Polnische Gedichte

By Rudolf Leonhard

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Title: Polnische Gedichte

Author: Rudolf Leonhard

Release Date: January 7, 2014 [EBook #44611]

Language: German


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Produced by Jens Sadowski








                            RUDOLF LEONHARD
                          POLNISCHE GEDICHTE


                                 1918
                      KURT WOLFF VERLAG / LEIPZIG

                   BÜCHEREI DER JÜNGSTE TAG BAND 37
                GEDRUCKT BEI DIETSCH & BRÜCKNER WEIMAR




GESPRÄCH ZWEIER DEUTSCHEN


   »-- sei doch froh:
   Ostern neunzehnhundertsoundso
   wird die große Stunde schlagen.
   O, sie kommt schon noch zurecht!«

   »Ich kann es nicht ertragen,
   wie Ihr über diese Fragen
   mit verzerrtem Lachen sprecht.
   Ernst ist alles, wo es sich um Menschen handelt!«

   »Ja, wenn Ihr den Menschen erst verwandelt!
   Glaubst denn Du, wir lachen, wenn wir lachen?«

   »-- aber Ihr sollt Euch ganz menschlich machen:
   unfeierlich, gewiß; aber leidenschaftlich rein,
   eine klingende Sehne sein,
   tapfer und sanft, ein neues Geschlecht,
   menschlich: groß und heilig sein!
   Soll man uns denn noch heißer sieden?
   Immer steht die Welt in Flammen:
   werfen wir doch, endlich, unsre Brände zusammen!
   Reinheit und Kampf -- das heißt uns Frieden!«

   »Wirst Du denn immer wiederholen --«

   »Gewiß, ich werde. Sieh um Dich, sieh die Polen
   in einen großen Willen sich befrein!«

   »Ich bin kein Pole -- wie soll ich es fühlen?
   Ich weiß, daß dunkle Kräfte wühlen.
   Des toten Adalberts Heiligenschein
   wird -- willst Du das grüßen? -- auferblühn,
   ich weiß, Sendboten sind entsandt,
   die Bauern warten, Advokaten mühn
   sich eilig: und, ich weiß, der Mittelstand --
   nein, Du, es ist nicht leicht, ein Volk, sogar ein Staat zu sein.«

   »Bei Deinem Werke Du, hörst Du den Tritt von Millionen Füßen
   Arbeitender. Du bist ein Volk, Du mußt die Völker grüßen.
   Was Du erreichst, darf jeder doch erstreben --«

   »-- und soll es, wirst Du mich belehren.
   Aber um fühlen zu können,
   muß ich mir ein vergewissertes Leben gönnen.
   Ich bin ein Deutscher. Wird Polen sich gegen mich kehren?«

   »Frage nicht, was sie werden.
   Wir leben auf Erden.
   Sie und wir, ein neues Geschlecht.
   Frag nicht nach Dir, nach ihnen nicht. Frag nach dem Recht!
   Du, ein Deutscher, sollst elysisch mit ihnen schweben.
   Sieh herum!«

   »Viele sind stolz. Manche glotzen dumm.
   Schreie in meiner Brust bleiben stumm.«

   »-- fühle doch, wie sie leben --!«




LIED DER POLEN AN EUROPA


   Nicht Liebe sei es, daß Ihr unser Land befreit:
   zweiundzwanzig Millionen,
   die im Steinbruch ihrer Städte, im flachen Land geschart um Ströme
      wohnen,
   ein Volk schreit
   Euch zu: Gerechtigkeit!

   Satt von Blut, unter der Schwere
   Volkes keuchend, zerspalten, geschweißt von Leid
   liegt ein Land -- aber der Schatten schwankt der Heere.
   Wir haben nur ein Wort bereit:
   Gerechtigkeit!

   Die Flüsse schlank durchpeitschen ihr Bette
   im gleichen Maße der ewigen Zeit.
   Mit spitzen Dächern starren die Städte.
   Heute will jeder Stein, jeder Brocken Landes weit
   ein Verlangen: Gerechtigkeit!

   Wenn in Polen die Schranken
   fallen, wenn den Polen Freiheit
   gegnadet würde -- wir haben nicht einmal zu danken.
   Es ist die Zeit, es ist die Pflicht. Nicht uns -- Ihr seid
   es selbst, und schuldet Euch: Gerechtigkeit!




DIE POLEN AN IRLAND


   Brüder über den Wassern,
   Hoffende, hört Ihr uns zu Euch singen?
   Ringende, wißt Ihr Euch mit uns ringen?
   Waffenfelder voll von Unterdrückern und Hassern
   können unsre Liebe nicht dämpfen.

   Gaswolken, über Menschen und Meere getragen,
   schwellen in Schwaden und strömenden Fächern
   geistig über Eure Insel und sagen
   von den Rächern Grüße den Rächern:
   daß wir alle um eines kämpfen!

   Brüder! unsre Stimmen gesellt
   sausen, daß alle schon befreiten Länder dem Schwange sich beugen:
   wo zuerst die unnatürliche Mauer zerschellt,
   eine Freiheit ist in der Welt,
   alle stehn des einen Rechtes Zeugen!

   Da wir auf einer Kugel alle das ätherne All durchfliegen,
   wendet Euch nicht, in fremden Kleidern!
   Wälder wechseln mit Felsen, Wiesen tauschen sich gegen Kohlen.
   Die schon frei im leuchtenden Lichte liegen!
   Keiner soll seinen Purpur schneidern.

