörnchen, sind schon gezähmt worden. Besonders leicht zahm wird der
einzeln lebende Fischotter, der wiederholt zum Fischfangen abgerichtet
worden ist.

Bei den Vögeln machen wir dieselbe Beobachtung. Kein Mensch wird die in
Scharen lebenden Sperlinge, Schwalben, Meisen, Goldhähnchen usw. für
leicht zähmbar halten. Umgekehrt sind der Buchfink, der Kolkrabe, die
Alpenkrähe usw., obwohl sie einzeln leben, wegen ihrer Zutraulichkeit
zu ihrem Pfleger bekannt. Ausgesprochene Einsiedler sind die Raubvögel.
Und doch richten die Kirgisen Adler und Habicht zur Jagd ab, ebenso
stand bei uns die Reiherbeize mit dem Jagdfalken in hoher Blüte.
Umgekehrt gelten die Wasserratten als unzähmbar, obwohl sie in Herden
leben.

Es ist hiernach einleuchtend, daß die Theorie, nur Herdentiere eignen
sich zu Haustieren, durchaus irrig ist. Die ausschlaggebenden Momente
sind vielmehr folgende:

1. Die Gefährlichkeit des Tieres. Es ist eine schlimme Sache, ein
Geschöpf als Haustier zu halten, das bei übler Laune den Menschen töten
kann. Aus diesem Grunde wird man die großen Bestien, ausgewachsene
Paviane oder menschenähnliche Affen und ähnliche gefährliche Tiere
ungern zu Haustieren machen wollen. Deshalb werden häufig ältere Doggen
getötet, weil sie ihren eigenen Herrn in Gefahr bringen.

2. Das Naturell des Tieres und des Menschen. Es ist merkwürdig, daß
manche Tiere wie Affen, Bären, Füchse usw., von Hause aus wenig Neigung
haben, dem Menschen Hilfe zu leisten, während umgekehrt Pferde, Hunde,
Geparden usw. es gern tun. Natürlich sind Tiere mit sanftem Naturell,
wie Giraffen, Schimpansen, Babuine usw., leichter zu zähmen, als solche
mit störrischem, wie Nashörner, Flußpferde, Kafferbüffel, Elche usw.
Ein Kulturvolk ist ganz ungeeignet zur Abrichtung von Tieren, da ihm
die Ruhe und Geduld fehlt; dagegen leisten stumpfsinnige Naturvölker
auf diesem Gebiete Hervorragendes.

3. Ausschlaggebend ist aber stets der Nutzen für den Menschen. Wir
hätten viel mehr Haustiere, wenn wir uns von anderen Tieren mehr
Nutzen versprächen. Was sollen wir mit einem zahmen Hirsch oder Reh
anfangen? Zum Ziehen oder zum Reiten des erstgenannten sind sie doch
nur bedingungsweise verwendbar, können jedenfalls nicht das Pferd
ersetzen. Weil es uns Nutzen brachte, haben wir früher den Jagdfalken
gezähmt, wie heute noch zur Wolfs- und Fuchsjagd von den Kirgisen Adler
abgerichtet werden.

Nur aus dem Grunde, weil fast alle Teile verwendet werden können,
haben wir das seinem Naturell nach ganz ungeeignete Rind als Haustier.
Ist wohl ein alter Bulle ein gezähmtes Tier? Gibt es in Deutschland
einen Kreis, wo nicht in den letzten 100 Jahren ein Mensch durch einen
wütenden Bullen getötet ist? Würden sie nicht den Nutzen gewähren, so
würde es längst polizeilich verboten sein, diese Haustiere, obwohl sie
Herdentiere sind, zu halten. Auch mit der Domestikation des Schweines
dürfte es eine eigene Sache sein. Kronprinz Rudolf berichtet von den
südungarischen Schweinehirten: »Alle sind mit Pistolen bewaffnet,
teils um die abends umherschweifenden Wölfe zu verscheuchen, teils
aber auch, um sich gegen die starken, wildschweinartigen Eber, ~die
sogenannten zahmen Hausschweine~, zu verteidigen. Wie ich von den
Leuten an Ort und Stelle erfuhr, sollen jedes Jahr einige Hirten von
ihren eigenen Schweinen auf der Weide, besonders während des Schlafes,
überfallen und elendiglich zugrunde gerichtet werden.« Ferner wurde
kürzlich folgender Fall berichtet: In Söllerup (auf Seeland) wollten
ein Dienstknecht und ein zwölfjähriger Hütejunge einen Eber vom Walde
nach Hause treiben. Als sich der voraufgehende Knecht infolge eines
Angstrufes des Jungen umblickte, gewahrte er, wie der Eber den Knaben
mit den Hauern bearbeitete. Dem Unglücklichen war die Lende zerfleischt
und die Schlagader aufgerissen, so daß er in kurzer Zeit verblutete.
Der Eber wurde erschossen. Schließlich denke man daran, wieviel kleine
Kinder schon durch zahme Schweine angefressen und getötet worden sind
-- und doch lebt auch das Schwein in Herden. Die herrschende Meinung
muß demnach als durchaus irrig bezeichnet werden.




                 Die angebliche Nervosität der Tiere.


Bei dem Hasten und Jagen, das der heutige Kampf ums Dasein mit sich
bringt, ist es kein Wunder, daß ein großer Teil der Bevölkerung
nervös ist. Weil die geistige Arbeit naturgemäß das Gehirn am meisten
anstrengt, und in der Großstadt der Wettbewerb sich am fühlbarsten
geltend macht, so ist die Nervosität des großstädtischen Kopfarbeiters
beinahe typisch geworden. Da der Mensch sehr geneigt ist, nach
verwandten Erscheinungen in der Tierwelt zu spähen, so scheint es
dem Großstädter gar nicht auffallend zu sein, daß auch Tiere nervös
werden. So durchlief vor einiger Zeit die Zeitungen folgende Nachricht:
Zebras als Reit- und Zugtiere. Aus London wird berichtet: Im Londoner
zoologischen Garten macht man jetzt Versuche, zwei Zebras zu zähmen,
damit die Kinder darauf reiten können. Eine große Erfahrung im Zähmen
von Zebras hat der Hon. ~Walter Rothschild~, der bereits in
den Straßen Londons mit einem Gespann von vier Zebras gefahren ist.
Er zweifelt nicht daran, daß man zum Ziel gelangen wird, und er
erzählte einem Berichterstatter: Vor drei oder vier Jahren zähmte
ich vier Zebras, aber das waren die wilden, kleinen südafrikanischen
Tiere, die viel unbändiger wie die Grevy oder abessinischen Zebras
im Zoologischen Garten sind. Sicherlich stoßen und beißen die Zebras
zunächst sehr wütend, aber ich fand, daß sie das alles aus Furcht
taten. Alle Pferdearten sind von Natur nervös, und das Zebra ist von
allen am furchtsamsten. Erst muß man die Tiere überzeugen, daß sie
nichts zu fürchten haben; dann lassen sie einen näher kommen und sich
anfassen. Wissen sie erst, daß es gefahrlos ist, so haben sie es sogar
gern, aber sie kommen nie ganz über ihre natürliche Nervosität hinweg!
Auch der Afrikareisende Oberst ~Fred Baillie~ schließt sich
dieser Meinung ~Rothschilds~ an. Da er schon seit längerem davon
überzeugt war, daß sich das Zebra als Last- und Zugtier eigne, erwarb
er eine Konzession auf 60000 Acres Land mitten in Britisch-Ostafrika.
Dort hat er die britische »Ostafrikanische Zebra-Ranch« errichtet,
deren Hauptquartier in Nairobi und deren Zweiggeschäft in London ist.
Wer jetzt also einen Auftrag gibt, kann nach einem halben Jahre gut
dressierte gelehrige Zebras bekommen, die einspännig oder zweispännig
gehen. ~Baillie~ glaubt, daß das Zebra besonders als Lasttier
eine große Zukunft haben wird. Auch die indische Regierung stellt
jetzt Versuche mit Zebras an, um sie zu militärischen Transporten
zu gebrauchen. Der schlimmste Fehler der Zebras ist, daß sie ihren
Reiter in die Beine beißen. Dagegen schützt man sich am besten durch
ein stählernes Schutzblech, und wenn das Zebra erst einmal danach
geschnappt hat, wiederholt es den Versuch nie wieder. -- Baron
~Rothschild~ ist sicherlich ein ausgezeichneter Kenner der Zebras,
aber ist seine Behauptung richtig, daß diese von Natur nervös sind?

Von unsern Pferden wird ja allgemein gesagt, sie seien nervös, und da
wäre der Gedankengang vielleicht der, daß sie, wie manche Kulturtiere,
im Laufe der Zeit degeneriert seien. Aber das frisch eingefangene
Zebra, das bisher als freies Tier in den afrikanischen Ebenen hauste,
kann doch unmöglich an einer Kulturkrankheit leiden! Arbeiten denn
unsere Pferde mit dem Kopf! Gewiß nicht, am allerwenigsten das
Zebra in der Freiheit. Sind unsere Kühe und Schweine nervös? Das
Gegenteil scheint eher der Fall zu sein, auch habe ich noch niemals
von einer derartigen Behauptung etwas gehört. Wie finden wir den
Schlüssel zu einer Erklärung für die angebliche Nervosität des
Pferdes und seiner wilden Stammesgenossen? Es ist merkwürdig, daß
wir geschichtliche Forschungen vielfach da treiben, wo sie herzlich
gleichgültig sind, umgekehrt sie aber da unterlassen, wo sie unbedingt
erforderlich sind, nämlich zum Verständnis der Tierwelt. Wir werden
das Verhalten eines Tieres niemals begreifen, wenn wir uns nicht in
seine frühere Lage als freies Tier hineinversetzen. Auch in der
Tierwelt ist selbstverständlich der Kampf ums Dasein überaus heftig.
Die Raubtiere haben Hunger und wollen von den Pflanzenfressern
leben, letztere verspüren aber wenig Neigung, sich ohne weiteres
verspeisen zu lassen; was tun sie also? -- entweder fliehen sie oder
sie verteidigen sich. Die Pflanzenfresser zerfallen also in wehrhafte
(vgl. mein Buch: »Ist das Tier unvernünftig?« S. 39) wie Nashorn,
Rind, Wildschwein, Elch, Gorilla, Pavian usw. und in fliehende
wie Pferd, die meisten Antilopen, Hirsch, Reh, Schaf usw. Fliehende
habe ich die letztgedachten Pflanzenfresser genannt, weil sie im
allgemeinen fliehen. Das schließt natürlich nicht aus, daß sie nicht
bloß untereinander, sondern auch gegen kleine Feinde kämpfen. So geht
der Hengst mutig auf den einzelnen Wolf los, die Ricke vertrommelt
Reineke mit den Läufen, falls er Appetit auf ihr Kitz bekundet usw.
Auch die Raubtiere zerfallen in zwei Klassen, nämlich Laufraubtiere,
die durch ausdauerndes Laufen ihre Beute einholen, z. B. gewisse
Wolfsarten, wilde Hunde, Hyänenhunde usw., oder Schleichraubtiere,
wohin alle Katzenarten gehören, also Löwe, Tiger, Leopard, Luchs usw.
Da das anhaltende Laufen eine langweilige Sache ist, so ist es auch
einem Laufraubtier, wie z. B. dem Wolf, sehr lieb, wenn er einen
Pflanzenfresser beschleichen kann.

Es liegt nun auf der Hand, daß die Gedanken eines fliehenden und
eines wehrhaften Pflanzenfressers grundverschieden sein müssen. Wird
der erstgenannte von einem Raubtier überfallen, so ist er gewöhnlich
rettungslos verloren, der zweite dagegen nur dann, wenn er seine Waffen
nicht gebrauchen kann. In unzähligen Fällen hat z. B. der riesenstarke
Kafferbüffel einen Löwen, der ihm auf den Rücken gesprungen war, wieder
abgeschüttelt -- möglicherweise ihn sogar totgetrampelt. Der Tiger
muß seinen Angriff auf einen Wildeber oft mit dem Leben bezahlen.
Rind und Schwein wissen sich also zu wehren, und deshalb sind sie
wenig furchtsam, geschweige denn nervös. Dagegen ist das Pferd als
fliehender Pflanzenfresser von Natur furchtsam, aber durchaus nicht
nervös. Ein Spion, z. B. ein Indianer, der sich im feindlichen Lande
befindet und überall Umschau hält, bei jedem Laute zusammenfährt,
ist mit Recht furchtsam, aber doch nicht nervös. Genau ebenso ist
es mit dem Verbrecher. Der nervöse Kulturmensch erschrickt grundlos
bei Geräuschen, kann überhaupt andauernden Lärm nicht vertragen; der
Spion, der Verbrecher, der fliehende Pflanzenfresser erschrecken aus
triftigen Gründen. Wissen sie sich in Sicherheit, so können sie die
ohrenbetäubendste Musik, die einen krankhaft nervösen Menschen rasend
machen würde, mit Wonne anhören. Pferde können sich fortwährend an dem
Rasseln ihrer Ketten erfreuen, Brüllaffen, die ebenfalls fliehende
Pflanzenfresser sind, berauschen sich an einer Musik, die selbst
einen normalen Menschen zur Flucht treibt. Zebra wie Pferd sind
also im medizinischen Sinne absolut nicht nervös, sie sind nur mit
Recht furchtsam, weil sie sich ihr ganzes Leben lang beständig vor
ihren Feinden in acht nehmen müssen. Der Hauptfeind des Zebras ist
der Löwe, der Leopard wagt sich im allgemeinen nur an junge. Beide
Schleichraubtiere sind ständig auf ihren Fersen und erspähen die
Gelegenheit, ein Tigerpferd zu überfallen. In den Tränken lauert das
Krokodil, schließlich muß noch des schlimmsten Feindes, des Menschen,
gedacht werden. ~R. Böhm~ und ~v. Wißmann~ heben besonders
hervor, daß der Löwe beständig die Zebras verfolgt. Letzterer schreibt:
Der grimmigste Feind des Zebras scheint der Löwe zu sein, und dieser
Umstand mag der Grund hierfür sein, daß sie beim Erscheinen des Feindes
so kopflos werden, daß das große Raubtier sich schon auf ein Stück
geworfen hat, bevor sich die Herde zur Flucht entschließt.

Bedenkt man, daß die Voreltern unseres Pferdes stets in dieser
ständigen Angst vor einem Überfall gelebt haben, so ist uns das
Verhalten unseres wertvollsten Haustieres um vieles verständlicher.
Sehr wichtig ist die alte Regel: man soll in keinen dunkeln Stall
treten, ohne das Pferd vorher angesprochen zu haben; es soll wissen,
ihm droht kein Feind, damit es nicht aus Angst losschlägt, denn seine
natürlichen Waffen gegen geringere Raubtiere, d. h. also Hufe und
Gebiß, wird es selbstverständlich zur Anwendung bringen. Unser Pferd
hat im allgemeinen verlernt, sich mit dem Gebiß zu verteidigen. Nur die
Maulkörbe bei einzelnen Pferden zeigen uns, daß hier der Ahnen Waffen
noch in Ehren gehalten werden. Einen interessanten Kampf zwischen einem
Hauspferde und einem Tarpan, d. h. einem wilden oder verwilderten
Pferde schildert ~Gmelin~. Ein Tarpan erblickte einmal einen
zahmen Hengst mit zahmen Stuten. Nur um die letztern war es ihm zu tun;
weil aber der erste nicht damit zufrieden sein wollte, so gerieten
beide in heftigen Streit. Der zahme Hengst wehrte sich mit den Füßen,
der wilde aber biß seinen Feind mit den Zähnen, brachte es auch, aller
Gegenverteidigung ungeachtet, so weit, daß er ihn tot biß und sodann
seine verlangten Stuten mit sich nehmen konnte. -- Daß das Zebra beißt,
ist also etwas ganz Naturgemäßes; es muß ihm das ebenso mit der Zeit
abgewöhnt werden, wie wir es bei unsern Pferden gemacht haben, indem
wir z. B. die bissigsten von der Zucht ausschlossen. Vergegenwärtigt
man sich die fortwährende Angst eines fliehenden Pflanzenfressers
vor einem plötzlichen Überfall, so wird uns folgender Vorfall, der
unlängst in der Deutschen Jägerzeitung veröffentlicht wurde, durchaus
verständlich.

Ein seltsames Vorkommnis. Am Sonntag, den 28. Februar, mittags gegen
12 Uhr, ging ich an meinem Waldrande entlang. Etwa 150 bis 200 Gänge
vor mir stand auf dem Roggenschlage eine Ricke mit zwei Schmalrehen;
die Rehe ließen sich, da hier sehr vertraut, gar nicht durch meine
Anwesenheit stören. Ich blieb stehen, um sie zu beobachten. In diesem
Augenblicke strich vom Walde her eine Krähe über mir fort. Schleunigst
das Gewehr von der Schulter gerissen und Dampf auf die Graue gemacht!
Es war sehr hoch. Entschieden hatte die Krähe aber etwas abbekommen;
sie strich in der Richtung auf die Rehe weiter. Ich beobachtete sie,
gleichzeitig sah ich aber auch, daß die drei Rehe nach mir hinäugten.
Plötzlich verendete die Krähe hoch oben in der Luft und fiel gerade
zwischen die Rehe, und zwar unmittelbar neben dem einen Schmalreh kam
sie zur Erde. Nun geschah etwas ganz Unerwartetes. Das eine Schmalreh
war zur Erde gestürzt und lag regungslos. Die Ricke aber und das andere
Schmalreh machten einen riesigen »Schlußsprung auf der Stelle«, blieben
dann mit vorgestreckten Köpfen stehen und äugten entweder die Krähe
oder das liegende Schmalreh an. Nach etwa einer Minute -- solange
dauerte die Erstarrung, wie ich es nennen möchte, -- kam das Schmalreh
auf die Läufe, und alle drei Rehe nahmen den Waldsaum an, und zwar mit
langen Fluchten. Auf etwa zwei Schritte vor mir wechselten sie in den
Wald. Was mag nun wohl die Ursache gewesen sein, daß das eine Schmalreh
zur Erde stürzte? Was war ferner wohl die Ursache, daß mich die Rehe,
nachdem sie mich doch kurz vorher angeäugt hatten, gewissermaßen
annahmen? Vielleicht hat einer der Weidgenossen schon etwas Ähnliches
erlebt und erzählt es uns.

Nach unsern Ausführungen dürfte die Erklärung nicht schwer sein.
Auch das Reh ist ein fliehender Pflanzenfresser, und seine Vorfahren
sind bei uns jahrtausendelang in steter Angst gewesen, daß sie ein
Luchs oder ein Wolf plötzlich überfällt. Selbst Reineke soll sich an
lagernde Rehe wagen. So begreift man denn, daß jeder ungeahnte Fall
eines Körpers ein Reh aufs äußerste erschrecken kann. Diese große Angst
hat sie auch veranlaßt, auf den Beobachter zuzulaufen. Aus demselben
Grunde sind auch unsere Stubenvögel bei jeder plötzlichen Bewegung der
Hand sehr erschrocken. Auch sie wissen zu gut aus Erfahrung, daß in
der Freiheit die kleinen Schleichraubtiere, wie Katzen, Marder, Iltis,
Wiesel usw., beständig einen Überfall gegen sie planen.

Wie anders benimmt sich ein wehrhafter Pflanzenfresser, z. B. ein
Stier, gegen seine Feinde. ~v. Wißmann~ schildert z. B. folgenden
Vorfall, den er mit seinem Reitstier in Afrika erlebte: Er war ein
mutiges Tier, das die Witterung keines großen Wildes aus der Fassung
brachte. Hatte er sich doch einmal losgerissen und, bei Nacht aus dem
Lager ins Freie stürmend und in einen dicken Busch einbrechend, nach
der Fährte zu rechnen, einen sehr starken Leoparden oder eine Löwin
unter wütendem Gebrüll in die Flucht geschlagen.

Unser Ergebnis ist also folgendes: Keines von unsern Haustieren ist
nervös, soweit es sich nicht um kranke, verzärtelte oder überzüchtete
Exemplare handelt, Rind und Schwein nicht einmal furchtsam. Pferd
und Zebra bekunden jedoch die ihnen durch Jahrtausende eingeprägte,
durchaus berechtigte Furcht vor einem Überfall durch Schleichraubtiere.




                   Gibt es Tiere, die sich spiegeln?


Mancher Leser wird staunen, daß die Frage, ob es Tiere gibt, die sich
spiegeln, überhaupt aufgeworfen werden kann. Er wird darauf hinweisen,
daß z. B. in unzähligen Schaufenstern Bilder zu erblicken sind, auf
denen ein Dachshund sich wohlgefällig in dem Spiegel beschaut, als
wollte er sagen: Bin ich nicht ein schöner Kerl? Wie könnten unsere
Künstler etwas durch Pinsel oder Stift wiedergeben, wenn es nicht in
Wirklichkeit vorkäme? Sind doch gerade Maler als vorzügliche Beobachter
bekannt!

Diese Anschauung, daß Tiere sich spiegeln, wird so allgemein als
Tatsache aufgefaßt, daß man selbst in Fachblättern diesen Vorgang als
etwas Selbstverständliches betrachtet.

Gerade der Umstand, daß kürzlich in einer naturwissenschaftlichen
Zeitschrift ein Bericht über ein Sichspiegeln der Tiere enthalten war,
veranlaßt mich, diesen allgemein verbreiteten Irrtum etwas näher zu
beleuchten.

In der betreffenden Zeitschrift schilderte nämlich eine Tierfreundin
das allerliebste Verhalten der Vögel, namentlich der Meisen, denen sie
Futter streute. Es heißt dort:

»Von der eitlen Kohlmeise.«

»Wenn ich in meinem Schlafzimmer die Balkontür öffne, so dauert
es nicht lange, und auf der Türschwelle erscheint eine prächtig
gezeichnete Kohlmeise. Ich gehe dann in das Nebenzimmer und beobachte
von dort den kleinen Eindringling. Der hüpft von der Schwelle auf
einen Stuhl und von da -- auf den Toilettentisch. ~Vor einen
kleinen Stehspiegel setzt sich die Kohlmeise zuerst und betrachtet
sich darin mit sichtbarem Wohlgefallen.~ Ich kann es ihr auch
gar nicht verdenken; sie kann wohl zufrieden mit dem Bilde sein,
das ihr der Spiegel zeigt. Dunkelbraune Augen, schneeweiße Wangen,
glänzend tiefschwarzes Haar und eine schön schwefelgelbe Brust, darauf
ein breiter schwarzer Streifen -- wer vermag ähnliche Schönheiten
aufzuweisen? -- Hat sie sich in dem kleinen Spiegel sattgesehen, so
fliegt sie auf den größeren, am Toilettentisch angebrachten Spiegel,
turnt auf dem geschnitzten Holzrahmen herum, spiegelt sich, singt,
flattert gegen das Glas und pickt nach ihrem Spiegelbilde. Verspürt
die Meise Appetit, so knabbert sie an den Stearinkerzen herum, die
zu beiden Seiten des Spiegels stehen. Zur Abwechslung werden dann
auch all die kleinen Gegenstände, die auf einem Putztisch ihren Platz
zu haben pflegen, wie: Nadelkissen, Schmuckschale u. a. betrachtet
und untersucht. Darauf spiegelt sie sich wieder und ich -- hab'
dann meistens keine Zeit mehr, länger zuzugucken und verlasse meinen
Lauscherposten.«

»Sehe ich nach einem halben Stündchen wieder nach, was das kleine
gefiederte Äffchen treibt, so sehe ich es immer noch vergnügt vor den
Spiegeln umherhüpfen, bis es durch mein Näherkommen erschreckt zur Türe
hinausfliegt. Lange dauert es aber nicht, so lugt mein Meischen wieder
vorsichtig von draußen herein, und sieht es niemand im Zimmer, so
beginnt das lustige Treiben von neuem.«

Hat die Dame etwa die Unwahrheit berichtet? Keineswegs. Ich glaube
ohne weiteres, daß die Meise -- wie es ja jeder Kanarienvogel tut
-- im Spiegel ihr Bild erblickt hat. ~Nur daß die Vögel sich
gespiegelt d. h. ihr Bild als solches erkannt haben, bestreite ich mit
Entschiedenheit.~

Beruht bei den Vögeln der Irrtum lediglich darin, daß ein wirklicher
Vorgang falsch gedeutet ist, so ist die Spiegelung des Dachshundes
durchaus ein Produkt der Phantasie. Ich möchte den Leser sehen, der
einen sich spiegelnden Dachshund jemals in seinem Leben erblickt hat.
Woher das kommt, habe ich an anderer Stelle ausführlich dargetan. Hier
seien ganz kurz die Gründe angegeben.

Ich setze den Inhalt meines Buches: »Ist das Tier unvernünftig?« als
bekannt voraus, namentlich den Unterschied zwischen Sehgeschöpfen und
Nasentieren. Hier möchte ich folgende allgemeine Bemerkungen über
diesen Punkt machen.

