Geschichte des Araberaufstandes in Ost-Afrika

By Rochus Schmidt

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Title: Geschichte des Araberaufstandes in Ost-Afrika

Author: Rochus Schmidt

Release date: February 20, 2025 [eBook #75426]

Language: German

Original publication: Frankfurt/Oder: Verlag der Königlichen Hofbuchdruckerei Trowitzsch & Sohn, 1892

Credits: Peter Becker, Hans Theyer


*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE DES ARABERAUFSTANDES IN OST-AFRIKA ***



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                     Anmerkungen zur Transkription.

Das Original ist in Fraktur gesetzt; Schreibweise und Interpunktion des
Originaltextes wurden übernommen; lediglich offensichtliche Druckfehler
sind stillschweigend korrigiert worden.

Worte in Antiqua sind so +gekennzeichnet+; gesperrte so: ~gesperrt~

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                              Geschichte

                                  des

                    Araberaufstandes in Ost-Afrika.


                           Seine Entstehung,

                 seine Niederwerfung und seine Folgen.


                                 Von

                            Rochus Schmidt.


                            [Illustration]


                          Frankfurt a. Oder.


      Verlag der Königlichen Hofbuchdruckerei Trowitzsch & Sohn.




                               Vorwort.


Die große Menge der Afrikawerke, welche in den letzten Jahren auf dem
deutschen Büchermarkte erschienen sind, ließ auffallender Weise immer
noch eine eigentliche Geschichte des Ostafrikanischen Aufstandes und
seiner Niederwerfung vermissen. Eine gesammelte, auf rein historischer
Grundlage ruhende und durch mehrjährige persönliche Erfahrung kritisch
gesichtete Darstellung der kriegerischen Ereignisse in Ostafrika, ihrer
Ursachen und nächsten Folgezustände erschien aber gerade jetzt
geeignet.

Die Lage unserer deutschen Kolonie in Ostafrika ist keine glänzende,
die Stimmen der Gegner erheben sich von Neuem und drängen zu wenig
ehrenvollem Rückzug oder zu Beschränkungen, denen ein solcher Rückzug
noch vorzuziehen wäre.

Das vorliegende Buch soll in gedrängter Kürze die Entwickelung des
Aufstandes und seine Niederwerfung behandeln, es soll dem Leser die
großen Opfer vorführen, welche zu dieser Niederwerfung notwendig waren,
es soll aber auch die Begründung versuchen, daß die Sache solche Opfer
verdient.

Abenteuer oder farbensatte Schilderungen wird mancher Leser vielleicht
vermissen, aber der Verfasser hat sich bemüht, alles zusammenzutragen,
was für das vollkommene Verständnis des behandelten Zeitabschnittes
nötig ist, kurz eine Geschichte des deutsch-ostafrikanischen Aufstandes
zu geben. Ueberall ist dabei der Standpunkt strenger Objektivität
gewahrt worden, auch da, wo Personen, Maßnahmen oder Verhältnisse wohl
eine herbere, subjektive Kritik hätten herausfordern können. Wo eine
Kritik sich findet, beruht sie auf Erfahrung und sorgfältigster
Prüfung.

Möge es gelingen, durch das vorliegende Buch der Sache einen Dienst zu
leisten.

                        ~Berlin~, im Juni 1892.

                           =Der Verfasser.=


 ~Benutzte Quellen~: Brix Förster. -- Richelmann. -- von Behr. --
 Paul Reichardt. -- Weißbücher. -- Kolonialblatt. -- Kolonialzeitung.
 -- Koloniale Jahrbücher. -- Zeitungsberichte (Militärwochenblatt,
 Lieut. Heymons, Kreuzzeitung, +Dr.+ Neubaur.).




                         Inhalts-Verzeichniß.


                                                                Seite

    I. ~Kapitel~: Einführung                                     1-20.

   II. ~Kapitel~: Entwickelung des Aufstandes und
         Errichtung des Reichskommissariats                     21-38.

  III. ~Kapitel~: Organisation der Schutztruppe                 39-55.

   IV. ~Kapitel~: Die ersten Kämpfe um Bagamoyo,
         Daressalam, Pangani, Tanga und Sadani                  56-80.

    V. ~Kapitel~: Ausbildung des Reichskommissariats            81-98.

   VI. ~Kapitel~: Wißmanns Expedition nach Mpapua              99-117.

  VII. ~Kapitel~: Regelung der Verhältnisse um Mpapua und
         Marsch mit der Stanleyschen Expedition zur  Küste    118-140.

 VIII. ~Kapitel~: Buschiri und die Mafiti                     141-150.

   IX. ~Kapitel~: Wißmanns Thätigkeit an der Küste nach der
         Rückkehr von Mpapua, Buschiris Gefangennahme
         und die Unterwerfung Bana Heris                      151-184.

    X. ~Kapitel~: Die Stationen und der Dienst auf denselben  185-197.

   XI. ~Kapitel~: Die Unterwerfung des Südens                 198-217.

  XII. ~Kapitel~: Das Reichskommissariat unter Wißmanns
          Stellvertreter +Dr.+ Karl Wilhelm Schmidt           218-238.

 XIII. ~Kapitel~: Wißmanns letzte Thätigkeit als
          Reichskommissar                                     239-261.

  XIV. ~Kapitel~: Das Deutsch-englische Abkommen              262-275.

   XV. ~Kapitel~: Die wirtschaftlichen Unternehmungen vor,
          während und nach dem Aufstande                      276-297.

  XVI. ~Kapitel~: Ostafrika unter Herrn von Soden             298-334.

 XVII. ~Kapitel~: Die Expedition Emin Paschas                335-350.




                              1. Kapitel.

                              Einführung.

  Kolonisationsidee in Deutschland. -- Erwerbung Deutsch-Ostafrikas.
  -- Verträge in Usegua, Nguru, Usagara und Ukami. -- Kaiserlicher
  Schutzbrief. -- Gesellschaft für deutsche Kolonisation. --
  Gegenbestrebungen des Sultans. -- Erste Stationen in Ostafrika. --
  Expeditionen zu Gebietserwerbungen. -- Expedition des Verfassers.
  -- Protest des Sultans Said Bargasch gegen den kaiserlichen
  Schutzbrief. -- Araber in Ostafrika. -- Besitzstand des Sultans an
  der Küste. -- Stellung der Walis. -- Bismarcks Ultimatum. -- Deutsche
  Flottendemonstration in Sansibar. -- Der Sultan erkennt die deutschen
  Ansprüche an. -- Diplomatische Verhandlungen zwischen Deutschland
  und England. -- Londoner Vertrag. -- Die Deutsch-Ostafrikanische
  Gesellschaft. -- Der Küstenvertrag mit dem Sultan. -- Stationsbestand
  der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft.


Eine Geschichte des Araberaufstandes in Deutsch-Ostafrika kann nicht
gedacht werden ohne eingehende Betrachtung der Verhältnisse, welche
diesem Aufstande vorhergingen. Die Erwerbung Deutsch-Ostafrikas,
die einzelnen Phasen im Aufbau der Deutsch-Ostafrikanischen
Gesellschaft, die rein politischen und handelspolitischen Faktoren,
welche im Zusammenwirken mit den Völkerverhältnissen an der Küste
Deutsch-Ostafrikas zum Aufstand führten, bilden ~eine~ große
logische Kette.

Die Entwickelung der Kolonisationsidee in Deutschland braucht nur mit
wenigen Worten gestreift zu werden.

Die allgemeinen Ursachen, auf denen sich diese Idee aufbaute,
sind selbstverständlich in erster Linie in der außerordentlichen
Machtstellung zu suchen, welche Deutschland besonders nach dem
französischen Kriege in der Welt sich erworben. Diese Machtstellung
brachte dann eine unerwartete Entwicklung der Industrie mit sich
und diese wieder trieb ganz von selbst zu der Notwendigkeit neue
Absatzgebiete im Ausland zu schaffen. Während von der einen Seite
her diese Absatzgebiete lediglich auf dem Handelswege im Ausland
oder in den Kolonien anderer Nationen gesucht wurden, verlangte das
wiederbelebte Nationalgefühl der Deutschen seinerseits einen Anteil
an der Welt in Gestalt von Kolonien, um auf diese Weise die großen
wirtschaftlichen Faktoren im eigenen kolonialen Auslande nutzbar
verwerten zu können: mit einem Wort, die politische Unabhängigkeit auch
auf dem Gebiete des Handels und der Industrie zu erwerben. Gegenüber
allen Verdächtigungen feindlicher Kreise muß den ersten Beförderern der
Kolonialidee zweifellos der Ruhm zuerkannt werden, den Weg zu einer
solchen Unabhängigkeit ehrlich gesucht und auch thatsächlich gefunden
zu haben.

Welch außerordentliche Rolle bei diesen Bestrebungen Deutsch-Ostafrika
von vornherein gespielt hat und immer spielen wird, braucht kaum
besonders hervorgehoben zu werden. Einmal haben wir es mit einem
Gebiete zu thun, welches nach dem übereinstimmenden Urteil aller
unbefangenen Beobachter und Forscher zweifellos die wertvollsten Teile
Afrikas entweder in sich begreift oder handelspolitisch zu beherrschen
in der Lage ist. Ferner verfügt gerade unser Gebiet über eine durchaus
eigentümliche, im ganzen schwarzen Kontinent sich nicht wiederfindende
Entwicklung der Handelsbeziehungen nach dem Innern und vom Innern
heraus. Endlich besitzen wir in dem Volksstamm, welcher die Handelswege
nach dem tiefsten Innern eröffnet hat und auch gegenwärtig noch als
alleiniger Träger dieses Handelsverkehrs aufzufassen ist, in den
Arabern nämlich, Handelsvermittler von einer kaufmännischen Begabung
und gerade für das in Betracht kommende Land geeigneten Vorbildung, wie
sie wenigstens für Afrika nicht besser gedacht werden können.

Abgesehen von der wesentlichen Bedeutung aber, welche das
deutsch-ostafrikanische Gebiet für Deutschland selbst besitzt,
muß darauf hingewiesen werden, in welch ungewöhnlicher Weise die
Erwerbung dieses Gebietes durch eine deutsche Privatgesellschaft zur
Kolonisation ganz Afrikas und im weiteren zur Lösung kultureller und
zivilisatorischer Aufgaben von höchster Bedeutung mitgewirkt hat.
Der Eintritt des deutschen Reiches in die Reihe der Kolonialstaaten,
die internationale Verteilung Afrikas zwischen Deutschland, England,
Frankreich, Italien und Portugal in den Verträgen des Jahres 1890,
die internationale Regelung der Sklavereifrage durch die Brüsseler
Konferenz vom Jahre 1889 sind lediglich Folgen der deutschen Erwerbung,
und es darf gewiß als ein eigenartiges Wirken der Vorsehung angesehen
werden, wenn gerade das jüngste Kolonialvolk den Anstoß zur Regelung
von Fragen gegeben hat, welche einen ganzen Erdteil betreffen.

Wenige Worte mögen dem Leser den Gang der Erwerbung ins Gedächtnis
zurückrufen.

Einige wenige patriotische Männer vereinigten sich am 3. April 1884 zur
Gesellschaft für deutsche Kolonisation. Sie stellten sich auf den Boden
der von +Dr.+ Karl Peters vorgeschlagenen Thesen, welche darin
gipfelten, daß, bis das Reich sich entschlösse in eine Kolonialpolitik
einzutreten, es nötig sei, daß das deutsche Volk selbst mit praktischen
Schritten, d. h. in erster Linie mit Gebietserwerbungen in fremden
Erdteilen, zunächst in Ostafrika, vorginge. Im November 1884 traf
bereits die erste Expedition (+Dr.+ Peters, +Dr.+ Jühlke,
Graf Joachim Pfeil und Kaufmann Otto) in Sansibar ein. Am 10. November
brach die Expedition nach Überwindung unendlicher Schwierigkeiten nach
dem Festlande auf, erwarb innerhalb 6 Wochen durch Verträge in den
Landschaften Usegua, Nguru, Usagara und Ukami die Hoheits- und eine
Reihe von Privatrechten von 10 eingeborenen Häuptlingen (Jumbes),
hißte die deutsche Flagge an den entsprechenden Punkten und bestimmte
einige Plätze für die Anlegung von Stationen. Anfang Februar 1885
traf +Dr.+ Peters bereits wieder in Berlin ein und erhielt auf
Verwendung Sr. Durchlaucht des Fürsten Bismarck am 27. Februar 1885
den Allerhöchsten Schutzbrief Sr. Maj. des Kaisers Wilhelm +I.+
für die gemachten Erwerbungen. Mit Erlangung dieses Schutzbriefes
wurden alle Anfeindungen, welche gegen die völker- und staatsrechtliche
Gültigkeit jener Verträge erhoben waren, ohne weiteres niederschlagen,
-- Anfeindungen, welche nicht nur in Deutschland selbst seitens der
Kolonialgegner, sondern besonders durch das auf das höchste betroffene
England in Szene gesetzt waren. Die Erlangung dieses Schutzbriefes ist
daher als ein außerordentlich wesentliches Zugeständnis des deutschen
Reiches und zwar in erster Linie des Fürsten Reichskanzlers anzusehen.
Es ist der eigentliche Ausgangspunkt der afrikanischen Kolonialpolitik
des deutschen Reiches. Die Gesellschaft für deutsche Kolonisation
hatte damit ihren ersten und zweifellos größten Erfolg erreicht,
einen Erfolg, welcher jedoch der Gesellschaft selbst große und über
den Rahmen ihres eigentlichen Wirkungskreises weit hinausgehende
Verpflichtungen auferlegte. Es stellte sich sofort die Notwendigkeit
heraus, mit weit größeren Kapitalmitteln als bisher die bereits
erworbenen Gebiete in thatsächlichen Besitz zu nehmen, andrerseits aber
diesen Erwerbungen, welche ja nur als Kern und Ausgangspunkt gedacht
waren, neue in weiterem Umkreise hinzuzufügen und den Kolonialbesitz
in Ostafrika abzurunden. Besonders die letztere Aufgabe bedingte die
allergrößte Eile. Unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Peters'schen
Erwerbung machten sich sowohl von englischer Seite als auch (und
zwar vermutlich auf Betreiben der Engländer) seitens des Sultans von
Sansibar Bestrebungen geltend, welche darauf abzielten, den erworbenen
Besitz zu isolieren und die umliegenden Landschaften rechtlich für
den Sultan von Sansibar in Besitz zu nehmen. In richtiger Erkenntnis
der Sachlage wurde daher aus der Mitte der Gesellschaft für deutsche
Kolonisation heraus bereits am 2. April 1885 eine Kommanditgesellschaft
gegründet, welche unter dem Namen »Deutsch-Ostafrikanische
Gesellschaft, Karl Peters und Genossen« in das Handelsregister
eingetragen wurde und so eine Rechtsform für das weitere Vorgehen
darstellte.

Als Zweck der Gesellschaft wurde in die Satzungen aufgenommen
»Erwerb, Besitz, Verwaltung und Verwertung von Ländern sowie
deutsche Kolonisation im Osten Afrikas«. +Dr.+ Peters erhielt
Generalvollmacht und zwar in einer solchen Ausdehnung, daß thatsächlich
die ganze Gesellschaft in jeder Beziehung durch ihn allein geleitet
wurde.

Für +Dr.+ Peters selbst hatte sich nach seiner Rückreise nach
Deutschland die Notwendigkeit eines längeren Aufenthaltes in der
Heimat herausstellt, um die schwierigen, dort der Gesellschaft
harrenden Aufgaben in Angriff zu nehmen, besonders in den Finanzkreisen
Deutschlands die nötigen Kapitalien zu schaffen, ferner die weitere
Ausbildung der Gesellschaftsformen herbeizuführen und dieser als
Direktor vorzustehen. In Ostafrika standen von den mit Peters
ausgezogenen Herren noch +Dr+. Jühlke und Graf Pfeil zur
Verfügung, da der Kaufmann Otto in Usagara einer Krankheit zum
Opfer gefallen war. Dem +Dr+. Jühlke wurde die Vertretung der
Gesellschaft in Sansibar und Ostafrika übertragen; während Graf Pfeil
als erste Aufgabe die Errichtung der Station Sima in Usagara zugewiesen
erhielt.

In Deutschland wurden von +Dr+. Peters nach der Erteilung des
kaiserlichen Schutzbriefes eine Reihe von Persönlichkeiten für den
Gesellschaftsdienst engagiert, um zur Erweiterung des Gebietes eine
Reihe von Expeditionen zu unternehmen. Einer der engagierten Herren,
der Gärtner Schmidt, löste den Grafen Joachim Pfeil auf Sima ab mit dem
Auftrag dort eine landwirtschaftliche Station zu gründen. Dadurch wurde
Graf Pfeil für Uebernahme weiterer Expeditionen frei und ging zunächst
auf der von Bagamoyo nach dem Innern sich hinziehenden Karawanenstraße
nach Süden, woselbst er der Gesellschaft durch einen Vertrag Ansprüche
auf die Landschaft Kutu sicherte. Hieran schlossen sich folgende
weitere Expeditionen:

Die Expedition Jühlke, welcher Premier-Lieutenant Weiß zugeteilt war,
gewann Rechtstitel auf die Landschaft Usambara.

Graf Pfeil schloß zusammen mit Premier-Lieutenant Schlüter Verträge in
den Landschaften zwischen dem Rufidji und Rovuma.

Die Herren Baumeister Hörnecke und Lieutenant von Anderten waren zu
gleichem Zweck am Tana und an der Somaliküste thätig und erwarben
Ansprüche, die im Jahre 1886 durch eine Expedition des +Dr+.
Jühlke an der Benadirküste erweitert wurden. Hierbei fiel dieser um die
Erwerbung unserer Kolonien hochverdiente Mann den heimtückischen Somali
leider zum Opfer.

Der Verfasser selbst sicherte der Gesellschaft durch Verträge Rechte
auf die Landschaft Usaramo.

Es würde zu weit führen, und ist nicht Aufgabe dieses Buches, die
erwähnten Expeditionen im Detail zu verfolgen. Doch dürfte es nicht
uninteressant sein, eine solche Expedition etwas ausführlicher zu
erzählen, um hierdurch ein Bild von den damals in Ostafrika für die
Gesellschaft bestehenden Schwierigkeiten zu geben.

Es wird zu diesem Zweck die vom Verfasser selbst ausgeführte Expedition
gewählt; nicht etwa als ob dieser ein besonderer Wert zugesprochen
werden soll, sondern weil sie naturgemäß dem Verfasser am nächsten
liegt.

Mein Auftrag, den ich nach meiner Ankunft in Sansibar vom
Generalvertreter der Gesellschaft, +Dr+. Jühlke, erhielt, bestand
darin, in Sansibar zunächst eine Expedition zusammenzustellen und mit
dieser von Bagamoyo aus Usaramo zu durchziehen, das Land zwischen dem
Kingani und Rufidji der Gesellschaft zu sichern und dann nach Usagara
zu gehen, wo mir weitere Befehle von Seiten der Gesellschaftsvertretung
zugehen sollten.

Ich suchte dem erhaltenen Befehle gemäß so schnell wie möglich die
für die Expedition nötigen Träger anzuwerben, kaufte die im Inlande
gangbaren Tauschartikel ein, verpackte sie in Lasten und war 5 Tage
nach meiner Ankunft in Sansibar so weit, daß ich nach Bagamoyo, dem
Anfangspunkt meiner Expedition auf dem Festland überfahren konnte.
Es war für mich notwendig, die Zahl der für die Expedition nötigen
Träger auf ein Minimum zu reduzieren, da Said Bargasch, der damalige
Sultan von Sansibar, uns die Anwerbung der Leute, wie überhaupt die
Expedition in jeder Weise zu erschweren suchte. Ich sah mich genötigt,
nachdem es mir gelungen war, 70 Träger anzuwerben, auch unsere
eigenen Bedürfnisse sehr zu beschränken und für diese Trägerzahl
die Verpackung der nötigsten Lasten einzurichten. Von der sonst bei
einer Expedition üblichen Mitnahme von Karawanen-Askari (Soldaten)
mußte ich Abstand nehmen, weil mir die Anwerbung solcher, wenn sie
einigermaßen zuverlässig sein sollten, unmöglich war. Meiner Expedition
war der 3 Monate vor mir in Ostafrika angelangte Kaufmann Söhnge
zugeteilt worden. Von den Schwarzen sind zu erwähnen: der Hetmann
der Karawane, der Komorenneger Ramassan, ferner 2 sansibaritische
Waniampara (Unterführer) -- alle drei mit Gewehren bewaffnet. Im
übrigen bestand die Expedition außer unseren schwarzen Dienern nur noch
aus sansibaritischem Trägerpersonal. Beim Aufbruch war für mich die
größte Eile geboten, schon aus dem Grunde um, bevor das Ziel der Reise
bekannt geworden war, Aufhetzungen des Sultans in Usaramo vorzubeugen.
Der Sultan konnte uns nicht nur in Sansibar an der Anwerbung der Träger
und der Zusammenstellung der Expedition aufs äußerste hinderlich sein,
sondern auch im Innern. Hier besaß er zwar an den meisten Plätzen
nicht eine direkte Macht, aber doch einen großen moralischen Einfluß,
wie sich dies bei mehreren deutschen Expeditionen, z. B. in Usambara
gezeigt hat, wo von Said Bargasch die entsprechenden Empfehlungen
vorausgeschickt wurden. Durch meinen schnellen Aufbruch indes, und
da der Sultan über den Zweck meiner Reise sich im Unklaren befand,
die Expedition auch so angelegt war, als ob sie direkt nach Usagara
marschierte, welches sich ja bereits in deutschem Besitz befand, wurden
wir vor Schädigungen bewahrt.

So war es mir möglich, im ganzen 7 Tage nach meiner Ankunft in
Sansibar, von Bagamoyo aus abzurücken, von wo ich zunächst südlich
nach Bueni marschierte, um von hier aus den kleinen von Pangani
nach Kutu führenden Karawanenweg bis an den Kingani nach Dundanguru
einzuschlagen. Auch hier war es wieder mein Bestreben, möglichst
schnell vorwärts zu kommen, um nach dem Bekanntwerden meiner Route
in Bagamoyo und Sansibar durch die Schnelligkeit des Marsches mich
dem Einfluß der Küstenmachthaber zu entziehen. In der That wurde
auch die Expedition zunächst von den Eingeborenen überall freundlich
aufgenommen, die damals trotz der großen Nähe der Küste Europäer
noch gar nicht gesehen hatten, weil diese nur in ganz vereinzelten
Ausnahmefällen bislang das Land seitlich der großen Karawanenstraße
betreten hatten. Es bildete sich fast überall ein ganz friedlicher
Verkehr mit der Bevölkerung heraus, und dieselbe war in der Regel
leicht dazu zu bewegen, die Verträge, deren Abschließung der alleinige
Zweck der Expedition war, mit uns einzugehen. Wie schon ganz im
Eingang erwähnt worden, sind ja diese Verträge sowohl in Deutschland
wie im Ausland auf das heftigste angegriffen und verspottet worden. Das
Letztere vielleicht mit einem gewissen Recht; denn es konnte sich ja
niemand verhehlen, daß der faktische Wert derselben gering war, da die
eingeborenen Häuptlinge sich sehr selten, obgleich es ihnen auseinander
gesetzt wurde, dessen, was sie mit einigen Krähenfüßen unterschrieben,
voll bewußt waren und sie zumeist auch gegen reiche Geschenke in
der augenblicklichen Laune waren, alles Mögliche was man von ihnen
verlangte, abzutreten, ohne an das Bindende solcher Zugeständnisse für
die Zukunft zu denken. Andererseits repräsentierte auch die zweite
Vertrag schließende Partei, die ostafrikanische Gesellschaft, damals
nur eine geringe Macht und bedurfte dringend des Rückhalts an der
Reichsregierung.

Nichtsdestoweniger haben die Verträge ihren Zweck vollkommen erfüllt,
da infolge der ungeordneten innerafrikanischen Zustände und infolge der
zivilisatorischen und humanitären Verpflichtungen, die wir den auf der
tiefsten Kulturstufe stehenden Negern gegenüber zu übernehmen willens
waren, die staatsrechtliche Grundlage für die spätere Abgrenzung
unserer Interessensphäre durch sie gegeben wurde.

Fand ich nun in der ersten Zeit überall eine gute Aufnahme und volles
Entgegenkommen seitens der Eingeborenen auf meiner Expedition, so blieb
doch die Aufhetzung des Sultans von Sansibar nicht ohne Erfolg. Denn
diejenigen in der Expedition, auf die ich am meisten angewiesen war und
von denen der Erfolg derselben abhing, die Träger, warteten nur auf die
Gelegenheit, mich während des Marsches im Stich zu lassen und thaten
dies auch gleich während der ersten Tage nach meinem Aufbruch von der
Küste.

Wie sehr der Sultan auf die Träger einzuwirken im Stande gewesen war,
konnte ich daraus ersehen, daß dem treu zu mir haltenden Dolmetscher
Ramassan öfters von den Sansibariten gedroht wurde, ihn beim Sultan
zu denunzieren, weil er auf Kosten der Interessen des Sultans unsere
Bestrebungen zu sehr fördere. Ramassan schwebte daher auch in steter
Angst vor der Strafe des Sultans.

Durch das Entgegenkommen der eingeborenen Jumbes oder Pasi, wie sie
in Usaramo genannt werden, ist es mir zunächst immer gelungen, die
notwendige Zahl von Aushilfeträgern zu erhalten. Doch sah ich mich
wegen der steten Zunahme von Desertion der Träger in Dundanguru
veranlaßt, zu einem andern Auskunftsmittel zu greifen, da von hier an
die Wasaramo nicht mehr willens waren, mir auf meiner nach Süden nach
dem Rufidji abbiegenden Route bis an die Grenze der gefürchteten
Mahenge zu folgen.

Ich erklärte meinen Trägern, daß, wer nicht weiter mit mir ziehen
wollte, die Erlaubnis habe nach Sansibar zurückzukehren, da ich
nur solche Leute, die mir freiwillig und gern folgen würden, mit
mir zu nehmen wünsche. In Sansibar würde ich die Bestrafung der
Davongelaufenen durch Vermittlung des deutschen Konsulats herbeiführen,
dagegen die mir während der ganzen Expedition treu bleibenden Träger
über meine Verpflichtung hinaus belohnen. So behielt ich nicht ganz 30
Mann bei mir.

Es war mir ganz Unmöglich, mit diesen die Lasten der Karawane
weiterzutransportieren. Daher erteilte ich dem Kaufmann Söhnge den
Auftrag, am Kingani ein provisorisches Lager zu beziehen und so gut es
ging, zu befestigen, während ich selbst mit den für die Dauer eines
Monats notwendigen Tauschwaren, die ich in sehr leichte Lasten verpackt
hatte, mit 13 Trägern den Marsch nach Süden fortsetzte. Die übrigen
Träger ließ ich Herrn Söhnge zur Bewachung und Einrichtung des Lagers.

Ich durchzog nun allein das Land direkt nach Süden bis zum Rufidji
verfolgte diesen drei Tagereisen östlich und marschierte dann nach
Nordwest zurück, um wieder zum übrigen Teil meiner Expedition am
Kingani zu stoßen.

Ich fand bei den Häuptlingen des südlichen Usaramo nicht dasselbe
Entgegenkommen wie im nördlichen Teil und wurde überall mißtrauisch
aufgenommen; es gelang mir jedoch auch hier, wenn auch nicht mit
derselben Leichtigkeit wie vordem, die gewünschten Verträge, 25 an der
Zahl, abzuschließen.

Nach meiner Wiedervereinigung mit Söhnge trat ich den weiteren
Vormarsch der Expedition nach Usagara an, da es Söhnge gelungen war,
sich mit den Parsis der Ortschaften am Kingani zu befreunden und von
diesen die für den Weitermarsch nötige Zahl von Trägern anzuwerben. Die
große Karawanenstraße von Bagamoyo wurde am Gerengere erreicht und auf
dieser der Marsch nach Muini Sagara und von da nach Sima fortgesetzt.

In Sima traf ich den Generalvertreter der Gesellschaft +Dr.+
Jühlke an, welcher die für die weitere Fortsetzung der Expedition oder
für Stationsanlagen nötigen Lasten, die ich aus Mangel an Trägern von
Sansibar nicht hatte mitnehmen können, mir nachbrachte und ferner
den Auftrag des deutschen Generalkonsuls hatte, einen mit dem alten
Usagara-Sultan Muini Sagara und einer arabischen Karawane vorgekommenen
Streitfall zu untersuchen und zu schlichten. Dieser Auftrag ging in
Folge der Erkrankung Jühlkes auf mich über und hielt mich für die
nächste Woche noch in Usagara fest.

Endlich im letzten Drittel des Oktober erreichte mich der Befehl
nach Sansibar zurückzukehren und dort eine neue Expedition
zusammenzustellen, um mit dieser von der Rovuma-Mündung aus zum Zweck
weiterer Erwerbungen ins Innere abzumarschieren.

Mein Begleiter Söhnge war bereits vor mir mit den abgeschlossenen
Verträgen nach Sansibar zurückgesandt worden, und es schloß sich mir
der mit mir zugleich nach Ostafrika gekommene +Dr.+ Hentschel,
welcher sich damals ebenfalls in Usagara befand, auf dem Rückmarsche
an. Diese Rücktour sollte indes für mich verhängnisvoll werden und
einen Strich durch die Ausführung meiner Instruktion machen.

Am 28. Oktober, Morgens, verließen wir unsern Lagerplatz bei Kidete.
Die ersten Stunden des Marsches von Kidete aus waren ruhig verlaufen,
und wir glaubten, obgleich wir sowohl durch Kidete-Leute, wie auch
durch passierende Jäger von den in jener Gegend angesessenen Wakamba
des öfteren belästigt worden waren, durchaus nicht an eine ernstere
Gefahr, als wir plötzlich etwa um 1/2-12 Mittags von hinten beschossen
wurden. Die Karawane bestand damals außer uns beiden Europäern noch
aus 20 unbewaffneten Trägern, welche bei diesem Angriffe ebenso wie
unsre Boys ihre Lasten fortwarfen und sich schleunigst davonmachten.
Wir waren daher auf uns allein angewiesen. Unter dem fortgeworfenen
Gepäck befanden sich auch +Dr.+ Hentschels Patronen. Da ich eine
größere Anzahl Patronen selbst bei mir trug, half ich hiermit meinem
Gefährten aus. Seine Doppelbüchse hatte ein etwas größeres Kaliber als
der Büchsenlauf meiner Büchsflinte, weshalb auch seine Schüsse nicht
so präzis sein konnten. Wir suchten indes durch schnelle und möglichst
gut gezielte Schüsse der uns numerisch überlegenen Bande -- es waren
etwa 30 an der Zahl -- möglichst viel Verluste beizubringen. Die Gegner
haben, wie späteren Besuchern der Gegend mitgeteilt wurde, 5 Tote und
mehrere Verwundete gehabt. Aber wir selbst wurden beide gleich bei
Beginn der Schießerei verwundet. +Dr.+ Hentschel erhielt einen
Schuß in die linke Wade und ich einen in den rechten Unterschenkel über
dem Knöchel.

Glücklicherweise machten uns unsere Wunden nicht kampfunfähig; wir
suchten so gut wie möglich Deckung im Terrain und setzten, obgleich
verwundet, das Feuer fort.

Bei den Gegnern wurde dasselbe immer schwächer; doch traf mich eine
der letzten gegnerischen Kugeln in die Brust und ging durch meine
rechte Lunge hindurch. Das genügte in jenem Augenblick für mich. Die
Gegner stellten, wahrscheinlich wegen der verhältnismäßig großen
Verluste, die sie hatten, das Feuer ein und verschwanden zu meinem
Glück vom Kampfplatz. +Dr.+ Hentschel hielt an meiner Seite
aus, bis mich das Bewußtsein verließ, worauf er sich bei seiner ihn
am Gehen hindernden Verwundung zum Teil auf allen Vieren nach dem
nächsten Dorfe hin fortbewegte, um Hilfe für mich herbeizuschaffen,
oder, wenn diese zu spät käme, mich zu beerdigen. Er mußte zu diesem
Zweck die davongelaufenen Träger, vor allem Ramassan, wiederbekommen;
denn allein konnte er, selbst verwundet, mir nicht helfen. Daher bewog
er eine Anzahl Leute im nächsten Dorfe, zu mir zurückzugehen, um mich
nach jenem Dorf zu bringen; er gab ihnen als Lohn das einzige, was
er gerettet, sein eigenes Gewehr. Die Leute sind indessen nie zu mir
gekommen.

+Dr.+ Hentschel selbst kam nicht zurück, weil er hörte, englische
Missionare seien etwas weiter vorwärts auf der Straße, aber in der
Nähe. Er sah ein, daß das richtigste sei, von diesen ärztliche Hilfe
und Medizin zu erbitten, da wir alles verloren hatten. So ließ er sich
zu diesen tragen und sandte Ramassan zurück, der indes Angst hatte
und erst später zu mir kam. Die englischen Missionare traf Hentschel;
dieselben erklärten sich natürlich bereit, auf mich zu warten, während
Hentschel sich in Eilmärschen nach Sadani tragen ließ, um von dort
nach Sansibar zu fahren und dort den Vorfall zu melden, damit mir
ein Arzt und Hilfe entgegengeschickt würde, wenn es auch damals
unwahrscheinlich erschien, daß ich am Leben war. +Dr.+ Hentschel
hat in dieser Weise durchaus korrekt und besonnen gehandelt; durch
seine Handlungsweise hat er wesentlich dazu beigetragen, mir das Leben
zu retten, und mich zu Dank verpflichtet.

Nun ein paar Worte über meine Angreifer. Diese bestanden, wie wir
später erfuhren, in einer Räuberbande, sogenannten Ruga-Ruga, die
es auf Beutemachen und Plünderung Unsrer Sachen abgesehen hatten.
Diese Absicht ist nun nicht einmal von ihnen erreicht worden, da die
Angreifer nach ihren verhältnismäßig großen Verlusten sich schleunigst
empfahlen. Es waren Dritte, denen die Beute zufiel und zwar Kidete-
und Mamboialeute, die, während ich bewußtlos auf dem Kampfplatz lag,
alles stahlen und dabei mit großer Gewissenhaftigkeit verfuhren. Bis
auf das, was ich persönlich am Leibe trug, ließen sie nichts zurück;
doch war ich indessen noch gut daran, daß mir die Ruga-Ruga selbst
nicht noch einen Besuch abstatteten, da sie mir sicher das Messer an
den Hals gesetzt hätten.

Ich selbst blieb besinnungslos bis zur Zeit der Dämmerung liegen. Da
erst, also 6-7 Stunden nach meiner Verwundung, kam ich zum Bewußtsein
meiner Hilflosigkeit. Einige Neger befanden sich in meiner Nähe, die,
als ich die Augen aufmachte, auf und davon liefen. Brennender Durst
peinigte mich. Ich suchte ihn zu stillen, indem ich mir den rechten
Stiefel, in dem sich eine Portion Blut, von dem angeschossenen Bein
herrührend, angesammelt hatte, auszog und das darin enthaltene Blut
begierig trank. Da das Blut aber nachher trocknete und die Wunden
überhaupt nur wenig nachbluteten, so gab es für mich bald nichts mehr
zu trinken. Die ganze Nacht lag ich bei vollem Bewußtsein da; ich
hätte mir gern schleunige Erlösung von meinen Leiden gewünscht. Meine
Versuche, aufzustehen, mißlangen. Am nächsten Morgen kaute ich den
Thau aus den Gräsern; den Tropenhelm legte ich mir unter den Kopf,
um diesen etwas erhöht zu halten, und zog es vor, hierfür mir die
glühende Tropensonne auf den Schädel scheinen zu lassen. Die Neger,
welche vorbeikamen und mich liegen sahen, hatten kein Mitleid mit
mir, verhöhnten mich teilweise noch, ließen mich alle liegen und
gaben mir nicht einmal einen Tropfen Wasser zu trinken. Ein altes,
fürchterlich häßliches Weib warf mir ein Stück von ihr ausgesogenen
Kürbis ins Gesicht mit den Worten »da friß«, während ein Gemütsmensch
darunter war, der auf mein Ansuchen, mich von der Stelle zu tragen,
nur erwiderte: »Du wirst doch gleich sterben«. So lag ich, bis die
Sonne am Himmel reichlich 2 Uhr zeigte, so daß ich also 26-27 Stunden
an jener traurigen Stätte zugebracht habe. Da fanden sich endlich zwei
hilfsbereite Leute, die mich ins nächste Dorf trugen. Als ich die erste
Pfütze passierte, trank ich soviel Wasser, wie meine braven Träger nach
ihrer Aussage noch nie einen Menschen hatten trinken sehen.

Ich wurde im nächsten Dorf in der Hütte des Jumbe untergebracht,
der mich, so gut er konnte, verpflegte, indem er mich auf eine
Negerbettstelle legen ließ und mir aus Matama gemachte Suppe zum
Löschen des Durstes gab. Auch kam mein Karawanenführer Ramassan bald
nach diesem Dorfe zurück, wusch, nachdem er mir die Sachen, welche über
und über voll Blut waren, vom Leibe gezogen hatte, meine Wunden aus,
und verklebte den Einschuß an der Brust, den Ausschuß am Rücken und den
Einschuß am Bein mit je einem Stück Cigarettenpapier. Das war für die
nächste Zeit die einzige Wundbehandlung. Außerdem warb Ramassan zehn
Leute in jenem Wasagara-Dorf an mit dem Versprechen, ihnen wenn sie
mich an die Küste nach Sadani brächten, reichlichen Lohn auszuzahlen.

Diese zehn trugen mich ununterbrochen die ganze Tageszeit mit Ausnahme
einer kurzen Rast während des Mittags in der Hängematte, immer zwei und
zwei abwechselnd, nach der Küste zu. Bei diesem Transport wurde in
jenem gebirgigen Terrain aber nicht besser als mit einem Stück Waare
mit mir umgegangen. Die Aufnahme, welche ich in den nächsten Dörfern
während dieser Zeit fand, war eine durchaus hartherzige. In keinem
Dorf wurde mir Unterkunft gewährt. Überall mußte ich mit meinen Leuten
außerhalb des Dorfes auf einem harten Graslager zubringen. Dabei hatte
ich von der während der Nächte verhältnismäßig großen Kälte viel zu
leiden, da ich nur mit meinen blutdurchtränkten Kleidern bedeckt war.
Nahrung bekam ich nur von meinen eigenen Leuten, und zwar während
dieser ganzen Zeit nur eine Matamasuppe. Das Mißgeschick wollte es
zudem, daß ich erst nach mehreren Tagen die englischen Missionare
erreichte, welche bereits erwähnt sind. Sie hatten mir Boten mit
Medizin und Lebensmitteln entgegengeschickt, doch waren diese einen
andern Weg gegangen, als ich.

Bei den Missionaren wurde mir nun selbstverständlich alles zu teil, was
mir diese Leute bieten konnten. Sie behandelten und verbanden meine
Wunden, brachten mich in einem Zelte unter, gaben mir bessere Nahrung
und eine bessere Hängematte, in der ich bis zur Küste unter ihrer
Obhut getragen wurde. Allerdings war mein Zustand auf diesem Transport
ein derartiger, daß man daran zweifelte, ob ich die Küste noch lebend
erreichen würde. Am letzten Tage, bevor wir in Sadani ankamen, trafen
wir auf dem Marsch den Maler Hellgrewe und Herrn Söhnge, die, nachdem
sie von +Dr.+ Hentschel Kunde über mich erhalten hatten, sich
sofort aufgemacht hatten, mir Hilfe zu bringen. Sie fuhren an Bord der
»Möwe« über die Herr Admiral Knorr auf die empfangene Nachricht hin so
gütig war, nach Sadani zu schicken, damit der Arzt der »Möwe«, Herr
+Dr.+ Schubert, mir Hilfe leisten könnte. In Ndumi, 2 Stunden
von der Küste entfernt, traf mich auch ein kleines Detachement unter
Lieutenant Mandt und +Dr.+ Schubert, die für meinen weiteren
Transport nach Sansibar auf S. M. S. »Möwe« Sorge trugen. Zur
Erinnerung an jene Zeit stiftete mir Hellgrewe später zwei von seiner
Meisterhand gemalte Bilder, die gegenwärtig mein Zimmer schmücken. --

Kehren wir nach dieser Abschweifung zu der Entwickelung der
ostafrikanischen Verhältnisse zurück. Bereits oben ist von den
Bestrebungen die Rede gewesen, welche sich seitens des Sultans gegen
die Erwerbungen der ostafrikanischen Gesellschaft geltend machten.
Diese Bestrebungen nahmen eine greifbare Form an, als der Sultan am
25. April 1885 offizielle Kenntnis von dem kaiserlichen Schutzbrief
erhielt. Der Sultan Said Bargasch erhob nunmehr einen formellen Protest
gegen diesen Schutzbrief und die deutschen Erwerbungen überhaupt.
Dieser telegraphisch nach Berlin übermittelte Protest hatte folgenden
Wortlaut: »Wir haben vom Generalkonsul Rohlfs Abschrift von Ew.
Majestät Proklamation vom 27. Februar empfangen, wonach Gebiete in
Usagara, Nguru und Ukami, von denen es heißt, daß sie westlich von
unsern Besitzungen liegen, Eurer Oberhoheit und deutscher Regierung
unterstellt sind. Wir protestieren hiergegen, weil diese Gebiete uns
gehören und wir dort Militärstationen halten und jene Häuptlinge,
welche die Abtretung von Souveränitätsrechten an die Agenten der
Gesellschaft anbieten, dazu nicht Befugnis haben: Diese Plätze haben
uns gehört seit der Zeit unsrer Väter.« Gleichzeitig sandte Said
Bargasch Truppen nach Witu, Dschagga und Usagara, um durch eine
thatsächliche Machtentfaltung die Häuptlinge einzuschüchtern und eine
Art Besitzrecht auszuüben.

Es dürfte geeignet erscheinen, an dieser Stelle die Stellung der Araber
in Sansibar und ihre Beziehungen zu Ostafrika kurz zu skizzieren. Wann
die erste Einwanderung derselben in Ostafrika erfolgte, läßt sich
mit Sicherheit nicht feststellen. Die zahlreichen Ruinen arabischer
Gebäude an der ganzen Küste entlang legen Zeugnis davon ab, daß die
arabische Kultur hier bereits in früheren Jahrhunderten in hoher Blüte
gestanden haben muß; auf dem Boden der Geschichte erscheinen die Araber
jedoch erst mit der portugiesischen Einwanderung. Es ist bekannt, daß
das arabische Element durch die Portugiesen im 16. Jahrhundert fast
gänzlich vertrieben wurde und daß die arabischen Städte insgesamt in
portugiesische Hände fielen. Ebenso darf die spätere Vertreibung der
Portugiesen durch die Maskataraber als bekannt voraussetzt werden.
Erst seit dem Jahre 1840 ist Sansibar der unbestrittene Hauptort der
arabischen Oberherrschaft. In diesem Jahr verlegte der Sultan Said
Said seine Residenz von Maskat nach Sansibar. Ihm folgte 1856 Said
Madjid, dem 1870 dann Said Bargasch nachfolgte; unter diesem gewann
der englische Einfluß in Sansibar vollkommen das Übergewicht über alle
andern Nationen. Said Bargasch starb 1888 und hinterließ die Regierung
seinem Bruder Said Kalifa.

Die Stellung, welche die Araber in Ostafrika gegenwärtig und zwar
seit der Vertreibung der Portugiesen einnehmen, ist eine durchaus
eigentümliche, wie sie sich ein zweites Mal kaum irgendwo auf der Welt
wiederfinden dürfte. Der eigentliche Mittelpunkt ihrer Herrschaft ist
Sansibar selbst; aber von diesem Zentralsitz aus laufen die von Arabern
gesponnenen Fäden bis in das tiefste Innere des schwarzen Kontinents
hinein. Ihre weitesten Vorposten liegen gegenwärtig weit über den
Tanganjika westlich im Congostaat.

Ein faktisches Besitzrecht hatte der Sultan ganz zweifellos am
Küstenstreifen von der Tanamündnng bis zum Rovuma. Denn auf diesem
ganzen Küstenstreifen unterhielt er in allen Hauptplätzen Walis
(Statthalter), zum Teil auch Garnison. Er übte hier also wirkliche
Hoheitsrechte aus. Der Machtbezirk der einzelnen Walis war jedoch
außerordentlich begrenzt und erstreckte sich im großen und ganzen immer
nur auf die nächste Umgebung ihres Wohnsitzes.

Fast unmittelbar hinter dem Küstenstreifen herrschten die eingeborenen
Häuptlinge und zwar meist nach patriarchalischem Brauch unumschränkt,
so daß von einem Besitztitel des Sultans hier gar keine Rede sein
konnte. Die Ansprüche, welche der Sultan für dieses Innere erhob,
begründete er mit dem Umstand, daß in einzelnen Plätzen sich von ihm
ernannte Walis befänden. Damit kann jedoch von einer thatsächlichen
Besitzergreifung seitens des Sultans nicht die Rede sein. Es erklärt
sich das vielmehr lediglich aus Folgendem: Die arabischen Kaufleute,
welche in den Plätzen des Innern, von denen hier die Rede ist, also z.
B. in Tabora, Mamboia und anderen sich ansiedelten, ließen vom Sultan
einen Wali ernennen, nur um durch einen solchen Beamten eine größere
Autorität unter sich zu schaffen. Hätten sie einen Wali selbständig
aus ihrer Mitte erwählt, so würde sich kein einziger der Araber an
dessen Richterspruch gekehrt haben; ernannte aber der Sultan den
Statthalter, so war demselben immer ein wesentlicher Einfluß gesichert,
weil der Sultan die Endfäden des Gewebes in Händen hielt, d. h. weil
er die ungehorsamen Araber bei ihrer Rückkehr nach Sansibar bestrafen
konnte. Thatsächlich aber haben diese Walis den Eingeborenen gegenüber
keine Rechte ausgeübt; diese standen wenigstens im jetzigen deutschen
Interessengebiet nach wie vor unter ihren angestammten Häuptlingen.

Der Protest des Sultans wurde daher mit Recht durch den Fürsten
Bismarck am 19. Juni 1885 formell abgelehnt, die Ansprüche für
unbegründet erklärt und gegen die nachträgliche Besetzung von Gebieten,
welche innerhalb des deutschen Schutzgebietes lagen, Einspruch erhoben.
Die deutsche Antwort trug den Charakter eines Ultimatum und wurde durch
ein deutsches Geschwader, bestehend aus den Schiffen: Bismarck, Prinz
Adalbert, Gneisenau, Stosch, Elisabeth, Olga, Möwe nebst zwei Tendern:
Adler und Ehrenfels nachdrücklich unterstützt.

Die Sultanstruppen waren bereits am 24. Juni zurückberufen worden und
am 14. August erkannte der Sultan rückhaltlos die Schutzherrschaft
Deutschlands über die Länder Usagara, Nguru, Usegua, Ukami und über
das Gebiet von Witu an. Diese Erklärung des Sultan wurde vom deutschen
Reich als vollkommen genügend angesehen und obwohl thatsächlich niemand
in Sansibar, weder die Araber noch die Engländer und Franzosen,
daran zweifelten, daß das Geschwader lediglich gesandt worden sei,
um das Sultanat zu annektieren, wurde seitens Deutschlands, um die
freundschaftlichen Beziehungen zu England nicht zu erschüttern, von
diesem Schritte abgesehen. Nicht nur die Deutschen, sondern überhaupt
alle Einwohner bis zum Sklaven herunter faßten dies nicht anders, denn
als einen Mißerfolg Deutschlands auf. Die gewaltige Flottenentfaltung
war gänzlich ohne Resultat, ja die Araber betrachteten sogar die vom
Sultan gegebene Erklärung lediglich als ein durch die Not erzwungenes,
diplomatisches Auskunftsmittel.

Für die europäischen Mächte bildete jedoch diese diplomatische
Korrespondenz die Grundlage für weitere Verhandlungen. England hatte
richtig erkannt, wie nahe die Gefahr einer Annexion des ganzen
Sultanats gelegen hatte. Um für die Zukunft eine solche Möglichkeit
auszuschließen, ging das englische Bestreben jetzt dahin, Deutschland
zum Beitritt zu dem englisch-französischen Vertrage vom Jahr 1862 zu
bringen, in welchem die ~Unabhängigkeit des Sultans von Sansibar~
anerkannt wurde. Die Verhandlungen über die ostafrikanische Frage
begannen zwischen England und Deutschland im Dezember 1885 und fanden
ihren Abschluß in dem internationalen Abkommen zu London am 1. November
1886.

Das Londoner Abkommen erkannte dem Sultan die Souveränität über
Sansibar, Pemba, Lamu und Mafia zu, sowie einen Besitz an der
Küste in einer Tiefe von 10 Seemeilen vom Rovuma bis Kipini. Um
jedoch der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft einen Zugang zur
See zu verschaffen, ohne welchen der Besitz des Innern ja gänzlich
wertlos gewesen wäre, machte England im Londoner Abkommen sich
anheischig, im Einverständnis mit Deutschland beim Sultan auf die
Verpachtung der Zölle in den Häfen von Daressalam und Pangani an die
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft hinzuwirken, nachdem bereits
im September 1885 die Mitbenutzung Daressalams zugestanden worden
war. Gleichzeitig kamen beide Mächte überein, eine Abgrenzung ihrer
gegenseitigen Interessensphäre in diesem Teile des ostafrikanischen
Festlandes vorzunehmen. Der letztgenannte Punkt bildet die Grundlage
des deutsch-englischen Abkommens von 1890.

Mit dem Londoner Vertrage war nunmehr endlich eine politische,
internationale Grundlage für die deutsche Kolonisation Ostafrikas
geschaffen. Die erste günstige Wirkung derselben war die
Erkenntnis, daß nicht wie bisher durch verhältnismäßig geringfügige
Kapitalbeteiligung ein Erfolg zu erzielen sei. Das Großkapital sollte
und mußte herangezogen werden und die Gesellschaft selbst verlangte
eine Neuorganisation.

Im Februar 1887 verwandelte sich die Deutsch-Ostafrikanische
Gesellschaft in eine Aktiengesellschaft, die Leitung wurde in die Hände
eines Verwaltungsrats gelegt und +Dr.+ Peters zum Generalvertreter
in Sansibar ernannt.

In der That gelang es Peters schon im Jahre 1887, den Sultan Said
Bargasch zu einer Abtretung der Zölle zu bringen, aber die Ratifikation
des Vertrages durch die Direktoren der Gesellschaft verzögerte sich
so lange, daß Said Bargasch darüber hinstarb und erst unter Said
Kalifa im April 1888 der überaus wichtige ~Küstenvertrag~ zu
Stande kam, durch welchen die gesamten Festlandszölle, so weit sie die
Ausfuhr betrafen, an die Gesellschaft abgetreten wurden. Da dieser
Küstenvertrag die eigentliche Grundlage und Ursache des Aufstandes
bildet, so mögen seine Bestimmungen hier Platz finden:

»Dem Sultan sollen keine Verbindlichkeiten erwachsen weder aus den
Kosten der Besitzergreifung der Küste durch die Deutsch-Ostafrikanische
Gesellschaft, noch auch aus den daraus etwa entstehenden
Kriegszuständen. Dagegen willigt er ein, alle Akte und Handlungen,
welche erforderlich sind, um die Bestimmungen des Vertrags zur
Ausführung zu bringen, vorzunehmen und der Gesellschaft mit seiner
ganzen Autorität und Macht zu helfen.«

»Im ersten Jahre liefert die Gesellschaft den ganzen Betrag der
erhobenen Ein- und Ausfuhrzölle an den Sultan ab, abzüglich der
Geschäftsunkosten (nicht über 272000 M.) und einer Kommissionsgebühr
von 5 Prozent. Auf Grund der im ersten Jahre gemachten Erfahrungen soll
die Durchschnittssumme der jährlich zu zahlenden Pacht festgestellt
werden.«

»Die Gesellschaft wird ermächtigt, Beamte einzusetzen, Gesetze zu
erlassen, Gerichtshöfe einzurichten, Verträge mit Häuptlingen zu
schließen; alles noch nicht in Besitz genommene Land zu erwerben,
Steuern, Abgaben und Zölle zu erheben, Vorschriften für den Handel und
Verkehr zu erlassen, die Einfuhr von Waaren, Waffen und Munition und
allen andern Gütern, welche nach ihrer Ansicht der öffentlichen Ordnung
schädlich sind, zu verhindern; alle Häfen in Besitz zu nehmen und von
den Schiffen Abgaben zu erheben.«

»Die Verwaltung soll im Namen des Sultans und unter seiner Flagge,
sowie unter Wahrung seiner Souveränitätsrechte geführt werden. Der
Sultan erhält eine nach einem Jahr festzustellende Pachtsumme, ferner
50 Prozent des Reineinkommens, welches aus den Zollabgaben der Häfen
fließen wird; endlich die Dividende von zwanzig Anteilscheinen der
Gesellschaft +à+ 10000 M., nachdem Zinsen in der Höhe von 8
Prozent auf das eingezahlte Kapital der Anteilscheinbesitzer bezahlt
worden sind.«

Zur Zeit dieses Vertragsabschlusses besaß die Ostafrikanische
Gesellschaft in Deutsch-Ostafrika folgende 18 Stationen:

  Auf Sansibar selbst: die Hauptstation Sansibar;

  in Usaramo: Bagamoyo, Daressalam, Dunda, Madimola, Usungula;

  in Usambara: Pangani, Korogwe, Mafi;

  im Süden zwischen Rufidji und Rovuma: Kilwa, Lindi, Mikindani;

  in Usagara: Sima und Kiora;

  weiter westlich in Ugogo: Mpapua;

  in Usegua: Mbusini (Petershöhe);

  am Kilimandscharo: Moschi und Aruscha.

Von diesen waren nur Kilwa, Lindi und Mikindani Zollstationen. Im
übrigen wurden die Zölle in Sansibar selbst erhoben, da der gesamte
Verkehr von der Nordküste sich über Sansibar bewegte. Die Stationen
im Innern waren vor der Hand als Stützpunkte für Erwerbungen oder
eventuelle spätere wirtschaftliche Ausnutzung anzusehen. Den Beamten
der Gesellschaft, welche die betreffenden Stationen inne hatten, blieb
es je nach ihrer Befähigung und Initiative überlassen, daraus zu
machen, was sie konnten oder wollten.




                              2. Kapitel.

  Entwickelung des Aufstandes und Errichtung des Reichskommissariats.

  Hoheitsrechte der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft. --
  Übernahme der Küste, Schwierigkeiten bei Ausübung der Souveränität.
  -- Widerstand der Araber und Inder. -- Unzufriedenheit der
  Küstenbevölkerung. -- Machtlosigkeit der Gesellschaft. --
  Sultanssoldaten im Dienst der Gesellschaft. -- Einfluß des Sultans
  auf dieselben. -- Verhalten der Gesellschaftsbeamten. -- Weigerung
  des Wali von Pangani, die Gesellschaftsflagge zu hissen. --
  Eingreifen der Möwe und Carola. -- Ausweisung des Wali. -- Erneute
  Unruhen in Pangani. -- Einschreiten des Generals Matthews. --
  Zurückziehung der Gesellschaftsbeamten. -- Unruhen in Tanga. --
  Zustände in Bagamoyo. -- Wühlereien der Bagamoyo-Jumbes. -- Angriffe
  auf das  Gesellschaftsgebäude. -- Versuch, den Admiral abzufangen.
  -- Besetzung Bagamoyos durch die Marine. -- Streifzüge Gravenreuths.
  -- Erstes Eingreifen Buschiris. -- Buschiri landet mit 800 Mann in
  Sadani. -- Vorrücken auf Bagamoyo. -- Befestigung dieser Station
  durch Zelewski. -- Angriffe auf Bagamoyo. -- Stellung der
  Katholischen Mission. -- Verhältnisse um Daressalam. -- Angriff auf
  die katholische Mission in Pugu. -- Ermordung der Missionare. --
  Verhältnisse im Süden. -- Aufgabe von Lindi und Mikindani. --
  Ermordung der Gesellschaftsbeamten in Kilwa. -- Wirkung dieser
  Nachrichten in Deutschland. --  Blokade-Erklärung. --
  Antisklaverei-Antrag des +Dr.+ Windthorst. --   Errichtung des
  Kommissariats.


Durch den Vertrag der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft mit
Said Kalifa ging außer der Verwaltung der Zölle auch die Ausübung
der Hoheitsrechte des Sultans (Verwaltung und Gerichtsbarkeit) an
die Gesellschaft über. Als äußeres Zeichen dafür sollte überall, wo
Stationen der Gesellschaft im Sultansgebiet sich befanden, zugleich
mit der Sultansflagge die Flagge der Gesellschaft gehißt werden.
Jedoch schon bald nach der Uebernahme der Küste wiesen erfahrene
Gesellschaftsbeamte wie von Zelewski und Freiherr von Eberstein
in ihren Berichten an den Generalvertreter darauf hin, daß die der
Gesellschaft vertragsmäßig zu teil gewordenen Hoheitsrechte auf die
Dauer von den Beamten nicht würden ausgeübt werden können; die nächste
Zeit hat gezeigt, wie berechtigt diese Befürchtungen waren.

Es waren zwar die Eingeborenen und alle Bewohner des Küstendistrikts
durchaus geneigt, der Gesellschaft die üblichen Zölle zu zahlen, da
sie in der Uebertragung derselben an die Gesellschaft eine einfache
Verpachtung sahen, wie eine solche auch schon früher von Seiten des
Sultans an andere Personen besonders Inder, stattgefunden hatte, und es
hätte diese Zollerhebung seitens der Gesellschaft ohne den geringsten
Machtaufwand ungestört überall stattfanden können, -- ~wenn nur nicht
damit eine Ausübung der Souveränität verbunden gewesen wäre~.

Bei dem überaus conservativen Charakter der arabischen Bevölkerung,
bei ihrer Eigenart, vom kleinsten Gemeinwesen hinauf bis zum
Staat patriarchalische Organisationen zu schaffen, für welche das
Religionsgesetz den Nahmen gab, mußte ein solcher Versuch um so
schwerere Bedenken erregen, als gar keine wirkliche Macht dahinter
stand. -- Den Fremden, den Ungläubigen, deren Persönlichkeiten ihnen
noch dazu meist gänzlich fremd waren und von den ihnen unbekannt war,
ob sie ihre Sitten respektieren würden, mochten die Araber sich nicht
fügen. Sie sahen die Ausübung der Souveränität im Namen des Sultans
von Seiten der Gesellschaftsbeamten nur als Anfang zu gänzlicher
Unterwerfung unter die deutsche Herrschaft an; sie fürchteten durch
zu hartes Vorgehen der neuen Beamten in der Sklavenfrage eine
Schädigung ihrer Interessen und glaubten ihre gesamte Existenz aufs
äußerste bedroht, da sie befürchteten, daß sie auch in ihrem rein
kaufmännischen Gewerbe beeinträchtigt werden würden. Das letztere
Moment hatte sich übrigens schon früher in Tabora geltend gemacht, wo
die Araber mit allen Mitteln gegen die europäische Konkurrenz zuerst
die eines Franzosen und dann der großen Hamburger Elfenbeinfirma Meyer,
ankämpften. Ein Angestellter der Firma, Herr Giesecke, wurde im Jahre
1887 von den Arabern mit Erlaubnis des Häuptlings Sikke von Unianiembe
-- aus Geschäftsrücksichten -- ermordet.

Die Furcht vor dieser kaufmännischen Konkurrenz einerseits, sowie das
Faktum einer im Lauf der Zeit eingetretenen großen Abhängigkeit der
Araber von den Indern war übrigens auch für letztere ein Grund, sich
bei Ausbruch des Aufstandes den Rebellen gegenüber sympathisch zu
verhalten. Sie traten uns natürlich nicht mit den Waffen in der Hand
entgegen, leisteten aber doch durch Lieferung von Waffen und Munition
sowie durch Spionage den Aufständischen Vorschub.

Ein weiterer Grund zur Unzufriedenheit war der, daß vielen
Küsten-Leuten und zwar Arabern wie Negern ein sehr bequemes Einkommen,
welches sie bis dahin gehabt hatten, der Natur der Verhältnisse nach
mit der Neuordnung genommen wurde. Es bezieht sich dies auf die Walis,
Akidas und Jumbes in den Hauptküstenplätzen Bagamoyo, Pangani, Kilwa
und Lindi. Hier war überall von den genannten Personen unter allen
möglichen Vorwänden und Titeln den Karawanen Tribut abgenommen worden.
Daß die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft einem derartigen Unfug
sofort ein Ende machen mußte, war selbstverständlich; aber ebenso
selbstverständlich war es, daß die geschädigten Mrimaleute solche
Maßregeln als ganz unerlaubten Eingriff in ihre Rechte betrachteten.