   Keiner hat sich von der Erde gestohlen.
   Irland, höre die Stimme von Polen!
   Eure Schmach wäre unser Leid,
   unser Recht ist Eure Gerechtigkeit.




AN AMERIKA


   Von den genuesischen Hafenmolen
   drängten bei jedem Sirenenpfiffe
   Hunderte von Polen
   schwarz auf die fahrtbereiten Schiffe.

   Männer mit wirren Haaren auf den Backen, Blöcken
   von Schultern und den runden Lippen dumpf gereizter Tiere,
   hastig schwatzende Weiber, stiere
   Blicke unter den Tüchern haltend, lumpige Kinder in den Röcken.

   O die Auswandrer in den Zwischendecken,
   wenn eng die Menge auf den Koffern hockt,
   stumpf übers blendende Wasser sieht, verstockt
   horcht, wie einer, einer nur kläglich die lange Harmonika spielt,

   und zusieht, wie ein Kind sich keuchend auf den Brettern sielt;
   und ausfährt, um drüben in gleichem Elend zu verrecken!

   Aber keiner soll mehr hungern und verkommen.
   Die Hallen brennen. Keiner soll verzichten.

   Keiner wird hungern. Freiheit naht. Vernichten
   wir uns nicht fürder. Leer
   vom Volke ist der Hafen und das Meer
   geblieben.

   Alle hat die Urmutter an die Erdenbrust genommen.
   Jeder wird sie und wird den andern lieben.
   Wir wollen selbst die neue Welt errichten!




LIED POLNISCHER STUDENTEN


   Europa ist ein Garten
   schwarzer Erde, in den Ozean gebettet,
   eine verwachsne, verschwommene Insel --
   o der zerfleischten Völker Gewinsel:
   dienender Völker, die keiner rettet.
   Aber wir Polen warten.

   Manchmal knirscht die alte Schicht Europens. Vulkane grollen.
   Heiße Quellen geifern. Berge bersten, vor Alter gespaltne Täler blasen
      Rauch.
   Völker drängen sich in dichteren Kreisen auf dem Erdenbauch.
   Wir zittern nicht. Wir Polen wollen.

   Über Europa kreisen die Erden
   goldner Sterne, die lautlos in Ätherströmen rollen.
   Wir atmen auf. Wißt Ihr, was die Polen wollen?
   Wir wollen werden. Und wir werden.

   Du Samenbringer! Träger Atems! Bote neuer Zeiten! Wind!
   Über Europa kommt Begeisterung:
   Ihr Jünglinge mit herrischen Geberden,
   mit Euch begeistert sind wir, reif und kindlich mit Euch, wir sind
      jung:
   Wir Polen sind!




POLNISCHE ERDE


   Stanislaus Landri stürzte, fuhr mit gebrochner Hand
   in den Boden,
   grub eine Scholle polnischer Erde vor
   und rief mit von schwarzer Erde starrenden Lippen:

   »Sie mögen Deine Ströme abdämmen
   und Dich zu einer Wüste überschwemmen --
   unter den Wassern bleibst Du!
   Sie können alle Deine Städte und Wälder verbrennen:
   Neues bauen wir, neue Schößlinge, dünne, treibst Du
   vor, sie können Dich, Erde, nicht aus Europa trennen.

   Sie können Dich, Boden, nicht aus der Welt wegheben.
   Erde aus Erde aller Erde
   bist Du, weit geschwungen in Deiner ebenen Geberde --
   die Polen leben!

   Sie können Verfassungen meineidig machen,
   können Reiche verteilen und Grenzen beschwören.
   Wir treten die ewige Erde und lachen:
   Völker sind nicht zu zerstören!«




PONIATOWSKI AUF DEM BALKAN


   Zu Horizonten in das Ungemeine!
   Weit hinter meinem Lachen, hinter meinem stolzen Blick, dem Flug
   brausender Wagen über Ebenen blieb meine
   Heimat zurück. Die Räder reißen meinen Zug
   durch die vom Strom geteilte meilenweite Kammer der Ukraine.

   Dann brach die Donau unterm Schwung des Viadukts vorbei.
   In Rustschuk wurden Güter umgeladen.
   Ich lächelte in meines Tages blaue Gnaden
   und reiste lachend durch die Walachei.

   Die breiten Wagen liefen langsamer und hörten auf zu wiegen.
   Ich sah im Schoße eines Abendbrandes,
   steinern und bunt gedehnt, glitzernd vor Meer, Konstantinopel liegen.
   Stambul! Die Pforte des erträumten Morgenlandes!

   Ich stand umher. Die flachen Wellen schlugen
   an flache, kurz gesteppte Uferränder,
   die nah sich schwangen, sich im Meer vertrugen.

   Da faßte mich die Leidenschaft
   der Heimat und der Rausch der Abendländer.
   Ich stand in bunten Straßen aufgestrafft.
   Armenier liefen, Levantiner, Griechen drängten
   an meine Schulter -- und ich lachte, wißt,
   weil hier Europa sich am Orient entzündet,
   weil jedes Land in Welt und Erde eingegründet,
   weil auch das fernste Meer um Polen ist.




LIED DES JUNGEN WITOLD NAPIEROGOCKI


   In Düsseldorf war ich.
   Wild klingelte in meinen Schlaf das Telephon.
   Janina sprach
   davon, daß bald ein Krieg ausbrach.
   Ihre zerrissne Stimme schüttelte mich.
   Wild auf entstürmte ich zur Legion.