Der Mensch hat seinen Grundsinn in den Augen, er hütet etwas wie einen
Augapfel ist eine durchaus treffende Bezeichnung. Das ist jedoch nicht
bei allen Geschöpfen der Fall. Zahllose Tiere z. B. Hunde, Füchse,
Pferde, Rinder usw. haben ihren Grundsinn in der Nase. Deshalb sind
Pferde und Hunde noch gebrauchsfähig, wenn sie erblindet sind, denn die
Augen spielen bei ihnen nur eine untergeordnete Rolle. Sehgeschöpfe wie
der Mensch sind noch Affen, Vögel, Katzen usw.

Es ist nun ganz einleuchtend, daß der Spiegel nur einem ~Augen~tier
etwas sagen kann. Für ein Tier, das sich nach der Nase richtet, ist
er ein ganz unverständlicher Gegenstand. Gerade bei Hunden kann man
das deutlich betrachten. Eine Dogge wurde kürzlich in einen Salon
geführt, in dem ein großer Spiegel stand. Von fern erblickte sie ihr
Spiegelbild, fletschte die Zähne, sträubte die Haare und ging auf den
Spiegel zu. In der Nähe roch sie, merkte nichts von einem andern Hunde
und kümmerte sich nun nicht weiter um den Spiegel.

Affen dagegen, die sich wie der Mensch nach den Augen richten, sind
rein verliebt in Spiegel. Ich habe manchmal im Zoologischen Garten nur
mit Not und Mühe einen Taschenspiegel von ihnen wiedererhalten können.

Vögel sind auch Sehgeschöpfe, und deshalb ist es ganz naturgemäß, daß
der Spiegel auf sie großen Eindruck macht.

Die Hunde richten sich fast ausnahmslos nach der Nase, namentlich ist
der Dachshund ein ausgezeichnetes Nasentier. Ein sich spiegelnder
Dachshund ist also ein Unding. Die einzigen Hunderassen, die bessere
Augen, dafür auch eine schlechtere Nase besitzen, sind Windhunde und
Schäferhunde. Bei ihnen ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß
sie der Spiegel ebenso interessiert wie Affen und Vögel.

Nur die Tiere, die Sehgeschöpfe sind, können also einem Spiegel in der
Nähe Beachtung schenken. Wenn sie das tun, wie vorhin die Meise, so
schließen wir Kulturmenschen sofort, daß das Tier sich spiegele. Das
Tier sieht im Spiegel ein anderes Geschöpf seiner Art -- woher soll es
nun wissen, daß es selbst so aussieht?

Daß hier ein folgenschwerer Irrtum vorliegt, wenn man ein Sichspiegeln
annimmt, kann in der einfachsten Weise bewiesen werden.

Zunächst berichten unzählige Reisende von wilden Völkern, daß, wenn man
einem Naturmenschen einen Spiegel vorhält, er stets glaubt, die von ihm
geschaute Person sei ein anderer Wilder. Woher soll er auch wissen, daß
er es selbst ist?

Sodann kann man die Wahrheit dieser Berichte in überzeugender Weise
an unsern Kindern erproben. Das zweijährige, sonst recht intelligente
Töchterchen meines Freundes behauptete immer wieder, wenn es in den
Spiegel sah, das wäre seine Freundin Anna, die ihm allerdings recht
ähnlich sah.

Bei den Tieren ist die Annahme, es sei ein ~fremdes~ gleichartiges
Geschöpf, deshalb unverkennbar, weil diejenigen, die ihresgleichen
wütend bekämpfen, genau dieselben Bewegungen machen, als wollten sie
sich auf den Feind stürzen. Doggen kämpfen gern miteinander, und
deshalb fletschte die vorhin erwähnte Dogge ihre Zähne und sträubte ihr
Haar.

Raubvögel bekämpfen Artgenossen wütend, deshalb nehmen sie vor dem
Spiegel eine kampfbereite Stellung ein.

Lerchen sind so eifersüchtig auf ihresgleichen, daß man mit Hilfe von
Lerchenspiegeln unzählige schießt.

Herdentiere wie Affen sehen ihresgleichen sehr gern. Affen haben
gewisse Bewegungen, die eine Begrüßung andeuten. Diese machen sie mit
Vorliebe vor einem Spiegel, woraus man sieht, daß sie einen fremden
Affen vor sich zu haben glauben.

Auch die Meisen leben sehr gern gesellig, und nun verstehen wir,
weshalb die vorhin geschilderte Meise so gern in den Spiegel sah.

Doch ich befürchte, daß der geneigte Leser meinen Darlegungen nicht
völligen Glauben schenken wird. Ich will mich deshalb auf den
ausführlichen Bericht eines Fachmannes berufen. Der Direktor des
zoologischen Gartens zu Frankfurt a. M., +Dr.+ ~Schmidt~,
hat eingehende Beobachtungen mit einem Orang-Utan und einem Spiegel
angestellt, von deren Schilderungen hier einige Stellen folgen mögen.

Um zunächst den Verdacht zu zerstreuen, daß der Affe vielleicht ein
ungewöhnlich stupides Exemplar gewesen sei, mögen hier von seinen
Spielereien folgende erwähnt werden:

»Ein Fangbecher, das bekannte Spielzeug, welchen jemand für den Orang
mitgebracht hatte, wurde unter sorgfältiger Überwachung dem Tiere
überlassen. Vermochte ihn dasselbe auch nicht seiner eigentlichen
Bestimmung gemäß zu verwenden, so bereitete er ihm doch großes
Vergnügen und mannigfaltige Unterhaltung. So war es dem Affen offenbar
sehr merkwürdig, daß der hölzerne Ball so schön in den Becher paßte,
und er legte ihn oftmals hinein, um ihn im nächsten Moment wieder
herauszuwerfen. Die Schnur, welche beide Stücke verband, war als
zu störend bald abgerissen worden, dagegen hatte der Orang die
Wahrnehmung gemacht, daß der Becher, wenn man ihn ans Ohr hält, ein
brausendes Geräusch hören läßt, wie dies bei derartigen hohlen Körpern
stets der Fall ist. Er machte sich seitdem öfter das Vergnügen, dieses
Rauschen zu hören, dem er mit sichtlichem Behagen lauschte. Eines
Tages hatte er aus einem halben Milchbrot die Krumen herausgebohrt und
entdeckte in der ausgehöhlten Kruste offenbar eine gewisse Ähnlichkeit
mit dem Fangbecher, denn er hielt sie plötzlich aufmerksam horchend ans
Ohr. Als der erwartete Ton ausblieb, beeilte er sich, den Brotrest zu
verspeisen.«

»In dem Stiel des Fangbechers, der am Ende etwas zugespitzt ist, damit
die Kugel auf denselben gesteckt werden kann, erkannte unser Tier
alsbald ein sehr brauchbares Werkzeug und war überrascht über die
Wirkung, welche sich mit demselben erzielen ließ, wenn man es als Hebel
benützte. Auf diese Weise wurde alsbald eine kleine Vertiefung in dem
Kalkbewurf des Zimmers in eine recht ansehnliche Grube umgewandelt und
der Stuhlsitz schwer beschädigt, indem der Orang die Spitze des Holzes
in die Öffnungen des Geflechtes schob und dann das entgegengesetzte
Ende niederdrückte, wodurch es ihm gelang, einige Rohrstreifen zu
sprengen. Das gemeinschädliche Werkzeug wurde nun weggenommen, aber der
Stuhl war durch die Beschädigung des Sitzes nur um so interessanter
geworden. Es gelang nämlich, zuweilen einen der Rohrstreifen
herauszulösen, und dann freute sich der Orang über dessen Länge und
dehnte ihn mit über den Kopf emporgehobenen Händen möglichst aus. Auf
diese Weise entstand nach kurzer Zeit ein Loch in dem Geflecht, welches
nun wieder zu manchen Studien Anlaß wurde. Bald wurde ein Arm, bald ein
Bein hindurchgeschoben, bald wurde es als Schießscharte benützt, aus
welcher die Kugeln und anderes Spielzeug herausgeschleudert wurden,
oder es diente als Guckfenster, aus welchem das altkluge Gesicht des
Orang äußerst possierlich hervorlugte.«

Dumm ist der Affe sicherlich nicht, wenn er an einem hohlen Gegenstande
zu horchen versucht, und einen Stiel als Hebel zu benutzen versteht --
im Gegenteil, man muß das für ein Zeichen außerordentlicher Intelligenz
halten. Hören wir nun, wie sich derselbe Orang-Utan einem Spiegel
gegenüber benahm:

»Um zu sehen, was der Orang wohl machen würde, wenn man ihm sein
Bild im Spiegel zeigte, ließ ich einen solchen in das Zimmer bringen
und denselben, nachdem man ihn verdeckt getragen hatte, plötzlich
in einiger Entfernung von dem Käfig aufstellen, so daß ihn das Tier
nicht mit den Händen erreichen konnte. Das Glas war groß genug, um den
Affen in ganzer Figur und außerdem einen Teil der Umgebung zu zeigen.
Er saß auf seinem Baume und blickte ruhig den fremden Gegenstand
an, der nun aufrecht an die Wand gelehnt wurde. Ruhig begann er
herabzusteigen, um sich die Sache näher zu betrachten, und als er nun
den Käfig sich spiegeln sah, ohne noch seine eigene Gestalt bemerken
zu können, hielt er im Klettern inne, als dächte er darüber nach,
wie seine gewohnte Umgebung sich so plötzlich habe verändern können.
Aber die Neugierde überwog und er stieg auf den Boden herab. Ich
fühlte mich fast versucht, anstatt des Ausdrucks ›Neugierde‹ das Wort
›Wißbegierde‹ zu setzen, besonders wenn ich das Benehmen des Orangs
in diesem Falle mit dem anderer Affen unter ähnlichen Verhältnissen
vergleiche. Da fand sich nicht diese Hast und Unruhe, die sich durch
Hin- und Herfahren, durch Töne und Grimassen der verschiedensten Art
bei Pavianen, Meerkatzen usw. auszudrücken pflegt, sondern ruhig und
gemessen, mit ernstem, sinnendem Gesichtsausdrucke, den Spiegel fest im
Auge behaltend, stieg der Orang auf die dem Glase gegenüber befindliche
Stelle seines Käfigs zu.«

»Aber -- welches Entsetzen -- dort blickte ihm ja eine fremde Gestalt
entgegen, die ihm einen sehr unheimlichen Eindruck machen mußte, denn
rasch drehte er um, sträubte das Haar, schob die Unterlippe etwas
vor, wodurch sein Gesicht einen ungemein verdrossenen Ausdruck bekam
und beeilte sich, an das entgegengesetzte Ende seines Behälters zu
gelangen. Es gereichte ihm offenbar zu großer Beruhigung, daß ihm der
vermeintliche Eindringling nicht folgte, und nachdem er überlegend
eine Zeitlang nach dem Spiegel geblickt hatte, faßte er sich ein Herz
und marschierte nochmals dorthin, um sich die Sache näher anzusehen.
Noch einige Male hielt sein Mut nicht stand, und furchtsam trat er den
Rückweg an, bald aber hatte er sich überzeugt, daß eine Gefahr nicht
vorhanden sei, und er setzte sich nun vor den Spiegel hin, um sein
Gegenüber zu betrachten. Daß dieses sich ebenfalls ruhig verhielt,
machte ihn dreist, und bald wagte er, den vermeintlichen Feind, den er
noch vor wenigen Minuten sehr gefürchtet hatte, herauszufordern. Dies
geschah aber keineswegs in der tierischen Weise, wie bei anderen Affen,
welche in diesem Falle rückende Bewegungen machen, schreien u. dgl.,
sondern er bediente sich eines weit menschlicheren Verfahrens, um jenem
seine Nichtachtung auszudrücken, indem er nach ihm spuckte.«

»Natürlich blieben die Geschosse wirkungslos, der andere schritt nicht
zum Angriff, und es mußte ihm mit einem kräftigeren Mittel zu Leibe
gerückt werden. Der harmlose hölzerne Hammer wurde zum Streithammer
und flog alsbald wuchtig nach dem Gegner. Da aber der Orang dieses
Schleudern nicht mit den Armgelenken, sondern mittels einer rotierenden
Bewegung des Handgelenkes ausführte, wahrscheinlich, weil er dabei den
Arm zwischen den Gitterstäben herausstrecken mußte, so verfehlte das
Werkzeug jedesmal sein Ziel und fiel seitlich nieder. Einigemale gelang
es dem Tiere, den Hammer senkrecht emporzuwerfen, was ihm offenbar
große Freude machte, die man deutlich aus seinem, trotz der kritischen
Situation, vergnüglich schmunzelnden Gesichtsausdrucke erkannte.
Natürlich hatte er alsbald die Unzweckmäßigkeit seines Verfahrens
begriffen und fand nun in einigen Brotresten, die von seinem, durch
Aufstellen des Spiegels unterbrochenen Frühmahle noch übrig waren, ein
leichter zu handhabendes Wurfgeschoß, welches dann auch sofort dem
Gegenüber an den Kopf flog.«

»Bewegte man während dieser Vorgänge den Spiegel langsam gegen den
Käfig, so daß das Spiegelbild sich zu nähern schien, so verwandelte
sich die Stimmung unseres Tieres sofort, und mit dem Ausdruck größter
Besorgnis begab er sich schleunigst auf die Flucht, sowie aber der
Spiegel wieder zur Ruhe gekommen war, beeilte sich der Affe, mit seinem
Gegenüber aufs neue anzubinden. In dem Maße, als er sich überzeugte,
daß ihm von jenem keine Gefahr drohe, trat seine Gutmütigkeit mehr und
mehr hervor, und er versuchte nun, ihn zum Spielen zu veranlassen. Zu
diesem Zwecke brachte er seine Kugel herbei, hob sie hoch empor, wie
um sie zu zeigen, rollte sie dann umher und blickte immer dazwischen
triumphierend nach dem Spiegel. Dann holte er ein Blatt Papier,
streckte es, soweit er konnte, jenem entgegen und bewegte es hin und
her, wie wir zu tun pflegen, um in ähnlichen Fällen die Aufmerksamkeit
eines Kindes zu erregen. ~Daß er in dem Spiegelbilde sich selbst
erkannt habe, war nicht nachweisbar, denn er machte keinerlei
Bewegungen und Grimassen, die doch wohl nicht ausgeblieben sein würden,
wenn ihm die Bedeutung jener Erscheinung klar geworden wäre. Es ist
dies um so erstaunlicher, als er die anwesenden Personen im Spiegel
sah und erkannte, denn er fixierte sie zeitweise im Bilde und blickte
sich dann nach ihnen um, als wolle er sich versichern, daß sie auch in
Wirklichkeit da seien.~«

»Da ich fürchtete, daß er sich zu sehr in das Spiel mit dem
vermeintlichen Kameraden vertiefen und diesen später schmerzlich
vermissen würde, ließ ich den Spiegel wegnehmen. Hatte ihm dessen
plötzliches Erscheinen zu denken gegeben, so war dies mit dem
Verschwinden des Glases nicht minder der Fall. Überrascht betrachtete
er die Stelle der Wand, an welcher ihm soeben eine neue Welt erschienen
war, und näherte sich derselben so weit als tunlich, als wolle er
sich ganz genau überzeugen, ob denn wirklich nichts mehr von alledem
vorhanden sei. Er stieg auf den Baum, kletterte an den Wänden des
Käfigs empor und suchte so von den verschiedensten Standpunkten
die merkwürdige Stelle zu prüfen. Noch eine Zeitlang hielt er sich
schwebend zwischen Sprungseil und Strickleiter, stets die Wand
betrachtend, als ob er immer noch über die gemachte Wahrnehmung
grübelte, bis er endlich sich in der Gegenwart wieder zurechtfand und
sein gewöhnliches Treiben begann.« --

Diesen durchaus sachlichen Berichten eines Fachmanns wird der geneigte
Leser doch unbedingt Glauben schenken.

Auch ~Garner~, der Verfasser des bekannten Buches: »Die Sprache
der Affen« kommt zu demselben Ergebnis. Er berichtet nämlich über
seine Beobachtungen auf diesem Gebiete folgendes (in der deutschen
Übersetzung von Professor ~Marshall~): »Ich habe schon verschiedentlich
des Gebrauches, den ich bei meinen Experimenten von dem Spiegel zu
machen pflegte, gedacht, aber ich habe noch nicht beschrieben,
welchen Einfluß er auf verschiedene Affen ausübt. Zunächst ist dieser
Einfluß auf ein und dasselbe Affenindividuum nicht zu jeder Zeit der
gleiche, noch wirkt er auf alle Affenindividuen derselben Art genau
auf die nämliche Weise, und daher ist es mir nicht möglich, aus meinen
Versuchen ein Bild davon zu entwerfen, wie jede Spezies sich im
allgemeinen vor dem Spiegel benimmt.«

»Als Puck -- ein Kapuzineraffe, wie die meisten andern Affen,
die Garner anführt -- sich im Spiegel erblickte, hielt er sein
Bild unzweifelhaft für einen anderen Affen, mit dem er sich
viel ungezwungener unterhielt als mit den aus dem Phonographen
herausschallenden Tönen. Oft fing er an, das Bild zu hätscheln und
ihm Beweise von Freundschaft zu geben, dabei war er aber doch recht
schüchtern und zurückhaltend.«

»Nellie schnatterte gegen ihr Konterfei im Spiegel und konnte es
offenbar gar nicht satt bekommen, das schöne Äffchen, das sie da sah,
zu betrachten, und ich glaube nicht, daß ihre Zuneigung in diesem
Falle auf weibliche Eitelkeit zurückgeführt werden kann. Ich glaube
auch nicht, daß sie jemals dahinter kam, wo dieser Affe eigentlich zu
suchen sei, sie drehte aber den Spiegel den Tag über so oft um, daß man
deutlich sah, sie gäbe die Hoffnung nicht auf, ihn endlich doch noch zu
finden.«

»Ich zerbrach einmal zufällig einen kleinen Spiegel neben dem Käfige
eines Grünaffen. Das Glas war in viele kleine Stückchen zerschmettert.
Im Nu hatte der Affe einen Arm durch das Gitter hindurchgezwängt, das
größte Stück ergriffen und es sich angeeignet, bevor ich nur seine
Absicht noch recht bemerkt hatte. Das Stück war etwa 2,5 +cm+
breit und 4 +cm+ lang. Er warf einen Blick auf sein Abbild in
demselben, und sein Benehmen war dabei toller, als ich es bei irgend
einer Gelegenheit von irgend einem Affen sonst gesehen habe. Er
guckte in das Stückchen Spiegelglas, das er für ein Loch in einer
Art Scheidewand zu halten schien, die ihn von einem anderen Affen
trennte. Dann hielt er es in Armslänge von sich, legte es auf den
Boden, drückte es an die Wand und drehte und wendete sich in alle
möglichen Lagen und Richtungen, um den geheimnisvollen Affen an der
andern Seite von einer ihm unbegreiflichen Sache betrachten zu können.
Wenn er das Glasstückchen umdrehte, schien er noch verblüffter zu
sein und sprang manchmal hoch in die Höhe und drehte sich um und um,
als ob er dadurch des Rätsels Lösung zu finden hoffte. Dann wendete er
sich die spiegelnde Seite wieder zu und schnitt wieder seine Gesichter
wie vorher. Manchmal, wenn er das Glas an die Wand drückte, brachte
er sein Auge so nahe daran, als ob er durch ein Loch in der Mauer
gucken wollte. Ich gab mir eine Zeitlang vergebliche Mühe, ihm das
Spiegelstückchen wieder abzunehmen, weil ich fürchtete, er könne sich
daran verletzen, bis es mir endlich nach vielen Mühen und nicht ohne
Hilfe des Wärters gelang.«

»Mc Ginty versuchte stets das Original des Bildes hinter dem Spiegel zu
finden. Er streckte seine kleine schwarze Hand so weit dahinter, wie
er nur konnte, guckte über und unter dasselbe, klopfte an das Glas mit
dem Finger, küßte und streichelte es und grinste hinein mit unendlichem
Vergnügen. Oft drehte er es um, um die Rückseite zu betrachten, und
wenn er da immer noch keinen Affen fand, riß er die Augen mit dem
größten Erstaunen weit auf und stieß einen Ton aus, der mich stets an
den eines kleineren Kindes erinnerte, das unter ähnlichen Umständen,
z. B. wenn man vielleicht etwas im Scherz vor ihm versteckt hat, und
es glaubt, es sei verloren gegangen, ausruft: ›fott, is fott!‹ Dann
kehrte er den Spiegel wieder rasch um, als ob ihm auf einmal ein
Gedanke gekommen sei, und wenn er nun das Bild wieder fand, lachte und
schnatterte er, guckte und klopfte an das Glas, als ob er sagen wollte:
›Hei, da ist es, da ist es.‹ Aber niemals lernte er es, so wenig wie
irgend ein anderer seiner Sippe, begreifen, wo nun eigentlich der Affe
stecke, nach dem er hinter dem Spiegel vergeblich Ausschau hielt.«

»Mickie schien über sein Spiegelbild nicht sonderlich erbaut zu sein.
Er betrachtete es immer aufmerksam, aber zweifelnd, und äußerte dabei
ein gedämpftes Knurren, runzelte die Stirn und machte ein saures
Gesicht, als ob er den neuen Affen für einen Eindringling halte. Selten
redete er das Bild mit leisen, murmelnden Tönen an, machte niemals
den Versuch, es hinter dem Spiegel mit seiner Hand zu ergreifen und
ließ sich überhaupt auf keine weiteren Untersuchungen ein. Mickie war
freilich sehr verzogen und daher sehr selbstsüchtig, wie Kinder unter
solchen Umständen auch zu werden pflegen.«

»Der kleine Nemo betrachtete sein Ebenbild im Spiegel stets mit sehr
forschender Miene und mit einem gewissen achtungsvollen Ausdruck, ohne
auch nur mit einer Wimper zu zucken und ohne das geringste Zeichen
von Aufregung, nur streichelte er das Bild im Glase und preßte im
tiefsten Stillschweigen seine Lippen daran. Man hätte wirklich vermuten
können, daß er das Bild für das eines teueren Entschlafenen hielt, das
zärtliche Erinnerungen an vergangene Tage in ihm erweckte und sein Herz
zu sehr erfüllte, als daß er Worte hätte finden können. Sein gesetztes
Benehmen bei dieser Gelegenheit war wirklich sehr anständig.«

»Dodo schien sich immer vor dem Bilde zu fürchten, sie warf kaum einen
Blick darauf und zog sich dann zurück. Manchmal gab sie einen Laut
von sich, preßte selten ihre Lippen an das Glas und suchte nie nach
dem Affen dahinter. Das kam vielleicht daher, daß sie vor einigen
ihrer Mitgefangenen Angst hatte und eine Zunahme der Gesellschaft ihr
vielleicht nicht gerade wünschenswert zu sein schien.«

»Nigger verriet großes Interesse für den Spiegel, wenn er mit ihm
allein war; wenn aber die anderen Affen sich um ihn herumdrängten, um
auch in das Glas zu sehen, zog er sich zurück, um möglichen Händeln aus
dem Wege zu gehen.«

»Onkel Remus, der weißwangige Kapuziner, schnitt immer eine Reihe
von Gesichtern mit der Feierlichkeit eines wenig beschäftigten
Friedensrichters, der um so mehr von seiner Würde und Bedeutung
durchdrungen ist, weil er nichts zu tun hat. Er sah erst in den Spiegel
und dann auf mich, als ob er fragen wollte: ›Wo, zum Teufel, haben Sie
denn diesen Affen aufgetrieben?‹«

»Das kleine im Zentralpark geborene Makakenkindchen versuchte das
Spiegelbild in ein kleines Spielchen zu verflechten, beguckte es sich,
gluckste, sprang lustig auf seine Stange und sah sich danach um, ob
ihm sein Ebenbild dann nicht folge, kehrte darauf zum Glase zurück und
versuchte das kleine Phantom wieder zu veranlassen, sich an seinen
Spielen zu beteiligen. Dann sprang es auf seine Stange zurück, sah sich
wieder um und konnte in aller Welt nicht begreifen, warum das kleine
neue Äffchen nicht mitmache. Währenddem sah Papa Makak, ein alter
gesetzter Herr, mißtrauisch und griesgrämig zu, zog auch einmal sein
Kind vom Spiegel weg, als ob er wüßte, daß da irgend etwas Schlimmes
dahinter stecke, und drückte seine Ansicht durch ein leises, ominöses
Knurren aus. Er erinnerte mich dabei an manche Leute, wie ich sie wohl
angetroffen habe, die ein sehr weises Gesicht machen und durch ihr
Benehmen zu verraten suchen, daß sie allerlei wüßten und wohl vieles
sagen könnten, wenn sie nur wollten.«

»Ein anderer kleiner Makak schnitt die unglaublichsten Gesichter und
verzog seine Lippen in der sonderbaren, früher schon beschriebenen Art,
gab aber keinen Ton von sich. Er betrachtete sich die Sache schweigend
und fahndete nie auf einen etwa hinter dem Glase versteckten Affen.«

»Der Spinnenaffe war aber wirklich des Studiums großer Geister wert.
Als er sein Spiegelbild erblickte, setzte er sich platt auf den Boden,
kreuzte seine langen dürren Beine und nahm eine Stellung an, als
gedenke er da mindestens 24 geschlagene Stunden sitzen zu bleiben. Er
guckte in das Glas, ließ einen leisen Ton hören und streckte seinen
langen Arm aus, ~um nach dem anderen Affen hinter dem Spiegel zu
suchen~. Es war interessant zu beobachten, wie er seinen Arm mehr
oder weniger ausstreckte in dem Maße, wie man den Spiegel weiter von
ihm entfernte oder ihm mehr näherte. Für ihn ist das Bild ohne Zweifel
ein wirkliches, greifbares Ding. Mehr als alle anderen Affen scheint
sich der Spinnenaffe im Spiegel zu bewundern, und obwohl er der
häßlichste aller Affen ist, kann er ton- und regungslos dasitzen und
sein Bild anstarren.«

Hieraus geht also unzweifelhaft folgendes hervor:

Weder Affen wie Kinder und Wilde erkennen sich im Spiegel wieder,
sondern halten die Erscheinung für einen Artgenossen -- spiegeln sich
also nicht. Deshalb hat sich auch die Meise nicht gespiegelt.