Dennoch würden alle diese Gründe zusammen nie den Ausbruch eines
allgemeinen Aufstandes herbeigeführt haben, wenn die Gesellschaft
in der Lage gewesen wäre, bei Uebernahme der Verwaltung den Arabern
und Küstenbewohnern einen nachhaltigen Respekt durch Entfaltung von
Machtmitteln einzuflößen. Hierzu langten aber die Mittel nicht, und
die deutsche Reichsregierung zeigte sich damals noch nicht geneigt,
mit Nachdruck für die Gesellschaft einzutreten. -- Die einzigen
militärischen Kräfte, welche die Gesellschaft hinter sich hatte, waren
die unter den Walis und Akidas der Küstenplätze bisher beschäftigten
Sultanssoldaten, die ihrerseits aber von jeher in engem Kontakt mit der
Bevölkerung gestanden hatten und da sie Geschenke von dieser empfingen,
auch von ihr abhängig waren. Sie haben den Beamten nur geschadet, indem
sie meist zu den Rebellen übertraten und offen gegen die deutsche
Herrschaft ankämpften. Dazu kam, daß der Sultan von vornherein kaum
gesonnen war, den abgeschlossenen Vertrag wirklich zu halten, sondern
seinen Organen an der Küste geheime Instruktionen zugehen ließ, nach
Möglichkeit Schwierigkeiten zu machen. So trug er selbst zum Ausbruch
des Aufstandes bei, bis schließlich, als er ein Interesse daran hatte,
die Unruhen zu ersticken, ihm seine sogenannten Unterthanen nicht mehr
folgsam waren.

Nur wenige Leute unter den früheren Sultansbeamten haben wirklich,
nachdem sie in deutsche Dienste getreten waren, ehrlich zu den
Deutschen gehalten und an ihrer Seite auch zur Zeit des Unglücks
ausgeharrt, so z. B. Schech Amer, Said Magram in Bagamoyo und Mohammed
ben Seliman in Daressalam.

Als einen wesentlichen Grund zum Aufstande beliebte man damals
daheim wie in Sansibar von gegnerischer Seite das Benehmen der
Gesellschaftsbeamten den Eingeborenen gegenüber anzugeben. Es
ist dies völlig unzutreffend, und es sind im Gegenteil aus dem
Gesellschaftsdienst diejenigen Leute hervorgegangen, welche durch
ihre Kenntnis der Verhältnisse und nicht zum mindesten dadurch, daß
sie die Leute zu behandeln gelernt hatten, dem Reichskommissar später
am meisten genützt haben. Wenn auch hier und da einmal Ausnahmen von
der Regel vorgekommen sind, so stehen jene wenigen Ausnahmen absolut
nicht in ursächlichem Zusammenhang mit dem Ausbruch des Aufstandes.
Ebenso falsch ist es, wenn der Aufstand als ein von den Muhamedanern
als solchen gegen uns Christen angefachter Krieg hingestellt wird. Es
ist allerdings von geschickten Führern das religiöse Moment später
mit hereingezogen worden, aber nur künstlich, um durch ein allgemein
verständliches Motiv die Massen mehr in die Hand zu bekommen. Wenn wir
auf den erbeuteten Fahnen vielfach religiöse Inschriften fanden, so
sind dies Koransprüche, wie sie der Sitte gemäß von den Krieg führenden
Muhamedanern auf allen ihren Fahnen angebracht werden; keineswegs sind
sie aus besonderem Fanatismus gegen uns verwendet worden.

Die im Vorstehenden aufgeführten Gründe zur Unzufriedenheit
der Küstenbevölkerung wurden damals weder von der Leitung der
Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft noch von der Vertretung der
Reichsregierung in Sansibar genügend erkannt und gewürdigt; man
ließ sich an der papiernen Macht des Küstenvertrages genügen und
installierte zunächst ohne wesentliche Schwierigkeiten je zwei Beamte
in den Küstenstationen Tanga, Pangani, Bagamoyo, Daressalam, Lindi und
Mikindani. Bald aber gewann die Gährung an der Küste einen greifbaren
Ausdruck.

Die ersten unbefriedigenden Nachrichten kamen aus Pangani. Der dortige
Bezirkschef der Gesellschaft, Herr von Zelewski berichtete, daß
der Wali von Pangani dem ihm vom Sultan erteilten Befehl, sich dem
Bezirkschef zu fügen, nicht nachkäme und daß er gegen die Hissung der
Gesellschaftsflagge protestiere. Es wurde in Folge dieses Berichtes
der Kreuzer »Möwe« am 17. August 1888 nach Pangani abgesandt. Sein
Erscheinen bewirkte, daß der Wali versprach, den Bezirkschef als seinen
Vorgesetzten anzuerkennen und seinen Befehlen in jeder Beziehung
nachzukommen. Daraufhin dampfte die Möwe wieder von Pangani ab, eine
Macht wurde nicht zurückgelassen; man ließ es darauf ankommen, ob
die Sache gut gehen werde oder nicht. Kaum aber war das Schiff außer
Sicht, da verweigerte der Wali wiederum den Gehorsam, und dasselbe
thaten auf sein Anstiften hin die in den Dienst der Gesellschaft
übergetretenen Sultanssoldaten. Als darauf am 18. August die Carola bei
Pangani vorbeikam, um sich nach der inzwischen erfolgten Entwicklung
der Verhältnisse zu erkundigen, entsandte auf Antrag des Herrn von
Zelewski der Kommandant des Schiffes am 19. ein Landungscorps, dessen
Erscheinen die aufrührerische Bevölkerung einschüchterte. Die Abteilung
der Marine drang bis zum Hause des Wali vor, um diesen dort gefangen
zu nehmen, fand aber das Haus leer -- der Wali war nach Sansibar
geflohen. Man begnügte sich, die Sultanstruppen zu entwaffnen und ließ
auf Antrag des Bezirkschefs 2 Unteroffiziere und 16 Matrosen als Wache
im Stationsgebäude zurück. Die Carola verließ hierauf die Rhede, und am
23. erschien statt ihrer die Möwe, um die Wache wieder abzuholen.

Unbegreiflicherweise gab man sich damals trotz der soeben gemachten
Erfahrungen einem derartigen Optimismus hin, daß man es nun schon
wieder darauf ankommen ließ, ob die Sache weiterhin gut gehen würde
oder nicht. Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft that das einzige,
was sie thun konnte; sie verfügte die Ausweisung des Wali von Pangani
aus dem Küstengebiet und der Generalkonsul begnügte sich mit dieser
Maßregel, weil durch diese Ausweisung der Wali für die Beamten der
Gesellschaft unschädlich geworden war.

Die Folgen dieser Vertrauensseligkeit zeigten sich fast augenblicklich.
Als der Bezirkschef von Pangani bei der Ankunft von 1000 Faß Pulver auf
einer Dhau auf dem Pangani-Fluß das Landen dieser Menge von Munition
verbot und verfügte, daß die Dhau nach Sansibar zurückkehren sollte,
bildete diese an sich selbstverständliche Maßregel die Veranlassung zum
Ausbruch wirklicher Unruhen. Der größte Teil der Bevölkerung rottete
sich zusammen, zog vor das Haus der Gesellschaft und setzte die Beamten
gefangen. Das Haus wurde verschlossen, eine Wache davor gesetzt und den
Gefangenen jeder Verkehr nach außen untersagt.

Zufälligerweise war der General-Vertreter der Deutsch-Ostafrikanischen
Gesellschaft, Konsul Vohsen, in begreiflicher Sorge um die Sicherheit
seiner Beamten, gerade an diesem Tage auf dem Sultansdampfer Barawa
nach Pangani unterwegs, um sich persönlich nach der Entwicklung der
Verhältnisse zu erkundigen.

Obwohl er schon im Boot erfuhr, daß in Pangani Krieg sei und ihm von
Wohlmeinenden dringend geraten wurde, nicht an Land zu gehen, setzte er
die Fahrt fort, wurde indes durch die sein Boot beschießenden Rebellen
zur Umkehr gezwungen. Die Barawa kehrte am nächsten Tage nach Sansibar
zurück, und auf die Intervention des deutschen Generalkonsuls und des
Konsuls Vohsen schickte nun der Sultan, nachdem die Barawa mit Vohsen
an Bord wieder nach Pangani zurückgegangen war, seinen General Matthews
mit Truppen nach Pangani, um die Beamten zu befreien. Die Befreiung
derselben ist dem General nur mit Not und Mühe und unter eigener
Lebensgefahr gelungen, ein Beweis dafür, daß die ohnehin schwache
Autorität des Sultans ganz aufgehört hatte.

In dem nördlichen Platze Tanga waren die beiden Gesellschaftsbeamten
(v. Frankenberg und Klenze) gleichfalls in ihrem Stationshause am 5.
September gefangen gesetzt worden, wurden aber am 6. September durch
das Einschreiten der vor Tanga erscheinenden Möwe mit Waffengewalt
befreit. Aus Pflichtgefühl lehnten die Beamten die ihnen angebotene
Rückkehr auf der Möwe nach Sansibar ab und verblieben auf ihrem Posten.
Die Möwe selbst überbrachte Meldung von dem Vorgefallenen nach
Sansibar.

Die hierauf vor Tanga erscheinenden Kriegsschiffe Leipzig, Olga
und wiederum Möwe schickten dann in der Nacht vom 7. zum 8. ein
Landungscorps aus und machten den Versuch, den Wali gefangen zu nehmen,
der jedoch auch hier mißlang. Die Beamten wurden auf Befehl der
Generalvertretung von der Leipzig nach Sansibar gebracht.

In Bagamoyo als dem Hauptplatz der Küste hatte am 16. August unter
besonderen Feierlichkeiten die Flaggenhissung und die Übergabe an die
Gesellschaft im Beisein des General-Vertreters stattgefunden. Der Wali
hatte sich bereit erklärt, in den Dienst der Gesellschaft überzutreten
und hatte nur in einem Punkte Schwierigkeiten gemacht, nämlich als
von ihm die Entfernung der Sultansflagge von seinem Hause gefordert
wurde. Doch gelang es in den darauf mit ihm geführten Verhandlungen,
diese Schwierigkeit zu beseitigen, indem auch auf seinem Hause die
Sultansflagge neben der Gesellschaftsflagge weiterhin gehißt wurde.
Aber auch hier erwiesen sich bald die Verhältnisse als unhaltbar. Grade
in Bagamoyo fühlten sich die Jumbes Makanda, Bomboma und Simbambili in
ihren Interessen bedroht und scharten eine große Masse Unzufriedener
um sich. Bis zum 22. September hatte die Sache immerhin noch einen so
friedlichen Anstrich, daß der Bezirkschef, Frhr. v. Gravenreuth, an
Feindseligkeiten nicht dachte und am frühen Morgen jenes Tages mit
dem Geschwaderchef, Admiral Deinhard auf einem Boot der Leipzig zur
Flußpferdjagd in den Kingani fuhr. Als die Herren unterwegs waren,
wurde den übrigen Gesellschaftsbeamten vom Wali mitgeteilt, daß er der
Bewegung nicht mehr Herr werden könne, die Rebellen wollten gegen das
Gesellschaftsgebäude vorgehen und es sei Gefahr im Anzuge. Die Beamten
vereinigten ihre Askaris im Hause der Gesellschaft und hielten die
Rebellenschar durch das in der Station befindliche 4,7 cm-Geschütz,
welches der Stationsbeamte Rühle mit großer Bravour unter dem Feuer der
Aufständischen bediente, von derselben fern. Die Rebellen wagten die
Station selbst nicht zu stürmen, sondern zogen nach dem Strande, um das
Gesellschaftsboot zu zerstören, wurden aber von einer Abteilung der
Askaris, geführt von den Beamten, in der Richtung auf die französische
Mission hin vertrieben. Zu gleicher Zeit war die Leipzig durch Signale
von dem Angriff benachrichtigt worden und sandte ein Landungscorps
nach der Stadt, das die Rebellen noch über die französische Mission
hinaus verfolgte. Die geschlagenen Aufrührer haben dann noch den
Versuch gemacht, den deutschen Admiral und den Bezirkschef im Kingani
gefangen zu nehmen. Sie trafen das Boot mit genannten Herren an einer
seichten Stelle des Flusses bei abfließendem Wasser festgefahren und
suchten sie an das Ufer zu locken. Doch waren glücklicherweise die
Herren durch einen Boten des Arabers Said Magram gewarnt und warteten
im Fluß das Steigen des Wassers ab, um so am Abend an Bord der Leipzig
zurückzukehren, wo der Admiral von den Vorfällen des Tages in Kenntnis
gesetzt wurde.

Die persönliche Gefahr, welcher der Admiral durch das wackere Benehmen
Said Magrams entronnen war, ließ nun plötzlich die Bedeutung des
Aufruhrs in einem ganz anderen Lichte erscheinen, als man sie bisher
zu betrachten gewohnt war. Daß mit bloßen Verhandlungen hier nichts zu
erreichen war, lag auf der Hand.

Herr v. Gravenreuth, welcher vor Begierde brannte, die Aufrührer
aus der nächsten Umgebung von Bagamoyo zu vertreiben, unterbreitete
dem Admiral seine Pläne und nachdem dieser bereitwilligst in das
Stationsgebäude zu Bagamoyo eine Abteilung der Marine unter dem
Kommando eines Marineoffiziers gelegt hatte, war Gravenreuth in der
Lage, mit den Gesellschaftsbeamten und den von ihm eingedrillten
Stationssoldaten offensiv gegen die Rebellen vorzugehen. Er machte,
in Bagamoyo angekommen, einen Streifzug in die Umgegend, schlug die
Rebellen zurück und wiederholte diese Streifzüge mehrfach in nächster
Zeit. So blieb er Herr der Situation und führte sogar eine auf dem
Wege nach Bagamoyo befindliche Waniamuesi-Karawane, welche von den
Rebellen abgefangen werden sollte, in die Stadt hinein. Eine andere
große Waniamuesi-Karawane hingegen wurde nach der Straße von Daressalam
abgedrängt.

Aber auch die Erfolge Gravenreuths konnten den andrängenden Strom
nur für kurze Zeit eindämmen. Der Aufruhr wuchs in riesigem Maße,
die einzelnen Herde desselben flossen in einander und bald erschien
die Person des Führers auf dem Schauplatze, dessen organisatorischem
Talente und dessen Energie die Massen sich unterordneten.

Dies war der Halbaraber Buschiri, der sich bereits früher unter Said
Madjid im Innern durch seine Anteilnahme an den Kämpfen gegen Mirambo
ausgezeichnet hatte. Dann hatte er sich, an die Küste gekommen, am
Panganifluß auf einer Schamba niedergelassen. Als Said Bargasch zur
Regierung kam, wurde er von diesem wiederholt vor Gericht gefordert
wegen beträchtlicher gegen ihn schwebender Geldforderungen. Er entzog
sich jedoch dem Richterspruch des Sultans und leistete auch, da er sich
bei seiner Schamba durch Anlegung einer starken Buschboma befestigt
hatte, den Soldaten Said Bargaschs erfolgreichen Widerstand, so daß
letzterer es schließlich vorzog, ihn nicht mehr weiter zu behelligen.

So hatte Buschiri unter der Küstenbevölkerung und den Arabern sich
ein gewisses Renommee erworben; tatsächlichen größeren Einfluß wußte
er erst unter geschickter Benutzung der Verhältnisse bei Ausbruch des
Aufstandes gegen die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft zu erlangen.

Buschiri schiffte sich in Pangani mit 800 Mann ein und landete
dieselben in Sadani, wo er den Machthaber Useguas, Bana Heri zum
Aufstand anreizte, ohne daß es ihm jedoch damals glückte, eine
Verbindung mit demselben zu erlangen. Von Sadani zog Buschiri über
Land nach Bagamoyo und übernahm hier die Führung der vereinigten
Bagamoyo-Jumbes und ihrer Horden. Seine Hauptstütze, gewissermaßen
sein Generalstabschef, war der Komorenser Jehasi, der früher als
Artillerist im Congostaat gedient hatte und dementsprechend auch bei
Buschiri seine Hauptverwendung in der Bedienung der der Gesellschaft
abgenommenen Geschütze fand.

Mit dem Erscheinen Buschiris und der Vermehrung der Rebellenkräfte
um Bagamoyo verschlimmerte sich daselbst die Lage der
Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft auf das äußerste.

Von einem Verwaltungsdienst oder gar von Zollerhebung seitens der
Beamten konnte naturgemäß nicht mehr die Rede sein. Schon jetzt kamen
lediglich militärische Gesichtspunkte in Betracht, vor allem die
Behauptung der Stadt Bagamoyo selbst.

Herr von Gravenreuth war um diese Zeit durch schwere Fieberanfälle
genötigt worden, nach Deutschland zurückzukehren und hier Heilung
zu suchen. Das Kommando der Station und die Verteidigung der Stadt
übernahm Herr v. Zelewski, der bereits als Bezirkschef von Pangani
Erwähnung fand. Er sah ein, daß den stark überlegenen Kräften bei
der geringen Zahl der Gesellschaftsaskaris nicht mehr nach dem
Gravenreuthschen System der Offensive durch Ausfälle aus der Station
beizukommen sei, zumal die Hilfe der Marine ausschließlich für die
Besetzung und Verteidigung der Station bestimmt war. Zelewski, aufs
Eifrigste unterstützt von Wilkens, befestigte infolgedessen das
Wohnhaus der Gesellschaft, indem er es mit einer Mauer umgab, diese zur
Verteidigung durch die Askaris und Europäer einrichtete und das Land
in der nächsten Umgebung der Station frei legte, um ein hinreichendes
Schußfeld gegen die nunmehr öfters gemachten Angriffe der Rebellen
zu haben. Alle Europäer, die damals unter Zelewskis Kommando die
Station hielten, schreiben es seiner Umsicht und seinem Verdienst zu,
daß es ihm und seinem Nachfolger ermöglicht wurde, den Platz bis zum
Eingreifen der Schutztruppe zu halten.

Im Dezember 1888 mußte auch Zelewski, nachdem er 3 Jahre in Ostafrika
ausgehalten hatte, wegen seines Gesundheitszustandes die Heimat
aufsuchen und das Kommando der Station ging nun an Herrn v. Eberstein
über, der den weiteren Ausbau und die Verteidigung im Sinne Zelewskis
leitete.

Die im Dezember, Januar und Februar von Buschiri unternommenen Angriffe
wurden stets zurückgeschlagen; doch konnte nicht verhindert werden,
daß die Stadt Bagamoyo von ihm zum großen Teil gebrandschatzt und
zerstört wurde.

Der letzte Angriff auf die Station fand am 3. März 1889 statt; die
Rebellen wurden abermals zurückgeschlagen, und es wurde durch die
Herren Lieutenant Meyer mit der Marinebesatzung und Ostermann, von
Medem und Illich das eine der von Buschiri der Deutsch-Ostafrikanischen
Gesellschaft abgenommenen 4,7 cm-Geschütze zurückerobert. Buschiri
bezog hierauf ein befestigtes Lager beim Dorf Kaule.

Der einzige Ort, welcher während aller dieser Kämpfe in Bagamoyo seine
völlige Neutralität zu bewahren verstand, und von den Eingeborenen
als sichere Zufluchtsstätte betrachtet wurde, war die katholische
Mission. Ihr kluges Verhalten und die den Arabern wie Eingeborenen
stets entgegengebrachte Humanität sicherten ihr diese merkwürdige
Ausnahmestellung und verschaffte gleichzeitig uns Deutschen wesentliche
Vorteile.

Von der Mission aus wurden die bedrängten Deutschen stets mit
Nachrichten über die Bewegungen und die Absichten der Rebellen
versehen, Nachrichten, die in erster Linie der in den weitesten Kreisen
bekannte Bruder Oskar oft mit eigener Gefahr persönlich den Deutschen
übermittelte, wenn er nicht, was auch geschah, in wenigen Zeilen auf
einem Zettel oft recht drastischen Inhalts (wie: »Passen Sie auf! die
Schweinehunde kommen morgen um 10«) uns Nachrichten zukommen ließ.

Derjenige Platz, welcher unter dem Aufstande zunächst am wenigsten
zu leiden hatte, war Daressalam. Es erklärt sich dies zwar teilweise
aus der geringen Bedeutung dieses Platzes für den Karawanenverkehr,
der geringen Einwohnerzahl und der unkriegerischen Gesinnung der
umwohnenden Wasaramo, zum wesentlichen Teil aber verdankte Daressalam
seinen friedlichen Zustand dem Geschick und der Energie des
Stationschefs Leue, der vor Ausbruch des Aufstandes bereits Gelegenheit
gehabt hatte, sich dort vollkommen einzuleben und in Respekt bei den
Arabern und Eingeborenen zu setzen, -- seit seiner Ankunft in Afrika im
Jahre 1887 war er einzig und allein an diesem Platze thätig gewesen.
Leues Hauptstütze war unter der Bevölkerung der uns durchaus ergebene
Akida Mohammed ben Seliman.

Erst im Dezember erreichte der Aufstand Daressalam, und zwar
hauptsächlich infolge des Umstandes, daß eine große Zahl befreiter
Sklaven auf der Missionsstation daselbst untergebracht wurde. Der
Araber Seliman ben Sef organisierte jetzt seinen Anhang von Arabern,
Belutschen und früheren Sultanssoldaten und verband sich mit der
Partei des Negers Schindu, welche bisher gegen Leues Autorität offen
anzutreten nicht gewagt hatte. Schließlich kam es auch in Daressalam
so weit, daß sich sowohl der Bezirkschef Leue wie auch sein Nachfolger
auf jenem Stationsposten, Herr v. Bülow (auch Leue mußte wegen
perniziösen Fiebers Ostafrika verlassen) nur mit Hilfe eines im
Hafen von Daressalam stationierten Kriegsschiffes und einer in das
Stationsgebäude gelegten Marinebesatzung halten konnten.

Ende Dezember 1888 und Januar 1889 erfolgten Angriffe seitens der
Rebellen, die ihre sämtlichen Kräfte dicht bei Daressalam vereinigt
hatten und diesen Ort selbst unsicher machten. Die Angriffe wurden
stets durch die Geschosse des Kriegsschiffes -- es lagen abwechselnd
Möwe, Sophie, Carola dort vor Anker -- und die wenigen wohlgedrillten
Askaris unter Herrn von Bülow, zurückgeschlagen.

Leider blieben die in und um Daressalam thätigen Missionsgesellschaften
nicht vor der Wut der Rebellen verschont. So wurde am 10. Januar
die dortige evangelische Missionsstation angegriffen. Ihr Leiter,
der Missionar Greiner, welcher mit seiner Frau und Nichte die
Station bewohnte, hatte auf die von der Marine und der Gesellschaft
gemachten Vorstellungen (ein Angriff wurde erwartet) in übertriebenem
Glaubenseifer nicht hören wollen. Nur mit Mühe und Not konnte er sich
mit den Seinigen und einigen Missionskindern in ein Boot retten,
nachdem er vorher mit der Flinte in der Hand Widerstand geleistet und
nachdem einige Geschosse von der Möwe bei der Flucht in das Boot die
folgenden Rebellen verscheucht hatten. Hierbei riß allerdings eine
Revolvergranate der Nichte Greiners zwei Finger ab.

Schlimmer erging es den katholischen Missionaren von Pugu. Nach dieser
Station hatten sich Herr v. Bülow, Herr Küsel und einige Askari, als
der Aufstand schon im Ausbruch begriffen war, begeben in der Absicht,
die Missionare zu warnen und dieselben nach Daressalam zurückzubringen.
Doch auch hier wollten die Missionare nicht hören. Sie glaubten, den
Rebellen gegenüber durch ihr früheres Wirken eine derartige Stellung
einzunehmen, daß sie nichts von der Wut derselben zu fürchten hätten
und wollten deshalb auf ihrem Posten ausharren.

Doch auch sie wurden im Januar eines Tages, als sie sich gerade zum
Mittagessen anschickten, von eindringenden Rebellen angegriffen und
drei der Missionsangehörigen durch Schüsse und Stiche niedergemacht.
Es waren dies der Bruder Petrus, der Bruder Benedict und die Schwester
Martha. Letztere wurde vielfach verstümmelt, der Leib von Araberdolchen
aufgeschlitzt, liegengelassen. Die Schwester Benedicta, welche krank zu
Bett lag, sollte ebenfalls niedergestochen werden, als einige Araber
einschritten und die Neger von diesen Grausamkeiten zurückhielten. Die
Kranke und drei Brüder wurden gefangen genommen und nach Kondutschi
gebracht. Durch Vermittlung der französischen Mission wurden dann diese
vier Gefangenen gegen ein hohes Lösegeld ausgeliefert. Die übrigen
Missionsangehörigen waren durch die Flucht nach Daressalam entkommen.

Die Stationen Dunda, Madimola und Usungula fielen, nachdem die Beamten
von der Gesellschaftsvertretung nach der Küste zurückgerufen worden
waren, zum Teil mit den Geschützen und Gewehren, die man nicht mehr
hatte fortschaffen können, in die Hände der Rebellen.

Die übrigen Stationen im Innern waren bereits früher aufgegeben worden
bis auf die Station Mpapua, mit der die Verbindung unterbrochen war und
die auch zunächst durch den Aufstand nicht behelligt wurde.

Besonders schwierig lagen die Verhältnisse in unserm südlichen
Küstengebiet. War dort schon die Herrschaft des Sultans von Sansibar
eine höchst fragwürdige, so hatten Europäer bis dahin jene Gebiete nur
vereinzelt als Reisende betreten und waren außerdem durch das übereilte
Vorgehen der Engländer besonders an der Lindi- und Mikindani-Küste
bei Arabern und Eingeborenen verhaßt. Die genannten Stationen sollten
von teilweise in Afrika erfahrenen Leuten besetzt werden, aber
man verlangte von ihnen, daß sie die von der Gesellschaft ihnen
aufgegebenen Pflichten ohne jede Aufwendung von Macht erfüllten. Die
Unmöglichkeit, dieser Aufgabe gerecht zu werden, braucht nicht bewiesen
zu werden. Der Zusammenbruch der Verhältnisse war so in kurzer Zeit zu
erwarten.

Vom 21. Dezember datiert der Beginn der Feindseligkeiten im Süden. In
Lindi und Mikindani gelang es den dortigen Beamten, in Mikindani den
Herren v. Bülow und Pfrank, in Lindi den Herren v. Eberstein und Küsel,
sich noch im letzten Augenblick mit Hilfe einiger Wohlgesinnter zu
retten, nachdem sie so lange wie möglich auf ihrem Posten ausgeharrt
hatten. In Kilwa hingegen, dem 3. Punkt im Süden, wurden die beiden
Gesellschaftsbeamten Krieger und Hessel ein Opfer der Situation.
Nachdem auch hier von Seiten des Wali sowohl als der Bevölkerung Kilwas
den Beamten schon von Anfang an die größten Schwierigkeiten gemacht
worden waren, verschlimmerte sich ihre Lage durch das Erscheinen
von Tausenden von Wahiyaos, welche mit den Rebellen das leider im
Innern der Stadt gelegene Wohnhaus der Gesellschaft umzingelten und
den Beamten jeglichen Verkehr nach außen hin abschnitten. Lange
Zeit verteidigten sich die beiden wackeren Beamten mit größter
Unerschrockenheit und brachten ihren Bedrängern erhebliche Verluste
bei, da endlich schien für die Belagerten Hoffnung zu kommen mit dem
Erscheinen S. M. S. Möwe, mit der in Verbindung zu treten ihnen auch
schließlich durch Notsignale gelang. Indes ist, obgleich auf der
Möwe die schwierige Lage der Landsleute in Kilwa erkannt wurde und
obgleich die gesamten Offiziere der Möwe und sogar der Zahlmeister beim
stellvertretenden Kommandanten dieses Kriegsschiffes dringend eine
Landung erbaten, um den Bedrängten Hilfe zu bringen, nichts geschehen.
Als dann die Beamten sahen, daß die Möwe sogar abdampfte und ihnen die
letzte Hoffnung auf Rettung genommen werden sollte, da erkletterte
Krieger angesichts der Tausende sie umringenden Rebellen einen im Hof
des Wohnhauses stehenden hohen Baum, um noch einmal durch Signale dem
Kriegsschiffe ihre gefährliche Lage zu erkennen zu geben. Er wurde
bei diesem Versuch, Hilfe zu erlangen, vom Baum herabgeschossen, und
nun erstürmte der Haufen die Station. Beim Eindringen der Rebellen
durch die Thüre erkannte Hessel, daß alles verloren sei, und um nicht
in die Hände der grausamen Feinde zu fallen, machte er selbst seinem
Leben durch eine Kugel ein Ende. Das Verhalten des Kommandanten der
Möwe wurde auf die ihm vom Geschwaderchef Deinhard erteilte Ordre
zurückgeführt, in keinem Falle einen Landungsversuch zu unternehmen,
um nicht wie bei Tanga kriegerische Ereignisse dadurch zu provozieren.
Der Kommandant hat sich wörtlich an diese, für einen Fall wie den
vorliegenden gewiß nicht berechnete Instruktion gehalten und hat daher
als gehorsamer Soldat, also vom rein militärischen Standpunkt richtig
gehandelt.

Inzwischen war durch die Ereignisse in Ostafrika die ganze zivilisierte
Welt in Erregung geraten. Während unsere Mitbewerber in Ostafrika ihre
Schadenfreude schlecht verhehlen konnten, machte sich in Deutschland
naturgemäß ein mächtiger Umschlag der öffentlichen Meinung geltend.
Selbst bei denjenigen, welche der Kolonialpolitik im allgemeinen
gleichgültig gegenüberstanden, rührte sich das Nationalgefühl und
fand in dem allgemeinen Verlangen Ausdruck, der deutschen Sache in
Ostafrika einen nachdrücklichen Schutz angedeihen zu lassen. Die
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft richtete ihrerseits am 15.
September 1888 eine Eingabe an den Reichskanzler, in welcher sie auf
Grund ihrer telegraphischen Berichte aus Sansibar den Ernst der Lage
darlegte und außerordentliche Machtakte als notwendig hinstellte. Am
21. September folgte eine zweite Eingabe, in welcher das Verhalten
des Sultans als durchaus zweifelhaft dargelegt wurde und man außerdem
darauf hinwies, daß der Sultan in jedem Fall es an dem guten Willen
habe fehlen lassen, welchen er im Vertrage vom April 1888 verbürgt
hatte. Bereits am 3. Oktober wurde abermals dem Reichskanzler ein
Telegramm vorgelegt, in welchem der Generalvertreter der Gesellschaft
in Sansibar eine fortdauernde Besetzung der Küste als unumgänglich
notwendig bezeichnete.

In Anbetracht des Tempos, welches die Reichsregierung bisher in bezug
auf koloniale Angelegenheiten besonders in Ostafrika eingeschlagen
hatte, ließ sich kaum erwarten, daß ohne weiteres die Wünsche der
Gesellschaft in ihrem ganzen Umfang sich erfüllen würden. Die
politischen Gegner, mit welchen der Reichskanzler bei allem guten
Willen seinerseits besonders in der Kolonialfrage zu rechnen hatte,
würden unter keinen Umständen zu einem solchen Umschlage der Meinung
zu bringen gewesen sein, daß sie das direkte Eingreifen der deutschen
Macht am afrikanischen Festlande sich hätten abringen lassen. Der
Reichskanzler fühlte sich daher genötigt, eine Art Mittelweg zunächst
zu wählen; und zu diesem bot das Moment der Sklavenausfuhr, welches
man als Triebfeder des Aufstandes jedenfalls mitanführen konnte,
die geeignetste Handhabe. Bereits Anfang September 1888 war der
Reichskanzler in Verhandlung mit England, bald darauf auch mit Portugal
als den an der ostafrikanischen Küste mitbeteiligten Mächten getreten,
um zunächst eine gemeinsame Flottenaktion in Gestalt einer Blokade
der gesamten Ostküste zustande zu bringen. Im November kamen diese
Verhandlungen zum erwünschten Resultat, so daß am 27. November die
Admirale Deinhard und Freemantle die nachstehende Blokade-Erklärung
erlassen konnten:

»Auf Befehl unserer hohen Regierung und im Namen Sr. Hoheit des Sultans
von Sansibar erklären wir, die kommandierenden Admirale des deutschen
und englischen Geschwaders hiermit die Blokade der ununterbrochenen
Küstenlinie des Sultanats von Sansibar mit Einschluß der Inseln Mafia,
Lamu und einiger andrer kleinerer nahe der Küste legender Inseln
zwischen 10° 28' und 2° 10' südlicher Breite. -- Die Blokade ist nur
gegen die Einfuhr von Kriegsmaterial und die Ausfuhr von Sklaven
gerichtet. -- Die Blokade wird in Kraft treten am Mittag des 2.
Dezember dieses Jahres.«

Deutscherseits waren an der Blokade beteiligt die Schiffe Leipzig,
Carola, Sophie, Schwalbe, Möwe, Pfeil.

Der Blokadedienst gestaltete sich für die Marine zu einer ungemein
schwierigen Aufgabe. Bei den geringen Tiefenverhältnissen der
ostafrikanischen Küste war es den großen Kriegsschiffen gar nicht
möglich, so nahe unter Land hinzufahren, daß sie die an der Küste
direkt kreuzenden Dhaus abzufangen vermochten. Infolgedessen war die
Mannschaft in ungemein großer Ausdehnung zum Bootsdienst gezwungen.
Alle entbehrlichen Kutter und Pinassen wurden bemannt und kreuzten
unter den schwierigsten Verhältnissen die Küste ab. Sehr häufig waren
bei der Strenge des Admirals Deinhard, welcher an sich selbst die
höchsten Anforderungen stellte und auch von Offizieren und Mannschaften
das Menschenmöglichste verlangte, die Bootsmannschaften genötigt, sich
Proviant und Wasser, so gut es anging, in den Negerdörfern der Küste zu
verschaffen.

Der schließliche Erfolg der Blokade stand in gar keinem Verhältnis
zu dem aufreibenden Dienst. Es ist allerdings gelungen, die Zufuhr
größerer Massen von Kriegsmaterial nach Ostafrika teilweise zu
verhindern, und es sind andrerseits einige Sklaven-Dhaus eingebracht
worden. Die Zahl des vorgefundenen Menschenmaterials war aber so
geringfügig daß man eigentlich von einer verhinderten Ausfuhr kaum
sprechen konnte; eine solche bestand auch zur Zeit des Aufstandes nur
in sehr geringem Maße. Immerhin gewährte jedoch in Deutschland selbst
die Blokade die erste wesentliche Handhabe zu einem weiteren Vorgehen.
Denn so viel sah jeder ein, daß das Eingreifen der Kriegsschiffe eben
nur als Vorläufer der eigentlichen deutschen Machtentfaltung dienen
sollte und konnte. Das Hineinbringen der Sklavereifrage seitens des
Fürsten Bismarck erwies sich jedenfalls als eine außerordentlich
praktische politische Maßnahme. Der Reichskanzler gewann dadurch
die Unterstützung der stärksten Partei des Reichstags, nämlich des
Centrums, dessen Führer Windthorst schwerlich zu Gunsten der bloßen
Kolonialpolitik seinen berühmten Antrag gestellt hätte, welcher die
Grundlage für das militärische Einschreiten des deutschen Reiches und
die Besetzung der ostafrikanischen Küste bildete. Der Antrag wurde
von +Dr+. Windthorst am 27. November 1888 unter dem Namen des
Antisklaverei-Antrages eingebracht.

Am 6. Dezember 1888 wurde im Reichstag das erste Weißbuch, enthaltend
Aktenstücke über den Aufstand in Ostafrika, vorgelegt, und am 14.
Dezember gelangte der Antisklaverei-Antrag zur Annahme. Jetzt folgten
die Ereignisse Schlag auf Schlag. Am 9. Januar 1889 richtete die
Deutsch Ostafrikanische Gesellschaft eine Denkschrift an den Reichstag,
in welcher die Entwicklung der Gesellschaft geschildert und der Aufruhr
auf die Reaktion der arabischen Sklavenhändler gegen die christliche
Kultur und den europäischen Wettbewerb sowie auf die Machtlosigkeit
des Sultans von Sansibar zurückgeführt wurde. Am 12. Januar gelangte
das zweite Weißbuch über den Aufstand im Reichstage zur Verteilung,
und am 22. Januar trat die Regierung mit dem Entwurf eines Gesetzes,
betreffend die Bekämpfung des Sklavenhandels und den Schutz der
deutschen Interessen in Ostafrika vor den Reichstag. Am 30. Januar
gelangte das Gesetz in folgender Fassung zur Annahme:

»§ 1. Für Maßregeln zur Unterdrückung des Sklavenhandels und zum
Schutz der deutschen Interessen in Ostafrika wird eine Summe in der
Höhe von 2 Millionen Mark zur Verfügung gestellt. § 2. Die Ausführung
der erforderlichen Maßregeln wird einem Reichskommissar übertragen. §
3. Der Reichskanzler wird ermächtigt, die erforderlichen Beträge nach
Maßgabe des eintretenden Bedürfnisses aus den bereiten Mitteln der
Reichs-Hauptkasse zu entnehmen.«

Zum Reichskommissar wurde am 3. Februar durch Allerhöchste
Kabinetsordre Hauptmann Wißmann, à la suite des 2. Garderegiments zu
Fuß, ernannt.




                              3. Kapitel.

                    Organisation der Schutztruppe.

  Hermann Wißmann, sein Leben und seine Bedeutung. -- Soldatenmaterial
  für die Schutztruppe. -- Vorläufiger Bestand an Europäern. --
  Beschaffung einer Kommissariatsflotte. -- Anwerbung der Sudanesen
  in Egypten. -- Transport der Truppen nach Sansibar. -- Anwerbung
  von Zulus. -- Die Askaris an der Küste. -- Vorarbeiten in Sansibar.
  -- Regelung des Verhältnisses zwischen Reichskommissar und der
  Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft. -- Rekognoszierungsfahrt
  Wißmanns. -- Zustand der beiden Stationen Bagamoyo und Daressalam. --
  Erster Waffen- und Munitionstransport. -- Waffenstillstand zwischen
  Admiral Deinhard und den Rebellen. -- Bruch des Waffenstillstandes
  durch Buschiri. -- Ankunft der Sudanesen. -- Vorhandenes
  Europäer-Material. -- Verteilung desselben auf die Stationen Bagamoyo
  und Daressalam.


Hermann Wißmann wurde am 4. September 1853 als Sohn des
Regierungsassessor Hermann Ludwig Wißmann und seiner Ehefrau Elise,
geb. Schach von Wittenau zu Frankfurt a. O. geboren. Seine erste
Schulbildung erhielt Wißmann auf der Bürgerschule in Langensalza. Dann
trat er in die Realschule zu Erfurt und ein Jahr später in das dortige
Gymnasium ein. 1867 wurde Wißmanns Vater als Regierungsrat von Erfurt
nach Kiel versetzt und so ein abermaliger Schulwechsel des Knaben
nötig. Bereits 1868 siedelte die Familie nach Neu-Ruppin über. Hier
starb 1869 der Vater. 1870 trat der Sohn in die Prima des Kadettenkorps
zu Berlin ein und legte hier Ostern 1873 in glänzender Weise sein
Fähnrichsexamen ab, worauf er in das zu Rostock garnisonierende
Mecklenburgische Füsilier-Regiment Nr. 90 eingestellt wurde. Nach
einem längeren Besuch der Kriegsschule in Anklam machte er dort
sein Offiziers-Examen und ging dann wieder nach Rostock, um seine
militärische Laufbahn weiter zu verfolgen.

Hier lernte er den schon damals berühmten Afrikareisenden Pogge
kennen, welcher einen entscheidenden Einfluß auf ihn auszuüben
bestimmt war. Es war bereits die Absicht des Knaben gewesen, sich
den Naturwissenschaften zu widmen, ein Wunsch, der ihm nicht erfüllt
werden konnte. Im Verkehr mit Pogge lebte die alte Neigung wieder
auf und gewann bald eine so feste Gestalt, daß der Entschluß in ihm
reifte, sich Pogge bei der ersten Gelegenheit zu einer größeren Reise
anzuschließen. Diese Gelegenheit bot sich im Jahr 1879.

Die Afrikanische Gesellschaft in Berlin erteilte Pogge den Auftrag,
abermals nach dem von ihm früher schon besuchten Lundareiche in
Westafrika zu gehen und dort eine Station zu gründen. Wißmann
wandte sich auf Anraten Pogges an den Vorsitzenden der Deutschen
Afrika-Gesellschaft Dr. Nachtigall und wurde zu seiner größten Freude
als Geograph angenommen. Die Militärbehörde erteilte ihm Urlaub, den
er zunächst zu einer längeren wissenschaftlichen Vorbereitung an der
Seemannsschule zu Rostock benutzte.

Dann verließ er mit Pogge am 19. November 1880 den Hafen von Hamburg,
um sich nach Westafrika zu begeben. Der entscheidende Schritt zu
Wißmanns Ruhm war hiermit gethan; denn aus der Ursprünglich geplanten
Expedition nach dem Lunda-Reiche wurde jene erste von Wißmann allein
ausgeführte Durchquerung Afrikas, die erste Durchquerung seitens eines
Deutschen, die erste Durchquerung von West nach Ost überhaupt.

Mitte November 1882 erreichte Wißmann bei Sadani die Küste und war
dort -- eine eigentümliche Fügung! -- der Gast Bana Heris, desjenigen
Mannes, den er später als den Hauptfeind der Deutschen in Ostafrika zu
bekämpfen haben sollte. -- Im April 1883 traf Wißmann wieder in Berlin
ein, sein Ruf als Afrikaforscher war voll und ganz begründet. Unter
den schwierigsten Verhältnissen mit einer kaum nennenswerten Geldsumme
(30000 Mark) war die Durchquerung des schwarzen Erdteils auf einem
bisher nie betretenen Wege durch gänzlich unbekannte Gebiete hindurch
ohne jede Feindseligkeit mit Eingeborenen vollendet, der Wissenschaft
ein ungeheurer Dienst geleistet worden. Der Name Wißmanns war in aller
Munde.

Durch diesen außerordentlichen Erfolg war der König der Belgier auf den
kühnen Forscher aufmerksam geworden und machte ihm sogleich nach seiner
Ankunft das Anerbieten, in seinem Privatdienst das Congobecken zu
durchforschen. Schon am 16. November 1883, also nach kaum halbjährigem
Aufenthalt in der Heimat, schiffte sich Wißmann wiederum nach Afrika
ein in Begleitung des sächsischen Stabsarztes Dr. Wolf und der
preußischen Offiziere Hans und Franz Müller und v. François.

Die praktischen Ergebnisse dieser zweiten Expedition waren die
Festlegung des Stromlaufes des Kassai, die Entdeckung seines
Nebenflusses Sankurru, welcher bisher als selbständiger Nebenstrom des
Congo aufgefaßt wurde, endlich der Mündung des Kassai in den Congo an
einer Stelle, wo der Kassai bisher als Kwa-Fluß galt. Am 9. Juli 1885
erreichte Wißmann die Station an der Mündung des Kassai in den Congo.
Er erblickte hier zum erstenmale die Flagge des Congostaates, welcher
während der Dauer seiner Reise entstanden war.

Eine in der letzten Zeit aufgetretene Verschlimmerung seiner
asthmatischen Beschwerden machte nach dieser erfolgreichen Reise einen
Aufenthalt in Madeira notwendig, aber nach kaum 2 Monaten brach der
unermüdliche Forscher abermals im Auftrag des Königs der Belgier nach
Afrika auf. Er sollte im Dienste des Congostaates im Baluba-Lande
eine Stütze schaffen zu den weiteren Unternehmungen im Süden des
Congostaates und dann von dort aus nach Südosten und Nordosten
eventuell bis zu den östlichen Grenzen den eingeborenen Stämmen ihr
neues politisches Verhältnis bekannt machen. Er sollte ferner dem Gang
der Sklavenjagden und des Sklavenhandels nachforschen und ihm nach
Möglichkeit entgegenarbeiten.

Die eigentliche Aufgabe, welche Wißmann im ersten Teil seiner
Instruktion gestellt war, konnte auf dieser Reise nicht zur Ausführung
kommen; und zwar waren es gerade die Sklavenjagden der Araber und das
weite Vordringen derselben bis in den Congostaat hinein, welche die
Lösung dieser Aufgabe verhinderten. An der Stelle früher blühender
Landschaften fand er vollkommene Wüsten. Ganze Völkerstämme zeigten
sich vernichtet; die Stimmung der Araber war dem neuentstandenen
Congostaat durchaus feindlich, ja, kurz zuvor war eine der Stationen
des Staates (Stanley-Falls-Station) durch die Araber erstürmt und
vernichtet worden.

Wißmann selbst geriet in Nyangwe, der westlichsten Araberstadt in so
große Gefahr, daß an ein Weiterdringen im Congostaat selbst gar nicht
gedacht werden konnte, und nur der Ausweg nach Osten übrig blieb.
So wurde aus der geplanten Expedition die zweite Durchquerung des
schwarzen Kontinents und zwar auf dem Wasserwege des Tanganjika, von
dort zum Nyassa, Schire, Zambesi und Kwakwa nach Quilimane. Von hohem
Interesse ist das Urteil, welches Wißmann bei dieser Durchquerung über
das Arabertum fällt, -- von besonderem Interesse, weil er berufen sein
sollte, schon bald darauf gegen die Araberwirtschaft anzukämpfen.
»Die Schuld des Urhebertums dieser Greuel,« sagt Wißmann in seiner
»Zweiten Durchquerung[1]«, »trifft ohne jede Frage den Araber, denn
nur durch seine Initiative war es möglich, immer weiter vorzudringen,
immer weiter zu unterjochen, zu entvölkern, und daher muß, wenn man an
Abhilfe denkt, wenn man den armen, wehrlosen Eingeborenen nachhaltig
schützen will, das Arabertum in diesen Ländern ausgerottet werden mit
Stumpf und Stiel, bevor es eine Macht erreicht, der wir Europäer des
feindlichen Klimas und der Entfernung wegen nicht mehr gewachsen sind,
wie dies im Süden der Fall war. Es war hohe Zeit, daß bald nach den
bösen Tagen, über die ich hier berichte, schärfer vorgegangen wurde
gegen die afrikanische Pest, und mir speziell gewährte es eine hohe
Genugthuung, daß ich berufen war, beim Niederschlagen des Aufstandes
der Araber in Ostafrika an der Küste, von der aus die Hauptanregung zu
den beschriebenen Greueln ausgeht, den empfindlichsten Schlag zu
führen.

Wenn auch die Flotten Englands und Deutschlands den Export der meist
aus diesen Gegenden des zentralen Afrikas verschleppten Sklaven
verringern, so schneidet doch erst die Besetzung der Küstenplätze und
der großen Handelsstraßen dem Sklavenhandel und damit der Sklavenjagd
die Zukunft ab. Jetzt, wo ich dies niederschreibe, ist vieles schon
geschehen, jedoch noch sind die Operationsbasen der Sklavenhändler im
Innern Tabora, Udjidji und Nyangwe Absatzgebiete für Sklaven. Noch
lebt Tibbu-Tip, wüten Muini Muharra und andre Sklavenjäger Verderben
bringend gegen die ihnen wehrlos gegenüberstehenden, nur mit Speer und
Bogen bewaffneten Eingeborenen. Noch ist viel zu thun übrig zum Schutze
der Freiheit und des Lebens von Millionen harmloser Kreaturen; noch
ist es möglich, daß vom Sudan der Araber südlich vom Äquator verstärkt
wird. Aber Deutschland ist doch schon gerüstet zu weiterem Schutz,
schon bereit, einer von Norden drohenden Vermehrung der Gefahr Halt zu
gebieten, und ich hoffe, daß, ehe noch dieser Ausdruck meiner tiefsten
Empörung dem Leser vorliegt, ich schon wieder die Arbeit aufgenommen
habe, deren Endzweck, die Befreiung des äquatorialen Afrikas von der
Pest des Arabertums, mein Lebensziel geworden ist.« Freilich muß
zu diesem Urteil bemerkt werden, daß die wirksamste Bekämpfung der
arabischen Unthaten nur allmählich vor sich geht, daß man in vieler
Beziehung bei der Kolonisierung Afrikas mit den Arabern im guten
auszukommen suchen muß, wie dies gerade Wißmann gezeigt hat.

Die wissenschaftlichen Vorarbeiten und Erfolge Wißmanns, seine genaue
Kenntniß der Araber, jener Gegner aller europäischen Kultur, seine in
drei außerordentlich großartigen Expeditionen bewiesene Fähigkeit, die
Eingeborenen richtig zu behandeln und doch seinem Willen dienstbar
zu machen -- das waren die Momente, welche Hermann Wißmann vor
allen anderen zur Stellung des Reichskommissars befähigten. Ganz
besonders aber müssen hier noch die Eigenschaften seines Charakters
hinzugerechnet werden. Beispiellose Energie, persönliche Nichtachtung
jeder Gefahr, wo es gilt, ein ideales Ziel zu erreichen; die seltene
Fähigkeit, in jedem seiner Untergebenen die Individualität zu erkennen
und völlig frei schalten zu lassen; rücksichtslose Strenge im Dienst;
geistvolle Anregung im zwanglosen, außerdienstlichen Verkehr -- alles
das sind Eigenschaften, welche jeder Wißmannsche Offizier und jeder
Beamte des Kommissariats dem allseitig verehrten Kommandanten immer
nachrühmen wird, und welche ihm ein bleibendes Denkmal in aller Herzen
sichern.

Im Sommer des Jahres 1888 nach Deutschland zurückgekehrt, wurde Wißmann
von dem deutschen Emin Pascha-Entsatz-Komitee mit +Dr.+ Peters zur
Führung der Emin Pascha-Expedition ausersehen. Alle Vorbereitungen
für die Expedition waren getroffen, das gesamte tote Material
angeschafft -- da erhielt Wißmann die Berufung zum Reichskommissar
und vertrat bereits in den Verhandlungen des Reichstages über den
Antisklaverei-Antrag als Bundeskommissar die von der Regierung
vorgeschlagenen Maßnahmen. Die größte Eile war geboten; denn die
Nachrichten aus Ostafrika lauteten von Tag zu Tag ungünstiger. Nach dem
von der Regierung gebilligten Plane Wißmanns sollte die Niederwerfung
des Aufstandes durch eine aus Negern bestehende Schutztruppe unter
Führung deutscher Offiziere und Unteroffiziere geschehen. Als
brauchbarstes Material brachte Wißmann die Sudanesen in Vorschlag,
welche er bereits früher, besonders aber im letzten Winter, als er
sich abermals im Auftrag des Königs der Belgier in Egypten aufhielt,
kennen und schätzen gelernt hatte. Der vorläufige Stamm an Europäern
bestand aus 21 deutschen Offizieren, Ärzten und Beamten und 40
Unteroffizieren. Der Lage der Sache nach mußte das gesamte deutsche
Personal, so weit es der Armee angehörte, aus derselben ausscheiden
und trat in den persönlichen Dienst des Reichskommissars. In rastloser
Thätigkeit wurden im Zeitraum von etwa vier Wochen alle Vorbereitungen
in Deutschland selbst getroffen, die Anschaffung von Kriegsmaterial
und Ausrüstungsgegenständen beendet; und bereits im Februar reiste der
Reichskommissar, begleitet von Lieutenant Theremin, von Berlin ab,
während hier sein Stellvertreter, Frhr. v. Gravenreuth, die noch weiter
zu erledigenden Geschäfte in die Hand nahm.

Für den notwendigen Verbindungsdienst zwischen der Küste und Sansibar
selbst und für die voraussichtlich häufigen Truppentransporte zwischen
den einzelnen Küstenplätzen wünschte der Reichskommissar einen
Dampferdienst einzurichten. Da derselbe naturgemäß von der Marine bei
ihrer ohnehin großen Aufgabe nicht geleistet werden konnte, sollten
in Deutschland vier kleine Dampfer zu diesem Zweck angeschafft werden.
Gleichzeitig sollten dieselben dazu dienen, die Flüsse, wenigstens
den Kingani und Pangani, im Notfall aufwärts zu gehen und mit
Revolvergeschützen die Ufer zu säubern, eventl. auch bei der Landung an
der Flachküste von Bagamoyo durch ihre Armierung Dienste thun.

Das Reichskommissariat, welches ja mit der Marine in keiner direkten
Verbindung stand, sollte auch nach dieser Richtung hin unabhängig
gestaltet werden. Es wurden zu diesem Zweck 4 Dampfer in Deutschland
angekauft, nämlich die Harmonie, etwa 200 Tonnen groß; München ca. 80
Tonnen; Vesuv 60; Max 50. Die drei letztgenannten Dampfer hatten in
Deutschland als Schleppdampfer gedient; die Harmonie war in der Fahrt
zwischen Köln und London beschäftigt gewesen. Leider stellte sich das
gesamte Material als, gelinde ausgedrückt, wenig brauchbar heraus.
Die Harmonie war der einzige Dampfer, welcher eine größere Anzahl von
Menschen aufzunehmen vermochte; sie hatte aber nur einen Tiefgang von 5
Fuß und erwies sich gleich von vornherein als seeuntüchtig, Vesuv und
Max konnten jeder im allerhöchsten Falle etwa 60 Menschen aufnehmen,
welche dann aber dicht gedrängt an einander stehen mußten. Die München,
zweifellos das seetüchtigste Fahrzeug, nahm im äußersten Fall etwa 80
bis 100 Mann auf, hatte aber einen zu großen Tiefgang (7 Fuß), um nahe
an die Küste heran oder weit in den Flüssen aufwärts kommen zu können.
Außerdem hatte sie nur 7 Zoll Bord und eine Verschanzung von 2 Fuß
Höhe, so daß beim geringsten Seegang das Deck fortwährend überspült
wurde.

Es darf als eine ganz außerordentliche Leistung deutscher seemännischer
Tüchtigkeit betrachtet werden, daß diese 4 Dampfer den ungemein
schwierigen Weg von Hamburg bis Sansibar selbständig und ohne alle
fremde Hilfe zurücklegten. Ohne hier auf Einzelheiten eingehen zu
wollen, muß doch gesagt werden, daß die ganze Reise nach Ostafrika eine
fortdauernde Lebensgefahr der gesamten Bemannung bildete. -- Später
hat die Harmonie ihrer Untüchtigkeit wegen häufig müßig auf der Rhede
von Sansibar gelegen; die drei kleineren Dampfer, mit Revolverkanonen
ausgerüstet, haben ausreichende Dienste geleistet.

Um die Wege für die Anwerbung der Sudanesen zu ebnen und besonders
etwa entgegenstehende religiöse Bedenken aus dem Wege zu räumen, waren
vom Auswärtigen Amt zu Berlin vorher Verhandlungen mit der egyptischen
Regierung gepflogen und deren Genehmigung erwirkt worden. Bei dem
anzuwerbenden Material wurde in erster Linie auf die alten Soldaten
aus den sudanesischen Regimentern, die den Feldzug gegen den Mahdi
mitgemacht hatten, zurückgegriffen. Es waren dies Leute, denen durch
die unglücklichen Kämpfe gegen den Mahdi die Rückkehr in ihre Heimat
abgeschnitten war und welche nach Auflösung ihrer Regimenter eine
Verwendung im egyptischen Kriegsdienst nicht mehr gefunden hatten.

Diese Leute, deren Soldforderungen zum Teil von der ägyptischen
Regierung nicht befriedigt wurden, die außerdem arbeits- und erwerbslos
in Egypten herumlungerten, strömten voller Freuden nach Kairo herbei,
als von Wißmann die Werbetrommel gerührt wurde. Außerordentlich kam
hierbei die Unterstützung des englischen, in egyptischem Dienst
stehenden Obersten Scheffer zu statten, dessen Kenntnis der Sudanesen
das Engagement ungemein erleichterte und beschleunigte. Daß neben
vielen durchaus kriegsbrauchbaren und gut disziplinierten Soldaten
auch einige verworfene Subjekte, welche wegen Aufsessigkeit und
allerlei Uebelthaten aus der egyptischen Armee entlassen worden waren,
mit unterliefen, ist bei der beim Engagement notwendig gewesenen
Eile begreiflich. Dennoch war die Zahl der schlechten Leute nicht so
bedeutend, daß die Qualität der Truppe im ganzen dadurch beeinträchtigt
wurde.

Die Heimat der Sudanesen ist Nubien, Sennar, Kordofan, das Land
der Schillucks und der Dinka-Stämme, zum Teil sogar sind es die
Äquatorial-Provinzen, alles Länder, deren Söhne ihrem Beruf nach von
Jugend auf Soldaten sind. Eine beim Engagement sowohl von Egypten
wie von den Leuten selbst gestellte Bedingung war, daß die zu den
einzelnen Truppenverbänden gehörigen Chargen des Offiziers- und des
Unteroffizierstandes mit übernommen würden, und daß ebenso den Leuten
Gelegenheit geboten würde, ihre Frauen und Familien mitzunehmen.
Die meisten Leute weigerten sich entschieden, ohne ihre Familie die
Reise anzutreten. Der Sold, welcher ausbedungen und bewilligt wurde,
war höher, als er in der egyptischen Armee üblich war, und selbst
für unsere Begriffe ziemlich bedeutend. Er betrug für den gemeinen
Soldaten monatlich 45 Mark, außerdem freie Verpflegung (Naturalien
oder 25 Pf. täglich); die farbigen Unteroffiziere erhielten 8-20 Mark
mehr im Monat und von den farbigen Offizieren die Lieutenants circa
160 Mark, Hauptleute bis über 300 Mark. Ein Feilschen um die Höhe des
Soldes erschien gerade bei den Chargen unmöglich, denn Offiziere und
Unterchargen waren, soweit sie sich überhaupt als brauchbar erwiesen
und nicht, wie es bei manchen der Fall war, wegen Unzuverlässigkeit,
Faulheit oder gar Aufsessigkeit in der allerersten Zeit schon aus
der Truppe entfernt werden mußten, uns durchaus unentbehrlich als
Bindeglied zwischen der farbigen Truppe und den deutschen im Anfang den
Soldaten noch recht fremd gegenüberstehenden Offizieren.

Man möge sich vergegenwärtigen, daß die von Wißmann aus Deutschland
mitgenommenen Offiziere und Unteroffiziere in den meisten Fällen
direkt aus dem Garnisondienst heraus kamen und kaum je vom Ausland
etwas gesehen hatten, geschweige denn befähigt waren, ohne weiteres
den Eigentümlichkeiten ihrer neuen Truppe entsprechend dieselbe
zu verwerten. Bei der ungemeinen Eile, mit welcher die erste
Ausbildung der Truppe ausgeführt werden mußte, konnte gar nicht
anders verfahren werden, als daß man die wesentlichsten Teile des
deutschen Exerzier-Reglements (für den Gefechtsdienst besonders) den
schwarzen Truppen ohne weiteres eintrichterte. Wenn dabei ihr früherer
egyptischer Militärdienst sich auch einigermaßen verwerten ließ und
den Truppen wenigstens allgemeine Begriffe von Disziplin innewohnten,
so war doch die Vermittlung der schwarzen Offiziere und Unteroffiziere
bei diesem Eindrillen gar nicht zu entbehren und für das schnellere
Verständnis der Soldaten ungleich wichtiger als das bloße Kommando.
Es mußten im Anfang von den farbigen Offizieren die betreffenden
ägyptischen Kommandos abgegeben werden, während später durchgehends das
deutsche Kommando eingeführt wurde.

Die Zahl der angeworbenen Sudanesen betrug 600 Mann. Es erschien
geboten, die Leute nach der Anwerbung gar nicht erst zur Besinnung
kommen zu lassen, damit nicht weitläufige Erwägungen Platz greifen
konnten, sondern sie möglichst schnell ihrem Bestimmungsort zuzuführen.
Sobald je 100 Mann angeworben waren, wurden dieselben mit Familie und
Gepäck nach Suez verladen, dort an Bord eines Dampfers gebracht und
nach Aden befördert, wo sie unter dem Kommando des Chefs Theremin
vereinigt wurden. Als Offiziere waren für diesen Transport unter dem
Kommando Theremins die Herren Premier-Lieutenant Böhlau, Lieutenant
Sulzer und von Behr nach Egypten von Berlin telegraphisch berufen
worden. Von Aden wurden die angeworbenen Soldaten durch 2 Dampfer
nach Bagamoyo übergeführt, auch ca. 50 Somalis, welche als Boots- und
Schiffsmannschaften in Ostafrika Verwendung fanden.

Ein zweiter farbiger Volksstamm, auf welchen bei unserer Anwerbung
zurückgegriffen wurde, waren die Zulus. Nach Verhandlungen mit der
portugiesischen Regierung wurde Lieutenant Ramsay nach Mozambique
geschickt. Nachdem er sich mit dem dortigen Gouverneur ins Einvernehmen
gesetzt hatte, reiste er nach Inhambane und warb dort zunächst
100 Mann aus den in Ostafrika als besonders kriegerisch bekannten
Wangoni-Stämmen an. Waren auch die Zulus keine Berufssoldaten, so
bildeten sie doch ein gutes Soldatenmaterial, das beste jedenfalls, was
im östlichen Afrika zu haben war; -- haben sie doch im Kriege gegen die
Engländer ihre militärischen Eigenschaften vollauf bewiesen. --

Man beschränkte sich zunächst auf diese 100 Mann, weil die Anwerbungen
sonst zu lange Zeit in Anspruch genommen hätten und die Zulus schon bei
der ersten Aktion des Reichskommissars an Ort und Stelle sein sollten;
später ist die Zahl derselben durch weitere Anwerbung auf 350 ergänzt
worden.