   Durch die aufwogenden Provinzen dieses Fahren!
   Fahrt durch den Tag, Fahrt unter grellem Mond;
   Fahrt mit Verbrüderten, mit fremden Scharen,
   und über die mit ruhiger Geberde
   unter des stampfenden Zuges Beschwerde
   in Ebenen, die unerschütterlich waren,
   hingebreitete Erde!

   Als ich nach Galizien kam,
   lag es vom Kriege noch verschont.
   Die Völker drängten an, sich zu bedrängen.

   Und wundersam
   in meinem aufgeregten Kopfe wohnt
   Erinnerung, wie unter Schienensträngen
   die Ebenen einer, einer Erde dröhnen!

   Nein, noch ist Polen nicht verloren.
   Mein Volk, Du wirst Dich neugeboren
   blutend zwischen die blutenden Völker zwängen,
   Völker, die in Wunden stöhnen,
   Ostens und Westens zu versöhnen.




GESANG EINES POLNISCHEN DICHTERS


   Einsame suchen die Einsamkeit.
   Weinend gleiten, die schwarzen Flügel
   hebend, die Schwäne, und ihre Tränen versinken
   ungesehn in den flimmernden Teich.

   Aber ins Gedränge,
   um die Wärme menschlich Gestalteter nah zu fühlen,
   in den singenden Haß hoffender Menge
   hast Du Dich verstoßen,
   zerrüttet von Melancholie.

   Sieh, aus dem Scheitel,
   der lange Stunden gebeugt war,
   versank das Blut. Aber in mutlose feuchte Nacht
   über den stummen Scheitel erhebt sich
   Blut des Mondes.

   Sag dieses Wort: »Mond.« O
   metallne Schönheit reimloser Verse.
   Sei monden Deine Stirn, die
   zerrüttet von Melancholie
   sich aufhebt.

   Aber Du wanderst mit den Soldaten,
   zogst erstaunt über schmale Schultern
   das Kleid der Legion.
   Die geschliffne Glätte
   schneidend prunkender Bajonette
   prüfen eitel Deine waffenlosen Hände.

   Dann klebte Schmutz an Kleidern und Gelenken.
   Der Leib verfiel vor Hunger. Schreie
   verröchelten in Schaum und Blut
   neben Dir. Gewitter fiel
   wöchentlich in die braunen Zelte.

   Du knietest hin, und gut
   weitetest Du Dein blindes Herz. Barbarisch erfüllte das Fleisch
   der Menge Deine Gesänge.
   Dein hartes Lächeln, Demokrat!

   Du lagst auf mondenen Erden,
   Du wundertest Dich, allein
   ein Leib zu sein
   und nicht die Flutenden alle,
   Leiber wie Dein Leib,
   zu werden.

   Du hörtest nicht auf, mit gefalteter Stirn
   und stumm zu fragen,
   was Menschen ertragen,
   wie -- schwoll Dein Herz -- mit Dir die Menschen leben können.




LIED EINES BERITTENEN LEGIONÄRS


   Nicht daß wir wieder die bunten Schabracken
   mit dem weißen Adlerwappen
   unsern Rappen
   vor dem Aufsprung eilig auf den Rücken packen,
   ist meinem Polenvolk ein Zeichen.

   Daß wir die Konfederatka in den Nacken
   mit den erregten Händen streichen,
   daß unsre Frauen mit dem alten Kopfputz gehn,
   ist nicht viel,
   ist nur ein Spiel
   und läßt nicht Polen auferstehn.

   Des Jünglings nackter Leichnam aber, aus der Legion,
   Freund seiner Freunde, einer Mutter Sohn,
   kaum ausgebildet noch zu schmächtiger Bleiche
   und auf den aufgewühlten Boden hingeworfen schon --

   Da ich die knabenweiche
   kalte Haut der toten Hüfte knieend mit der Hand betaste,
   um den Leib steht eine Wolke:
   glühnde Hoffnung, verzweifelte Tapferkeit, und Bleiche
   männlicher Entschlossenheit -- da weiß ich: ich erfaßte
   Volk mit meinen Händen. Du bist aus dem Volke!




POLNISCHE REITER


   Als es abendete, war mit vorsichtigen Schritten
   ein Soldat den Uferweg heraufgekommen.
   Er hat sich einen Weg in die Mitte des Gestrüpps geschnitten,
   hat das Gewehr von der Schulter genommen
   und hockte, vom Monde überglitten.

   Er sah, wie im Monde die Felder schwammen.
   Da kamen ein paar geritten,
   massig hingen sie ihren stampfenden Tieren auf dem breiten Rücken,
   der Mond warf ihre Schatten zusammen:
   vor seinem Versteck fielen die Pferde in einen harten Trab.

   Zuckend flogen die Hufe, in den Bügeln wippten die Sohlen,
   die Reiter sah er tief sich auf die Pferdehälse bücken,
   daß sie als Buckel auf den schweren Haufen Fleisches fliegen;
   sie ritten, als hätte ihnen einer ein Himmelreich gestohlen,
   das wollten sie aus der Hölle wiederholen.

   Dumpf dröhnten die Hufe über das Grab
   der Straße. Der Boden mußte sich unter den Reitern biegen!
   Der Posten wußte nicht: waren es Deutsche, Russen, Polen?
   Er hielt die Flinte in den Händen liegen
   und schoß nicht ab.