Nasengeschöpfe wie Dachshunde beachten einen Spiegel nur von weitem; in
der Nähe wenden sie sich von ihm ab, weil er ihrer Nase nichts sagt.
Der Künstler, der also einen sich spiegelnden Dachshund darstellt,
begeht zwei Fehler. Einmal spiegelt sich kein Tier, sodann aber ganz
besonders kein Nasentier.

Aus demselben Grunde erklärt es sich auch, weshalb nur Sehgeschöpfe,
aber kein Hund oder Pferd sich um Bilder kümmern.

Nachtrag.

Mit diesen übereinstimmenden Beobachtungen von Fachleuten steht
allerdings die Ansicht des bekannten Zoologen Professor ~Marshall~
in Widerspruch. Er schreibt nämlich im Anhange zu dem Garnerschen
Buche, das er übersetzt hat:

»Affen mit dem Spiegel habe ich vor Jahren im zoologischen Garten
hier in Leipzig beobachtet. Als ich einen jener kleinen, runden,
billigen Taschenspiegel einer gemischten Affengesellschaft in den
Käfig reichte, hat sich bald ein gewöhnlicher Makak in dessen Besitz
gesetzt und machte nun mit ihm allerhand Experimente, allerdings dabei
fortwährend von seinen Mitgefangenen gestört. Er legte ihn auf den
Boden, stemmte seine beiden Arme daneben, sah von oben hinein und
schlug mit den Beinen vor lauter Vergnügen hinten aus. Dann versuchte
er ihn, natürlich vergeblich, immer wieder an die Wand zu befestigen.
Am Unterlid des rechten Auges hatte er ein kleines Geschwür, eine Art
Gerstenkorn, das er sich im Spiegel genau besah. Er hielt ihn dabei in
beiden Händen und stierte hinein, hob ihn langsam höher und höher und
bog in gleichem Maße seinen Kopf immer weiter rückwärts, bis er beinahe
hinten überschlug. Dann nahm er ihn in die eine Hand und untersuchte,
fortwährend in ihn hineinblickend, mit den Fingern der andern sein
Gerstenkorn, stülpte das Lid um, schnitt Gesichter, es fehlte nur noch,
daß er mit dem Kopfe geschüttelt hätte. Dieser Makak machte mir den
Eindruck, als ob er ganz genau wisse, wie die Sache mit dem Spiegel
zusammenhinge, und als ob er keinen Augenblick im Zweifel sei, in dem
Bild im Glase sein Bild zu sehen. Der große Orang-Utan Anton, der im
hiesigen zoologischen Garten war, nahm, als wir ihm einen ziemlich
ansehnlichen Spiegel vorhielten, gar keine Notiz davon, wahrscheinlich
war ihm das Ding schon bekannt geworden während seiner Seereise, denn
es liegt ja für uns Menschen nahe, Affen in einen Spiegel blicken zu
lassen, um zu sehen, wie sie sich dabei benehmen.«

Hierzu möchte ich folgendes bemerken:

Die Möglichkeit kann man nicht bestreiten, daß ein Tier ~mit
der Zeit~ infolge besonderer Umstände, wie hier durch das
Gerstenkorn, merkt, das Bild im Spiegel sei sein Ebenbild. Die auch von
~Marshall~ erwähnte Gleichgültigkeit eines Affen gegen den Spiegel
trifft man bei vielen Artgenossen im Zoologischen Garten an, weil sie
~allmählich~ gemerkt haben, daß es sich um einen Trug handelt.

Jedenfalls ist der von +Dr.+ Schmidt geschilderte Orang-Utan,
trotzdem ebenfalls besondere Umstände vorlagen, die ihm den Gedanken
nahe legten, er sähe sein Ebenbild, hierauf nicht verfallen. Zu dem
gleichen Ergebnisse bin ich bisher gelangt, wenn ich ähnliche Versuche
mit Affen angestellt habe. Der von ~Marshall~ beobachtete Makak
muß also entweder ein ungewöhnlich kluges Tier gewesen sein, oder
es ist nur ein Zufall gewesen, daß er das -- vielleicht juckende --
Geschwür betastet hat. Er hätte sich dann gewundert, daß er einen
Artgenossen mit krankem Auge erblickte, wäre jedoch weit entfernt davon
gewesen, in dem Spiegelbild sein Ebenbild zu erkennen.




                          Tiere als Heuchler.


Dichter und Gelehrte haben vielfach die Behauptung aufgestellt, daß
das Tier sich dadurch vorteilhaft vom Menschen unterscheide, daß es
der Verstellung unfähig sei. Selbst bei Tierpsychologen trifft man
die Meinung an, der Tierarzt habe eine leichtere Aufgabe als der
Menschenarzt, ~denn die Tiere verstellten sich nicht~. Diese
Ansicht ist jedoch irrig, wie sich aus nachstehendem ergeben wird.

Im Altertum huldigte man der entgegengesetzten Meinung und zwar
vielfach mit Recht. So schildert uns schon ~Xenophon~ die
Verstellungskünste der Wölfe, die sie anwenden, um trotz der Hirten und
Hunde Beute zu machen, genau so wie der alte ~Geßner~.

Was die Alten ferner von den Verstellungsmitteln Reinekes erzählen, ist
gewiß stark übertrieben, aber ein gewisser Kern von Wahrheit steckt
darin. So schreibt z. B. ~Oppian~: Fühlt der schlaue Fuchs ein
Gelüste nach Vogelfleisch, so weiß er sich recht artig zu helfen:
Er legt sich auf den Rücken, streckt alle Viere von sich, schließt
Augen und Maul und stellt sich tot. Nun kommen die Vögel in Menge und
beginnen an dem vermeintlichen Aase zu rupfen und zu zupfen. Kommt ihm
aber ein Vogel ans Maul, schnapp, da hat ihn der Schalk zwischen den
Zähnen, und läßt ihn sich ganz herrlich schmecken.

Der Bericht ist deshalb nicht ganz unglaubwürdig, weil der bekannte
Naturforscher ~v. Homeyer~ etwas Ähnliches erzählt. Er schreibt:
»Daß unser Raubritter alte Vögel greift, ist unzweifelhaft; es
erscheint mir jedoch auch wahrscheinlich, daß die alten Schilderungen
der Art und Weise, wie er es anstellt, solche zu überlisten, teilweise
richtig sind. Wenn der Fuchs, um sich zu sonnen, auf einer Waldblöße
liegt, versammeln sich Krähen in immer wachsender Anzahl unter stetem
Lärm und rücken dem Fuchse, welcher regungslos daliegt, allmählich
näher, bis ein sicherer Sprung des Totgeglaubten einen der Schreier
zum Opfer fordert. Mein Vater hörte einmal im Mai, ehe es noch junge
Krähen gab, von fern anhaltendes Schreien der Krähen eines Waldes,
und vermutete, daß dasselbe einem Raubvogel gelte. Schon in die Nähe
gekommen, vernahm er einen furchtbaren Lärm, welcher sich auf ihn zu
bewegte, und bald sprang ein Fuchs mit einer Krähe im Maule vorüber,
gefolgt von einem ganzen Schwarm schreiender Genossen des Opfers. Es
ist daher sehr wahrscheinlich, daß das plötzliche Aufschreien aller
Krähen den Augenblick bezeichnete, an welchem der Fuchs eine derselben
ergriff.«

Daß übrigens Raubtiere sich verstellen, um ihre Opfer anzulocken, ist
etwas ganz Bekanntes. Beispielsweise schreibt ~Scammon~ von einer
so plumpen Robbe, wie dem Seelöwen, daß sie folgende List gebraucht, um
sich eines Seevogels zu bemächtigen. Nach seinen Beobachtungen tauchen
sie angesichts einer Möve tief in das Wasser, schwimmen auf ein gut
Stück unter den Wellen fort, erscheinen vorsichtig an einer anderen
Stelle wieder an der Oberfläche, strecken jedoch nur die Nasenspitze
aus dem Wasser heraus und bringen nun, wahrscheinlich mit Hilfe ihrer
Schnurrhaare, das Wasser hier in eine drehende Bewegung, in der
Absicht, die Aufmerksamkeit der fliegenden Möve auf sich zu lenken.
Diese glaubt, irgend ein Wassertier zu sehen, stürzt sich herunter, um
dasselbe zu fangen, und ist einen Augenblick später von dem Seelöwen
gepackt und unter das Wasser gezogen, bald darauf auch zerrissen und
verschlungen.

Ja selbst unser als biederer und gerader Charakter bekannter Bär soll
nach ~Krementz~ den Brunftschrei des Elches nachahmen, um diesen
zu berücken. Aber wie soll man sich darüber wundern, wenn selbst ein so
anscheinend stumpfsinniger Fisch wie der Wels seine Bartfäden benutzt,
um Fische heranzulocken.

Jeder Hundebesitzer wird übrigens ohne weiteres bestätigen, daß Tiere
sich vortrefflich verstellen können. Mit derartigen Geschichten von
schauspielernden Hunden ließen sich ganze Bände füllen. (vgl. S.
12). Jeder Hundekenner weiß, daß Hunde, die Appetit auf Braten und
dergleichen haben, jedoch nur trockenes Brot erhalten, es anscheinend
gierig erfassen, aber in der Stille nach einem entlegenen Orte
verschleppen. Eine andere Art der Schauspielerei habe ich unzähligemal
gesehen. In einer befreundeten Familie, die einen sehr lebhaften Hund
besaß, war der Hausherr ein überaus gutmütiger Herr, ein sogenannter
Gemütsathlet, wie man zu sagen pflegt. Die natürliche Folge war
die, daß die Herrin um so energischer auftreten mußte, damit seine
Gutmütigkeit nicht allzusehr ausgenutzt wurde. Auch dem Hund gegenüber
vertrat sie mit Recht den Standpunkt, daß er als wohlerzogenes Tier
bis nach Schluß des Essens auf sein Deputat warten sollte. Ich bin nun
sehr häufig am Sonntag Mittagsgast dort gewesen und habe regelmäßig
folgendes erlebt: So lange die Herrin des Hauses anwesend war, lag mein
Köter mäuschenstill an dem ihm bestimmten Orte und wagte nicht, sich
bemerkbar zu machen. Mußte jedoch die Hausfrau aus irgend einem Grunde
das Zimmer verlassen, beispielsweise um nach der Küche zu gehen und
nachzusehen, ob alles ihren Anordnungen entsprechend geschah, flugs
war mein Hund am Tische und bettelte in der unverschämtesten Weise bei
seinem Herrn und zwar gewöhnlich mit Erfolg. Kaum hörte er jedoch die
nahenden Schritte der zurückkehrenden Herrin, so legte er sich flink
auf die alte Stelle hin und tat heuchlerisch so, als wenn gar nichts
vorgefallen wäre.

Ähnliches berichtet Rektor ~Gräßner~ von seiner deutschen Dogge
Tom: »Am ergötzlichsten war sein Benehmen, wenn sich ihm Gelegenheit
darbot, meinen Töchtern einen Gegenstand, mit welchem sie sich gerade
beschäftigten, etwa ein Paar zusammengefaltete Strümpfe, einen großen
Wollenknäuel usw. heimlich, wie er sich einbildete, wegzustibitzen
und in seinen großen Rachen verschwinden zu lassen. Suchten dieselben
dann den geraubten Gegenstand absichtlich mit auffallender Emsigkeit,
so hatte er seinen Zweck erreicht, er nahm unter besonders gemessener
Haltung eine möglichst einfältige Miene an, um zu zeigen, daß er keine
Ahnung von dem Grunde der stattfindenden Aufregung habe, und gab das
Vermißte unter schlauem Blinzeln nicht früher heraus, als bis man
sich direkt an ihn mit der Frage gewandt hatte: ›Tom, weißt du denn
nicht, wo .... hingekommen ist?‹ War ich zufällig bei diesem Spiele
zugegen, so kam er, ehe jene Frage an ihn gestellt und er sich mit
einem Blicke auf die Mädchen überzeugt, daß er nicht beobachtet wurde,
unaufgefordert zu mir, sperrte sein Maul so weit auf, daß ich den
gesuchten Gegenstand erblicken mußte, warf mir einen verständnisinnigen
schelmischen Seitenblick zu, um dann im Umdrehen das vorher gezeigte
dumme Gesicht wieder anzunehmen und auf seinen Platz zurückzukehren.«

Aber nicht nur Raubtiere besitzen die Kunst des Verstellens. So
erzählt ~J. Franklin~ von einem Schweine folgendes: Auf einem
Schiff lebten ein Hund und ein Schwein in guter Freundschaft, gingen
und sonnten sich miteinander, fraßen aus einer Schüssel, nur um das
Hundehaus stritten sie, welches manchmal das Schwein zum Verdruß des
Hundes in Beschlag nahm. An einem stürmischen Abend wollte es dieses
wieder tun, aber der Hund lag schon darin. Da nahm das Schwein eine
Zinnschüssel in das Maul und tat in einiger Entfernung, als ob es
daraus fräße, worauf der Hund herbeilief, das Schwein aber eiligst in
dessen Stall.

Auch die fliehenden Pflanzenfresser retten sich nicht nur durch die
Schnelligkeit ihrer Füße, sondern wenden mancherlei Listen an. Schon
~Älian~ schreibt: Der Hase begibt sich nie in sein Lager, ohne
vorher seine Spur zu verwirren, und dadurch den nachfolgenden Jäger zu
täuschen. So betrügt das listige Tier die Klugheit des Menschen. Die
Bemerkung ist durchaus zutreffend. Der Hase geht, wenn er ins Lager
will, erst über dessen Stelle hinaus, dann eine Strecke seiner eigenen
Spur zurück, macht mehrere Kreuz- und Quersprünge, wovon ihn der letzte
zum Lager bringt.

Übrigens macht Freund Lampe solche Wiederläufe nicht nur, wenn er
sich nach seinem Lager begibt, sondern auch, wenn er sich auf der
Flucht befindet. Hunde, die seiner Spur folgen, haben natürlich die
allergrößte Mühe, aus diesem Wirrsal sich zurechtzufinden.

Ähnliche Heuchelei können wir bei gezähmten Affen und anderen
intelligenten Geschöpfen wahrnehmen. So schmeicheln Papageien und Affen
oft denen, die sie beißen wollen. ~Rengger~ berichtet von seinem
Kapuzineraffen, daß er, wenn er von jemand beleidigt war, sich ganz
freundlich gegen ihn stellte. Er wollte ihn dadurch sicher machen,
nahm aber, sobald sein Zweck erreicht war, furchtbar Rache. Ähnliches,
was ~Homeyer~ vom Fuchse erzählt, wird vom Affen berichtet. Ein
zahmer Affe in Indien, dessen Futter die Krähen oft plünderten, stellte
sich einst tot, fing aber die erste Krähe, die er erwischen konnte,
rupfte sie und warf sie dann in die Luft, wo sie von ihren Genossen
totgehackt wurde, die dann des Affen Futter weiter nicht mehr angingen.
Im ~Brökmannschen~ Affentheater, wo ich dem Ankleiden der Affen
zusah, war es spaßhaft zu sehen, wenn einer der vierhändigen Künstler
den ihm vorgehaltenen Ärmel anscheinend nicht sah, sondern mit der
ernstesten Miene von der Welt mit dem ausgestreckten Arme daneben
fuhr. Er »markierte den Dusseligen«, wie der Berliner sagen würde. Das
gleiche wird vom Elefanten berichtet.

Eine bekannte Heuchelei bei Tieren ist das Sichtotstellen, um das
gefährdete Leben zu retten. Nicht nur Insekten machen hiervon
Gebrauch, sondern auch Raubtiere wie das Opossum und unser Wiesel. Von
dem letztgenannten berichtet Freiherr ~v. Droste-Hülshoff~ im
»Zoologischen Garten« folgenden Fall:

»Auf einem Spaziergange Ende Mai 1872 wurde meine Aufmerksamkeit durch
auffallende, augenscheinlich von einem Tiere herrührende Töne in meiner
Nähe erregt. Ich begab mich an die Stelle, wo ich die Töne vernommen
hatte, und bemerkte ein altes und zwei junge Wiesel, welche letztere
bereits mindestens die Größe eines alten erreicht hatten. Bei meinem
Erscheinen entfernte sich das alte Wiesel schleunigst, die beiden
jungen drückten sich an den Boden und machten es mir dadurch möglich,
das eine derselben durch einen raschen Griff im Genick zu erfassen;
das andere entfloh darauf eiligst. Auf das klägliche Zetergeschrei des
von mir in der Hand gehaltenen erschien nun augenblicklich das alte
und rannte unausgesetzt und mit unglaublicher Schnelligkeit in einer
Entfernung von 1 bis 2 Fuß um mich herum; den wiederholten Streichen
meines mit der linken Hand geführten Regenschirmes wich das Wiesel
geschickt aus und erreichte ich damit nur, daß ich meinen Regenschirm
zerschlug. Nachdem dieses nun etwa 5 Minuten gedauert hatte, setzte ich
meinen Weg fort unter Begleitung des alten Wiesels, welches mich aber,
nachdem ich 30-40 Schritte zurückgelegt hatte, verließ. Sofort änderte
das junge seine Taktik. Nachdem es nämlich unter fortwährendem Geschrei
versucht hatte, sich zu befreien, hörte dieses nunmehr gänzlich auf; es
hing ganz schlaff in meiner Hand, schloß die Augen, sperrte schließlich
auch noch das Maul ganz weit auf und war augenscheinlich tot. Da ich
das Wiesel lebend behalten wollte, so war mir diese Entdeckung nicht
angenehm und um so auffallender, als ich dasselbe, um es nicht zu
ersticken, nur mit zwei Fingern an den starken Halswirbeln gefaßt
hatte. Es war und blieb aber tot und alle Bemühungen, ein Lebenszeichen
von demselben zu erhalten, blieben fruchtlos. Ich trug es daher noch
eine Strecke und warf es dann mitten in einen kleinen Teich, an dem
mein Weg vorüberführte. Kaum hatte es die Wasserfläche berührt, als es
auch schon zu meiner nicht geringen Überraschung zu schwimmen begann
und ganz munter an das Ufer schwamm, um im Grase und Gestrüpp zu
verschwinden.«

»Das Wiesel hatte mich augenscheinlich absichtlich getäuscht und
lieferte dadurch wieder einen Beweis für die Behauptung, daß die Tiere
doch mitunter eine bedeutende Überlegung an den Tag legen, die mir
übrigens mit dem Begriff von Instinkt wohl vereinbar zu sein scheint.«

Auch der frei lebende Affe liebt die Verstellung. Von den Pavianen
z. B. wird berichtet, daß, wenn sie von Hunden verfolgt werden, die
starken Männchen absichtlich bei der Flucht zurückbleiben. Stürzt sich
nun ein einzelner Hund auf einen solchen Recken, so ist er verloren,
denn der Pavian packt und zerfleischt ihn. Erfahrene Hunde bleiben
daher stets zu mehreren, denn dieser Übermacht ist der Affe nicht
gewachsen.

Selbst manche Raubtiere bekunden, um ihre Nachkommenschaft nicht zu
verraten, eine Scheinheiligkeit, die Staunen erwecken muß; sie rauben
in der Nähe ihres Lagers nicht. So heißt es bei ~Brehm~:

»In der Nähe seiner Traden (d. h. dicht mit Holz bestandener Stellen in
Morästen)«, schreibt mir ~Kade~, »raubt der Wolf nie, weshalb Rehe
und junge Wölfe harmlos in einem und demselben Treiben aufwachsen. Bei
den meisten Wolfsjagden habe ich in demselben Treiben junge Wölfe und
junge Rehe erlegt und erlegen sehen. Diesen niedlichen Tieren kann aber
die Nähe der Wölfe unmöglich unbekannt bleiben, da letztere schon Ende
Juli zu heulen beginnen.«

Wer denkt da nicht an den Grundsatz mancher Leute: Das eigene Haus muß
man rein halten! Verbrecher haben gewöhnlich das Prinzip, niemals in
dem Hause, in dem sie wohnen, etwas Ungehöriges zu begehen.

Auch die wilden Gänse stellen sich tot, wenn sie sich in der
Mauser befinden und deshalb schlecht fliegen können, und täuschen
dadurch häufig den Jäger. Überhaupt muß man wohl die Palme unter
den Verstellungskünstlern den Vögeln zuerkennen. Namentlich die
Vögelmütter, die Junge haben, verstehen es ausgezeichnet, etwaige
Feinde abzulenken. Das soll im folgenden Kapitel ausführlich
geschildert werden.

Selbst die so plumpe Eule ist Verstellungen nicht abgeneigt, wie
~Brehm~ betont. Sie blinzelt nur, um den Menschen zu täuschen.
Denn sie möchte ihren Platz aus Furcht vor dem Gezeter kleiner Vögel
nicht gleich aufgeben. Andere gebrauchen die List, daß sie ihre Gestalt
derartig verschieben, daß sie einem alten, mit Moos und Flechten
übersponnenen Astknorren auf das genaueste gleichen.

Zum Schlusse sei noch der allerliebsten Verstellungsgeschichte einer
Krähe gedacht, die ein Herr ~Keil~ kürzlich beobachtete. Er
erzählt den Vorgang folgendermaßen:

»Da hatte ich einmal einige vertrocknete Semmelecken, die sich als
liegengelassenes Frühstück im Schreibtisch vorfanden, in den Garten
geworfen. Es mochten vielleicht fünf Stücke sein, die verstreut
im letzteren auf dem Schnee umherlagen. Sehr bald kam eine Krähe
vorbeigestrichen, sah die Semmeln liegen und machte sich darüber her.
Sie hackte energisch auf das harte Zeug ein, wobei ich aber beobachten
konnte, daß sie nicht einen Augenblick ihre Umgebung außer acht ließ.
Sobald sich nun in der Ferne eine andere Krähe zeigte, unterbrach die
erste sofort ihr Frühstück, lief ein Stück weg auf den Mauerrand und
äugte stillvergnügt in die Welt hinein, als ob überhaupt nicht los sei.
Ich wäre beinahe geneigt zu behaupten, daß sie dazu eine möglichst
harmlose Grimasse geschnitten habe. Sobald dann die andere Krähe
vorbeigestrichen war, kehrte die erste sofort wieder zu ihrer Mahlzeit
zurück. Dieses Spiel wiederholte sich noch öfter, bis von den Semmeln
nichts mehr da war. Ich kann sagen, ich habe über den drolligen Vorgang
herzlich gelacht.«




                  Verstellungskünste bei Vogeleltern.


Uralter, in der Natur der Dinge liegender Erfahrungssatz ist es, daß
gerade die Frauen die krummen Wege lieben. Eine Penelope ist nicht nur
wegen ihrer rührenden Gatten- und Mutterliebe das Ideal einer Frau,
sondern sie zeigt sich auch als echtes Weib darin, daß sie die bösen
Freier viele Jahre hindurch an der Nase herumführt.

Auch bei den Tieren verstehen viele Weibchen, insbesondere die
Vögelmütter, das Verstellen vortrefflich.