In der Zahl der farbigen Kämpfer, die bei den ersten Aktionen zur
Verfügung standen, sind die Askaris nicht zu vergessen, welche meist
aus den Stämmen des innern Ostafrikas (besonders den Waniamuesi und
Manjema) und nur zum sehr geringen Teil aus der Küstenbevölkerung
hervorgingen. Einige von ihnen hatten schon in Bagamoyo und Daressalam
unter den Beamten der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft gegen die
Rebellenscharen an der Küste gekämpft und hatten dadurch, daß sie in
jener schlechten Zeit bei der Gesellschaft ausharrten -- die meisten
hatten es freilich, als die Sache für uns Deutsche kritisch wurde,
vorgezogen, ihren Dienst zu verlassen -- militärische Eigenschaften
und vor allem Treue bewiesen. In der Heranbildung jener Leute finden
wir übrigens den einzigen Versuch, den die Deutsch-Ostafrikanische
Gesellschaft in den letzten Monaten gemacht hatte, sich eine kleine
Macht zu schaffen. Es sind diese Leute immer schlechthin unter dem
Namen Askaris (eigentlich = Soldaten) zusammengefaßt worden; im
Folgenden sind daher unter Askaris auch immer nur die aus unsern
Küsten- und Hinterlandsstämmen hervorgegangenen Söldner zu verstehen.

Die ersten Vorarbeiten in Ostafrika wurden durch die vom
Reichskommissar vorausgesandten Beamten getroffen, und zwar in Sansibar
durch Herrn Eugen Wolf, der früher in Westafrika thätig gewesen, und
auf dem Festlande vom Verfasser. Von ihnen hatte der erstere die
kaufmännischen und der letztere, dem Lieutenant Blümcke beigegeben war,
die notwendigsten militärischen Vorbereitungsmaßregeln zu treffen zur
Unterbringung der Truppen am Festland.

Wißmann selbst kam am 31. März, begleitet von seinem Adjutanten
+Dr.+ Bumiller in Sansibar an. Nachdem er dort in feierlicher
Audienz vom Sultan empfangen worden war, fuhr er an Bord des
Flaggschiffes des deutschen Geschwaders nach dem Festland, um gemeinsam
mit dem Geschwaderchef, Herrn Admiral Deinhard, die Küstenplätze
Daressalam, Bagamoyo, Pangani und Tanga zu besuchen, den Befehl an der
Küste zu übernehmen und mit der Marine und der Deutsch-Ostafrikanischen
Gesellschaft alle nötigen Maßregeln zu vereinbaren.

Die Stationen Bagamoyo und Daressalam wurden von Seiten des
Vertreters der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, des Herrn v.
Saint-Paul-Illaire dem Reichskommissar unter dem 28. April 1889
übergeben und an diesem Tage folgendes Abkommen zwischen dem Kommissar
und der Gesellschaftsvertretung getroffen:

»Vom heutigen Tage geht auf den Reichskommissar über:

 1. das Oberkommando über die militärischen Machtmittel der Station
 sowie auch alle militärischen Maßnahmen und Operationen;

 2. die Leitung und Anordnung der zur Verteidigung der Stationsgebäude
 erforderlichen Bauten und sonstigen Einrichtungen;

 3. die Oberleitung der Civilverwaltung, abgesehen von der
 Zollverwaltung.«

Außerdem wurden Abmachungen wegen Übernahme einzelner Beamten aus dem
Dienst der Gesellschaft in den Wißmannschen Dienst, ebenso über Abgabe
von Waffen und Inventar getroffen.

Bei der Inspizierungs- und Rekognoszierungstour fand der
Reichskommissar die Befestigungsarbeiten in Bagamoyo Dank der
bereits früher erwähnten, eifrigen Thätigkeit der Herren v. Zelewski
und v. Eberstein weit vorgeschritten. In Daressalam indes, wo der
Bezirkschef der Gesellschaft, v. Bülow gemeinsam mit dem Verfasser
nach dessen Ankunft diese Arbeiten erst in letzter Zeit begonnen
hatte, waren dieselben noch weit zurück. Wißmann ordnete nun die
Art der Weiterführung der Befestigungs- und Bauarbeiten persönlich
an, und nach seiner Anweisung wurden die beiden Stationen in
den nächsten Monaten vollkommen ausgebaut, befestigt und durch
Umwallungen mit Schützenauftritt und Bastionen zur Infanterie- und
Artillerieverteidigung eingerichtet.

In Daressalam war Anfang März bereits der erste Waffen- und
Munitionstransport vom Bord des Norddeutschen Lloyddampfers »Schwan«,
der für denselben gechartert war, gelöscht und in den Magazinen
der Deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft untergebracht worden.
Der Transport bestand aus 12 leichten Feldgeschützen C/73, sechs
Revolverkanonen, 900 Mausergewehren (Jägerbüchsen und Karabinern),
Infanterie-Seitengewehren, großem und kleinem Schanzzeug, der
entsprechenden Artillerie- und Infanteriemunition, Schießwollpatronen
und Proviant, der noch durch Einkäufe in Sansibar vervollständigt
wurde. Die Vorräte an Waffen, Munition und Proviant wurden in einer der
späteren Dislokation der Truppen entsprechenden Weise auf Bagamoyo
und Daressalam verteilt in der Art, daß das Hauptdepot in Daressalam
verblieb.

Da bei der Ankunft des Reichskommissars die Truppen noch nicht zur
Stelle waren, benutzte er die ihm zur Verfügung stehende Zeit, die mit
der Ankunft der Soldaten eintretende Organisation vorzubereiten und,
wie erwähnt, eine Rekognoszierungstour vorzunehmen.

Als auf dieser die »Leipzig« vor dem Panganifluß lag und eine
Dampfpinasse ausgesetzt wurde, um die Befestigungen der Rebellen in
größerer Nähe betrachten zu können, wurden von den an der Einfahrt
in den Fluß versammelten Rebellenscharen Schüsse auf die Pinasse
abgegeben; man fand die Gegner, welche starke Befestigungen vor der
Stadt und am Flusse angelegt hatten, vollkommen gefechtsbereit. Ebenso
wurden im Hafen von Tanga Bewaffnete gesehen, desgleichen in dem mit
einer Pallisadierung befestigten Sadani.

Der Admiral hatte nach dem letzten Angriff Buschiris auf Bagamoyo mit
dem Rebellenführer einen Waffenstillstand geschlossen, um mit dem
Reichskommissar diesen Waffenstillstand in einen definitiven Frieden
umzuwandeln. Wenigstens sei dies, so äußerte sich Deinhard, wenn ihm
das weitere Kommando an Land belassen worden wäre, seine Absicht
gewesen. Die von Buschiri gestellten Bedingungen waren jedoch derart,
daß ein Eingehen auf dieselben nach den vielen während des Aufstandes
erlittenen Demütigungen und dem vielfach nicht nur nach europäischen,
sondern grade nach orientalischen Begriffen recht wenig imponierenden
Auftreten unsrer maßgebenden ostafrikanischen Organe, wie Wißmann
sich im Bericht an den Reichskanzler ausdrückte, einfach »lächerlich«
gewesen wäre.

In der That ist es unbegreiflich, wie man überhaupt ernstlich an
eine Umwandlung jenes abgeschlossenen Waffenstillstandes in einen
definitiven Frieden hatte denken können; die Folge wäre lediglich
gewesen, daß man nach kürzester Frist sich auf dem alten Fleck befunden
hätte.

Allerdings hatte sich Wißmann veranlaßt gesehen, den Waffenstillstand
vorläufig auch seinerseits anzuerkennen, da er wegen der noch nicht
erfolgten Ankunft der neuangeworbenen Truppen hierzu genötigt war.
Außerdem wurde ein sofortiges Einschreiten gegen die Aufständischen
noch durch den Umstand verhindert, daß zwei englische Missionare aus
Mamboia, welche aus dem Innern nach der Küste zurückkehrten, in der
Nähe derselben in die Gewalt Buschiris geraten waren und von ihm
gefangen gehalten wurden. Allerdings wurden sie anständig behandelt,
sollten aber nur gegen ein hohes Lösegeld herausgegeben werden. Die
wegen des Lösegeldes und der Auslieferung der Missionare gepflogenen
Verhandlungen führten zu einem befriedigenden Resultat, so daß die
Missionare nach mehrtägiger Gefangenschaft in Freiheit gesetzt wurden.
Einsicht in die Befestigungen und die wirkliche Lage des Buschirischen
Lagers brachten sie allerdings nicht mit, da sie durch strengste
Ueberwachung an genauerer Umschau verhindert waren.

Als nun Buschiri nach Auslieferung der Missionare das 3/4 Stunden
südlich von Bagamoyo gelegene Dorf Kaule überfiel, ausplünderte und
völlig zerstörte, -- und als er sogar gegen einen im deutschen Dienst
befindlichen schwarzen Handwerker, der in seine Gewalt gefallen war,
einen Akt der empörendsten Brutalität verübte, da konnte Wißmann den
Waffenstillstand als von Buschiri gebrochen ansehen.

Der Maurer Dunia nämlich hatte eines Tages nach empfangenem Lohn in der
Absicht, sich seinem Arbeitsdienst zu entziehen, die Station Bagamoyo
verlassen und sich zu Buschiris Leuten begeben, von welchen er zu dem
Rebellenführer gebracht wurde, mit der Anschuldigung, daß er als Maurer
für die Deutschen gearbeitet und so zur Befestigung ihrer Station
beigetragen habe. Buschiri ließ ihm seine beiden Hände abhacken und
schickte ihn nach der Station zurück mit dem Bedeuten, er solle nun
weiter für die Deutschen arbeiten, Wißmann Grüße ausrichten und ihm
bestellen, daß nächstens mit allen Deutschen ebenso verfahren würde.
Der Mann kam thatsächlich lebend in Bagamoyo an. Er hatte sofort nach
der Verstümmelung die beiden Armstümpfe fest in die Hüften gestemmt
und war über Stock und Stein nach der Station gerannt. Hier wurde ihm
sofort ein Notverband angelegt, dann kam er in die Behandlung eines
Marinearztes, und dessen Pflege, sowie die unglaubliche, allen Negern
eigene Zähigkeit und gute Heilnatur ließen ihn genesen.

Es ist von Seiten des Reichskommissariats dann in der ausgiebigsten
Weise für jenes arme Opfer der Wut Buschiris gesorgt worden; allerdings
ohne Erfolg, denn Dunia ist im Gegenteil einer der größten Halunken
geworden.

Am 29. April traf der Dampfer »Somali« mit dem größten Teil der
angeworbenen Sudanesen in Bagamoyo ein, und nun ging es nach dem
Ausschiffen dieser Leute an die Bewaffnung und Unterbringung der
Soldaten. Das letztere war in Bagamoyo nicht schwierig, denn dort
befanden sich eine Anzahl gut erhaltener oder leicht zu reparierender
Steinhäuser. 60 von den angekommenen Soldaten wurden nach Daressalam
gesandt. Mit der Ankunft dieser Truppen wurde das den beiden
Stationen bis in die letzte Zeit noch verbliebene Marine-Detachement
zurückgezogen.

Die in Daressalam stationierte Kreuzerkorvette Carola verließ aus
Gesundheitsrücksichten den dortigen Hafen, um an der äußeren Rhede vor
Anker zu gehen.

Am 4. Mai kamen mit der »Martha« die übrigen angeworbenen Sudanesen und
das europäische Offizier- und Unteroffizier-Personal in Bagamoyo an. Am
6. Mai trafen auch die Zulus unter Lieutenant Ramsay vom Süden ein. Es
stand nun dem Reichskommissar, welcher seiner Schutztruppe gegenüber
den Titel Kommandant führte, nach Eintreffen des gesamten Personals
und nach Übernahme einzelner Herren von der Deutsch-Ostafrikanischen
Gesellschaft folgendes Europäer-Personal zur Verfügung:

  ~Chefs der Schutztruppe~: Frhr. v. Gravenreuth, +Dr+.
  Schmidt (Schmidt I), v. Zelewski, Krenzler, Frhr. v. Eberstein,
  Rochus Schmidt (Schmidt II), Richelmann, Theremin, (Leue trat
  später hinzu).

  ~Lieutenants der Schutztruppe~: v. Bülow (später hinzugetreten
  nach erfolgter Rückkehr aus Europa), Ramsay, Böhlau, End, Sulzer,
  Johannes, Merker, v. Behr, +Dr+. Bumiller, v. Perbandt, v. Medem,
  Radatz.

  ~Ärzte der Schutztruppe~: Stabsarzt +Dr+. Schmelzkopf als
  Chefarzt und Assistents-Arzt erster Klasse +Dr+. Kohlstock.

  ~Beamte~: +a+) im Chefrang: Eugen Wolf (als kaufmännischer
  Beirat); +b+) im Lieut.-Rang: Lieut. a. D. Blümcke und
  Zahlmeister Merkel.

  ~Deckoffiziere~: Bohndorf, Rabe, Illich, Tschepe, Grothe, Jancke,
  de la Frémoire.

  ~Kapitäne der Flottille~: Holz (bis August 1889), Hansen (vom
  August 1889 ab), Graf Pfeil, Tomaschewski, Prager, Römer.

Außerdem stand für seemännische Zwecke der Lieut. zur See der Reserve
v. Sivers zur Verfügung. Von den genannten Personen hatten folgende
bereits afrikanische Erfahrungen gesammelt: v. Gravenreuth, v.
Zelewski, Krenzler, v. Eberstein, die beiden Schmidts, Leue, v. Bülow,
Ramsay, Illich, ferner, wenn auch nur kurze Zeit: Merker, v. Medem,
Tschepe, Rabe, (ebenso Wolf im Dienst des Kongostaates in Westafrika
und Bohndorf als Reisebegleiter Junkers).

~Unteroffiziere der Schutztruppe~: Becker, Bilke, Bluhm, Brose,
Budau, Burwitz, Busch, Eben, Firnstein, Fricke, Gaffri, Gaßmann,
Germer, Greff, Grucza, Gurkasch, Hartmann, Hoffmann +I+, Hoffmann
+II+, Kaiser, Kay, Kopp, Kühne, Leder, Ludwig, Martini, Mutter,
Naeter, Peter, Piehl, Reich, Rohr, Rymarzig, Schaumbacher, Schulte,
Schwarz, Snakker, Semmling, Steinbach, Tanner, Thielke, Velten, Weiß,
Wille, Wonneberger, Först, Schafflick, Freitag, Mittelstädt, Bauer,
Drescher, Fritz, Fülleborn, Hocke, Hoffmann +III+, Jacobs,
Kröhnke, Markgraf, Marquard, Neumann, Nowack, Roberth, Schmid, Schultz,
Steinkopf, Stolle.

Die Verteilung der Offiziere und Truppen auf die Stationen Bagamoyo und
Daressalam geschah in folgender Weise:

 ~Bagamoyo~: Stationschef: Chef +Dr.+ Schmidt.
 Stationsoffizier Premierlieutenant End. Truppen: 545 Sudanesen in 5
 Kompagnien, 100 Zulus und 60 Suaheli-Askari, je eine Kompagnie; 40
 Somali und 60 Europäer (Offiziere und Unteroffiziere). Abgesehen von
 der eigentlichen Stationsbesatzung waren die Truppen anfangs in 2
 Bataillone eingeteilt unter den Chefs Freiherr von Gravenreuth und
 von Zelewski. Die Kompagnieführer waren die Herren Ramsay, Johannes,
 v. Medem, v. Perbandt, Sulzer und Radatz. Für die Artillerie waren
 bestimmt die Herren Chef Krenzler und Premierlieutenant Böhlau.

 ~Daressalam~: Stationschef: Chef Rochus Schmidt.
 Stationsoffizier: Lieutenant Merker. Truppen: 55 Sudanesen, 10 Somali,
 20 Suaheli-Askari. Dazu Lieutenant v. Behr und später nach beendetem
 Angriff auf Buschiris Lager 8 Unteroffiziere. Auch wurde bald die Zahl
 der Besatzungstruppen auf 100 vermehrt.

Fußnoten:

[1] Verlag von Trowitzsch u. Sohn, Frankfurt a. O. 1891.




                              4. Kapitel.

  Die ersten Kämpfe um Bagamoyo, Daressalam, Pangani, Tanga und Sadani.

  Einrichtung des Spionendienstes. -- Angriff und Einnahme von
  Buschiris Lager bei Bagamoyo und Operationen daselbst. -- Streifzüge
  des Verfassers um Daressalam. -- Beerdigung der ermordeten Missionare
  in Pugu. -- Verhältnisse in Sadani. -- Bombardement von Sadani.
  -- Einnahme durch die Schutztruppe. -- Einnahme von Pangani und
  Stationsgründung daselbst. -- Einnahme von Tanga. -- Errichtung
  eines Forts in Tanga. -- Streifzug Gravenreuths gegen die Jumbes in
  der Umgegend von Bagamoyo. -- Verhältnisse auf den neu gegründeten
  Stationen.


Unmittelbar nach der Ankunft der Truppen ließ Wißmann dem Führer der
Rebellen den Waffenstillstand, der ja von ihm in frevelhafter Weise
gebrochen war, aufkündigen und ihm sagen, daß er ihn in den nächsten
Tagen angreifen würde. Die Antwort Buschiris lautete, er würde die
Deutschen bestens empfangen.

Die Bestrafung zweier Leute, welche der Spionage gegen uns für die
Interessen Buschiris überführt worden waren, mit dem Tode durch den
Strang hatte Wißmann natürlich bis zur Auslieferung der Missionare
aufgeschoben.

Bis zur Ankunft Wißmanns hatten nur die Rebellen ihre Spione, welche
sie so geschickt ausgewählt und organisiert hatten, daß sie stets mit
den genauesten Nachrichten über unsere Mittel und Absichten versehen
waren, während die Beamten der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft
im großen und ganzen auffällig spärlich mit Nachrichten versehen
waren. Wißmann erkannte gleich am ersten Tage seiner Ankunft auf dem
Festland, daß auf unserer Seite viel zu wenig auf den Spionendienst
gehalten war und gab daher zur Einführung einer ordentlichen Spionage
die betreffenden Anweisungen, indem er zugleich Gelder zur Verfügung
stellte.

Die Spionage ist etwas in Afrika durchaus Notwendiges und
Selbstverständliches. Der Europäer muß Gewicht darauf legen, unter den
Eingeborenen zuverlässige Personen zu finden, die er zur Einziehung von
Nachrichten benutzen kann, indem er nötigenfalls auch die einzelnen
Leute gegenseitig ausspielt und so kontrolliert.

Die durch Wißmann eingeführte bessere Ausbildung des Spionendienstes
hat sehr viel zu unseren Erfolgen beigetragen. Bedauerlicher Weise
wurden, wie ich vorweg bemerken muß, im letzten Jahre vom Gouverneur
von Soden unter vollkommener Verkennung der afrikanischen Verhältnisse
aus Sparsamkeitsrücksichten selbst nach der Zelewskischen Katastrophe
nicht die nötigen Mittel hierfür zur Verfügung gestellt, und wenn
einmal wirklich Gelder zum Halten von einem oder einigen Spionen
bewilligt wurden, so geschah dies nur nach bogenlangen Berichten,
welche es den Offizieren und den dem Gouverneur unterstellten Beamten
fast verleiden konnten, derartige im Interesse des Ganzen liegenden
Anträge zu stellen. Diese Sparsamkeit ist übel angebracht und in
Wirklichkeit häufig eine Verschwendung. Denn auf ein paar Tausend
Rupies im Jahre kann es nicht ankommen, wenn man sich dadurch eine
genaue Kenntnis dessen, was unter den Eingeborenen im Geheimen vorgeht,
ihrer Absichten und ihrer Gesinnung gegen uns verschaffen kann.

Nachdem der Reichskommissar die Vorbereitungen zum Beginn der
Operationen gegen die Aufständischen bereits am 4. Tage nach Eintreffen
des Transportdampfers »Martha« auf der Rhede von Bagamoyo beendet
hatte, beschloß derselbe nach erfolgter Verständigung mit dem Chef
des Kreuzergeschwaders, Herrn Admiral Deinhard, sofort zum Angriff
überzugehen. Ein möglichst rasches offensives Vorgehen bot in erster
Linie eine Aussicht, gegen die vorwiegend auf Terrorismus gestützte
Macht des Rebellenführers Buschiri einen entscheidenden Schlag
zu führen, seinen Einfluß auf die Bevölkerung zu beeinträchtigen
und die durch fortgesetzte feindliche Streifzüge sehr gehemmte
Aktionsfähigkeit wieder zu erhöhen.

Eingezogene Nachrichten hatten ergeben, daß Buschiri, nachdem er in
den letzten Monaten sein Lager mehrfach gewechselt, nun in einem stark
befestigten Hauptlager in der Richtung landeinwärts von Bagamoyo,
1-1-1/2 Stunden von diesem Platz entfernt, alle seine Kräfte vereinigt
habe. Der waffenfähige Anhang Buschiris wurde auf 6-800 Mann angegeben.

Nachdem die Unterstützung der Marine vom Admiral angeboten und vom
Reichskommissar angenommen worden war, wurde der 8. Mai von beiden für
die Operationen gegen Buschiri festgesetzt.

Am genannten Tage, früh 6-1/2 Uhr trat die Schutztruppe mit dem
von der Marine gestellten Landungscorps von 200 Mann, welches der
Korvettenkapitän Hirschberg, Kommandant S. M. S. »Schwalbe« befehligte,
bei der Station in Bagamoyo an. Damit die farbigen Truppen möglichst
alle im Kampf verwendet werden konnten, war die Station Bagamoyo
für die Dauer der Operation durch eine andere Abteilung der Marine
besetzt worden. Um 7 Uhr 10 Minuten setzte sich die Schutztruppe nach
Erteilung der für den Marsch notwendigsten Instruktionen in folgender
Marsch-Ordnung in Bewegung:

  Avantgarde: Askaris -- Frhr. v. Eberstein;

  Abteilung Frhr. v. Gravenreuth -- 2 Sudanesenkompagnien (Sulzer und
    von Perbandt);

  Artillerie (zwei 4,7 +cm+ Geschütze und ein 6 +cm+ Geschütz)
  -- Chef Krenzler;

  geschlossenes Detachement der deutschen Unteroffiziere unter
    Premier-Lieutenant End;

  Abteilung +Dr+. Schmidt -- 2 Sudanesenkompagnien (Johannes und
    Radatz);

  Abteilung von Zelewski -- 1 Sudanesen- und 1 Zulukompagnie (Ramsay
    und v. Medem);

zum Ziehen der Geschütze wurden Waniamuesi mitgenommen, desgleichen
gingen solche mit Erlaubnis Wißmanns, durch rote Tücher als die
Unsrigen kenntlich gemacht, als Freiwillige mit.

Nachdem der Marsch zunächst in südwestlicher Richtung durch die
Bagamoyo umgebenden, ausgedehnten Kokosschamben erfolgt war, wurde nach
Westen abgebogen und ein ungefähr 900 +m+ breites, schattenloses,
sumpfiges, mit fast mannshohem Grase bewachsenes Thal durchschritten,
welches an dem besonders schwülen und heißen Tage, namentlich für
die Artillerie, sehr schwierig zu passieren war. Die Marschdisciplin
blieb indes bei den farbigen Truppen auf dem Hinmarsch eine gute. Nach
Passieren dieses Thales wurde wieder in südwestlicher Richtung auf
einem gut bewachsenen Höhenzug weiter marschiert, bis um 9 Uhr das
Lager Buschiris der Avantgarde in Sicht kam.

Der Kommandant, welcher sich bei der Avantgarde befand, erteilte
nun sofort die Befehle zum Angriff. Demzufolge nahm die Artillerie
Aufstellung in der Linie der Askaris, welche, bis auf 600 +m+
ans Lager herangekommen, ausschwärmten. Links von den Askaris befand
sich die Abteilung Gravenreuth. Zelewski erhielt Befehl, rechts vom
Wege abzubiegen und die linke feindliche Flanke zu umfassen, also
nach der örtlichen Lage die Boma von Osten her zu umgehen. +Dr.+
Schmidt sollte links abbiegen und die Umgehung der Boma von Westen
her bewerkstelligen. In dieser Formation war man, die Artillerie
eingeschlossen, bis 250 +m+ an das Lager herangekommen. Die
Marine-Abteilung befand sich dicht hinter den Askaris und der
Artillerie.

Als die Truppen in dieser Ordnung bis auf etwa 200 +m+ an die Boma
herangekommen waren, wurde von Seiten der Rebellen ein heftiges Feuer
aus Gewehren und einigen alten, mit Eisenstücken geladenen Böllern auf
die Angreifer eröffnet. Zufällig kam zu gleicher Zeit aus dem Lager der
überall bekannte weiße Buschirische Reitesel in Sicht und Wißmann, in
der Absicht, den wohlbeleibten Buschiri dieses bei seiner Körperfülle
sehr notwendigen Fluchtmittels zu berauben, gab einen Schuß auf den
Esel ab. Dieser Schuß bildete unwillkürlich das Signal zur Eröffnung
des Feuers auf der ganzen Linie; in der Front stand Gravenreuths
Abteilung im 1. Treffen, während im 2. Treffen die Marine das Feuer
ebenfalls eröffnete; als Wißmann bat, das Feuer des 2. Treffens
einzustellen, da das 1. Treffen ihm dadurch gefährdet erschiene, wurde
ihm von der Marine entgegengehalten, daß mit dem 600-meter-Visir von
dieser geschossen werde.

Das feindliche Feuer richtete sich besonders auf eine kleine Anhöhe, wo
Wißmann mit seinem Stabe bei der Artillerie Stellung genommen hatte,
so daß dort, trotzdem die Aufständischen im allgemeinen recht schlecht
zielten, einige Verluste in unmittelbarer Nähe des Reichskommissars,
der für seine Person der Mahnung, sich nicht unnütz zu exponieren, kein
Gehör schenkte, erlitten wurden.

Als der Kommandant durch anhaltendes Geschütz- und Gewehrfeuer den
Feind hinlänglich erschüttert zu haben glaubte, gab er das Zeichen zum
Aufpflanzen des Seitengewehrs und zum Sturm. Die Abteilung Gravenreuth
drang zuerst in die Boma ein, allen voran Lieutenant Sulzer.

An der Spitze der Marineabteilung überklomm Lieutenant Schelle, ohne
erst Bresche reißen zu lassen, die Pallisaden. Hierbei erhielt er eine
Kugel in den Unterleib und erlag bald darauf dieser schweren
Verwundung.

Herr von Gravenreuth war mit seiner Abteilung an der linken Flanke der
Front eingedrungen, die Marine hingegen zugleich mit den Askaris unter
Eberstein direkt in der Front, und zwar wurde nach dem Fall Schelles
Bresche gerissen und drangen die Marinetruppen an dieser Stelle Mann
hinter Mann durch die Bresche in die Boma, während Herr v. Eberstein
mit den Askaris eine bei der Bresche befindliche Thür einrannte und
durch diese ziemlich geschlossen mit seinen Leuten hineinkam.

Es ist damals ein sehr häßlicher Streit über die für die Sache
natürlich ganz gleichgiltige Frage ausgebrochen, wer der erste in der
feindlichen Boma gewesen sei. Von Seiten der Marine wurde der gefallene
Lieutenant Schelle gemeldet; vom Reichskommissar der Lieutenant
Sulzer. Dem Verfasser, der bei der Aktion gegen Buschiri nicht dabei
gewesen ist, ist von verschiedenen Herren versichert worden, daß
nicht nur Sulzer, sondern auch v. Gravenreuth und ein großer Teil
der Soldaten von Gravenreuths Abteilung in der Boma, ja sogar in den
dort befindlichen Hütten der Rebellen schon gewesen seien, als von
der Frontseite her die Marine erst eindrang. Selbstverständlich ist
die Meldung der Marine, daß Lieutenant Schelle der erste im Lager
gewesen sei, in gutem Glauben erfolgt und ist dadurch zu erklären,
daß wegen der im Innern der Boma errichteten Hütten und wegen der in
solchen Momenten erklärlichen Aufregung das vorher erfolgte Einrücken
Gravenreuths nicht gesehen wurde. Bedauerlich aber bleibt die
Eifersüchtelei, welche zu jener Zeit zwischen Marine und Schutztruppe
bestand. Obgleich sich die Offiziere der letzteren und auch viele
Marineoffiziere redliche Mühe gegeben haben, dieselbe aus der Welt zu
schaffen, besteht sie, wie dem Verfasser scheinen will, bis in die
neueste Zeit hinein fort. Die Herren der Marine bedenken hierbei nicht,
daß mit Beendigung der Blokade nach Übernahme des Reichskommissariats
durch Wißmann ihre Aufgaben am Lande, denen sie sich ganz gewiß, wie
von allen anerkannt wird, mit Eifer unterzogen haben, beendigt waren.
Nur vereinzelt haben später Marinemannschaften die Operationen des
Reichskommissars unterstützt, natürlich nur an der Küste oder in
unmittelbarster Nähe derselben, wie hier bei Bagamoyo, dann bei Sadani,
Pangani, Mkwadja. (Nur Tanga ist, worauf wir noch kommen werden, durch
die Marine allein erobert worden.)

Beim Einrücken der Unsrigen in die Boma wagte nur ein Teil der Feinde
noch standzuhalten und aus den Hütten im Innern der Befestigungen
heraus zu schießen, wo sie dann teils niedergemacht, teils gefangen
genommen wurden. Das Gefangennehmen freilich wollte nicht immer
gelingen, da die Zulus, welche erst zwei Tage vorher eingetreten waren,
gar nicht verstehen wollten, wie man einen überwältigten Feind schonen
könne, statt ihn sofort zu tödten; so haben denn auch die Zulus vielen
von den Rebellen, welche sich im letzten Augenblick ergeben wollten,
durch ihre Seitengewehre den Garaus gemacht.

Von den Freiwilligen der Waniamuesi und den Askaris wurden die Zulus
bei der Plünderung des Lagers in würdiger Weise ergänzt. Im großen und
ganzen aber waren alle, welche die neue farbige Truppe während des
Gefechts beobachtet hatten, im Lob derselben einig. Nirgends war weder
während des Feuerns noch beim Sturm das geringste Zaudern eingetreten.

Die Umgehung des Lagers, welche die Abteilungen Dr. Schmidt und v.
Zelewski bewerkstelligen sollten, war nicht gelungen, da besonders
Zelewski wegen des weiten Umweges, den er mit seinen Soldaten zu machen
hatte, nicht zur rechten Zeit am Lager sein konnte. Es gelang daher dem
größten Teil der Rebellen durch die Lücke zwischen den beiden von der
Flanke anrückenden Abteilungen durchzukommen, wobei sie allerdings von
der Abteilung Dr. Schmidt noch wirksam beschossen wurden.

Buschiri selbst war ebenfalls entkommen, hatte sich aber, wie er später
selbst erzählte und wie auch bald hinterbracht wurde, im dichten Grase
außerhalb der Boma versteckt und war so von den Verfolgern unbemerkt
geblieben.

Das dicht bewachsene Terrain setzte der an die Einnahme des Lagers
sich schließenden Verfolgung von selbst ein Ziel, um so mehr als die
Europäer, sowohl die aus Europa gekommenen Offiziere und Unteroffiziere
der Schutztruppe, wie die an afrikanische Märsche ebenfalls nicht
gewöhnten Marinemannschaften und auch unsere Sudanesen sehr ermattet
waren. Es zeigte sich dies unmittelbar nach dem Eindringen in die
Befestigungen und auf dem Rückmarsch, der ein wenig angenehmes
militärisches Bild abgab. Einige Fälle von schwererem und leichterem
Sonnenstich kamen auf demselben vor. Die Zulus, Askari und Waniamuesi
waren die einzigen, welche frisch geblieben waren und deren Benehmen
und Schlachtgesänge etwas Leben in die Kolonnen der Marine und
Schutztruppe brachten.

Die Zahl der Toten betrug auf gegnerischer Seite 106, fast alles Araber
und Belutschen. Unter den Gefallenen ist wegen seines Einflusses
besonders zu erwähnen der Jumbe von Windi, Ismael. Auf unserer Seite
fielen -- von der Marine: Lieutenant zur See Schelle und Obermatrose
Föll; von der Schutztruppe 6 farbige Soldaten. Feldwebel Peter erlag
dem Sonnenstich. Verwundet wurden -- von der Marine: Obermatrose
Klebba -- von der Schutztruppe: Stabsarzt Dr. Schmelzkopf, Hauptmann
Richelmann, Deckoffizier Illich und 3 Sudanesen.

Das Lager der Aufständischen zeigte ein ziemlich regelmäßiges Viereck
von 800 m Umfang und war nach afrikanischen Begriffen mit einer sehr
starken Befestigung umgeben. Sie bestand in Pallisadenreihen aus
dicken Palmenstämmen. Hinter denselben war ein Graben für kniende
Schützen ausgehoben, dessen Erde nach den Palisaden hin zu einem Wall
aufgeschüttet worden war. Im Innern war, wie schon erwähnt, eine Zahl
primitiver Hütten errichtet, welche den Rebellen Unterkunft gewährten,
außerdem ihr Kleinvieh und Hühner wie ihren sonstigen Unterhalt bargen.
Der vorgefundene Proviant und die noch in geringer Masse vorhandene
Munition wurde durch die Einnahme des Lagers erbeutet; außerdem fielen
in unsere Hände 2 arabische Fahnen, 2 Böller und Gewehre aller Art,
darunter einige Mausergewehre, welche beim Ausbruch des Aufstandes auf
den Stationen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft im Innern von
den Rebellen vorgefunden waren, daneben befanden sich Snidergewehre,
Hinterlader, Jagdgewehre, sowie die verschiedensten Perkussions- und
Steinschloßgewehre. Die wertlosen Waffen und Sachen wurden verbrannt,
das meiste aber -- selbst ganz wertloses Hausgerät -- von den Leuten,
besonders den Sudanesen, die eine besondere Vorliebe für die Anhäufung
von allerlei wertlosem Kram haben, nach Bagamoyo mitgenommen. Einige
Kuriositäten, wertvolle Waffen der Araber und Belutschen sowie der
Eingeborenen wurden ebenfalls vorgefunden. Ferner hatten unsere
Soldaten in der Hütte Buschiris eine Kiste mit 6000 Rupien entdeckt, es
aber vorgezogen, die Sache erst zu melden, nachdem sie den Inhalt unter
sich verteilt hatten. Das Geld war vermutlich die für die englischen
Missionare bezahlte Lösesumme und man beließ dieselbe den glücklichen
Besitzern, um nicht gleich anfangs durch Untersuchungen Mißmut zu
erregen. So wirkte auch der gute Fund ermunternd auf die Schwarzen,
für welche ja überhaupt die Plünderung nach siegreichem Gefecht einen
ungemeinen Reiz hat.

Der Geschwaderchef, Herr Admiral Deinhard, hatte (nach Rücksprache mit
dem Reichskommissar) für einen eventuellen Empfang der entkommenen
Rebellen Sorge getragen, indem er eine Marineabteilung nach der Windi-
und Mtoni-Fähre schickte, wo der Uebergang von fliehenden Rebellen
erwartet werden konnte. Die Fährboote, welche sich an jenem Teil des
Kinganiflusses vorfanden, wurden, um ein Übersetzen der Rebellen zu
verhindern, von der Marine zerstört. Indes hatten die Flüchtlinge es
meist für klüger gehalten, sich zunächst, so lange sie das Terrain
unsicher wußten, im dichten Gebüsch versteckt zu halten, wohin man
ihnen nicht folgen konnte, und dann weiter zu flüchten, wobei von ihnen
die weiter stromaufwärts befindliche Dunda-Fähre des Kingani benutzt
wurde. Dorthin aber konnten die Pinassen der Marine wegen mehrfacher in
jenem Teil des Kingani vorhandener Untiefen nicht geschickt werden.

Dem Reichskommissar hatte +Dr.+ Peters seine für die Emin
Pascha-Expedition in Aden angeworbenen Somalis zum Angriff auf
Buschiri zur Verfügung gestellt; es war jedoch von ihrer Verwendung
Abstand genommen worden, da sie Bedenken trugen, gegen ihre eigenen
Glaubensgenossen zu kämpfen. Jetzt, als nach gelungenem Angriff die
Truppen in Bagamoyo einrückten, zeigte sich ein Teil der Somalis
beschämt und bat darum, auf den noch am selben Tage ausgesandten
Patrouillen mitverwandt zu werden.

Nach dem Einrücken der Soldaten erhielt Freiherr v. Gravenreuth den
Befehl, eine Rekognoszierung zu unternehmen zur Aufsuchung eines
vermißten Offiziers, der, an der Queue seiner Abteilung, von den
Seinen unbemerkt, infolge eines Sonnenstiches liegen geblieben war,
und zugleich um auf etwaige Rebellentrupps zu fahnden. Der Vermißte
kehrte aber von selbst bald darauf zurück, und die Rekognoszierungen
Gravenreuths und später Zelewskis konnten nur feststellen, daß die
nächste Umgebung von Bagamoyo bis zum benachbarten Teile des Kingani
völlig von den Aufständischen gesäubert war. Kleine Patrouillen wurden
zum großen Teil zu Pferde ausgeführt, von denen etwa 20 aus Egypten
resp. Aden mitgebracht worden waren.

Einige Wochen später drangen nach Bagamoyo Nachrichten über neue
Befestigungen, welche Buschiri in größerer Entfernung angelegt
habe; ebenso habe er wieder eine große Zahl Anhänger gesammelt.
Infolgedessen wurden von Wißmann zweimal Abteilungen unter +Dr.+
Schmidt und Zelewski in solcher Stärke ausgesandt, daß es ihnen
möglich war, die Rebellen mit Aussicht auf Erfolg anzugreifen. Die
Expedition unter Zelewski führte zu keinem Resultat, da der Gegner
in dem von ihr durchzogenen Gebiet nicht zu finden war. Die später
ausgesandte Abteilung des +Dr+. Schmidt fand zwar mitten in
dichtem Gestrüpp ein wohlbefestigtes Lager Buschiris, eine sogenannte
Buschboma, zu welcher nur wenige schmale Stege führen, doch hatte
Buschiri, der jedenfalls von dem Anmarsch +Dr+. Schmidts durch
seine Kundschafter Nachricht erhalten, es vorgezogen, noch im letzten
Augenblick ohne Kampf die Boma zu verlassen. Die Hausutensilien und
die noch vorhandenen Lebensmittel, etwas Kleinvieh und Hühner, wurden
zur Beute gemacht, die Boma selbst aber wurde den Flammen Preis
gegeben. Es war dies, so begierig auch die Expedition war, den Gegner
anzugreifen, doch den Herren nachträglich nicht unerwünscht, da die
Stellung Buschiris eine derartige war, daß ein erfolgreicher Sturm auf
das im größten Dickicht befindliche Lager, wenn überhaupt, nur mit den
schwersten Verlusten möglich gewesen wäre. Das erste Lager hatte den
Vorzug in freiem Terrain zu liegen, so daß es von allen Seiten gesehen
und angegriffen werden konnte.

Wenden wir uns nun nach Daressalam, wo durch den von Wißmann dem
Verfasser gesandten kleinen Teil der Schutztruppe die Marineabteilung
abgelöst wurde, welche bisher als Besatzung der Station gedient hatte;
S. M. S. Carola, welche zuletzt die Stationsbesatzung gestellt und
deren Bemannung sehr unter Fieber- und Todesfällen zu leiden hatte,
war bei der Besetzung der Station durch die Schutztruppe zunächst
aus dem Hafen heraus auf die Rhede von Daressalam, dann ganz nach
Bagamoyo in See gegangen. Für Daressalam erhielt der Verfasser von
dem Reichskommissar die Instruktion, sich mit seiner kleinen Truppe
auf die Verteidigung der Station und des Platzes zu beschränken und
sich auf sonstige Unternehmungen nicht einzulassen. Um Daressalam
hatten sich nicht, wie um Bagamoyo, die Rebellen alle in einer starken
Befestigung versammelt, sondern sie waren auf mehrere befestigte
Dörfer der Umgegend verteilt. Als nun die Nachricht von der Einnahme
des Buschirischen Lagers, wenn auch mit einzelnen Unrichtigkeiten,
südwärts zuerst zur Bevölkerung und zu den Rebellen, dann durch Spione
nach der Station gedrungen war, erschien es notwendig, da, wo es mit
Aussicht auf Erfolg möglich war, möglichst schnell einzugreifen, ehe
die Aufständischen sich noch mehr zersplitterten oder ganz abzogen.
In erster Linie wünschte der Verfasser das nahe gelegene Magogoni
anzugreifen, in dem sich viele Araber und Belutschen befanden. Das
Gesindel hatte der Station immer Schwierigkeiten gemacht und war im
Besitze einer großen Viehherde. Nur den Offizieren wurde von der
Absicht des Überfalls auf Magogoni Mitteilung gemacht, da sonst
Grund zur Annahme vorlag, daß der Plan verraten und vereitelt werden
würde. In der Nacht vom 12. bis 13. Mai wurde die Stationsbesatzung
alarmirt, Munition verteilt und Lieutenant von Behr, dem sich der
Beamte der Ostafrikanischen Gesellschaft, Herr Küsel, anschloß, der
Befehl erteilt, mit 20 Mann bei Tagesanbruch unbemerkt westlich von
Magogoni zu landen. Verfasser selbst fuhr mit Lieutenant Merker und
den letzterem zugeteilten 30 Mann die Innenseite des Hafens und die
schmale Landzunge entlang, auf welcher Magogoni liegt, und landete
auf der diesem Orte entgegengesetzten Seite. Nach einstündigem Marsch
erreichten wir Magogoni. Die Annäherung beider Abteilungen war wohl
während der Nacht ziemlich unbemerkt erfolgt, doch stürzten sowohl
der Abteilung v. Behr wie der Abteilung Merker kurz vor dem Dorfe
Bewaffnete in ungeordneten Trupps entgegen, welche sofort in die Flucht
geworfen wurden. Der Verlust der Gegner betrug 8 Tote, darunter 2
Araber. Es wurden neben 60 Stück Kleinvieh 90 Rinder erbeutet, welche
den Strand entlang getrieben wurden bis an den Hafen von Daressalam,
über welchen sie dann mit einer Pinasse zur Station gebracht wurden.
Die in der weiteren Umgebung lagernden Banden sah sich Verfasser außer
stande anzugreifen, da die Station nicht entblößt werden konnte, und
erst Wißmanns Befehl und Truppenverstärkung hierzu abgewartet werden
mußte.

Das Unternehmen gegen Magogoni billigte der Reichskommissar und auf die
Meldung von der unbedingten Notwendigkeit, sofort gegen die anderen
Rebellennester um Daressalam vorzugehen, kam er persönlich am 19.
Mai auf dem von +Dr+. Peters gecharterten Dampfer Neera nach
Daressalam, brachte über 100 Mann unter Chef Theremin und Lieutenant
von Medem mit und erteilte dem Verfasser den Befehl am 20. Mai mit zwei
kombinierten Kompagnien (Marschordnung: 1. Kompagnie [Lieutenant von
Behr, Lieutenant Blümcke], 2. Kompagnie [Chef Theremin, Lieutenant
von Medem] nach Mabibu vorzurücken, zu rekognoszieren und eventuell
anzugreifen. Das Rebellenlager wurde gefunden, wurde aber bei unserer
Annäherung verlassen. Vergebens versuchten die Aufständischen, ihre
Viehherde vor uns zu retten; die kleinen Abteilungen, mit denen
Plänkeleien entstanden, wurden schnell geworfen, und die ganze Herde,
80 Rinder und eine Menge Kleinvieh erbeutet. Auch einige Fahnen
und Waffen fielen in unsere Hände; das Lager wurde geplündert und
eingeäschert. Seliman ben Sef war leider entkommen, mit ihm Schindu.

Am nächsten Tage machte ich eine Rekognoszierungstour nach Magurmura,
dem Dorfe Schindus. Dieselbe endete mehr komisch als erfolgreich. Die
Einwohner flohen bei unserer Annäherung, nur eine alte energische
Dame wehrte sich unter furchtbarem Geschimpfe mit einem Messer heftig
gegen die Soldaten und verwundete einen derselben. Sie entpuppte sich
später als Mutter des Rebellenhäuptlings und war als solche auch
gleich von den Suaheli-Askaris erkannt worden. Sie wurde natürlich
dingfest gemacht, mit nach der Station genommen, und dort einige
Tage zur Beruhigung ihrer Nerven eingesperrt. Nach einem vereitelten
Versuch ihrerseits, durch eine fensterartige Oeffnung der Bastion zu
entweichen, wurde sie als im übrigen harmlos wieder entlassen.

Nach diesen Unternehmungen nahm der Reichskommissar die aus
Bagamoyo mitgebrachte Kompagnie wieder dahin zurück, da große
Rebellenansammlungen und ernste Schwierigkeiten um Daressalam nicht
mehr bestanden. Die kleinen Unternehmungen des Verfassers gegen
einzelne Rebellendörfer hatten genügt, den Bewohnern der Umgegend von
Daressalam zu zeigen, daß es nunmehr ausschließlich ~ihr~ Besitz
und Eigentum sei, die durch diese Unruhen gefährdet würden, denn wenn
die Leute nicht standhielten, blieb nichts weiter übrig, als die
unruhigen Massen an ihrem Eigentum durch Verbrennen und Ausplündern
der Dörfer oder Konfiskation der Felder, so weit sie in unserm direkten
Machtbezirk lagen, zu bestrafen.

Außerdem wurden die Jumbes sämtlicher im Umkreis von Daressalam
gelegenen Ortschaften vom Verfasser aufgefordert, zur Station zu kommen
und dort ihre vollständige Unterwerfung anzukündigen; so weit sie
nicht eine ganz besonders hervorragende Rolle beim Aufstande gespielt
hatten, wurde ihnen Straflosigkeit zugesichert. Diese Aufforderung
und Zusicherung der Amnestie wirkte auf die gesamte Bevölkerung der
Umgegend in gewünschter Weise. Nur gegen wenige Dörfer mußte in
nächster Zeit vorgegangen werden. So wurde ein nochmaliges Vorgehen
gegen Magogoni nötig, da dies große und reiche Dorf, besonders durch
die Belutschen-Bevölkerung aufgehetzt, sich gegen uns auflehnte.
Diesmal wurde es aber von Grund aus zerstört und geplündert.

Eine fernere Unternehmung aus dieser Zeit war die Bestrafung des Ortes
Ukonga, dessen Pasi (Häuptling, Dorfschulze) Jangajanga hauptsächlich
die Schuld an der Ermordung der Missionare in Pugu trug. Er hatte von
den Missionaren die größten Wohlthaten empfangen und auch Geschenke
dafür erhalten, daß er versprach, sie in Kenntnis zu setzen, wenn
ihnen ein Anschlag der Rebellen drohe. Dieses Versprechen hatte er
so eingelöst, daß er den Aufständischen von Bueni als Führer nach
der Mission in Pugu diente und die Brüder und Schwestern meuchlings
überfallen half. Als dem Verfasser dieses Verhalten Jangajangas
zu Ohren gekommen war, trat er eines Tages mit einem Teil der
Stationsbesatzung den Marsch gegen Ukonga an und traf daselbst bei
Beginn der Abenddämmerung, kurz vor 6 Uhr ein. Bis zum Eintritt der
Dunkelheit hielt sich unsere Abteilung im Gebüsch verborgen und
überfiel dann, von den übrigen Dorfbewohnern ungesehen, den von
Jangajanga und seinen Angehörigen bewohnten Teil Ukongas. Die Leute
desselben leisteten nur ganz vereinzelt Widerstand; der Jumbe selbst
hatte wohl Unrat gewittert und war zwei Tage zuvor weiter ins Innere
geflohen. Verfasser setzte daher einen Preis auf seinen Kopf, es gelang
jedoch nicht, ihn in unsere Gewalt zu bekommen.

Nun ging Verfasser daran, endlich die Gebeine der ermordeten
Missionare, die, wie er durch Kundschafter wußte, noch immer
unbestattet in Pugu lagen, zur letzten Ruhe zu bringen. Mit den Herren
Chef Theremin, Lieutenant Merker, Herrn Küsel, Unteroffizier Becker
und einem kleinen Trupp Soldaten machte er sich auf. Außerhalb des
von den Rebellen mit allen übrigen Missionsgebäuden in Asche gelegten
Wohnhauses lag fast unversehrt der Leichnam des von den Eingeborenen
als Fundi (Handwerksmeister) bezeichneten Missionars, der als Bruder
Petrus festgestellt wurde. Im Hause selbst fanden sich die Gebeine
des Bruders Benedict, die vom Feuer sehr gelitten hatten, und die
wenigen Ueberreste der Schwester Martha, die von einer Innenwand des
Gebäudes bedeckt lag. Das Feuer hatte offenbar darunter noch längere
Zeit fortgequalmt, denn die Gebeine waren beinahe verkohlt. Die
Reste der Unglücklichen wurden in je einen Sarg gelegt und neben den
Gräbern der früher in ihrem Berufe verstorbenen Brüder und Schwestern
beigesetzt. Wir schmückten, so gut es ging, die letzte Ruhestätte
mit Palmenzweigen, und Lieutenant Merker machte eine photographische
Aufnahme, welche der katholischen bairischen Missionsgesellschaft
zugleich mit einigen Andenken an die Märtyrer ihres Berufs, die sich
noch auf der ausgeplünderten und niedergebrannten Stätte gefunden
hatten, übersandt wurden. Den Jumbes wurde streng anbefohlen, auf die
Gräber sorgfältig Acht zu geben, wir drohten, deren Schändung an den
Pugu-Leuten selbst zu bestrafen. Die letzteren waren freilich an der
Unthat selbst nicht schuldig, ihr Fehler war nur der gewesen, daß sie
es nicht gewagt hatten, der Uebermacht der Rebellen zu trotzen und die
wegen ihrer Wohlthätigkeit und ihres stillen segensreichen Wirkens
bei ihnen wohl beliebten Missionare zu verteidigen. Daraus kann man
den Negern aber keinen Vorwurf machen. Von der Missionsgesellschaft,
welcher der Verfasser bei der Uebersendung der Photographien von der
Bestattung ihrer Angehörigen und den näheren Umständen ihrer Ermordung
und Auffindung Mitteilung gemacht hatte, ging ein Dankschreiben ein,
das ihren Gefühlen Ausdruck gab und zeigte, daß die schwergeprüften
Väter nicht den Mut und die Lust verloren hatten, ihr Werk in Afrika
fortzusetzen. Ihre jetzige Station ist Daressalam.

Während des größten Teils des Monats Juni und im Monat Juli konnten
wir uns so in Daressalam der friedlichen Arbeit, dem weiteren Ausbau
der Station und der Ausbildung der Truppen widmen und einige kleinere
friedliche Expeditionen unternehmen. Nur noch einmal, im Monat August,
wurde der Verfasser anläßlich der traurigen Pugu-Affaire genötigt,
gegen die Ortschaft Simbasi vorzugehen, in welcher es ihm auch durch
einen Ueberfall gelang, zwei beim Morde der Pugu-Missionare beteiligte
Araber gefangen zu nehmen, die dann vom Reichskommissar zum Tode durch
den Strang verurteilt wurden.

Nach dem Ausbruch des Aufstandes an der Küste waren es neben der
Kilwabevölkerung besonders die Leute Bana Heris, des Machthabers von
Usegua, welche sich durch eine große Unthat straffällig machten. Der
mit der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft vom Sultan abgeschlossene
Vertrag hatte Bana Heri um so härter betroffen, als er von den
Machthabern an der Küste der einzige war, der niemals den Sultan von
Sansibar als Herrn anerkannt hatte. Es war nur natürlich, daß Bana Heri
nicht gutwillig auf das gute Einkommen Verzicht zu leisten gewillt
war, welches er bislang durch die nach Sadani ziehenden Karawanen
gehabt hatte. Eben so wenig wollte er den Einfluß einbüßen, den er
als Sultan von Usegua, -- wie er sich nannte, -- in Usegua, Nguru und
teilweise Ukami genoß und der naturgemäß wegen der zu jener Zeit gegen
die Deutschen herrschenden Mißstimmung und Mißachtung noch gewachsen
war. Diese Mißstimmung gegen alles Europäische zeitigte Ausschreitungen
des fanatischen Pöbels und fand ihren empörendsten Ausdruck in der
Ermordung des englischen Missionars Brooks, der im Januar 1889 aus dem
Innern nach der Küste kam und hierzu die Sadanistraße benutzte. Brooks
war von Abdallah, Bana Heris Sohn und einem Teil seiner Leute auf der
Sadanistraße anscheinend in friedlicher und freundschaftlicher Absicht
in Empfang genommen und in der Richtung nach der Küste hin geleitet
worden. Bald darauf fand man ihn auf der Straße hinterrücks erschossen
vor. Beide Arme waren ihm abgeschlagen, sein Leichnam zerstückelt, die
Stücke verstreut. Fünfzehn seiner farbigen Begleiter wurden gleichfalls
ermordet, die Waren und das Gepäck geraubt.

Es ist stets angenommen worden, daß der Urheber dieser Unthat der oben
erwähnte Abdallah gewesen ist, obwohl sich das nicht mit absoluter
Bestimmtheit nachweisen ließ.

Bana Heri erwartete natürlich auf jenen Mord hin ein Einschreiten der
deutschen Regierung und rüstete sich, diesem wie auch einer Okkupation
seines Landes energisch zu begegnen. Es strömte ihm sein Anhang in
Usegua zu und wurde in der ersten Zeit noch durch Wadoës verstärkt.
Bana Heri verschanzte sich besonders in Sadani und Uwindji und hatte
außerdem verschiedene Befestigungen im Hinterlande dieser Küste
errichtet.

Schon vor der Ankunft Wißmanns war Herr Admiral Deinhard gegen den
Usegua-Sultan eingeschritten, indem er Sadani von See aus bombardierte.
Der Admiral meinte hierdurch den Rebellen eine fühlbare Strafe zu teil
werden zu lassen. Er hatte sich aber hierin getäuscht und nur bewirkt,
daß die Rebellen während der Beschießung den Ort verließen und sich
hinter demselben in gesichertes Terrain flüchteten. Als sie sahen, daß
die Kriegsschiffe die Rhede verließen, kamen sie wieder zum Vorschein
und schossen, gewissermaßen zum Hohn, mit einer alten Kanone hinter
den Kriegsschiffen her, selbstverständlich ohne irgend welchen Schaden
zu thun. Es schien daher, als der Aufstand in Bagamoyo und Daressalam
niedergeworfen war und diese Orte gesichert schienen, notwendig, Sadani
zu züchtigen.

Dies konnte nur durch eine Landung mit der gehörigen Truppenmacht
geschehen. Wißmann war allerdings nicht in der Lage, damals schon vor
der Einnahme von Pangani und Tanga Sadani dauernd zu besetzen, da seine
Truppen für den nördlichen Küstenstreifen notwendig gebraucht wurden,
aber er wollte mit der Züchtigung von Sadani noch den Zweck verbinden,
durch einen entscheidenden Schlag gegen Bana Heri die Rebellen in
Pangani einzuschüchtern und dadurch zu Friedensverhandlungen geneigter
zu machen, zumal ihm von der Reichsregierung anempfohlen worden war,
auf solche einzugehen. Wie wir später sehen werden, befand sich unter
der Bevölkerung von Pangani eine Partei, die zum Frieden mit den
Deutschen riet und diesen dringend wünschte.

Als Operationstag gegen Sadani wurde der 6. Juni festgesetzt. Tags
zuvor wurden alle irgendwie entbehrlichen Truppen, im ganzen 500
Mann, unter den Chefs v. Gravenreuth, v. Zelewski, Krenzler und dem
Verfasser, der von Daressalam herübergekommen war, mit zwei Geschützen
auf dem von der Marine gecharterten Dampfer »Cutch« in Bagamoyo
eingeschifft. Am 6. Juni früh begann seitens des Geschwaders, welches
außer dem »Cutch« aus der »Möwe«, die solange Sadani blokiert hatte,
»Leipzig«, »Schwalbe« und »Pfeil« bestand, die Beschießung der
gegnerischen Befestigungen; während derselben zogen sich die Rebellen
in die südlich gelegenen dichten Gebüsche zurück.

Als das Feuer der Kriegsschiffe schwieg, eröffneten die mit
Revolverkanonen armierten Pinassen, welche das Expeditionskorps, jede
drei oder vier Boote hinter sich schleppend, ans Land brachten, ein
wirksames Granatfeuer.

Da der Strand von Sadani sehr flach zuläuft, mußten wir von den
Booten aus noch eine längere Strecke durch das Wasser waten unter dem
Feuer der Feinde, welche mittlerweile aus den Gebüschen heraus an den
Strand geeilt waren, um unsere Landung zu verhindern. Dabei erhielt
Unteroffizier Bilke einen Schuß durch den Arm und Lieutenant von
Medem und einige Farbige wurden leicht verwundet, -- der Verlust der
Aufständischen soll sich nach ihren eigenen, freilich sehr unsicheren
Angaben, auf 105 Tote belaufen haben. Chef von Zelewski führte den
linken Flügel, Gravenreuth den rechten, der Verfasser das Centrum, das
aus zwei Kompagnien unter den Herren von Perbandt und Sulzer und dem
geschlossenen Trupp der deutschen Unteroffiziere unter Lieutenant v.
Sivers bestand.

Während Gravenreuth Sadani selbst angriff und das Terrain hinter
demselben säuberte, gingen die Abteilung Zelewski und die des
Verfassers dem Befehl gemäß südlich des Dorfes durch die Büsche und
Mangrove-Sümpfe vor, ohne sonderlichen Widerstand zu finden. Ziemlich
das einzige Unglück, das passierte, war, daß dem Verfasser seine
Schuhe und Strümpfe im Sumpfe stecken blieben und er so das Vergnügen
hatte, den ganzen Tag barfuß durch die Dornen und den heißen Sand zu
laufen.

Im Westen der Sümpfe hatten sich die Feinde zum Teil wieder gesammelt,
doch wurden sie durch meine ausgeschwärmte Abteilung und das Feuer
des Maxim-Guns unter Lieutenant Böhlau schnell in die Flucht gejagt.
Bald darauf traf Zelewski, der weiter südlich die abziehenden Feinde
beschossen hatte, beim Verfasser ein, während Wißmann mit der
Gravenreuthschen Abteilung die Gegner noch in der Richtung auf Ndumi
verfolgte und die Landungscorps der Marine im Norden Sadanis die Feinde
verjagten. Die Befestigungen wurden zerstört, der Ort geplündert und
eingeäschert.

Bei solchen gemeinsamen Plünderungen, wie sie bei Sadani, Pangani,
erfolgten, kamen öfters unsere Marinesoldaten mit ihren schwarzen
Waffenbrüdern in der Schutztruppe in Streitigkeiten um den Raub,
und derartige kleine Zwistigkeiten wurden, wie schon erwähnt, dann
tragischer aufgenommen, als sie es verdienten.

Nachdem wir kurze Rast gehalten und von dem, was wir mitgenommen oder
erbeutet, gefrühstückt hatten, schifften wir uns wieder auf dem »Cutch«
ein, aber nur um gleich darauf wieder 3 Stunden nördlich von Sadani
bei Uwinje zu landen, wo sich eine Schamba Bana Heris und feindliche
Befestigungen befanden. Auch dieser Platz wurde nach geringem
Widerstand genommen und zerstört; die dort liegenden Dhaus, welche den
Aufständischen Waffen und Munition zugeführt hatten, wurden verbrannt.
Wir hatten bei Sadani und Uwinje zusammen 2 Tote und 9 meist leicht
Verwundete. Die hierauf folgende Nacht wurde an Bord des »Cutch« in
heiterster Laune verbracht, und am nächsten Tage ging es wieder zurück
nach Bagamoyo.

Es wurde nun vom Reichskommissar die Operation gegen Pangani
vorbereitet. An der Spitze der Friedenspartei daselbst stand der
Araber Said Hamedi, ein alter Mann, der erstens keine Lust hatte,
sich in einen Krieg mit uns einzulassen, auch vorher die Beamten der
Deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft gegen die aufgeregten Volksmassen
geschützt hatte, und der sich andrerseits wohl bewußt war, daß er,
dessen Reichtum an der Küste ein großer war, nur an seinem Besitztum
verlieren könne, wenn die Rebellen unterlägen. Ebenso dachten viele der
begüterten Araber und der reichen Suaheli von Pangani.

Die Rebellion daselbst wurde indes durch die besitzlosen Araber und
Belutschen, welche bei der Unsicherheit der Verhältnisse nur gewinnen
konnten, geschürt und die kritiklose Masse der Eingeborenen so mit
fortgerissen.