BEGEGNUNG DER BRÜDER


   Der eine, eng eingereiht in die Scharen
   des weißen Zaren,
   brach in Galizien ein.
   Die Wege kennt er,
   die, von Güssen geschwollen, vom Lichte geschwächt,
   über die Grenze gehn.
   In einem Gefecht
   verbrennt er
   mit zwein oder drein
   eine von Polen in der Uniform der neuen Insurgentenregimenter
   besetzte Scheune. Geblendet bleibt er stehn,
   überzuckt erkennt er
   im Schein, im Schrein
   unter den Wankenden der Legion
   seiner Eltern jüngeren Sohn.

   Eigensinnig stoßen die russischen Soldaten
   gegen das Tor
   der brennenden Scheune vor.
   Die wenigen Legionäre suchen sich mit Handgranaten
   einen Weg durch die Angreifer zu bahnen.

   Auf allen Seiten flattern höher die Flammenfahnen.
   Die Gesichter quellen unterm roten Puder
   des Brandes. Die von der Legion
   brüllen: »Polen! Ewiges Element,
   Polen, das wartet, Polen, das brennt,
   Du Element der Rebellion,
   gegen den Kaiser, gegen die Welt!«
   Einer, der die Granate schwingt,
   der am lautesten mit allen Poren
   »Noch ist Polen nicht verloren«
   singt,
   nun erkennt auch er den Bruder.

   Sie hören beide an ihren Armen die angerissnen Sehnen klingen.
   Die Handgranaten zerspringen.
   Als der Legionär stolpert und fällt,
   laufen seine Augen, von Brand und Blut vewirrt,
   ein. »Polen! Polen in dieser Welt!
   Wir müssen sterben, daß für Dich Friede wird.«

   Doch über der Wunde in seiner Schläfe schwebt
   seines Bruders verwundete Hand,
   der näher kam,
   schwebt, ein geröteter Vogel, über ein ganzes Land.
   Über ihn schluchzt ins Blut einer blutenden Stimme Scham:
   »Wir müssen leben, daß Polen lebt!«




WEICHSELÜBERGANG


   Nicht ganz bis an das Ufer ging der Wald.
   Schwer wälzten sich die Räder tief im Kote,
   der nachgab, auffuhr, und die Deichsel überschwemmen,
   die Pferdehufe zerren wollte. Sie mußten von den Sitzen springen
   und keuchend in die Speichen ihre Fäuste stemmen:
   jeder hatte einen Hammer ums rechte Handgelenk geschnallt --

   Im Wasser aber lagen schon die Boote!
   Mit halblaut unterdrücktem Fluch bedrohte
   ein Mann die großen überangestrengten Pferde,
   und kehrte sich: dies war kein Strom, dies war ein Meeresarm,
   vom Weltmeer breit her durch die ebene Erde
   geschlungen, Polen an die Welt zu schlingen.

   Da stand der Mann und sah. Trotz dem Verbote
   entkam aus seiner Brust, ein Stöhnen fast, ein Singen
   wild abgerissner Polenlieder. Diese Nacht lag warm
   auf seiner Haut. Im Strom erschaute
   man Strömung nicht, nur runde Schollen Wassers, das sich schwarz
      aufstaute
   zu tintigem Spiegel, oder dunkel sank in seine eigne Lücke.

   Weit drüben gab es wieder weites Land,
   aus dem die Kronen von geduckten Bäumen
   in Nacht hinauf schwarz, niedrig, rund aufschäumen.
   Die Pfeilertrümmer der gesprengten Brücke
   stehn eisig in den Strom hinausgesandt.
   Ein Wagen knirschte. Heiser wieherte ein Gaul. Am Himmel wohnt
   feucht ein bläulicher Mond.




DAS VERLASSNE DORF


   Wild stiert der Mond über ein Fensterkreuz.
   Am eingestürzten Zaune wächst ein Pumpenschwengel
   Nachthimmels lauer Wüste eingedrückt.
   Roh klafft das Dach, spitz starren schwarze Sparren.

   Nicht einmal wilde Hunde, die nach Knochen scharren;
   nicht einmal Ratten. In die Nacht gebückt
   bleibt das Gehöft, bleibt breit und braun zerstückt,
   und lautlos, da die Fledermaus nicht fliegt.

   Aber der Mond hört nicht auf zu scheinen;
   unversiegt
   stürzt er blaues flutendes Weinen
   auf einen nackten Leichnam, der mit gespreizten Beinen
   bleich über aufgerissne Stubendiele liegt.




POLNISCHES BAROCK


   Mit Wolkenwülsten steht die Stadt verrammelt.
   Um Türme klammern hyazinthne Strahlen
   geisternder Lichter sich. Der Mond versammelt
   die Schatten, die um schwellende Dächer greifen.
   Bauchige Rinnen stürzen in die Gassen, an Portalen
   vorüber, deren Wölbungen ins Leere schweifen.

   Der Mond geht um. Vereinzelt schlagen Uhren.
   Die Schatten wichen auf die andern Straßenseiten,
   schwarz hingedrückt. Leichenhafte Figuren
   mit starren üppig aufgeschwellten Hüften
   bäumen sich unterm Baldachin der kühnen Nacht in Lüften,
   die greifbar werden und entfesselt schreiten.