Schon den alten Römern sind diese Verstellungskünste aufgefallen. So
schreibt z. B. ~Plinius~ vom Rebhuhn folgendes:

»Nähert sich jemand dem Neste des Rebhuhnes, so läuft ihm das
Weibchen vor die Füße, stellt sich krank und lahm, läuft oder fliegt
etwas weiter, fällt nieder, als hätte es einen Flügel oder ein Bein
gebrochen, läuft wieder weiter, der Mensch hinterher; aber er hofft
vergeblich, denn das Rebhuhn verstellt sich nur, und hat die Absicht,
ihn vom Nest wegzulocken.«

Hiermit steht ganz im Einklange, was ~Naumann~ darüber schreibt:
»Rührend ist es, die unbegrenzte Sorgfalt der Eltern um ihre lieben
Kleinen zu beobachten. Ängstlich spähend, von welcher Seite Unglück
drohe, oder ob es abzuwenden sei, läuft der Vater hin und her, während
ein kurzer Warnungslaut der Mutter die Jungen um sich versammelt,
ihnen befiehlt, sich in ein Versteck zu begeben, schnell einem
jeden ein solches im Getreide, Grase, Gebüsche, hinter Furchen, in
Fahrgeleisen und dergleichen anweist, und, sobald sie alle geborgen
glaubt, mit dem Vater alles aufbietet, um den Angriff zu vereiteln oder
abzuwenden. Mutig stellen sich beide Eltern nun dem Feinde entgegen,
greifen ihn im Gefühl ihrer Schwäche jedoch nicht an, sondern suchen
seine Aufmerksamkeit von den Jungen abzuziehen, bis sie glauben,
ihn weit genug entfernt zu haben. Dann fliegt zuerst die Mutter zu
den Jungen, welche ihr angewiesenes Versteck indessen um keinen Fuß
breit verlassen haben, zurück und versucht, diese eiligst ein Stück
weiter fortzuschaffen. Sieht endlich der Vater alle seine Lieben in
Sicherheit, so enttäuscht er auch seine Verfolger und fliegt davon.
Sobald nun ringsumher alles wieder ruhig und die feindliche Störung
verschwunden ist, läßt er seinen Ruf hören, welchen die Mutter sogleich
beantwortet, worauf er sofort zu seiner Familie eilt.«

Der ausgezeichnete Zoologe ~Lenz~ bestätigt ebenfalls, daß es die
List mancher Vögel ist, sich beim Neste oder bei kleinen Jungen lahm zu
stellen, um den Feind von der Brut weg und irre zu führen. Dieser Zug
schlauer Berechnung täuscht Tiere jedesmal, auch den Menschen immer,
solange er noch nicht durch längere Erfahrung oder durch Belehrung zur
Einsicht gekommen ist.

Von einem Müllerchen erzählt er folgende Geschichte:

»Ein recht auffallendes Beispiel solcher Verstellungskunst hat mir der
Ober-Medizinalrat ~Buddeus~ zu Gotha mitgeteilt: Er bemerkte auf
einem pyramidenförmig zugeschnittenen, dichten Baum seines Gartens
ein Müllerchen und begann, es aufmerksam zu betrachten. Da schien das
Tierchen plötzlich krank zu werden, begann zu schwanken und fiel dann
wie tot vom Baum gerade ins Gras herab. Der Ober-Medizinalrat sprang
zu, es zu ergreifen; es raffte sich aber scheinbar mühsam auf und
flüchtete langsam flatternd vor ihm her ins Gebüsch. Von der Verfolgung
zurückgekehrt, untersuchte er den Baum genauer und fand da drei kleine,
kaum ausgeflogene junge Müllerchen ruhig auf einem Ästchen sitzend. Die
Mutter hatte nur die Rolle des Sterbens gespielt, um den vermeintlichen
Feind abzulocken. Am folgenden Tage suchte der Ober-Medizinalrat die
Müllerchen wieder auf: das Tierchen stürzte wieder genau wie am vorigen
Tage zu Boden und flatterte dann vor ihm her. An den nächstfolgenden
Tagen berief er einzelne Freunde, das Wunder mit anzusehen, und es
wiederholte sich regelmäßig, bis die Jungen etwas selbständiger waren.
Dieselbe Kunst trieb das nette Tierchen auch noch in den zwei folgenden
Jahren, wo es wieder in dem Garten nistete.«

Noch merkwürdiger ist vielleicht das Benehmen einer Sumpfohreule,
worüber ~Tancré~ in den »Ornithologischen Briefen von ~E. F. v.
Homeyer~« berichtet. Hier wird folgendes geschildert:

Ȇber ein interessantes Benehmen dieser Art beim Nest, das ich mit
keinem andern Namen als ›Überlegung‹ bezeichnen kann, will ich Ihnen
eine Mitteilung machen. Ich fand nämlich im vorigen Sommer auf einem
mit Weiden- und Erlengebüsch bestandenen und mit hohem Rohr und Gras
bewachsenen Terrain der Peenewiesen ein Nest dieser Eule, geleitet
durch das Männchen -- vermutlich --, welches mich mit dem bekannten,
dem Hundegekläffe ähnlichen Angstruf umflog. Das Nest, von dem das
Weibchen abflog, stand versteckt unter einem Weidenbusche und enthielt
fünf bis zum Ausschlüpfen bebrütete Eier. Da mir die Dunenjungen
hiervon in der Sammlung fehlten, so beschloß ich, diese später zu
holen, und machte mir ein Zeichen, indem ich ein Stück weißes Papier
auf der Spitze des nächsten Busches befestigte.«

»Als ich nach acht Tagen die Eulen abholen wollte, war das Papier fort.
Vielleicht war es vom Winde allmählich losgelöst, möglicherweise aber
auch durch die Alten entfernt. Ich mußte mich also aufs neue auf die
Suche nach dem Neste begeben. Da kommt eine der Eulen, wahrscheinlich
wieder das Männchen, angeflogen und fährt etwa zwanzig Schritte neben
mir zur Erde in einen Busch. Deutlich höre ich jetzt das Piepen der
Jungen, welches sie ausstoßen, wenn sie geätzt werden. Ich gehe
dorthin, die Eule fliegt auf der anderen Seite des Busches heraus,
aber das Nest kann ich nicht entdecken. Kaum habe ich mich in anderer
Richtung entfernt, als die Eule abermals in den Busch fliegt und ich
wiederum die Jungen höre. Nochmals durchsuche ich den Strauch in der
Meinung, daß vielleicht die Brut aus dem Neste entfernt und jetzt hier
untergebracht sein möchte. Dies währt einige Minuten, während deren das
Männchen umherfliegt. Da machte es dasselbe Manöver zum dritten male,
aber auf der ~entgegengesetzten~ Seite von mir. Jetzt erst wird
mir klar, daß ich getäuscht bin, eile möglichst leise nach dem Busch
hin und sehe die Eule hinter ihm im Grase sitzen und selbst dies dem
der Jungen so gleiche Gepiepe ausstoßen.«

»Nach genauer Orientierung und Suche fand ich dann das Nest wieder,
wovon die Alte wiederum abflog und worin sich jetzt fünf sehr ungleich
große Junge befanden.«

»Warum machte der Vogel es nicht, wie das erstemal und umflog mich
nur mit Geschrei? Er hatte doch das Verständnis, daß er jetzt,
nachdem im Neste die Veränderung vor sich gegangen, auch ein anderes,
dementsprechendes Mittel anwenden müsse, um mich irre zu leiten, und
ahmte deshalb den Jungen nach.«

In seinem bekannten Buche: »Bingo und andere Tiergeschichten« berichtet
~Thompson~ von den Leiden und Freuden einer Fasanenmutter, die
ihre kleinen Jungen vor den zahlreichen Feinden schützen will. Es heißt
dort:

»Drüben auf der Wiese erschien ein großer Fuchs; er kam ihren Pfad
entlang, und sicherlich würde er sie in wenigen Augenblicken mit seiner
feinen Nase wittern. Da gab es keine Zeit zu verlieren.«

»Krr! Krr! (Versteckt euch! Versteckt euch!) rief die Mutter leise,
aber in bestimmtem Tone, und die armen Dinger, kaum größer als Eicheln
und nur einen Tag alt, zerstreuten sich, um sich zu verbergen. Das
eine verschwand unter einem Blatt, ein anderes zwischen zwei Wurzeln,
ein drittes kroch unter ein Stück abgefallene Birkenrinde, ein viertes
in ein Erdloch usw., bis alle geborgen waren. Nur eins konnte keinen
Schlupfwinkel finden, es legte sich flach auf ein breites, gelbes
Blatt, machte die Augen fest zu und glaubte nun sicher, von niemand
gesehen zu werden. Die Kleinen stellten ihr furchtsames Piepsen ein,
und alles war still.«

»Mutter Fasan flog dem gefürchteten Räuber gerade entgegen, ließ
sich dann ein paar Schritte seitwärts von ihm nieder, begann mit den
Flügeln zu schlagen, als ob sie lahm, ganz flügellahm wäre und jammerte
wie ein von der Mutter verlassenes Kind. Bat sie um Gnade -- Gnade
von einem blutdürstigen, grausamen Fuchs? O nein! so töricht war
sie nicht! Oft hört man von der Arglist des Fuchses, er ist jedoch
ein richtiger Gimpel gegen eine kluge Fasanenmutter. Hocherfreut
bei der Aussicht auf einen leckeren Braten gerade vor seiner Nase,
drehte sich der Fuchs plötzlich um und erwischte -- doch nein, ganz
erwischte er den armen Vogel nicht, er entschlüpfte seinen gierigen
Zähnen um Fußeslänge. Mit einem Satze war er hinterdrein und würde ihn
diesmal sicherlich gefangen haben, wenn nicht gerade eine tückische
Schlingpflanze dazwischen geraten wäre. Die Fasanenmutter hinkte davon,
kroch unter einen Baumstamm, und Reineke sprang darüber, während seine
sichere Beute, die jetzt etwas weniger lahm zu sein schien, einen
ungeschickten Sprung vorwärts machte und einen Abhang hinunterrollte.
Der Fuchs, immer hinterdrein, packte sie beinahe beim Schwanz, aber
sonderbar genug, so schnell er auch lief und sprang, sie schien doch
noch schneller zu sein. So etwas war dem alten Straßenräuber noch nicht
begegnet. Ein flügellahmer Fasan und er, Reineke, der Schnellfüßige,
konnte sie in einem Rennen von fünf Minuten nicht einholen. Es war eine
Schande! Der Fuchs verdoppelte seine Anstrengungen, jedoch der Fasan
schien in demselben Maße an Kraft zuzunehmen, und nach einem Wettlauf
von einer Viertelmeile war der Vogel auf unerklärliche Weise wieder
ganz gesund, er erhob sich mit einem beinahe verächtlich klingenden
Schwirren und flog durch die Wälder davon, den Verfolger vollkommen
sprachlos hinter sich zurücklassend, mit der niederdrückenden
Erkenntnis, daß man ihn zum Narren gehabt.«

»Mittlerweile schwebte die Fasanenmutter in einem weiten Bogen nach der
Stelle zurück, wo die Kleinen im Unterholz versteckt waren.« --

Selbst der als besonders dumm verschrieene Strauß benimmt sich
gar nicht töricht, wenn es gilt, die junge Brut zu retten, wie
folgender Bericht ~Andersons~ über ein Zusammentreffen mit einer
Straußenfamilie, auf die Jagd gemacht wurde, beweist: »Sobald die
älteren Vögel unsere Absicht bemerkten, begannen sie eine eilige
Flucht, das Weibchen voran, hinter ihm die Jungen und zuletzt das
Männchen, welches in einiger Entfernung von den übrigen die Flucht
schloß. Es lag etwas wahrhaft Rührendes in der Sorge, welche die Eltern
für ihre Jungen an den Tag legten. Als sie sahen, daß wir ihnen immer
näher kamen, ließ das Männchen plötzlich in seinem Laufe nach und
änderte seine Richtung; da wir aber doch von unserem Vorhaben nicht
abstanden, beschleunigte es wieder seinen Lauf, ließ die Flügel hängen,
so daß sie fast den Boden berührten, und sprang um uns herum, erst in
weiteren und dann in engeren Kreisen, bis es uns auf Pistolenschußweite
nahe kam. Jetzt warf es sich plötzlich auf den Boden, ahmte die
Bewegung eines schwer verwundeten Vogels nach und stellte sich, als
müsse es mit aller Kraft arbeiten, um wieder auf die Beine zu kommen.
Ich hatte bereits nach ihm geschossen und glaubte wirklich, daß es
verwundet sei, eilte deshalb zu ihm hin, mußte aber bald erfahren,
daß sein Betragen nur eine Kriegslist von ihm war; denn sobald ich
ihm näher kam, stand es langsam auf und rannte in entgegengesetzter
Richtung dem Weibchen zu, welches mit den Jungen schon einen
bedeutenden Vorsprung erlangt hatte.«

Der Strauß denkt also gar nicht daran, bei Gefahr seinen Kopf im
Gebüsch zu verbergen, wie gewöhnlich seit alter Zeit angenommen wird.
Mit dieser Fabel werden wir uns sogleich näher beschäftigen.

Das Ergebnis der beiden Kapitel ist also folgendes: Zahlreichen Tieren
ist die Heuchelei etwas ganz Geläufiges, Vogeleltern sind sogar häufig
geborene Verstellungskünstler.




                           Straußenpolitik.


In politischen Reden kommt es nicht selten vor, daß der gegnerischen
Partei vorgeworfen wird, sie treibe »Straußenpolitik«. Was darunter zu
verstehen ist, weiß man allgemein. Seit alter Zeit herrscht nämlich
der Glaube, daß der vom Jäger verfolgte Strauß in seiner Todesangst
seinen Kopf in ein Gebüsch stecke und nun glaube, der Jäger sehe ihn
nicht, weil er ihn auch nicht sehe. Man wirft also mit dem Ausdruck
»Straußenpolitik« dem Gegner eine unglaublich törichte Handlung vor,
indem er unangenehmen Situationen dadurch ausweiche, daß er sich
verstecke oder sie einfach ignoriere, und nun glaube, sie existierten
nicht mehr.

Es ist nun gewiß von allgemeinem Interesse zu erfahren, ob der Strauß
denn in der Tat bei seiner Verfolgung sich so unglaublich dumm
benimmt, oder ob hier, wie es so häufig geschieht, einem Tiere von dem
Menschen Übles nachgeredet wird, das auf Unwahrheit beruht. Man denke
z. B. an die Raben, die vortreffliche Eltern sind. Das hindert aber
den Menschen nicht, besonders grausame Eltern als »Rabeneltern« zu
bezeichnen (vgl. Tierfabeln S. 84).

Der leider so früh verstorbene Gouverneur von Wißmann hat in Afrika
persönlich Strauße gejagt und nichts von der »Straußenpolitik«
entdecken können. Da mich die Sache außerordentlich interessierte, so
bat ich Herrn von Wißmann um nähere Auskunft über diesen Punkt. Mit
größter Liebenswürdigkeit hat er mir eine ganze Reihe von Anfragen
beantwortet und speziell bestätigt, daß die angebliche Versteckmethode
des verfolgten Straußes weiter nichts als eine Fabel sei. Wie erklärt
sich nun die Entstehung einer solchen Fabel?

Der erste, der die Erzählung von der merkwürdigen Methode des Straußes
aufbrachte, ist wohl Diodorus Siculus gewesen, der zur Zeit des Cäsar
und Augustus lebte. Wir lesen nämlich bei ihm folgendes: In Arabien
gibt es Strauße (+struthocameloi+, wörtlich Straußkamele) die wie
ihr Name andeutet, ein Mittelding von Strauß und Kamel sind. Das Tier
geht auf zwei Beinen, die Füße sind zweizehig. Seiner Schwere wegen
kann es nicht fliegen, dagegen läuft es schnell auf der Erde hin und
berührt sie nur mit den Spitzen der Füße. Wird es von Reitern gejagt,
so schleudert es mit seinen Füßen mit solcher Gewalt Steine gegen seine
Verfolger, daß sie öfters schwer getroffen werden. Wird es von seinen
Feinden eingeholt, so verbirgt es seinen Kopf in einem Busch oder
sonstwo.

Plinius hat diesen Bericht übernommen und noch mit einigen Zusätzen
versehen.

Was das Schleudern von Steinen gegen die Verfolger betrifft, so
liegt hier unzweifelhaft ein Mißverständnis vor, wenn es als ein
absichtliches Werfen aufgefaßt wird. Es kann natürlich leicht
vorkommen, daß der flüchtende Vogel Sandballen oder Steine hinter sich
schleudert und dann aus Zufall, nicht aus Absicht trifft. Übrigens
besteht noch heute unter den Gemsenjägern dieselbe Verschiedenheit der
Ansichten über den gleichen Punkt. Wird nämlich ein Jäger von einem
Steine oder Felsstücke getroffen, das durch eine flüchtende Gemse in
Bewegung gesetzt wird, so schwören die einen darauf, daß die Gemse
absichtlich das Wurfgeschoß geschleudert habe, während andere in dem
Getroffenwerden nur einen Zufall erblicken. Wenn also heute noch manche
Menschen glauben, das verfolgte Tier schleudere gegen die Jäger Steine,
so kann man sich absolut nicht wundern, daß im Altertum derselbe Glaube
vom Strauße herrschte.

Die Versteckmethode hat man dem Strauß wohl deshalb angedichtet, weil
bereits in der Bibel dieser Vogel als ein besonders dummes Geschöpf
gilt. So heißt es bei Hiob, daß ihm Gott keinen Verstand mitgeteilt
habe. Während andere die Vorsicht und Scheu des Riesenvogels rühmen,
erklärt Brehm, daß er der Bibel beipflichten müsse.

Meiner Ansicht nach, berichtet er, gehört der Strauß zu den dümmsten,
geistlosesten Vögeln, welche es gibt. Daß er sehr scheu ist, unterliegt
keinem Zweifel: er flieht jede ihm ungewohnte Erscheinung mit eiligen
Schritten, würdigt aber schwerlich die Gefahr nach ihrem eigentlichen
Werte, weil er sich auch durch ihm unschädliche Tiere aus der Fassung
bringen läßt. Daß er unter den klugen Zebraherden lebt und sich deren
Vorsicht zunutze zu machen scheint, spricht keineswegs für seinen
Verstand; denn die Zebras schließen sich ihm an, nicht er ihnen, und
ziehen aus dem schon durch seine Höhe zum Wächteramte berufenen Vogel,
welcher davonstürmt, sobald er etwas Ungewohntes sieht, bestmöglichen
Vorteil. Das Betragen gefangener Strauße läßt auf einen beschränkten
Geist schließen. Sie gewöhnen sich allerdings an den Pfleger und
noch mehr an eine gewisse Örtlichkeit, lassen sich aber zu nichts
abrichten und folgen augenblicklichen Eingebungen ihres schwachen
Gehirns blindlings nach. Empfangene Züchtigungen schrecken sie zwar
für den Augenblick, bessern sie aber nicht: sie tun dasselbe, wegen
dessen sie bestraft wurden, wenige Minuten später zum zweiten Male;
sie fürchten die Peitsche, solange sie dieselbe fühlen. Andere Tiere
lassen sie gewöhnlich gleichgültig; während der Paarungszeit aber, oder
wenn sie sonst in Erregung geraten, versuchen sie, an denselben ihr
Mütchen zu kühlen und mißhandeln sie ohne Grund und Ursache, oft auf
das abscheulichste. Ein männlicher zahmer Strauß, welchen wir besaßen,
verwundete ein Weibchen, ehe er sich an dasselbe gewöhnt hatte, mit
den scharfen Nägeln seiner Zehen gefährlich. Er schlug dabei immer
nach vorn aus und zwar mit solcher Kraft und Sicherheit, daß er
jedesmal die Brust der bedrängten Straußin entsetzlich zerfleischte.
Uns fürchtete er ebensowenig wie die Tiere, und wenn er sich gerade
in Aufregung befand, durften wir uns ohne die Nilpferdpeitsche in
der Hand nicht auf den ihn beherbergenden Hof wagen. Niemals haben
wir bemerkt, daß er zwischen uns oder Fremden unterschieden hätte;
doch will ich damit nicht behaupten, daß er nicht nach und nach sich
an eine bestimmte Persönlichkeit gewöhnen könne. Gern stimme ich mit
Heuglin überein, wenn er sagt, daß sein ganzes Wesen das Gepräge
von Hast und Eile trage, obschon er zuweilen auch längere Zeit wie
träumend und gedankenlos ins Weite starre; entschieden aber muß ich
meinem verstorbenen Freunde widersprechen, wenn er das Wesen auch als
friedlich bezeichnet.

Hält Brehm demnach die Dummheit des Straußes nach seinen persönlichen
Beobachtungen erwiesen, so sind unzweifelhaft noch eine Reihe von
Umständen hinzugekommen, die den Riesenvogel für törichter erscheinen
lassen, als er in Wirklichkeit ist. Dem gemeinen Mann muß doch ein Tier
gewiß nicht als Ausbund der Weisheit erscheinen, das Flügel hat, aber
trotzdem nicht fliegen kann. Hat doch deshalb Eucherius den Strauß mit
einem Ketzer verglichen, der gewissermaßen die Flügel der Weisheit
besitzt, aber von ihnen keinen Gebrauch macht.

Sodann liegen in der Nähe des Straußennestes häufig zertretene Eier,
was sich nach Brehm folgendermaßen erklärt. Ein Hahn und mehrere Hennen
pflegen gemeinsam ein Nest zu benutzen und zwar brütet das Männchen in
der Hauptsache. Sitzt dieses nun bereits auf den Eiern und werden noch
solche von einer Henne gelegt, so bleiben sie in der Nähe des Nestes
liegen. In dieser Handlungsweise erblickte man im Altertum eine große
Torheit. So heißt es bei Hiob vom Strauß: Der seine Eier auf der Erde
lässet und läßt sie die heiße Erde ausbrüten. Er vergisset, daß sie
möchten zertreten werden, und ein wild Tier sie zerbreche. Arabische
Naturforscher behaupten sogar, daß der Strauß, wenn er ausgehe, um sich
Nahrung zu suchen, und die Eier eines anderen Straußes finde, sich
auf diese setze, sie ausbrüte, und darüber seine eigenen vergesse,
weshalb der Strauß bei den Arabern Symbol der Dummheit sei, und sie das
Sprichwort »dümmer als ein Strauß« hätten.

Schließlich mußte der Umstand sehr gegen die geistige Begabung des
Straußes sprechen, daß er in der Gefangenschaft alles ihm Erreichbare
hinabwürgt. Er scheint, sagt Brehm, einen unwiderstehlichen Hang zu
besitzen, nach allem, was nicht niet- und nagelfest ist, zu hacken
und es womöglich aufzunehmen und in den Magen zu befördern. Ein ihm
vorgeworfener Ziegelbrocken, eine bunte Scherbe, ein Stein oder ein
anderer ungenießbarer Gegenstand erregt seine Aufmerksamkeit und wird
ebensogut verschlungen, als ob es ein Stück Brot wäre. Daß Strauße
zu Selbstmördern werden können, indem sie ungelöschten Kalk fressen,
steht mit meinen Beobachtungen im Einklange. Wenn wir in Chartum etwas
verloren hatten, was für eine Straußenkehle nicht zu umfangreich und
für den kräftigen Magen nicht zu schwach war, suchten wir regelmäßig
zuerst im Straußenkote nach dem vermißten Gegenstande und sehr oft mit
Glück. Mein ziemlich umfangreicher Schlüsselbund hat den angegebenen
Weg, wenn ich nicht irre, mehr als einmal gemacht. Berchon fand bei
Zergliederung eines Straußes in dem Magen Gegenstände im Gewichte
von 4,228 Kilogramm vor: Sand, Werg und Lumpen im Gewichte von 3,5
Kilogramm und drei Eisenstücke, neun englische Kupfermünzen, eine
kupferne Türangel, zwei eiserne Schlüssel, siebzehn kupferne, zwanzig
eiserne Nägel, Bleikugeln, Knöpfe, Schellen, Kiesel usw.

Es liegt auf der Hand, daß man ein Geschöpf nicht als klug ansehen
kann, das so wahllos alles hinunterschluckt. Hierbei hat man ganz
übersehen, daß alle Hühner zu ihrer Verdauung harte Körper brauchen,
und daß die Handlungsweise des Straußes wohl seltsam ist, aber
eigentlich nicht so töricht, wie es zunächst den Anschein hat.

Die Jagd auf Strauße ist wegen der großen Schnelligkeit der Tiere nicht
leicht. v. Wißmann schildert, wie er es nur besonderen Umständen zu
verdanken hatte, einen von den verfolgten Straußen einzuholen. Auch
Brehm bestätigt, daß das Wort der Bibel: Zu der Zeit, wann er hoch
fähret, erhöhet er sich und verlachet beide, Roß und Mann, vollständig
der Wahrheit entspricht.