Die Friedenspartei in Pangani wandte sich an den Sultan von Sansibar
mit der Bitte um Vermittlung beim deutschen Reichskommissar. Wißmann
schickte daraufhin den früheren Wali von Pangani Soliman ben Nassr mit
Abgesandten des Sultans nach Pangani, um der Bevölkerung durch diese
Gesandten die Bedingungen der friedlichen Uebergabe zu übermitteln.
Als der Abgesandte des Reichskommissars jedoch sich in einem Boote
dem Strande von Pangani näherte, wurde er mit Schüssen empfangen
und mußte unverrichteter Sache wieder nach Sansibar zurückkehren.
In gleicher Weise war während der zwischen dem Reichskommissar und
den Pangani-Leuten schwebenden Verhandlung eine auf der Panganireede
liegende Dampfpinasse der »Leipzig« unter Lieutenant zur See v. Möller
von den Rebellen beschossen worden. So zeigte sich, daß in letzter
Stunde in Pangani wieder die Kriegspartei die Oberhand gewonnen hatte.

Viel hatten dazu wohl auch die falschen Nachrichten beigetragen, welche
über das Gefecht von Sadani nach Pangani gedrungen waren; es sollten
nämlich wohl die Rebellen große Verluste erlitten haben, aber auch 100
Deutsche teils gefallen, teils in den Sümpfen stecken geblieben sein.
Es wurde damals in der Truppe der Witz gemacht, meine im Sumpfe stecken
gebliebenen Stiefel hätten zu dieser Uebertreibung Veranlassung
gegeben.

Als Tag des Angriffes wurde von Wißmann der 9. Juli bestimmt. Tags
zuvor wurden alle zur Verfügung stehenden Truppen in Bagamoyo
eingeschifft und in Bagamoyo selbst unter Chef von Gravenreuth, in
Daressalam unter dem Verfasser eine starke Besatzung zurückgelassen,
weil dem Gerücht zufolge ein Angriff Buschiris auf die Stationen zu
erwarten stand. Am Abend des 8. vereinigten sich die Wißmannschen
Schiffe »Harmonie«, »München«, »Vulkan« und »Max« -- der »Vesuv«
wartete noch in Aden das Aufhören des Südwestmonsuns ab --, mit dem
Geschwader, welches den Ort bis dahin blokiert hatte.

Pangani liegt am linken Ufer des ebenso genannten Flusses, etwas
landeinwärts.

An beiden Ufern erheben sich ziemlich steile Anhöhen von 100-200 Fuß,
die mit dichtem Buschwerk bestanden und von Schützengräben umgeben
waren. Die feindliche Stellung war also, zumal da nur schmale Zugänge
hinaufführten und diese mit drei Vorderladern armiert waren, eine
ziemlich starke und wurde von den Rebellen für uneinnehmbar gehalten.
Die Hauptbefestigungen lagen auf dem rechten Ufer, wohin denn auch die
sämtlichen Schiffe, mit möglichster Schonung des Ortes selbst, ihr
außerordentlich wohl gezieltes Feuer richteten.

Der Strand ist hier sehr flach; die Truppen warteten daher, um
möglichst wenig im Wasser unter dem Feuer der Feinde waten zu müssen,
den höchsten Stand der Flut ab, und bewerkstelligten die Landung an
einer kleinen, vor dem rechten feindlichen Flügel gelegenen Bucht. Das
Angriffskorps war in drei Treffen formiert; das erste, bestehend aus
der 1. und 5. Kompagnie unter +Dr.+ Schmidt, wurde sogleich nach
der Landung in Schützenlinien formiert und ging unter lebhaftem Feuer
auf die im Gebüsch versteckt liegenden Gegner gegen die Höhe vor.

Als das zweite Treffen unter Chef Freiherrn von Eberstein herankam,
wurden die Feinde aus allen Befestigungen geworfen und in eine
westlicher gelegene Hügelkette getrieben, deren dichtes Buschwerk der
Verfolgung bald ein Ziel setzte.

Das dritte Treffen unter v. Zelewski war durch ungünstige Umstände zu
lange aufgehalten worden und kam nicht mehr ins Feuer.

Auch die Rebellen auf dem linken Ufer flohen aus ihren
Pallisadenverschanzungen und suchten sich, am ungedeckten Flußufer
entlang ziehend, in den Ort selbst zu retten; zur Hälfte aber wurden
sie von den mittlerweile nachgekommenen Maxim-Geschütz unter Lieutenant
Böhlau zusammengeschossen.

Es blieben von den Arabern etwa 30 Tote und 50 Verwundete auf dem
Platze, ein Zeichen, eine wie furchtbare Wirkung das Maxim-Geschütz
mit seinen 600 Schuß in der Minute in der Hand eines geschickten
Artilleristen ausübt.

So fand denn die 300 Mann starke Marineabteilung unter Kapitän zur See
Plüddemann, welche endlich trotz der heftigen Brandung auf dem linken
Ufer des Flusses gelandet war, den Feind in den Befestigungen nicht
mehr vor, auch nicht mehr in Pangani selbst. Auf unserer Seite war nur
ein Sudanese gefallen, ein deutscher Unteroffizier und 3 Sudanesen
waren verwundet.

Pangani wurde von der 5. und 6. Kompagnie besetzt, die Befestigung
auf dem rechten Ufer zur Zeit der Abwesenheit des Expeditionskorps
von der 1.-3. Kompagnie. Die Europäer und die Truppen, welche alle
vollkommen durchnäßt waren, hatten, da der Proviant bis zum Abend
des Gefechtstages noch nicht hatte vom Bord der Schiffe aus ans Land
geschafft werden können, nach der Anstrengung des Tages nicht einmal
eine Stärkung. Erst am Abend half Wißmann persönlich, als er auf der
Pangani- wie auf der Ras Muhesa-Seite die Truppen inspizierte, diesem
Übelstande dadurch ab, daß er sofort selbst für die Übersendung der
nötigen Vorräte Sorge trug. Das frühere Gesellschaftshaus in Pangani,
von dem aus man einen bequemen Überblick über den ganzen Ort hatte
und diesen wie das Flußufer mit Feuer bestreichen konnte, wurde als
Stationshaus beibehalten und der Bau von Befestigungen hier wie auf Ras
Muhesa begonnen.

Ras Muhesa ist ein Felsen an der rechten Flußmündung, der auf drei
Seiten schroff ins Meer abfällt. Das Buschwerk auf der vierten Seite,
welches den freien Überblick hinderte, wurde ausgerodet, und der Zugang
mit einer 1-1/2 m hohen Wand aus Wellblech mit Erdeinlage geschützt.

Da diese Befestigungsarbeiten in Pangani und auf Ras Muhesa längere
Zeit in Anspruch nahmen, der Reichskommissar sie aber so sehr als
möglich fördern wollte, um eine möglichst geringe Anzahl von Soldaten
dort als Besatzung zurückzulassen, konnte der ursprünglich zwischen
Wißmann und dem Admiral verabredete Termin für die Operation gegen
Tanga, der 10. Juli, nicht innegehalten werden. Der Admiral aber,
den Gründen Wißmanns unzugänglich, ging infolgedessen am 9. mit dem
Geschwader voraus und schickte noch am selben Tage in Tanga eine
Botschaft ans Land, die Einwohner sollten, wenn sie den Frieden
wünschten, mit ihm in Unterhandlungen treten. Sie erbaten sich, da sich
die friedlich gesinnten Neger nicht sogleich mit den im allgemeinen
zum Kriege geneigten Arabern und Belutschen einigen konnten, drei Tage
Bedenkzeit. Diese wurde vom Admiral abgeschlagen.

So wurde denn am 10. früh das Landungscorps der Marine formiert und an
Land gesetzt. Es wurde zuerst mit Schüssen empfangen, doch ergriffen
die Rebellen beim ersten Schnellfeuer der Marinetruppen die Flucht und
wurden mit geringer Mühe aus Tanga selbst und seiner näheren Umgebung
vertrieben. Das frühere Haus der ostafrikanischen Gesellschaft wurde
mit 100 Mann der Carola besetzt, um den Ort gegen etwaige feindliche
Angriffe halten zu können.

Einige umliegende Dörfer schickten nach Tanga und erbaten den Frieden,
der ihnen vom Admiral auch gern gewährt wurde. Die Inder waren im
Ort zurückgeblieben, ein Zeichen, daß von vornherein eine Aussicht
auf einen ernsten Kampf um Tanga nicht vorhanden war, und die
Friedenspartei hier die Oberhand hatte. Wißmann wurde durch einen Brief
des Admirals vom 11. Juli davon in Kenntnis gesetzt, daß Tanga von der
Marine genommen und besetzt sei, und daß das Geschwader bis zum 14.
Juli auf den Reichskommissar warten werde. Wißmann fuhr infolgedessen
am 13. auf der München zunächst allein nach Tanga, wählte einen Platz
für die Station aus, von wo aus der Ort und der Hafen beherrscht werden
konnte, und als am 15. das Expeditionskorps nachkam, wurde sofort mit
der Befestigung des Platzes, welche hier von Grund aus neu gebaut
werden mußte, begonnen.

Das provisorische Fort wurde aus Wellblech und Brettern hergerichtet
und mit einem Stacheldrahtzaun umgeben. Die Bauten gingen in
Pangani und Tanga, Dank des Eifers unserer Zulus und Sudanesen, so
außerordentlich schnell von statten, daß Wißmann bald den Norden
verlassen und sich wieder nach Bagamoyo zurückbegeben konnte, nachdem
er die Station Tanga mit einer Kompagnie besetzt und dem Chef Krenzler
übergeben hatte.

Aus Pangani nahm er die Ueberzeugung mit, daß der Handel hier bald
wieder den früheren Umfang annehmen würde, da bereits in den ersten
Tagen nach der Einnahme des Ortes eine Anzahl der flüchtigen Rebellen
zurückgekehrt war und sich unterworfen hatte.

Als so die Hauptplätze an dem nördlichen Teil der Küste unseres
Interessengebietes wieder unter unsere Herrschaft gebracht waren,
dachte Wißmann daran, die Verkehrswege, welche nach dem Innern führten,
von neuem zu eröffnen; hierzu gab besonders den Anstoß die Absicht der
in Daressalam weilenden großen Waniamuesi-Karawane, in ihre Heimat mit
den gegen ihr Elfenbein an der Küste erhandelten Waren zurückzukehren.

Da sie alle von Bagamoyo, dem Endpunkt der großen Karawanenstraßen
aus, gemeinsam den Rückmarsch antreten wollten, ging Wißmann daran,
die in Daressalam befindliche Karawane dorthin überzuführen. Er sandte
zu dem Zweck Ende Juli sein Expeditionskorps unter Führung des Chefs
von Zelewski nach Daressalam, wohin er sich Tags darauf selbst begab,
ließ die Waren und sämtliches Gepäck der Waniamuesi per Dampfer nach
Bagamoyo bringen, und führte selbst auf einem dreitägigen Marsche die
Karawane unter der Bedeckung seiner Soldaten ebendahin. Während dieses
Küstenmarsches pflog der Reichskommissar persönlich Verhandlungen mit
den Jumbes der Küstenorte, und gewann hier, wie überall und zu jeder
Zeit, das volle Vertrauen der Eingeborenen zur deutschen Herrschaft. In
Bueni, dem bedeutendsten Küstenplatze zwischen Bagamoyo und Daressalam,
dessen Handel entschieden der ausgedehnteste an der Küste ist, wurde
der bisherige Wali, Sef ben Issa, welcher ebenfalls an der Ermordung
der Missionare in Pugu hervorragend beteiligt war, seines Amtes
enthoben, sein Besitztum konfisziert, seine Sklaven freigelassen, und
ein Preis von 1000 Rupies auf seinen Kopf gesetzt. An seine Stelle trat
Seliman ben Nassr, eine dem Reichskommissar sowohl wie der Bevölkerung
genehme Persönlichkeit.

In der weiteren Umgegend von Bagamoyo, zwischen dem Kingani und
dem Wami, hatten sich die alten Jumbes von Bagamoyo (Jehasi,
Makanda, Simbambili und Bomboma), die Hauptverbündeten Buschiris,
wieder festgesetzt und den ihnen durch Vermittler erteilten Rat,
nach Bagamoyo zurückzukehren und sich Wißmann zu stellen, höhnisch
zurückgewiesen. Wißmann mußte daher daran gehen, sie aus dieser
Gegend zu vertreiben, um zu verhindern, daß Buschiri, wenn er aus dem
Innern zurückkehrte, hier wieder einen Stützpunkt fände. Es wurde zu
dem Zweck Chef v. Gravenreuth mit zwei Kompagnien und einer größeren
Waniamuesi-Abteilung abgeschickt, mit dem Befehl, die Gegend zu
säubern und die mit den Jumbes verbündeten Ortschaften zu zerstören,
ein Auftrag, den Gravenreuth mit dem ihm eigenen Geschick ausführte.
Er brachte den Gegnern erhebliche Verluste bei, ohne selbst solche zu
erleiden, äscherte die Rebellenlager ein und nahm die dort angehäuften
Lebensmittel weg. Dieser Erfolg trug bald gute Früchte, indem auch die
Jumbes aus der weiteren Umgegend nach Bagamoyo kamen und um Frieden
baten. Auch gegen die berüchtigten Sklavenhändler von Mlangotini
wurde um diese Zeit ein Schlag geführt; ein Sklaventransport, den
sie bei Nacht nach Sansibar zu bringen im Begriffe standen, wurde
ihnen abgenommen und sie selbst wurden aufgehängt, unter ihnen der
gefährlichste von allen Salem, den erfreulicherweise die Eingeborenen
selbst gebunden dem Reichskommissar überbrachten.

In Sadani hatte sich inzwischen Bana Heri wieder mit einem Teile seiner
Leute eingefunden, und schien durch alle Mißerfolge seiner Partei
noch nicht im geringsten entmutigt, vielmehr entschlossen, den Kampf
fortzusetzen und die Herrschaft über Usegua zu behaupten.

Sef ben Mohammed, der Sohn des unter dem Namen Tibbu-Tip bekannten
Hammed ben Mohammed, war mit einer Menge Elfenbein und unter anderm
auch mit Geschenken für Wißmann von seinem Vater aus dem Innern nach
der Küste abgeschickt worden und nach unserm Kampf bei Sadani dort
angekommen, hatte er vom Reichskommissar auf sein Ansuchen die
Erlaubnis erhalten, die Festlandsküste zu verlassen, um nach Sansibar
zu gehen. Er ging bald darauf wieder im Einverständnis mit Wißmann nach
Sadani und bot hier all seinen Einfluß auf Bana Heri auf, um diesen
zur Unterwerfung unter die deutsche Herrschaft zu veranlassen. Seine
Bemühungen waren vollkommen vergeblich.

Der Reichskommissar wandte sich deshalb an den Kapitän Valette, den
stellvertretenden Geschwaderchef nach Abgang der Leipzig aus Ostafrika,
mit der Bitte, Sadani zu blokieren, um die Versorgung Bana Heris mit
Waffen und Munition, wie überhaupt jede Kommunikation desselben mit
Sansibar zu verhindern.

Die ersten in dieser Zeit eingetroffenen Berichte aus Pangani und
Tanga an den Reichskommissar lauteten günstig. Die nächste Umgebung
Panganis hatte sich bis auf den Dörferkomplex Muganda unterworfen. Auch
mit diesem hoffte der Stationschef +Dr.+ Schmidt ein friedliches
Abkommen treffen zu können. Als er jedoch auf einem Spazierritt, den
er allein in jene Gegend machte, von Muganda-Leuten mit Schüssen aus
den Gebüschen auf beiden Seiten des Weges empfangen wurde und nur
mit genauer Not entkam, sah er sich genötigt, sofort die Rebellen
anzugreifen und sie zur Flucht weiter ins Innere hinein zu zwingen. Von
der Stationsbesatzung fiel ein Mann und einer wurde schwer verwundet,
während die Aufständischen erhebliche Verluste hatten.

In Tanga wurde, nachdem das letzte noch feindliche Dorf in der
Umgegend, Timbari, vom Stationschef mit einem Teil seiner Besatzung
und einer Matrosenabteilung von 16 Mann zerstört und den Rebellen ihr
Vorrat an Munition und Proviant abgenommen war, der bei dem Gros der
Bevölkerung beliebte Neger Munikombo als Wali eingesetzt und so auch
hier Ruhe und Ordnung vollkommen wiederhergestellt.




                              5. Kapitel.

                  Ausbildung des Reichskommissariats.

  Mangel an Verwaltungspersonal. -- Einrichtung und Geschäftsbereich
  der Verwaltung in der Schutztruppe. -- Verwaltung des vorhandenen
  Dampfermaterials. -- Unterstützung durch deutsche Firmen in Sansibar.
  -- Das Hauptquartier. -- Adjutant Bumiller. -- Verkehr mit den
  Arabern und Indern. -- Verteilung des Kriegsmaterials auf Stationen.
  -- Das Sanitätswesen und die Hospitäler. -- Tod des Stabsarztes
  Schmelzkopf. -- Einexerzierung der Schutztruppe. -- Deutsche
  Kommandos. -- Uniformen und Gepäck. -- Verteilung der Schutztruppe.
  -- Schwarze Chargen. -- Weiße Chargen. -- Systematische Ausbildung
  der Gruppe. -- Schießresultate bei Sudanesen und Zulus. -- Disziplin
  der Zulus. -- Verhältnis des Kommissariats zu den deutschen Behörden
  in Sansibar. -- Verhältnis zur Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft.
  -- Dienst der Wißmann-Flotte.


Die Kämpfe um Bagamoyo, Daressalam, Pangani und Tanga bilden den
ersten Abschnitt in der Niederwerfung des Aufstandes. Nach ihrer
Beendigung konnte der Reichskommissar mit größerer Ruhe an die
weitere Durchführung der ihm gestellten Aufgabe gehen. Während
dieses ersten Teils seiner Thätigkeit hatte sich naturgemäß eine
vollständige Umbildung des Reichskommissariats in allen seinen Teilen
vollziehen müssen, da dasselbe anfangs nur zu sehr den Charakter des
Provisorischen an sich trug.

In erster Linie gehörte hierher die Ausbildung der eigentlichen
Verwaltung und des Verkehrs mit den wiedergewonnenen oder
neugeschaffenen Stationen. Streng genommen stand dem Reichskommissar
an geschultem Verwaltungspersonal nur zur Verfügung der
Zahlmeisteraspirant der Marine Merkel, der jedoch bald nach seiner
Ankunft den Wirkungen des Klimas unterlag. Dagegen war kein
Intendanturbeamter, ja nicht einmal eine Art Sekretär vorhanden,
sondern es vereinigte sich alles dieses in der ersten Zeit des
Kommissariats in der Person von Eugen Wolf, der in der That ein
ungemein großes Arbeitsquantum in geeigneter Weise erledigt hat.

Später mußte Wißmann aus seinem Personal an Offizieren diejenigen für
die Verwaltung aussuchen, welche hierzu besonders geeignet erschienen.
An die Spitze der Verwaltung wurde von ihm der Chef Freiherr von
Eberstein gestellt, der sich, obwohl er keine andere Vorbildung
mitbrachte als seine in Ostafrika gesammelten Erfahrungen, mit großer
Umsicht und anerkennenswertem Fleiß, im Interesse der Sache, diesem ihm
ursprünglich gewiß nicht angenehmen Amte widmete. Es gelang ihm auch
mit den übrigen ihm unterstellten Beamten die Verwaltung, soweit es
eben bei den damaligen Verhältnissen möglich war, in geordnete Bahnen
zu lenken.

Daß man an einen Verwaltungsapparat, wie Ostafrika ihn heute hat, wo
ein Intendant, ein Landrentmeister, ein Dutzend Zahlmeisteraspiranten,
eine Anzahl Sekretäre außer den dazu kommandierten Deckoffizieren
und Unteroffizieren dem Gouverneur zur Verfügung stehen, ganz andere
Anforderungen stellen kann, liegt auf der Hand.

Nichtsdestoweniger wird von den Gegnern Wißmanns immer die
Mangelhaftigkeit der damaligen Verwaltung gegen ihn angeführt.

Und thatsächlich ist auch an leitender Stelle dem Reichskommissar stark
verübelt worden, daß sich die Intendantur nicht in ganz ordnungsgemäßen
Bahnen bewegt hat.

Um von dem bedeutenden Umfange dieses Verwaltungsgeschäftes ein
ungefähres Bild zu geben, mögen hier nur die wichtigsten Zweige
desselben kurz erwähnt sein.

Es gehörte dahin die sehr komplizierte Soldberechnung der Truppen,
welche bei dem verschiedenen Material auf ganz verschiedener Basis
beruhte; die Herstellung und Instandhaltung der Mannschaftslisten,
welche hier mehr denn irgend wo anders durch Krankheit, Verwundung und
Tod fortwährenden Aenderungen unterworfen waren; ferner die besonders
in der ersten Zeit ungemein schwierige Verpflegungsfrage.

In der ersten Zeit des Aufstandes, als die indischen Kaufleute noch
nicht nach Bagamoyo und den übrigen Küstenplätzen zurückgekehrt waren
und zudem die Zufuhr aus dem Innern mangelte, mußte die gesamte
Verpflegung für Offiziere und Mannschaften von Sansibar aus durch die
Verwaltungsabteilung besorgt werden. Dieselbe hatte ferner unter sich
die gesamten Ausrüstungsgegenstände der Truppe, über welche ebenfalls
eine Unzahl von Zu- und Abgangslisten geführt werden mußte.

Das gesamte Kriegsmaterial, ursprünglich in Daressalam untergebracht,
unterstand selbstverständlich ebenfalls der Verwaltungsabteilung. Zu
Anfang mußten die Journale darüber von den Stationsoffizieren geführt
werden.

Daß diese Journalisten unter diesen Verhältnissen sich nicht immer
durch absolute Vollständigkeit auszeichneten, liegt in der Natur der
Sache. Denn welcher der Frontoffiziere sollte von dem komplizierten
Schreibmechanismus der preußischen Verwaltung so durchdrungen sein, daß
er alles zur Zufriedenheit der Oberrechnungskammer erledigen könnte?

Weitere Schwierigkeiten entstanden der Verwaltung aus dem vorhandenen
Dampfermaterial, welches wiederum ganz neue Kenntnisse bei den
Verwaltungsbeamten voraussetzte. Die Kohlenlieferungen, die Reparaturen
an den Dampfern, die An- und Abmusterung von Mannschaften -- alles dies
sind Verwaltungszweige, welche für sich allein schon einen geschulten
Verwaltungsbeamten verlangt hätten.

Den letztgenannten Teil des Verwaltungsapparates behielt während des
ersten halben Jahres des Kommissariats Eugen Wolf unter sich.

Ganz besonders anzuerkennen ist noch während der ersten
Schwierigkeiten, welche sich dem Kommissariat entgegenstellten, die
Hilfe der deutschen Firmen in Sansibar, besonders des Hauses Hansing
u. Cie., dessen damalige Leiter Strandes, später Wegner mit ihrem
kaufmännischen Rat und ihrer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse
wesentliche Dienste geleistet haben. Das Haus Hansing hatte, nebenbei
bemerkt, die Hauptlieferungen für das Kommissariat übernommen und hat
dieselben stets zur Zufriedenheit erledigt.

Alle Anforderungen bezüglich der Verwaltung kamen selbstverständlich
am letzten Ende an den Reichskommissar, der in der That durch seine
ungewöhnliche Arbeitskraft und durch sein überaus bedeutendes
organisatorisches Talent in der Lage war, jedesmal die wenigstens
für den Augenblick richtige Entscheidung zu treffen. Erst allmählich
gelang es durch Heranziehung neuen europäischen Materials und durch die
richtige Verwendung der zur Verfügung stehenden Kräfte einige Ordnung
in den Verwaltungsdienst zu bringen und die einzelnen Zweige desselben
zu organisieren.

Das Hauptquartier selbst war während der ganzen Zeit des Aufstandes in
Sansibar in drei großen Gebäuden untergebracht. Das eine derselben,
in der Hauptstraße gelegen, barg die sämtlichen Bureaus, außerdem
befand sich dort die Wohnung des Reichskommissars und einiger Beamten.
Ein zweites Gebäude diente zu Hospitalzwecken, ein drittes lediglich
zu Wohnräumen für Offiziere. Ein Teil des Unteroffizierpersonals,
welches beim Hauptquartier beschäftigt wurde, mußte trotzdem noch
im Hotel untergebracht werden. Für diejenigen, welche in der Zeit
des Reichskommissariats nach Sansibar kamen, mußte unzweifelhaft das
Hauptquartier Wißmanns als der anziehendste Punkt der ganzen Insel
gelten; war doch der Verkehr im Hauptquartier sogar lebhafter als
der im Sultanspalast. In der nach arabischer Art mit Steinbänken
ausgestatteten Halle wimmelte es von Kawassen und Dienern oder Boten.
Im Hofe, in derselben Vorhalle, nur etwas weiter nach der Rückwand des
Hauses zu, stampften die Pferde des Reichskommissars. Ein fortmährendes
Gehen und Kommen deutscher Unteroffiziere gab Zeugnis von der regen
Thätigkeit, welche den Tag über, zum Teil aber auch bis tief in die
Nacht hinein in dem Hauptquartier herrschte.

Dazwischen fielen die zuweilen wegen ihrer langen Dauer keineswegs
angenehmen Besuche vornehmer Araber und reicher Inder, welche
wesentlich zur Belebung des Bildes beitrugen. Alle aber wurden vom
Reichskommissar in Person stets mit der gleichen Liebenswürdigkeit
empfangen und ihrem persönlichen oder Volkscharakter nach durchaus
richtig behandelt. Man darf behaupten, daß niemand von diesen
Bittstellern unzufrieden aus dem Kommissariat herausgegangen ist. Eine
wesentliche Stütze hatte Wißmann dabei an seinem Adjutanten +Dr.+
Bumiller. Dieser war ursprünglich als Freiwilliger ohne irgend eine
bestimmt in Aussicht genommene Verwendung nach Sansibar gegangen und
wurde erst draußen von Wißmann als Lieutenant und persönlicher Adjutant
in den Verband der Schutztruppe aufgenommen.

Es muß der außerordentlichen Arbeitskraft und Uneigennützigkeit
Bumillers das vollste Lob gespendet werden. Wohl alle Schriftstücke von
einiger Wichtigkeit sind durch seine Hände gegangen, beziehungsweise
von ihm verfaßt worden. Seine sehr günstigen Privatverhältnisse
setzten ihn außerdem in den Stand, in einer Weise, welche auf den
ersten Blick sonderbar erscheinen konnte, dem Kommissariat Dienste zu
leisten: wir meinen die äußere Ausstattung desselben und zwar besonders
der Räume, welche für den offiziellen Gebrauch des Reichskommissars
d. h. besonders für seinen Verkehr mit den auf Aeußerlichkeiten
sehr bedachten Arabern bestimmt waren. Die kostbare Einrichtung
des Salons, in welchem Wißmann die vornehmen Araber empfing, war
Bumillers persönliches Eigentum und von ihm dem Kommissariat zur
Verfügung gestellt worden. Schwerlich würde man in Berlin ohne weiteres
begriffen haben, daß in dieser Beziehung die Aeußerlichkeiten von einer
wesentlichen Wirkung sein konnten und mußten. Der Maskataraber verlangt
aber, wenn er jemanden als eine besonders hervorragende Persönlichkeit
anerkennen soll, daß derselbe, wenigstens in einem Verkehrscentrum wie
Sansibar, durch äußeren Prunk in irgend einer Weise seine Bedeutung
kundgiebt. Nach dieser Richtung hin hat Bumillers Liberalität
zweifellos politische Früchte getragen, ganz abgesehen davon, daß auch
dem Reichskommissar und den Offizieren der Schutztruppe an der Wahrung
der äußeren Würde gelegen sein mußte.

Während ursprünglich nun die Verwaltungsgeschäfte unter der
persönlichen Oberleitung Wißmanns sich in den Händen von Eberstein,
Eugen Wolf und Bumiller vereinigten, wurde später eine notwendige
Teilung der Geschäfte und der einzelnen Ressorts vorgenommen.
Die eigentliche Verwaltung, d. h. die Verpflegungsgeschäfte, das
Finanzdepartement, die Führung der Generallisten über Zu- und Abgang
blieb unter der Leitung des Freiherrn von Eberstein im Hauptquartier.
Das Kriegsmaterial dagegen wurde teils als fester Bestand auf die
einzelnen Stationen verteilt und unterstand der Verwaltung der
Stationschefs; teils befand es sich als Arsenal in Daressalam unter
der Verwaltung des dortigen Chefs. Das Schiffsmaterial endlich war als
besonderes Ressort dem Chef der neu gebildeten Seeabteilung, zuerst dem
Kapitän Hansen, später dem Lieutenant zur See der Reserve von Sivers
unterstellt.

Einen ganz besonders umfangreichen Zweig des Reichskommissariats
bildete das von Anfang an unter eigener Verwaltung stehende
Sanitätswesen. Bei Beginn der Thätigkeit des Kommissariats standen
diesem zwei Ärzte vor: Stabsarzt Dr. Schmelzkopf und Assistenzarzt
1. Klasse Dr. Kohlstock. Es mag gestattet sein, an dieser Stelle
noch etwas weiter zurück zu greifen und auf die Schwierigkeiten
hinzuweisen, welche sich schon beim Transport der Truppen für die
Ärzte herausstellten. Wenn auch die erste Untersuchung in Kairo
gesundes Material geliefert hatte, so zeigte sich bei der Langsamkeit
des Transportes und bei dem Aufenthalt in Aden doch schon bald eine
erhebliche Zahl von Erkrankungsfällen, zum Teil epidemischer Natur.
In Aden brachen unter den Sudanesen die Pocken aus und griffen in
erschreckender Weise um sich, so daß in Aden selbst bereits eine
größere Anzahl Todesfälle eintraten, eine Reihe von Pockenkranken
dort zurückgelassen werden mußte und auf dem Transport von Aden nach
Sansibar in nur sieben Tagen noch 11 Personen der Krankheit zum Opfer
fielen. Nur der durchgreifenden energischen Impfung des gesamten
schwarzen Personals ist es zu danken, daß nicht eine vollkommene
Dezimierung der Truppe eintrat.

Kaum in Sansibar angekommen, wurden an die Thätigkeit der Ärzte
die außerordentlichsten Anforderungen gestellt. Die Einrichtung
des Hospitals in Sansibar, die erste Hilfe in den Gefechten, die
Überführung der Verwundeten und Kranken von der Küste nach Sansibar
hinüber -- alles das waren Ausgaben, welche an die Hingebung beider
Ärzte mehr als gewöhnliche Anforderungen stellten. Daneben ließ ihr
Kriegseifer sie auch noch als Truppenführer in den Gefechten aktive
Dienste thun. Die einzige Unterstützung für die Ärzte bildeten vier
Lazarettgehülfen -- bei einer Truppe von mehr als 1000 Mann, zu denen
die Familien der Sudanesen hinzukamen, eine verschwindende Anzahl! Eine
Entlastung trat erst dann ein, als durch die Thätigkeit des deutschen
Frauen-Vereins einige in der Krankenpflege ausgebildete Schwestern
gesandt wurden, die im Haupthospital in Sansibar, sowie in dem bereits
im Mai in Bagamoyo bei der dringenden Not errichteten Hospital
Verwendung fanden. Leider hatte die Schutztruppe schon bald den Tod
ihres ersten Chefsarztes, des +Dr.+ Schmelzkopf zu beklagen.

Als dieser mit Wißmann von den Operationen bei Pangani und Tanga
zurückkehrte und auf dem Wege nach Daressalam war, welches er behufs
sanitärer Einrichtungen inspizieren wollte, ertrank er im Meere bei dem
Versuche Hilfe zu leisten. Der Hergang war etwa folgender:

Die »München«, welche eines Tages früh mit Wißmann und Schmelzkopf
an Bord Sansibar verlassen hatte, konnte im Laufe des Tages wegen
des hohen Seegangs den Hafen von Daressalam nicht mehr erreichen
und war genötigt bei einer kleinen, der Rhede dieses Platzes
vorgelagerten Insel Anker zu werfen. Wißmann ging mit einem Beamten
der Ostafrikanischen Gesellschaft, Heinz, der nach Daressalam versetzt
worden war, ans Land; doch nur mit Mühe gelang es ihnen, in dem kleinen
schadhaften Boote bei dem schweren Seegange glücklich die Insel zu
erreichen. Dadurch war jedoch, wie man von Bord aus erkennen konnte,
das Boot so leck geworden, daß Wißmann an der Rückkehr verhindert
war. Als diese auch bis zum nächsten Morgen nicht erfolgte und die
an Bord gebliebenen Herren Besorgnisse zu hegen anfingen, machte
Schmelzkopf, der ein vorzüglicher Schwimmer war, den Versuch, mit
einigen Stärkungsmitteln in Flaschen und einem Päckchen kleiner Nägel
zum Kalfatern des Bootes um den Hals, schwimmend ans Land zu kommen,
um Wißmann Hilfe zu bringen. Er wurde noch einige Zeit vom Schiffe
aus beobachtet, kam dann aber plötzlich außer Sicht. Wißmann und
Heinz hatten inzwischen mit ihren eigenen Kleidungsstücken und den
Lappen der Neger, so gut es eben gehen wollte, das Boot kalfatert und
kamen mit Mühe und Not glücklich an Bord zurück. Schon vom Lande aus
hatten sie die »München« hin- und herfahren sehen und geahnt, daß
etwas vorgefallen sei. An Bord angekommen, erfuhren sie von dem Wagnis
Schmelzkopfs, der zweifellos seiner kameradschaftlichen Opferwilligkeit
zum Opfer gefallen war. Wahrscheinlich ist es, daß er entweder in
den Fluten von einem Herzschlag getroffen oder von einem Hai, die ja
in jenen Gewässern sehr zahlreich sind, in die Tiefe gezogen wurde.
Nach zwei Stunden vergeblichen Suchens fuhr die »München«, die Flagge
halb Mast, weiter nach Daressalam. Durch den Tod dieses allgemein
beliebten Mannes, der nicht nur als stets hilfsbereiter Arzt, sondern
auch gerade in seiner Eigenschaft als ältester Kamerad nächst Wißmann
einen segensreichen Einfluß in der Truppe ausgeübt hatte, wurden wir
alle in tiefe Trauer versetzt. Die bei den Fischern, welche mit ihren
kleinen Böten jene Gegend befuhren, eingezogenen Erkundigungen blieben
gänzlich resultatlos. Das ein Jahr später der Unglücksstelle gegenüber
+Dr.+ Schmelzkopf gesetzte Denkmal erzählt auch den Späteren, die
ihn nicht gekannt, von der Berufstreue und Opferwilligkeit des ersten
Chefarztes der Schutztruppe.

An seine Stelle trat +Dr.+ Kohlstock[2], der nun allein mit
gleicher Gewissenhaftigkeit die gesamte ärztliche Thätigkeit in seine
Hand nahm, bis er später durch die Sendung dreier Militärärzte die
nötige Unterstützung erhielt. Obwohl die Ärzte zu jener Zeit durch
ihren Beruf schon mehr als genug in Anspruch genommen waren, mußten
sie doch bei dem großen Mangel an Europäern, wie erwähnt, noch Dienste
als Offiziere verrichten. Schmelzkopf, Kohlstock, Stabsarzt +Dr.+
Becker, +Dr.+ Gärtner und +Dr.+ Brehme haben alle neben
ihrer Thätigkeit als Ärzte Truppen gedrillt, ja sogar teilweise
die Führung von Kompagnien übernommen und auch an den Gefechten in
anerkennenswerter Weise Anteil genommen. Heutigen Tages ist die Zahl
der Ärzte sowohl wie der Abgesandten des deutschen Frauenvereins stark
vermehrt worden. Wir können dem Frauenverein für seine Opferwilligkeit
nicht dankbar genug sein.

Im Voraus sei erwähnt, daß, um die Schwierigkeiten des Transportes zu
vermeiden, später zu den Hospitälern in Sansibar und Bagamoyo noch ein
drittes in Pangani gefügt werden mußte. Während nach der wegen schwerer
Malaria nothwendig gewordenen Heimreise des +Dr.+ Kohlstock der
Stabsarzt +Dr.+ Becker in Sansibar selbst als Chefarzt fungierte
und von hier aus die beiden andern Hospitäler oder sonstige auf den
Stationen befindliche Krankenhäuser besuchte, unterstand das Hospital
in Bagamoyo während des Feldzuges im Norden dem +Dr.+ Brehme und
das Hospital in Pangani dem +Dr.+ Gärtner.

Die Gestaltung der Truppe hatte während der ersten Monate des
Kommissariats eine durchgreifende Veränderung erfahren und bot sie
jetzt einen ganz andern militärischen Anblick als zuvor. Bei der
außerordentlichen Kürze der Zeit, welche dem Reichskommissar in Berlin
und Kairo zur Verfügung gestanden hatte, war es ganz unmöglich gewesen,
die Truppen in geeigneter Weise einzukleiden und einzuexerzieren. Bei
der Ankunft in Sansibar und während der ersten Gefechte um Bagamoyo
trugen die Truppen die fabelhaftesten, aus Kairo mitgebrachten Kostüme.
Es sah nichts weniger als kriegerisch aus, wenn der eine im Kaftan,
ein andrer im Araberhemd, wieder ein andrer mit Resten ehemaliger
europäischer Kleidung behängt Frontdienste that. Aber die Not zwang zu
schnellem Vorgehen und ließ uns alle anderen Rücksichten außer Acht
setzen. Es ist ja auch das außerordentlich schnelle Eingreifen einer
erheblichen deutschen Macht sowohl auf Eingeborene wie auf Araber und
Inder von durchschlagender Wirkung gewesen.

Bereits früher ist kurz auf die erste Ausbildung der Sudanesen in
Kairo und Aden hingewiesen worden. Während in der ersten Zeit die
egyptischen Kommandos gebraucht und infolgedessen die direkten Befehle
durch die farbigen Offiziere den Truppen übermittelt wurden, stellte
sich bald die Notwendigkeit heraus, das deutsche Kommando allgemein
durchzuführen, weil ja selbstverständlich dadurch die Wirkung des
Führers auf die Truppe ungleich gesteigert und dieselbe eher zu einem
direkten Werkzeug des Führers gemacht wurde. Während ferner anfänglich
lediglich Gewicht auf den Gefechtsdienst gelegt ward und eigentlich den
ersten Truppen weiter nichts beigebracht worden war, als das Draufgehen
im Sturmschritt, trat jetzt, als etwas größere Ruhe sich einstellte,
eine wesentliche Ausdehnung des Dienstes ein. Es wurden die Truppen
erst zu solchen gemacht. Als Uniform war für die Sudanesen im großen
und ganzen die egyptische beibehalten worden: ein Anzug aus sogenanntem
Kaki, einer sandfarbenen Leinewand, welche mit großer Haltbarkeit den
Vorteil vereinigte, daß sie nicht so leicht unansehnlich wurde. Der
Form nach bestand und besteht der Anzug auch heute noch in einer Art
Jaquet mit Achselklappen ohne besonderes Abzeichen auf denselben,
einer bis zur halben Wade reichenden Hose, welche später nach unserem
militärischen Schnitt umgeformt worden ist, einer Beinbinde aus
dunkelblauem dünnen Stoff, welche vom Fuß an aufwärts bis zum Knie in
eng übereinander liegenden Touren spiralförmig gewickelt wurde und
derben Lederschuhen. Die letzteren waren in Deutschland angefertigt
worden, doch zeigte sich leider bei der ganzen ersten Sendung, daß die
deutschen Schuhmacher keineswegs mit Negerfüßen zu rechnen verstanden.
Die Schuhe waren alle viel zu klein und in der Form des Schnittes
durchaus ungeeignet. Erst später konnte hier Abhilfe geschaffen werden.
Zur Kopfbedeckung wurde ursprünglich der leichten Beschaffung wegen der
Fez gewählt, doch wurde derselbe später durch den ungleich kleidsameren
und praktischeren Turban ersetzt.

Die Bewaffnung bildete bei den schwarzen Truppen durchgängig das
Mausergewehr Konstruktion 71, ein Infanterie-Seitengewehr[3] und zwei
vordere und eine hintere Patronentasche. Außerdem führte jeder Soldat
als Gepäck einen Tornister aus braunem Segeltuch, ebenso Brotbeutel und
eine dünne Decke, welche, mantelähnlich znsammengerollt, auf der Brust
getragen wurde.

Die Schutztruppe, welche ursprünglich in Kompagnien eingeteilt
war, verteilte sich teils auf die einzelnen Stationen als ständige
Besatzung, teils bildete sie ein je nach Bedürfnis und Stärke
wechselndes, zuweilen aus den Besatzungen heraus ergänztes
Expeditionskorps, so daß von eigentlichen Kompagnieverbänden nicht
recht die Rede sein konnte. Besondere Schwierigkeiten bei der
Rangierung der einzelnen Glieder unter die Vorgesetzten machten und
machen auch heut noch die schwarzen Chargen. Es giebt deren bei den
Sudanesenkompagnien mehr als zehn. Sie lassen sich schwer rücksichtlich
ihres eigentlichen Dienstbereichs klassifizieren. Der Verfasser
hat später eine feste Einteilung der schwarzen Chargen in den ihm
unterstehenden Kompagnien vorgenommen. Doch blieb dieser Versuch
durch den fortwährenden, durch die Notwendigkeit bedingten Wechsel
der Offiziere resultatlos: die Schwarzen rückten immer wieder in ihre
zum Teil nur eingebildeten Rechte ein. Im großen und ganzen kann man
bei den Sudanesentruppen folgende Chargen unterscheiden: Die unterste
Charge bilden die Ombaschi, Gefreite, welche nach egyptischem Brauch
als Schließende hinter der Front aufgestellt sind, bei uns jedoch
wegen ihrer großen Anzahl in Reih und Glied mit eintreten mußten.
Beim Arbeitsdienst indes dienten sie als Aufseher, beim Wachtdienst,
in welchem wir es für praktisch befunden haben, die egyptischen
Formen in den meisten Punkten beizubehalten, wurde der Ombaschi nur
als aufführender Gefreiter verwandt. Die nächsten Chargen bilden die
Schausche, Unteroffiziere, die im innern Dienst Korporalschaftsführer
sind. Es folgen dann die Betschausche, Sergeanten, von denen der Regel
nach jedem Zuge je einer zugeteilt ist. Den Dienst als Zugführer -- die
Kompagnie soll in der Regel in 3 Züge eingeteilt werden -- versehen
im inneren Dienst die farbigen Offiziere resp. Sols, welche letzteren
nur im Feldwebelrang stehen. Der Grund, daß dieselben Funktionen
von verschiedenen Chargen ausgeführt wurden, lag darin, daß nach
egyptischem Brauch entweder nur durch ihre Erziehung wissenschaftlich
vorgebildete Leute, welche die egyptischen militärischen Institute
besucht hatten, zu Offizieren befördert wurden, oder auch solche,
welche durch eine langjährige Dienstzeit oder durch besondere
Auszeichnung sich ein Anrecht auf die Beförderung zum Offizier
erworben hatten.

Von uns wurde dahin gestrebt, die Zahl der farbigen Offiziere auf einen
zu reduzieren, da der Exerzierdienst, wenn nicht die Leistungsfähigkeit
der Kompagnie darunter leiden soll, entschieden durch Europäer versehen
werden muß. Dieser eine war besonders als Vertrauens- und Mittelsperson
zwischen dem Kompagnieführer und den farbigen Soldaten von Wichtigkeit.

Die Chargen-Abzeichen bestanden bei den Unteroffizieren in nach oben
geöffneten Tuchwinkeln auf dem linken Oberarm, von denen der Ombaschi
einen, der Schausch zwei, der Betschausch drei und der Sol vier trug.

Schließlich ist auch noch das Amt des Bullogamin (Kompagnieschreiber)
zu erwähnen, obgleich wir absichtlich diese Stellung, so weit es
möglich war, eingehen ließen. Die Inhaber derselben waren meist so
faul, daß sie öfters nach Egypten zurückgeschickt werden mußten.
Die schriftlichen Geschäfte der Kompagnie wurden natürlich von den
deutschen Offizieren resp. Unteroffizieren übernommen. Der Bullogamin
gehörte im übrigen zur Charge der Betschausche. Die hohe egyptische
Charge des Wekil-Ombaschi, des stellvertretenden Gefreiten, ist, da
sie von uns abgeschafft wurde, bei dieser Chargenaufzählung nicht
berücksichtigt.

An farbigen Offizieren hatten wir in der Schutztruppe Hauptleute,
Premierlieutenants und Sekondelieutenants. Von diesen wurden die
für den Zweck brauchbarsten Lieutenants vorläufig im Frontdienst
beibehalten; aus den übrigen machte man Polizeichefs, eine Stellung, in
welcher sie sich im Allgemeinen recht gut bewährt haben.

An weißen Chargen gab es in der Schutztruppe Offiziere vom Hauptmann
bis zum Sekondelieutenant, welche jedoch, da sie aus der Armee
ausgetreten und in Wißmanns Privatdienst übergetreten waren, hier nicht
nach ihrer in der Armee erworbenen Charge rangierten, sondern nach
einer eigenen Anciennität in der Schutztruppe.

Es setzte sich das Offizierkorps zusammen aus dem Kommandanten Major
v. Wißmann, den Chefs und den Lieutenants. Die Uniform der Offiziere
bestand in der ersten Zeit aus weißen Baumwollanzügen, Jaquet und
Hose, mit Metallknöpfen und Achselstücken und einem Tropenhelm. Als
Rangabzeichen dienten außer den betreffenden Achselstücken um die Ärmel
genähte Goldborten, von denen die oberste eine runde Schleife zeigte;
beim Kommandanten waren es deren vier, bei den Chefs drei, bei den
übrigen Offizieren zwei. Für Paradezwecke oder sonstige feierliche
Gelegenheiten war ursprünglich eine Uniform von dunkelblauer Serge
hergestellt worden, von demselben Schnitt wie die weiße und mit
denselben Abzeichen. Diese blaue Uniform bewährte sich aber gar nicht
und ist nur in sehr seltenen Fällen angelegt worden. Als Seitengewehr
diente der frühere Infanterie-Campagne-Säbel mit Kavallerie-Portepee,
als Schärpe die Marineschärpe mit der Kaiserkrone.

Die Uniform der Unteroffiziere war im Schnitt dieselbe wie die der
Offiziere. Sie bestand aus grauem, festem Baumwollstoff; das Abzeichen
bildete eine gelbe Wollenborte mit Schleife an den Ärmeln. An Waffen
trugen sie Repetiergewehr, Infanterie-Seitengewehr und Revolver.
Als Fußbekleidung kamen sehr bald die für die Küste außerordentlich
praktischen und auch haltbaren Schuhe aus Segeltuch auf, welche leicht
sauber gehalten werden können, im Inneren natürlich Lederschuhe bezw.
Stiefel.

Sobald die Verhältnisse es erlaubten, wurde zu einer systematischen
Ausbildung der Truppe geschritten, und zwar in der Weise, daß dabei
lediglich auf die praktischen Zwecke Gewicht gelegt wurde. Der gesamte
Exerzierdienst zielte darauf ab, die Truppe zu einem geschlossenen
Ganzen zu machen und in die Hand des Führers zu bringen. Infolgedessen
fiel natürlich das eigentliche Garnisonsexerzieren mit seiner Krone,
dem Parademarsch, so gut wie gänzlich weg, und an seine Stelle trat die
desto eifrigere Übung des eigentlichen Gefechtsexerzierens.

Die Ausbildung der einzelnen Züge geschah unter den weißen
Unteroffizieren, die Zusammenfassung der Züge in Kompagnieverbände
unter den Offizieren, die der einzelnen Kompagnien endlich unter dem
Hauptführer. Der Lage der Sache nach fiel die letztere Stellung je nach
Bedarf entweder dem Stationschef oder dem Führer des Expeditionskorps
zu. Die allergrößten Verdienste erwarb sich bei der Aufgabe, die
Truppen einzuexerzieren und zu einem schlagfertigen Ganzen zu
gestalten, nicht bloß bei dem ersten Kontingent, sondern auch bei dem
später zu erwähnenden Nachschub Chef v. Zelewski. Mit unermüdlicher
Ausdauer und ungemein großer Hingebung an die Sache verband er das
größte Wohlwollen für alle seine Untergebenen. Er kannte die meisten
Soldaten der Schutztruppe persönlich und war überall gleich beliebt.

Wenn nun aber der eigentliche Exerzierdienst und die Ausbildung der
Leute zur Gefechtsschlagfertigkeit verhältnismäßig wenig Mühe machte,
wenigstens nach Überwindung der ersten sprachlichen Schwierigkeiten,
besonders nach Einführung des deutschen Kommandos, welches von den
Sudanesen in überraschend kurzer Zeit begriffen und von den schwarzen
Chargen sofort richtig angewendet wurde, -- kamen doch die Sudanesen
aus der egyptischen Armee und brauchten sich nur einem neuen Modus
anzupassen --, so waren dafür die Schwierigkeiten bei den Schießübungen
desto größer. Trotz der ausgedehnten Bemühungen seitens der Offiziere
und Unteroffiziere sind wirklich gute Schießresultate nicht erzielt
worden. Im Gefecht selbst schossen die Sudanesen, besonders in der
ersten Zeit, blind darauf los, und es war ganz unmöglich, sie hier
in den nötigen Schranken zu halten. So kam man bald dahin, ihnen das
Einzelschießen im Gefecht vollständig zu untersagen: es durften nur
noch Salven auf Kommando abgegeben werden. Der so erzielte Erfolg war
durchaus genügend, und vor allen Dingen lernten sie auf diese Weise
größere Besonnenheit und Kaltblütigkeit beim Gebrauch der Schußwaffe.

Noch größer als bei den Sudanesen waren die anfänglichen
Schwierigkeiten bei den Zulus. Regulärer Kriegsdienst war ihnen
gänzlich fremd. Die Bekleidung mit einer Uniform schien ihnen zum
mindesten gänzlich überflüssig; die meisten hatten nicht einmal vom
Gebrauch der einzelnen Kleidungsstücke einen Begriff und mußten erst
dazu erzogen werden. Schuhwerk zeigte sich bei ihnen als gänzlich
unangebracht. Ihre Uniform unterschied sich ursprünglich wesentlich
von der der Sudanesen, später jedoch wurde dieselbe Uniform bei der
gesamten Schutztruppe eingeführt.

Von Natur intelligent, begriffen die Zulus jedoch sehr bald den
Wert der Disziplin, besonders nachdem ihnen in einigen Fällen die
Notwendigkeit derselben handgreiflich vor Augen geführt worden war.
Daß es nicht immer ganz glatt dabei abging, mag besonders ein Fall
beleuchten, wo ein Zulu sich thätlich an seinem weißen Vorgesetzten
vergriff. Nach Kriegsrecht wäre der Mann ja zweifellos mit dem Tode zu
bestrafen gewesen. Der betreffende Stationschef jedoch ließ, und zwar
besonders um den Geist der Leute zu prüfen, durch seine Kameraden über
ihn aburteilen -- und siehe da: -- ihr Urteil lautete fast einstimmig
auf Tod. Der Mann wurde jedoch zu Stockschlägen begnadigt. Da baten
seine Kameraden durch eine Deputation um die Erlaubnis, das Urteil
selbst vollstrecken, besonders aber auch die Zahl der Schläge bemessen
zu dürfen. Mit Rücksicht auf den zu erhaltenden Geist in der Kompagnie
wurde ihnen dieser Wunsch zugestanden. Der Delinquent erhielt nicht
weniger als 150 Schläge mit dem Kiboko, der Flußpferdpeitsche und wurde
dann, obwohl der Arzt keine erhebliche Beschleunigung des Pulses, noch
auch sonstige bedenkliche Symptome zu erkennen vermochte, begnadigt,
wie es schien -- zur Unzufriedenheit seiner Genossen. 8 Tage darauf
that er schon wieder Dienst und hat seitdem nie mehr zu irgend welchen
Klagen Anlaß gegeben.

Der schwierigste Teil in der Ausbildung der Zulus war in weit höherem
Maße noch als bei den Sudanesen das Schießen. Die Leute kannten zum
bei weitem größten Teil gar keine Hinterlader; viele hatten nie ein
Gewehr in der Hand gehabt und setzten infolgedessen ein recht geringes
Vertrauen in die Waffe. Um so größer war ihr Vertrauen zur Führung, und
zwar schon in den ersten Gefechten.

Mit Bravour stürzten sich die Zulus auf den Feind und ließen ihrer
natürlichen, ungebändigten Wildheit die Zügel schießen, so daß
es anfänglich nur sehr schwer gelang, sie vom Kopfabschneiden
der Gefallenen und Verwundeten, und von sonstigen bestialischen
Verstümmelungen der Feinde, wie sie bei ihnen üblich sind,
zurückzuhalten. Wir werden an manchen Stellen Beispiele hiervon finden.

Ein in der ersten Zeit der Ausbildung gemachter Versuch, die einzelnen
Kompagnien aus Sudanesen und Zulus zu mischen, mißlang vollständig. Der
Nationalcharakter beider Völker ist durchaus von einander verschieden
und die Denk- und Anschauungsweise beider weicht so weit von einander
ab, daß ein Zusammenwirken oder auch nur ein kameradschaftliches
Zusammenleben sich als unmöglich erwies. Fortwährende Prügeleien
machten dem Versuche bald ein Ende.

Wir haben noch einen Blick auf das Verhältnis zu werfen, welches
zwischen den einzelnen deutschen Behörden in Ostafrika bestand.
Diese Behörden waren der Reichskommissar, der Geschwaderchef (zuerst
Admiral Deinhard, später Kapitän Valette), der Generalkonsul und die
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft. Nur zu häufig begegnet man der
Anschauung, als ob durch die Übertragung des Reichskommissariats an
Wißmann nunmehr alle diese Behörden in einer Hand vereinigt gewesen
seien und als ob der Reichskommissar jedenfalls die oberste Behörde
gewesen sei. Das ist aber durchaus niemals der Fall gewesen. Wenn der
Reichskommissar die Mitwirkung der Marine in irgend einer Beziehung,
sei es zur Landung von Truppen oder zur Beschießung eines Platzes
oder auch nur zur Beobachtung eines solchen wünschte, wenn er die
Marinekutter oder Dampfpinassen für den Dienst des Reichskommissariats
benötigte, so war er keineswegs in der Lage, einfach seine Requisition
zu machen, sondern er hatte in jedem Falle den Admiral um seine
Mitwirkung zu bitten; und wenn dieselbe auch in den meisten Fällen
anstandslos und sofort geschah, so blieb der Geschwaderchef doch
immer eine vom Reichskommissar gänzlich unabhängige, in seinen
Entschließungen durchaus freie Behörde. Dasselbe war in politischer
Beziehung mit dem Generalkonsul +Dr+. Michahelles der Fall.
Wenn irgend welche Anträge an den Sultan als Souverän der Küste
und Sansibars zu stellen waren, wenn die Mitwirkung des Sultans in
irgend einer Sache erwünscht oder nötig schien, wenn endlich bei der
durchaus zweifelhaften Rolle, welche der Sultan in dem ganzen Aufstande
spielte, -- man wußte nie recht, ob die Araber der Küste nicht mit
seinem Gelde und jedenfalls mit seiner Autorisation fochten, -- es
angebracht erschien, ihm seine Stellung zu den Deutschen gebührend vor
Augen zu führen, so mußten solche politischen Verhandlungen regelmäßig
unter Mitwirkung, zum Teil sogar unter Genehmigung des Generalkonsuls
vorgenommen werden. Das Verhältnis ist nicht immer ein günstiges
gewesen. Wenn man dem Generalkonsul auch keinen Vorwurf aus seiner
Vorsicht machen kann, die ihm durch die Rücksicht auf die andern in
Sansibar beteiligten Mächte geboten erschien, so sind doch zum Teil
erhebliche Mißhelligkeiten nicht ausgeblieben. Jedenfalls wurde die
Thätigkeit des Reichskommissars dadurch erschwert, daß zwei vollkommen
selbständige Behörden neben ihm bestanden, deren einzelne Funktionen
in die Aufgabe Wißmanns hineingriffen. Der Generalkonsul blieb immer
die oberste politische Behörde in Sansibar. Audienzen beim Sultan, der
Schriftverkehr des Kommissariats mit dem Sultanspalast mußten sich
durch das Generalkonsulat hindurchbewegen.

Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft, welche oben unter den
selbständigen Behörden mitgenannt war, ist die einzige gewesen, welche
vom Reichskommissar von vornherein abhängig war. Die ganze Küste stand
ja unter dem direkten und unmittelbaren Befehl Wißmanns, und hier
hatte sich die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft aller ihrer Rechte
begeben, sogar ihre Stationen dem Reichskommissariat untergeordnet
und durch besonderen Vertrag mit Wißmann einen Teil ihrer Beamten zur
Verfügung gestellt. In Sansibar selbst mußte sie natürlich auf Grund
des eben erst abgeschlossenen Küstenvertrages ihre Autorität behalten.

Hier wirkte als Generalvertreter nach Herrn Vohsen Herr von
Saint-Paul-Illaire mit einem Beamtenstabe, welcher lediglich
zur Erhebung der Ausfuhrzölle vom Festland Verwendung fand. Das
Verhältnis der Vertreter der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft zum
Reichskommissariat ist im großen und ganzen ein gutes gewesen. Die
Wünsche der Gesellschaft, der es ja natürlich darauf ankam, so schnell
als möglich wieder Fuß zu fassen, wurden vom Kommandanten und den
Offizieren in jeder Weise berücksichtigt.

Zum Kapitel von der Ausbildung des Kommissariats gehört schließlich
noch der regelmäßige Dampferverkehr, welcher von Sansibar aus durch die
Flotte des Kommissariats mit der Küste unterhalten wurde. Die Aufgaben,
welche dabei der Flottille zufielen, waren einmal die Versorgung der
Stationen mit europäischen Bedürfnissen, dann der Depeschenverkehr
und endlich die Besorgung der Post, welche zum erstenmal durch das
Reichskommissariat auf dem Dampferwege an der Küste eingeführt wurde.

Diese Post besorgte die Briefe für die Truppe, später auch für die
Beamten der Gesellschaft; ja, auch die Araber- und Inderpost wurde
durch das Reichskommissariat erledigt. Im Hauptquartier in Sansibar
befand sich die Annahme. Dort wurden die Postbeutel für die einzelnen
Stationen fertig gestellt und versiegelt durch die Dampfer des
Kommissariats befördert, sehr zur Freude besonders des kaufmännischen
Teils der Küstenbevölkerung, die zum erstenmal eine regelmäßige
Briefbeförderung erlebte.

Fußnoten:

[2] In Ostafrika und tropischen Malariagegenden sich Aufhaltenden,
besonders neu dahin herausgehenden sei empfohlen: Ȁrztlicher Ratgeber
für Ostafrika und tropische Malariagegenden« von Stabsarzt +Dr.+
~Kohlstock~.

[3] Später wurden die Truppen durchgehends mit dem neuesten
Seitengewehr ausgerüstet.




                              6. Kapitel.

                   Wißmanns Expedition nach Mpapua.

  Buschiris Rückzug nach dem Innern. -- Sein Angriff auf die Station
  Mpapua der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft. -- Die Station wird
  von den Beamten aufgegeben. -- Zusammensetzung des Expeditionskorps
  Wißmanns. -- Mitnahme einer Waniamuesi-Karawane. -- Teilung der
  Expedition. -- Marsch des Verfassers auf der großen Karawanenstraße.
  -- Kämpfe Wißmanns gegen die vereinigten Bagamoyo-Jumbes bei Pangiri.
  -- Wiedervereinigung der beiden Korps in Msua. -- Verhalten der
  Bevölkerung gegenüber der Expedition. -- Wißmanns Verhandlungen mit
  der Bevölkerung. -- Der Häuptling Kingo von Morogro. -- Marschtempo
  und Lageranlage. -- Gefecht des Verfassers gegen die Bagamoyo-Jumbes
  bei Somwi und Zersprengung der Rebellen. -- Friedlicher Marsch bis
  Mpapua. -- Wahehe und Massai. -- Ankunft in Mpapua. -- Stationsbau
  daselbst. -- Verhandlungen mit dem Häuptling Kipangiro. -- Wißmanns
  Abmarsch zur Küste.


Wenden wir uns nun wieder zu Buschiri. Dieser hatte sich nach seinen
Niederlagen bei Bagamoyo in der ersten Hälfte des Mai ins Innere
begeben, um den einzigen Platz, welchen die Deutsch-Ostafrikanische
Gesellschaft noch dort besaß, Mpapua, in seine Gewalt zu bringen.

Jene Gegend war bis dahin so ziemlich vom Aufstande verschont geblieben
und nur die Kunde davon von der Küste zu den Beamten der Gesellschaft
gedrungen. Von Seiten der Gesellschaftsvertretung war dem Stationschef
von Mpapua, Lieutenant Giese und dem dortigen Beamten Nielsen der
Rat erteilt worden, den Versuch zu machen, auf dem Wege durch das
Massai-Land nach der Küste zu dringen.