   So viel geschieht. Hier gibt es kein Verweilen.
   Hingeschlagen zerfallen Tote in den Grüften,
   und über ihren eingewachsnen Spuren
   schwingt sich hier alles, in überirdischen Zeilen
   hinhorchend tatenlosen Qualen
   in Trotz und Fülle schwer und irdisch zu enteilen.




DER POLNISCHE ADLER


   Noch tierisch, Wappentier, und tierisch wirst Du bleiben,
   mager, unschuldig, sehnig, alterslos im Alter --
   doch Menschen recken sich als Deine Wappenhalter
   an beiden Seiten Dir -- Du kannst sie nicht vertreiben.

   Du hörst nicht auf, aus den gesträubten Federklüngeln
   der Kehle in die Falten, die Dich blutig rot umsäumen,
   verdrehten Kopfs, gespaltnen Schnabels scharf hineinzuzüngeln;
   Du starrst, und willst Dich immer weißer bäumen.

   Vergeßt die roten nicht, die blutigen, die Falten,
   die, wenn der Wind anhob, es schwellend zu verkürzen,
   ums weiße Tier, erregt mit ihm, in breiten Zügen wallten:
   O nur bewegter sich, und sei's verzerrt und bleich, in Reinheit
      stürzen!

   Regen verwusch den Adler nicht. Die Lüfte toben.
   Du weißt nicht, Adler: schnelle Schritte schallen durch den Garten.
   Geschärfte Blicke wenden sich nach oben
   und sehn, helle geblähte menschliche Gedanken,
   das rot umbrannte weiße Tier gereinigter Standarten
   im großen Zug irdischen Windes schwanken.




ZUM KÖNIG VON POLEN


   Er war nur noch ein Name, nur ein Bild,
   ein Schatten noch auf einem Wirtshausschild,
   jeder durfte sich seinen Willkommen holen:
   Zum König von Polen.

   Einst stieg er Stufen aufwärts zu den Göttern,
   auf dem Gewirr geschwungner Säbelspitzen
   war, überblendeter, sein Name schwebend,
   trunken von Jubelrufen der Schlachzizen.

   Dann ein Gespiel den Spöttern,
   entthronter Schatten prunkender Leidenschaft,
   Zaunkönig, Rattenkönig, und ein Bild
   auf abendlichem Schild,
   Reisende müden Suchens überhebend.
   He, polnische Wirtschaft!

   Aber um Polen ist ein Brand gekommen,
   da sind die Farben abgeblättert.
   Sie haben alle Wirtshausschilder heruntergenommen,
   die waren verwaschen und bös verwettert.
   Flammen fraßen in den Ritzen.

   Im Grabe stöhnen die Schlachzizen.
   Ein Mann galoppiert sich wendend auf einem blutigen Fohlen,
   Flammen unter den Sohlen,
   wo sein zuckender Huf aufschmettert,
   schreit er in alle Ohren:
   »Polen ist noch nicht verloren:
   Polen -- König von Polen!«




BILD EINES REPUBLIKANERS


   Er ist sehr sanft. Er steht im Zimmer ganz alleine.
   Die harte Stirn ist nachdenklich emporgefaltet.
   Man fühlt, wie ihn die enge Luft umkaltet.
   Aber seine Augen brennen wie zwei Edelsteine.

   Man fühlt es rasch in seinen schwach erhobnen Adern bluten.
   Er wendet sich. Er lauscht tief in die Stunde,
   leicht vorgebogen. Seine Leidenschaft
   ist umgewandelt bis zum Grunde:
   sie wurde, reiner, Leidenschaft zum Guten.

   Er tritt zum Schreibtisch und beginnt zu schreiben.
   Noch weiß er nicht, was er erschafft,
   er zögert. Plötzlich ist er hitzig übergossen.
   Er lächelt, während seine Augen streng verbleiben.
   Ein Zucken zerrt an seinem etwas offnen Munde,
   er wendet sich, und hält mit leichten Händen seinem Hunde
   die Schnauze verschlossen.




HEIMKEHR DES VERBANNTEN


   Die Gärtenruhe; stumm verwachsenes Gezweige.
   Lauheit des Mondes. Jähe Maste fragen.
   Vorquellen in des Himmels fahle Neige,
   breit ausgeseiht, schwammige Wolkenränder.

   Rasch rollte an, am Gitter hielt der Wagen.
   Der hat ihn und die Luft der Abendländer
   in die Bewegung vor dem Hause, dem eröffneten, getragen.
   Er drang in das gelüftete. Er hat die Tore zugeschlagen.
   Ihn staunte das vergessne Wehn bunter Gewänder --

   Er kreiste Hände groß zum Gruß. Neu hat er sich verschworen.
   Und ging nun fremd umher und wußte nicht, was wird,
   und weinte fast: nein, Polen ist noch nicht verloren,
   und ließ nicht ab, von einem Saal zum andern,
   elend ein Fremder, in die Heimat verirrt,
   lächelnd und voller Angst umherzuwandern.




VERWANDLUNG DES VERSCHWÖRERS


   In Warschau, und im Winter war's.
   In einer heimlichen Sitzung des verfolgten Nationalkomitees
   trat einer ans Fenster, preßte die Haube schwarzen Haars
   an die Scheiben und blickte über die Ebene weichen Schnees.