Hat der Strauß, der im Gegensatz zu den meisten Hühnervögeln ein
vortrefflicher Vater ist, Junge bei sich, so weiß er trotzdem Rat, wie
wir aus dem vorhergehenden Kapitel wissen. Der bekannte Afrikareisende
Schillings erzählt in seinem Werke: »Mit Blitzlicht und Büchse« einen
ähnlichen Fall. Er schreibt nämlich: »Eine ganz besonders interessante
Beobachtung zu machen, war mir im Jahre 1900 vergönnt. Ich folgte viele
Stunden lang der Fährte einiger Löwen und geriet dabei plötzlich auf
ein Straußennest, mit teils schon ausgekrochenen jungen Straußen, teils
im Ausfallen begriffenen Eiern. Zu meinem Erstaunen hatten die Löwen
anscheinend die jungen Strauße verschmäht. Nach genauester Inspektion
der Fährten aber wurde ich eines besseren belehrt. Die alten Strauße
hatten in der klaren Mondnacht offenbar die großen Katzen rechtzeitig
wahrgenommen und sie, wie es untrüglich aus den Fährten hervorging,
durch geschickt bewerkstelligte Flucht von dem bedrohten Neste
hinweggelockt. Etwa hundert Schritte vor dem Neste waren die Löwen,
plötzlich in weiten Sprüngen den Straußen folgend, flüchtig geworden,
um, nach kurzer Zeit das Vergebliche der Verfolgung einsehend, in ihren
gewöhnlichen Schritt zu verfallen. So war es den Straußen gelungen,
ihre bedrohte Brut zu retten! Es war mir von höchstem Interesse, diese
Beobachtung machen zu können, die mir einen Beweis lieferte, wie
geschickt sich diese großen Erdbrüter vor ihren gefährlichsten Feinden
zu schützen wissen.«

Schillings bestätigt also die gewiß nicht dumme Methode des Straußes,
wenn Gefahr für die Jungen droht, die auch in diesem Falle wiederum
Erfolg gehabt hat. Da ein Löwe außerstande ist, ein Pferd einzuholen,
der Strauß aber noch schneller als ein Pferd ist, so konnten die
Löwen selbstverständlich nur auf den Gedanken kommen, die Strauße zu
verfolgen, wenn diese sich krank oder verwundet stellten. Nur dann
hatte ihre Verfolgung Aussicht auf Erfolg.

Fassen wir das Ergebnis zusammen, so erklärt sich die Fabel von der
»Straußenpolitik« dadurch, daß der Strauß in der Tat nicht sehr klug
ist und infolge einer Reihe von seltsamen Handlungen noch dümmer
erscheint, als er in Wirklichkeit ist. Bei Verfolgungen handelt er
nicht unkluger als anderes Wild, und zur Rettung seiner Jungen wendet
er eine, auch bei andern Hühnervögeln übliche, staunenswerte List an.




                    Wittern die Geier Tierleichen?


Der Glaube, daß die Geier ihre Nahrung, die fast ausschließlich in
Tierleichen besteht, durch den Geruchssinn wahrnehmen, ist sehr alt.
Bereits ~Plutarch~ schreibt: »Die Geier fliegen dem Geruche des
Aases nach.« ~Plinius~ fügt noch etwas hinzu: nach ihm fliegen
sie schon drei Tage zuvor an Plätze, wo es Leichen geben wird. Ebenso
berichtet ~Älian~: »Der Geier frißt das Fleisch toter Menschen und
Tiere, hält auch bei dem Wache, der dem Tode nahe ist. Er folgt den
Heereszügen und weiß mit prophetischem Geiste, daß es im Kriege Tote
gibt.«

Wie dieser Glaube entstanden ist, liegt klar auf der Hand. Zunächst
wissen wir, daß zahlreiche Tiere ein äußerst feines Geruchsvermögen
besitzen, wie z. B. Hund, Fuchs, Igel usw. Warum sollte zu diesen
Geschöpfen nicht auch der Geier gehören? Das müßte man um so eher
annehmen, als alle Anzeichen dafür sprechen. Hier liegt ein totes Rind,
und obwohl nirgends ein Vogel im blauen Äther zu entdecken ist, haben
sich nach kurzer Zeit eine stattliche Anzahl von Geiern um den Kadaver
versammelt. Da nun der letztgenannte Gerüche ausströmen läßt, die
selbst unsern stumpfen Nasen schon aus weiter Entfernung höchst lästig
fallen, so scheint es ganz klar zu sein, daß witternde Geschöpfe diese
Leichen bereits in unglaublicher Entfernung wahrnehmen.

Weil dieser ganze Gedankengang einen höchst überzeugenden Eindruck
macht, so hat man an der Wahrheit der Annahme im allgemeinen kaum
gezweifelt. Auch heute ist die überwiegende Mehrzahl von ihrer
Richtigkeit durchdrungen. Und doch ist sie grundfalsch, wie sich aus
dem nachstehenden ergeben wird.

Schon vor 50 Jahren schrieb der ausgezeichnete Zoologe ~Lenz~:
»Genaue, in unserer Zeit angestellte Versuche haben gezeigt, daß die
Geier nicht dem Sinne des Geruchs, sondern dem des Gesichts folgen,
wenn sie Beute suchen.«

Aus welchem Grunde man überhaupt das feine Geruchsvermögen des Geiers
bezweifelt hat, geht aus dieser Bemerkung nicht hervor. Ich bin der
Überzeugung, daß Zweifel bis heute schwerlich aufgetaucht wären, wenn
der Geier nicht zu den Vögeln gehörte. Für zahlreiche Jäger und
Tierfreunde ist es nun längst eine ausgemachte Wahrheit, daß bei den
Vögeln das Vermögen zu wittern nur in der Phantasie der bisherigen
Beobachter existiert.

Ich habe in meinem Buche: »Ist das Tier unvernünftig?« ausführlich die
Gründe dargelegt, weshalb eine feine Nase bei Vögeln ausgeschlossen
ist. Dort führe ich auch an, daß bereits ~Brehm~ bestreitet, daß
die Geier ihre Nahrung wittern. Er hält vielmehr ihr Auge für ihren
wichtigsten und vorzüglichsten Sinn.

Zu demselben Resultate, daß sich die Geier lediglich durch das Gesicht
orientieren, kommt neuerdings A. E. ~Bayer~ in »Hundesport und
Jagd« auf Grund der sorgfältigen Beobachtungen, die von Fachleuten
angestellt wurden.

»Was ist die Ursache der Geierversammlungen?« fragt ~Georg Byam~,
der diese Vögel in Mittelamerika jahrelang sehr genau kennen gelernt
hat. »Liegt diese Ursache im Gesicht oder im Geruch? Viele achtbare
Urteile haben sich allerdings für den Geruch entschieden, aber ich
möchte dieser Meinung nicht ganz beistimmen und bin vielmehr der
festen Überzeugung, daß das Urteil zugunsten des Gesichts gefällt
werden muß. Ich will einige Beweise beifügen. Ein eben getötetes oder
vor Erschöpfung gefallenes Tier kann unmöglich einen Geruch um sich
verbreiten, und dennoch versammeln sich in wenigen Minuten häufig
unzählige Geier an einer Stelle, wo vorher kein einziger zu sehen
gewesen ist, und sie kommen nicht bloß aus der Richtung, nach welcher
der Wind weht, sondern aus allen übrigen Gegenden. Ohne Zweifel verhält
sich die Sache folgenderweise: Die Geier steigen gewöhnlich so hoch in
die Luft empor, daß wir sie nicht mehr sehen können, aber ihr scharfes
Auge erspäht sogleich das gefallene Tier, und derjenige von ihnen, der
es zuerst erblickt, beginnt augenblicklich einen geraden, schnellen
Flug nach der Stelle, wo es liegt. Sobald aber ein Geier schnell
und in gerader Richtung sich fortzubewegen beginnt, folgen ihm alle
anderen, die mit ihm in der Höhe schweben, und geben zugleich, indem
sie der Beute näher kommen, durch ihre kreisförmigen Bewegungen in der
Luft ein zweites Zeichen für diejenigen Geier, welche das erste nicht
bemerkt haben. Ich glaube, es ist ~Waterton~, der erzählt, daß er
einst ein totes Tier sorgfältig unter Bäumen und Büschen verborgen
hatte, daß aber trotzdem durch dessen Geruch die Geier aus ungeheurer
Entfernung herbeigelockt worden wären. Ich habe dasselbe versucht,
aber vielleicht war es Herrn ~Waterton~ unbekannt, daß die Geier
die Hunde und Raubtiere beobachten und ihnen folgen. Während meines
Aufenthaltes in Chile ertrank einst bei einem heftigen Regenguß ein
Esel in einem Bach, über den man am nächsten Tage hätte hinwegschreiten
können, ohne sich die Knöchel zu benetzen. Er wurde unter einen großen
Baum gezogen und blieb dort zwei volle Tage liegen, ohne von den Geiern
überfallen zu werden. Endlich entdeckten ihn einige Dorfhunde, und kaum
waren sie eine halbe Stunde mit ihm beschäftigt, so hatte sich auch
schon ein großer Schwarm von Greifgeiern versammelt, welche die Hunde
vertrieben und den Esel in kurzer Zeit verzehrten. Dieser Fall spricht
ganz und mehr wie jeder andere zugunsten des Gesichtes. Der hoch in
den Wolken schwebende Vogel hatte mit seinem scharfen Auge die Hunde
erspäht; er hatte augenblicklich seinen geraden Flug begonnen und war,
begleitet von denjenigen seinesgleichen, die ihn beobachtet hatten, in
kurzer Zeit zu der Stelle gelangt, wo die erwünschte Beute lag, die
der Geruchssinn zwei Tage unbeachtet gelassen hatte. Ich halte das
Gesicht für die eigentliche Ursache der Geierversammlungen, denn ich
habe während eines sechsjährigen Aufenthaltes in Ländern, wo der Geier
in Menge vorkommt, die Gewohnheiten dieser Tiere aufmerksam beobachtet
und diese Meinung vollkommen bestätigt gefunden. Die ungeheure Höhe, zu
welcher sie sich emporschwingen, gewährt ihnen einen weiten Überblick,
während ihr scharfes Auge sie in den Stand setzt, ein totes Tier in
unglaublicher Entfernung zu erspähen, und ihr Instinkt sie lehrt, die
Bewegungen der Hunde und anderer fleischfressender Tiere, sowie den
Flug ihres eigenen Geschlechts zu beobachten.«

Zu demselben Resultat kommt Sir ~Samuel Baker~ durch die reichen
Erfahrungen, die er in den Nilländern gemacht hat. Er schreibt: »Man
hat häufig die Frage aufgeworfen, ob der Geier durch den Geruchssinn
oder durch die Schärfe des Auges zu seiner Beute geführt werde. Ich
habe seinen Gewohnheiten viele Aufmerksamkeit geschenkt, und wenn es
auch keine Frage sein kann, daß sein Geruch ein scharfer ist, so bin
ich doch überzeugt, daß alle Raubvögel ihre Nahrung vermöge ihrer
großen Sehkraft finden. Würde ein Geier blind, so müßte er verhungern,
verstopfte man ihm aber nur die Nasenlöcher mit einem Stoff, der seinen
Geruchssinn störte, so würde dies seine gewöhnliche Jagdart nicht
wesentlich beeinträchtigen.«

»Wenn man die Gewohnheiten dieser Vögel beobachtet, so gibt es kein
interessanteres Experiment, als ein totes Tier unter einem dichten
Busch zu verstecken. Ich habe dies häufig getan, und immer bemerkt,
daß die Geier es nicht finden, wenn sie nicht Zeugen seines Todes
gewesen sind. War dies letztere der Fall, so fliegen sie bereits nach
unten, während man den Körper versteckt, und werden ihn, wenn sie
näher kommen, durch den Geruch entdecken. Tötet man ein Tier aber im
dichten Grase, das acht bis zehn Fuß hoch ist, so finden die Geier es
selten. Ich habe häufig die Erfahrung gemacht, daß die Körper großer
Tiere, zum Beispiel Elefanten oder Büffel, tagelang im Schatten dichter
Nabbukgebüsche lagen, ohne daß ein einziger Geier erschien. Wären sie
sichtbar gewesen, so würden diese Vögel sie zu Tausenden besucht haben.«

»Die Geier und Marabustörche fliegen in ungeheuren Höhen. Ich glaube,
daß jede Art ihre bestimmte Ferne hat, und daß die Luft regelmäßige
Schichten von Raubvögeln enthält, die, in ihrer ungeheuren Höhe dem
menschlichen Auge unsichtbar, beständig auf ihren ausgebreiteten
Flügeln ruhen und in Kreisen umherschwebend die Welt unten mit
Fernrohrkraft beobachten. Von ihren ungeheuren Höhen beherrschen die
Raubvögel ein außerordentlich weites Gesichtsfeld, und obgleich sie
von der Erde aus unsichtbar sind, so kann doch kein Zweifel bestehen,
daß sie bei ihrem beständigen Kreisen einander sehen. Bemerkt also ein
Vogel unten auf der Erde einen Gegenstand, so wird sein plötzliches
Hinabschießen von jedem folgenden Geier bemerkt und nachgeahmt. Sieht
ein Geier, welcher der Erde am nächsten ist, einen Körper, oder gewahrt
auch nur, daß die Mäusefalken sich an einem bestimmten Punkt sammeln,
so weiß er sogleich, daß es eine Beute gibt. Er schießt der Stelle zu
und gibt dadurch den andern ein telegraphisches Signal, welches jedem
Geier von einer Luftstation zur andern schleunigst mitgeteilt wird.«

»Wird ein Tier abgestreift, so lockt die nun rote Oberfläche des
Körpers die Geier augenblicklich an. Dies beweist, daß ihr Gesicht und
nicht ihr Geruch sie zu einem Gegenstand führt, der auf Blut schließen
läßt. Ich habe sie häufig beobachtet, wenn ich ein Tier geschossen
hatte und meine Leute den Prozeß des Häutens begannen. Hatte ich mich
auf den Rücken gelegt und blickte in die blaue Luft, in der nicht
ein Wölkchen schwamm, so war zuerst nicht ein Vogel zu sehen; aber
kaum war die Haut halb abgezogen, so erschienen am Himmel Punkte und
nahmen rasch an Größe zu. Von den benachbarten Büschen hat es mehrmals
gekrächzt, die Mäusefalken sind dicht an meine Beute herangeflogen
und haben einen Klumpen geronnenes Blut vom Boden weggeschnappt. Die
Punkte haben sich zu beflügelten Geschöpfen vergrößert, die in der
großen Höhe wie Fliegen aussehen, und jetzt höre ich hinter mir ein
Rauschen, wie von einem Wirbelwind, und es stößt ein rotköpfiger Geier
herunter, der mit eingelegten Flügeln vom Himmel hastig auf das blutige
Mahl herabgefallen ist und dem viele seiner Brüder schnell folgen. Die
Luft ist jetzt von schwarzen Punkten bis zu den fernsten blauen Tiefen
lebendig geworden und von allen Strichen der Windrose eilen Flügel
herbei. Zuletzt bildet sich ein Kranz von Geiern, die in weitem Kreise
über uns schweben, denn sie zaudern, sich herunterzulassen, drehen sich
aber beständig um den Gegenstand ihrer Begierde. Plötzlich erscheint
der große Geier mit kahlem Halse. Das Tier ist abgehäutet worden und
die Leute haben das beste Fleisch an sich genommen. Nun ziehen wir
uns hundert Schritte vom Schauplatz zurück. Ein allgemeines Flattern
und Herabfliegen findet statt, und Hunderte von hungrigen Schnäbeln
zerren an dem Abgang. Der große Geier mit nacktem Halse fordert von dem
Haufen Respekt, aber eine neue Form ist in der blauen Luft erschienen
und kommt rasch herunter. Zwei lange, häßliche Beine, die unter den
ungeheuren Flügeln herabhängen, berühren jetzt den Boden, und ›Abu
Sin‹ -- (›Vater des Schnabels‹, der arabische Name für den Marabu) ist
angekommen, und stelzt hochmütig durch den Haufen, bahnt sich mit dem
langen Schnabel einen Weg durch die kämpfenden Geier und nimmt den
Löwenanteil des Mahls. Abu Sin, der letzte, aber nicht der kleinste,
ist von den höchsten Regionen herbeigekommen, alle andern hatten vor
ihm einen Vorsprung.«

Nach diesen sorgfältigen und einwandfreien Untersuchungen kann es nicht
dem mindesten Zweifel unterliegen, daß die Geier und die Raubvögel
überhaupt sich lediglich nach dem Gesichte richten. Denn sie kreisen,
was nur bei einem Sehgeschöpf, nicht aber bei einem Nasentier einen
Zweck hat, und kommen zu dem Aas in den verschiedensten Windrichtungen.
Sodann fallen sie auf die Tierleichen, die noch nicht riechen,
umgekehrt finden sie stinkendes Aas nicht, wenn es verborgen liegt.
Hiermit vergleiche man, daß zum Beispiel der feinnasige Fuchs in
unzähligen Fällen verscharrte Leichen ausgegraben hat.

Weil Vögel nicht wittern können, so erklärt sich daraus, daß man selbst
den klügsten, zum Beispiel Kanarienvögeln, fremde, ja Elfenbeineier
unterlegen kann. Nun verstehen wir auch, weshalb ein Falke, den
Liebe besaß, Siegellack für rohes Fleisch hielt. Ähnliches berichtet
Baker vom Mäusefalken. Er schreibt nämlich: »Dieser Vogel, dessen
außerordentliche Kühnheit jedermann kennt, ist allgegenwärtig, und
verläßt sich im allgemeinen auf sein Gesicht. Er stößt auf ein Stück
rotes Tuch, das er für Fleisch hält, und beweist dadurch, daß er sich
auf sein Gesicht mehr verläßt, als auf seinen Geruch.«

Würde wohl jemals ein Hund Siegellack oder ein rotes Tuch für rohes
Fleisch halten?

Zum Schlusse möchte ich noch andeuten, wie sich die eingangs erwähnten
Fabeleien der Alten, daß die Geier bereits einige Tage vorher den
Tod eines Geschöpfes merken, ungezwungen erklären lassen. v. Wißmann
erzählt folgendes Erlebnis von seinen afrikanischen Jagden:

»Als ich bei meiner ersten Durchquerung Afrikas, von Westen kommend,
den Tanganika-See überschritten hatte, sah ich das erste Zebra in der
Wildnis und erlegte es auch nach langem mühsamen Anpirschen. Diese
Jagd ist mir wegen des Gebarens zweier Adler fest in der Erinnerung
haften geblieben; langsam kroch ich auf Knien und Händen heran, was
bei dem kurz abgebrannten Gras, von dem noch verkohlte, dicke, harte
Stoppeln am Boden standen, sehr beschwerlich war, und hatte meine ganze
Aufmerksamkeit auf die Zebras vor mir gerichtet, als ich plötzlich
dicht über mir ein Rauschen hörte. Ein Schatten fuhr über mich dahin,
und ich fühlte den Luftzug von den Flügelschlägen eines großen Adlers,
der dicht über mir dahinschoß, und dem gleich darauf ein zweiter
folgte. Die Räuber der Luft kreisten dann über mir und sausten dann
über mich dahin, so daß mir der Gedanke kam, ob ich nicht lieber das
Gewehr gegen die mächtigen Raubvögel wenden sollte. Offenbar hielten
sie mich für ein krankes Wesen, das mühselig über den Boden kroch und
für ihre Fänge eine willkommene Beute sei.«

»Erst als ich auf das Zebra schoß, das unterm Feuer zusammenbrach,
überschlugen sich die beiden Adler vor Schreck und strichen dann
eiligst davon.«

Hier sieht man wiederum ganz deutlich, wie sich die Raubvögel ganz
allein nach dem Gesicht richten, denn daß ein gesunder Mensch keinen
Kadavergeruch ausströmen kann, liegt auf der Hand. Aus solchen
Vorfällen, wenn sich wirklich schwerkranken Menschen Geier und Adler
näherten, haben aber sicherlich die Alten den Schluß gezogen, daß diese
Tiere den herannahenden Tod im voraus merken.




                Die Schnepfe als angeblicher Mediziner.


Vor einiger Zeit ging durch die Presse folgende Nachricht: Wie eine
Jägerzeitung berichtete, hätte eine am Ständer (Beine) verwundete
Schnepfe sich um die Wunde einen regelrechten Verband aus Federn
angelegt. Hierzu wurden allerlei liebenswürdige Bemerkungen gemacht.
Die nächste Schnepfe würde wahrscheinlich ein englisches Heftpflaster
oder einen antiseptischen Verband anlegen usw. In Wirklichkeit kann
die Sache nicht so ohne weiteres als Jägerlatein angesehen werden.
Allerdings ist der Streit fast hundert Jahre alt, ob die Schnepfe ihre
Wunden zufällig oder absichtlich mit Federn beklebt. Ich will mich
hier auf zwei Fachleute berufen, die beide in einer wissenschaftlichen
Zeitschrift (im Zoologischen Garten) ihre Ansicht vertreten haben.

Dr. ~Quistorp~ schreibt nämlich folgendes:

»Letzthin wurden von den Herren Gebrüder ~Müller~ Zweifel geäußert
an der Richtigkeit der Behauptung, daß Waldschnepfen sich zerschossene
Ständer mit Federn kunstgerecht verbinden. Ich bedaure, daß ich
nicht im Besitze solcher Ständer von Schnepfen, welche ich selbst
erlegt habe, bin, da ich dieselben im 60er Jahrzehnt an den damaligen
Redakteur der Wiener Jagdzeitung, Herrn Albert ~Imgo~, sandte;
sonst würde ich die Herren ~Müller~ sicherlich von der Richtigkeit
obiger Ansicht überzeugt haben.«

»Das eine Paar Ständer stammte von einer Schnepfe, nach welcher ich
am zweiten Ostertage des Jahres 1863 gegen Abend schoß, und die mit
zerschossenem einem Ständer wegflog, und zwar in einer Richtung, welche
ich im Nachhausegehen einhalten mußte. Ich suchte deshalb der kranken
Schnepfe nicht nach, um vor Sonnenuntergang noch den fehlenden Teil
des Reviers abzusuchen. Kurz vor Sonnenuntergang schoß ich wiederum
nach einer Schnepfe, die mit zwei zerschossenen Ständern wegflog, und
zwar in eine Heide hinein. Dieser suchte ich nach, konnte dieselbe
jedoch nicht finden, und wandte mich nun auf dem Heimwege der zuerst
krankgeschossenen Schnepfe zu, die ich dann auch bald wiederfand und
totschoß. Obgleich kaum eineinhalb Stunden vergangen, nachdem ich
zuerst nach derselben geschossen, fand ich bei ihr den zerschossenen
Ständer schon ganz kunstgerecht mit langen, ausgerupften Federn
umwickelt, so daß der Ständer sich wie in einem Kleisterverbande
befand. Die zweite Schnepfe, welcher ich beide Ständer zerschossen,
fand ich zwei Tage darauf in der Heide; an ihren Ständern waren nur
kleine Bauchfedern lose, aber in Menge, angeklebt. Auch Herr ~v.
Homeyer-Wrangelsberg~ sandte mir den Ständer einer Waldschnepfe mit
vielen, lose angeklebten kleinen Federn.«

»Ich habe daraus geschlossen, daß Schnepfen sich allerdings einen
regelrechten Verband anlegen können mit langen Federn, daß dazu aber
nur einer der Ständer zerschossen sein darf, damit sie mit Hilfe des
Schwanzes und Schnabels den Verband anlegen können. Ich habe in meinem
Leben viele solcher Schnepfen geschossen.«

Die Ansicht der bekannten Naturforscher Gebrüder Adolf und Karl
~Müller~ ist dagegen folgende:

»Es ist die Behauptung aufgestellt worden, daß Schnepfen, welche an den
›Ständern‹ verletzt worden seien, sich die Wunden mit ihren eigenen
Federn mittels des Schnabels verbunden hätten. Zu diesem Schluß kam man
durch geschossene Exemplare, bei welchen um verwundete Stellen der
Füße Federn ihres Leibes wie eine ziemlich regelrecht angelegte Binde
geschlungen waren.«

»Es ist uns durch einen befreundeten Oberförster, der ein tüchtiger
Weidmann ist, ein derartiger Schnepfenständer zur Untersuchung
übergeben und zum Geschenk gemacht worden. Es ist wahr, daß die um
die Zehengelenke eng und fest angelegten Federn einem künstlichen
Verbande gleichen. Die nähere Untersuchung -- und sie mußte leider
auf Kosten der Vollständigkeit dieses dichten Verbandes geschehen --
zeigte jedoch, daß die Federn auf der schweißenden Wunde festklebten,
und durch die Verbreitung des Schweißes rings um das Gelenk und
die einzelnen Zehenwurzeln ebenfalls Halt erhielten. Ob hier der
bekanntlich außerordentlich feinfühlige Schnabel, dessen Oberkiefer
sich wie eine Greifzange zu biegen vermag, -- welche Eigenschaft
wir beim Wurmen des Vogels und auch bei eben verendenden Exemplaren
beobachteten -- tätig gewesen sein könnte, wollen wir nicht gerade in
unbedingte Abrede stellen; wir halten es aber nicht für wahrscheinlich.
Die Entstehung des Verbandes ist vielmehr nach unserer Überzeugung
eine sehr natürliche. Der verletzte Vogel hebt den kranken Fuß und
zieht ihn am Leibe unter die Bauchfedern ein oder legt sich ausruhend
nieder, wobei der Fuß unter die Federn kommt. Diese kleben fest, der
Schweiß gerinnt, und beim Aufstehen oder Zurückziehen des Fußes vom
Leibe gehen die anklebenden Federn los und legen sich allmählich rund
um die Umgebung der Wunde, welche, wie gesagt, den Schweiß verbreitet.
Bei den leicht vorkommenden Anstößen schweißt die Wunde nach, und neue
Bauchfedern gesellen sich zu den alten, und zwar in verschiedener
Lage, so daß eine Art Geflecht entsteht. Zur Bildung eines solchen
natürlichen Verbandes ist gar keine Schnabelhilfe nötig, es formt
sich alles gemäß der zufälligen Umstände, welche durch die Situation
und die Tätigkeit des Vogels beim Fortbewegen usw. bedingt sind. Eine
Baumlerche (+Alauda arborea+) hat uns dies in der Gefangenschaft
zur Genüge klar gemacht. Bei solchen kleineren Vögeln kommt es sogar
vor, daß bei heftiger Blutung der Fuß dermaßen festklebt, daß wegen der
größeren Anzahl der in Mitleidenschaft gezogenen Federn die Kraft des
Vogels nicht ausreicht, den Fuß wieder zu strecken.«

»Wenn wir auch da, wo die exakte Beobachtung den Beweis liefert, immer
gerne das Seelenvermögen des Tieres gebührend hervorzuheben bemüht
sind, zu einem geschickten Chirurgen wollen wir doch die Schnepfe
nicht avancieren lassen; das hieße wahrlich, ein Verdienst oder Talent
anerkennen, wo keines vorhanden ist.«

Dieselbe Ansicht, wie die Gebrüder ~Müller~, hat auch kürzlich
ein Herr ~Schlabitz~ verteidigt, indem er behauptet, auch an den
Ständern, Tritten, Fängen usw. lege sich ein Verband sozusagen von
selbst an, da die verwundeten Tiere das schmerzhafte Glied an den
Körper ziehen, somit Federn auf die verwundete Stelle kommen, dort
ankleben und beim Strecken des betreffenden Gliedes leicht ausgerissen
werden. Ein ähnliches Beispiel hat Herr ~Schlabitz~ an einem Uhu
beobachtet. Er erzählt: Ich schoß einen solchen leicht an, nur am
oberen Schnabel ganz vorne, wo die scharfe Krümmung nach unten geht.
Da ich keine andere Verwundung vorfand, beschloß ich, ihn lebend zu
behalten. Ich gab ihm Elstern und Krähen zum Kröpfen, doch wollte
er dieselben nicht annehmen, wogegen er Sperlinge und Mäuse gerne
verschluckte. An dem Schnabel sah ich Federn angeklebt, und konnte
feststellen, daß sich ein fester Verband angelegt hatte. Ich versuchte,
sie mit einem Federmesser zu entfernen, aber die Wunde fing sofort
an zu schweißen, so daß ich einen weiteren Versuch unterließ. Dann
fiel der Verband nach ganz kurzer Zeit von selbst ab. Von dieser Zeit
beobachtete ich auch, daß der Uhu ebenso gern wieder Elstern, Krähen
und sonstige Raubvögel kröpfte.