Die Herren arbeiteten indes weiter an dem Ausbau der Station,
allerdings in recht unpraktischer Weise, wie sich später zeigte, und
glaubten sich in jener, wie gesagt, bis dahin ruhigen Gegend halten zu
können, bis von der Küste Hilfe käme; um so mehr, als sie eine ganze
Anzahl Suaheli-Askaris angeworben und ausgebildet hatten.

Als nun Nachrichten über einen Anschlag Buschiris nach Mpapua
gelangten, versäumten sowohl Giese, teils weil er diesen Gerüchten
nicht recht glaubte, teils auch, weil er am Fieber und Dyssenterie
schwer darniederlag, wie auch Nielsen, die nötigen Vorsichtsmaßregeln
zu treffen. So gelang es denn einem Teil der Leute Buschiris bei Nacht
sich in die Station einzuschleichen. Nielsen wurde ermordet, Giese,
der im Schlafe von den Aufständischen überrascht wurde, griff zwar zum
Gewehr, als dieses jedoch versagte, sprang er zum Fenster hinaus und
kam im Nachtgewande, alles verloren glaubend, zu einem ihm ergebenen
Häuptlinge. Die Station war aber gar nicht verloren, auch waren die
Suaheli-Askari nicht entflohen, sondern hatten so tapferen Widerstand
geleistet, daß die Rebellen wieder von Mpapua abzogen.

Die Leute Gieses verblieben noch einige Zeit daselbst, zerstreuten sich
aber, als ihr Führer nicht zu ihnen zurückkehrte. Einige von ihnen
fanden sich zu Giese, der bald von seiner Krankheit soweit hergestellt
war, daß er in Begleitung zweier Soldaten auf dem von seinen Askaris
Buschiri abgenommenen Esel in Nachtmärschen nach der Küste reisen
konnte. Buschiri kehrte, als der Ort schon von Soldaten ganz verlassen
war, noch einmal dahin zurück und zerstörte und plünderte die Station,
wie auch die Gebäude und die Kirche der englischen Mission zu Mpapua;
die 2-1/2 Stunden entfernte englische Missionsstation Kisogue blieb
verschont.

Das auf der Station befindliche 4,7 +cm+ Geschütz hatte der
Wagogo-Häuptling Kipangiro vor dem Rebellenführer gerettet und mit
der dazu gehörigen Munition in seine Tembe (befestigte Niederlassung)
geschafft, um es später den Deutschen auszuliefern.

So stellt sich die Sache dar nach den übereinstimmenden Aussagen der
Soldaten der Besatzung und der englischen Missionare von Kisogue.
Der Bericht Gieses widerspricht dem in einigen Punkten, indes ist es
wahrscheinlich, daß der durch seine Krankheit schwer Mitgenommene den
Vorgang nicht so klar überschaut hat, wie er es bei vollkommener
Gesundheit gethan hätte. Zweierlei steht jedenfalls unleugbar fest, daß
Vorsichtsmaßregeln so gut wie gar nicht getroffen waren, und daß die
Besatzung, obwohl ihr Führer alles verloren glaubte, noch einige Tage
nach dem Abzug Buschiris sich in Mpapua gehalten hat.

Die über die Vorfälle in Mpapua an die Küste gedrungenen Gerüchte,
welche durch den persönlichen Bericht des Lieutenants Giese teils
bestätigt, teils erweitert wurden, sowie die Nachricht, daß Buschiri
unter den Wahehe und Mafiti Anwerbungen mache, um gegen uns zu ziehen,
veranlaßten den Reichskommissar nunmehr eine Expedition nach dem Innern
vorzubereiten. Lag doch die Gefahr vor, daß Buschiri jetzt, wo die
deutschen Interessen im Innern nicht mehr genügend geschützt werden
konnten, gegen die Stationen der englischen und französischen Mission
vorgehen und die große Karawanenstraße weiterhin beunruhigen werde.

Hatte Buschiri doch schon den wenn auch vergeblichen Versuch
gemacht, eine vor kurzem in Bagamoyo unter der Führung des bekannten
Karawanenführers Tscherekesa angelangte Karawane, welche eine große
Rindviehherde, Kleinvieh und Elfenbein mit sich führte, auf ihrem
Marsche ihrer Habe zu berauben.

Für Wißmanns Absicht traf es sich günstig, daß Lieutenant Ramsay, der
zur abermaligen Anwerbung von Zulus abgeschickt war, gerade mit 300
Neuangeworbenen in Bagamoyo angekommen war, die nun eifrig einexerziert
wurden und zur Teilnahme an der Expedition herangezogen werden konnten.

Dem Reichskommissar war es klar, daß, wenn sich die Nachricht von den
Anwerbungen Buschiris bei den Wahehes und Mafitis bewahrheitete, nach
seinem Abrücken mit einer größeren Truppenmacht ein Erscheinen der
Rebellen an der Küste mit den alten Anhängern und den neuen Kräften
mindestens wahrscheinlich sei. Nichtsdestoweniger schien es Wißmann von
der größten Wichtigkeit, die Expedition selbst ins Innere zu führen, um
sich persönlich über die Absichten und die Stimmung der Eingeborenen
und ihr Verhalten zu den Deutschen und Buschiri zu unterrichten. Die
bisher nur in sehr unsicherer Form zu ihm gedrungenen Gerüchte ließen
es nötig erscheinen, daß der Kommissar auf Grund eigener Wahrnehmungen
seine Maßnahmen träfe. Er trug jedoch Bedacht, daß sein Stellvertreter
an der Küste, Freiherr von Gravenreuth, nicht nur eine zur Sicherung
der Stationen erforderliche Truppenzahl zur Verfügung behielt, sondern
auch gegebenen Falls ein Expeditionskorps bis zur Stärke von 200 Mann
formieren konnte, ohne daß deshalb die Stationen entblößt werden
mußten. Hierzu kam noch, daß an der Küste selbst ja im äußersten Falle
die Kriegsschiffe helfend eingreifen konnten.

Das Korps, welches der Reichskommissar mit sich nahm, bestand aus 3
Kompagnien, (1 Sudanesen- und 2 Zulukompagnien), einer Askaritruppe und
der Artillerieabteilung (1 Maxim-Gun und ein 4,7 +cm+ Geschütz);
im ganzen waren es 25 Europäer und 550 Mann.

Die Führung des ganzen Expeditionskorps hatte Chef von Zelewski,
der Sudanesen Lieutenant End, der Zulus Lieutenant Ramsay und von
Medem, der Artillerie Lieutenant Böhlau, der Askaris Deckoffizier
Illich. Ferner nahmen Teil +Dr+. Bumiller als Adjutant des
Reichskommissars, und als Gast Wißmanns Herr Otto Ehlers, bekannt
durch seine Reise nach dem Kilimandscharo und als Führer der vom
Dschaggahäuptling Mandara an Se. Majestät den deutschen Kaiser
geschickten Gesandtschaft.

Verfasser selbst hatte in der ersten Zeit die Waniamuesi-Karawane mit
einem Teile der Soldaten zu führen. Es erschien wohl möglich, daß diese
Karawane unterwegs von Buschiri angegriffen würde. Die Söhne Uniamuesis
waren wegen der uns geleisteten Dienste den Rebellen verhaßt und sie
führten große Reichtümer mit sich.

Die Fürsorge für die Träger und die Lasten, wie das ganze
Verpflegungswesen war Lieutenant Blümcke übertragen. Die Trägerkolonne
bestand, da wir uns nur auf die Mitnahme des Proviants und der
notwendigsten Tauschartikel und Geschenke beschränkten, trotz der
großen Anzahl von Europäern und Truppen, aus nur 100 Mann, meist
Leute von der Küste nebst einer Anzahl Wassukuma aus der oben bereits
erwähnten Karawane, deren Zutrauen wir uns so schnell zu verschaffen
gewußt hatten, daß sich ein Teil von ihnen willig zu Trägern für uns
hergab.

Da vor dem Aufbruch der Expedition gemeldet wurde, daß etwas seitlich
von der Karawanenstraße bei Pangiri sich ein Rebellenlager befinde,
wohin sich die vereinigten Jumbes von Bagamoyo gezogen haben sollten,
beschloß Wißmann zunächst dorthin zu marschieren und die Aufständischen
zu vertreiben. Wie erwähnt, gab er dem Verfasser den Auftrag am Tage
nach seinem Abmarsch mit der ganzen Waniamuesi-Karawane und den Trägern
auf der großen Karawanenstraße vorzugehen, bis er wieder zum Gros
stieße, was spätestens in Gerengere der Fall sein würde.

In Gemäßheit dieses Befehls setzten wir am ersten Marschtage in Böten
über den Kingani, woselbst Lieutenant Sulzer einen befestigten Posten
kommandierte. Daß die Karawane nur außerordentlich langsam vorwärts
kam, ist bei der großen Masse von Weibern und Kindern und besonders bei
den ungewöhnlich großen Lasten, die jeder einzelne zu schleppen hatte,
leicht begreiflich. Hatten doch die Waniamuesi durch ihre Teilnahme
am Kampfe gegen die Rebellen und an den Befestigungsarbeiten in den
Küstenplätzen Gelegenheit gehabt, mehr als gewöhnlich zu verdienen,
und so natürlich auch mehr eingekauft als sonst. Von einer Ordnung
war überhaupt keine Rede, und es wäre verlorene Mühe gewesen, hieran
irgendwie etwas ändern zu wollen, wenn wir nur unsern Zweck, die
Karawane vor feindlichen Überfällen zu schützen, erreichten.

Aus Furcht vor einem Angriff Buschiris hielten sich die Waniamuesi in
den ersten Marschtagen, als wir uns noch nicht mit der Expedition des
Reichskommissars vereinigt hatten, stets möglichst dicht hinter dem
deutschen Teil der Expedition, welcher die Begleitmannschaft und unsere
Träger umfaßte. In Mtoni am Kingani verabschiedete sich Verfasser vom
Lieutenant Sulzer. Nachdem wir die links vom Flusse sich hinziehende
durch ihren Reichtum an Giraffen und Antilopen zur Jagd verlockende
Ebene passiert hatten, langten wir in Mbuyuni, dem dortigen Hauptplatze
der Wadoës an. Da diese sich am Aufstande beteiligt hatten, ihnen
sogar nachgesagt wurde, daß sie drei von der Marine während des
Kampfes desertierte Matrosen gefangen genommen und aufgezehrt hätten,
-- was dahin zu berichtigen ist, daß sie allerdings, ihrer alten
kannibalischen Sitte folgend, den Leichnam eines jener drei von andern
Aufständischen ermordeten und in den Fluß geworfenen Fahnenflüchtigen
herausgefischt und verspeist hatten, -- so war es von vorn herein nicht
gewiß, wie sich die zu passierenden Wadoë-Dörfer zu unserer Expedition
stellen würden.

Bei Mbuyuni angekommen, ging ich zunächst mit einigen meiner Leute in
das von einer schwachen Boma umgebene Dorf, das ich ziemlich verlassen
fand. Ich schickte in das Haus des Muene, wie die Wadoë-Häuptlinge
genannt werden, und ließ ihn zu mir rufen. Er erschien auch sofort mit
einem kleinen Gefolge, hinter sich einen Diener, der ein Leopardenfell
und einen mit ebensolchem Fell überzogenen Sessel trug, -- beides
nebst einer kunstvoll geschnitzten Axt, welche der Muene immer mit
sich führt, die von ihm unzertrennlichen Zeichen seiner Würde. Als der
Diener den Sessel hingestellt und das Fell davor gebreitet, nahm der
Muene selbst darauf Platz und ließ den Verfasser vor sich stehen. Es
wurde ihm bedeutet, daß dies bei uns nicht Sitte sei, und er ließ auch
sofort eine Kitanda (Negerbettstelle) herbei bringen, auf welche wir
uns einträchtig neben einander setzten.

Aus der Unterredung gewann ich bald die Ueberzeugung, daß besagter
Häuptling ein gutmütiger Mann sei, und daß ihm wie seinen Leuten daran
lag, mit uns in Frieden zu leben. Wir erfuhren später, daß kurz vor
meinem Besuche die Wadoë bei einem Zauberer angefragt hatten, ob sie
den Krieg fortsetzen und auf Seiten Buschiris bleiben sollten oder
nicht, und von diesem den Rat erhalten hatten, vom Kampfe abzulassen
und sich offen auf unsere Seite zu stellen. So geschah es denn auch in
Mbuyuni, wie in den andern Wadoë-Dörfern, welche wir durchzogen. Der
Muene von Mbuyuni hat sogar einige Wochen später Anhänger Buschiris,
welche jene Gegend passierten, gefangen genommen und Herrn von
Gravenreuth nach Bagamoyo zugeschickt.

Ich machte zwei Rasttage, um die weit zerstreute Waniamuesi-Karawane
wieder vollzählig beisammen zu haben. Von den Eingeborenen kehrten die
meisten, auch die Weiber und Kinder bald wieder aus ihren Verstecken
zurück, als sie sahen, daß wir nichts Arges gegen sie im Schilde
führten, und nicht duldeten, daß ihr Hab und Gut irgendwie von unseren
Soldaten oder den Leuten der Karawane angetastet würde, ja daß sogar
die Diebstähle, welche die Waniamuesi nicht lassen konnten, streng
bestraft wurden. Es bestand bald das beste Einvernehmen, und ein
gemütlicher Verkehr zwischen uns und den Eingeborenen entfaltete sich.

Die Wadoë sind ursprünglich reguläre Kannibalen. Sogar noch im vorigen
Jahrzehnt waren die Fälle, daß Leute geschlachtet und verzehrt wurden,
gar nicht so selten und bei feierlichen Gelegenheiten, Thronwechsel und
dergl. fehlte der Leckerbissen des Menschenfleisches nicht, trotz der
großen Nähe der Küste und der Lage von Mbuyuni an der Karawanenstraße.

Bei der Karawane des Verfassers wurden eine Anzahl Brieftauben
mitgeführt, um festzustellen, auf welche Entfernung dieselben zur
Verbindung des Innern mit Bagamoyo verwandt werden könnten, wo sie
einige Monate lang gefüttert worden waren. In Mbuyuni wurden zum
großen Gaudium der Einwohner zwei Brieftauben mit der in den Kiel
eingeführten und an einer Schwanzfeder angenähten Depesche aufgelassen.
Sie stiegen zunächst hoch in die Luft empor, offenbar um Umschau zu
halten und das Meer ist ihnen wahrscheinlich der beste Wegweiser über
die einzuschlagende Richtung gewesen. Sie sind, wie auch alle andern,
die in den nächsten Tagen bei Msua abgeschickt wurden, richtig in
Bagamoyo eingetroffen. Verfasser war dafür, ein Paar Exemplare mit bis
Mpapua zu nehmen und zu versuchen, ob sie auch von dort aus unsere
Nachrichten bis an die Küste bringen würden. Es wäre dies später von
großem Interesse gewesen, wenn die Kunde von der Ankunft Stanleys und
Emin Paschas in Mpapua in kurzer Zeit hätte nach der Küste übermittelt
werden können, um von da aus per Draht nach Europa befördert zu werden.
Allein dies unterblieb, weil von Msua nur das absolut Notwendige weiter
mitgenommen werden sollte.

In den nächsten Tagen wurde Mbiki, ebenfalls ein Wadoë-Dorf, passiert,
und zwei Tage später Msua erreicht. Von dort aus hatte mir der
Kommandant schon die Nachricht seiner Ankunft gesandt. Nach dem
Zusammentreffen setzte nun die gesamte Expedition unter der Führung
des Reichskommissars ihren Weg fort, wobei es allerdings vorkam, daß
die Waniamuesi-Karawane, welche so schnell nicht folgen konnte und
mochte, mitunter ein auch mehrere Tage zurückblieb.

Bei diesem Marsche benutzten die Europäer, soweit es angängig war,
Reittiere, und zwar Esel oder Maultiere. Die Versuche, Ochsen als
Reittiere zu benutzen, wie dies in Westafrika geschieht, mißlangen. Die
Tiere waren nicht kräftig genug, um den Anstrengungen unserer Märsche
gewachsen zu sein, krepierten teilweise unterwegs, oder waren, wenn sie
noch bis zur Küste gelangten, derartig entkräftet, daß sie dem Fieber
erlagen, während die westafrikanischen Stiere meist aushalten; hat
doch Wißmann den größten Teil seiner Reisen in Westafrika auf einem
Reitochsen gemacht.

Beiläufig bemerkt, ist es eine in Ostafrika allgemein gemachte
Erfahrung, daß Menschen (Fremde und Eingeborene) wie auch Tiere nach
den Anstrengungen großer Expeditionen am Fieber erkranken, -- ferner
aber, daß bestehende Fieber durch Ortsveränderung verschwinden.

Bevor Wißmann nach Msua kam, hatte er in Pangiri die vereinigten
Jumbes von Bagamoyo geschlagen und große Vorräte an Proviant erbeutet,
von denen ein Teil der Expedition zu gute kam. Der Rest, der von den
Soldaten und Trägern nicht verzehrt oder mitgenommen werden konnte,
wurde wie das Rebellenlager selbst verbrannt.

Es sei gleich hier erwähnt, daß inzwischen Gravenreuth an der Küste
aus den Besatzungen von Bagamoyo und Daressalam eine Abteilung
zusammengezogen hatte, um mit ihr zur Züchtigung der Sklavenräuber in
Bueni und Kondutschi auszuziehen. Er hatte Bueni, einen Platz, an
dem immer viel Schmuggel getrieben worden war, besetzt und dort einen
Offizier als Stationschef zurückgelassen. Die Besetzung Buenis und der
Erfolg in Pangiri wirkten zusammen vorteilhaft für unser Ansehen an der
Küste.

Da im Innern die meisten Ortschaften, mehr oder minder dem Zwange
der Verhältnisse folgend, am Aufstande beteiligt waren, wurde die
Wißmannsche Expedition zunächst überall mit Furcht und Mißtrauen
empfangen; so in Msua, wo die Weiber und Kinder geflüchtet waren
und die Männer bewaffnet im Dorfe uns erwarteten. Sie wurden davon
verständigt, daß es dem Reichskommissar fern liege, an allen, welchen
eine Teilnahme am Aufstande zugeschrieben werden konnte, Rache zu
nehmen. So ist es ihm an der Karawanenstraße, wo es besonders darauf
ankam, möglichst schnell Sicherheit und Ordnung herzustellen, gelungen,
die Häuptlinge und Eingeborenen für sich zu gewinnen. Wie überall,
so meldete sich auch in Msua bald der Jumbe Simba mit seinen Leuten,
brachte Geschenke und erbat friedlichen Verkehr. Von Msua aus ließ
der Reichskommissar seine Ankunft in den an den nächsten Tagen zu
passierenden Ortschaften immer vorher ankündigen und den Eingeborenen
anheimgeben, ihm bereits auf dem Wege Gesandte entgegenzuschicken, und
eine friedliche Verständigung zu suchen. In allen Dörfern hielt Wißmann
dann Schauri ab (Gerichtsverhandlung), worin er erklärte, daß er es
nur mit Buschiri, dem Anstifter des Aufstandes zu thun habe, der auch
jetzt noch keinen Frieden wolle, sondern den Krieg gegen uns fortsetze.
Er werde daher auch fortfahren Buschiri zu bekämpfen und überall
hin zu verfolgen; ihn und seinen Anhang irgendwie zu unterstützen,
verbiete er den Eingeborenen, wenn sie ein Einschreiten seinerseits
und eine strenge Bestrafung an ihrem Hab und Gut vermeiden wollten.
Er versprach zugleich, gegen die Räuber und Sklavenfänger strengstens
vorzugehen und aufs angelegentlichste für die Herstellung von Ruhe und
Ordnung an der Straße Sorge zu tragen. Solche Reden Wißmanns verfehlten
nirgends ihren Eindruck. Alle Dörfer erbaten sich Schutzbriefe und
eine deutsche Flagge, die sie freilich in der ersten Zeit noch etwas
schüchtern aufzogen, da sie es doch noch immer für angezeigt hielten,
sich nicht ganz offen in den Augen des uns feindlichen Teils der
Araber, Belutschen und Mrima-Leute als Freunde der Deutschen zu
bekennen. Konnten sie doch immer noch annehmen, daß die Rebellenpartei
gelegentlich einmal die Oberhand gewinnen würde. Indes die zunehmenden
Erfolge Wißmanns und Gravenreuths und die späteren Siege über Buschiri
bewogen sie bald, ganz offen für uns Farbe zu bekennen.

Von Msua ging es weiter über Kisemo, Gerengere nach Simbamueno, einem
Dorfe in der Ebene, welche sich am Fuße der Ukamiberge südlich vom
Nguru-Gebirge hinzieht und östlich in die Makata-Ebene übergeht. Am
Abhange der Ukamiberge, etwa 1-1/2 Stunde von Simbamueno und eine
Stunde von der westlich dieses Dorfes gelegenen Ortschaft Morogro ist
von der französischen Mission eine Station angelegt, die in der Regel
ebenfalls Morogro genannt wird. Dieselbe hatte in der letzten Zeit die
gesamten Missionare der Missionsgesellschaft vom heiligen Geist, aus
Longa, Mhonda und Tubugue beherbergt. Es schien auf diesen Stationen
nicht mehr genügende Sicherheit vor Buschiri vorhanden zu sein,
obgleich er die Bagamoyo-Missionare stets als neutral behandelt hatte.
In Morogro selbst hatte die Mission den Schutz des mächtigen Häuptlings
Kingo angerufen, der als Herrscher von Morogro bis an die Grenze von
Usagara anerkannt war, ein wohlbefestigtes und leicht zu verteidigendes
Dorf zum Sitz hatte und sich der französischen Mission, von der er
viele Wohlthaten empfangen, stets gut gesinnt erwiesen. Von Morogro
aus schickte Wißmann einen Boten mit Nachrichten über die Vorgänge an
der Küste und seine Absichten zu den Missionaren, und erhielt auch von
diesen einen Brief zurück. Da aber darin genauere Angaben über Kingo
fehlten, Kingo selbst weder erschien, noch Gesandte schickte, auch
die für die große Karawane so notwendigen Lebensmittel aus Morogro
und Simbamueno, wo Kingos ältere Schwester, gleichfalls Simbamuene
genannt, herrschte, nicht zum Verkauf gebracht wurden, so hatten wir
Grund anzunehmen, daß es mit der guten Gesinnung des Häuptlings doch so
weit nicht her sein könne. So wurde denn den Eingeborenen mitgeteilt,
daß am nächsten Tage ein Besuch Kingos erwartet werde und schleunigst
ausreichende Lebensmittel gebracht werden sollten, wenn sie eine für
sie unangenehme gewaltsame Requisition vermeiden wollten.

Am nächsten Morgen schickte mich der Reichskommissar mit Lieutenant
Böhlau auf die Mission, um genauere Nachrichten über die dortigen
Verhältnisse einzuziehen, die Missionare zu uns ins Lager einzuladen
und sie, falls sie Einfluß auf Kingo hätten, zu bewegen, denselben in
vermittelnder Weise zur Geltung zu bringen.

Der Vorsteher der Mission, Pater Mevel, ein Franzose, empfing uns auf
das liebenswürdigste; bei ihm befand sich Pater Horner, ein Nassauer,
der vorher an der Westküste zwei Jahre thätig gewesen war. Verfasser
erfuhr von ihnen, daß Kingos Verhalten ein durchaus friedliches
gewesen war, daß er sogar ein persönlicher Feind Buschiris sei und
diesem sowohl wie den von Pangiri geflüchteten Jumbes von Bagamoyo
die Aufnahme in seinem Dorfe verweigert habe. Er hatte die letzteren
hierdurch gezwungen, von der Karawanenstraße nach Süden abzubiegen;
die Missionare habe er entschieden in Schutz genommen und ein Vorgehen
Buschiris gegen sie verhindert, welcher des Lösegeldes wegen sie gern
in seine Gewalt gebracht hätte. Daß Kingo sich den Deutschen noch nicht
genähert habe, sei auf eine gewisse den Negern überhaupt eigentümliche
Ängstlichkeit zurückzuführen.

Die von den Missionaren an den Häuptling gesandten Boten bewogen diesen
auch sofort, sich mit Geschenken zu uns ins Lager zu begeben und seine
Unterthanen zum Verkaufe reichlicher Lebensmittel zu veranlassen. Am
Nachmittag desselben Tages begab sich Verfasser auch zur Simbamuene,
einer bereits ältlichen Dame mit ergrautem Haar und erreichte hier den
gleichen Erfolg. Tags darauf verlegte Wißmann das Lager von Simbamueno
in die Nähe des Kingoschen Dorfes.

Es sei bei dieser Gelegenheit erwähnt, daß wir die Lager immer in
einer dem Gelände angepaßten Form, meist im Viereck oder im Kreise
errichteten und mit einer schirmartigen schrägen Umzäunung aus Matama
oder Maisstengeln oder irgendwelchem Gestrüpp oder Gras, je nachdem
es die Gegend ermöglichte, umgaben. Die Soldaten hatten auf diese
Weise Schutz gegen die gröbsten Unbilden des Wetters und das Innere
des Lagers war zum Teil dem Einblick von außen entzogen. Bei einem
Überfalle hatten die Truppen weiter nichts zu thun, als sich jeder an
dem angewiesenen Platze auf die Erde zu werfen, die Gewehre aus der
Einfassung herauszustecken und den Befehl zum Feuern abzuwarten. Im
Innern der Lager erhoben sich eine Anzahl Zelte für je zwei, drei und
vier Europäer. Vor dem Zelte Wißmanns wurde in der Regel das Maxim-Gun
und das 4,7 +cm+ Geschütz aufgestellt, welches stets sofort nach
dem Beziehen des Lagers zum Gefecht klar gemacht wurde. Alsdann wurden
Innen- und Außenposten aufgestellt.

Über die Art und Weise unseres Marsches ist folgendes zu erwähnen. Wenn
eine besondere Eile nicht erforderlich schien, wurde des Vormittags
und auch noch einen Teil des Nachmittags marschiert, bis der für den
Tag bestimmte Lagerplatz erreicht war, die Expedition hatte dann noch
hinreichend Zeit, sich vor Eintritt der Dunkelheit ordnungsgemäß und
bequem einzurichten.

Das war natürlich nicht möglich, wenn es galt schnell vorwärts zu
kommen. Dann wurde in den weniger heißen Stunden des Vormittags
marschiert und nach einer Mittagsrast der Marsch den späteren
Nachmittag hindurch fortgesetzt. Wenn es der Zweck erforderte, wenn zum
Beispiel die Absicht vorlag, irgendwo überraschend anzutreten, sind von
der Schutztruppe öfters auch sehr bedeutende Eilmärsche, Tag und Nacht
hindurch, ausgeführt worden. --

Wie erwähnt, führte das Schauri in Simbamueno, das dann später in
Morogro fortgesetzt wurde, zu einem für beide Teile befriedigenden
Resultate. Kingo erklärte sich ganz offen für uns und umgekehrt wurde
ihm von Wißmann seine Herrschaft bis nach Usagara, -- selbstredend
unter deutscher Oberhoheit, -- bestätigt. Auch wurde sein Einfluß bei
allen Schauris mit den Eingeborenen der nächsten Dörfer, auf denen
sich der Reichskommissar als Freund Kingos erklärte, in jeder Weise
gehoben. Es war dies für uns ein großer Vorteil, da wir bei unsern
verhältnismäßig geringen Mitteln in Ostafrika nicht überall selbst
sein und herrschen können. Oft sind wir auf die gute Gesinnung der
eingeborenen Häuptlinge angewiesen und sind durch diese viel leichter
und ohne Mißstimmung zu erregen in der Lage, unsere eigene Herrschaft
auszubreiten und humanitäre Zwecke zu erreichen. Außerdem wurde Kingo
ein Monatsgehalt ausgesetzt und ihm außer andern Geschenken seinem
Wunsche gemäß die deutsche Fahne übergeben. Von der Küste wurden ihm
später zur Verteidigung seines Dorfes zwei Böller übersandt, mit denen
allerdings nicht viel Unheil anzustiften ist, die aber immerhin auf die
feindlichen Eingeborenen ihre moralische Wirkung nicht verfehlen.

Kingo gab unserer Expedition bis nach Usagara seinen Bruder Kibana
mit, welcher Wißmann durch seine Beziehungen zu den Eingeborenen gute
Dienste leistete und ihm seine Absicht erleichterte, die Eingeborenen
an der Straße für sich zu gewinnen.

Unterdes hatten die aufständischen Jumbes es ihrerseits nicht an
Bemühungen fehlen lassen, den mächtigen Häuptling auf ihre Seite
zu bringen, obwohl sie ja allerdings, wie oben erwähnt, durch sein
ablehnendes Verhalten genötigt worden waren, nach Süden auszubiegen.
Von ihrem neuen Lager aus schickten sie einen Brief an Kingo. Sie
hofften ihn zu bewegen, mit ihnen gemeinsam die Waniamuesi-Karawane,
welche sehr langsam marschierte und noch hinter uns zurück war, oder,
wenn sie wieder mit uns vereinigt wäre, die gesamte Expedition auf
dem Marsche von Makata nach Comberingha an einem der nächsten Tage zu
überfallen. Sie glaubten besonders durch den Hinweis auf die wertvollen
Lasten der Karawane die Gewinnsucht Kingos zu reizen und ihn dadurch
dem vorgeschlagenen Unternehmen geneigt zu machen.

Wißmann hatte es jedoch, wie immer bei den Eingeborenen, verstanden,
das Vertrauen des Häuptlings derartig zu gewinnen, daß dieser nach
Empfang des Briefes nichts Eiligeres zu thun hatte, als ihn dem
Reichskommissar zu übergeben und ihn so von dem Anschlage in Kenntnis
zu setzen.

Es war dies am 3. September Abends. Infolgedessen erteilte Wißmann mir
den Auftrag mit der Zulukompagnie von Medem und einer halben Kompagnie
Sudanesen, geführt von ortskundigen Eingeborenen, welche Kingo uns zur
Verfügung stellte, gegen die Aufständischen vorzugehen. Ich fand diese
nach ununterbrochenem Marsche in den Mittagsstunden des 4. September in
der Nähe von Somwi, wo sie ihr Lager aufgeschlagen hatten. Sie wurden
sofort aus ihrer ersten Position geworfen, hielten uns aber, als wir
in dem sehr coupierten Terrain weiter vorgingen, noch einmal in einer
Bergmulde stand. Hier entspann sich ein heftiges Feuergefecht.

Meine Abteilung bis auf einen Zug Sudanesen, den ich die hinter uns
gelegenen Hügel hatte besetzen lassen, hatte ich völlig entwickelt, und
so lagen wir uns in langen Linien an einem sich unregelmäßig durch das
Gelände hinziehenden Graben, der ein natürliches Hindernis bildete, auf
nur 20 Schritt gegenüber.

Der hohe Gras- und Dornenwuchs gestattete wenig Einsicht in das
Terrain, in welchem sich der Gegner festgesetzt hatte, doch schien er
nach einer Reihe von Salven, die er zuerst ebenfalls mit einem heftigen
Schnellfeuer erwiderte, erschüttert, und als wir nun mit Marsch-Marsch
über das Hindernis vorgingen, zwangen wir ihn zu einer regellosen
Flucht ins Gebirge, das uns leider nur eine kurze Verfolgung
gestattete.

In dem Gefechte waren auf gegnerischer Seite etwa 30 Mann gefallen
und viele verwundet worden. Wir hatten einen Zulu tot und drei
schwerverwundete Farbige; Verfasser selbst hatte einen leichten
Streifschuß am Oberschenkel und Herr Ehlers, der sich freiwillig
angeschlossen hatte, konnte von großem Glück sagen, daß ihm eine
gutgemeinte Kugel zwischen den Strümpfen und der Stiefelsohle stecken
geblieben war.

Wir hatten auch drei Gefangene gemacht. Dieselben unternahmen, als
wir nach der Rückkehr von der Verfolgung gerade mit dem Verbinden der
Verwundeten und dem Bestatten des Gefallenen beschäftigt waren, einen
Fluchtversuch und wurden dabei von den sie bewachenden Zulus, ehe es
Verfasser hindere konnte, mit den Messern niedergestochen. Das Dorf
Somwi, aus welchem ebenfalls auf uns geschossen war, wurde geplündert
und niedergebrannt.

Als wir nach diesem Gefecht bei Somwi etwas gerastet hatten, wurde
dem vorher erteilten Befehl Wißmanns gemäß sofort der Rückmarsch nach
Morogro angetreten. Diesem hatte Verfasser durch einen Boten seinen
Erfolg gemeldet und zugleich mitgeteilt, daß wir Verwundete mit uns
führten. Infolgedessen schickte uns der Reichskommissar den die
Expedition begleitenden Lazarettgehülfen Grucza unter Bedeckung bis
in die Gegend von Simbamueno entgegen, wo die Schwerverwundeten einen
regelrechten Verband erhielten. Kurz vor dem Anbruch des 5. September
traf ich wieder im Lager ein, in dessen unmittelbarer Nähe eine
Abteilung unter Lieutenant Ramsay inzwischen die Waniamuesi, für welche
Wißmann Besorgnisse hegte, ein Lager hatte beziehen lassen. Nachdem
Wißmann uns am 5. September einen Rasttag gegönnt hatte, damit wir uns
von den Anstrengungen des Unternehmens gegen Somwi erholen konnten,
wurde am 6. der Weitermarsch angetreten.

Bis Mpapua hin war der Marsch ein durchaus friedlicher. Er führte
zunächst über den Makata-Fluß und durch die Makata-Ebene nach Longa.
Hier befand sich ebenfalls eine französische Missionsstation, die seit
wenigen Tagen wieder von den Missionaren bewohnt wurde. Der einzige
Platz, in dem die Verhältnisse noch manches zu wünschen übrig ließen,
war Kondoa. Das arabische Element hatte hier die Oberhand und hier
war die Heimat eines Teils der Buschirischen Rebellen. Da indes die
meisten, welche wirklich am Aufstande Teil genommen hatten, entflohen
waren, andererseits die Missionare den Reichskommissar baten, die
zurückgebliebenen Araber zu schonen, und da endlich Wißmann selbst
Bedenken trug, eine so reiche und für die Karawanenstraße so überaus
wichtige Ortschaft zu zerstören, wurde auch Kondoa, wie das gesamte
durch Usagara sich hinziehende Mukondogua-Thal friedlich durchzogen.
Freilich sind die Bewohner Kondoas, obwohl sie so gut davonkamen, nie
ganz zuverlässig gewesen, nur die Furcht vor unserem Einschreiten
hat sie im Zaume gehalten, so lange wir den Erfolg auf unserer Seite
hatten. Erst in der neueren Zeit, nach der Katastrophe in Uhehe, hat
der widerauftauchende Übermut der Araber und Belutschen zu Kondoa den
durchziehenden Europäern und den Missionaren Grund zu heftigen Klagen
gegeben.

Ein Tagemarsch hinter Kondoa brachte uns nach Muinisagara, wo die
Tochter des alten, bereits früher erwähnten Muinisagara, denselben
Namen führend, residierte. Bei dem Vorbeimarsch sahen wir die Reste
der früheren Gesellschaftsstation Kiora, welche schon ein Jahr vor
dem Aufstand, ebenso wie das nördlich gelegene Sima, von den Wasagara
zerstört war. Verfasser benutzte mit einem Teile der Kameraden den
Aufenthalt in Muinisagara, auch Sima und das Grab des früheren
Vorstehers der Station, des Gärtners Schmidt, zu besuchen, welcher ihn
im Jahre 1885 gastlich daselbst aufgenommen hatte.

Über Kirassa, den Kidete-Fluß, Dambi und Tubugue führte sodann der
Weg nach Mpapua. Bei Kirassa verließen wir Usagara und das fruchtbare
Mukondogua-Thal. Der Weg führte von nun an durch ein recht coupiertes
und schwieriges Terrain, planlos Berg auf und Berg ab, während er
sehr gut, durch eine Schlucht weiter südlich, sanft aufsteigend nach
Mpapua hätte angelegt werden können. Hier war früher auch eine Straße
gewesen, die jedoch, um den Negerausdruck zu gebrauchen, im Laufe der
Zeit gestorben, d. h. mit Gestrüpp überwachsen war. Die Karawanen
hatten sie aus Furcht vor den Wahehe, welche dieses Gebiet unsicher
machten, aufgegeben. Einen Teil des Dorfkomplexes von Kirassa, der
im Mukondogua-Thale lag, fanden wir niedergebrannt und zerstört.
Die Eingeborenen erzählten uns, daß wenige Tage zuvor die Wahehe
einen ihrer Einfälle gemacht und nur die hohen auf dem Abhang der
Usagara-Berge verstreuten Hütten verschont hätten. Die Bewohner dieser
hochgelegenen Hütten waren gezwungen, jedesmal von ihrer Höhe herunter
ins Mukondogua-Thal zu steigen, um das unentbehrliche Wasser zu holen;
aber die Sicherheit vor den gefürchteten Wahehe ließ sie dieses
Ungemach recht gern ertragen.

Geographisch wird Ugogo im Osten erst durch die Bergkette zwischen
Tubugue und Mpapua begrenzt, und diese Grenze ist auch auf allen Karten
angegeben; doch bildet jetzt ethnographisch bereits der Höhenzug
nördlich des Mukondogua-Thales die Grenze von Usagara und Ugogo, da die
schwächlichen Wasagara im Laufe der Zeit immer mehr und mehr vor den
umwohnenden kriegerischen Stämmen zurückgewichen sind. Von Westen her
drängten die räuberischen Wagogo, von Südwesten her die Wahehe und aus
dem Nordwesten die Massai, oder genau gesagt, die einen Teil derselben
ausmachenden Wahumba. Die spärlichen, von uns hinter Kirassa passierten
Ortschaften waren alle von Wagogo oder mit ihnen vermischten Negern
bewohnt. Gerade zu der Zeit, wo wir diese Gegend durchzogen, war ein
heftiger Kampf der Wahehe gegen die Massai vorangegangen, und so fanden
wir öfter eben erst von den Wahehes verlassene Lagerstätten.

Nachdem wir in Tubugue, einem größeren Orte der Wagogo, gerastet,
erreichten wir am 10. Oktober Mpapua. Auf dem Höhenzuge zwischen beiden
Dörfern fiel uns ein mit Unterholz wenig bewachsener Wald auf, der uns
in den nächsten Tagen gutes Bauholz für den Bau der Station lieferte.
In Mpapua zogen wir zunächst an den von Buschiri bei seiner letzten
Anwesenheit zerstörten Gebäuden und der Kirche der englischen Mission
vorbei, bis zu dem kleinen Hügel hin, der sich dicht am Fuße des
östlichen Höhenzuges am Ausgange des von Mpapua eingenommenen Thales
nach Nordosten hin erhebt. Hier hatte die Station der Ostafrikanischen
Gesellschaft gestanden, die ebenfalls von Buschiri, soweit es die
Stärke der Mauern zugelassen, zerstört war. Dieser Platz war vom
militärischen Standpunkt aus durchaus unpraktisch gewählt, da von dem
Abhange des östlichen Gebirgszuges mit Gewehren ganz bequem in die
Station und ihre Zimmer hineingeschossen werden konnte, und zwar aus
einer Entfernung von kaum mehr als 100 +m+.

Wir wurden beim Einrücken von den englischen Missionaren, welche von
ihrer Station in Kisogue nach Mpapua herübergekommen waren, begrüßt,
und Wißmann erhielt von ihnen über die Vorgänge hierselbst und die
Stimmung der Eingeborenen Nachricht.

Der erste Häuptling des Ortes, Kipangiro oder Schipangilo, der von
seinen Gegnern angeschuldigt wurde, mit Buschiri im Einverständnis
gewesen zu sein, war geflohen und hielt sich in den nahen Bergen
versteckt. Das Geschütz der Station, welches er, wie oben bemerkt, in
seine Tembe gebracht hatte, wurde von uns dort abgeholt, und da uns
Nahrungsmittel nicht zum Verkauf geboten wurden, wurden sie ebendort
entnommen und unter die Soldaten verteilt. Es gelang indes in den
nächsten Tagen den Häuptling zu beruhigen und ihn zu bewegen in unser
Lager zu kommen, wo er von Wißmann die Zusicherung friedlichen Verkehrs
erhielt.

Gleich am Nachmittage nach unserer Ankunft gingen wir daran, einen
geeigneten Platz für die neue Station auszusuchen. Wißmann hielt es
durchaus für angezeigt, in Mpapua, welches von allen Karawanen, die vom
Viktoria und Tanganjika nach der Küste gehen, und umgekehrt, passiert
werden muß und nur unter großen Beschwerden durch einen Marsch über ein
an Wasser und Nahrungsmitteln armes und sehr beschwerliches Terrain
vermieden werden kann, einen festen Stützpunkt für die Sicherung der
Karawanenstraße und der durchziehenden Karawanen zu errichten. Bei der
Auswahl eines Platzes waren der Reichskommissar, von Zelewski und der
Verfasser thätig. Wir waren bald darüber einig, daß kein Platz besser
dazu geeignet sei, als der, auf welchem die jetzige Station steht. Es
ist eine dicht an dem einzigen die Ebene durchziehenden Flußlauf sanft
ansteigende Erhebung, von welcher aus das gesamte Terrain ringsum
beherrscht, und besonders auch die Wagogo-Tembes unter Feuer genommen
werden können. Steine für den Bau waren reichlich von den früheren
Befestigungen vorhanden, und Holz lieferte uns der oben erwähnte Wald.
So wurde im Laufe der Woche, die Wißmann in Mpapua verblieb, die
Steinumwallung der Station etwa 1 +m+ hoch aufgeführt, mit zwei
zur Unterkunft eingerichteten Eckbastionen versehen, auf deren einer
das Geschütz aufgestellt wurde, und mit zwei starken Hindernissen,
einem Ast- und einem Dornverhau umgeben.

Die Zeit seines Aufenthaltes benutzte Wißmann, um möglichst viel gute
Beziehungen mit den eingeborenen Häuptlingen, speziell denen der
Wagogo, anzuknüpfen, wobei ihm die englischen Missionare nach bestem
Vermögen zur Seite standen. Die Waniamuesi-Karawane, deren Häuptlinge
Wißmann teilweise von seiner ersten Durchquerung Afrikas kannte, --
er hatte damals mit Mirambo, dem damaligen Herrscher von Uniamuesi
Freundschaft geschlossen, -- nahm infolge der guten Behandlung
unsererseits und des Schutzes, den wir ihnen hatten angedeihen lassen,
lebhafte Sympathien für uns mit in ihre Heimat. Wißmann gab ihr
auch reiche Geschenke an den inzwischen auch verstorbenen Häuptling
Pandascharo mit.

Nach achttägigen Arbeiten, die meist von Wißmann persönlich geleitet
wurden, übergab er die Station, besetzt mit 75 Zulus, 25 Sudanesen,
10 Suaheli, 2 deutschen Unteroffizieren und dem zum Stationschef
ausersehenen Lieutenant von Medem, zunächst dem Verfasser mit
dem Auftrage, die weitere Regelung unseres Verhältnisses zu den
Eingeborenen in die Hand zu nehmen. Ich sollte den Reichskommissar in
dieser Gegend vertreten, bis die Stanley'sche Expedition und Emin in
Mpapua anlangten, sollte diese Expedition begrüßen und mit 10 Sudanesen
der Station durch deutsches Gebiet nach Bagamoyo führen.




                              7. Kapitel.

  Regelung der Verhältnisse um Mpapua und Marsch mit der Stanleyschen
                         Expedition zur Küste.

  Erweiterung der Beziehungen zu den Eingeborenen. -- Reise in die
  Umgegend von Mpapua. -- Die Massais und Wagogo um Mpapua. --
  Vertrauen der Massai zur Station. -- Befestigung und Bauarbeiten.
  -- Schlechter Gesundheitszustand der Europäer. -- Dyssenterie in
  Mpapua. -- Ankunft der Stanleyschen Expedition. -- Rückblick auf
  Emins Lage in der Äquatorialprovinz. -- Sein Abmarsch mit Stanley.
  -- Ärztliche Dienste des Pascha in Mpapua. -- Stanleys
  Entgegenkommen. -- Abmarsch zur Küste. -- Marschordnung. -- Leben auf
  dem Marsche. -- Verkehr mit den Eingeborenen. -- Jagd. -- Begegnung
  unserer Expedition mit Gravenreuth in Msua. -- Amerikanische
  Reporter. -- Ankunft in Bagamoyo. -- Emins unglücklicher Fall.
  -- Seine Behandlung und Heilung.


Für die dauernde Wahrnehmung der Stationsleitung in Mpapua war, wie
erwähnt, der Lieutenant v. Medem ausersehen. Er war von den jüngeren
Offizieren der Expedition, die damals für Mpapua in Frage kamen,
derjenige, welcher am meisten die für jene höchst wichtige Stellung
notwendigen Eigenschaften in sich vereinigte: große Ruhe und die
Fähigkeit, mit den Eingeborenen zu leben und sich diesen anzupassen,
praktischen Sinn und große Willenskraft, dazu ein besonderes Talent,
gerade mit den Zulus, die ja den Hauptteil der Besatzung von Mpapua
bildeten, umzugehen. Wißmanns Wahl fiel sofort auf Medem; es wurde
dem Verfasser übertragen, diesen während der Zeit der gemeinsamen
Thätigkeit zu Mpapua noch eingehender mit den örtlichen Geschäften
bekannt zu machen.

Dem Befehle des Reichskommissars gemäß benutzte der Verfasser die
nächsten Wochen nach dem Abmarsche der Expedition Wißmanns von Mpapua
zur weiteren Fortführung der Stationsarbeiten, sowie zur Erweiterung
unserer freundschaftlichen Beziehungen zu den Eingeborenen in der
Umgebung Mpapuas und zwar bis zu den mehrere Tagereisen weit von dort
angesessenen Stämmen. Eine höchst angenehme Beigabe war bei diesen
Reisen die Ausübung der hervorragend guten Jagd, welcher auf dem
Hermarsch die Mitglieder der Expedition nur an einzelnen Stellen, z.
B. in der Makata-Ebene hatten obliegen können. Ich besuchte mehrere
Häuptlinge der Wagogo und der Wahumba, deren Land von Ugogo durch den
nördlich Mpapua's sich hinziehenden Höhenzug geschieden wird. Vom Kamm
dieses Höhenzuges öffnet sich eine weite, herrliche Aussicht über die
zu Füßen sich ausbreitende Massai-Ebene. Ebenso hatte ich Gelegenheit,
das Land der Wahehe zu sehen, allerdings nur an der äußersten Grenze
und auf einer Jagdreise.

Die Massai lebten zu jener Zeit im Kriege mit den Wahehe. Wie schon
erwähnt, hatten letztere kurz vor der Ankunft der Expedition einen
Überfall nicht nur in Usagara gemacht, sondern waren auch bis ins Land
der Wahumba vorgedrungen, und es war ihnen durch ihr unerwartetes
Auftreten gelungen, noch einige Viehherden der Massai zu erbeuten.
Eines Tages, als ich von Kongua aus in ein Massaidorf kam, fand ich
daselbst tausende von Massai-Kriegern, auch solche, die nicht zum
Stamme der Wahumba gehörten, und die, wie sie erklärten, bis vom
Kilimandscharo hergekommen waren, um mit vereinten Kräften gegen die
Wahehe zu kämpfen. Es fanden denn auch in dieser Zeit sowohl in der
Marenga Mkali, der westlich von Mpapua von Tschunio an sich mehrere
Tagereisen ausdehnenden süßwasserlosen Steppe wie auch weiter südlich
an der Grenze von Uhehe fast täglich zwischen den beiden Stämmen
Gefechte statt.

Mit den Wagogo und Massai war es vollkommen gelungen, einen friedlichen
Verkehr herbeizuführen. Ich besuchte ihre Häuptlinge, wie auch
umgekehrt diese selbst von weit her mit Geschenken zur Station
kamen und sich Schutzbriefe von mir ausbaten. Selbst der oberste
Wahumba-Häuptling schickte eine Gesandtschaft und gab derselben ein
Geschenk an Rindern mit, was sonst bei den Massais unerhört ist. Sie
bringen es selten übers Herz, sich selbst von dem schlechtesten Stück
Rindvieh zu trennen. Die Gesandtschaft befragte mich, wie ich über
ihren Feldzug gegen die Wahehe dächte und ob ich geneigt sei, sie
hierin zu unterstützen, ihnen eventuell von meiner Besatzung Leute
mitzugeben. Ich konnte ihnen meinerseits zwar guten Erfolg zu ihrem
gerechten Vergeltungskampf wünschen, hielt es aber für gut, jede
Unterstützung abzulehnen. Es waren über die Werbungen Buschiris bei
den Mafitis und Wahehe nur Gerüchte zu uns gedrungen, keineswegs aber
konnten diese damals als feststehende Thatsachen angesehen werden.
Zudem wurde unsere Besatzung notwendig zum Bau der Station gebraucht:
wir mußten auf alles gefaßt sein und daher alle unsere Kräfte
zusammenhalten, wie ja auch der Reichskommissar zur Vorsicht ermahnt
hatte.

Ich stellte den Massai jedoch meine Hilfe in Aussicht, wenn die Wahehe
in der Umgegend von Mpapua selbst aufträten oder wenn sie zu weit nach
den Wahumba hin um sich griffen. Unser Verhältnis zu den Wahumba und
den östlichen Wagogo war, wie aus dem Erwähnten hervorgeht, ein gutes
und ist im allgemeinen auch ein solches geblieben, wenngleich einzelne
Räubereien der Wahumba sowohl wie der Wagogo an der Karawanenstraße
hier und da die Besatzung von Mpapua zum Einschreiten nötigten. Sehr
schlecht dagegen haben sich, wie das nicht anders zu erwarten war,
unsere Beziehungen zu den Wahehes gestaltet.

Neben der Ausbreitung des Ansehens der neuen, von Wißmann gegründeten
Station, schritten auch die Befestigungs- und Bauarbeiten rüstig
vorwärts, welche nach meiner Abreise vom Feldwebel Hoffmann
weitergeführt und von Herrn von Bülow vollendet wurden. Hingegen
ließ der Gesundheitszustand unter den Europäern wie den Farbigen der
Station sehr viel zu wünschen übrig. Die Dyssenterie brach mit großem
Heftigkeit unter uns aus. Der Unteroffizier Kröhnke war schon auf dem
Marsche von dieser Krankheit befallen worden, wahrscheinlich angesteckt
von dem Feldwebel Markgraf, mit dem er in einem Zelte zusammenlag.
Bald nach ihm erkrankten einige Sudanesen und Zulus, und trotz aller
Vorsichtsmaßregeln griff die Krankheit immer mehr und mehr um sich,
vermutlich durch die Unmassen von Fliegen in dem viehreichen Mpapua
weiter getragen. Endlich wurden auch Lieutenant von Medem und ich
von der Krankheit ergriffen. Durch den Tod verloren wir, solange ich
in Mpapua war, nur einen Farbigen, einige Wochen jedoch nach meinem
Abmarsche erlag auch Lieutenant v. Medem der Krankheit, während
Unteroffizier Kröhnke sich besserte. Indessen machten bald vielfache
schwere Fieberanfälle auch seine Ablösung von Mpapua und seine
Beförderung nach der Heimat notwendig. In Deutschland fiel er einem
Herzschlage zum Opfer.

Während der ganzen Zeit der Epidemie standen uns die englischen
Missionare in Kisogue opferbereit zur Seite, wie denn überhaupt
das Verhältnis zwischen Mission und Militärstation ein sehr
freundschaftliches war.

Der Reichskommissar hatte mir, wie erwähnt, den Befehl erteilt, die
Ankunft der Expedition Stanley-Emin Pascha in Mpapua abzuwarten und
dieselbe dann durch deutsches Gebiet an die Küste zu führen. Am Tage
der Ankunft der Wißmannschen Expedition hatten Boten von Stanley
Mpapua passiert, durch welche wir Kenntnis von seinem Herannahen
erhielten. Wißmann selbst sandte durch die bereits mehrfach erwähnte
Waniamuesi-Karawane, die ihren Weitermarsch nach der Heimat fortsetzte,
einige Briefe mit, in denen er Emin Pascha und Stanley begrüßte und sie
über die Vorkommnisse der letzten Zeit orientierte.

Etwa einen Monat später traf die Stanleysche Expedition, trotz einer
ziemlichen Anzahl Kranker und Schwacher und des ziemlich wüsten
Gesindels, welches aus der Äquatorialprovinz mitkam, gut geordnet
und geschlossen vor der Station ein, bei einer so großen Karawane
immer ein Zeichen, daß es der Führer verstanden hat, die Disziplin
aufrecht zu erhalten. Sie bezog das gewöhnliche Karawanenlager, um
eine große Sykomore herum, wo Stanley gelegentlich einer seiner
früheren Expeditionen schon gelagert hatte. Die Karawane bestand aus 3
Kompagnien Wangwana zu je 60 Mann, etwa 80 Wangwana-Trägern und den aus
Wadelai mitgezogenen Leuten des Pascha, welche fast alle Weiber, Kinder
und Träger mit sich führten. Die letzteren waren mit allem möglichen,
teilweise ganz wertlosen Hausgerät beladen und erinnerten uns lebhaft
an die Eigenschaft unserer Sudanesen, alles, was nicht niet- und
nagelfest ist, mit sich zu schleppen. Im ganzen waren es noch etwa 600
Mann, trotz der großen Verluste, die die Karawane unterwegs erlitten
hatte. Unter den Leuten des Pascha befand sich eine Anzahl ägyptischer
Offiziere, Schreiber und Soldaten, ein griechischer Kaufmann, der sich
früher in Wadelai etabliert hatte, und ein ebenfalls daselbst als
Apotheker thätig gewesener tunesischer Jude. Die Weiber und Kinder, wie
auch die meisten Offiziere ritten auf Eseln.

Die Europäer der Expedition waren folgende: Stanley mit seinen
Offizieren, den Herren Lieutenant Stairs, Kapitän Nelson, +Dr.+
Parke, Mr. Jephson, seinem, man kann sagen Proviantmeister, Mr.
Bonny, und einem Diener, namens Hoffmann. Ferner zwei französische
Missionare, Père Giraud, ein sehr liebenswürdiger Mann, welcher durch
ein Augenleiden zur Rückkehr nach Europa genötigt war, und der ihm
zur Begleitung mitgegebene Père Schynse, jener bekannte, bei den
Deutschen allgemein beliebte, ganz deutsch denkende und fühlende Mann,
der dem Werke der Zivilisation leider zu früh durch den Tod entrissen
worden ist. Die beiden letzteren kamen von Bukumbi, ihrer Station am
Südufer des Viktoriasees und waren in Ikungu zur Expedition Stanleys
gestoßen, um unter ihrem Schutze weiter nach der Küste zu marschieren.
Endlich waren bei der Expedition Emin und Casati, welcher dem Pascha
während seines Aufenthaltes im Sudan treulich zur Seite gestanden
hatte. Besonderes Interesse erregte die kleine Tochter, die Emin von
seiner verstorbenen Frau, einer Abessinierin, hatte, namens Ferida, die
damals etwa 6 Jahr alt war, und in der Karawane in einer Hängematte
stets unmittelbar vor dem damals schon ganz kurzsichtigen Pascha
einhergetragen wurde. Der Pascha hing mit großer Liebe an ihr und
wollte sie immer vor sich sehen. Sie wurde von ihrer Gouvernante, einer
ganz hübschen, stattlichen Ägypterin begleitet.

Stanley pflegte immer an der Spitze des Zuges zu marschieren, und so
hatte ich denn zuerst Gelegenheit, ihn zu begrüßen. Er machte mich
alsbald mit seinen Offizieren, sowie mit Emin und Casati bekannt.
Unser spärliches Hausgerät auf der Station gestattete mir zunächst
nur den Pascha und Stanley zum Essen zu mir zu laden. Eine Flasche
Sekt, deren mir Wißmann mehrere für Krankheitsfälle und speziell zur
Begrüßung Emins und Stanleys dagelassen hatte, wurde auf die glückliche
Ankunft beider getrunken. Sie mundete ihnen ganz trefflich, da sie
solche Erfrischungen lange hatten entbehren müssen. Im Verkehr zwischen
dem Pascha und Stanley bemerkte ich bald den Gegensatz der beiden
Männer, der, obwohl sie täglich öfter mit einander zusammenkommen
mußten, eine rechte Ungezwungenheit, besonders von Seiten des Pascha,
nicht aufkommen ließ. Dieser erzählte mir, wie herzlich er sich
gefreut habe, als er durch Wißmanns Briefe Kenntnis von unseren
Fortschritten erhalten, als er die deutsche Flagge auf der Station habe
flattern sehen, und wie lebhaftes Vergnügen er jetzt empfinde, wieder
mit Deutschen persönlich verkehren zu können. Er erzählte mir auch
offenherzig von der Expedition Stanleys und dessen Absichten.

Bei der Wichtigkeit der Persönlichkeit Emins für uns und wegen seiner
späteren Anteilnahme an den Arbeiten des Reichskommissariats erscheint
ein kurzer Rückblick auf die Verhältnisse in der Äquatorialprovinz und
die Stanleysche Expedition geboten.

Dreizehn Jahre hindurch hatte Emin Pascha ohne wesentliche Zuschüsse
von der egyptischen Regierung zu erhalten, meist in friedlicher
Arbeit die Geschicke des Landes geleitet und dasselbe der Kultur
näher gebracht, bis in den letzten Jahren von 1887 an seine Position
schwankend geworden war. Es wirkte hierzu besonders der Umstand mit,
daß die ihm unterstellten egyptischen Soldaten, welche seit 5 Jahren
den Sold von ihrer Regierung nicht erhalten hatten, und gerade in
dieser Zeit die Grenzen der Äquatorialprovinz gegen die Scharen des
Mahdi in fortwährenden Kämpfen verteidigten, allmählich eine begründete
Unzufriedenheit zu zeigen begannen. Ebenso bestand nach Casatis Angabe
eine weit verbreitete Unzufriedenheit unter den Offizieren gegenüber
den Maßregeln des Gouverneurs. Die Unmöglichkeit, aus eigenen Mitteln
und unter den sich steigernden Schwierigkeiten die Provinz zu halten,
hatte Emin an die Hochherzigkeit der Engländer appellieren lassen.
+Dr.+ Felkin, dem Freunde Emins, war es gelungen, bei einer Reihe
englischer Kapitalisten, besonders aber bei Sir William Mackinnon, dem
Hauptaktionär der englisch-ostafrikanischen Gesellschaft, Interesse für
Emin Pascha oder wohl richtiger für seine Äquatorialprovinz zu erwecken
und eine Hilfsexpedition unter Stanleys Kommando ins Werk zu setzen.

Unter Mißachtung der Vorschläge von Schweinfurth und Junker sowie
Thompson wählte Stanley bekanntlich die Congoroute. Alle die Nachteile,
welche er von dem östlichen, von den genannten Afrikaforschern
empfohlenen Wege befürchtet hatte, stellten sich bezüglich der
Verpflegung der Karawane, des Gesundheitszustandes, der Desertion
von Trägern, der Schwierigkeit des Weges und der Feindseligkeiten
der Eingeborenen auf dem von ihm selbst gewählten Wege in weit
höherem Maße ein. Im April 1888 erhielt Emin Pascha durch einen Brief
Stanleys die erste Nachricht vom Anrücken der Hilfsexpedition, auf
die er in der letzten Zeit sehnsüchtig gewartet hatte, und von der
er eine Befestigung seiner Macht und Beruhigung der unzuverlässigen
Elemente erwartete. Der Pascha faßte den Entschluß, mit Casati
Stanley entgegenzuziehen und ihn an der Grenze der Äquatorialprovinz
zu erwarten. Auf seinem Dampfer Khedive fuhr der Gouverneur über
den Albertsee und in dem Stanleyschen Lager zu Cavalli fand die
gegenseitige Begrüßung statt.

Der Pascha erkannte bald, daß durch die Ankunft der Expedition, von
der er für sich und insbesondere für sein Verhältnis zu seinen Leuten
so viel erwartet hatte, seine Lage wenig verändert wurde. Das Einzige,
was der Provinz von Nutzen sein konnte, waren die mitgebrachten
Remington-Patronen. Im übrigen litt die Hilfsexpedition selbst Mangel
an allem und der Pascha war es, der mit den Vorräten seiner Provinz
der englischen Expedition aushelfen mußte. Casati hatte Emin Pascha
geraten, ohne Rückhalt zu Stanley über die Lage der Provinz und
über die Zerwürfnisse, die zwischen dem Gouverneur und den Parteien
eingetreten waren, zu sprechen, sowie seine Ohnmacht nach den
Ereignissen der letzten Zeit einzugestehen. Emin hat indes wohl den
Rat des Freundes nicht befolgt und es vermieden, sich mit der nötigen
Offenheit Stanley anzuvertrauen, vielleicht um seinen Namen vor diesem
Manne des ihn umgebenden Nimbus nicht zu entkleiden.