   »O wie sie hinter meinem Rücken weiter raunen!
   Ich fühle ihre Lippen unter schmalen Bärten zucken,
   ich weiß, wie sie die Stirnen über raschelnde Papiere ducken,
   und schon zusammenfahren, wenn einer schnell eintrat.

   Wir können nicht mehr über unser Werk erstaunen,
   wir fraßen uns hinein, es wurde dick;
   Tun wurde wichtiger als die Tat.
   Dies Hocken, Schieben, Flüstern heißt uns Politik!

   Wie lange ist's, daß einer von uns stürmte, bat
   und litt! Mich würgt der Ekel lange. Scham
   in unsre Augen! Schmach, daß Ihr uns so verdarbt!
   Daß nie ein Licht in diese Winkel kam!«

   Er breitete die Hände vor. »Erwarbt
   Ihr schleichend Euch die Zukunft denn? O nichts als Schein!
   Sei laut, mein Volk. Blüh auf, mein Volk. O werde Staat!«

   Er stieß das Fenster auf. Kalt strömte Luft herein.
   Tausende Lichter dieser Stadt verschweben.
   »O in die Städte treten, unter Menschen, schrein
   zwischen die Menschen, unter Sonne, Wind und weißem Schnein!
   Sprich doch, mein Volk. O groß und frei im Hellen bleiben!«




DER MISCHLING


   Das blonde Haar ist über seinem schmalen Schädel
   in hoher Welle schräg zurückgestrichen.
   Die Stirn, gebuckelt, ist graviert mit Strichen,
   unter dem Sprung der Brauen unterjochen
   wilde Augen die gewölbten Backenknochen;
   kurz sprechend wirft er hastig seinen Schädel.

   Dem wüsten Vaterhause ist er früh entwichen.
   Auch in der Fremde blieb er unverhohlen
   unglücklich. Er ist viel in Europa umhergestrichen,
   tat viel und war sehr vielen Dingen nah,
   war deutscher als ein Deutscher, polnischer als Polen.
   Schließlich ging er mit einem Mädel,
   das ihm ähnlich sah,
   in die Kolonie,
   entrann dem Rausch und fand etwas wie Glück.
   Bei Kriegsausbruch kam er von Pondichéry
   zurück.

   Er sprang vom Schiff. Er übersprang die Grenzen, die sie trennen,
   er fühlte sie und fühlte sich mit gespaltner Flamme brennen.
   Er kannte Krieg und wußte, daß jedes Volk sich selbst bekriegt.
   Er half zum Siege und war selbst besiegt.
   Er war geschaffen, ihre Tugenden zu kennen.
   O wie sein schönes Herz zwischen den Völkern liegt!




POLNISCHE SCHAUSPIELERIN


   Zerreißt das Tuch über schmerzender Brust,
   sticht mit dem spitzen Finger in die taumelnden Brüste,
   wirft die Augen zum Himmel auf,
   zum Feste
   der steifen über ihr prallen blauen Wölbung.
   Die Gäste
   lachen und rufen durcheinander.
   Licht fällt dicht.

   Sie hört sich selber nicht.
   Sie windet Phantasien in polnischer Sprache.
   Wogender werden ihre Gebärden.
   »Keiner weiß, was der andre spricht.
   Strömender Mantel ist meine Sprache.
   Aber seht, wie ich ihn Menschen entgegenbreite!
   Was für Schmerzen ich mir bereite!«
   Sie sinnt. »O, auf Erden
   im eignen Wort verstanden werden!«




WORTE ZU EINEM POLNISCHEN TANZ


   Da sitzt das Quartett und ist schon müde.
   Nur einer schwenkt das Kinn und stemmt die Fiedel,
   und streicht den Bogen zu einer Etüde,
   streicht, als wollte er ihn zerbrechen,
   streicht immer die eine, immer die,
   immer dieselbe Melodie,
   verdreht zu einem kleinen Liedel --
   hört auf, wir wollen nicht dazu sprechen!

   Einer legt einem Mädchen die Hand an den Hals
   und biegt sie. Wie zärtlich! Vor zwei Jahren, als
   wir nach Jasnagora kamen, erblaßten
   wir, weil zwei von unsern Damen
   sich zum Tanzen eng um die Hüften faßten!
   Hör doch auf. Wir vergaßen
   alles, als wir tranken und saßen.

   Adam aber wollte reiten.
   Janina sollte ihn begleiten,
   er hielt ihr ehrerbietig den Bügel,
   als sie aber ein Stück
   weiter waren, zitterte er
   bis unter die Haut, atmete schwer,
   ließ den Gaul ansprengen, packte ihren Zügel
   und riß sie zurück --
   Nie vergesse ich seine Augen.

   Hör auf, sprich nicht, Du lenkst
   mit Worten, die Worte aus allen Weiten saugen,
   mich nicht von dem, woran Du denkst.
   Daß Du Dich so in die Welt verschenkst!
   Du hörst nur eines aus den vielen
   Gängen der einen Melodie,
   die sie wieder zum Tanze spielen.
   Fluch Deiner heiligen Melancholie!

   Du sollst keine Worte zum Tanze sprechen,
   am Ende müssen wir alles blechen.
   Starr' nicht so widerlich in den Wind!
   Greif nicht mit so harter Faust in die rankenden Pflanzen.
   O wie unglücklich wir Menschen sind --
   was bleibt uns denn übrig, als zu tanzen!