                  Sichtotstellen als Rettungsmittel.


In den Erzählungen unserer Lesebücher wird häufig das Sichtotstellen
als vorzügliches Rettungsmittel gegen Raubtiere empfohlen. Schon in
der bekannten Fabel von den beiden Freunden, die das Fell des Bären
früher verkauften, als sie ihn erlegt hatten, wird dieses Verfahren
als zweckentsprechend erwähnt. Ich möchte im folgenden die Gründe
auseinandersetzen, weshalb ich zu diesem Mittel kein Zutrauen haben
kann.

In meinem Buche: »Ist das Tier unvernünftig?« habe ich ausführlich
dargetan, daß ein Teil der Tiere seinen Grundsinn in den Augen, ein
anderer in der Nase hat. Im westlichen Europa kamen in früheren
Jahrhunderten als menschengefährdende Raubtiere nur Bär und Wolf in
Betracht, da weder Luchs noch Fuchs, ebensowenig auch die Wildkatze,
einen Menschen angreifen, um ihren Hunger zu stillen. Nun liegt es auf
der Hand, daß weder Bär noch Wolf als Nasentiere eine sich totstellende
Person ohne weiteres für tot halten werden. Ein Sehgeschöpf, ein
Raubvogel, ein Löwe, Luchs, wie ein Mensch, mag ja dadurch getäuscht
werden, ein Nasengeschöpf gewiß nicht.

Jeder Hundebesitzer wird gewiß bestätigen, daß er als Schlafender
niemals von seinem treuen Wächter für tot gehalten worden ist. Der
Grund ist ja auch sehr einleuchtend. Der Hund richtet sich nach der
Nase und beschnuppert den Schlafenden. Da dieser wie ein Gesunder
ausdünstet, so kann er ihn natürlich nicht für tot halten.

Umgekehrt bewirkt jede Krankheit, jede starke Verwundung eine
Veränderung der Ausdünstung, was allen Nasentieren wohl bekannt ist.
Übrigens ist manchem Arzt mit guter Nase aufgefallen, daß selbst das
stumpfe Geruchsvermögen des Menschen ausreicht, um beim Betreten eines
Zimmers sofort erklären zu können: die Bewohner leiden an gewissen
Krankheiten, zum Beispiel am Scharlachfieber. Der Bär, der die Spur
eines gesunden Hirsches findet, kümmert sich nicht um diese, da er
weiß, daß er ein normales, ausgewachsenes Rotwild nicht einholen kann.
Sobald er aber eine solche von einem angeschossenen Hirsch wittert,
folgt er ihr eiligst. Das sind für Jäger ganz bekannte Sachen. Bei
einem schwerkranken Angehörigen konnte ich mich selbst von der
Richtigkeit dieses Zusammenhanges überzeugen. Unser Hund beroch eines
Tages den Patienten, heulte und war ganz verstört. Der herbeigeholte
Arzt untersuchte ihn, und erklärte, daß für die nächsten Tage jede
Gefahr ausgeschlossen sei. Der Hund behielt aber recht, denn vor
Ablauf von vierundzwanzig Stunden war der Patient eine Leiche. Die
beginnende Zersetzung des Körpers hatte er wahrscheinlich durch sein
Geruchsvermögen wahrgenommen, wie ja auch die Hunde Friedrichs des
Großen sich von ihrem Herrn kurz vor seinem Tode mit allen Zeichen der
Trauer abgewendet haben sollen.

Es liegt nun auf der Hand, daß wir uns wohl äußerlich so hinlegen
können, wie ein Toter, auch den Atem anhalten können und dergleichen,
daß wir uns aber niemals die Ausdünstung eines Toten anschaffen können.
Und das wäre doch bei Bär und Wolf die unerläßliche Voraussetzung.

Wer hiernach noch nicht überzeugt ist, daß das Mittel durchaus verfehlt
erscheint, dem möchte ich noch mit einem schlagenderen Beweise kommen.
Für den Nutzen des Sichtotstellens wäre doch die erste Voraussetzung,
daß das in Frage kommende Raubtier keine Leichen frißt. Hieran kann
doch nicht der geringste Zweifel bestehen.

Daß der Bär Leichen frißt, ist wohl unbestritten, heißt er oder
wenigstens eine Art von ihm doch mit Recht Aasbär. Brehm führt dafür
verschiedene Beweise an. So erlegte man in dem sibirischen Dorfe Makaro
einen Bären auf dem Friedhofe, als er gerade beschäftigt war, einen
kurz vorher beerdigten Leichnam auszugraben.

Was den Wolf betrifft, so braucht man nur daran zu erinnern, daß
selbst die verwöhntesten Hunde vielfach eine Vorliebe für verweste
Fleischstücke haben. Es ist daher kein Wunder, daß Isegrimm -- ebenso
wie der Fuchs -- »eine leidenschaftliche Vorliebe«, wie Brehm sagt, für
Aas hat.

Nur nebenbei sei bemerkt, daß die Annahme, die großen Katzenarten
seien keine Aasfresser, sich als gänzlich irrig erwiesen hat. Vom
Luchse schreibt neuerdings Baron ~v. Staël-Holstein~ in »Wild und
Hund«, daß er tote Rehe selbst dann fresse, wenn sie schon wochenlang
gelegen hätten. Selbst der Löwe geht nach v. Wißmann und anderen
Afrikareisenden gern an Aas, und ~Selous~ erklärt ausdrücklich,
der südafrikanische Löwe sei oft ein sehr schmutziger Fresser.

Das Ergebnis ist also folgendes: Das Sichtotstellen als Rettungsmittel
kann schwerlich empfohlen werden, da alle Raubtiere mehr oder minder,
gewiß aber Bär und Wolf, Leichenfresser sind. Die letztgenannten
würden als Nasentiere beim Beschnüffeln eines anscheinend Toten sofort
erkennen, daß es sich hier um eine Täuschung handelt.

So weit ich mich entsinnen kann, haben weder die alten Schriftsteller
dieses Mittel empfohlen, noch habe ich jemals von einem zuverlässigen
Jäger gelesen, daß er das Verfahren mit Erfolg probiert habe. Daß in
der erwähnten Fabel der eine Jäger das tut, will nichts besagen, denn
der andere klettert zu seiner Rettung auf einen Baum, was bekanntlich
wohl bei einem Wolfe oder Löwen einen Zweck hätte, aber nicht bei
Meister Petz, der selbst ein vorzüglicher Kletterer ist.

Trotzdem will ich die Möglichkeit durchaus nicht bestreiten, daß sich
Menschen durch Sichtotstellen gerettet haben, und erkläre mir das
folgendermaßen: Bei allen Raubtieren ist bekanntlich die Angriffslust
sehr vom Hunger abhängig. Angenommen nun, ein satter Bär oder Wolf
findet einen anscheinend toten Menschen, beriecht ihn und läßt ihn
ruhig liegen, ~so wäre der Grund für sein Verhalten nicht der, weil
er ihn für tot hält, sondern im Gegenteil, weil er merkt, daß er noch
lebendig ist~. Denn gesättigt scheuen selbst die gefährlichsten
Raubtiere den Menschen -- und mit vollem Rechte. Denn jedes Raubtier
kennt wohl die Waffen aller anderen Tiere, aber nie die des Menschen
(vgl. S. 19).

Bekannt ist es ja, daß der Wolf im Sommer entsetzlich feig ist, und
nur im Winter, wenn der Hunger ihn tollkühn gemacht hat, den Menschen
angreift. Nicht viel anders liegt die Sache bei dem Bären. So mag es
denn hin und wieder vorgekommen sein, daß sie einen Menschen, der
sich tot stellte, beschnüffelt und liegen gelassen haben, weil sie
fürchteten, er könnte aufspringen und ihnen eins versetzen. Die Furcht
vor dem lebendigen Erbfeind, nicht die Abneigung gegen den toten, war
also für ihr Verhalten bestimmend.




       Das Wiedererkennungsvermögen bei Menschen und bei Tieren.


Die Verfolgung von Verbrechern ist eine Hauptaufgabe der
Kriminalpolizei, kaum jemals aber wurde so eifrig nach Mördern
recherchiert, wie in der letzten Zeit. Da es sich um besonders
gefährliche Patrone handelte, so nahm das Publikum an dieser Suche
regen Anteil. Es verging wohl kaum ein Tag, an dem man nicht in seiner
Zeitung lesen konnte:

Diese oder jene Person erkannte den Festgenommenen mit Bestimmtheit als
den Mann wieder, der sich an dem betreffenden Tage durch sein Benehmen
verdächtig gemacht hatte.

Wir wissen aus Erfahrung, wie häufig Irrtümer in der Rekognoszierung
von Personen vorgekommen sind, selbst wenn die Zeugen ihre Aussagen
beschworen und mit der größten Bestimmtheit gemacht haben. Deshalb wird
auch kein erfahrener Polizeibeamter oder Richter ohne weiteres einer
solchen Angabe Glauben schenken.

Nicht selten ist es vorgekommen, daß Tiere, die bei der Verübung eines
Mordes zugegen waren, namentlich Hunde, später die Entdeckung des
Mörders durch ihr Gebaren herbeiführten, indem sie ihn wütend anfielen.

Der Hund des Aubry, der unsern Goethe zur Niederlegung der Leitung
des Hoftheaters veranlaßte, ist ja allgemein bekannt. Aber schon im
Altertum finden wir Berichte ähnlicher Art. So erzählt ~Plutarch~
beispielsweise folgendes: Als König Pyrrhus mit seinem Heere
marschierte, fand er einen Hund, welcher den Leichnam eines Gemordeten
bewachte. Er erkundigte sich näher und erfuhr, daß der Hund schon
drei Tage bei seinem erschlagenen Herrn verweilte, ohne einen Bissen
zu fressen. Der König befahl, den Toten zu begraben, den Hund aber
mitzunehmen und zu verpflegen. Wenige Tage darauf ward das Heer
gemustert und defilierte vor dem König. Nicht weit von diesem saß der
Hund und verhielt sich ganz ruhig. Unter den Soldaten befanden sich
aber die Mörder seines Herrn, und als er diese bemerkte, schlug er laut
an und stürzte sich wütend auf sie los, wobei er sich oftmals nach dem
Könige umsah. Jetzt entstand Verdacht gegen die Mörder; es ward Befehl
erteilt, sie zu ergreifen; und da noch andere Beweise ihrer Schuld
hinzukamen, gestanden sie den Mord und wurden bestraft. --

Vom Standpunkte des Kulturmenschen aus wird man über eine solche
Rekognoszierung von Verbrechern durch Tiere lächeln und folgendermaßen
philosophieren: Schon der Naturmensch steht unendlich höher, als
das unvernünftige Tier, noch höher der Kulturmensch, am höchsten
diejenigen Menschen, die in den Brennpunkten der Kultur wohnen, also
die Großstädter. Wenn sich nun schon der letztgenannte erfahrungsgemäß
beim Wiedererkennen häufig irrt, so ist es direkt lächerlich, auf
das Gebaren der Tiere das geringste Gewicht zu legen. -- Ist diese
Deduktion zutreffend?

Ich wurde auf diese Frage wiederum hingewiesen, als ich kürzlich einem
Vortrag zuhörte, den Dr. ~Heinroth~, langjähriger Assistent
unseres Berliner Zoologischen Gartens, über seine Beobachtungen an
gefangenen Tieren gehalten hat. Hierbei kam er nämlich auch auf das
Wiedererkennungsvermögen der Tiere zu sprechen, und führte zum Beispiel
folgendes an: Junge Wildenten, die eben aus dem Ei gekrochen sind,
unterscheiden bereits nach ganz kurzer Zeit ihre Mutter unfehlbar
von anderen Entinnen. Versucht man ein Entenkücken, das seine Mutter
verloren hat oder in einer Maschine ausgebrütet ist, bei gleichaltrigen
Genossen unterzubringen, so wird es von allen Geschwistern überfallen
und eventuell getötet.

Dr. ~Heinroth~, der einer unserer vortrefflichsten Tierkenner
ist, erklärte, daß er hier vor einem Rätsel stände, für das ihm
jedes Verständnis fehlte. Kein Mensch sei imstande, unter zwanzig
Entenmüttern eine bestimmte herauszufinden. Wohl bemerkt, handelt es
sich hier um Wildenten, die im Gegensatz zu unseren zahmen Enten alle
ganz gleich aussehen. Noch viel weniger sei aber ein Mensch imstande,
gleichaltrige Kücken zu unterscheiden. Eine solche Leistung bringe
jedoch bereits eine Ente im Alter von zwei Tagen mit unfehlbarer
Sicherheit fertig.

Die Tatsachen an sich waren mir nicht neu. Ich kann auch das Erstaunen
des Vortragenden nicht teilen, und zwar aus folgenden Gründen:

Wir Kulturmenschen werden durch unser Denken viel zu sehr von dem
Betrachten äußerlicher Dinge abgezogen, während der einfache Mann sich
ihm ganz widmen kann.

Ferner kommt die Macht der Übung hinzu. Man vergleiche hierzu: Ist das
Tier unvernünftig? S. 78.

Daß reine Naturvölker auf diesem Gebiete dem Kulturmenschen unendlich
überlegen sind, kann nur der bestreiten, der sich nicht belehren
lassen will. Wenn diese Überhebung des Kulturmenschen nicht bestände,
so hätten wir sicherlich nicht so viele schmerzliche Verluste in
Südwestafrika erlitten.

Mag in Indianerbüchern manches übertrieben sein, das bleibt
unbestritten wahr, daß die Sinne der Naturvölker schärfer und ihre
Beobachtungsgabe größer ist. Ein Gelehrter, dessen Name mir entfallen
ist, schilderte, daß ihn auf seinen Reisen seine Frau in Männerkleidern
begleitete, ohne daß ihr Geschlecht bei Kulturvölkern jemals erkannt
wurde. Bei einem Naturvolke durchschaute man jedoch sofort die
Täuschung. Bei den Tieren ist das im gleichen Maße der Fall. Die
meisten Hunde erkennen zum Beispiel allein am Tritt, ob ein Fremder
oder ein Bekannter die Treppe hinaufkommt. Einen Kulturmenschen, der
das gleiche mit seinen Ohren leisten kann, wenn der Kommende ein
Durchschnittsmensch ist, also natürlich weder knarrende Stiefel trägt
noch humpelt u. dgl., habe ich noch nicht kennen gelernt.

Dabei entwickelt sich diese Unterscheidungsfähigkeit bei Tieren schon
wunderbar früh. Folgender Fall, der hierfür beweisend sein dürfte, ist
mir im Gedächtnis geblieben.

Die Wirtin, bei der ich als Student wohnte, hatte einen jungen Hund
geschenkt bekommen, der eben erst entwöhnt war. Er machte noch einen
recht stupiden Eindruck und lag in einer Sandkiste im Hinterzimmer.

Um dieselbe Zeit erhielt ich von einem auswärtigen Freunde die
Nachricht, daß er mich in den nächsten Tagen besuchen und bei mir, wie
bereits früher, übernachten wolle, was denn auch geschah.

Am anderen Tage brachte ich meinen Freund, der weiter fahren wollte,
zum Bahnhof. Bei meiner Rückkehr erzählte mir meine Wirtin, daß sie
in der Nacht durch das Winseln des Hundes aufgewacht sei und, da es
nicht aufhörte, vermutet habe, dem Tiere fehle etwas. Sie sei daher
aufgestanden, habe aber nichts finden können, was sein Benehmen
erklärte. Trotzdem sei der Hund nicht zu beruhigen gewesen, bis sie
schließlich auf den Gedanken gekommen sei, mein Freund sei angekommen.
Da sie sehr zeitig schlafen gegangen sei, hatte sie von unserem Kommen
nichts gehört. Ihre Annahme, der Fremde veranlasse das Winseln des
Hundes, erwies sich auch als zutreffend, denn sowie er fort war, hörte
es plötzlich auf.

Mit der Familie der Wirtin waren wir Mieter zusammen sechs Personen in
der Wohnung. Der Hund war noch nicht eine Woche in der neuen Behausung,
und schon unterschied er am Schritt, ob eine Person, die nicht dort
wohnte, angekommen war.

Wenn ein Hund, der eben erst entwöhnt ist, eine solche Leistung
vollbringt, so kann ich mich nicht wundern, daß eine junge Ente mit
ihren Augen ähnliches leistet.

Täglich kann man ja derartiges beobachten. Wie schwer ist es nicht
für uns zu unterscheiden, ob ein Kanarienvogel, ein Stieglitz usw.
ein Männchen oder ein Weibchen ist. Den Vögeln selbst muß aber diese
Unterscheidung keine Schwierigkeit bereiten, denn sie irren sich
niemals. Man denke an die zahllosen Vogelberge, wo es uns unerklärlich
ist, woran sich die Ehegatten wieder erkennen.

Wer da weiß, wie schwer die einzelnen Raubvogelarten zu unterscheiden
sind, der hat sich gewiß schon oftmals gewundert, daß Hühner oder
Schwalben und andere Vögel bei den ihnen ungefährlichen Raubvögeln
sich ganz ruhig verhalten, dagegen sofort in Aufregung geraten, falls
ein gefürchteter Feind auf der Bildfläche erscheint. Der Uhu vor der
Krähenhütte erkennt selbst am Tage bereits einen drohenden Gegner -- er
wirft sich dann auf den Rücken --, wenn das schärfste Menschenauge noch
nichts wahrzunehmen vermag.

Es scheint sogar, als wenn junge Enten, die nicht imstande sind,
ihre Geschwister und ihre Mutter von anderen zu unterscheiden, wie
verkrüppelte getötet werden. Wenigstens spricht für diese Annahme
folgender Fall, der sich vor einigen Jahren im Berliner Tiergarten
abspielte, wo viele Wildenten brüten.

Bei dem knappen Raum ereignete es sich, daß zwei Schofe sich
begegneten, und die Kleinen der beiden Mütter durcheinander gerieten.
Trotzdem fand jedes Entchen sofort seine richtige Mutter. Nur eine
kleine Ente irrte sich einen Augenblick und schwamm einige Schritte
weit mit der fremden Mutter mit. Sobald sie ihren Irrtum bemerkt hatte,
kehrte sie schleunigst zu den ihrigen zurück. Und was geschah nun? die
eigene Mutter war so erbost, daß sie das Kleine packte und ertränkte.

Zum Erstaunen über das Wiedererkennungsvermögen junger Enten
dürfte also nach den obigen Ausführungen kein Anlaß vorliegen. Der
Kulturmensch steht leider auf dem unglückseligen Standpunkt, den
schon die alten Griechen eingenommen haben, daß nämlich eine Malerei,
die Menschen täusche, vollkommener sei, als eine solche, die Tiere
irritiere. Daß das nicht unbedingt richtig ist, haben wir soeben
gesehen.




                                Anhang

Kurze Bemerkungen zu einigen Kritiken meiner Bücher.


Wer neue Ansichten in unserm lieben Vaterlande aufstellt, muß sich
stets zweierlei gefallen lassen. Einmal wird ihm von einem Teile der
Kritiker entgegengerufen: »Das ist ja alles längst bekannt!« -- Sodann
aber treten Gegner auf, die ihm zu beweisen suchen, daß alles, was er
sage, vollkommen falsch sei. Beides ist bei mir natürlich ebenfalls
eingetroffen. Um Irreführungen vorzubeugen, möchte ich hierzu folgendes
bemerken:

Wenn die Theorie mit dem Verhältnis zwischen Auge und Nase längst
bekannt gewesen wäre, so müßte es doch ein leichtes sein, nur eine
einzige Stelle anzuführen, wo sie vor mir aufgestellt worden ist. In
den gangbarsten zoologischen Werken, so in dem Tierleben von Brehm
findet sich keine Spur davon, und zwar weder in der von Brehm selbst
noch in der von seinem Nachfolger bearbeiteten Auflage, ebensowenig
bei Haacke-Kuhnert und den Werken des Professor Marshall, ferner von
Professor Heck und Matschie usw. Selbst nach dem Erscheinen meines
Buches: »Ist das Tier unvernünftig?« hat z. B. +Dr.+ Schäff,
Direktor des Zoologischen Gartens von Hannover, in seinem neuerdings
veröffentlichten Werke »Jagdtierkunde« zu dieser Ansicht nicht einmal
Stellung genommen -- sie muß ihm also selbst heute noch ganz unbekannt
sein. Ebenso hat Dr. Heinroth, langjähriger Assistent im Berliner
Zoologischen Garten, der als einer der besten Tierkenner bekannt ist,
im vorigen Jahre in einem Vortrage, dem ich beiwohnte, zwar zugegeben,
daß Vögel nicht wittern können, aber z. B. von den Hirschen behauptet,
daß sie sowohl wittern wie gut sehen können. Die hervorragendsten
Vertreter der zoologischen Wissenschaft haben also noch heute keine
Ahnung von einer Theorie, die angeblich schon längst bekannt war --
oder bekämpfen sie vereinzelt sogar!

Andererseits soll das angeblich längst Bekannte grundfalsch sein. Ich
habe bereits erwähnt, daß so anerkannte Autoritäten wie v. Wißmann,
Schillings und Oberländer, die in mehreren Erdteilen gejagt haben, mir
im Prinzipe durchaus recht gegeben haben und könnte damit die Sache als
erledigt betrachten, zumal ich noch mehr als ein Dutzend andere Namen
anführen könnte, deren Träger ebenfalls im Auslande gejagt haben und
von der Richtigkeit meiner Ansicht durchdrungen sind.