Da Stanley das Gros der Expedition mit den Hauptvorräten im Lager zu
Jambuja am Aruwimi, außerdem eine große Anzahl von Kranken im Fort Bodo
zurückgelassen hatte, schickte er sich nach verhältnismäßig kurzer Zeit
an, wieder nach dem Aruwimi aufzubrechen, um die zurückgebliebenen
Leute und Vorräte herbeizuschaffen. Während dieser Zeit sollte der
Pascha diejenigen seiner Beamten und Soldaten, welche geneigt wären
nach Egypten zurückzukehren, in Cavalli vereinigen, um hier Stanleys
Ankunft zu erwarten und mit ihm aufzubrechen. Die Bitte des Pascha,
mit ihm die verschiedenen Stationen seiner Provinz auf dem Dampfer
Khedive zu besuchen, schlug Stanley ab mit der Begründung, daß er eilig
nach Jambuja zurückkehren müsse. Sein Aufenthalt am See dauerte indes
ungefähr 4 Wochen. Es ist zu bedauern, daß Stanley auf die Bitte Emins
nicht eingegangen ist. Zweifellos wäre das persönliche Erscheinen
Stanleys von einer ungleich größeren Wirkung auf die Truppe und die
Bevölkerung gewesen. Stanley wäre in der Lage gewesen, die Truppen
nicht nur durch die Macht seiner Persönlichkeit, sondern auch durch
die bei ihm zur Meisterschaft ausgebildete Art zu verhandeln davon zu
überzeugen, daß er im Auftrage ihres Souveräns des Khedive nach der
Provinz gekommen sei, um sich mit eigenen Augen von der Lage der Sache
zu überzeugen und entweder Hilfe in Gestalt von Munition zurückzulassen
oder aber die Leute nach Egypten zu führen.

Wenn man nun Stanley auch nicht ohne weiteres die Verweigerung der
Bitte Emins verübeln kann, -- hatte er doch das eigentliche Gros der
Expedition im Lager bei Jambuja zurückgelassen und fühlte sehr wohl
selbst heraus, daß mit dem, was er dem Pascha mitgebracht hatte, gar
nichts geleistet sei, -- so ist es ebenso als verfehlt zu betrachten,
wenn er später auf die wiederholte Bitte Emins, wenigstens einen seiner
Offiziere zurückzulassen, Herrn Mounteney Jephson mit dieser Mission
beantragte. Jephson hatte nur ganz oberflächliche Kenntnis von den
Machtbefugnissen Stanleys, denn bei der Natur Stanleys, welche mit
der Verantwortung auch gleichzeitig das Ende aller Fäden in Händen
behalten wollte, war thatsächlich keiner seiner Offiziere mit dem
ganzen Umfang der Stanleyschen Aufträge bekannt. Jephson war ferner
nicht die Persönlichkeit, um selbständig auftreten oder bei irgend
welchem Mißtrauen der Leute bindende Versicherungen geben zu können.
Die Anwesenheit Jephsons trug zur Verbesserung der Lage der Truppen
jedenfalls nicht bei.

Es ist außerordentlich schwierig, ein bestimmtes Urteil über das
Verhältnis Emins zu seinen Truppen abzugeben. Alle darüber vorhandenen
Veröffentlichungen Stanleys, Casatis, Jephsons lassen den inneren
Zusammenhang nicht erkennen und erscheinen lediglich als persönliche
Urteile der Verfasser. Emins Ansicht ging und geht auch heute noch
dahin, daß durch die Art und Weise des Auftretens der Stanleyschen
Expedition die Mißhelligkeiten zwischen ihm und seinen Truppen erst
verursacht worden seien. Es ist wahrscheinlich, daß der Pascha sich
hierin täuscht und daß Casatis Urteil der Wahrheit am nächsten kommt.
Andererseits ist aber nicht zu verkennen, daß die großen Erwartungen,
welche Emin selbst bei seinen Soldaten von der Stanleyschen
Entsatz-Expedition erweckt hatte, durch das Erscheinen derselben in
halb verhungertem und zerlumptem Zustande, sehr herabgemindert wurden,
ja daß sogar ein begreifliches Mißtrauen bei den Leuten entstand.
Der Umstand, daß Stanley und seine Begleiter Engländer waren, konnte
die üble Wirkung auf die Truppe nicht hervorgebracht haben, -- war
doch Gordon und andere Gouverneure im Sudan durch den Khedive selbst
eingesetzt worden. Der ganze Aufstand der Eminschen Truppen macht
den Eindruck einer Militärrevolte, welche durch Intriguen sich
benachteiligt glaubender Offiziere in Szene gesetzt wurde. Auch der
Casatische Bericht läßt dies erkennen; in demselben findet man sogar
an eigentlichen inneren Gründen überall nur persönliche Mißgriffe
angegeben, welche Emin den Offizieren gegenüber begangen haben soll. In
der That herrschte unter einem großen Teil der Leute des Pascha eine
bittere Stimmung gegen ihn.

Von einer ganz besonderen Wichtigkeit für uns Deutsche ist das
Verhalten Emins Stanley und seinen Anerbietungen gegenüber. Stanley
und seine Offiziere versuchten zwar nach ihrer Ankunft am Albertsee
und auch später auf dem ganzen Marsche beim Pascha den Glauben zu
nähren, als ob die Expedition lediglich aus humanitären Rücksichten
seinetwegen und für die mit ihm von Egypten abgeschnittenen Beamten und
Truppen unternommen worden sei. Niemand wird bestreiten, daß viele, ja
die meisten Mitglieder des englischen Emin Pascha-Entsatz-Komitees von
rein humanitären Rücksichten geleitet wurden. Aber es gab in diesem
Comité doch eine Reihe von Namen, deren Träger zu eng mit afrikanischen
Interessen verknüpft waren, um nicht gewisse praktische Nebenabsichten,
sei es auf die Person Emins, sei es auf seine Provinz oder auch auf
beides zusammen, vermuten zu lassen. Es sind dies die Mitglieder der
englisch ostafrikanischen Gesellschaft, denen ein Mann wie Emin und
eine Provinz wie die seine notwendig als höchst begehrenswerte Ziele
erscheinen mußten.

In der That wird diese Absicht einer Gebietserweiterung der
englisch-ostafrikanischen Gesellschaft durch die dem Pascha von Stanley
gemachten Anerbietungen bestätigt. Stanley hatte nach seinem eigenen
Bericht und nach der Erzählung Emins diesem drei Vorschläge zu machen.
Der erste derselben war, -- dem vom Khedive erhaltenen Auftrage gemäß,
-- die Provinz aufzugeben, mit dem Teil der Offiziere, Soldaten und
Beamten und ihren Familien, welche die Rückkehr nach Egypten wünschten,
unter Führung Stanleys aufzubrechen und diesem nach Egypten zu folgen.

Das zweite Anerbieten machte Stanley im Namen des Königs der Belgier.
Emin sollte, falls er es vorzöge, in seiner Provinz zu bleiben, seine
Dienste dem Kongostaat widmen und sein Land als Vorposten dieses
Staates gegen den Sudan halten. Als Verwaltungskosten wollte der
Kongostaat hierfür jährlich circa 240000 Mark aufwenden. Dem Pascha,
welchem die Stellung eines Generalgouverneurs mit dem Range eines
belgischen Generals angeboten wurde, wurde ein Jahresgehalt von 1500
Pfd. St. ausgesetzt.

Das dritte Anerbieten, von dem Stanley allerdings behauptete,
daß er zu demselben nicht direkt ermächtigt sei, sondern daß er
es nur mache in der Absicht, dem Pascha zu helfen und in der
zuversichtlichen Erwartung, daß seine Abmachungen vom Comité und der
englisch-ostafrikanischen Gesellschaft genehmigt würden, zielte auf
folgendes ab: Wenn die Soldaten sich weigern sollten, nach Egypten
zurückzukehren, so sollte Emin die zuverlässigsten unter ihnen nach der
Nordost-Ecke des Viktoria-Nyanza führen und dort eine feste Station für
die englisch-ostafrikanische Gesellschaft begründen. Stanley würde mit
seiner Expedition selbst die Station vollenden helfen, die Munition
und mitgenommenen Vorräte dorthin bringen lassen und erst dann mit
seiner Hilfsexpedition den Pascha verlassen, wenn dessen Stellung
eine gesicherte sei. Der Pascha sollte ein gutes Jahresgehalt von der
Gesellschaft beziehen und als Gouverneur das Netz der Stationen vom
Viktoriasee nach Mombassa hin vorschieben, während andererseits der
Vertreter zu Mombassa durch Vordringen von der Küste aus dem Pascha in
die Hände arbeiten würde.

Die Lage Emins diesen Vorschlägen gegenüber war keine leichte.
Seine Hoffnungen auf genügende Unterstützung durch die Stanleysche
Expedition waren zerstört, ein Verbleiben in der Provinz mit den
vorhandenen Kräften legte nach dem Ferman des Khedive dem Pascha allein
alle Verantwortung für jetzt und die Zukunft auf die Schultern, die
Disziplin der Truppen, ohnehin erschüttert, war durch das Erscheinen
der Stanleyleute in ihrem kläglichen Zustande noch mehr in Frage
gestellt.

Wenn ein Teil der Truppen geneigt schien, dem Schreiben des Khedive
Glauben zu schenken und mit Stanley abzuziehen, so standen diesen
mindestens ebensoviel Stimmen gegenüber, welche von Verrath, Verkauf
an England u. dergl. mehr sprachen. Immer aber blieb die Verantwortung
allein dem Pascha überlassen. Es kann nicht Wunder nehmen, wenn unter
solchen Verhältnissen eine definitive, einheitliche Entscheidung
unmöglich schien, wenn eine anscheinend unverhältnismäßige Zeit im
Parlamentieren verstrich. Dem Pascha kann man daher auch nicht ganz
Unrecht geben, wenn er den Ausbruch der bekannten Militärrebellion
lediglich auf diesen Zwiespalt der Meinungen innerhalb seiner Truppen
zurückführt, da er eben eine Macht auf dieselben nicht mehr hatte. Der
weitere Verlauf ist bekannt.

Ende Januar 1889 kamen Boten von Stanley an mit der Nachricht seiner
Ankunft am Südwestufer des Albert Nyanza. In den Briefen an den Pascha
und Jephson machte Stanley insbesondere Jephson heftige Vorwürfe, daß
dieser weder allein noch mit Emin nach Cavalli gekommen sei, um dort
von der endgültigen Entscheidung Emins Mitteilung zu machen, wie auch,
daß jener nicht, wie verabredet, Soldaten und Lebensmittel für den
Küstenmarsch in Cavalli vereinigt habe. In Anbetracht der Verhältnisse
wie der inzwischen erfolgten Gefangennahme waren diese Vorwürfe
natürlich durchaus unbegründet, da dem Pascha jede Aktionsfreiheit
genommen war und ihm wohl nicht die Möglichkeit offen stand,
willkürlich seinen Aufenthaltsort von Tunguru nach Cavalli zu verlegen.

Alles, was die Stanleysche Expedition dem Pascha jetzt zuführen konnte,
waren 30 Kisten Remington-Patronen und ein großer Teil egyptischer,
durch den Transport schlecht gewordener Uniformen. Die Lage der
Äquatorialprovinz war natürlich hierdurch um nichts geändert.

Nachdem Stanley Kenntnis von den Vorfällen in der Provinz während
der Zeit seiner Abwesenheit erhalten hatte, wäre es, so ist häufig
behauptet worden, seine Pflicht gewesen, Emin Pascha in seiner Provinz
aufzusuchen und hätte er sich nicht darauf beschränken dürfen, Jephson
den Befehl zu schicken, ins Lager der Hilfsexpedition zu kommen, und
dem Pascha anheimzugeben, falls er nach Egypten zurückkehren wolle,
mit den ihm gleich Gesinnten in spätestens 20 Tagen nach Cavalli zu
marschieren. Ob Stanley richtig gehandelt hat oder nicht, ist schwer
zu entscheiden. Es ist sehr wohl möglich, daß wenn er nach den andern
Stationen der Provinz geeilt wäre, sich durch das Erscheinen seiner
Expedition bei der Unzuverlässigkeit und der offenen Feindseligkeit
vieler Offiziere die Lage noch verworrener gestaltet hätte, als sie
ohnehin schon war.

Ein Teil der Aufständischen in der Provinz, namentlich der Egypter,
welche die Absicht hatten, in ihre Heimat zurückzukehren, wandte sich
jetzt an den Pascha mit der Bitte, zwischen ihnen und Stanley zu
vermitteln. Infolgedessen wurden die zur Rückkehr bereiten Mannschaften
im Stanleyschen Lager vereinigt.

Der Tag des Abmarsches wurde endlich nach vielem Hin- und
Herdebattieren endgültig auf den 10. April 1889 festgesetzt und so
befand sich Emin in dem moralischen Zwange, entweder Stanley unbedingt
zu folgen mit einem Teil seiner Leute oder aber hier zu bleiben und
dadurch dem andern Teil gegenüber wortbrüchig zu erscheinen.

Der Pascha empfand diese Zwangslage sehr bitter, und es erschien ihm
persönlich trotz der Rebellion gegen ihn als eine Untreue gegen die
Zurückbleibenden, wenn er Stanleys Vorschlag annahm. Er entschied
sich erst, als das fast einstimmige Urteil der Europäer und seiner um
ihn versammelten Offiziere ihn über seine Gewissensbisse beruhigte.
Der Einzige, welcher jetzt gegen den Entschluß des Aufbruchs sich
aussprach, war Casati. Die Gründe aber, die er selbst in seinem Buch
angiebt, können nicht als stichhaltige anerkannt werden.

So brach denn nun am 10. April die Expedition auf. Von Seiten des
Pascha kamen hinzu 182 Männer und 369 Frauen und Kinder, die nach
Egypten zurückkehrten und insgesamt 397 Lasten mit sich führten. Eine
größere Anzahl von Trägern war aus der Äquatorialprovinz gestellt. --

Nach dieser notwendigen Abschweifung wenden wir uns wieder nach Mpapua
zurück.

Es wurde bereits unserer Dyssenteriekranken zu Mpapua Erwähnung gethan.
Die Ankunft der Stanleyschen Expedition brachte uns Gelegenheit, die
schwer erkrankten Patienten, besonders den Lieutenant v. Medem und den
Unteroffizier Kröhnke sachverständiger zu behandeln, als es bis dahin
hatte geschehen können.

Emin Pascha und +Dr.+ Parke nahmen sich sofort in der
hilfsbereitesten Weise der Kranken an. Der Pascha, dessen erster Gang
gleich dem gerade damals in der bedenklichsten Weise kranken von Medem
galt, traf persönlich alle Anordnungen und belehrte mich und besonders
den in Mpapua zurückbleibenden Feldwebel Hoffmann über die richtige
Behandlung der Dyssenterie. Unsere eigene Methode war ebenso, wie die
der englischen Missionare, eine ganz verkehrte gewesen. Wir hatten
das Hauptmittel gegen diese Krankheit, Ipecacuana, in großen statt in
kleinen Dosen angewandt, so daß es nicht als Stopfmittel, sondern als
Brechmittel wirkte, wie es unter Umständen beim Fieber angewandt wird.

Es ist besonders anzuerkennen, daß Stanley sofort und gern sich
bereit erklärte, den Weitermarsch seiner Expedition im Interesse der
gefährlich erkrankten Deutschen der Station so lange aufzuschieben,
bis eine merkliche Besserung in dem Befinden derselben eingetreten und
begründete Aussicht auf vollkommene Genesung der Patienten vorhanden
sei.

Beim Aufbruch der Expedition war Lieutenant von Medem bedeutend
gestärkt und auf dem Wege der Besserung, Kröhnke konnte bereits
ausgehen und der Verfasser, der am leichtesten erkrankt war, war
vollkommen marschfähig.

Allerdings bekam ich unterwegs noch einen Rückfall, von dem mich
aber ein vom Pascha und den französischen Missionaren empfohlenes
Radikalmittel, zweimalige Anwendung eines Klystirs von Karbollösung (15
Tropfen Karbolsäure auf 1/2 l Wasser) schnell und vollkommen wieder
herstellte.

Leider bekam auch von Medem etwa 14 Tage später, nachdem er bis
dahin in erfreulicher Besserung gewesen war, einen Rückfall. Die
angewandten Mittel halfen nichts mehr, und er erlag der Krankheit, im
Innern Afrikas das erste Opfer unter den Europäern der Wißmannschen
Schutztruppe. Diese hatte in ihm einen verdienten energischen Offizier
und das Offizierkorps derselben einen der besten Kameraden zu
betrauern.

Während der Rasttage der Expedition zu Mpapua standen alle europäischen
Mitglieder derselben, gleichviel ob Engländer, Italiener, Franzosen
oder Deutsche, in ungezwungenstem geselligen Verkehr mit der Station.
Wir boten ihnen Gelegenheit, sich die Station, die Soldaten beim
Exerzieren, bei ihren Nationaltänzen, bei der Arbeit u. s. w. anzusehen
und ernteten einstimmiges Lob.

Am 13. November früh fand der Aufbruch von Mpapua zur Küste statt. Da
es mir oblag, die Expedition durch das deutsche Gebiet nach der Küste
zu führen, in der Vertretung des Reichskommissars die Interessen der
Eingeborenen, unserer Schützlinge, im Auge zu haben und gleichzeitig
der Expedition Stanleys auf jede mögliche Weise Vorschub zu
leisten, so brach ich mit zehn Sudanesen und drei Trägern für mein
Gepäck, Zelt, Kochgeschirr u. s. w., an der Tête der ganzen Kolonne,
selbstverständlich unter deutscher Flagge, auf und behielt folgende
Marschordnung bis zur Küste bei. Hinter meinen Leuten folgte in der
Regel Casati, der mich, nachdem er in Mpapua in freundschaftlichen
Verkehr mit mir getreten war, gebeten hatte, vorn bei meiner Expedition
marschieren und der deutschen Flagge als der Flagge einer befreundeten
Nation folgen zu dürfen. Hinter diesem fanden sich dann in der Regel
einige Weiber aus der Karawane der Eminschen Offiziere und Beamten
ein, darunter einige wirklich hübsche, ziemlich hellfarbige Gesichter.
Dann folgte die kleine Karawane der französischen Missionare, hierauf
Stanley mit Emin und seiner Expedition in der früher bereits erwähnten,
von ihm gewöhnlich befolgten Marschordnung. Später schlossen sich
dann mir von Usagara an in jedem Dorfe noch eine Menge Eingeborene
an, da der Weg damals noch nicht als ganz sicher nach der Küste galt
und sie die Macht der nach Bagamoyo rückenden Expedition zu ihrem
eigenen Schutze benutzen wollten. Diese kleinen, von den verschiedenen
Dörfern Usagaras und Ukamis mitziehenden Karawanen, die sämtlich kleine
deutsche Karawanenflaggen mit sich führten, verstärkten die Expedition
im ganzen um über 1200 Mann.

Wie in Mpapua, so gestaltete sich auch auf der Expedition der Verkehr
mit den Europäern zu einem äußerst angenehmen, besonders auch mit
Stanley, der gegen den Verfasser stets die größte Liebenswürdigkeit
zeigte und der auch stets der besten Laune war. Der Verkehr mit ihm
bot sehr viel Anregendes, da Stanley stets in seiner lebhaften Weise
vieles aus dem reichen Schatz seiner Erfahrungen über seine Reisen zum
Besten gab. Über seine Offiziere, die ihn während des letzten Zuges
zur Befreiung Emins begleitet und mit ihm Afrika durchquert hatten,
äußerte sich Stanley wiederholt zum Verfasser aus freien Stücken auf
das anerkennendste. Manche Schwierigkeiten, die während des Marsches
durch Reibereien der Sansibariten Stanleys mit den Eingeborenen oder
den Sudanesen entstanden, wurden stets durch die Intervention Stanleys
und des Verfassers beigelegt und kann auch in dieser Beziehung das
Entgegenkommen Stanleys nur anerkannt werden. Verfasser sieht sich
veranlaßt, bei den sonstigen in dieser Beziehung vielfach erhobenen
Vorwürfen gegen Stanley gerade dieses hervorzuheben.

Dem deutschen Offizier mußte während dieser Expedition die Thatsache
besonders auffallen, daß jeder der englischen Offiziere auf dem Marsche
seinen eigenen Haushalt führte. Jeder einzelne ließ für sich allein
kochen und aß allein, während es bei uns als selbstverständlich gilt,
daß das Leben und die Mahlzeiten nach Möglichkeit gemeinsam geführt
werden und der einzelne sich der Allgemeinheit unterordnet. Daß der
Pascha allein für sich lebte, da seine Mahlzeiten in türkischer Weise
bereitet wurden und er auch für seine Tochter zu sorgen hatte, daß
ebenso die französischen Missionare und Casati für sich lebten, war ja
eher verständlich. Indessen wurde die Geselligkeit dadurch erhöht, daß
wir uns auf dem Marsche häufig gegenseitig zu den Mahlzeiten einluden
und jeder das, was er hatte, gern mit den andern teilte. Auch wurden
teils von Stanley, teils von mir, besonders nachdem wir Proviant
und Getränke von der Küste erhalten hatten, gemeinsame Mahlzeiten
arrangiert, bei denen wir, die Vertreter verschiedenartiger Nationen,
auf das geselligste verkehrten.

Einer der angenehmsten Gesellschafter, desgleichen zweifellos eine
der hervorragendsten Persönlichkeiten unserer Karawane war der nun
verstorbene Pater Schynse. Von hohem Wuchs, angenehmem, sanftem und
gewinnendem Gesichtsausdruck merkte man ihm, sobald er zu sprechen
anfing, an, daß man es mit einem Manne von unbeugsamer Energie,
schnellem Entschluß und großer Thatkraft zu thun hatte. Man konnte
meinen, man hätte einen jener alten Mönche vor sich, welche, ohne im
Glaubenseifer erstarrt zu sein, die Kulturträger in allen Staaten
Europas gebildet haben. Solcher Gestalten trifft man viele in
Ostafrika. Der alte +Père Étienne+ in Bagamoyo, der Bruder Oskar,
der +Père+ Delpèche, der Pater Bonifacius sind Männer, welche
niemand vergessen wird, der je zu ihnen in Beziehung trat. Bei allen
begegnete man gleichmäßig einem tiefen Verständnis für Land und Leute,
sowie für die politischen Verhältnisse. Alle zeichneten sich durch
gleiche Offenheit und Ehrlichkeit in Bezug auf die von ihnen erreichten
oder erstrebten Erfolge aus, wenn das Gespräch darauf kam. Nie fielen
sie jemandem durch ihre Religionsübungen lästig. Daß der eine oder
andere, wie besonders der Bischof Monseigneur de Courmont und der
Pater Schynse durch ihre geistigen Eigenschaften hervorragten, verlieh
dem Verkehr mit ihnen besonderen Reiz. Dabei waren die meisten dem
geselligen Leben und körperlichen Uebungen sehr zugethan; einzelne
unter ihnen zeichneten sich durch besondere Passion für das edle
Waidwerk aus, wie Schynse und Bruder Oskar, deren Büchse manches Wild
in Afrika zum Opfer fiel.

Unser erster Marsch führte uns, nachdem wir die östlichen Hügelketten
von Ugogo passiert hatten und auf der andern Seite in das Thal
von Tubugue hinabgestiegen waren, zu dem gleichnamigen Dorfe der
wohlbewässerten Landschaft. Dort angekommen, suchte der Verfasser
einen Lagerplatz für die gesamte Expedition aus, ebenso Plätze für
die Zelte Emins, Stanleys, Casatis, der englischen Offiziere, der
französischen Missionare, für unsere Soldaten, die Kompagnien Stanleys,
die Träger und die Lasten. Stanley selbst erklärte sich, nachdem
eine prinzipielle Einigung über die Dauer der täglichen Märsche
erzielt worden, von vornherein mit allen speziell von mir getroffenen
Anordnungen einverstanden. Er hatte ursprünglich eine Vorliebe für die
Mamboia-Route gehabt, hatte aber den Vorstellungen des Verfassers, der
die zwar etwas längere Straße über Kondoa wegen der hier leichteren
Ernährung der großen Karawane empfahl, nachgegeben. Der Gabelpunkt
der beiden Straßen, der Mamboia- und der Kondoa-Route, war bereits am
ersten Marschtage dicht bei Tubugue passiert. Es erfolgte Tags darauf
der Weitermarsch nach Dambi.

Das hier bezogene Lager, an einem Waldbächlein unter schattigen Bäumen
wildromantisch gelegen, gefiel Stanley so gut, daß er den Pater Schynse
bat, von demselben zur Erinnerung für ihn und die Expeditionsmitglieder
eine Photographie aufzunehmen. Er bat den Pascha und mich, mit ihm
in die Mitte zu treten, um uns herum gruppierten sich die übrigen
Europäer. Leider erwies sich die Platte als zu alt und feucht, um eine
gute Photographie hervorzurufen. Besser fiel ein später in Msua von
Schynse gemachter Versuch aus, der den Mitgliedern der Expedition eine
lebendige Erinnerung an jene interessante Zeit darbot.

In den nächsten Tagen wurden die hohen, dem Mukondogua-Thal
vorgelagerten Usagara-Berge passiert und dann das Mukondogua-Thal
erreicht. Von diesem Thale ab begann wieder ein durchaus friedlicher
Verkehr mit der Bevölkerung des Landes, die sich von nun an stets sehr
zutraulich erwies und zunächst durch Abgesandte mit dem Verfasser in
Verbindung trat. Die Jumbes kamen uns meist schon unterwegs entgegen,
zeigten ihre Schutzbriefe vor, hißten in den Ortschaften die deutsche
Flagge und fragten nach unseren Anordnungen. Die Verpflegung der
großen Karawane geschah auf diese Weise ohne Schwierigkeiten und
die Eingeborenen bezeigten ihren guten Willen noch dadurch, daß
sie den Europäern überall Erfrischungen, in Gestalt des Pombe, des
einheimischen Bieres aus Hirse anboten.

Im Mukondogua-Thal, das wir gerade in der schönsten Zeit passierten,
als die alljährlichen Grasbrände vorüber waren und die Landschaft im
jungen Grün erblühte, äußerte Stanley seine Befriedigung darüber, daß
er sich auf seiner ersten Reise in seinem Werk so günstig über die
Fruchtbarkeit Usagaras ausgesprochen habe. Allerdings nimmt dieselbe
abseits von den Flußthälern bedeutend ab, und es ist hier in den Bergen
nicht überall lohnender Boden zum Anbau von wertvollen Produkten zu
finden.

In Muinisagara wurde ein Rasttag von den französischen Missionaren dazu
benutzt, einen Besuch in Longa, einer Station der katholischen Mission
vom heiligen Geist zu machen. Die dortigen Brüder sandten uns in ihrer
gastfreien Weise Gemüse aus ihrem Garten und einiges von dem wenigen,
was sie sonst hatten, wie Wein und Brot.

Hinter Kondoa verließen wir den Lauf des Mukondogua und traten in die
Makata-Ebene ein, wo wir mehrere Flüsse, zunächst den Makatafluß, den
Wiansibach und den Gerengere passierten. Der Verfasser persönlich hatte
Gelegenheit auf dem Marsche in diesem wildreichen Thale eine größere
Anzahl großer und kleiner Antilopen, darunter eine Elenantilope, zur
Strecke zu bringen. -- Stanley erzählte bei dieser Gelegenheit, daß,
als Verfasser dicht bei Udewa hinter einander mit seiner Doppelbüchse
von einem Fleck aus 5 Swala-Antilopen niedergestreckt hatte, ihm
seine Leute gesagt hätten, wenn von den Deutschen immer so geschossen
würde, dann würden von Buschiris Rebellen bald nur wenige noch übrig
sein. In Makata erreichte uns eine große bereits vorher angekündigte
Proviantkarawane, welche der Reichskommissar mir besonders für Emin
Pascha, Stanley und die Expedition gesandt hatte, so daß von da an bis
zur Küste, namentlich da auch Stanley mehrere Tage später von seinem
englischen Comité noch viel Proviant erhielt, geradezu Üppigkeit und
Überfluß bei uns herrschten.

Nachdem wir dann noch in Morogro die dortige französische
Missionsstation zu besuchen Gelegenheit hatten, ging es über die Berge
von Ukami nach Msua. Dort trafen wir die Expedition des Freiherrn
von Gravenreuth, der von Wißmann zur Bestrafung der rebellischen
Ortschaften auf einige Wochen ins Innere geschickt worden war und
zugleich den Auftrag hatte, wenn er sie treffen sollte, die Stanleysche
Expedition willkommen zu heißen und Grüße vom Reichskommissar zu
übermitteln. Das Wiedersehen wurde bei einer gemeinsamen Tafel
gefeiert, bei welcher uns die vorher von Wißmann geschickten Vorräte
trefflich zu statten kamen.

Der Gravenreuthschen Karawane hatten sich mit seiner Erlaubnis
zwei amerikanische Reporter, darunter auch der vom Newyork-Herald,
Visitelli, angeschlossen, welche seit geraumer Zeit in Sansibar auf
die Ankunft Stanleys und Emins lauerten und sich gegenseitig das
Leben sauer machten. Noch an demselben Tage gingen Boten mit langen
Telegrammen über die Expedition nach der Küste ab, und der Draht trug
die Nachricht über die ganze zivilisierte Erde.

Während Gravenreuth dann weiter nach Westen zog, folgten natürlich die
Reporter mir und der Expedition und es wurden ihnen in den nächsten
Tagen auch immer wieder Boten zur Verfügung gestellt, um ihre Zeitungen
mit Nachrichten über die Weiterbewegung der Expedition zu versehen.
Visitelli selbst hatte vom Reichskommissar die Erlaubnis erhalten,
die amerikanische Flagge zu Ehren Stanleys bei der Begrüßung in der
Expedition mitzuführen. Im übrigen vermehrte er die Zahl der angenehmen
Gesellschafter in der Expedition, denn er verband mit einer rührenden
Anhänglichkeit an anregende Getränke eine vorzügliche Laune.

Am 4. Dezember Vormittags kamen wir am Kingani an, bis wohin uns der
Reichskommissar persönlich entgegen geritten war. Hier erfuhren wir von
ihm selbst seine inzwischen erfolgte Beförderung zum Major. Auf den
von Wißmann mitgebrachten Pferden und Maultieren ritten sodann dieser
selbst, Emin Pascha, Stanley, Casati und der Verfasser der Expedition
voraus nach Bagamoyo, während die französischen Missionare nachfolgten
und Lieutenant Stairs die Stanleysche Expedition am Nachmittage nach
Bagamoyo hineinführte.

Die Station war für den Empfang der Gäste festlich geschmückt, und
Salutschüsse aus ihren Geschützen wie den auf der Rhede liegenden
Kriegsschiffen begrüßten die Reisenden. Der Korvettenkapitän Voß,
damals der älteste Kommandant der in Ostafrika stationierten
Kriegsschiffe, kam im Auftrage S. M. des deutschen Kaisers, um Stanley
und Emin zu beglückwünschen. Auch die Engländer hatten zu dem gleichen
Zwecke ein Kriegsschiff und eine Deputation vom Generalkonsulat
entsandt.

In den Räumen des sogenannten Ratuhauses, welches als Messe
hergerichtet war, wurde das Frühstück serviert, dem besonders von uns
eifrig zugesprochen wurde. Emin selbst machte seinen Studentenjahren
alle Ehre; er zeigte sich über den ihm zu Teil gewordenen Empfang und
das so lange entbehrte Zusammensein mit den Deutschen, die mit Stolz
auf ihn blickten, sehr erfreut. Die Verehrung und Begeisterung, welche
ihm von allen Seiten entgegengetragen wurden, seine Zuvorkommenheit und
sein Bestreben, jedem freundlich Rede zu stehen, läßt es nicht Wunder
nehmen, daß der Pascha bis zu dem um 6 Uhr beginnenden Diner, das den
Reisenden zu Ehren vom Reichskommissar gegeben wurde, wacker
durchhielt.

Der Verlauf dieses Festessens und sein trauriger Abschluß ist ja
bekannt.

Obwohl dem Sekt reichlich zugesprochen wurde und die Wogen der
Begeisterung hoch genug gingen, war doch von irgend einem Übermaß
nichts zu bemerken. Auch bei Emin war, wenn er sich auch natürlich
durch die genossenen Getränke und die Aufregung des Tages so zu sagen
in etwas vorgerückter Stimmung befand, von Trunkenheit, wie man wohl
angenommen hat, keine Rede. Nach Aufhebung der Tafel begab er sich,
um auszuruhen, in ein neben der Messe gelegenes Zimmer. Als er dieses
bald darauf wieder verlassen wollte, sah er bei seinem schwachen
Augenlicht ein Fenster mit sehr niedriger Brüstung für die offene Thür
an, stolperte über die Brüstung und stürzte hinaus. Nur dem Umstande,
daß er zunächst auf ein Wellblechdach fiel und dann erst auf die harte
Erde, wie seiner guten Natur und der überaus sorgsamen Pflege, die ihm
zu Teil wurde, ist es zuzuschreiben, daß sein Leben erhalten blieb.

Major Wißmann, Stanley mit seinen Offizieren, Casati und ich saßen noch
an der Tafel zusammen, als ein Neger heraufkam und uns die Mitteilung
machte, daß ein Europäer unter jenem Fenster blutüberströmt auf der
Straße in bewußtlosem Zustande gelegen habe, und daß die Eingeborenen
eben im Begriff seien, ihn nach dem Lazarett zu bringen; er glaube,
der Verunglückte sei der Pascha. Wißmann, Stanley und ich brachen
natürlich sofort auf und kamen gerade im Lazarett an, als +Dr.+
Brehme, der Stationsarzt von Bagamoyo, der eben von einer Revision der
Wachen zurückgekehrt war, mit Schwester Auguste Herzer und Fräulein
von Borcke dabei war, den Pascha zu untersuchen. Er gab uns wenig
Hoffnung. Am nächsten Tage berieten gemeinsam die anwesenden Ärzte über
die Behandlung des Schwerverletzten; es waren dies außer +Dr.+
Brehme der Assistenzarzt +Dr.+ Lotsch von S. M. S. »Sperber« und
+Dr.+ Parke von der Stanleyschen Expedition. Die Ansicht der
deutschen Ärzte ging dahin, daß ein Bruch der Schädelbasis vorliege und
im großen und ganzen die Aussicht, Emin am Leben zu erhalten, eine
ziemlich geringe sei, während +Dr.+ Parke die Verletzungen für
weniger schwer und für nur äußerlich erklärte.

Es erscheint, wie dem Verfasser von Ärzten mitgeteilt wurde, ganz
unverständlich, wie +Dr.+ Parke sich gegenüber den klar
hervortretenden Symptomen seine Ansicht hat bilden können. Der
Blutausfluß aus dem Ohre, die mehrtägige Bewußtlosigkeit, endlich
Lähmungserscheinungen im Gesicht sprachen mit so großer Deutlichkeit,
daß die Diagnose des Hospitalarztes +Dr.+ Brehme unumstößlich
feststand. Es griff die Annahme Platz, daß politische Momente für
Stanley maßgebend waren, den Transport Emins nach Sansibar auf
jede Gefahr hin möglich erklären zu lassen. Der gesamte spätere
Heilungsverlauf bestätigte die deutsche Diagnose, obwohl die Heilung
selbst mit einer die deutschen Ärzte überraschenden Schnelligkeit
vor sich ging. Sie ist wesentlich dem Umstande zuzuschreiben, daß
infolge des Vorschlags der Ärzte auf Anordnung Wißmanns einer der
kleinen Dampfer des Reichskommissariats täglich von Sansibar nach
Bagamoyo Eis für den Kranken brachte. Von einer Übersiedelung desselben
nach Sansibar, die Stanley wünschte und Dr. Parke auf Grund seiner
optimistischen Ansicht für möglich erklärte, wurde Abstand genommen, da
sich die deutschen Ärzte entschieden dagegen aussprachen.

Am zweiten Tage nach dem Unfall wurde die Stanleysche Expedition
nach Sansibar übergeführt, und zwar Stanley mit seinen Leuten auf
den deutschen Kriegsschiffen »Sperber« und »Schwalbe«, die Leute des
Pascha auf englischen Schiffen. Casati zog es vor, bei seinem alten
Freunde und Leidensgenossen in Bagamoyo zu bleiben und siedelte erst
später nach Sansibar über, als der Zustand Emins keinen Anlaß mehr zu
Befürchtungen bot.

Emin Pascha, mit welchem ich naturgemäß während des Marsches zur Küste
in engere Beziehungen getreten war, hatte gewünscht, mich in Bagamoyo
in seiner Nähe zu behalten und so übertrug mir bis auf weiteres
der Kommandant die bisher von Gravenreuth verwaltete Stellung des
Distriktschefs im Küstenbereich von Bagamoyo, welche wegen Gravenreuths
Abmarsch ins Innere unbesetzt war. Dieselbe umfaßte die Stationen
Bagamoyo unter Hauptmann Richelmann und Daressalam unter Chef Leue.

Die deutschen Ärzte forderten, daß alle äußeren Einwirkungen nach
Möglichkeit vom Pascha ferngehalten werden sollten, auch Besucher,
die vielleicht auf seine Zukunft bestimmend einzuwirken versuchen
und ihn so erregen könnten. Eine Einigung mit +Dr.+ Parke war
nicht zu erzielen. Da indes die deutschen Ärzte die Majorität hatten,
und im Grunde doch +Dr.+ Brehme als Chefarzt des Lazaretts die
Hauptverantwortung trug, beschloß ich, nach ihrem Dafürhalten zu
handeln und ordnete an, daß die von +Dr.+ Brehme und +Dr.+
Lotsch getroffenen Maßregeln aufs strikteste innegehalten würden,
und der Pascha nur Besuche empfangen dürfe, welche der Chefarzt für
zuträglich hielt. Als nach einigen Tagen Emin zum Bewußtsein kam und
sein Zustand eine, wenn auch langsame Wendung zum Besseren nahm,
erklärte er sich selbst hiermit vollkommen einverstanden. Speziell
wurde der englische Generalkonsul Sir Evan Smith, welcher mit seiner
Gemahlin dem Pascha im Lazarett die Aufmerksamkeit eines Besuches
erweisen wollte, von Wißmann, dem ich über meine Anordnungen nach
Sansibar berichtete, und der persönlich oft nach Bagamoyo kam, um sich
des Pascha in jeder Weise anzunehmen, bewogen, von seinem Vorhaben
Abstand zu nehmen. Erst etwa vierzehn Tage nach dem Unfall wurde
im Beisein Wißmanns und der Ärzte, sowie in meiner Gegenwart dem
Generalvertreter der englisch-ostafrikanischen Gesellschaft, Mackenzie,
wie einigen Offizieren Stanleys und dem Kapitän eines zur Abholung
Emins und der Sudanesen vom Khedive geschickten egyptischen Dampfers
gestattet, den Pascha auf einige Minuten zu besuchen, wobei jedoch
politische Erörterungen, die wohl besonders von Mackenzie beabsichtigt
waren, unterbleiben mußten.




                              8. Kapitel.

                       Buschiri und die Mafiti.

  Gerücht von einem Vorstoß Buschiris nach der Küste. -- Gravenreuth
  trifft Vorkehrungen dagegen. -- Nachricht, daß Buschiri mit mehreren
  tausend Mafiti Usaramo verwüstet. -- Die Marine besetzt Bagamoyo und
  Daressalam. -- Marsch des Expeditionskorps unter Gravenreuth gegen
  Buschiri. -- Marschbefehle. -- Buschiri angeblich bei Wasinga. --
  Wasaramo als Hilfstruppen. -- Greuel der Mafiti. -- Wasinga
  verlassen. -- Abteilung Bülow trifft nicht ein. -- Zusammentreffen
  mit den Mafiti bei Jombo. -- Gefecht bei Jombo. -- Einnahme der
  Mafiti-Lager. -- Zersprengung der Mafiti. -- Buschiri entkommt.
  -- Wegen Munitionsmangel Rückkehr nach Bagamoyo. -- Abteilungen
  Richelmann und von Bülow noch im Innern. -- Gravenreuth bricht
  wieder dahin auf. -- Rückkehr der Abteilungen nach Daressalam.


Zur Zeit, als sich Wißmann noch in Mpapua befand, drangen Gerüchte
nach Bagamoyo, daß Buschiri, der im Innern, besonders unter den Mafiti
und Wahehe, zahlreiche Anhänger gefunden habe, wieder im Vorrücken
nach der Küste begriffen sei. Er solle die Ansicht hegen, daß nach
der Entfernung Wißmann's mit dem Expeditionskorps von der Küste diese
von Truppen entblößt sei und daß sich infolgedessen für ihn günstige
Gelegenheit zu einem Handstreiche biete. Obwohl dieser Fall ja, wie
früher erwähnt wurde, von vornherein von Wißmann für durchaus möglich
gehalten und in Erwägung gezogen war, maß man zunächst den Nachrichten
wenig Glauben bei; für alle Fälle aber traf der Stellvertreter
Wißmanns, Chef v. Gravenreuth, die nötigen Vorkehrungen. Durch die
Anordnungen des Reichskommissars war er in den Stand gesetzt, die von
vornherein aus den Stationen für etwaige kleinere Expeditionen und
Angriffe abgeschiedene Spezialreserve noch durch Abkommandierung von
Truppen aus den nördlichen Stationen zu verstärken und so ein größeres
Expeditionskorps zu formieren. Diese Vorkehrungen Gravenreuths erwiesen
sich als durchaus zweckmäßig, denn es wurde bald durch Kundschafter
und durch die von allen Ecken und Enden nach Bagamoyo herbeiströmenden
Wasaramo die Nachricht vom Anrücken Buschiri's bestätigt und noch dahin
erweitert, daß dieser mit mehreren Tausenden Mafiti einen großen Teil
der Ortschaften Usaramos verwüstet und massenhaft Leute hingemordet,
auch nicht einmal die unmenschlichen Grausamkeiten und Scheußlichkeiten
der Mafiti, welche diese zu verüben pflegen, verhindert habe.
Gravenreuth bat um Unterstützungen, die ihm auch gewährt wurden: die
Marine besetzte Bagamoyo und Daressalam, was Gravenreuth ermöglichte,
mit dem gesamten Expeditionskorps zu operieren.

Dieses Expeditionskorps formierte Gravenreuth in drei Abteilungen. Die
Führung der einen übernahm er selbst, marschierte von Daressalam über
Pugu und Kola auf Usungula zu, um von dort aus auf Wasinga und Jombo
vorzudringen, wo Buschiri den Aussagen der flüchtigen Wasaramo nach
sich verschanzt haben sollte.

Eine zweite Kolonne sollte unter Führung des Herrn von Bülow von Bueni
halbwegs Madimola marschieren, um zu verhüten, daß die Mafiti nach dem
Süden hin, speziell nach Daressalam zu ausbrächen.

Die dritte Abteilung unter Hauptmann Richelmann sollte sich nach
Dunda wenden, dort die Kingani-Ebene beobachten und Patrouillen nach
Madimola, Usungula und Jombo entsenden, um so die Fühlung mit der
Abteilung Gravenreuth aufrecht zu erhalten. Beide Abteilungen sollten
am 18. früh auf Jombo marschieren, welchen Ort dann alle drei Kolonnen
vereint angreifen sollten.

Die einzige Kolonne, welche Gefechte zu bestehen hatte, war die des
Herrn von Gravenreuth, deren Verlauf wir jetzt darstellen wollen:

In der Nacht vom 15. zum 16. marschierte die Abteilung von Daressalam
mit Magnesia-Fackeln ab. Die Abteilung bestand aus ca. 90 Sudanesen,
Zulus und Suaheli, von Europäern befanden sich bei derselben Lieutenant
von Perbandt, von Behr, von Frankenberg, Albrecht, Schiffsoffizier
Wiebel und verschiedene Unteroffiziere. Da in Eilmärschen marschiert
werden sollte, war für Proviant fast garnicht gesorgt und nur genügende
Munition mitgenommen.

Die Abteilung legte in zwei Tagen fast 100 Kilometer zurück. Unterwegs
empfing von Gravenreuth verschiedene Meldungen über die Stellung
Buschiris, welche alle mit mehr oder weniger Bestimmtheit Wasinga als
das Hauptlager Buschiris angaben. Gravenreuth forderte die flüchtigen
und in den verschiedenen Ortschaften ansässigen Wasaramo auf, seine
Abteilung zu begleiten, verteilte auch einige dazu mitgenommene Gewehre
und forderte von den Wasaramo, daß sie nach eventuellem Gefecht ihm bei
der Verfolgung der Mafiti behilflich sein sollten. Im Lager am Kingani
waren bereits etwa 600 Wasaramo, welche das Gefecht mitmachen wollten.
Von diesem Lager aus wurden Patrouillen an die Abteilungen Richelmann
und von Bülow geschickt, welche diesen mitteilen sollten, daß Buschiri
in Wasinga stände, und dieselben beorderten, dorthin aufzubrechen.
Diese Patrouillen kamen jedoch nicht an, sondern wurden zum Teil
versprengt, zum Teil von Mafitis aufgegriffen, so daß die Meldung nicht
in die Hände der betreffenden Unterführer gelangte.

Gravenreuth brach in der Nacht von genanntem Lager auf, um sich direkt
nach Wasinga zu begeben. Auf diesem Wege schon traf die Abteilung auf
Zeichen, daß die Mafiti-Horden denselben Weg vor kurzer Zeit marschiert
waren: Dörfer waren zerstört, Felder verwüstet, die Kokospalmen
vernichtet. Massenhaft wurden Leichen von Weibern, Kindern und Männern
vorgefunden, zum Teil in der gräßlichsten Weise verstümmelt.

So fand die Abteilung an Bäumen aufgehängt Kinder, unter deren Köpfen
man Feuer angemacht und die so langsam zu Tode geröstet waren, Weiber
mit abgeschnittenen Brüsten und sonstigen ekelhaften Verstümmelungen;
Männer hatten zum Teil als Zielscheibe von Messern und Lanzen
gedient und hingen zerfetzt an Büschen und Bäumen; Kinder lagen mit
zerschellten Schädeln neben ihren toten Müttern: die ganze Gegend war
in einen Pest- und Leichengeruch gehüllt. Durch den Anblick dieser
Scheußlichkeiten wurden sowohl Europäer wie schwarze Soldaten, ja
sogar die Zulus, deren Kampfesart noch am meisten derjenigen der
Mafitis ähnelt, so entrüstet, daß sie alle kaum erwarten konnten, den
Mafitis im Kampfe zu begegnen und die unschuldig hingemordeten Wasaramo
zu rächen. Auf die begleitenden Wasaramo hatte der Anblick einen
derartigen Eindruck gemacht, daß nach Verlauf von wenigen Stunden kein
einziger dieser tapferen Bundesgenossen mehr zur Stelle war.

Des Morgens gegen 10 Uhr wurde Wasinga erreicht, ohne daß eine
Meldung der Abteilung Bülow oder Richelmann eintraf. Wasinga wurde
stark befestigt, aber bereits von Buschiri und den Mafitis verlassen
vorgefunden. Im Schutze des Ortes lagen die Reste eines ungeheueren
Feldlagers, welches auf eine nach Tausenden von Mafitis zählende Menge
schließen ließ.

Die Abteilung marschierte nun weiter auf Jombo und hatte beinahe schon
die Hoffnung, mit Mafitis zusammenzutreffen, aufgegeben, da die Meldung
zu bestimmt auf Wasinga hindeutete.

Der Tag war ungeheuer heiß, Wasser war auf dem ganzen Wege nicht zu
finden, und der permanente Leichengeruch wirkte beklemmend auf die
marschierende Abteilung. Gegen 12 Uhr wurde eine kurze Mittagsrast
unter 2 Mango-Bäumen, die den Verwüstungsversuchen der Mafiti
Widerstand geleistet hatten, abgehalten. Hier traf die Abteilung auf
einen kleineren versprengten Trupp der Kolonne Bülow, welcher angab,
daß Bülow sich in nächster Nähe befinde. Die Meldung erwies sich
jedoch als falsch, vielmehr stellte sich heraus, daß der türkische
Offizier und seine Leute ohne Erlaubnis aus Schlappheit von der Kolonne
zurückgeblieben waren. Genannter türkische Offizier erhielt den Befehl,
zur Abteilung Bülow zu marschieren und demselben anzubefehlen, an
seinem Platze zu halten, bis die Abteilung Gravenreuth herankäme.

Noch war die Patrouille kaum eine halbe Stunde abmarschiert, als in
nächster Nähe des Rendezvous-Platzes Lärm ertönte und Schüsse fielen.
Atemlos stürzte ein Mann der Patrouille herbei und meldete, daß eine
Horde Mafitis dieselbe überrumpelt, zwei Mann getötet und einen mit der
Lanze verwundet hätte.

Herr v. Gravenreuth befahl sofort an die Gewehre, Lieutenant von
Perbandt übernahm die Avantgarde, die Herr von Behr bald darauf
verstärkte. Die Abteilung stieß auch bald auf vagabondierende Mafiti,
die jedoch nach einigen Salven unter Zurücklassung von 10 Toten das
Weite suchten. Gravenreuth folgte den weichenden Mafitis, doch war bald
jede Spur derselben verschwunden, und wurde der Marsch auf Jombo und
Bagamoyo fortgesetzt.

Gegen 4 Uhr nachmittags traf die Kolonne in einem Palmen-Wäldchen ein,
in welchem v. Gravenreuth sich entschloß zu lagern, um der mittlerweile
ganz erschöpften Truppe Ruhe zu gönnen. In der Nähe des Platzes stand
ein Dorf in Flammen, und wir glaubten, daß die Abteilung Bülow auf den
Feind gestoßen sei. Lieutenant v. Behr erhielt den Befehl, mit seinem
Zuge dorthin zu marschieren, die Gegend zu rekognoszieren und Herrn v.
Bülow mit seiner Abteilung zu Gravenreuth zu beordern. Es wurden Posten
ausgestellt und Vorbereitungen für das Lager getroffen.

Bald jedoch ertönte aus der Postenkette wie aus der Abteilung von Behr
lebhaftes Gewehrfeuer. Auch die lagernde Abteilung sah überall im Grase
auftauchende, mit kriegerischem Kopfputz geschmückte, nackte Gestalten.

Sofort wurden die Gewehre zur Hand genommen und Schiffsoffizier Wiebel
mit einigen Leuten zur Bagage beordert. v. Gravenreuth ging mit der
Abteilung v. Perbandt in die Postenkette. Von hier sah man auf einige
100 Meter Entfernung das befestigte Mafiti-Lager, auf welches v. Behr
mit seiner Abteilung losging. Dieses Lager wurde, trotzdem fortwährend
noch außerhalb befindliche Mafiti-Banden anstürmten, genommen. Dabei
drangen die Mafitis wiederholt bis in die Schützenkette ein und stachen
mit ihren Speeren Leute aus derselben nieder. v. Behr war schon vorher
in der Nähe des erwähnten brennenden Dorfes auf eine Horde Mafiti
gestoßen, hatte sie aber sogleich mit einigen Salven begrüßt und nach
dem jetzt eroberten Lager vor sich hergetrieben.

Mittlerweile war die Kolonne bei der Bagage unter dem Schiffsoffizier
Wiebel in eine bedenkliche Lage gekommen. Die Mafiti hatten bereits
einige von den wenigen Soldaten verwundet und drangen hart auf
dieselben ein, um sich der Bagage zu bemächtigen. v. Gravenreuth,
der das fortwährende Feuern von dort hören konnte, schickte daher
Lieutenant von Perbandt mit einer kleinen Abteilung zurück, um Wiebel
zu entsetzen und die Bagage heranzuziehen.

Lieutenant von Perbandt, der auf dem Wege dorthin fortwährend von
Mafitis umzingelt und belästigt wurde, kam noch gerade zur Zeit, um
Wiebel aus fataler Lage zu befreien und die Bagage glücklich in das
Mafitilager zu bringen.

Dort sammelte sich die ganze Abteilung Gravenreuth, und gerade wollten
sich die braven Sudanesen und Zulus mit der näheren Besichtigung und
Plünderung der Hütten beschäftigen, als schon wieder größere Haufen
von Mafiti auf das Lager eindrangen. Araber und Belutschen beschossen
aus weiter Entfernung mit ihren langen Flinten die sich rangierenden
Soldaten.

Durch eine kleine Schlucht von den Deutschen getrennt, lag noch ein
zweites kleineres Rebellenlager, welches aber ebenfalls bereits
verlassen war.

Da für die kleine Gravenreuthsche Abteilung das zuerst genommene
Lager zu groß zur Verteidigung gegen die nachdrängenden Mafitis war,
wurde dasselbe in Brand gesteckt und das andere bezogen. Auch hierhin
drängten die Mafiti nach, wurden aber durch einige Salven verscheucht
und hielten sich nun in respektvoller Entfernung in kleineren und
größeren Trupps, die Abteilung Gravenreuth beobachtend.

In dem genommenen Lager waren verschiedene gefangene Wasaramo, Männer
und Weiber, von Gravenreuth befreit und einiges Rindvieh erbeutet
worden. Außerdem fanden sich in der Hütte Buschiris Briefe an die
umwohnenden Häuptlinge vor, worin er dieselben aufforderte, mit ihm
vereint am folgenden Tage Bagamoyo anzugreifen.

Die Mafiti, die mittlerweile durch die große Menge von Toten und
Verwundeten, die sie auf dem Platze gelassen hatten, überzeugt worden,
daß ihre Schilde aus Rinds- und Zebrahaut doch nicht einen Schutz
gegen die deutschen Geschosse, wie ihnen Buschiri weiß gemacht hatte,
gewährten, und welche außerdem all ihr zusammengestohlenes Gut in
Flammen aufgehen sahen, zogen sich nach dem Kingani zurück. Buschiri
konnte sie nicht zu erneutem Ansturm sammeln.

Mittlerweile hatte sich bei der Abteilung Gravenreuth herausgestellt,
daß für den Mann nur noch 5 Patronen vorhanden waren und Gravenreuth
beschloß deshalb, sich näher an Bagamoyo heranzuziehen, da er für
die Nacht einen neuen Angriff der Mafiti befürchtete. Nach etwa
einstündigem Marsche, -- die Dunkelheit fing bereits an, einzubrechen,
-- kam von flüchtigen Wasaramo die Meldung, daß zwischen Bagamoyo und
der Abteilung sich noch Mafiti-Horden aufhielten. v. Gravenreuth,
der die Abteilung nicht der Gefahr aussetzen wollte, im Busch von
den gemeldeten Mafitis bei Dunkelheit überfallen zu werden, bezog
eine günstige Position, und zwar bivouakierte die ganze Abteilung
in Schützenlinie, die Europäer auf Posten, die Nacht hindurch jeden
Augenblick einen Angriff erwartend.

Die Soldaten waren dermaßen erregt, daß in der Nacht auf jedes
Geräusch, sei es auch durch einen Schakal oder eine Hyäne verursacht,
Salven abgegeben wurden. Nur unter großer Mühe der Europäer konnte dem
Geschieße ein Ende gemacht werden.

Die Nacht verlief ohne den erwarteten Angriff. Wie sich später
herausstellte, waren die Mafiti, nachdem sie sich von ihren ungeheuren
Verlusten überzeugt hatten, in wilder Flucht und ohne anzuhalten,
bis nach den Kingani-Furten geströmt und dabei noch zum Teil von der
Abteilung Richelmann, die in Dunda stehen geblieben war, beschossen
worden.

Am nächsten Morgen kam die Abteilung Gravenreuth endlich dazu, nach
24stündigem Fasten an ihres Leibes Notdurft und Nahrung zu denken.
Die im Lager erbeuteten Ziegen waren in der Nacht, da sie zu großen
Lärm machten, abgestochen worden und wurden nun von den ausgehungerten
Soldaten verspeist.

Nach dem Abkochen marschierte Gravenreuth nach Bagamoyo weiter. Es
zeigte sich, daß thatsächlich die Mafiti schon bis in die Nähe von
Bagamoyo gestreift hatten, denn auch dort waren Felder und Äcker
verwüstet und Leichen von Ermordeten, wenn auch nicht mehr in so großer
Zahl, gefunden worden.

Gegen Mittag kam die Abteilung in Bagamoyo an, wurde von der dort
befindlichen Marineabteilung, die Bagamoyo besetzt gehalten hatte,
aufs herzlichste begrüßt und beglückwünscht und von der Bevölkerung
Bagamoyos und den dahin geflüchteten massenhaften Wasaramo mit
stürmischem Jubel empfangen. Hier erfuhr v. Gravenreuth erst, daß
Richelmann, der durch Brieftauben-Post mit Bagamoyo verbunden war, noch
in Dunda stand, während von v. Bülow keine Nachricht vorhanden war. v.
Gravenreuth gönnte seiner Abteilung nur bis zum nächsten Morgen Ruhe,
deren sie sehr bedurfte, erneuerte die Munition und brach noch vor
Tagesanbruch nach Dunda auf, um womöglich eine wirksame Verfolgung der
Mafiti aufzunehmen.

In Dunda angekommen, fand er dieses von Richelmann besetzt, auch war
vor Kurzem die Abteilung Bülow, die nicht halbwegs Madimola, sondern
ganz dorthin marschiert war, da der Befehl falsch oder undeutlich
geschrieben war, dortselbst angelangt. Die Patrouille mit den Befehlen
an Hauptmann Richelmann war, wie schon erwähnt, nicht angekommen,
sondern aufgefangen und versprengt worden.

In Dunda hatte der allgemein beliebte Schlachtenmaler Weidmann bereits
Skizzen der dort stattgefundenen Szenen aufgenommen. Weidmann hat,
nebenbei gesagt, nicht nur als Schlachtenbummler an zahlreichen der
damaligen Gefechte teilgenommen, sondern sich in jeder Weise durch
Übernahme der Proviantmeister-Geschäfte und andrer Funktionen nützlich
zu machen gesucht.

v. Gravenreuth blieb mit der Hälfte seiner Abteilung und mit Richelmann
in Dunda und ließ von dort aus die Kingani-Ebene absuchen, wobei noch
verschiedene Mafitis in die Hände der Soldaten fielen. v. Bülow und
v. Perbandt erhielten den Auftrag, die Mafitis bis nach dem mehrere
Tagereisen entfernten Pangiri zu verfolgen. Doch wurde Pangiri trotz
der anstrengendsten Eilmärsche bereits von den Mafiti verbrannt und
seit kaum einer halben Stunde verlassen vorgefunden, ein Zeichen,
welche Panik sich derselben nach dem Gefecht von Jombo bemächtigt
hatte. Von dort marschierten die genannten Abteilungen nach Daressalam,
ohne noch auf Mafiti zu stoßen, und bemerkten hier, daß die vor den
Mafiti geflüchteten Wasaramo schon wieder zum Teil in ihre Dörfer
zurückgekehrt waren.

Durch sein kühnes Vorgehen hatte Gravenreuth Buschiri abermals
energisch zurückgeschlagen, Usaramo von der Plage der Mafiti befreit
und der an der Küste eingerissenen Panik mit einem Schlage ein Ende
gemacht.

Als Wißmann von Mpapua zurückkehrte -- er war auf die Nachricht der
Mafiti-Gefahr mit +Dr+. Bumiller und einer kleinen Abteilung
dem unter Zelewski folgenden Gros vorangeeilt -- empfing ihn die
Siegesnachricht, welche im Verein mit dem, was er selbst im Innern
erreicht hatte, einen wesentlichen Schritt vorwärts bedeutete und
freiere Entfaltung aller Kräfte zuließ.

Indes konnte sich Wißmann nicht in jeder Weise mit Gravenreuths
Vorgehen einverstanden erklären. Er mißbilligte entschieden die Teilung
des Expeditionskorps in drei Kolonnen, von denen ja nur die eine
wirklich hatte eingreifen können, während die Richelmannsche nur auf
kleine und vereinzelte Trupps von Flüchtigen gestoßen war, und die
dritte nur zur Verfolgung hatte verwandt werden können. Leicht hätte
diese Schwächung bei der von Gravenreuth nicht geahnten Tapferkeit der
Mafiti ihm verhängnisvoll werden können. Die Teilung erschien auch
deswegen nicht angebracht, weil die Nachrichten über die Stellung der
Gegner keineswegs so genau waren, daß man daraufhin hätte operieren
können. Ein Vorgehen mit der gesamten Macht auf Jombo, allerdings
vielleicht auf einem Umwege, um die Möglichkeit eines überraschenden
Überfalls für sich zu haben, und dann in nächster Nähe des Feindes eine
Teilung zum Angriff von verschiedenen Seiten her, wie es ja Gravenreuth
mit seiner eigenen Kolonne gemacht hatte, wäre für das gesamte Korps
das Richtigste gewesen.