JOHANN KASIMIR LANDRIS ERLEBNIS


   Johann Kasimir Landri kam von dem großväterlichen Gute.
   Er fühlte noch zwischen den Schenkeln die bebenden Flanken der
      silbernen Stute,
   und das Wiegen, als unter den Hufen der Sand
   gerieselt war; und das flüchtige Land,
   Rausch der Weite seines Landes schwoll noch in seinem Blute.

   Vor der Rampe der Stadtwohnung hielt der Wagen.
   Ein Diener öffnete den Schlag und hat ihn eilig zugeschlagen,
   und folgte bepackt. Johann Kasimir sah im Enteilen
   in der Pförtnerstube, zwischen dem steifen und engen roten Mobiliar,
   ein junges Stubenmädchen schmal
   mit tief gesenktem kupfernem Haar
   verweilen.

   Er zögerte in der Mitte
   der Treppe. Er behielt ein flüchtiges Bild ihrer Fessel --
   hinter ihm kamen des Dieners leise zögernde Schritte --
   und er wußte: oben, allein im räumigen Saal,
   der eben breit zur Straße erleuchtet war,
   wartete seine Mutter im Sessel.

   Den Rest der Treppe hat er beklommen
   langsam erstiegen. Aber das Licht
   im Vestibül überflog
   singend das Staunen seiner heiligen Scham.
   Stürmisch lächelte sein Gesicht,
   als er die gelassne Hand seiner Mutter nahm
   und unters klopfende Blut seiner Lippen zog --:
   »Es werden ganz neue Zeiten kommen!«




EIN STERBENDER MINISTER HINTERLÄSST DEN POLEN:


   Es gibt keine Grenze, wo Deutschland an Polen stößt,
   die Ströme treten ungehindert über in deutsches Land,
   und der Flissak, der seine Stämme stromabwärts flößt,
   hat nie erkannt,
   ob es den heimischen Atem mit feindlicher Luft vertauschen
   heißt, -- da ihn weiter das Wasser trägt
   und hier wie dort
   mit gleichem unverstandnem Wort
   gluckend eine Welle über die Bretter schlägt,
   und gleiche Melodie die Uferwälder rauschen.

   Ich hörte an den Grenzsteinen
   ein schmales Lettenmädchen lachen und weinen,
   in meine Brust hinein;
   vor schluchzenden Kadenzen ihrer Stimme versank der Stein --
   Ich wußte: wo polnische Erde liegt,
   ist sie in Streifen deutscher und russischer eingeschmiegt.
   Der Strom von Erde, der um den Globus fließt,
   ergießt
   auch in Polen sein Gewicht.
   Grenzen werden heißen, wo die Völker einander stützen --

   Die besten Deutschen haben geschworen,
   Polen sei noch nicht verloren;
   einst werden die besten Russen Dich schützen --

   Wer Dich zwang und besessen
   hatte, Polen, sollst Du vergessen.
   Aber, eh nicht der Stern zerfällt,
   Polen, vergiß die Russen nicht,
   Polen, vergiß nicht die Deutschen,
   Polen, vergiß nicht die Welt!




NACHWORT


Das Nationalgefühl, wenn es über einen ohne sittliche Qualitäten wirkenden
Instinkten einer Überzeugung gediehn ist, damit aber anders und höher
aufrichtig wurde als der bisher geltende Urtrieb, und für sich und andre
berechtigter, muß, neben andern Tugenden, die freudige Anerkennung jedes
fremden Nationalgefühls zur Folge haben. Wovon ich überzeugt bin, daß ich
-- und nicht als der so oder so zufällig Veranlagte, sondern als der
überhaupt Seiende -- es darf, ja daß ich es soll, dessen Recht und mehr als
Recht muß ich allen in gleichem Stande Seienden zugestehn. Das Bestehn der
Nationen ist nicht nur die Voraussetzung des Internationalismus: Folge des
eignen Nationalgefühls ist die Anerkennung des Prinzips der Nationen, und
es ist bloße Anwendung, ist nur der letzte Schritt zum Wissen um die
Vielfalt ihres Reichtums und bis zur Liebe der Nationen, zur Weltliebe. Ja,
dieser Schritt ist schon getan, -- wie der wahre Individualist, der sich
nicht nur obenhin fühlt, sondern sich menschlich, warm und interessiert
liebt, die andern nicht hassen kann (und nur der fragwürdige Hasser sich
auszunehmen nicht bereit, nicht naiv, sondern unaufmerksam genug ist) und,
aus gläubiger Achtung vor lauter Individuen, die Menschen lieben muß: ein
wahrer, ein besserer Sozialist.

Wer nicht andern Völkern das eigne Gute gönnt, nicht das Gedeihn andrer
Länder wünscht, dem brauchen wir nicht zu glauben, daß er von Ländern und
Völkern etwas weiß; auch vom eignen nicht -- oder der ist nicht kühn oder
stark genug, vor sich selbst die moralische Regel zu behaupten. Da uns bei
der Arbeit die weite Festlichkeit einer prächtigen, sicheren, erregenden
Melodie russischer dramatischer Musik im Ohr liegt und mehr als nur den
Blick weitet, haben wir recht, uns sehr deutsch zu wissen. Und es heißt
deutsche Überlieferung aufnehmen, die beste und deutscheste Überlieferung,
wenn wir mit den Völkern in die Zukunft gehn, und die Hoffnungen eines
schönen, stolzen und strebenden Volkes mitfühlen. Auch Deutsche kämpften
bei Missolunghi und (im Politischen wohl falsch genug eingenommen) bei
Ladysmith. Der Marquis San Bacco Heinrich Manns, in den Romanen der
Herzogin von Assy, kämpft in allen Erdteilen für die Völker, die ihre
Freiheit suchen, ohne Besinnen und Bedenken; so sehr hat der Garibaldianer
seines Volkes Freiheit geliebt. Wir haben noch San Baccos; ihnen wären,
wüßte ich sie namentlich zu nennen, diese Gedichte leidenschaftlich
gewidmet.