Damit ist natürlich keineswegs gesagt, daß alles, was in meinem Buche
steht, unbedingt richtig sei. Im Gegenteil -- ich gebe ohne weiteres
zu, daß einige Kleinigkeiten geändert bezw. umgearbeitet werden müssen.
Das soll auch später geschehen. Ferner habe ich nur des leichteren
Verständnisses wegen die Formel aufgestellt: Je besser die Augen
usw. Genau ausgedrückt muß es heißen: ~Bei den höher organisierten
Tieren ist die Summe aller Sinne gleich.~ Bei den Fledermäusen
wird beispielsweise das schwache Sehvermögen nicht bloß durch die
Nase, sondern auch durch das Tastvermögen ersetzt. Wenn aber bei der
leichteren Fassung schon Mißverständnisse entstanden sind, dann kann
man sich vorstellen, wie wenige die genauere Formulierung begriffen
hätten.

Merkwürdigerweise hat kein einziger Gegner diesen Hauptmangel meiner
Theorie bemerkt, was wohl der beste Beweis ist, wie wenig sie von der
ganzen Sache verstehen. Übrigens wird mir jede sachliche Kritik stets
erwünscht sein. So wurde ich brieflich darauf aufmerksam gemacht,
daß der Ausdruck Dachs für Dachshund (vgl. Streifzüge S. 92) doch
hin und wieder vorkomme. Auch gebe ich gern zu, daß der Zusammenhang
von Maulaffen und Affen nicht wahrscheinlich ist. Hierauf wurde ich
in zahlreichen Zuschriften aufmerksam gemacht. Ferner wurden gegen
die Erklärung der Hufbewegungen edler Pferde (vgl. ebenda S. 76)
von einigen Kavallerie-Offizieren Bedenken geltend gemacht. Diese
Zuschriften sind eingehend geprüft worden und werden bei späteren
Auflagen berücksichtigt werden. Bereits jetzt aber spreche ich allen
den betr. Herren für das große Interesse, das sie meinen Arbeiten
entgegenbringen, meinen aufrichtigen Dank aus.

Wer, wie ich, selbst viel kritisiert, darf selbstverständlich gegen
Kritiken anderer nicht empfindlich sein. Von einem solchen Übelnehmen
weiß ich mich auch vollkommen frei. Aber ich wünsche, von meinem
Gegner Gründe, nicht Redensarten zu hören. Ich glaube mit Bestimmtheit
behaupten zu können, daß ich niemals eine gegnerische Ansicht getadelt
habe, ohne meine abweichende Meinung eingehend zu begründen. Es ist
möglich, daß ich mich in meiner Kritik irre, aber den guten Glauben
wird mir niemand absprechen können.

Leider kann ich das gleiche nicht von einzelnen Gegnern sagen. Da nennt
einer mein Buch eine Sensationsschrift, von der jeder käfersammelnde
Knabe Teile widerlegen kann. Also ein Buch, das hauptsächlich aus
Arbeiten besteht, die Jahre vorher veröffentlicht sind, ist eine
Sensationsschrift! Und warum werden nun nicht die Teile genannt, die
bereits ein dummer Junge widerlegen kann? -- Weil sie der Herr Kritiker
selbst nicht angeben kann!

Andere Kritiker müssen aus Konkurrenzgründen durchaus etwas Falsches
feststellen. Ich schreibe in den Streifzügen S. 16, daß der Affenfang
durch Maiskorn, das sich in einem Gefäß befindet, mir nach den eigenen
Beobachtungen an Affen und nach der Versicherung anderer Naturforscher
wahrscheinlich vorkomme. Sofort wird mir der Blödsinn unterstellt,
daß ich Ammenmärchen erzähle und diesen Bericht aus der Raffschen
Naturgeschichte, die vor 100 Jahren erschienen ist, entnommen habe.
Den Raff kannte ich damals gar nicht, finde jedoch nachträglich, daß
bei ihm die Geschichte ganz anders und zwar mit Kokosnüssen erzählt
wird. Schon hieraus konnte jeder entnehmen, daß Raff nicht meine Quelle
sei. In Wirklichkeit stammt sie aus -- Brehm, der ausdrücklich an zwei
Stellen diesen Affenfang bestätigt (2. Aufl. Bd. 1 S. 45 u. 204).
Man sieht, es laufen heute »Kritiker« herum, die zoologische Bücher
besprechen, ohne von Brehm eine Ahnung zu haben.

Den Vogel auf diesem Gebiete schießt aber der Forstmeister Rothe aus
Görlitz ab, der vor einem halben Jahre eine Gegenschrift gegen mich
veröffentlicht hat. Dieses Machwerk möchte ich doch etwas niedriger
hängen. Zum besseren Verständnis muß ich folgendes vorausschicken.

Bereits vor dem Erscheinen meines Buches polemisierte Rothe gegen
einzelne naturwissenschaftliche Ansichten von mir und betonte, daß
für den Praktiker nur Brehm maßgebend sei. Aus diesem Grunde habe
ich mich auf diesen von mir hochverehrten Naturforscher mit Vorliebe
berufen, ferner ihn absichtlich wörtlich zitiert, wie auch die andern
anerkannten Autoritäten, beispielsweise v. Wißmann, den »Zoologischen
Garten« usw. Nun, sollte man meinen, könnte selbst der schärfste Gegner
nichts auszusetzen haben. Denn hatte Brehm falsche Beobachtungen
gemacht, so war es ja Pflicht seiner Anhänger gewesen, in den 30 Jahren
seit dem Erscheinen der zweiten Auflage, seine Irrtümer zu berichtigen.
Statt dessen hagelt es von Ausdrücken wie Ignorant, Zoologische
Brunnenvergiftung, Stubengelehrter usw. Auf diese Tonart einzugehen,
verbietet mir meine Erziehung.

Für die Leser von Jagd-Zeitungen ist diese Methode R.'s nichts Neues.
Anrempeleien anderer Autoren kann man in den letzten Jahrgängen zur
Genüge finden. Kürzlich hatte er über Goethe als Jäger geschrieben,
und als ihm das Irrige seiner Ansicht überzeugend nachgewiesen war,
verkroch er sich hinter der Ausrede, er hätte es nicht wörtlich
gemeint. Obwohl er seit vielen Jahren für die Deutsche Jägerzeitung
und »Wild und Hund« schreibt, hat weder der Neudammsche noch Pareysche
Verlag seine Broschüre übernommen, ja sie ist bis heute -- mehr als
sechs Monate seit ihrem Erscheinen -- mit keiner Silbe besprochen.
Das läßt tief blicken -- würde Sabor sagen. Dagegen hat die Deutsche
Jägerzeitung mein Buch in acht ausführlichen Artikeln wohlwollend
beurteilt. Dabei ist es doch selbstverständlich, daß eine Jagd-Zeitung
eher für einen Forstmeister als für einen Gelehrten eintritt.

Nun zur Sache selbst. Abgesehen von einigen unbedeutenden Kleinigkeiten
hat R. nicht das geringste von meinen Grundsätzen widerlegt. Um aber
den Anschein einer Widerlegung hervorzurufen, bedient er sich folgender
Mittel:

1. Im Gefühle, sachlich nichts von Bedeutung einwenden zu können, wird
er persönlich. Obwohl ich als Sohn eines Gutsbesitzers in einem kleinen
Dorfe geboren bin und in frühester Kindheit schon von Hunden umgeben
war, bin ich natürlich kaum aus der Stube gekommen usw. Es wundert mich
nur, daß R. nicht auch behauptet, ich hätte noch niemals einen Hund
gesehen.

2. Er wirft mit Phrasen-Kritiken um sich, ohne sie zu begründen. So
wimmelt es in seiner Broschüre von Ausdrücken wie: es berührt peinlich
(S. 15 u. 24), ist sehr bedenklich (S. 17), ist zu burlesk (S. 18) usw.

3. Er unterstellt dem Gegner die blödsinnigsten Ansichten und
Aussprüche, die dieser niemals geäußert hat. Erkläre ich z. B., daß
ich mäßig kurzsichtig bin und mit Nr. 16 volle Sehschärfe besitze, so
kann man bei der Lektüre seiner Schrift den Eindruck erhalten, als
hätte ich alle Beobachtungen ohne Glas gemacht. Daß z. B. Schillings
und Präsident Roosevelt, gegen die R. doch der reine Waisenknabe ist,
ebenfalls kurzsichtig -- und zwar, wie ich höre, in noch höherem Grade
-- und trotzdem vortreffliche Tierbeobachter sind, wird natürlich
wohlweislich verschwiegen. Habe ich ~eine~ Beobachtung vom
Fenster aus gemacht, so habe ich sie ~öfter~ von dort aus
gemacht. Schreibe ich, daß nur Nase oder Auge hervorragend sind, indem
ich auf S. 75 ausdrücklich hervorhebe, daß das Gehör aller Tiere
mindestens ebensogut wie das der Menschen sei, so wird mir der Blödsinn
unterstellt, ein Nasentier, z. B. ein Hund, habe außer seiner Nase
keinen Sinn usw. (S. 42), könnte z. B. nicht hören.

4. Er stellt die unsinnigsten und unwahrsten Behauptungen auf, die er
auf späteren Seiten wieder vergessen hat. So heißt es gleich im Anfang,
daß es keine Schöpfungskrüppel gibt, daß die Natur den Kreaturen
überreichlich Mittel und Waffen gegeben hat, um den Existenzkampf
zu führen (S. 11 u. 30). Jeder, der eine Spur Logik besitzt, wird
hiergegen einwenden, wie es unter diesen Umständen möglich sei, daß ein
Pflanzenfresser von einem Raubtiere erbeutet werden könnte. Auf S. 60
heißt es aber im vollsten Widerspruch damit, daß Rinder und Fische nur
2 Sinne, ja die Eule nur einen hervorragenden Sinn besitzen, ferner auf
S. 49, daß die Katzen schlecht wittern können.

Ferner lesen wir gleich im Eingang auf S. 11 den Grundgedanken
(wiederholt auf S. 60 und 80), daß die Sinnesorganisation des Tieres
genau der dem Menschen verliehenen Ausrüstung entspricht. Hieraus geht
hervor, daß R. nicht die elementarsten Kenntnisse in der Tierkunde
besitzt. Ich will hier nur die Fledermäuse anführen, also Säugetiere,
die dem Menschen sehr nahe stehen. Bei Brehm (2. Aufl. Bd. 1 S. 286)
heißt es, daß einige Arten besonders kleine Augen haben und diese so
unter dichten Gesichtshaaren versteckt stehen, ~daß sie unmöglich dem
Zwecke des Sehens entsprechen können~. Schon vor vielen Jahrzehnten
hat man festgestellt, daß Fledermäuse, denen man die Augen zuklebte,
trotzdem den feinsten Fäden auswichen, daß sie sich also durch ihr
feines Tastgefühl orientieren, während ihr Sehvermögen fast null
ist. Im »Zoologischen Garten« sind mehrfach Fälle angeführt, wonach
vollständig erblindete Fledermäuse gefangen wurden, die sich trotzdem
in gutem Nährzustande befanden. Man stoße einen blinden Menschen in die
Wildnis, wo Feinde lauern, und überlasse ihn seinem Schicksal. Nach
wenigen Tagen dürfte er ausgelitten haben. Von dem Blindmull (+talpa
caeca+), der Blindmaus (+mus typhlus+) usw., scheint R. niemals etwas
gehört zu haben. Und ein »Kritiker«, dem die einfachsten Kenntnisse der
heimischen bezw. europäischen Tierwelt fehlen, beurteilt ein Buch, das
die Kenntnis der gesamten Tierwelt voraussetzt.

5. R. betont, daß er nur eigene Beobachtungen bringe. So heißt es
auf S. 61: Alles, was ich gebe, ist durchaus selbst erlebt. Da
selbst ein Niedick, der in 5 Erdteilen gejagt hat, eine Unmenge
Tiere niemals aus eigener Anschauung kennen gelernt hat, so ist es
selbstverständlich ein Unding, daß ein einzelner Mensch alle Tiere in
der Wildnis genügend beobachtet hat. Nebenbei bemerkt, kosten solche
Reisen ein ganzes Vermögen und viele Jahre. Ich nehme also von R. an,
daß er nur die wenigen Tiere der Heimat kennt bezw. zu kennen glaubt,
und daß er niemals außerhalb Deutschland gejagt hat. Selbst auf den
Redaktionen wußte man nichts davon. Da R. allein über die Fährten
zweier versprengten Wölfe seitenlang berichtet, so muß man bei seiner
Weitschweifigkeit annehmen, daß er über einen erlegten Bären mindestens
ein ganzes Werk geschrieben hätte.

Auf S. 187 gebe ich ein Verzeichnis der Augen- und Nasentiere.
Hierzu schreibt der »Kritiker« (S. 29): »Tierkundige mögen sich an
diesem Verzeichnis prüfen.« Hier gibt R. freimütig zu, daß er zu den
Tierkundigen nicht gehört.

Es ist doch wirklich eine unerhörte Leistung, daß R. die ausländischen
Tiere in der Freiheit nicht kennen gelernt hat und trotzdem
apodiktische Urteile über sie abgibt. Der Leser urteile selbst darüber.
Ich führe ca. 20 Tiere mit schwachem Gesicht an, bei sechs gebe ich
sogar die Urteile wortgetreu von bekannten Autoritäten an, z. B. bei
Elefant und Bison. Brehm, Haacke-Kuhnert und v. Wißmann erklären z.
B. das Auge des Elefanten für schwach. R. dagegen erklärt (S. 24):
»Alle diese Tiere haben ein vortreffliches Gesicht.« Nun ist zweierlei
möglich. Entweder muß R. erklären, ich weiß es besser, da ich mehr
Elefanten geschossen habe, als alle diese Herren zusammengenommen. Das
ist sicherlich nicht wahr. Denn sonst würde er nicht bloß erzählen, daß
er einen Elefanten im Zoologischen Garten beobachtet hätte (S. 62).
Oder er besitzt die eherne Stirn, hier, wie so häufig, uns Jägerlatein
vorzutragen und, ohne selbst Elefanten gejagt zu haben, diese
Autoritäten zu bezichtigen, unrichtige Angaben gemacht zu haben.

Ich hätte ja noch viel mehr Leute nennen können, die genau Elefanten
kennen und ausdrücklich hervorheben, daß ihr Auge schwach sei, z.
B. Schillings (Mit Blitzlicht und Büchse, S. 125 u. S. 141). Ein
Jäger hat doch gewiß kein Interesse daran, das Auge eines erlegten
Ungetüms als schlecht zu bezeichnen. Das mindert doch augenscheinlich
seinen Jägerruhm. Tut er es trotzdem, so kann man ihm doch unbedingt
glauben. Gerade Schillings schildert den Elefanten als ein besonders
gefährliches Wild (S. 159). Nebenbei bemerke ich, daß dieser kühne
Afrikareisende sofort die Unterscheidung von Augen- und Nasentieren
übernommen hat (S. 235), auch neue Beispiele für das Zusammenwirken
beider anführt (Giraffe und 2 Elefanten S. 126). Ferner hat er auch den
Ausdruck »Post der Tiere« akzeptiert, man vergleiche Post des Nashorns
S. 175, Post des Nilpferdes S. 209. R. hingegen schreibt über die Post
der Tiere (S. 78): Meine Ausführungen sind »so überwältigend, daß ich
sie dringend zum Studium empfehle«. -- Jedes weitere Wort ist wohl
überflüssig.

Bei dem Bison hätte ich für das schwache Gesicht außer Brehm noch den
Präsidenten Roosevelt anführen können, der ein hervorragender Jäger
ist und eigenhändig Bisons erlegt hat. Auch hier erklärt R., daß er
vortrefflich sieht. Also R. hat auch in Amerika -- oder auf dem Monde?
-- Bisons gejagt und mehr geschossen als die gedachten Herren!

Überhaupt sind die Urteile, die R. über ausländische Tiere abgibt,
geradezu haarsträubend, so daß man darin bestärkt wird, er redet
lediglich vom Hörensagen. Einige Beispiele seien noch angeführt. Gegen
meine Tigertheorie (Abneigung des Stieres gegen rote Farbe), macht er
in der Deutschen Jägerzeitung (Bd. 44 S. 38) folgendes geltend: »Im
übrigen geht auch das stärkste Tier nie auf einen Tiger los, sondern
flüchtet vor ihm, solange es kann.« Dasselbe sagt er S. 15.

Daß in Wirklichkeit die Wildbüffel den Tiger oft angreifen, weiß
der geneigte Leser aus den Streifzügen S. 39. v. Wißmann hat selbst
beobachtet, daß ein Kaffernbüffel sogar einen Löwen vom Fraße
verscheuchte.

Ebenda S. 5 heißt es: »Der Hund ist das intelligenteste und
vielseitigste Tier. Der Affe erreicht ihn nicht im entferntesten.«

Nur jemand, der sich niemals mit Affen beschäftigt hat, kann einen
solchen Satz niederschreiben (vgl. Streifzüge S. 68).

Bd. 40 S. 157 schreibt er, daß die Affen ihre Kinder oft aus Liebe
ersticken, obwohl Brehm ausdrücklich erklärt, daß es in der Neuzeit
niemals beobachtet sei (Bd. 1 S. 49). -- Brehm erklärt die Affenbrücke
für eine Fabel, R. ist anderer Ansicht (S. 87). Brehm sagt auf Grund
eigener Beobachtungen, der Löwe brüllt, um die Herde zum Ausbrechen
zu veranlassen, R. dagegen sagt: »Nein, er brüllt aus hocherregter
Raubgier und im Vollgefühl seiner unbezwinglichen Kraft« (S. 13).

Im Anschluß hieran möchte ich noch über eigene Beobachtungen folgendes
bemerken. Wenn ich in einem Buche etwas beweisen will, so bin ich
Partei und -- wie in der Natur der Sache liegend -- befangen. Ich habe
deshalb nur solche Beobachtungen angeführt, die jeder nachprüfen kann.
Es beweist etwas, wenn ich sage, v. Wißmann, Horn, Marshall u. a.
sind der Ansicht, Vögel können nicht wittern. Dagegen ist es geradezu
lächerlich, wenn R. dagegen anführt (S. 52), er und mehrere Zuschauer
hätten gesehen, daß eine Amsel gewittert hätte. Wer waren denn die
andern Personen?

Kein Mensch kann, wie gesagt, alle Tiere in der Wildnis beobachtet
haben, selbst ein Brehm hat trotz seiner Reisen in andern Erdteilen
drei Viertel seiner Tierschilderungen andern Personen entlehnen
müssen. Dagegen haben wir jetzt einen Vorzug, den frühere Zeiten nicht
besaßen. Durch die zahlreichen Tierschilderungen haben wir jetzt das
Mittel der gegenseitigen Kontrolle. Ferner ist es klar, daß verwandte
Tiere verwandte Handlungen begehen. Ich möchte das an einem Beispiele
klarmachen. In »Zwinger und Feld« (vgl. Februarheft des »Kosmos«
II. S. XXIII) wird von einem Rebhuhn erzählt, das eine Verletzung
vortäuschte und dadurch einen Fuchs von seinen Jungen fortlockte.
Wer Tiere nicht kennt, wird als Skeptiker wahrscheinlich sagen: »Ja,
weiß man denn, ob es wahr ist?« Liest er hingegen in meinem Buche das
Kapitel: Verstellungskünste bei Vogeleltern und sieht, daß es sich hier
um einen bei fast allen Vögeln, insbesondere den Erdbrütern, üblichen
Kunstgriff handelt, so wird ihm die Sache ganz einleuchtend vorkommen.
Andererseits müßte er ja annehmen, daß Männer wie Naumann, Brehm usw.
sich vorgenommen hätten, ihren Lesern etwas vorzulügen und zufällig auf
denselben Schwindel geraten wären.

Das Mittel der gegenseitigen Kontrolle gibt mir sofort die Möglichkeit
zu sagen, ob eine Tiergeschichte wohl wahrscheinlich sei oder nicht.
Obwohl ich ferner diesen Grundsatz auch bei Autoritäten angewandt und
mich fast immer auf solche berufen habe, ist es mir trotzdem selbst
bei wohlwollenden Kritikern passiert, daß sie fragten: Ja, ist denn
das alles wahr, was Zell erzählt? Das kommt also vor, obwohl ich
fortwährend die Autoritäten nenne, auf die ich mich berufe. -- Ich muß
demnach meine Methode der Beweisführung für die allein richtige halten.

Doch ich kehre nach dieser Abschweifung zu den Tieren mit schwachen
Augen zurück, die es angeblich nach Rothe nicht gibt. So hätte ich --
wäre ich jemals auf den Gedanken gekommen, daß es bezweifelt würde --
noch eine größere Anzahl von Tieren mit schwachem Gesicht und eine
größere Anzahl von Autoritäten, die mir recht geben, anführen können.
Da aber z. B. bei der Spitzmaus die alten Römer bereits ein Sprichwort
hatten (vgl. S. 63), so hielt ich es für unmöglich, daß solche
Tatsachen in Deutschland »widerlegt« werden und zwar dadurch, daß ein
»Kritiker« erklärt, diese Tiere sehen sehr gut.

Wegen des Hundes wollte ich noch anführen, daß der Sachverständige
für die Deutsche Jäger-Zeitung, +Dr.+ Ströse, Verfasser des
Werkes: »Unsere Hunde«, bereits 1892 daselbst (Bd. II, S. 66 ff.),
was mir damals noch nicht bekannt war, ausführlich nachweist, daß der
Hund schlecht sieht. Wer das behauptet, ist nach R. (vgl. S. 40) ein
Ignorant. Also die Deutsche Jäger-Zeitung, deren Mitarbeiter R. ist,
hält sich zum Sachverständigen einen Ignoranten -- glücklicherweise
nur nach R.s Ansicht, während andere Tierkundige +Dr.+ Ströse
vollkommen recht geben.

Selbst von Hunden versteht also Forstmeister R. trotz 60jähriger
Beobachtung nichts.

Hinsichtlich der Pferde wollte ich bemerken, daß mir eine Autorität
auf diesem Gebiete, der gerichtliche Sachverständige für Pferde, Major
Schoenbeck, sowie zahlreiche Kavallerieoffiziere vollkommen recht
gegeben haben.

6. Am ergötzlichsten ist die Anmaßung, daß R., der fortwährend
betont, er habe sich im Freien herumgetrieben, trotzdem über meine
Homerabhandlungen absprechend urteilt (S. 80). War er in Feld und
Flur, dann kann er keine Homerstudien getrieben haben. Es ist ja nur
charakteristisch für diesen »Kritiker«, daß er fortwährend über Dinge
urteilt, die er nicht versteht.

7. Ein Eckstein meiner Beweisführung ist der Windhund, der nach
~Brehm~ gut äugt, aber schlecht wittert. Hier war R., der sonst
das Unglaublichste behauptet, mit seinem Jägerlatein zu Ende, denn dem
Leser zu erklären, das ist unwahr, der Windhund wittert vorzüglich, wie
er das bei anderen Tieren tut, schien ihm zu riskant. Wie widerlegt
er nun die meine Theorie überzeugend beweisende Tatsache, daß ein
ausnehmend gut sehender Hund dafür ausnehmend schlecht wittert? Man
lese (S. 24): »Es ist vom Windhund die Rede.« Das ist alles, was er zu
sagen hat.

8. Die tollste Leistung ist jedoch folgende. Während er in seiner
Gegenschrift mit dem Brustton der Überzeugung erklärt, daß es
Schöpfungskrüppel nicht gebe, hat er zwei Jahre früher in der Deutschen
Jäger-Zeitung einen Artikel über die Seele der Tiere veröffentlicht
(Bd. 40, S. 107 ff.), der genau das Gegenteil sagt, denn z. B. heißt
es vom Hunde (S. 124), daß sein Auge Einzelheiten nicht erkennt (worin
eben das Wesen des schwachen Gesichts besteht). Ferner berichtet
er vom Wildschweine (S. 427), daß sein Gesicht außerordentlich
schwach sei! Für Zweifler führe ich die Stelle wörtlich an: »Bei
einer Wildart jedoch glaube ich mich überzeugt zu haben, daß ~das
Gesicht ganz außerordentlich schwach ist~, nämlich bei den Sauen.
Oft zog Schwarzwild nahe an mich heran, namentlich auch Bachen mit
Frischlingen, obwohl ich der Beobachtung halber auf Deckung verzichtet
hatte« usw. Also nachdem eine »Vorsehung« -- wie er äußert -- (vgl. S.
8) ihn 57 Jahre lang Tiere beobachten ließ, kam er zu dem Resultate,
daß manche schlecht sehen. Drei Jahre später ist das schon völliger
Unsinn. Und zwar liegt hier kein Versehen oder Mißverständnis vor, denn
er setzt auf mehreren Seiten (54 ff.) auseinander, daß das Schwarzwild
gut sieht. Früher sah der Hase bei Mondschein gut, was auch meine
Ansicht ist, da alle schwachsichtigen Tiere in der Nacht wegen ihrer
großen Pupillen mindestens ebensogut sehen wie der Mensch, der wie die
Tagvögel und Tagaffen ein Tagseher ist. Jetzt sieht der Hase plötzlich
auch am Tage gut (S. 46). Dabei handelt es sich um die bekanntesten
heimischen Tiere. -- Welche Meinung wird er einige Jahre später in
die Welt als die allein richtige ausposaunen? -- Diese Proben von
dem »Kritiker« R. dürften wohl genügen, sonst stehe ich mit weiteren
Mitteilungen zur Verfügung.