Indes der Erfolg war da, und das Verdienst, die Küste verteidigt und
die Mafitis aufs eklatanteste geschlagen zu haben, gebührt ohne Zweifel
Gravenreuth mit seinen Offizieren und Unteroffizieren, wie auch vor
allen Dingen der Kaltblütigkeit und Bravour unserer Sudanesen. Hätten
diese bei Jombo versagt, so wäre das Expeditionskorps vernichtet
gewesen. Als ich auf dem Rückmarsch mit der Stanley-Eminschen Karawane
in Msua mit dem Freiherrn v. Gravenreuth zusammentraf, erzählte er mir
von den damals noch frischen Ereignissen, wobei er den Erfolg außer
der Tapferkeit der Soldaten besonders der Ruhe seiner Offiziere von
Perbandt und von Behr zuschrieb.




9. Kapitel.

Wißmanns Thätigkeit an der Küste nach der Rückkehr von Mpapua,
Buschiris Gefangennahme und die Unterwerfung Bana Heris.

 Revisionsreise des Reichskommissars nach allen Stationen. -- Bana
 Heri im Hinterland von Sadani. -- Der Verkehr wird durch seine Leute
 behindert. -- Gefährdung der französischen Mission Mandera. --
 Expedition gegen Bana Heri unter v. Zelewski. -- 600 Wassukuma als
 Hilfstruppe. -- Selbständiges Vorgehen der Wassukuma nach Mandera.
 -- 200 irreguläre Wadoë und Wakuara aus unserer Seite. -- Kleineres
 Expeditionskorps unter Gravenreuth zur See in Sadani; Zelewski auf dem
 Landwege. -- Hauptboma Bana Heris bei Mlembule bleibt unentdeckt. --
 Besetzung von Mkwadja. -- Anlage einer Station daselbst. -- Vorstoß
 des +Dr.+ Schmidt von Pangani nach Magila. -- Einwohnerschaft auf
 deutscher Seite. -- Buschiri im Innern isoliert. -- Gerücht, Buschiri
 wolle sich mit Bana Heri und Simbodja verbinden. -- +Dr.+ Schmidt
 mit kleinem Expeditionskorps in Gewaltmärschen ins Innere, um Buschiri
 den Weg zu verlegen. -- Einnahme des Dorfes Masiro. -- Buschiri
 entkommt abermals. -- Die Eingeborenen überall freundlich gesinnt.
 -- Buschiri vom Jumbe Magaya gefangen. -- Rückmarsch nach der Küste.
 -- Buschiris Verhör, Verurteilung und Tod. -- Die aufständischen
 Bagamoyo-Jumbes werden verurteilt. -- Günstige Entwicklung der
 Verhältnisse auf den Küstenstationen. -- Neue Rüstungen Bana Heris.
 -- Rekognoszierungstour des Verfassers gegen Bana Heri im Hinterland
 von Sadani. -- Angriff auf die Boma von Mlembule. -- Rückmarsch nach
 der Küste. -- Wißmann zieht alle verfügbaren Streitkräfte zusammen zum
 Angriff auf Bana Heri. -- Mlembule in heftigem Gefecht erobert. --
 Bana Heri zieht sich nach Palamakaa zurück. -- Einrichtung der Station
 Sadani unter dem Verfasser. -- Rekognoszierungsexpeditionen unter von
 Gravenreuth und dem Verfasser. -- Expedition des +Dr.+ Schmidt
 zu Simbodja. -- Anlage eines Postens am Kilimandscharo. -- Gefechte
 um Palamakaa. -- Eroberung der Boma. -- Zersprengung der Macht Bana
 Heris. -- Kleinere Expeditionen um Pangani. -- Uebergabe Bana Heris in
 Sadani.


Die nächstliegende Aufgabe des Reichskommissars nach seiner Rückkehr
aus dem Innern und nach Erledigung der laufenden Geschäfte war
eine Revisionsreise an der Küste. Ihr Zweck war eine Besichtigung
der Stationen, auf denen Wißmann durch den Augenschein sich von den
inzwischen gemachten Fortschritten überzeugen wollte, um seine weiteren
Pläne nach dem Zustande der Stationen und der etwaigen Notwendigkeit
der Besetzung derselben einzurichten.

Das Ergebnis dieser Besichtigung war ein sehr erfreuliches. Überall
war wie vor der Expedition so auch während derselben wacker an dem
Ausbau der Stationen weiter gearbeitet worden; die Beziehungen der
Stationschefs zur Bevölkerung waren im weiteren Umkreise auf einen
Teil des Hinterlandes ausgedehnt, speziell das Hinterland von Bagamoyo
und Daressalam war nach Besiegung der Mafitis vollkommen beruhigt.
Wißmann konnte telegraphisch nach Berlin berichten, daß die große
Karawanenstraße von Bagamoyo nach den Seen wieder für den Verkehr offen
stände.

Nur im Hinterlande von Sadani ließen die Verhältnisse noch sehr vieles
zu wünschen übrig. Hier hatte sich der bereits früher erwähnte Bana
Heri, der Machthaber von Usegua festgesetzt, jeden Verkehr mit der
Küste unterbrochen und brandschatzte die aus Unkenntnis den Sadani-Weg
benutzenden Karawanen. Boten von Mpapua, die auf dem kürzeren Wege
durch Usegua nach Bagamoyo gingen, Leute der französischen Mission
wurden von ihm gefangen genommen und ihrer Waren beraubt. Später, nach
der Einnahme der Hauptstellung Bana Heris fanden wir in seiner Hütte
verschiedene von ihm abgefangene Briefe von uns und von der Station
Mpapua vor. Selbst der Dhau-Verkehr vor Sadani und im Wami wurde durch
Bana Heris Leute unsicher gemacht.

Major Wißmann beschloß daher ein abermaliges Vorgehen gegen Bana Heri
und setzte den Beginn der Unternehmungen gegen ihn ursprünglich auf
den 10. November fest; doch veranlaßte die Bitte der französischen
Mission Wißmann, die Unternehmung schon früher zu beginnen, da die
Missionsstation Mandera in Usegua von den Scharen Bana Heris aufs
ernsteste gefährdet wurde.

Der Führer des Expeditions-Korps, Chef v. Zelewski, erhielt Befehl,
mit dem aus vier Kompagnien formierten Korps direkt auf Mandera
vorzugehen, sämtliche feindliche und befestigte Dörfer anzugreifen und
zu zerstören, um dadurch Bana Heri seiner Stützpunkte im Hinterlande zu
berauben, die Mission zu sichern und den Verkehr wieder zu ermöglichen.
Dem Expeditionskorps wurde die früher bereits erwähnte Karawane der
Wassukuma unter ihrem Führer Tscherekesa beigegeben, da dieser mit den
erwachsenen Wassukuma sich bereitwilligst in gleicher Weise, wie es
früher während des Aufstandes die Waniamuesi gethan, zur Verfügung der
Deutschen stellte.

Während der Zeit der Anwesenheit der Karawane in Bagamoyo hatte
Tscherekesa Gelegenheit gehabt zu sehen, daß gute von ihm geleistete
Dienste von uns anerkannt wurden, daß es die erste Aufgabe des
Reichskommissariats in jener Zeit war, Handel und Wandel nicht
nur an der Küste, sondern besonders im Hinterland an den großen
Karawanenstraßen wieder zu heben, daß er somit seinen Vorteil auf
unserer Seite zu suchen habe. Außerdem hatten die Wassukuma zu Bagamoyo
vielfach Gelegenheit zu Verdienst. Besonders aber hatte die Art und
Weise mitgewirkt, mit der es der stellvertretende Stationschef zu
Bagamoyo, Hauptmann Richelmann verstanden, mit der Karawane und den
Leuten umzugehen.

Das zwischen uns und den Wassukuma hergestellte gute Verhältnis war um
so bemerkenswerter, als bei Ausbruch des Aufstandes gerade Tscherekesa,
der Führer jener Karawane, sich bereit erklärt hatte, seine Macht
auf die Seite der Rebellen zu stellen. -- Daß bei dem Entschluß
Tscherekesas, unter Zelewski nach Usegua mitzuziehen, auch zum großen
Teil Rücksichten auf Gewinn, auf gute Beute und Plünderung mitsprachen,
ist ja natürlich.

Die Wassukuma, welche er stellte, 600 an der Zahl, wurden mit
Vorderlader-Gewehren und genügender Munition versehen und in einzelne
Trupps eingeteilt, von denen jeder, um ihn als unseren Freund kenntlich
zu machen, eine schwarz-weiß-rote Flagge mit sich führte.

Die Wassukuma hatten auf dem Wege nach Mandera zwischen dem
Expeditionskorps und der Küste zu marschieren und hatten ebenfalls den
Auftrag, überall wo sie Widerstand fänden, einzuschreiten und die
Dörfer gründlich zu zerstören.

Auf der andern Seite des Expeditionskorps, also westlich desselben
marschierte ein ebenfalls aus freiwilligen Irregulären bestehender
Trupp von 200 Wadoë und Wakuara.

Wir haben bereits früher erwähnt, daß auch diese zuerst auf Seiten der
Rebellen standen, aber nach den ersten Siegen Wißmanns den Frieden
von uns erbaten und nun offen auf unserer Seite gegen ihre einstigen
Verbündeten kämpften. Auch sie erhielten von uns Gewehre und Munition
und hatten die Aufgabe, die Expedition Zelewski in ihrer linken Flanke
zu sichern.

Sämtliche Hilfstruppen waren, wie erwähnt, dahin instruiert, daß sie
angreifen sollten, wo ihnen mit Feindseligkeiten entgegengetreten
würde; gegen Befestigungen sollten sie selbständig vorgehen, und nur,
wenn sie sich außer Stande sähen, mit Erfolg eine zu starke Boma
anzugreifen, sollten sie Meldung an den Chef von Zelewski erstatten,
damit dieser dann mit dem Expeditionskorps selbst eingreifen könnte.

Außer diesem unter der Führung von Zelewski stehenden Expeditionskorps
von vier Kompagnien, hatte der Reichskommissar noch ein kleineres
Expeditionskorps aus der bis dahin am stärksten besetzten Station
Pangani herausgezogen und unter den Befehl des Chefs von Gravenreuth
gestellt. Dieses kleine Expeditionskorps wurde am 8. November auf dem
Dampfer »München« eingeschifft und nach Sadani gebracht, wo auch die
Kriegsschiffe auf Bitten des Reichskommissars zusammengezogen waren, um
eventuell für das Eingreifen an der Küste mit zur Verfügung stehen zu
können.

Die Landung zu Sadani fand noch am Tage der Ankunft, den 8. November
statt, und zwar nach Verabredung mit dem ältesten Offizier der Marine,
Kapitän Voß, gemeinsam mit einem Landungscorps der kaiserlichen Marine.

Der der Landung entgegengesetzte Widerstand von Seiten der Rebellen
war nur sehr gering. Die landenden Truppen erhielten Feuer von einer
fünf Mann starken Patrouille, die sich indessen sofort auf Ndumi
zurückzog. Auch das Terrain um Sadani selbst war frei von Rebellen,
die, von Westen durch das starke Expeditionskorps und die Irregulären
bedrängt, in nördlicher Richtung davonzogen. Es wurde infolgedessen
von dem gelandeten Expeditionskorps der Schutztruppe ein Platz für das
Lager ausgewählt und dies in der bei uns auf Märschen üblichen Weise
hergestellt. Während der Nacht wurde von einem flüchtig vorbeiziehenden
Rebellentrupp noch eine Salve ins Lager hineingeschossen, jedoch ohne
Erfolg.

Tags darauf, den 9. November traf das Expeditionskorps unter Zelewski
in Sadani ein. Schon vom frühen Morgen an wurde, da sein Eintreffen an
diesem Tage erwartet wurde, eifrig nach ihm vom Lager bei Sadani aus
ausgeguckt.

Um 10 Uhr Vormittags erblickte man in dem in weiter Ferne aufsteigenden
Rauch eines angezündeten Dorfes das erste Zeichen des Herannahens der
Expedition. Bald darauf bezeichneten weiter aufsteigende Rauchwolken
den Weg der verschiedenen Teile der Expedition Zelewski, bis um 2 Uhr
auch Ndumi, das letzte Dorf in der Nähe von Sadani, zwei Stunden von
diesem entfernt, in Flammen aufging. Es war dies derjenige Ort, in dem
Wißmann im Jahre 1883 nach seiner ersten Durchquerung Afrikas von Bana
Heri aufs freundlichste empfangen und bewirtet wurde, derselbe Ort,
wo auch der Verfasser nach schwerer Verwundung auf seiner im Eingang
dieses Buches geschilderten Expedition von den Eingeborenen freundlich
aufgenommen und speziell von Bana Heri und seinem Sohne Abdallah
gastlich bewirtet wurde. Der planmäßige Widerstand Bana Heris und der
Fanatismus seiner Leute hatte indes diese rauhe, in solchen Fällen in
Afrika aber notwendige Art der Kriegsführung, die in der planmäßigen
Verwüstung des Landes und dem Niederbrennen der Dörfer besteht,
heraufbeschworen.

Nach seinem Eintreffen berichtete Chef von Zelewski, daß er auf seinem
Marsche bis nach Mandera, der Südgrenze Useguas, alles friedlich
gefunden habe. Von da ab habe er fünf zum Teil stark befestigte Dörfer
unter Verlust von zwei Toten und fünf schwer Verwundeten eingenommen.
Der Feind habe große Verluste gehabt und flüchte nach Norden.

Die Hilfstruppen hatten ebenfalls Gelegenheit gefunden, an einzelnen
Plätzen einzugreifen. Sie waren auch, wie sich allerdings erst später
herausstellte, auf die im folgenden zu erwähnende Boma Bana Heris in
Mlembule gestoßen, dort aber zurückgeschlagen worden. Da ihnen diese
Stellung der Rebellen zu stark erschien, als daß sie annahmen, dieselbe
würde von uns genommen werden, und da sie sofort das Hasenpanier
ergriffen hatten, glaubten sie am schlauesten zu handeln, wenn sie
überhaupt über diese Befestigung nichts verlauten ließen. So blieb uns,
da auch Zelewski selbst nichts von jener Stellung Bana Heris erfuhr,
dieser überaus feste Stützpunkt und die darin befindliche bedeutende
Macht vor der Hand gänzlich verborgen. Der letztere Umstand wirkte zur
Ausführung einer Maßregel mit, welche sich später als Mißgriff erwies.

Die Nachricht, daß Sadani von Bana Heri und seinen Leuten wieder
besetzt sei, hatte sich als falsch erwiesen; ein kaum nennenswerter
Widerstand war hier gefunden worden. Das Lager von Mlembule blieb in
Folge der Dummheit der Irregulären unbekannt. Ein großer Teil des
Handels mußte naturgemäß jetzt statt nach Sadani nach Mkwadja gehen und
so beschloß der Reichskommissar, statt Sadani den letzteren Platz zu
besetzen. Chef Freiherr von Gravenreuth sollte mit der Kompagnie, die
am 8. in Sadani gelandet war, und den Wassukuma die Küste entlang nach
Mkwadja marschieren, und Zelewski mit seinem Expeditionskorps, das von
48 Stunden 32 marschiert und gefochten hatte, am nächsten Tage dorthin
folgen, während der Kommandant selbst beabsichtigte, nach Erledigung
der in Sansibar und Bagamoyo seiner harrenden Arbeiten am 13. November
nach Mkwadja zu kommen. Für die Besetzung dieses Ortes sprach noch der
Umstand, daß von Mkwadja ein starker Schmuggel nach Sansibar und Pemba
hin betrieben wurde.

Der Marsch Gravenreuths ging, da die Dörfer an der Küste alle verlassen
waren, von Sadani aus in friedlichster Weise von statten. Schwierig
indes war das Passieren der vielen sich zwischen Sadani und Mkwadja
von der Küste ins Land hineinziehenden Creeks. Die beiden ersten
derselben konnten durchwatet werden, während ein dritter Creek, der
sich unmittelbar südlich von Mkwadja befindet, größere Hindernisse
bot. Eine vorausgesandte Patrouille unter dem Chef Frhrn. von Bülow
und Premierlieutenant Böhlau versuchte den Creek zu durchschwimmen,
aber sowohl die beiden genannten Offiziere, wie auch einige Askaris
wurden durch den starken Strom ins Meer hinausgetrieben und nur der
großen Schwimmfertigkeit der betreffenden gelang es, das Land wieder zu
erreichen; ein Askari ertrank. Erst beim Eintritt von Niedrig-Wasser
konnte der tiefe und breite Creek passiert werden.

Unmittelbar darauf wurde von der Kompagnie unter Gravenreuth der Ort
Mkwadja, in dem sich einige Araber festgesetzt hatten, welche die
Spitze der Expedition mit einem anhaltenden Feuer empfingen, genommen
und die Aufständischen daraus vertrieben. Die Befestigungsarbeiten
in der Station wurden sogleich in Angriff genommen und durch die
thatkräftige Unterstützung der Marine unter dem liebenswürdigen,
stets entgegenkommenden Kapitän Voß sehr gefördert. 60 Mann von der
Schutztruppe unter dem Kommando des Chefs von Bülow, der sechs Wochen
später durch Lieutenant von Perbandt ersetzt wurde, blieben als
Besatzung zurück.

Schon vor dieser Zeit hatte von Pangani aus, wo um die englische
Missionsstation Magila herum eine große Ansammlung von Rebellen
stattgefunden hatte, der dortige Stations-Chef +Dr+. Schmidt einen
siegreichen Vorstoß unternommen. Nachdem er sich durch Kundschafter
über die örtlichen Verhältnisse genau informiert, hatte er mit 100
Mann das Rebellenlager, welches nach den Angaben der Eingeborenen 1000
Mann in sich bergen sollte, durch einen überraschenden Bajonettangriff
genommen und die Gegner mit einem Verlust von 30 Toten geworfen,
während diesseits nur Verwundungen zu verzeichnen waren. Dieser Erfolg
wirkte bestimmend auf die Bewohner des Hinterlandes von Pangani ein,
die von nun an ihren Vorteil darin sahen, zur Station zu halten. Auch
Simbodja, der durch die Gefangennahme des +Dr+. Meyer und Baumann
bekannte, mächtige Häuptling im Hinterlande von Pangani, hatte seine
Absicht kund gegeben, sich dem Reichskommissar zu unterwerfen.

Buschiri war durch den Erfolg Gravenreuths bei Jombo vollkommen
isoliert worden. Die Mafiti, welche bis dahin fest an einen Sieg
Buschiris geglaubt und nun seinetwegen so starke Verluste erlitten
hatten, außerdem ihren beim Einfall in Usaramo gemachten Raub nicht
einmal hatten in Sicherheit bringen können, waren seine Feinde geworden
und er mußte versuchen, sich ihrer Rache zu entziehen.

Buschiri wandte sich zunächst nordwärts und hielt sich in Nguru
versteckt. Während dieser Zeit gelang es uns nicht, irgend welche
sicheren Nachrichten über seinen Aufenthalt zu erhalten. Es wurde
bereits die Befürchtung laut, es könne ihm gelungen sein, unter
Umgehung von Mpapua nach Tabora durchzukommen, um hier den Widerstand
der Araber gegen uns zu organisieren. Da plötzlich traf in Pangani die
Nachricht ein, Buschiri wolle sich mit Bana Heri und dem Häuptling
Simbodja verbinden und mit diesen die Station Pangani angreifen. Diese
Nachricht wurde durch den uns freundlich gesinnten Häuptling Mohammed
Soa dahin berichtigt, daß Buschiri sich in Muenda an der Grenze von
Nguru mit den noch bei ihm gebliebenen Arabern und 50 Eingeborenen in
einem Lager verschanzt, und daß er zu Simbodja Boten gesandt habe,
um diesen zu einem gemeinsamen Vorstoß gegen die Küste zu überreden.
Der Stationschef von Pangani, dessen Thätigkeit die überaus schnelle
und günstige Entwickelung der Verhältnisse um Pangani insbesondere
zuzuschreiben ist, erkannte, daß, wenn Buschiri im Hinterlande einen
Stützpunkt für seine Pläne fände, die größte Gefahr vorhanden sei, daß
alles bisher Erreichte mit einem Schlage wieder vernichtet würde.

Um dieser Gefahr vorzubeugen, setzte +Dr+. Schmidt ein
Expeditionskorps aus der Stationsbesatzung zusammen und brach mit
diesem am 2. Dezember in Eilmärschen von Pangani auf, um Buschiri
den Weg nach Masinde zum Häuptling Simbodja zu verlegen. Nach zwei
Gewaltmärschen kam die Expedition im Dorfe des Häuptlings Masiro an,
welcher Buschiri mit Lebensmitteln unterstützt und ihm einen Esel
geschenkt hatte. Das Dorf wurde zerstört und der Weitermarsch nach
Muenda fortgesetzt. Kurz vor diesem Platz machte Schmidt Halt, erteilte
dem Lieutenant Ramsay den Befehl mit einem Teil des Expeditionskorps
das Lager nach Westen hin zu umgehen und von der Westseite aus dann
gegen dasselbe vorzudringen, während er sich selbst mit dem Gros des
Expeditionskorps an der Ostseite hielt.

Der Angriff wurde für Mitternacht festgesetzt. Niemand sollte außer
im äußersten Notfall einen Schuß abgeben, jeder Lärm, jedes Geräusch
sollte vermieden werden, um die Überrumpelung möglichst vollständig
zu machen. +Dr.+ Schmidt drang mit den Askaris von der Ostseite
ein. Diese hatten den Befehl, sofort auf die durch Ortskundige gezeigte
Hütte Buschiris vorzudringen und diesen hierin festzunehmen. Aber
ein planloses Schießen der Askaris warnte den Rebellenführer und gab
ihm abermals Gelegenheit, noch im letzten Momente zu entkommen. Ohne
die von +Dr.+ Schmidt aufs strengste verbotene Schießerei wäre
der Coup vollkommen gelungen und Buschiri schon damals in unsere
Hände gefallen. Von den eindringenden Truppen wurden die Leute im
Lager, soweit sie nicht im letzten Augenblick noch entflohen waren,
niedergemacht, und es zeigte sich am nächsten Morgen, daß der Feind 28
Tote, darunter viele Araber auf dem Platze gelassen hatte. Von unserer
Seite wurde ein Zulu und zwei Suaheli leicht verwundet.

Tags darauf zog +Dr.+ Schmidt nach Manamgato, einem Orte in
der Nähe von Muenda, wohin Buschiri geflüchtet und wo er von den
Eingeborenen erschlagen sein sollte. Bei der Rekognoszierung der
Leiche stellte es sich indes heraus, daß es nicht Buschiri, sondern
einer der andern, in seiner Begleitung befindlich gewesenen Araber
war. +Dr.+ Schmidt ging sodann mit zwei Kompagnieen nach Makororo
zurück, um von hier aus weitere Nachforschungen anzustellen. Bereits
vorher hatte Schmidt in der ganzen Umgegend bekannt gemacht, daß es
verboten sei, Buschiri aufzunehmen, daß derjenige, welcher dies dennoch
thäte, von ihm als Rebell behandelt würde, wer ihn dagegen festnehme,
solle reichlich belohnt werden.

Am 7. Dezember traf denn auch die Nachricht von Jumbe Magaya ein,
daß Buschiri zu Quamkoro an der Grenze von Nguru gefangen genommen
sei. In zweitägigem Parforcemarsch ging es nun nach Quamkoro. Der
Jumbe kam der Expedition schon entgegen und führte dann +Dr.+
Schmidt und die Offiziere der Expedition sofort nach der Hütte, in der
Buschiri gefangen lag. Bei der Flucht aus der Boma von Muenda hatte
Buschiri alles verloren und blos sich selbst, nur mit einem Lendentuch
bekleidet, gerettet. In diesem Zustande fand man ihn in der dunklen
Hütte vor, Hände und Füße mit schweren Eisenketten gefesselt, den Hals
in eine Sklavengabel eingezwängt. Die herbeikommenden Askaris, welche
mehrfach gegen Buschiri gefochten hatten, erkannten ihn sofort, und
+Dr.+ Schmidt unterhielt sich mit Buschiri, der bereitwillig über
alles Auskunft erteilte und seiner Verwunderung über das plötzliche
Erscheinen der Deutschen hier an der Grenze von Nguru Ausdruck gab.

Der Marsch nach der Küste wurde am nächsten Morgen angetreten und
hierbei selbstverständlich Buschiri sowohl auf dem Marsche wie im Lager
auf das sorgfältigste stets von Europäern bewacht. Für den Marsch wurde
ihm ein Esel als Reittier gegeben, zu beiden Seiten gingen Soldaten;
in der Nacht schlief Buschiri im Zelte des Führers der Expedition, in
welchem sich gleichzeitig die Lagerwache mit einem Europäer befand.

In Pangani wurde +Dr.+ Schmidt mit dem Expeditionskorps
natürlich auf das freudigste begrüßt und allseitig zu seinem nicht zu
unterschätzenden Erfolge beglückwünscht.

Dieser Erfolg war dadurch nicht geringer geworden, daß die Eingeborenen
schließlich Buschiri selbst ausgeliefert hatten; Schmidt hatte es eben
verstanden, die Bevölkerung so für sich zu gewinnen, daß sie endlich
gegen den früher so mächtigen Rebellenführer Partei nahm.

Da Schmidt schon während des Marsches durch Eilboten Nachricht nach
der Küste und von da an den Reichskommissar gesandt hatte, kam Wißmann
tags nach der Ankunft des Expeditionskorps in Pangani an und begab sich
sofort in das Gefängnis zu Buschiri. Der Rebellenführer antwortete
auf die Fragen des Reichskommissars völlig unbefangen und gab alle
Auskunft über die gegen uns gelieferten Gefechte sowohl wie über die
Organisation des Aufstandes gegen die ostafrikanische Gesellschaft und
die Absichten, welche er selbst (Buschiri) hierbei verfolgt hatte. Eine
längstgehegte Vermutung unsererseits erhielt durch Buschiris Angaben
Betätigung, nämlich, daß er vom Sultan von Sansibar zum Vorgehen gegen
die Deutschen ermutigt, ja daß ihm von demselben sogar angeboten
worden sei, er solle nach gutem Erfolge zum Vezir der Küste gemacht
werden. Belege für die Wahrheit dieser Aussage konnte Buschiri indes
nicht beibringen. In Verlegenheit geriet er, als ihm seine großen
Schandthaten vorgehalten wurden, besonders sein Verhalten gegen den in
den ersten Kapiteln erwähnten Handwerker Dunia, dem er seiner Zeit die
beiden Hände abhacken ließ. Trotz allem glaubte Buschiri fest, daß er
vom Reichskommissar begnadigt werden würde; er hatte sogar gebeten,
ihn als Offizier in die Schutztruppe einzustellen, und versprochen,
er würde dann ebenso wacker für uns kämpfen, als er früher gegen uns
gefochten hätte.

Nach dem langen Verhör im Gefängnis durch den Reichskommissar bat
Buschiri bei Eintritt der Abenddämmerung, als es Zeit wurde zum
mohammedanischen Sechsuhrgebete, ihn allein zu lassen, damit er den
Vorschriften seiner Religion gerecht werden könnte.

Am folgenden Tage wurde ihm sein Todesurteil bekannt gemacht, das
er, obgleich es ihm unerwartet kam, doch gefaßt entgegennahm. Die
Hinrichtung war auf den 15. Dezember, nachmittags 4 Uhr angesetzt.
Dicht bei der Station in Pangani war auf einem freien Platz ein Galgen
hergerichtet worden; um ihn herum nahmen die Truppen Aufstellung. Nach
der Ankunft des Kommandanten mit seinem Stabe wurde Buschiri aus dem
Gefängnis vorgeführt. Die feste Haltung, welche er bis dahin bewahrt
hatte, verließ ihn hier vollständig. Als das Todesurteil durch den
Adjutanten +Dr.+ Bumiller verlesen war, und eben der Kopf des
Verurteilten durch die Schlinge gesteckt werden sollte, verlangte
Buschiri nochmals den Reichskommissar zu sprechen: er habe noch
sehr wichtige Enthüllungen zu machen. Diese Enthüllungen bestanden
nur darin, daß er alle seine Schuld auf seinen treuesten Anhänger,
den bereits öfter erwähnten Komorenser Jehasi, abwälzen wollte.
Insbesondere behauptete er, Jehasi sei es gewesen, der mit Makanda
zusammen die Mafiti geholt und zum Vorgehen gegen die Küste bewogen
habe. Buschiri glaubte hierdurch sein Leben zu retten, erreichte jedoch
nur, daß er, nachdem er namentlich bei Beginn des Aufstandes und in
vielen Kämpfen Zeichen seiner Bravour und seines Organisationstalentes
gegeben hatte, nun angesichts des Todes als Feigling der Verachtung
anheimfiel.

Viel gefaßter zeigten sich die meisten anderen zum Tode durch den
Strang verurteilten gläubigen Mohammedaner. Verfasser selbst hat die
meisten, nachdem sie den Kopf freiwillig in die Schlinge gesteckt
hatten, noch die Worte sagen hören: »Ich sterbe als guter
Mohammedaner!«

Daß gegen Buschiri keine Gnade geübt wurde, war natürlich. Der ganze
Aufstand hatte sich an seinen Namen geknüpft; solange er lebte,
lag immer die Gefahr nahe, daß sich auf ihn die Hoffnungen der
Unzufriedenen richten und in ihm eine Unterstützung finden würden.
Seine Begnadigung wäre zudem ohne den geringsten Wert für uns gewesen;
denn eine Macht hatte Buschiri nur nach seinem ersten ephemeren Erfolge
im Aufstand gehabt; als der Erfolg sich von ihm abwandte, war er ebenso
einflußlos wie früher. Die großen Araber ließen ihn fallen und nur
besitzloses Gesindel scharte sich um ihn. Seine Angaben, daß er gute
Verbindungen zu den Aufständischen von Kilwa und zu Bana Heri hätte,
und daß er daher dem Reichskommissar von großem Nutzen sein könne,
waren erlogen. So lag kein Grund für den Reichskommissar vor, dem
Rebellenführer die wohlverdiente Strafe zu erlassen.

Im Lager Buschiris waren noch die Bagamoyo-Jumbes Bomboma, Malela und
Pori mit 30 Männern und 200 Weibern und Kindern gefangen genommen
und auf ihren Wunsch vom Reichskommissar von Pangani nach Bagamoyo
geschickt worden. Von den Gefangenen wurden nach stattgehabter
Untersuchung drei, nämlich Bomboma, Malela, weil sie sich bis zuletzt
erbittert und verstockt gegen uns gezeigt hatten, und endlich derjenige
Mann unter den Anhängern Buschiris, der, wie jetzt festgestellt wurde,
im April dem Handwerker Dunia die Hände im Lager Buschiris abgeschlagen
hatte, zum Tode durch den Strang verurteilt und am Galgen bei der
Station Bagamoyo aufgeknüpft. --

Inzwischen hatte auch Herr von Gravenreuth auf seiner bereits erwähnten
Expedition, unterstützt von Leuten, welche ihm der bereits früher
erwähnte Häuptling Kingo von Morogro gestellt hatte, im Innern auf
Buschiri gefahndet. Gravenreuth nahm den Aussagen der Kundschafter
zufolge an, daß Buschiri weiter im Innern von Usegua und Nguru sich
aufhalte. Einige Dörfer, die zu Buschiri und Bana Heri gehalten hatten,
wurden bestraft. Im übrigen hatte Gravenreuth die französischen
Missionsstationen Tununguo, Morogro und Mhonda besucht und überall, sei
es durch strafendes Einschreiten, sei es durch friedliches Schauri für
die Stärkung unseres Ansehens im Innern gewirkt.

Auch auf allen andern Küstenstationen entwickelten sich die
Verhältnisse in durchaus befriedigender Weise. In Tanga war es dem
Stationschef Krenzler gelungen, durch einen friedlichen Zug bis zur
englischen Missionsstation Magila die Ruhe vollkommen zu sichern, und
er hatte den Küstenplatz Tangata besetzt. In Pangani, wo nebenher
die Stationsarbeiten gut vorgeschritten waren und ihrer Vollendung
entgegengingen, bewiesen die eben erwähnten Ereignisse und die Stimmung
der Eingeborenen, welche sich ja schließlich selbst gegen die Rebellen
wandten, am besten die dort gemachten Fortschritte. Der im Bezirk von
Daressalam noch unsichere Küstenplatz Kisiju wurde von Chef Leue und
Lieutenant Johannes genommen und ein berüchtigter Araber gefangen, der
in Daressalam aufgehängt wurde. An Stelle des in Mpapua verstorbenen
Lieutenant v. Medem wurde im Januar 1890 der Chef v. Bülow als
Stationschef nach Mpapua geschickt.

In der zweiten Hälfte des Dezember 1889 drangen Nachrichten über
weitere Rüstungen Bana Heris im Hinterlande von Sadani und Mkwadja
zu unsern Ohren. Wißmann, der um diese Zeit des Pascha wegen öfters
nach Bagamoyo kam, erteilte mir den Auftrag, ein Expeditionskorps aus
den in Bagamoyo verfügbaren Kräften und einem Teil der in Pangani
befindlichen Expeditionstruppen zusammenzustellen und mit diesem eine
Rekognoszierung im Hinterlande von Sadani und Mkwadja zu unternehmen,
wenn möglich Bana Heri zu schlagen und nach Süden abzudrängen. Es
standen mir zur Verfügung an Offizieren die Herren Chef v. Bülow,
Lieutenant Johannes, Lieutenant Fischer und Deckoffizier Illich;
ferner eine Anzahl deutscher Unteroffiziere und 250 Soldaten. Ein
Teil wurde unter Bülows Führung von Bagamoyo nach Mkwadja gebracht,
der andere von mir in Pangani, wohin ich mich am 24. Dezember begab,
in der Weihnachtsnacht eingeschifft und am Vormittag des 25. Dezember
ebenfalls in Mkwadja gelandet.

Am Nachmittag desselben Tages trat ich mit meiner vollzählig
versammelten und mit Patronen, sonst aber nur mit dem
allernotwendigsten Proviant (Zelte, Feldbetten, Reittiere u. s. w.
wurden nicht mitgenommen) versehenen Expedition den Vormarsch nach
Westen an. Die Zusammensetzung war folgende: Suaheli-Askari unter
Deckoffizier Illich, eine Zulu-Kompagnie unter Chef v. Bülow, dazu
Lieutenant Fischer, die kombinierte Sudanesen- und Zulu-Kompagnie
unter Lieutenant Johannes, das Maxim-Gun unter Feldwebel Schulte.
Während des größten Teils der Nacht wurde marschiert, in der Absicht
überall möglichst unverhofft zu erscheinen. Diese Absicht wurde jedoch
vereitelt, denn die Leute Bana Heris hatten durch Kundschafter schon
von unserer Landung in Mkwadja erfahren und erwarteten uns. Sie warfen
sich uns immer in kleinen Trupps entgegen, belästigten uns in unsern
Lagern und Ruheplätzen bei Tage und bei Nacht, wurden aber überall in
die Flucht gejagt. Immerhin gewannen sie auf diese Weise ganz genaue
Kenntnis von unsern Bewegungen.

Am 26. Dezember nachmittags wurde Lieutenant Fischer von einem so
schweren Sonnenstich betroffen, daß er von uns eigentlich schon
aufgegeben wurde. Nur der aufopfernden Pflege des sehr verdienten
Lazarettgehülfen Grucza gelang es, ihn durchzubringen, so daß er, wenn
auch in bewußtlosem Zustande, mit uns einige Tage später an der Küste
ankam und von dort nach Sansibar überführt werden konnte. Wir machten
inzwischen mehrere Gefangene und zwangen diese, uns Führerdienste zu
leisten, wobei sie wiederholt den vergeblichen Versuch machten, uns
irre zu führen. Das wurde erst anders, als wir ihnen etwas unsanft
bedeuteten, sie möchten im eigenen Interesse nicht mehr vom rechten
Wege zur Boma Bana Heris, die wir als Ziel im Auge hatten, abweichen.
Sie behaupteten indessen alle, eine solche Boma gebe es überhaupt
nicht, Bana Heris Leute seien alle zerstreut.

Als ich, nachdem ich von der ursprünglich westlichen Richtung nach
Süden abgebogen war, am späten Nachmittag des 27. Dezember mit der Tête
der Expedition auf den Höhen nördlich von Mlembule eintraf, erhielten
wir plötzlich heftiges Feuer, und zwar wie wir aus dem Pfeifen
der Kugeln hörten, zum größten Teil aus Hinterladern (fast alles
Snider-Gewehre) von sämtlichen die Höhe umgebenden Waldlisieren. Ich
ließ die bei mir befindliche Abteilung, die Askari unter Illich, das
Feuer gegen die Rebellen sofort eröffnen, und das Maxim-Gun, das gleich
dahinter folgte, durch den Feldwebel Schulte in Thätigkeit setzen. Auch
die Abteilungen unter Bülow und Johannes entwickelten sich, sobald sie
herangekommen waren, und es gelang bald, die westlichen und südlichen
Lisieren zu säubern, wobei die Rebellen sehr erhebliche Verluste
erlitten.

Schon begann ich zu glauben, die Mitteilung unserer gefangenen Führer,
die Leute Bana Heris seien im Gelände überall zerstreut und hätten
ihre Hauptmacht nicht in einer befestigten Stellung versammelt, sei
richtig, da die Rebellen sich uns in dem allerdings sehr coupierten,
aber doch nicht befestigten Terrain mit Feuerwaffen entgegenstellten.
Ich sandte Herrn von Bülow mit 50 Mann zur Verfolgung der in hellen
Haufen fliehenden Feinde nach Süden, und Lieutenant Johannes nach
Westen. Ich selbst setzte mit den übrigen Soldaten der Kompagnie von
Bülow, den Askaris und dem Maxim-Gun das Feuer gegen die im Osten und
Südosten noch standhaltenden Gegner fort. Als ich endlich auch diese
in ungeregelter Flucht in der Richtung auf Sadani zu davoneilen sah,
wollte ich eben die Verfolgung dahin aufnehmen nachdem ich den übrigen
Abteilungen sowie der hinter uns befindlichen, von den Sudanesen
gestellten Bedeckung für den bewußtlosen Lieutenant Fischer und dem
Gepäck unter Führung eines Europäers Sadani als Sammelpunkt angegeben.
Da eilte plötzlich ein ganzer Haufen Zulus von der Bülowschen
Kompagnie aus der gegenüberliegenden Lisiere heraus. Außerdem kam
ein Mann mit einer schriftlichen Meldung von Herrn von Bülow, seine
Abteilung habe sich plötzlich bei der Verfolgung der Fliehenden vor
einer starken Buschboma befunden; er habe sofort durch die noch offene
Thür hineinstürmen wollen, habe aber heftiges Feuer erhalten und dabei
den Sergeanten Ludwig und vier Zulus verloren. Die andern Zulus seien,
durch diesen plötzlichen Verlust und das heftige Feuer entmutigt, feige
geflohen; er allein mit acht Zulus halte noch vor der Boma.

Da Lieutenant Johannes mit seiner Abteilung weiter westlich noch mit
der Säuberung des Geländes beschäftigt war, waren nur disponibel die
Askari, 50 Zulus und das Maxim-Gun; mit diesen eilte ich sofort an die
Stelle, wo die Boma sein sollte, Herrn von Bülow zu Hilfe. Dieser hatte
inzwischen unter dem heftigsten feindlichen Feuer auf seinen Schultern
den gefallenen Sergeanten Ludwig bis etwa 50 Schritt von der Boma
zurückgetragen.

Angesteckt von der Mutlosigkeit und Verzagtheit ihrer Kameraden waren
auch meine eigenen Zulus durchaus nicht vorzubringen, ja nicht einmal
zum Ausschwärmen in gerader Linie zu bewegen. Das Feuer des Maxim-Gun
und unsere Salven schienen ohne jede Wirkung auf die Boma zu sein,
obgleich wir, Bülow, Illich, Schulte mit dem Geschütz und ich nur etwa
25 Schritt von den Pallisaden entfernt standen, deren Thür inzwischen
wieder verbarrikadiert war. Das ununterbrochene Schnellfeuer aus der
Boma heraus auf uns, die wir ganz ungedeckt auf dem schmalen zur Boma
führenden Pfade standen, hatte trotz der lächerlich geringen Entfernung
minimale Wirkung, da die Kugeln alle viel zu hoch gingen. Der Eintritt
der Dämmerung, bis zu der wir vor der Boma feuernd gestanden hatten,
-- d. h. wir Offiziere und Unteroffiziere und die Suaheli Askari,
während die Zulus weiter hinten vorsichtig gedeckt lagen --, sowie
auch unsere Verluste machten unsern schleunigen Abmarsch in freieres
Terrain nötig. Glücklicherweise traf bald die Abteilung Johannes ein;
dieselbe erhielt, da sie am meisten intakt und ohne Verluste war, auch
zur Hälfte aus den aufs Beste bewährten Sudanesen bestand, den Befehl,
den Rückzug zu decken. Die Arrieregarde aus den Sudanesen schlug die
Rebellen, welche das Gelände geschickt benutzend auf uns noch feuerten,
zurück, und war so trotz der unter den Zulus, dem Hauptkontingent
meiner Truppe, eingerissenen Panik ein durchaus geordneter Rückzug
ermöglicht. Weiter östlich in freierem Terrain blieben wir dann
vollkommen unbehelligt und setzten unsern Marsch über Sadani nach
Mkwadja fort, das wir am Nachmittage erreichten. Hier erfüllten
wir die traurige Pflicht, dem braven Sergeanten Ludwig die letzten
militärischen Ehren zu erweisen. Außer ihm waren auf unserer Seite noch
neun Mann gefallen, ebensoviel waren außerdem verwundet. Die Verluste
der Rebellen betrugen nach ihrer eigenen späteren Angabe ungefähr 50
Tote und eine Masse Verwundeter.

War das Gefecht auch ein unglückliches gewesen, so war doch ein
Zweck meiner Expedition erreicht, nämlich die Stellung Bana Heris zu
rekognoszieren, welche bisher noch von keiner unserer Expeditionen
berührt worden war. Bald fand sich eine Fahrgelegenheit nach Sansibar,
mit der ich Lieutenant Johannes absandte, um Major Wißmann Bericht
zu erstatten und den Lieutenant Fischer ins Lazarett überzuführen.
In seinem Bericht an den Reichskanzler über dieses erste Gefecht bei
Mlembule sagt der Reichskommissar unter anderm:

»Wenn dieses Gefecht als für uns ungünstig verlaufen hingestellt
werden muß, so kann man der Truppe, die einen Kranken und einen toten
Weißen und neun verwundete Soldaten aus dem Gefecht trug und sich bei
Dunkelheit geordnet zunächst zur Küste hinab und am nächsten Tage nach
Mkwadja zurückzog, in Berücksichtigung ihres erst kurzen Bestehens
Anerkennung nicht versagen. Sobald ich Meldung über oben berichtetes
Gefecht erhielt, traf ich Maßregeln zum nachhaltigen Angriff auf Bana
Heri.«

Wißmann zog alsbald alle disponibeln Truppen vor Sadani zusammen und
es kam zu uns S. M. S. »Sperber«, um uns mit den intakten Truppen von
Mkwadja an Bord zu nehmen und auf die Rhede nach Sadani zu bringen.
Die Truppen wurden gelandet, ohne daß die Rebellen uns zu hindern oder
auch nur zu stören versucht hätten. Wißmann suchte sogleich einen
Platz für die sich als notwendig erweisende Station aus, und wir
befestigten daselbst zunächst das von den gesamten Truppen bezogene
Lager in provisorischer Weise. Im Ganzen hatten wir 500 Soldaten
zur Verfügung, 40 Europäer und fünf Geschütze (ein Maxim-Gun, zwei
4,7 +cm+ und zwei 6 +cm+ Geschütze). Die Leute wurden in
zwei Bataillone eingeteilt, das eine bestehend aus einer Sudanesen-
und drei Zulu-Kompagnien unter Chef von Zelewski, das andere unter
meinem Kommando, zusammengesetzt aus zwei Sudanesen-Kompagnien und den
vereinigten Suaheli-Askari. Die Tage bis zum 3. Januar 1890 wurden dazu
benutzt, die Truppen ordentlich einzuexerzieren und in die Hand ihrer
zum Teil neuen Führer zu arbeiten. Besondere Mühe wurde natürlich nach
den Erfahrungen bei Mlembule auf die Zulus verwendet.

Eine von mir mit Lieutenant Johannes und 80 Mann unternommene
Rekognoszierung konstatierte, daß die Rebellen uns in der bewußten
Buschboma erwarteten. Der 4. Januar war vom Reichskommissar zum Angriff
bestimmt worden. Die Marschordnung war folgende: 1) 2. Bataillon unter
meinem Kommando, 2) Artillerie unter Chef Krenzler, 3) 1. Bataillon
unter von Zelewski.

Um 4 Uhr morgens brachen wir von Sadani auf, und kurz nach 6 Uhr trafen
wir in Mlembule ein. Mit einem Bajonettangriff nahm ich zunächst eine
unterhalb der Bana Heri'schen Buschboma gelegene ehemalige Befestigung
ein, deren Palissaden die Aufständischen niedergerissen hatten, damit
wir bei unserm Angriff hier nicht einen Stützpunkt und Deckung fänden.
Um diese trefflich gelegene Position, von der aus einzelne Teile
der Boma bequem zu sehen waren, entwickelte Wißmann seine Truppen.
Unmittelbar bei jener Befestigung marschierte ich mit meinem Bataillon
auf, rechts davon die Artillerie und Zelewski. Wir erhielten heftiges
Feuer, wieder meist aus Hinterladergewehren, aus der etwa 400 +m+
entfernten Boma und hatten auch gleich einige Verwundete. Es folgte
ein 3-1/2stündiges Feuergefecht, teils Zugsalven, teils Einzelfeuer
der Europäer; letzteres besonders, wenn es darauf ankam, bei der Boma
auftauchende feindliche Trupps wirksam zu beschießen; endlich Feuer der
Artillerie, die sich zunächst mit Granaten einschoß und dann Shrapnels
aus den 6 +cm+ Geschützen aufsetzte, welche gute Sprengpunkte
erzielten. Nichtsdestoweniger hielten die Aufständischen in der Boma
aus; allerdings wurde nach 2-1/2 Stunden ihr Feuer etwas schwächer. Es
war wie wir später erfuhren, auf den Abzug einer Waniamuesikarawane
zurückzuführen, welche Bana Heri auf dem Sadani-Wege abgefangen und
zu seiner Unterstützung mit Gewalt gezwungen hatte. Ein Teil der
feindlichen Wasegua umging, gedeckt durch das Dickicht, welches
unsern linken Flügel und die Boma deckte, unsere Stellung, so daß wir
plötzlich von hinten Feuer erhielten. Wir brachten dieses aber mit
einigen Salven sofort zum Schweigen. Das Feuer aus der Boma war immer
noch heftig genug. In einzelnen Pausen hörten wir, wie es auch damals
bei meinem ersten Angriff der Fall gewesen war, einen Vorbeter in der
Boma zu Allah rufen, und die Menge von Zeit zu Zeit einfallen mit dem
bekannten +Allah Allah ill Allah+.

Noch nie war uns während des Aufstandes ein solcher Fanatismus
entgegengetreten. Bana Heri hatte es wohl verstanden, ihn zu schüren,
und die Leute so zum Kampfeseifer gegen uns anzuspornen. Nach
3-1/2stündigem Feuer, als uns die Munition bereits knapp zu werden
anfing, wurde die Sudanesen-Kompagnie des Zelewskischen Bataillons
unter Führung des Lieutenants End nach links detachiert, um einen
Weg, der nach der Boma führte, und den besten Angriffspunkt zu
rekognoszieren. Der Süden und Südosten schien am wenigsten befestigt
zu sein, während der Westen, wo wir das erste Mal angriffen, die
stärkste Seite der Boma bildete. Als von der ersten Kompagnie die
Meldung geschickt wurde, daß von der linken Flanke ein Weg nach der
Boma führe, sandte mich der Major dahin, um nach Hinzutritt der
Kompagnie End zu meinem Bataillon mit diesem den Sturm zu unternehmen.
Bis zu meinem Eintreffen an der Boma, das ich möglichst gedeckt
bewerkstelligen sollte, wollte er das gesamte Feuer der Artillerie und
des Zelewskischen Bataillons gegen die Gegner richten, um sie noch
im letzten Augenblick, soviel als möglich, zu erschüttern, und uns so
den Sturm zu erleichtern. In dem Moment, wo ich an die Boma so nahe
herangekommen wäre, daß ich mit dem Bajonett vorzugehen beabsichtigte,
sollte ich durch dreimaliges Schwenken der vorangetragenen Fahne
ihm ein Zeichen geben, daß das Feuer einzustellen sei. Wenn der
Sturm gelungen sei, sollte ich die deutsche Flagge an den Palissaden
aufpflanzen.

Alles geschah wie verabredet. Wir gingen gedeckt im Grunde vor, bis
wir 30 Schritt vor der Boma auftauchten und das Signal mit der Flagge
gaben. Aus der Boma wurden wir mit einem anhaltenden Schnellfeuer
empfangen, das mehrere Verwundungen herbeiführte, und zwar, da die
Gegner diesmal zu tief schossen, nur Beinverwundungen. Ein Sudanese z.
B. hatte vier Schüsse durch seine Beine. Nachdem wir noch eine Salve
in die Boma geschossen hatten, ging es mit Hurrah vorwärts, worauf wir
zunächst ebenfalls ein höhnisches Hurrah aus der Boma zurück erhielten.
Es gelang jedoch, an verschiedenen Stellen Bresche zu reißen und in die
Boma einzudringen, voran die zu meinem Stabe als Ordonnanz-Offiziere
gehörenden Herren (Jahnke und v. Eltz) mit mir und die Europäer der
unter uns rühmlichst bekannten Kompagnie End, gleich darauf Illich mit
den Askari und die anderen Kompagnien.

Es war die härteste Arbeit, die bisher jemals bei der Einnahme einer
feindlichen Stellung von den Truppen geleistet war. Bei unserem
Eindringen flohen aber die letzten Gegner aus der Boma ins Dickicht der
Umgebung. Die Freude über das Gelingen war unter den Soldaten so groß,
daß sie, des Unterschiedes zwischen Offizier und Soldaten vergessend,
alle zu uns, ihren Vorgesetzten, kamen und uns die Hände schüttelten,
um sich gewissermaßen bei uns zu bedanken, während wir doch schließlich
das, was wir geleistet, lediglich der Bravour unserer schwarzen
Truppen, speziell der Sudanesen, zu verdanken hatten. In der Boma
fanden wir eine große Anzahl Sprengstücke und Shrapnelkugeln, welche
bewiesen, wie wirksam das Feuer unserer Artillerie gewesen war, und wie
gut sich Chef Krenzler mit seinen Geschützen eingeschossen hatte.

Der Feind hatte sehr große Verluste gehabt, sodaß es zum ersten
Male ihm nicht gelungen war, alle seine Toten mitfortzunehmen. Die
intakteren Zulukompagnien wurden zur Verfolgung ausgesandt, die
übrigens bei dem ungemein schwierigen Terrain von nur geringem Erfolge
war, während wir an die Plünderung und Zerstörung der Boma gingen. Bei
dem Gefecht hatten wir unsererseits 11 Verwundete, unter ihnen ein
Europäer, der leicht verwundete +Dr.+ Stuhlmann. Der Sergeant
Tanner hatte das Unglück, daß ihm beim Laden eines Geschützes eine
Granate den Arm zerriß. Tags darauf erlag er seinen Verletzungen.

Über die Boma sagt der Bericht des Reichskommissars folgendes:

»Die Boma war die stärkste, die ich je gesehen. Hinter 4 +m+ hohen
starken Palissaden waren mannshohe Erddeckungen aufgeworfen, die auch
unseren Granaten widerstanden hatten. An den Ecken waren reguläre
Bastionen erbaut, vor den Palissaden war ein freies Schußfeld von ca.
20 +m+, an das sich ringsherum die dichte, fast undurchdringliche
Urwalddschungel schloß. Das Lager war bedeckt mit abgeschossenen
Patronenhülsen, die bewiesen, daß der Feind hauptsächlich mit
Hinterladern bewaffnet gewesen war. Der Feind hatte mit großer Bravour
ausgehalten, jeder Baum in der Boma hatte eine große Anzahl von
Schüssen aufzuweisen; die Shrapnels und Granatsplitter lagen überall im
Lager umher. Leichen, die man nicht mehr hatte in den Wald schleppen
können, zeigten Massen von Wunden.«

Und weiter:

»Der Kampf von Mlembule ist der erbittertste, den ich während der Zeit
meines Wirkens hier geführt habe. Es erklärt sich dies aus folgenden
Gründen. Bei der ersten kriegerischen Expedition, die ich durch
Süd-Usegua gehen ließ, war die beschriebene Befestigung Mlembule nicht
gefunden worden. Bana Heri hatte dagegen wahrscheinlich geglaubt, daß
sie uns zu stark gewesen sei, um sie anzugreifen. Der Glaube an die
Uneinnehmbarkeit hatte sich gesteigert durch den bereits gemeldeten
abgeschlagenen Angriff meiner Truppen am 27. Dezember. Vor acht Jahren
hatte Bana Heri die Truppen des Sultans Said Bargasch geschlagen.
Bana Heri ist niemals besiegt worden. Er erkannte die Oberhoheit des
Sultans von Sansibar an, soweit es ihm paßte, und erhielt jährlich
Geschenke vom Sultan. Er hat sich nie Wali, sondern stets Sultan von
Usegua genannt, und hatte, was besonders merkwürdig ist, während
der Zeit des Aufstandes begonnen, eine Art religiöses Band um seine
Anhänger zu schlingen. Aus diesen Gründen hat auch wohl Bana Heri meine
mehrmals wiederholte Aufforderung, mit mir in Friedensverhandlungen zu
treten, zurückgewiesen. Daß er Sadani nicht halten konnte, begründete
er durch das große Übergewicht unserer Kriegsschiffe, wie überhaupt
an der ganzen Küste die Ansicht herrschte, daß wir wohl unter den
Geschützen der Marine oder mit weißen Soldaten ihnen überlegen seien,
aber nicht im Lande, bis ich durch die Reise nach Mpapua und mehrere
Gefechte im Innern ihnen diese Hoffnung nahm. Jetzt ist der Glaube
an die Unbesiegbarkeit Bana Heris gründlich zerstört. Man hielt
überall Mlembule für uneinnehmbar und kannte die große und besonders
wohl bewaffnete Macht Bana Heris. Ein Zeichen dafür, wie ergeben die
Südusegua ihrem Fürsten waren oder wie sehr sie ihn bisher fürchteten,
ist der Umstand, daß es solange Zeit gelang, uns über den Verbleib
und die Maßnahmen Bana Heris zu täuschen. Wir erfuhren stets, er
treibe sich flüchtig im Lande umher, während er mit großem Fleiß und
Geschick seine Befestigungen verstärkte. Außer der Besetzung von Sadani
lasse ich die Schlupfwinkel für Dhaus an der Küste durch stationierte
Fahrzeuge beobachten. Die Munition wird Bana Heri ziemlich ausgegangen
sein.«

In den ersten Tagen nach der Erstürmung der Boma zu Mlembule ließ
Wißmann den größten Teil des Expeditionskorps noch in Sadani
versammelt, um, wie er es überall bei der Anlage von Stationen gethan,
ihn zu den Befestigungsarbeiten heranzuziehen. Das war hier um so
notwendiger, als der seit einiger Zeit gänzlich eingeäscherte Ort und
die Umgegend im Umkreise von mehreren Meilen vollkommen von Menschen
verlassen war, und der Platz nur von den Europäern und Truppen der
Station wie einigen wenigen farbigen Handwerkern, die wir von andern
Plätzen her engagiert hatten, bewohnt wurde. Ich erhielt den Befehl
über die Station Sadani und wurde zugleich Chef des neu begründeten
Distrikts der Stationsbereiche von Sadani und Mkwadja. Derselbe wurde
im Süden durch den Wami begrenzt, wo der Distrikt Bagamoyo begann. Da
Sadani nur als kleine Station geplant war, wurde die Umfassung ziemlich
klein erbaut, und der Raum innerhalb derselben nach Möglichkeit für
die Unterbringung der Europäer und der nötigen Gebäude ausgenutzt. In
zwei Monaten gelang es mir, die Bauten im großen und ganzen fertig zu
stellen.

Während Wißmanns Abwesenheit von Bagamoyo hatte der Kommandant des
»Sperber«, Kapitän Voß, -- der überhaupt in der ganzen Zeit seiner
Anwesenheit den Reichskommissar und uns alle aufs liebenswürdigste
unterstützt und das regste Interesse für unsere Kolonien bewiesen
hat -- selbst mit seinem Landungscorps die Station besetzt gehalten
und es so Wißmann ermöglicht, mit allen seinen Truppen bei Mlembule
einzugreifen. Vor Mkwadja, der Station des Herrn von Perbandt, die
unter Umständen ebenfalls einem Angriff Bana Heris ausgesetzt sein
konnte, lag die »Schwalbe«, unter dem ebenfalls in den ostafrikanischen
Küstenkämpfen vielgenannten und verdienten Korvettenkapitän Hirschberg.
Sperber und Schwalbe wechselten sich bei der vom Reichskommissar
erbetenen Blockierung der Küste in der nächsten Zeit ab, und sind
uns auch sonst vielfach von Nutzen gewesen. So hatten wir zum
Beispiel Gelegenheit kameradschaftlichen Verkehr zu pflegen, und in
Krankheitsfällen ward uns von Bord aus öfters ärztliche Hilfe zu Teil,
da wir in unserm Distrikt Sadani keinen Arzt hatten. --

Um über die weiteren Bewegungen Bana Heris zur Klarheit zu
gelangen, und den Sieg bei Mlembule auszunutzen, wurde Herr von
Gravenreuth mit 120 Mann und einer Verstärkung durch irreguläre
Truppen zur Rekognoszierung von Bagamoyo aus abgeschickt. Von meiner
Stationsbesatzung hatte ich ihm 50 Mann abgegeben, sodaß mir nur noch
80 Mann übrig blieben. Ich erhielt den Auftrag, soweit ich vermochte,
die Verbindung mit Herrn v. Gravenreuth aufrecht zu erhalten, und
ihn von Sadani aus, wenn er es wünschte, zu unterstützen. Durch
Patrouillen hatte ich festgestellt, daß Bana Heri in einem 5 Stunden
von Sadani entfernten Dorfe, namens Palamakaa, seine Leute gesammelt
hatte. Gravenreuth marschierte zunächst nach der Missionsstation
Mandera und teilte mir von hier aus durch Boten seine Absicht mit,
am 29. Januar die Rebellen in Palamakaa anzugreifen. Ich machte mich
daher schleunigst mit 30 Mann und 3 Europäern, dem Lieutenant v.
Arnim, Herrn von Nettelblatt, der als freiwilliger Krankenpfleger auf
meiner Station war, und dem Feldwebel Kay, dorthin auf den Weg, um zu
rekognoszieren. Als Führer dienten wieder unterwegs aufgegriffene
Eingeborene. Ich kam, wie beabsichtigt, am 29. früh dort an, dem Tage,
an dem Gravenreuth, seinem Schreiben gemäß, ursprünglich angreifen
wollte. Da ich jedoch nirgends etwas von ihm gewahrte, blieb mir
nichts übrig, als nach einigem Aufenthalte nach Sadani zurückzukehren.
Hier fand ich die Schwalbe vor, und war so in der Lage, ohne zu
große Sorge um die Sicherheit meiner Station, im ganzen 40 Mann aus
der Besatzung herauszuziehen, mit denen ich mich alsbald wieder auf
den Weg machte, in der Annahme, daß Gravenreuth sich vielleicht
durch unvorhergesehene Hindernisse verspätet habe und doch noch nach
Palamakaa kommen werde. Als ich auf einem andern Wege auf der Höhe
von Palamakaa anlangte, wurden wir aus den Büschen heraus von einem
größeren auf uns einstürmenden Trupp angegriffen, schlugen denselben
jedoch durch gutgezielte Salven zurück. Von Herrn von Gravenreuth war
wieder nichts zu sehen und zu hören. In Sadani empfing ich von ihm
einen Brief aus Mandera, vom 28. vormittags, er habe von Mandera aus
auf dem Wege nach Palamakaa einige kleinere zu Bana Heri haltende
Ortschaften genommen, sei bereits am 28., nicht wie er ursprünglich
wollte, am 29. auf den Höhen von Palamakaa angekommen, und dort heftig
von den Rebellen, die er auf 1200-1400 Mann schätze, angegriffen
worden. Dabei sei Sergeant Bauer schwer verwundet worden. Durch die
Stärke der gegnerischen Stellung, besonders aber durch die numerische
Überlegenheit der Feinde, sowie den Umstand, daß die Zulus abermals
versagten, sei er zum Rückzuge auf Mandera genötigt worden, der ihm,
als sein erstes Zurückweichen, freilich bitter genug angekommen sei. Er
müsse unter diesen Umständen auch ein gemeinsames Vorgehen gegen Bana
Heri für zwecklos erachten, und wolle nach Bagamoyo eilen, um von dort
aus Wißmann zu berichten. Es müsse wieder mit allen verfügbaren Truppen
eingegriffen werden. Lieutenant Langheld war von Herrn von Gravenreuth
zu Mandera in der Missionsstation zum Schutze derselben mit einer
kleinen Besatzung zurückgelassen worden.