Diese Gedichte werden vielleicht einem Vorurteil entgegengehn, da sie der
übel beleumundeten Gattung der politischen Lyrik angehören. Es bleibt am
besten ihnen selbst überlassen, sich und ihre Familie zu rechtfertigen und
diesem Vorurteil zu begegnen. Es werde nur bemerkt -- neben dem Hinweise,
daß auch alle berühmte Kriegslyrik zur politischen gehört -- es werde nur
bemerkt, daß die Bezeichnung als »politische Lyrik« eben nur, und zwar in
stofflicher Hinsicht, eine Gattung bezeichnet und gar nichts über den
möglichen und wirklichen Wert der politischen Lyrik aussagt. Sie verheißt
nicht mehr als etwa »Liebeslyrik«, und es wird meistens übersehn, daß es
auch unter den politischen Gedichten gute und schlechte gibt! Darum braucht
von der notwendig verführenden Wirkung aller Lyrik hier gar nicht erst
gesprochen zu werden.

Diese Zeilen aber sollen diese Gedichte nicht etwa entschuldigen, und
müssen sie, hoffe ich, nicht erläutern. Sie sollen nur bei ihnen stehn wie
die Bezeichnung von Gang und Art bei der Musik, nur anzeigend: presto alla
polacca -- der Leser fühle selbst, wo hier das Andante zum Largo erstarrt,
wo zum Furioso sich aufschleudert.

Göttingen, Ende September 1916

_Rudolf Leonhard_




INHALT

                                                  Seite
   Gespräch zweier Deutschen                          5
   Lied der Polen an Europa                           7
   Die Polen an Irland                                8
   An Amerika                                         9
   Lied polnischer Studenten                         10
   Polnische Erde                                    11
   Poniatowski auf dem Balkan                        12
   Lied des jungen Witold Napierogocki               13
   Gesang eines polnischen Dichters                  14
   Lied eines berittenen Legionärs                   16
   Polnische Reiter                                  17
   Begegnung der Brüder                              18
   Weichselübergang                                  20
   Das verlassne Dorf                                21
   Polnisches Barock                                 22
   Der polnische Adler                               23
   Zum König von Polen                               24
   Bild eines Republikaners                          25
   Heimkehr des Verbannten                           26
   Verwandlung des Verschwörers                      27
   Der Mischling                                     28
   Polnische Schauspielerin                          29
   Worte zu einem polnischen Tanz                    30
   Johann Kasimir Landris Erlebnis                   32
   Ein sterbender Minister hinterläßt den Polen      33

   Nachwort des Verfassers                           35

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_In der Bücherei »Der Jüngste Tag« erschienen:_

_Barrès_, Maurice / Der Mord an der Jungfrau. (Deutsch von H. Lautensack.)

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_Brod_, Max / Die erste Stunde nach dem Tode. Eine Gespenstergeschichte.

_Claudel_, Paul / Die Musen. Eine Ode. Ins Deutsche übertragen von Franz
Blei.

_Edschmid_, Kasimir / Das rasende Leben. (Das beschämende Zimmer -- Der
tödliche Mai.) Zwei Novellen.

_Ehrenstein_, Albert / Nicht da -- nicht dort. Novellen. (Doppelband.)

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_Jammes_, Francis / Gebete der Demut. (Deutsch von E. Stadler.)

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_Kafka_, Franz / Die Verwandlung. Eine Novelle. (Doppelband.)

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Seiffhart.)

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Ottomar Starke.

_Sternheim_, Carl / Ulrike. Eine Erzählung.

_Strindberg_, August / Die Schlüssel des Himmelreichs oder Sankt Peters
Wanderung auf Erden. Märchenspiel in 5 Akten. (Doppelband.) Deutsch von
Erich Holm.

_Trakl_, Georg / Gedichte. (Doppelband.)

_Viertel_, Berthold / Die Spur. Gedichte.

_Werfel_, Franz / Gesänge aus den drei Reichen. Ausgewählte Gedichte.
(Doppelband.)

_Werfel_, Franz / Die Versuchung. Ein Gespräch.

_Wolfenstein_, Alfred / Die Nackten. Eine Dichtung.

Die Sammlung wird fortgesetzt!

Jeder Band geheftet Mark --.80





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Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment.  Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States.  Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements.  We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance.  To
SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
particular state visit www.gutenberg.org/donate

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States.  U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses.  Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations.
To donate, please visit:  www.gutenberg.org/donate


Section 5.  General Information About Project Gutenberg-tm electronic
works.

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
concept of a library of electronic works that could be freely shared
with anyone.  For forty years, he produced and distributed Project
Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.

Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
unless a copyright notice is included.  Thus, we do not necessarily
keep eBooks in compliance with any particular paper edition.

Most people start at our Web site which has the main PG search facility:

     www.gutenberg.org

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including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
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