Mancher Leser dürfte darüber erstaunt sein, daß ich diese Entgegnung
nicht früher veröffentlicht habe. Darauf kann ich nur erwidern,
daß ich Wichtigeres zu tun habe. So habe ich inzwischen eine Reihe
interessanter Arbeiten veröffentlicht, z. B. die Entstehung der
Rechtshändigkeit, den Ursprung des Werwolfs- und Gorgonenmythus, die
Wünschelrute usw. Andere große Arbeiten harren dagegen noch immer der
Erledigung. So wollte ich bereits seit Jahren ein umfangreiches Werk
über die Homermythen veröffentlichen, bin jedoch noch immer nicht dazu
gekommen. Ebenso tut es mir sehr leid, daß eine Menge von Zuschriften
wegen Zeitmangels noch immer nicht erledigt werden konnte.

Ihre Beantwortung wäre mir um vieles angenehmer gewesen als diese
Entgegnung, was mir wohl jeder Leser ohne weitere Versicherung glauben
wird. Nur mit Widerwillen habe ich mich mit einem Gegner befaßt, dessen
Kampfmethoden ich soeben geschildert habe, der namentlich hin und her
schwankt und heute etwas für Unsinn erklärt, wofür er vor einiger
Zeit selbst eingetreten ist. -- Brehm schreibt von der in Südeuropa
hausenden Blindmaus, also einem Säugetier, einem Nager, der gewiß
ein scharfes Auge zum Schutze gegen seine Feinde nötig hätte, da er
sich gern sonnt (Bd. II, S. 399): »Die Augen haben kaum die Größe
eines Mohnkorns und liegen ~unter der Haut~ verborgen, ~können
also zum Sehen nicht benutzt werden~.« Hiermit vergleiche man
R.: »Die Tiere sind überreichlich mit Mitteln und Waffen versehen,
Schöpfungskrüppel gibt es nicht, die Sinnesorganisation der Tiere ist
genau dieselbe wie die der Menschen« usw. -- Würde die Bezeichnung
»Geschwätz« für diese Behauptungen nicht eine große Schmeichelei sein?




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      für Nichtmitglieder M 3.--.

 II. =Die ordentlichen Veröffentlichungen.=

 Nichtmitglieder zahlen den Einzelpreis von M 1.-- pro Band.

      Ch. Gibson-H. Günther, Was ist Elektrizität?
      Dr. F. Dannemann, Wie unser Weltbild entstand.
      Dr. K. Floericke, Kriechtiere und Lurche fremder Länder.
      Prof. Dr. K. Weule, Die Urgesellschaft und ihre Lebensfürsorge.
      Dr. A. Koelsch, Die Erschaffung der Seele.

                        Änderungen vorbehalten.

 III. =Vergünstigungen beim Bezuge von hervorragenden
 naturwissenschaftlichen Werken= (siehe Seite 7 des Prospektes).


[symbol] ~Jede Buchhandlung~ nimmt Beitrittserklärungen entgegen
und besorgt die Zusendung. Gegebenenfalls wende man sich an die
Geschäftsstelle des Kosmos in Stuttgart.


               Jedermann kann jederzeit Mitglied werden.
               Bereits Erschienenes wird nachgeliefert.




                                Satzung


 § 1. Die Gesellschaft Kosmos (eine freie Vereinigung der Naturfreunde
 auf geschäftlicher Grundlage) will in erster Linie die Kenntnis
 der Naturwissenschaften und damit die Freude an der Natur und das
 Verständnis ihrer Erscheinungen in den weitesten Kreisen unseres
 Volkes verbreiten.

 § 2. Dieses Ziel sucht die Gesellschaft zu erreichen: durch die
 Herausgabe eines den Mitgliedern =kostenlos= zur Verfügung
 gestellten naturwissenschaftlichen Handweisers (§ 5); durch Herausgabe
 neuer, von hervorragenden Autoren verfaßter, im guten Sinne
 gemeinverständlicher Werke naturwissenschaftlichen Inhalts, die sie
 ihren Mitgliedern =unentgeltlich= oder zu =einem besonders
 billigen Preise= zugänglich macht, usw.

 § 3. Die Gründer der Gesellschaft bilden den geschäftsführenden
 Ausschuß, den Vorstand usw.

 § 4. =Mitglied kann jeder werden=, der sich zu einem
 Jahresbeitrag von M 4.80 = K 5.80 h ö. W. = Frs 6.40 (exkl. Porto)
 verpflichtet. Andere Verpflichtungen und Rechte, als in dieser Satzung
 angegeben sind, erwachsen den Mitgliedern nicht. Der Eintritt kann
 jederzeit erfolgen; bereits Erschienenes wird nachgeliefert. Der
 Austritt ist gegebenenfalls bis 1. Oktober des Jahres anzuzeigen,
 womit alle weiteren Ansprüche an die Gesellschaft erlöschen.

 § 5. Siehe vorige Seite.

 § 6. Die Geschäftsstelle befindet sich bei der =Franckh'schen
 Verlagshandlung, Stuttgart=, Pfizerstraße 5. Alle Zuschriften,
 Sendungen und Zahlungen (vgl. § 5) sind, soweit sie nicht durch eine
 Buchhandlung Erledigung finden konnten, dahin zu richten.




                                Kosmos

                      Handweiser für Naturfreunde

Erscheint jährlich zwölfmal -- 2 bis 3 Bogen stark -- und enthält:


 =Originalaufsätze= von allgemeinem Interesse aus sämtlichen
 Gebieten der Naturwissenschaften. Reich illustriert.

 =Regelmäßig orientierende Berichte= über Fortschritte und neue
 Forschungen auf allen Gebieten der Naturwissenschaft.

 =Auskunftsstelle -- Interessante kleine Mitteilungen.=

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 aus dem Leserkreise.

 =Bibliographische Notizen= über bemerkenswerte neue Erscheinungen
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Dem »Handweiser« werden kostenlos beigegeben die illustr. Beiblätter:

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Naturwissenschaft ▪▪ Technik und Naturwissenschaft ▪▪ Haus, Garten und
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Probehefte durch jede Buchhandlung oder direkt.


Im Jahre 1912 erhalten die Mitglieder außer der reichhaltigen
Vereinszeitschrift (jährlich 12 umfangreiche, reich illustr. Hefte) die
folgenden ordentlichen Veröffentlichungen kostenfrei:


                      Wie unser Weltbild entstand

Eine Geschichte der Anschauungen über den Bau des Weltalls vom Altertum
bis zur Gegenwart.

                        Von =Dr. F. Dannemann=

                     Mit zahlreichen Abbildungen.

Für Nichtmitglieder: In farbigem Umschlag geheftet M 1.-- In Leinen
gebunden M 1.80.

Im Wandel des Weltbildes, also des Bildes, das sich die Völker,
das sich die einzelnen Menschen vom Weltall machten, spiegelt sich
die Geschichte der Menschheit selber wieder. Dannemann rollt diese
Geschichte in scharf ineinandergreifenden Bildern in seinem Bändchen
vor uns auf. Wir hören von den Anfängen der Wissenschaft bei Chaldäern
und Ägyptern, stehen mit ihnen im heißen Wüstensand und starren empor
zu den ewigen funkelnden Sternen. Die Astrologen wollen uns ihre
Wunder glauben machen, aber die kühle Wissenschaft der Griechen jagt
die Nebel von dannen, und wir sehen hier bereits Spuren der späteren
reifen Erkenntnis auftauchen, die allerdings die Nebel der Zeit doch
wieder verhüllen. Nieder geht die Wissenschaft im alten Rom und dann
kommt das Mittelalter mit seinem tiefen Geistesschlaf, aus dem nur
einzelne Gipfel, in lichter Morgensonne leuchtend, ragen. Giordano
Bruno, der Dominikanermönch, schleudert mit mächtigem Schwunge die
Sonne als Stern unter Sternen hinaus in den eisigen Raum. Er büßt
auf dem Scheiterhaufen seine Verwegenheit, aber die Vielheit der
Welten ist einmal ausgesprochen und damit die Sonderstellung der Erde
erschüttert. Dann sitzt Galilei droben auf seiner Sternwarte und sieht
die Monde des Jupiter leuchten und schwingen, und er erkennt die Erde
als Sonnentrabant. +Eppur si muove+ -- und sie bewegt sich doch
-- so klingt das so bezeichnende, ihm zugeschriebene Wort, mit dem
er seine Hoffnungen begräbt, hinaus in die Weite. Dann aber kommen
Kepler, Kopernikus und Newton und mit ihnen die reine Mathematik, die
strenge Rechnerin, die ihre Netze über das All wirft, einzufangen und
zu berechnen, und so zu beweisen, was Denken und Forschen uns verriet.
Von da ab geht's aufwärts und immer aufwärts. Licht über Licht flutet
auf uns herein, und am Schluß stehen wir stolz vor dem Erreichten
und demütig vor dem Unerforschlichen, das wir mit Goethes Wort ruhig
verehren.




                         Was ist Elektrizität?

                  Die Naturgeschichte eines Elektrons

                          von Charles Gibson


        Nach dem Englischen frei bearbeitet von =Hanns Günther=

                      Mit zahlreichen Abbildungen

Für Nichtmitglieder: In farbigem Umschlag geheftet M 1.-- In Leinwand
gebunden M 1.80

                            [Illustration]

Was ist Elektrizität? Eine inhaltschwere Frage liegt in diesem Titel,
eine Frage, an deren Lösung Jahrhunderte vergeblich gerätselt haben,
weil sie den Forschern immer wieder unter der Hand entglitt. Das
letzte Jahrzehnt, das beginnende 20. Jahrhundert erst hat die dunkle
Pforte soweit erschlossen, daß wir langsam Licht zu sehen beginnen,
wo vorher tiefer schwarzer Schatten war. Nach der heute geltenden
Theorie erscheint uns Elektrizität als das wechselvolle Spiel winzig
kleiner Teilchen, die man Elektronen nennt. Wie man sie fand, wie man
ihr Wesen erkannte, wie sie schaffen und wirken, um uns zu dienen und
zu helfen, das alles erzählt uns dieses kleine Bändchen -- läßt es uns
erzählen von einem Elektron selber, das aus der Schar seiner Genossen
erwählt ward, uns sichere Kunde zu bringen von jenem neuen großen
Reich. Die ganzen Wunder der Elektrik wachsen hier langsam vor unseren
Augen empor; erst groß und mächtig und überwältigend, daß wir sie kaum
erfassen können. Und dann plötzlich vertraut und verständlich, weil wir
hinter ihre Ursachen sehen. Es ist ein Buch, das Gegenstücke hat in der
Geschichte der Physik, ~aber es hat keine Vorläufer~, und darum
wird es jedem Neues und Gutes bringen.




              Die Urgesellschaft und ihre Lebensfürsorge

Anfänge und Urformen der menschlichen Wirtschaft u. Organisation

                         Von =Dr. Karl Weule=

               Direktor des Museums für Völkerkunde und
             :: Professor an der Universität zu Leipzig ::

                      Mit zahlreichen Abbildungen

  Für Nichtmitglieder: In farbigem Umschlag geheftet M 1.-- In Leinen
                            gebunden M 1.80

Der »Kultur der Kulturlosen« und den »Kulturelementen« läßt
der bekannte Ethnolog in diesem dritten Bändchen seiner Serie
die Schilderung der Anfänge des menschlichen Wirtschafts- und
Gesellschaftslebens folgen. Auch hier führt er uns aus dem
Völkerleben der Vergangenheit und der Gegenwart eine solche Fülle
der eigenartigsten und interessantesten Erscheinungen vor, daß es,
wie immer, eine wahre Freude ist, unter der lebendigen Führung des
Gelehrten zu sehen, nein zu erleben, wie der Primitive sich seinen
Lebensunterhalt erkämpft, wie er anderseits des Lebens Annehmlichkeiten
nach seiner Weise genießt, wie er fast überall zu einem wirklichen
Handelsverkehr emporsteigt, zu dessen leichterer Abwicklung er sogar
die seltsamsten Geldsorten erfindet, und wie er endlich den Raum durch
bestimmte Verkehrsmittel zu besiegen gewußt hat. Noch fesselnder
sind die Ausblicke auf die so vielumstrittenen Ausgangsformen der
menschlichen Gesellschaft und deren Weiterbildung.




                 Kriechtiere und Lurche fremder Länder

                       Von =Dr. Kurt Floericke=

                      Mit zahlreichen Abbildungen

                            [Illustration]

Für Nichtmitglieder: In farbigem Umschlag geheftet M 1.-- In Leinen
gebunden M 1.80

Die Kenntnis weniger Tierklassen hat in den letzten beiden Jahrzehnten
so überraschende Fortschritte gemacht, wie diejenige der Kriechtiere
und Lurche, wozu nicht nur die Erschließung fremder Länder, sondern
namentlich auch das Erwachen und die überraschende Erstarkung der
Terrarienliebhaberei beigetragen hat. In der Tat ist ja auch die
bunte Fülle merkwürdiger oft geradezu abenteuerlich gestalteter
Formen im Reich der Kaltblütler ganz dazu angetan, das Interesse des
denkenden Naturfreundes in hohem Grade zu erregen. Dazu kommen noch die
absonderlichen Lebensgewohnheiten dieser Tiere, die sich namentlich bei
der Sorge für ihre Nachkommenschaft oft in ganz überraschender Weise
äußern. Die »Kosmos«-Mitglieder werden es daher mit Freuden begrüßen,
nunmehr auch über diese Tiergruppe aus der bewährten Feder Floerickes
eine alle wichtigen Punkte umfassende und die interessantesten
plastisch herausarbeitende Darstellung zu erhalten.




                       Die Erschaffung der Seele

                        von =Dr. Adolf Koelsch=

                      Mit zahlreichen Abbildungen

Für Nichtmitglieder: In farbigem Umschlag geheftet M 1.-- In Leinen
gebunden M 1.80

Das lebende Wesen unterscheidet sich durch nichts so deutlich vom
toten unbelebten Stoff als durch die Fähigkeit, sich Eindrücke und
Erfahrungen einzuverleiben und so Empfindung und Gedächtnis, ~eine
Seele~ entstehen zu lassen. Alle die vielen Einflüsse, die die
Umwelt in jedem Augenblick auf uns ausübt, gehen nicht verloren --
sie wirken in allem Lebendigen weiter, und nicht nur im einzelnen
Wesen, sondern in der langen Kette seiner Nachkommen. Dieses Tiefste
und Wunderbarste, ~die Erschaffung der Seele~ will das Büchlein
in klarer, einfacher Weise vorführen, gestützt auf ein reiches
Erfahrungsmaterial und zahllose Experimente. ~Das Geheimnis der
empfindenden Seele, die langsam erweckt wird und sich entfaltet,
das Geheimnis der Vererbung~ wird an der Hand zahlreicher
experimenteller Untersuchungen gezeigt.


Die Naturwissenschaft fördert die Fähigkeit des Menschen, das Leben zu
behaupten und sich Lebensgüter zu verschaffen!




Die Mitglieder des ~Kosmos~ haben bekanntlich nach Paragraph 5 III
das Recht, außerordentliche Veröffentlichungen und die den Mitgliedern
angebotenen Bücher zu ~einem Ausnahmepreis~ zu beziehen. Es
befinden sich u. a. darunter folgende Werke:


                                                         +--------+--------
                                                         |Preis f.|Mit-
                                                         |Nicht-  |glieder-
                                                         |mitgl.  |preis
                                                         +--------+--------
                                                         |   M    |  M
  Altpeter, ABC der Chemie                               | 2.40   | 1.--
  =Bölsche, W., Der Sieg des Lebens.= Fein gebunden      | 1.80   | 1.50
  =Diezels Erfahrungen a. d. Gebiete d. Niederjagd.= Geb.| 4.50   | 2.90
  Ewald, Mutter Natur erzählt                            | 4.80   | 3.60
     "   Der Zweifüßler                                  | 4.80   | 3.60
  Fabre, J. H., Sternhimmel                              | 4.80   | 3.60
     "          =Bilder aus der Insektenwelt.= Geb.      | 4.50   | 3.40
     "          =Blick ins Käferleben.= Brosch.          | 1.--   |--.50
  =Floericke, Dr. Kurt, Deutsches Vogelbuch.= Gebunden   |10.--   | 8.40
  Hepner, Cl., 100 neue Tiergeschichten                  | 3.60   | 2.80
  =Jaeger, Prof. Dr. Gust., Das Leben im Wasser.= Kart.  | 4.50   | 1.70
  =Jahrbuch der Vogelkunde.= II. Jahrgang. 1908          | 2.80   | 2.--
  =Kuhlmann, Wunderwelt des Wassertropfens.= Brosch.     | 1.--   |--.50
  =Leben der Pflanze.= Bd. I, II, III, IV geb.  je       |15.--   |13.50
  =Lindemann, Die Erde.= Bd. I. Gebunden                 | 9.--   | 8.--
  =Meyer, Dr. M. Wilh., Die ägyptische Finsternis.= Geb. | 3.--   | 1.90
  =Sauer, Prof. Dr. A., Mineralkunde.= Gebunden          |13.60   |12.20
  =Schrader, Liebesleben der Tiere.= Broschiert          | 1.40   | 1.10
  =Stevens, Frank, Ausflüge ins Ameisenreich.= Geb.      | 2.50   | 1.85
     "       "     =Die Reise ins Bienenland.= Geb.      | 3.--   | 1.85
  =Thompson, E. S., Bingo u. a. Tiergeschichten.= Geb.   | 4.80   | 3.60
     " =Prärietiere und ihre Schicksale.= Fein gebunden  | 4.80   | 3.60
     " =Tierhelden.= Fein gebunden                       | 4.80   | 3.60
  Wandtafeln zur Tierkunde:                              |        |
    =Reihe I, Reihe II= (mit je 4 Einzelbildern) roh je  | 4.50   | 3.50
        auf Leinwand gezogen je                          | 7.50   | 5.80
         "     "        " u. mit Stäben versehen je      | 8.50   | 6.50
    =Reihe I= Einzelbild 1, 2, 3, 4,                     |        |
    =Reihe II= Einzelbild 1, 2, 3, 4                     |        |
      jedes Bild roh                                     | 1.50   | 1.20
        "     "   "  auf Leinwd. gez.                    | 3.--   | 2.20
        "     "   "   "    "      "   u. mit Stäben      | 4.--   |10
      versehen                                           |        |
       (Ausführliche Prospekte von der Geschäftsstelle.) |        |
  =Wurm, Waldgeheimnisse.= Gebunden                      | 4.80   | 3.60
  Monographien unserer Haustiere: Bd. I Schumann,        |        |
      Kaninchen; Bd. II Schuster, Hauskatze; Bd. III     |        |
      Morgan, Hund; Bd. IV Schwind, Haushuhn  à          | 1.40   | 1.05
              und zahlreiche andere mehr.                |        |




                  Die ordentlichen Veröffentlichungen

der früheren Jahre stehen neu eintretenden Mitgliedern, solange Vorrat,
zu Ausnahmepreisen zur Verfügung.


[Sidenote:: 1904:]

(Handweiser vergriffen) zusammen für M 4.-- (Preis für Nichtmitglieder
 M 5.--), geb. für M 6.20 (für Nichtmitglieder M 8.40):

 Bölsche, W., Abstammung des Menschen.

 Meyer, Dr. M. Wilh. (Urania-Meyer), Weltuntergang.

 Zell, Dr. Th., Ist das Tier unvernünftig? (Doppelband.)

 Meyer, Dr. M. Wilh. (Urania-Meyer), Weltschöpfung.


[Sidenote:: 1905:]

(Handweiser vergriffen) zusammen für M 4.-- (Preis für Nichtmitglieder
 M 5.--), geb. für M 6.75 (für Nichtmitglieder M 9.--):

 Bölsche, Wilhelm, Stammbaum der Tiere.

 Francé. R. H., Das Sinnesleben der Pflanzen.

 Zell, Dr. Th., Tierfabeln.

 Teichmann, Dr. E., Leben und Tod.

 Meyer Dr. M. Wilh. (Urania-Meyer), Sonne und Sterne.


[Sidenote:: 1906:]

 ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
 für M 7.55[A] (für Nichtmitglieder M 11.80):

 =Kosmos, Handweiser für Naturfreunde.= 1906: 12 Hefte (Preis für
 Nichtmitglieder M 2.80).

 Francé, R. H., Liebesleben der Pflanzen.

 Meyer, Dr. M. Wilh., Rätsel d. Erdpole.

 Zell, Dr. Th., Streifzüge durch d. Tierwelt.

 Bölsche, Wilh., Im Steinkohlenwald.

 Ament, Dr. W., Die Seele des Kindes.


[Sidenote:: 1907:]

 ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
 für M 7.55[A] (für Nichtmitglieder M 11.80):

 =Kosmos, Wegweiser für Naturfreunde.= 1907: 12 Hefte (für
 Nichtmitgl. M 2.80).

 Kuhlmann, Aus der Wunderwelt des Wassertropfens.

 Zell, Dr. Th., Straußenpolitik.

 Meyer, Dr. M. W., Kometen u. Meteore.

 Teichmann, Dr. E., Fortpflanzung und Zeugung.

 Floericke, Dr. K., Die Vögel des deutschen Waldes.


[Sidenote:: 1908:]

ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
für M 7.55[A] (für Nichtmitglieder M 11.80):

 Meyer, Dr. M. W., Erdbeben und Vulkane.

 Teichmann, Dr. E., Die Vererbung als erhaltende Macht im Flusse
 organischen Geschehens.

 Sajó, Krieg u. Frieden im Ameisenstaat.

 Dekker, Naturgeschichte des Kindes.

 Floericke, Dr. K., Säugetiere des deutschen Waldes.


[Sidenote:: 1909:]

 ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
 für M 7.55[A] (für Nichtmitglieder M 11.80):

 Unruh, Leben mit Tieren.

 Meyer, Dr. M. Wilh., Der Mond.

 Sajó, Prof. K., Die Honigbiene.

 Floericke, Dr. K., Kriechtiere und Lurche Deutschlands.

 Bölsche, Wilh., Der Mensch in der Tertiärzeit und im Diluvium.


[Sidenote:: 1910:]

 ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
 für M 7.55[A] (für Nichtmitglieder M 11.80):

 Koelsch, Von Pflanzen zwischen Dorf und Trift.

 Dekker, Fühlen und Hören.

 Meyer, Welt der Planeten.

 Floericke, Säugetiere fremder Länder.

 Weule, Kultur der Kulturlosen.


[Sidenote:: 1911:]

 ungebunden zusammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
 für M 7.55[2] (für Nichtmitglieder M 11.80):

 Koelsch, Durch Heide und Moor.

 Dekker, Sehen, Riechen und Schmecken.

 Weule, Kulturelemente der Menschheit.

 Floericke, Vögel fremder Länder.

 Bölsche, Der Mensch der Pfahlbauzeit.


Die sämtlichen noch vorhandenen Jahrgänge der Kosmos-Veröffentlichungen
(s. obige Zusammenstellung) liefern wir an Mitglieder:

  geheftet        für M 31.50 (Preis für Nichtmitglieder M 56.80)
  gebunden
 (auch Handweiser) "  " 52.50 (  "     "         "       " 93.--)

auch gegen kleine monatliche Ratenzahlungen.


FOOTNOTES:

[1] Es liegt ein Mißverständnis vor, wenn Schillings (a. a. O. S. 239)
annimmt, ich behaupte, Giraffen könnten nicht ~riechen~. Sicherlich
könnten sie ebenso riechen wie der Mensch, aber beide vermögen nicht zu
~wittern~ wie der Hund und andere Nasentiere.

[2] Wird auch der Handweiser gebunden gewünscht, so erhöht sich der
Preis um 85 Pf.





*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK STRAUSSENPOLITIK ***


    

Updated editions will replace the previous one—the old editions will
be renamed.

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so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United
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        legally required to prepare) your periodic tax returns. Royalty
        payments should be clearly marked as such and sent to the Project
        Gutenberg Literary Archive Foundation at the address specified in
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        Literary Archive Foundation.”
    
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        electronic work is discovered and reported to you within 90 days of
        receipt of the work.
    
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Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg™

Project Gutenberg™ is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of
computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
from people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s
goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will
remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg™ and future
generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org.

Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification
number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
U.S. federal laws and your state’s laws.

The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West,
Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up
to date contact information can be found at the Foundation’s website
and official page at www.gutenberg.org/contact

Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread
public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine-readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment. Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements. We do not solicit donations in locations
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While we cannot and do not solicit contributions from states where we
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International donations are gratefully accepted, but we cannot make
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Please check the Project Gutenberg web pages for current donation
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Section 5. General Information About Project Gutenberg™ electronic works

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
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freely shared with anyone. For forty years, he produced and
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