Einige Zeit vorher hatte der Reichskommissar das Expeditionskorps unter
dem Kommando des Chefs +Dr.+ Schmidt von Pangani aus zu Simbodja
abmarschieren lassen, der ja, wie früher erwähnt, eine friedliche
Einigung mit uns wünschte. In Begleitung von +Dr.+ Schmidt befand
sich der Kilimandscharo-Reisende Ehlers, welcher mit Geschenken Sr.
Majestät des Kaisers zum Sultan Mandara wollte und Herr von Eltz,
welcher im Auftrage Wißmanns den kleinen Posten am Kilimandscharo
befehligen sollte.

+Dr.+ Schmidt hatte zunächst in Lewa, der bekannten Tabaksplantage,
eine Besatzung von 10 Mann unter Lieutenant von Behr zurückgelassen
zum Schutze der Angestellten der Plantagengesellschaft, welche ihre
Arbeiten wieder aufnehmen wollte. Von hier aus zog Schmidt weiter nach
Masinde, dem Hauptsitze Simbodjas, wo er am 6. Februar eintraf.

Die Verhandlungen führten dazu, daß Simbodja sich vollkommen unterwarf,
1000 Rupies in Geld und circa 2800 Rupies in Elfenbein als Strafe für
die Gefangennahme des +Dr.+ Meyer und +Dr.+ Baumann zahlte,
die in seinen Händen befindlichen Hinterlader zurückgab und sich zum
Gehorsam und zur Heeresfolge gegen uns verpflichtete. Andererseits
wurde ihm die verantwortliche Beaufsichtigung des nördlichen Teils von
Usambara übertragen gegen ein Gehalt von 100 Rupies oder etwa 150 Mark
monatlich. Die deutsche Flagge, welche Simbodja von nun an zu führen
hatte, wurde in Masinde gehißt.

Darauf ging +Dr.+ Schmidt auf der großen Karawanenstraße weiter
bis Gonja. Von hier aus zog dann Herr Otto Ehlers sowie Herr von Eltz
auf dem von nun an sicheren Wege zum Sultan Mandara weiter. Von Gonja
bog +Dr.+ Schmidt nach dem Umba ab und kehrte von dort nach der
Küste zurück. Er wurde hier bereits sehnlichst erwartet, da seine
Truppen in der Aktion gegen Palamakaa mit verwandt werden sollten.

Der Reichskommissar zog alle verfügbaren Truppen wiederum in Sadani
zusammen, so daß daselbst eine Macht von insgesamt 700 Mann mit
5 Geschützen versammelt war. Um, wenn möglich, überraschend zu
erscheinen, wurde in der Nacht vom 8. zum 9. März um 11 Uhr der
Abmarsch angetreten, in folgender Ordnung:

 1. Avantgarde: die aus dem Distrikt Sadani herausgezogene
 Stationsbesatzung (Rochus Schmidt);

 2. 1. Bataillon (+Dr.+ Schmidt);

 3. 2. Bataillon (von Gravenreuth);

 4. 3. Bataillon (von Zelewski).

Um 5 Uhr morgens trafen wir vor Palamakaa ein. Palamakaa ist ein
Komplex von zehn Dörfern, welche alle in einem weiten, von den
Usegua-Bergen umzogenen Thale liegen. Die ersten Dörfer, auf welche wir
stießen, waren verlassen. Befestigungen wurden durch die absuchenden
Patrouillen nicht gefunden und es wurde uns durch Gefangene bestätigt,
daß größere Befestigungen nicht vorhanden seien. Die Gegner, durch die
Erfahrung von Mlembule belehrt, daß sie auch in der stärksten Boma uns
auf die Dauer keinen Widerstand leisten könnten, zogen es vor, das
dortige sehr coupierte Terrain zu Kämpfen in einzelnen Abteilungen
gegen uns auszunutzen.

Die uns entgegengeworfenen Trupps wurden mit leichter Mühe einzeln
zurückgeschlagen und die im Thale gelegenen Ortschaften nach einander
zerstört.

Am Nachmittag des 9. März wurde, nachdem alle unsere Abteilungen an
den verschiedensten Stellen ins Gefecht gekommen und überall siegreich
gewesen waren, ein gemeinsames Lager in etwas erhöhter Stellung
bezogen, um von hier aus die Bewegungen des Gegners zu rekognoszieren.

In dieser für uns günstigen Stellung wurden wir noch am selben Tage
von mutig und schneidig, aber vollkommen sinnlos draufgehenden
Rebellentrupps von mehreren Seiten angegriffen, die aber, wennschon
sie eine Zeit lang das Feuer gegen uns unterhielten, leicht abgewiesen
wurden. Auch hier operierte Wißmann entweder mit Salvenfeuer, oder bei
günstigen Gelegenheiten mit Einzelfeuer der Europäer.

Am späten Nachmittage wurden starke Patrouillen nach verschiedenen
Richtungen hin ausgesandt, welche die noch auftauchenden Rebellen
zurücktrieben und die noch nicht zerstörten Ortschaften einnahmen
und verbrannten, bis auf eine verhältnismäßig stark besetzte, im
Dickicht belegene Position, gegen die eine nur aus Schwarzen bestehende
Abteilung nichts auszurichten vermochte. Hierhin wurde am Morgen des
nächsten Tages Herr von Gravenreuth mit seinem Bataillon abgeschickt,
der denn auch nach einer kurzen Beschießung mit Granaten und dem
Maxim-Gun die Position nahm und den Gegner, soweit es das Gelände
zuließ, verfolgte.

Der größte Teil der andern Truppen wurde zur Absuchung der weiteren
Umgebung benutzt, doch wurden nur noch vereinzelt Rebellen angetroffen.
Es stellte sich heraus, daß der Feind in den einzelnen Abteilungen, in
denen er uns angegriffen hatte, nach den verschiedensten Richtungen
abgezogen war und die Gegend verlassen hatte. Er hatte 40 Tote: 30
davon waren beim Sturm auf unser Lager gefallen, während bei uns nur
der Oberbüchsenmacher Bauernschmidt, dem der Daumen der rechten Hand
abgeschossen war, und vier Sudanesen verwundet waren.

Die meisten Aufständischen waren bereits vor dem eben beschriebenen
Gefecht weggezogen, die noch vorgefundenen wurden auf etwa 400
geschätzt. Bana Heri selbst sagte später aus, daß er sich in der ganzen
Zeit versteckt gehalten habe, weil er nach dem verunglückten Angriffe
Gravenreuths einen Angriff der ganzen Schutztruppe wie bei Mlembule
vorausgesehen habe.

Lebensmittel waren zu Palamakaa nur noch wenig vorhanden und die
Stimmung der Eingeborenen wandte sich immer mehr und mehr von Bana Heri
ab. Es wurde ihnen verboten, ihn in ihren Dörfern aufzunehmen und die
Rebellen mit Lebensmitteln zu unterstützen.

Lieutenant Langheld war in Mandera mit einem Trupp von 50 Mann postiert
worden und hatte den Befehl erhalten, auf flüchtige Trupps der
Aufständischen zu fahnden; es gelang ihm auch, eine Schaar von Arabern
und Wasegua zu zersprengen.

So konnte, da das Terrain von Palamakaa gesäubert war und eine weitere
Verfolgung aussichtslos erschien, am 10. März der Rückmarsch nach der
Küste angetreten werden, auf dem wir leider vier schwere und einige
leichte Fälle von Hitzschlag hatten und zwar meist bei den erst vor
einigen Tagen eingetroffenen Europäern. Es verstarben infolgedessen
die Unteroffiziere Gombert und Witzick, welche dann in Sadani beerdigt
wurden.

Der aus Deutschland mit dem Transport neuer Offiziere und
Unteroffiziere eingetroffene Major Liebert hatte am Gefechte bei
Palamakaa in der Begleitung des Majors Wißmann teilgenommen und
bereiste in der folgenden Zeit mit dem Reichskommissar sämtliche
Stationen, um auf Grund dessen, was er sah und hörte, im Stande zu
sein, die nächste Vorlage betreffs der Schutztruppe vor dem Reichstage
zu vertreten. Auf dieser Besichtigungstour war ihm auch Gelegenheit
gegeben, selbst mit einem Trupp farbiger Offiziere gegen einen
Häuptling, der sich gegen den in Lewa stationierten Offizier aufgelehnt
hatte, im Verein mit +Dr.+ Bumiller einzuschreiten.

Mit Bana Heris Macht im Hinterlande von Sadani war es, wie erwähnt,
nach jenem Gefecht bei Palamakaa zu Ende. Dazu zwang ihn und seine
Leute der Hunger, mit uns in Unterhandlungen zu treten, die durch den
neu eingesetzten Jumbe von Mkwadja vermittelt wurden.

Da der Reichskommissar den Einfluß Bana Heris auf die Bevölkerung von
Usegua ausnutzen wollte, wurde ihm anbefohlen, sich mit seinen Leuten
an einem bestimmten Tage auf der Station Sadani einzufinden. Der Befehl
über Sadani war nach dem Gefecht bei Palamakaa auf den Lieutenant Sigl
übergegangen. Der Verfasser hatte zu dieser Zeit den Auftrag erhalten,
im Verein mit +Dr.+ Stuhlmann die Expedition des +Dr.+ Emin
Pascha, welche in einem besonderen Kapitel behandelt werden wird,
Soldaten, Träger und Lasten zusammenzustellen.

Im Auftrage des Reichskommissars sollte Herr von Gravenreuth in Sadani
die Verhandlungen wegen der Übergabe Bana Heris zu Ende führen.
Korvettenkapitän Valette, der älteste Offizier der Marinestation,
hatte auf die Bitten des Reichskommissars dem Kommandanten des
»Sperber« den Befehl erteilt, nach Sadani zu gehen, um dort für den
allerdings von vornherein ziemlich unwahrscheinlichen Fall, daß der
mit bedeutender Macht heranrückende Bana Heri ein falsches Spiel
triebe, zur Hand zu sein. Die Besatzung der Station Sadani bestand nur
aus 50 Mann, dem Stationschef Sigl, Lieutenant von Arnim, +Dr.+
Freiherr von Nettelblatt und 3 Unteroffizieren. Der »Sperber« hatte
den ausdrücklichen Befehl, nach 24 Stunden wieder nach Sansibar
zurückzukehren.

Am 3. April nachmittags fuhr Gravenreuth auf der »München« nach
Sadani hinüber. In seiner Begleitung befanden sich der Wali von
Pangani, Soliman ben Nassr, durch den im Verein mit dem uns ergebenen
Jumbe von Mkwadja Bana Heri die Unterwerfungsverhandlungen mit dem
Reichskommissar geführt hatte, und Bana Omari, ein Sohn Bana Heris.
Nach der Ankunft in Sadani begab sich Bana Omari sofort ins Innere in
die Gegend von Palamakaa, um Bana Heri die Nachricht von der Ankunft
Gravenreuths zu überbringen mit der Aufforderung, sich nun selbst in
Sadani zwecks der näheren Verhandlungen einzufinden. Bereits in den
letzten Tagen hatte sich in der Station von Sadani eine Reihe von
Leuten Bana Heris eingefunden, da derselbe nicht mehr in der Lage
war, seine Anhänger zu ernähren. Der Hunger trieb dieselben, sich
an uns Deutsche an der Küste zu wenden. Sie wurden auf der Station
aufgenommen, untergebracht, verpflegt, leisteten drei Tage lang
wahrhaft unglaubliches im Essen und Schlafen und meldeten sich dann zur
Arbeit.

Am 4. April, Freitags, traf der »Sperber« vor Sadani ein; am Sonnabend
kamen Boten von Bana Heri mit der Nachricht, derselbe könne erst am
nächsten Tage erscheinen, da er krank sei und nur langsam marschieren
könne. Da er aber auch an diesem Tage, dem Ostersonntag, bis Mittag
nicht erschienen war, mußte der »Sperber« infolge des erhaltenen
Befehls abdampfen und nach Sansibar zurückkehren. Fast in demselben
Augenblick, als der Sperber Anker aufging, erschien im Gelände hinter
der Station der Jumbe von Mkwadja mit zwei Begleitern und der Meldung,
daß Bana Heri ihnen auf dem Fuße folge. Gleich darauf sah man von der
Station aus eine lange Menschenreihe sich auf diese zu bewegen, voran
eine weiße Fahne, das Zeichen des Friedens. Der Schall der Negertrommel
wurde gehört. Dann erschien eine zweite weiße Fahne, gleich darauf von
andrer Seite her ein dritter Trupp: -- Bana Heri war im Anrücken.

Die ganze Gesellschaft hielt zunächst vorsichtig in dem Bett eines nur
zur Regenzeit Wasser enthaltenden Flusses dicht bei der Station. Omari,
Bana Heris Sohn, löst sich aus den Reihen und begiebt sich nach der
Station hin, aus der ihm schon der Stationschef Sigl und Lieutenant
von Arnim entgegengehen. Er erhält die Weisung, Bana Heri habe sich
mit seinen ganzen Truppen in der Ebene hinter der Station zu lagern.
Innerhalb der Station war alles bereit. Die Geschütze waren geladen,
ebenso standen die Soldaten fertig, doch war Europäern und Sudanesen
streng verboten, sich auf den Bastionen und an der Brustwehr zu zeigen,
um nicht den Leuten Grund zum Mißtrauen und zur Furcht zu geben, und so
im letzten Augenblick ein allgemeines Ausreißen zu veranlassen.

Es wälzt sich nun die ganze Masse in die Ebene, etwa 400 Mann an der
Zahl. Voran geht eine seltsame Gestalt, von dem Kopfe stehen nach
beiden Seiten zwei mächtige, aufgerichtete Adlerflügel ab, den Rücken
bedeckt ein Löwenfell, perlengestickte Bänder hängen vom Körper
herab, -- so trippelt der Zauberer und Vortänzer, denn er ist es,
in kurzem Trabe und in Schlangenlinien vor dem Zuge her, beschreibt
Kreise und läuft unermüdlich hin und her. Ihm folgen drei Trommler,
auf mächtigen Gomas (Negertrommeln) einen langen Wirbel schlagend,
dann die weißen Fahnen, ihnen nach die Krieger, Araber, Belutschen,
Sklaven, Waniamuesi, Wasegua, alle möglichen Stämme. Die meisten Leute
sind sehr gut, viele Araber prächtig gekleidet, einige Neger befinden
sich im Kriegsschmuck mit aufgerichteten Federbüscheln bedeckt. Fünf
buntgeschirrte Esel befinden sich im Zuge. Fast alle Leute sind mit
Gewehren bewaffnet, nur etwa dreißig tragen Speere oder Bogen und
Keulen. So bewegt sich der Zug auf die Station zu. Da der ihnen
angewiesene Platz gerade unter der Mündung des großen Feldgeschützes
liegt, -- für den Neger ein höchst verdächtiger Umstand, -- so bitten
sie, im Grunde des oben erwähnten trockenen Creeks lagern zu dürfen.

Hier findet das unvermeidliche, unendliche Schauri statt: Stationschef
Sigl und der Wali von Pangani verhandeln mit Bana Heri. Dieser
wieder macht Schauri mit seinen Leuten, das länger als drei Viertel
Stunden dauert. Endlich kommt es zu einem Resultat. Stationschef Sigl
meldet Herrn von Gravenreuth, Bana Heri ließe seinen Salaam sagen und
bitte um die Erlaubnis, ihn selbst begrüßen zu dürfen. Er sei in ganz
friedlicher Absicht gekommen; was ihn beträfe, so sei der Krieg aus und
vorbei, und er unterwerfe sich allem. Zu bitten habe er folgendes: Er
sei heute mit seiner besten Macht gekommen, um in möglichst feierlicher
Weise seine Unterwerfung zu erklären; nun habe er noch 500 Mann in
seinem Lager bei Palamakaa, ebenso seien dort die Weiber und die
Kinder und das ganze Gepäck. Zu essen hätten sie garnichts, Munition
ebensowenig. Herr von Gravenreuth möge gestatten, daß er selbst mit
einer Abteilung wieder abzöge, um jenes Lager herbeizuholen, bezw.
die Leute in ihre Dörfer zu entlassen. Die andern Abteilungen sollten
in der Nähe sich niederlassen dürfen. Es möchten ihnen Schutzbriefe
gewährt werden.

Alle Punkte wurden zugestanden. Sogleich kam das ganze Lager auf die
Beine und im feierlichen Zuge in der vorher beschriebenen Ordnung
nähert sich die Menge dem vorderen Eingange zum Fort. Der Zauberer und
die Fahnenträger pflanzten sich im Hofe auf und Gravenreuth begiebt
sich mit den übrigen Europäern hinunter an den äußeren Eingang. Hier
harrte Bana Heri, sein Sohn Abdallah, Omari, Jehasi, mehrere Araber, 14
Jumbes und die ganze Macht.

Bana Heri selbst trägt ein gelbseidenes Araberhemd, den Kopf von einem
blauen, glatt anliegenden, hinten zu einem Knoten geschürzten Tuche
umwunden. Im Gürtel steckt der prächtige Maskatdolch. Als Herr v.
Gravenreuth auf ihn zutrat, legte er die Hand zum Gruße an die Stirn,
ergriff dann mit beiden Händen Gravenreuths Rechte und begrüßte ihn mit
»+Jambo, jambo sana, jambo sâânââ+« (sei gegrüßt, sei herzlich
gegrüßt, sei auf das allerbeste gegrüßt). Dann fügte er hinzu: »Ach,
Herr, wäre ich doch Deinem Briefe gefolgt!« (Herr von Gravenreuth hatte
ihn schon bei Ausbruch des Aufstandes zur Übergabe aufgefordert.) Das
Ganze machte den Eindruck, als ob Bana Heri außerordentlich froh sei,
den Krieg beendigt zu sehen. Mit großer Herzlichkeit schüttelte er
allen Anwesenden die Hände. Dann bat er selbst nochmals, sogleich
abziehen zu dürfen, was ihm erlaubt wurde, zumal ein schrecklicher
Regen den Aufenthalt im Freien im Augenblick besonders lästig machte
und alle bis auf die Haut durchnäßte. Bana Heri versprach noch, in
spätestens vier Tagen wieder zurück zu sein, bat, sich wieder in Sadani
niederlassen und vorher nach Sansibar kommen zu dürfen, um Major
Wißmann seinen Salaam zu sagen. Er erhielt Reis und Matama und nach
vielen herzlichen Danksagungen und Salaams zog er ab.

Abdallah, Omar, Jehasi und die Jumbes blieben im Fort zurück, um ihre
Schutzbriefe zu erhalten. Jehasi erklärte sehr vergnügt, nun sei
aller Krieg vorbei, sie hätten absolut nichts mehr zu essen gehabt.
Dann sprach er voll Bewunderung von unserm Maximgeschütz, welches bei
Palamakaa in Tätigkeit war, und dessen Wirkung er auf eigentümliche,
hier nicht wiederzugebende Weise deutlich machen wollte. Das Geschütz
sei ihm, obwohl er sich sehr gut auf Kanonen verstünde, absolut
unerklärlich.

Bana Heri persönlich sandte später als äußeres Zeichen seiner
Unterwerfung an den Reichskommissar sein arabisches Schwert.

Die Jumbes der Umgebung von Sadani, welche sich mit den Truppen
eingefunden hatten, wurden mit Schutzbriefen versehen, und alles zog
wieder ab, um sich in der nächsten Zeit in Sadani anzusiedeln und den
Ort wieder aufzubauen.

Der Aufstand im Norden war mit der Unterwerfung Bana Heris erledigt.
Im ganzen hatte letzterer nach dem Gefecht bei Palamakaa immerhin noch
1200 Leute gehabt, die sich nun, soweit sie nicht in Sadani selbst sich
wieder ansiedelten, nach Mkwadja, Uwindji, Windi oder Mlembule wandten
und alle unter der Kontrolle der Stationschefs von Sadani und Mkwadja
standen.

Es ist sowohl in Afrika von eifrigen, mit den Verhältnissen nicht
vertrauten Offizieren der Schutztruppe und Beamten wie in Deutschland
vielfach darüber geklagt worden, daß Wißmann, der doch mit Buschiri
kurzen Prozeß gemacht hätte, gegen Bana Heri eine allzu große Langmut
bewiesen habe, und es wird die Milde, die er gegen Bana Heri und
gegen den bereits früher erwähnten Simbodja hat walten lassen, ihm
als Schwäche oder als Inkonsequenz ausgelegt. Ich habe schon bei
Buschiri darauf hingewiesen, daß Gründe, diesen Rebellenführer zu
schonen, absolut nicht vorlagen, weder Milderungsgründe für ihn, noch
Nützlichkeitsgründe für uns. Bei Bana Heri und Simbodja lag die Sache
anders. Abgesehen davon, daß Bana Heri, der die Übergabe-Verhandlungen,
wie erwähnt, durch Soliman ben Nassr und den Jumbe von Mkwadja hatte
führen lassen, eine Schonung seiner Person und der Leute, die sich dem
Reichskommissar stellten, als Grundbedingung gestellt hatte, war für
Wißmann ganz besonders die Absicht maßgebend, aus dem großen Einfluß,
den Bana Heri in Usegua und Nguru ausübte, für uns Nutzen zu ziehen.

In dieser Berechnung hat sich der Reichskommissar nicht getäuscht. Bana
Heri sowohl, wie seine viel schwieriger zu behandelnden Söhne haben
sich nicht nur stets ruhig verhalten, sondern auch die vorher öfters
beunruhigte Sadanistraße durch Usegua und Nguru in Ordnung gehalten.
Verfasser selbst hat im vergangenen Jahre in Nguru, das durch Krieg
stark heimgesucht war, durch die Benutzung des Einflusses Bana Heris
und seines Sohnes Abdallah den Frieden auf die einfachste Weise wieder
hergestellt.

Simbodjas Vergehen ist nur gewesen, daß er durch die Ereignisse an der
Küste sich auch seinerseits im Innern zum Aufstand aufreizen ließ und
dem Gebote Buschiris Folge leistete. Er folgte auch diesem Zwange,
als er +Dr.+ Meyer und +Dr.+ Baumann auf Buschiris Befehl
festnahm. Daß er dann ein Lösegeld auch für sich erpreßte, ist noch
kein Grund, ihn zu opfern.

Das Urteil der mit den Verhältnissen im Hinterland von Pangani
vertrauten Persönlichkeiten, -- und das ist nicht das Urteil flüchtig
das Land durchziehender Reisender, wie +Dr.+ Meyer, sondern
das Urteil der dort jahrelang thätigen Beamten und Offiziere, --
geht dahin, daß der Einfluß Simbodjas uns von großem Nutzen ist und
die Gegend vor den Übergriffen vieler kleiner Häuptlinge sichert.
Voraussetzung dabei ist natürlich, daß Simbodja stets unsere Autorität
vor Augen hat und gelegentlich ausdrücklich an dieselbe erinnert wird.

Erst später ist bekannt geworden, daß tatsächlich Mohammed ben Kassim,
von dem noch an anderer Stelle gesprochen werden wird, mit 600 Mann aus
Tabora und Udjidji zur Verstärkung Bana Heris herannahte. Wir hätten
also noch ernste Kämpfe gegen Bana Heri zu bestehen gehabt, wenn nicht
den Friedenswünschen desselben Gehör geschenkt worden wäre, und wir
hätten uns dadurch der Möglichkeit beraubt, mit allen Mitteln an die
Wiedereroberung des Südens zu gehen.




                             10. Kapitel.

              Die Stationen und der Dienst auf denselben.

  Bedeutung Bagamoyos und der indischen Kaufleute. -- Negerbevölkerung.
  -- Station Bagamoyo. -- Posten bei Mtoni. -- Sicherung der
  Karawanenstraße durch die Station Mpapua. -- Kleinere Posten.
  -- Besetzung der Stationen. -- Bauten. -- Armierung. -- Der
  Stationsdienst. -- Machtbereich der Stationschefs. -- Regelung des
  Karawanenverkehrs. -- Viehankäufe. -- Dienst der Gruppen auf den
  Stationen. -- Die Rechtsprechung. -- Verwendung der Walis und Akidas.
  -- Verwendung mächtiger Häuptlinge im Innern. -- Die deutschen
  Unteroffiziere.


Wir haben schon bei der Entwickelung der Geschichte des Aufstandes
der Gründung einzelner Stationen Erwähnung gethan. Um ein richtiges
Bild von der außerordentlichen Thätigkeit, welche hierbei seitens
aller Angehörigen des Kommissariats entfaltet werden mußte, zu
geben, um ferner den Plan Wißmanns zu verstehen, die Küste nicht
nur wiederzuerobern, sondern ein für allemal militärisch und
handelspolitisch zu sichern, muß auf die einzelnen Stationen an
dieser Stelle eingegangen werden. Als wichtigste und erste derselben
zählt naturgemäß Bagamoyo. In der Nähe der Kinganimündung in einer
fruchtbaren Ebene Usaramos gelegen, hatte Bagamoyo vor dem Aufstand
bereits die bei weitem höchste Bedeutung unter allen Küstenstädten
erlangt. Hier mündet die große Karawanenstraße von Tabora und den Seen
über Mpapua. Alljährlich erreichten etwa 80 Tausend Träger in Bagamoyo
die Küste und zogen von hier wieder ins Innere hinein, der Stadt das
Gepräge eines überaus regen Geschäftsverkehrs und Lebens verleihend.

Die Stadt selbst bestand bereits damals zum großen Teil aus
Steinhäusern von mitunter bedeutendem Umfang, außerdem aus
Negerhäusern, Lehmbauten oder einer Art Erdhütten, deren Herstellung
in der Weise geschieht, daß ein Gerüst aus eng aneinander stehenden,
harten Stämmchen aufgerichtet und wagerecht mit demselben Material
überflochten wird, sodaß eine Unzahl kleiner Vierecke offen bleibt.
Eine zweite Wand wird parallel zur ersten in derselben Weise
aufgerichtet und der Zwischenraum mit fest gestampfter Erde ausgefüllt.
Als Bedachung dienen Palmenblätter. Endlich bedeckten gewöhnlich ein
Unzahl von Trägerhütten, lediglich aus Palmenzweigen erbaut,
den Strand.

Die Bevölkerung der Stadt bildeten in erster Linie vornehme und reiche
Araber, deren Schamben (landwirtschaftliche Plantagen) unmittelbar
an Bagamoyo grenzten; ferner in weit größerer Zahl Inder und zwar
Hindus, Mohammedaner, wenige Banianen. Die Inder haben in erster Linie
den Kleinhandel und den Ladenverkauf in Händen und dienen ferner den
indischen Großkaufleuten in Sansibar als Agenten, welche ihrerseits
den Karawanenhandel, d. h. die Lieferung an Tauschartikeln und den
Ankauf der gebrachten Produkte des Innern, vornehmlich Elfenbein,
Sesam, Kopal und Erdnüsse völlig in ihre Hand gebracht hatten. Die
eigentliche Negerbevölkerung Bagamoyos bestand nur zum geringsten
Teil aus eingeborenen Wasaramos, zum bei weitem größeren Teil aus
Mischlingsnegern der verschiedensten Stämme der Küste und des Innern,
Mischlingen von Arabern und Negern, Suahelis und dergleichen mehr.

Die ständige Bevölkerung der Stadt dürfte etwa 15000 Seelen betragen,
zu denen jedoch meist etwa 2-3000 gerade in Bagamoyo anwesende Träger,
Waniamuesi oder Wassukuma, -- häufig bedeutend mehr, -- hinzukamen. So
bildete Bagamoyo naturgemäß den Hauptkernpunkt des ganzen Aufstandes.
Sein Name war bis in das tiefste Innere hinein bekannt. Der Begriff von
Reichtum und Macht war mit ihm für jeden Neger unauflöslich verbunden.
Es mußte daher natürlich die Hauptaufgabe des Reichskommissariats
sein, diese Stadt dauernd in den deutschen Besitz zu bringen und
vor jeder weiteren Berührung mit dem Aufstand ein für allemal zu
schützen. Die Anlage der Station Bagamoyo wurde von vornherein in
großartigem Maßstabe begonnen und durchgeführt. Zum eigentlichen
Fort wurde ein umfangreiches, starkes Gebäude umgebaut, welches dem
Inder Sewa Hadji gehörte, mit der Front nach dem Meere zu gelegen
und nur durch einen etwa 300 Schritt breiten Raum davon getrennt.
Ein aufgesetztes Stockwerk und ein angebauter Flügel gewährten Raum
für die Unterbringung von Offizieren, Unteroffizieren und Bureaus.
Um das Gebäude herum, teilweise daran sich anlehnend, zog sich eine
starke Umfassungsmauer mit Eckbastionen; im Innern lehnten sich
an diese Umfassungsmauer massive Wohnräume für die Besatzung. Die
vordere Eckbastion des Forts bestrich mit ihren Geschützen die ganze
Hauptstraße von Bagamoyo, wie denn überhaupt die Stadt unter das Feuer
des Forts genommen werden konnte. Neben dem Hauptfort erhob sich am
entgegengesetzten Ende der Stadt die sogenannte Zulukaserne, ein
ebenfalls festes Steinhaus, in welchem das Expeditionskorps
kasernierte.

Noch weiter nach Nordwesten war gegen die französische Mission hin
der sogenannte Dundaposten, in einem kleinen kugelsicheren Steinhaus
untergebracht.

Jedes einzelne der genannten Gebäude war mit einem starken
Stacheldrahtzaun umgeben, das Schußfeld durch Rasieren der Bäume und
Sträucher frei gemacht. Um eine noch größere Sicherheit für die gesamte
Stadt herbeizuführen, hatte man in der ersten Zeit, als die Scharen
Buschiris noch überall in der Nähe waren, die ganze Stadt mit einem
Stacheldrahtzaun als erstes Hindernis gegen die Annäherung umgeben.
Bagamoyo war ebenso wie alle anderen noch zu erwähnenden größeren
Stationen für unsere afrikanischen Gegner durchaus uneinnehmbar.

Die Wichtigkeit des Platzes erforderte jedoch, daß auch der weitere
Umkreis, besonders die dorthinführenden Straßen dauernd in unsern
Machtbereich gebracht wurden. Eine Menge Karawanen waren bei Ausbruch
des Aufstandes mit ihren Elfenbeinschätzen, mit Gewehren und Munition
aus dem Innern nach Bagamoyo unterwegs. Es mußte dafür gesorgt werden,
daß diese Karawanen den Aufständischen nicht in die Hände fielen und
ihre Macht durch gangbare Werte und Waffen unterstützten.

Der Reichskommissar beschloß daher von Anfang an auch die weitere
Umgebung durch Posten zu sichern. Als wesentlichsten dieser Posten
führen wir hier Mtoni an. Mtoni liegt an der Stelle, nur etwa 6
Stunden von Bagamoyo entfernt, wo die Karawanen den Kingani-Fluß
zu überschreiten haben, und wäre dies für die Aufständischen der
geeignetste Punkt für Angriffe gewesen. Hier wurde daher in einem aus
Wellblech erbauten, durch Erdbewurf und Stacheldraht geschützten Hause
ein Posten von 12 Sudanesen unter einem weißen Offizier und einem
Unteroffizier untergebracht, welcher für den Schutz des Überganges
vollkommen ausreichte. Um das früher übliche, zeitraubende Übersetzen
der Karawane durch einen Einbaum (Eingeborenen-Canoe) aus der Welt
zu schaffen, stellte der Reichskommissar ein großes Stahlboot zur
Verfügung.

Von ausschlaggebender Bedeutung jedoch für die Sicherung der
Karawanenstraße und die Erhaltung des Handels von Bagamoyo war die
Station Mpapua. Wir haben bereits bei der Expedition nach Mpapua
einige Streiflichter auf die Wichtigkeit des Punktes in strategischer
Rücksicht geworfen. Mpapua bildet aber, und dies ist von ungleich
größerer Bedeutung, den Hauptknotenpunkt aller Karawanenstraßen, welche
aus dem Seengebiet zur Küste führen. Alle die vom ganzen Gebiet des
Tanganjika über Tabora laufenden und dann nach verschiedenen Richtungen
sich teilenden Karawanenwege vereinigen sich wieder in Mpapua. Auch die
vom Südufer des Viktoria Nyanza und von der Westküste desselben aus
Uganda, Unioro, Karagwe kommenden Karawanen wählen den Weg über Mpapua.
Die Sicherung dieses Punktes war daher von der allergrößten Bedeutung.
Daß Buschiri seine Wichtigkeit erkannt hatte, beweist sein Überfall der
Station der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft.

Abgesehen von der Sicherung des Karawanenweges diente die Station aber
auch zum Schutze der fruchtbaren und reichen Thäler von Inner-Usagara
und bildete auf der andern Seite für Ugogo, das berüchtigte Räuberland
im Westen, und für die Massais im Norden, sowie für Uhehe im Süden eine
Kräftigung unseres Ansehens.

Bei den damals vorhandenen Machtmitteln war die Begründung der Station
Mpapua mit ihrer starken Besatzung ein erfreulicher, nach den damaligen
Verhältnissen genügender Schritt zur Sicherung eines Küstenstreifens
von mehr als 300 +km+ Breite. Es war dies eine Aufgabe, deren
Lösung durch Wißmann als ein Meisterstück richtiger strategischer
Einsicht angesehen werden muß, denn die Besetzung von Mpapua und die
Errichtung des Forts daselbst ist thatsächlich der erste Schritt zu
einer wirklichen Beherrschung unseres Gebietes.

Zum Interessenbereich von Bagamoyo gehört ferner noch die kleine
Station Bueni mit einer Besatzung von durchschnittlich 20 Sudanesen.
Sie bildete gleichzeitig einen Beobachtungsposten für den südlich
gelegenen Platz Kondutschi, von dem aus ein schwungvoller
Schmuggelhandel sowie Sklavenausfuhr stattfand. Endlich ist dahin
zu rechnen der kleine Beobachtungsposten bei Mandera, welcher
hauptsächlich dem Schutz der dortigen Missionsstation bei den Wadoës
diente.

Den südlichen Teil von Usaramo deckte als Hauptstation Daressalam
mit einer Besatzung von 60-70 Sudanesen und einem kleinen Posten
am Hafeneingang. Bei der größeren Sicherheit, welche in diesem vom
Aufstand erst später und in geringerem Maße berührten Teile Usaramos
geherrscht hatte, schien es unnötig, weitere befestigte Stationen hier
anzulegen.

In Usegua indes schien stärkere Machtentfaltung durchaus geboten und
die eigenartige Stellung, welche Bana Heri den Eingeborenen gegenüber
einnahm, ließ ihn als einen gefährlicheren Gegner erscheinen,
denn Buschiri selbst. Es lag in der ursprünglichen Absicht des
Reichskommissars nach der mehrfachen Beschießung von Sadani die Stadt
ganz vom Erdboden zu vertilgen und die Handelsbeziehungen nach Mkwadja,
nördlich von Sadani und etwa 30 +km+ entfernt, hinüberzuführen.
Mkwadja erhielt daher eine ziemlich feste Station und 50 Mann
Besatzung.

Die Absicht Wißmanns zeigte sich jedoch bald als undurchführbar. Araber
sowohl wie besonders Karawanenführer und Träger hängen mit überaus
großer Zähigkeit an dem einmal von ihnen begangenen Wege. Es zeigte
sich außerdem noch während der Kämpfe, daß die Eingeborenen und Bana
Heri selbst unmittelbar nach den Bombardements die Stadt immer wieder
aufbauten. Bei letzterem kam, abgesehen davon, daß er Sadani nun einmal
als angestammten Herrschersitz betrachtete, noch ein religiöses Moment
hinzu: es befand sich dort das Grab seiner Mutter.

So stellte sich sehr bald die Notwendigkeit heraus, Sadani ebenfalls
zur Militärstation zu machen. Während der Kämpfe gegen Bana Heri
erhielt es eine Besatzung von 130 Mann und beherbergte zeitweise noch
das Expeditionskorps; später wurde die Besatzung auf 50 Sudanesen
vermindert.

In Usambara sind die Hauptstationen Pangani mit einem Posten in
Rasmuhesa und einem zweiten Posten in Lewa, 25 km nordwestlich von
Pangani, zum Schutz der dortigen Plantagen der Ostafrikanischen
Plantagengesellschaft; endlich Tanga, letzteres ohne detachierte
Posten. Zur Sicherung der Karawanenstraße, welche vom Kilimandscharo
herunter nach Tanga oder Pangani führt, wurde am Kilimandscharo in
Moschi, im Gebiet des uns befreundeten Häuptlings Mandara, ein Fort
angelegt.

Die bisher genannten 14 Stationen und kleinen Posten bestanden bereits
im Anfang des Jahres 1890 nach kaum dreivierteljähriger Thätigkeit des
Reichskommissariats. Sie wurden insgesamt mit Besatzungen versehen aus
dem damals noch nicht 1000 Mann starken ersten Soldatenkontingent;
und zwar zählten die größeren Stationen zwischen 100 (Mpapua) und 40
(Tanga) Mann, die kleineren zwischen 20 (Moschi am Kilimandscharo,
Bueni) und 10 (Mandera, Lewa). Außerdem waren noch Expeditionstruppen
in der Gesamtstärke von 300 Mann vorhanden.

Sämtliche Stationen sind, -- denn auch der sehr bewährte spätere
Bauleiter Wilkens hat seine Schule erst in Afrika gemacht, --
ohne Zuhilfenahme der gänzlich mangelnden Sachverständigen durch
die Offiziere, Unteroffiziere und die schwarzen Truppen angelegt
und vollendet worden. Die Eingeborenen wurden lediglich zu
Handlangerdiensten, wie zum Stein- und Erdtransport herangezogen. Wenn
auch in vielen Fällen der Kern der Stationen in einem oder mehreren
Araberhäusern vorhanden war, so mußten diese Gebäude doch jedesmal
mehr oder weniger umgebaut, für den Gebrauch der Europäer passend
eingerichtet und ausgebessert werden. Umwallungen, Bastionen und
Befestigungen mußten selbstverständlich erst geschaffen werden. Das
Material an Steinen wurde aus den verfallenen oder zusammengeschossenen
Araberhäusern der betreffenden Ortschaften genommen, teils aus den
Korallenbänken gebrochen. Als Bauholz dienten sogenannte Boriti, harte
Knüppel aus Mangrovestämmen. Provisorische Befestigungen oder Bauten
wurden durchweg aus Wellblech in vollkommen zweckentsprechender Weise
hergestellt.

Es mag gleich hier angeführt werden, daß nach der Herstellung
geeigneter Wohnräume sich ein erheblich günstigerer Gesundheitszustand
ergab, denn je zuvor. Die große Sterblichkeit unter den Beamten
der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft vor der Zeit des
Reichskommissariats ist zweifellos zum Teil auf die ungemein
mangelhaften Wohnungsverhältnisse zurückzuführen. Nach der Erbauung
der Forts mit ihren mitunter (wie in Bagamoyo und Daressalam) 15 Fuß
hohen Zimmern und ihrer vorzüglichen Ventilation verminderten sich die
Fiebererkrankungen in auffallender Weise.

Die Armierung der Stationen bestand aus 8 +cm+ Feldgeschützen, 4,7
+cm+ Geschützen, Revolverkanonen und Mörsern. Die Expeditionskorps
führten 4,7 +cm+ Geschütze und das Maximgeschütz mit sich, welche
auseinander genommen und in einzelnen Stücken, die eine und zwei
Trägerlasten bildeten, getragen wurden.

Eine besondere Berücksichtigung verlangte die Einrichtung des
Stationsdienstes, welche am besten geeignet ist, das Vorurteil zu
widerlegen, als ob es sich hier lediglich um eine Kriegsführung nach
Landsknechtsart gehandelt habe, als ob, wie man in gegnerischen Kreisen
in Deutschland so häufig behauptete, die Schutztruppe nur mit Morden,
Sengen, Brennen und Aufhängen sich beschäftigt habe.

Die 7 großen Stationen standen jede unter einem Chef, dem die übrigen
Offiziere untergeordnet waren. Die Zahl der letzteren schwankte je
nach der Stärke und Wichtigkeit der Stationen, so zwar, daß dieselbe
in Bagamoyo naturgemäß am stärksten sein mußte. Die Funktionen
des Stationschefs waren in erster Linie die Instandhaltung der
Station, ferner der Oberbefehl über die Stadt und die Umgebung
derselben, Beaufsichtigung des Karawanenverkehrs, endlich die oberste
Rechtsprechung in seinem Bezirk.

Wißmanns Absicht ging dahin, von vornherein den aus dem Innern
kommenden Jumbes, Karawanenführern und Trägern klar zu machen, daß ein
für allemal die Macht und Oberhoheit in deutschen Händen läge. Dafür
gab es kein besseres Mittel als die Regelung des Karawanenverkehrs.
Sämtliche Karawanen, welche Mpapua passierten, hatten bei dem dortigen
Stationschef sich zu melden. Dort fand eine genaue Aufnahme der
mitgeführten Waren, eine Zählung der Schußwaffen und Munition, sowie
der Kopfzahl der Karawane, des mitgeführten Viehs u. s. w. statt.

Die Karawanenführer erhielten darüber eine Bescheinigung des
Stationschefs und hatten dieselbe als Legitimation zunächst bei der
Mtoni-Fähre zu präsentieren. Von der Fähre aus erhielten sie einen
Sudanesen bis Bagamoyo mit, welcher den Begleitschein dem dortigen
Stationsoffizier zur Prüfung vorzulegen hatte. Die Wirkung dieser
Maßregel auf die Karawane, besonders auf die das Hauptträgerkontingent
stellenden Waniamuesi und Wassukuma, sowie auf die Karawanenführer
ist eine ganz erstaunliche gewesen und hat in außerordentlicher Weise
zur Ausbreitung des deutschen Ansehens im tiefen Innern beigetragen.
Allerdings brachte der Verkehr mit den Trägern und Führern der
Karawanen unglaubliche Schwierigkeiten und Weitläufigkeiten mit sich.
Die Leute waren gewöhnt, sobald sie das Meer vor sich sahen, die
Lasten ohne weiteres abzuwerfen, zum Strande hinabzueilen und sich
ihre Laubhütte irgendwo aufzubauen, wo es ihnen gerade gefiel. Jetzt
kam Ordnung in die Sache. Der Kirangosi (Karawanenführer) hatte sich
mit den begleitenden Sudanesen auf der Station zu melden, die Karawane
mußte ihre Lasten fein säuberlich nach den Warengattungen ordnen und
niederlegen; das mitgeführte Vieh mußte in dafür errichtete Gehege
gebracht werden; die Hüttenstadt endlich mußte an einem dazu bestimmten
Platz am Strande möglichst ordentlich aufgebaut, resp. in Bagamoyo in
neuerer Zeit das Lager bei der Karawanserei ordnungsmäßig aufgeschlagen
werden. Dann begannen die endlosen Verhandlungen wegen Viehankauf. Es
lag selbstverständlich im Interesse des Kommissariats, das aus dem
Innern zur Küste geführte Vieh zur Vermeidung des Zwischenhandels
von den Karawanen direkt zu kaufen. Einmal wurde dadurch eine
außerordentliche Verbilligung in der Verproviantierung der Europäer
erzielt, andrerseits waren die Chefs in der Lage, die Sudanesen
vor Übervorteilung zu schützen. Endlich war immer ein Bestand für
Expeditionszwecke zur Verfügung.

Das Kommando über die Stationsbesatzung lag unter der Oberleitung
des Chefs in den Händen des diesem zugeteilten Offiziers. Der
eigentliche Dienst der Truppe in den Stationen beschränkte sich,
nachdem die schon früher beschriebene erste Ausbildung vollendet war,
auf den Morgenappell um 6 Uhr, dann folgte Exerzierdienst bis 8 und
noch einmal für ein bis zwei Stunden am Nachmittag. Der eigentliche
Kasernendienst bestand lediglich im Putzen der Waffen und Waschen der
Uniform, Instruktionsstunde fiel von selbst weg. Den wesentlichsten
Teil der Zeit hatte die Garnison im Arbeitsdienst zuzubringen. Dieser
Arbeitsdienst war naturgemäß sehr verschiedener Art und hing im
Wesentlichen von dem Eifer des Stationschefs und seiner
Untergebenen ab.

Die im Vorstehenden genannten Obliegenheiten waren die offiziellen, vom
Reichskommissar den Chefs und Offizieren gestellten Aufgaben, welche
unbedingt erfüllt werden mußten. Darüber hinaus aber blieb es jedem
Chef überlassen, aus seiner Station zu machen, was er konnte, und
gerade in dieser Beziehung entwickelte sich ein reger Wetteifer. Jeder
versuchte, so viel als möglich die Umgebung des Forts zunächst zu einer
reizvollen zu machen. Wege wurden gebaut, Gärten und Felder angelegt,
Bäume gepflanzt, Akklimatisationsversuche angestellt und dergl. mehr.
Bei allen diesen Arbeiten wurde die Besatzung herangezogen, und es
ist gewiß als vortreffliche Eigenschaft unserer schwarzen Soldaten
hervorzuheben, daß sie alle diese Arbeiten, allerdings unter dem
Beispiel der weißen Unteroffiziere, für sich selbst zu einer Art
Ehrensache machten und daß so der Wettstreit unter den Stationen sich
innerhalb jeder einzelnen Besatzung wiederholte.

Wenn oben die Rechtsprechung durch den Chef angeführt wurde, muß hier
eingefügt werden, daß sie nicht allein durch ihn geschah. Es wurde den
Sitten und Gebräuchen, den religiösen und Rechts-Anschauungen der Leute
durch Einsetzung der Wali und Akida Rechnung getragen. Sie wurden aus
denjenigen vornehmen Arabern gewählt, welche beim Volk wohlangesehen
und beliebt waren und von deren ergebener Gesinnung gegen uns wir
überzeugt sein konnten. Sie bildeten demnach berufene Mittelspersonen
zwischen den Stationschefs und der arabischen und eingeborenen
Bevölkerung ebenso wie in manchen Beziehungen die Berater der ersteren.
So nahmen sie gewissermaßen im Zivilleben eine Stellung ein, wie sie
die farbigen Offiziere uns und der Truppe gegenüber hatten.

Die Funktion der Wali und Akida -- den ersteren Namen führten sie
in den größeren und bedeutenderen Plätzen, den letzteren in kleinen
Orten, in denen nur eine geringe Besatzung und wenig Verkehr war --
war zur Zeit der Beherrschung der Küste durch die Sultane von Sansibar
die von größeren und kleineren Statthaltern. Selbstverständlich hat
die jetzige Funktion dieser Leute hiermit nichts mehr zu thun. Sie
sind lediglich Organe der örtlichen Behörden, der Stationschefs,
und haben in der Rechtsprechung wie überhaupt in der Verwaltung nur
diejenigen Obliegenheiten, die nach Lage der örtlichen Verhältnisse der
betreffende Stationschef ihnen zuzuteilen für gut befindet.

Bei großer Überbürdung des Stationschefs wurde ein Teil der kleineren
Gerichtsbarkeit den Walis insofern übertragen, daß sie die Urteile
fällten, diese aber der Bestätigung der Chefs unterbreiten mußten.
In manchen Stationen hatten die Walis noch eine Anzahl sogenannter
Walisoldaten zu unterhalten, denen es oblag, notwendige Botendienste
in der näheren und weiteren Umgebung zu verrichten, Vorladungen
zum Schauri zu überbringen, auch Widerspenstige festzunehmen und
dergleichen. Diese Walisoldaten sind insofern von großem Wert für
uns gewesen, als sie den Verkehr zwischen uns und der eingeborenen
Bevölkerung, soweit diese nicht in unmittelbarer Nähe der Station
wohnte, bedeutend erleichterte. Außerdem erleichterten die Wali, ohne
daß der deutsche Offizier und Beamte und die deutschen Soldaten sich
bei jeder Kleinigkeit persönlich engagierten, in vielen Fällen eine
Vermittlung, die immer viel eher zwischen dem Wali und der Bevölkerung
möglich war.

Von den Walis verdienen einzelne Personen besonders erwähnt zu werden
und zwar Soliman ben Nasr, welcher als Wali von Pangani dem dortigen
Stationschef +Dr.+ Schmidt nach der Einnahme von Pangani bei
der Herstellung der Ruhe und Ordnung an diesem Platze durch sein
Ansehen und ebenso später dem Reichskommissar, von Sansibar aus, zur
Unterhaltung eines guten Einvernehmens mit den Arabern der gesamten
Küste behilflich war; ferner der bekannte Schech Amer in Bagamoyo,
welcher bei der großen Überbürdung der Chefs resp. Bezirkshauptleute
von Bagamoyo diesen eine wertvolle Unterstützung war, besonders auch
den hier in dieser großen Handelsstadt zusammenströmenden Arabern,
Indern und Eingeborenen gegenüber große Repräsentationspflichten
versah. Da diese Persönlichkeiten naturgemäß mehr im Leben des Volks
selbst stehen als wir Europäer, und wir immer darauf angewiesen sind,
durch unsere Vertrauenspersonen uns auf dem Laufenden zu halten
und durch diese dem Volke näher zu rücken, so ist selbstredend die
Loyalität und das Interesse der Wali für uns von höchster Wichtigkeit.

Daß solche Leute, die unter der Herrschaft der Sultane von Sansibar,
wenn auch dort mehr indirekt, große Einnahmen gehabt haben, bei uns
nach ihren Begriffen entschädigt werden müssen, ist selbstverständlich;
und es kann nur als eine unerklärliche Kurzsichtigkeit und durchaus
verfehlte Sparsamkeitsrücksicht bezeichnet werden, wenn, wie dies nach
der Einrichtung des Gouvernements im vorigen Jahre geschehen ist,
gerade diese bewährten, für uns so wichtigen eingeborenen Beamten in
ihren Gehältern herabgesetzt wurden.

Es sei auch noch der an Stelle von Walis eingesetzten Persönlichkeiten
im Innern gedacht, die an den Plätzen, wo keine Europäer sind, die
Interessen des Reichskommissars vertraten, und die deswegen besonders
wichtig für uns waren, weil man, falls sie notorische Macht ausübten,
in ihnen immer Persönlichkeiten hatte, an die man sich bei vorkommender
Unordnung halten und die man fassen konnte; aber auch Persönlichkeiten,
die selbst für die Sicherheit ihrer Gebiete sorgten und daselbst die
Ordnung aufrecht erhielten. Daß diese Leute, von denen wir hier in
erster Linie Kingo von Morogro und den Häuptling Simbodja erwähnen,
nicht immer absolut in europäischem Sinne regieren und auch nicht das
deutsche Strafgesetzbuch kennen, ist selbstverständlich.

Sind doch alle Erfolge der Engländer auf das System zurückzuführen,
die Eingeborenen in okkupierten Gebieten zunächst selbst herrschen zu
lassen und diese hierfür sogar noch gut zu bezahlen. Die Eingeborenen
empfanden die direkte Einmischung des Europäers unter Umständen
hart, und zwar namentlich dann, wenn nicht die genügende Zahl von
Landeskundigen und sonst geeigneten Persönlichkeiten zur Verfügung
stehen.

Außerdem werden aber auch auf diese Weise große Ersparnisse erzielt,
wichtig dann, wenn die Mittel zu einer genügenden Machtentfaltung, um
direkt das Land zu beherrschen und zu verwalten, mangeln. Freilich ist
die Behandlung mancher dieser Walis nicht leicht und erfordert Geschick
und Takt, wie auch Strenge am richtigen Platze.

In der Besetzung der Stationen fanden unter den Offizieren naturgemäß
häufig Veränderungen statt. Einmal forderten die Kriegszüge,
Krankheitsfälle oder sonstige Rücksichten einen Wechsel der Chefs
und Offiziere, oder aber es wurden untaugliche und wenig brauchbare
Elemente kurzer Hand nach Europa zurückgeschickt und durch neue
ersetzt.

Ein besonderes Lob verdient in jeder Beziehung das deutsche
Unteroffizierkorps in Ostafrika. Die Stellung der Unteroffiziere war
ja von vornherein eine eigentümliche, ja man kann sagen gänzlich
isolierte. Die in Ostafrika anwesenden, nicht zur Schutztruppe
gehörenden Europäer standen meistens nur im Verkehr mit den Offizieren,
so daß Zivilverkehr für die Unteroffiziere selten oder nie vorhanden
war. Die Ehrbegriffe, welche das Unteroffizierkorps aus Deutschland
mitbrachte, verboten ihm von selbst den engeren Verkehr mit den unter
ihnen stehenden Elementen. Auf der andern Seite ließ eben dieser
Ehrbegriff sie stets den richtigen Takt, einerlei ob im dienstlichen
Verkehr oder bei Festlichkeiten, beobachten und ließ sie ferner ihre
Aufgabe als eine im Dienst des Vaterlandes zu leistende ansehen. Wenn
diese Aufgaben grade bei den Unteroffizieren zuweilen weit über das Maß
des Militärdienstes hinausgingen, so sind sie doch immer mit derselben
Präzision, derselben Hingabe und demselben Geschick gelöst worden. Die
Ausnahmen, welche allerdings vorkamen, können nur die Regel bestätigen.




                             11. Kapitel.

                     Die Unterwerfung des Südens.

  Lage und Entwickelung der nördlichen Stationen. -- Major Liebert.
  -- Reise des Generalkonsuls +Dr.+ Michahelles nach Witu. --
  Einteilung des nördlichen Küstendistrikts. -- Stationschefs im
  Norden. -- Vermehrung der Schutztruppe. -- Das neue Material erweist
  sich als minderwertig. -- Neueinteilung der Schutztruppe.
  -- Einexerzieren der neuen Söldner. -- Verhandlungen mit dem Süden.
  -- Rekognoszierungstour Wißmanns auf der »München« nach Kilwa.
  -- Verhandlungen zur Mitwirkung der Marine. -- Einschiffung und
  Einteilung der Truppen für den Süden. -- Einnahme von Kilwa und
  Lindi. -- Friedliche Besetzung von Mikindani. -- Stationsgründungen
  im Süden. -- Schlechter Gesundheitszustand der Truppen. --
  Verhandlungen mit den Eingeborenen. -- Uebergabe der südlichen
  Stationen an die Chefs. -- Allgemeine Lage  bei der Urlaubsreise
  Wißmanns nach Deutschland.


Die Unterwerfung der Rebellen im nördlichen Teile unserer Küste und die
Gewähr, welche die befestigten Stationen für eine dauernde und völlige
Sicherheit der Städte und der Karawanenstraßen boten, erlaubten dem
Reichskommissar, jetzt an die Lösung des zweiten Teils seiner Aufgabe
zu gehen, an die Unterwerfung des Südens. Bevor der Leser jedoch in
den eigentlichen Gang der Ereignisse daselbst eingeführt wird, möge
es gestattet sein, noch einmal die Lage im Norden und eine Reihe von
Thatsachen zusammenzufassen, welche in diese Zeit, -- in die Monate
März und April des Jahres 1890, -- fallen.

In Tanga hatte sich die europäische Kolonie schnell vergrößert. Außer
den Mitgliedern der ostafrikanischen und der Pflanzergesellschaft
ließen sich einige Deutsche daselbst nieder, die aus privaten
Mitteln Unternehmungen ins Leben rufen wollten. Der Missionar Krämer
hatte die Gründung einer evangelischen Missionsstation in Angriff
genommen; griechische Kleinhändler hatten sich dort, wie in allen
von uns besetzten Küstenplätzen, etabliert und haben heute durch das
mehrjährige Bestehen ihrer Geschäfte bewiesen, daß sie die Konkurrenz
der Inder aushalten können.

An der Nordgrenze, in Muoa, wurde zwar noch viel Schmuggel getrieben,
aber eine spätere Besetzung dieses Platzes war bereits ins Auge gefaßt.
In Pangani hatte der, von Tanga dorthin versetzte Distriktschef
Krenzler Nachricht von der Ankunft einer großen Sklaven-Karawane
erhalten und es gelang ihm, obwohl die Sklaven, 207 an der Zahl, gleich
auf die Schambas vertheilt worden waren, sie alle auf die Station
bringen zu lassen. Wenn auch vernünftiger Weise gegen die äußerst milde
Art der Haus- und Feldsklaverei nicht vorgegangen wird, so stand doch
jede Zufuhr aus dem Innern, wie wir aus diesem Beispiel sehen, unter
unserer Kontrolle. Am Kilimandscharo war Herr v. Eltz als Agent des
Reichskommissars stationiert und seine Berichte über die Aufführung
des dortigen Hauptsultans Mandara, sowie über das Fortschreiten des
deutschen Einflusses lauteten günstig. Leider wird der Kilimandscharo
alljährlich das Ziel vieler Sportexpeditionen, die für das Land einen
Nutzen nicht haben, sondern besonders durch die planlose Ausrottung des
Wildes nur Schaden anrichten.

Um Mkwadja und Sadani, wo fleißig am Wiederaufbau des Platzes
gearbeitet wurde, waren nach dem Friedensschlusse mit Bana Heri die
Verhältnisse ebenfalls geordnete. Bana Heri erhielt vom Reichskommissar
ein Geschenk von 2000 Rupies als Beitrag zur Wiedererrichtung der
Moschee.

Der Distrikts-Chef von Bagamoyo und Stellvertreter des
Reichskommissars, Herr von Gravenreuth, mußte wegen der in letzter Zeit
bei ihm wiederholt auftretenden, schweren Fieberanfälle, die er sich
auf seinen Expeditionen und durch den aufreibenden Dienst zugezogen,
Mitte April mit längerem Urlaub Ostafrika verlassen, das er leider nie
wieder betreten sollte. Frhr. v. Eberstein, der mit großem Eifer und
Erfolg die Verwaltungsabteilung geleitet hatte, trat ebenfalls einen
wohlverdienten siebenmonatlichen Urlaub an.

Im Februar des Jahres 1890 war der Major im großen Generalstabe,
Liebert, welcher bisher in Berlin die Vertretung des Kommissariats
innegehabt hatte, auf Befehl Sr. Majestät in Ostafrika eingetroffen,
um sich an Ort und Stelle durch den Augenschein von der Lage der
Dinge Kenntniß zu verschaffen und darüber Bericht zu erstatten. In
seiner Begleitung befand sich ein Beamter des Auswärtigen Amtes,
Tesch. Dieser sollte dem Reichskommissar und den Chefs über die Art
und Weise der Rechnungsführung, wie man sie auf dem Auswärtigen Amt
wünschte, Instruktionen erteilen. Die Thätigkeit des Herrn Tesch
war, wie wir gleich bemerken wollen, obwohl er sich mit großem Eifer
dieser Arbeit unterzog, von keinem Erfolge begleitet. Man stellte
sich eben die Verhältnisse von Deutschland aus ganz anders vor, als
sie in Wirklichkeit waren. Es wurde daher bald die Sendung einer
Revisions-Kommission angeordnet.

Besonders bemerkenswert ist während dieser Zeit die Entsendung eines
Detachements der Schutztruppe in der Stärke von 60 Mann unter dem
Kommando des Chefs Theremin und in Begleitung des General-Konsuls
+Dr.+ Michahelles nach Witu. Nachdem im Monat März von Sr.
Majestät Schiff »Carola« die deutsche Flagge an der Wubuschi-Mündung
gehißt worden war, hatte der General-Konsul Befehl erhalten, sich an
Bord eines Kriegsschiffes nach Lamu zu begeben, um von hier aus mit
jener erwähnten Begleitmannschaft dem Sultan von Witu Geschenke zu
überbringen und formell die deutsche Schutzherrschaft zu erklären. Es
erregte dieses Vorgehen damals ganz besondere Freude, denn man schloß
daraus, daß nun auch dort energisch etwas für die weitere Entwickelung
jener Kolonie, welche bis dahin recht stiefmütterlich behandelt
worden war, gethan werden würde. Leider sollte diese Hoffnung durch
das deutsch-englische Abkommen auf das bitterste getäuscht werden.
Der Führer des Detachements, Chef Theremin hatte die Expedition nach
Witu bereits in leidendem Zustande angetreten. Nach seiner Rückkehr
mußte der anerkannt tüchtige Offizier in Sansibar in das dortige
Hospital aufgenommen werden und erlag bald einer zu einem unbedeutenden
Magenleiden hinzutretenden Bauchfellentzündung.

Wir erwähnten früher bereits, daß für die Verwaltung des nördlichen
Küstendistrikts eine Einteilung in drei Distrikte, nämlich Bagamoyo,
Sadani und Pangani vorgenommen worden war. Diese Einteilung hatte
ihre großen Schattenseiten. Bei der mangelhaften Verbindung der
den Distriktschefs unterstellten Küstenplätze entstanden nur
Schwierigkeiten für den dienstlichen Verkehr, welche die Verwaltung
schwerfällig machten. Man sah infolgedessen, besonders da im Süden
wegen der meist noch viel größeren Entfernung der Stationen von
einander sich eine gleiche Maßregel noch weniger empfahl, von
der Distrikts-Einteilung ab und griff wieder zu der ursprünglich
stattgehabten Einteilung in Stationen, denen folgende Herren
vorstanden:

Tanga: Chef Richelmann, der indes bald wieder durch Krenzler ersetzt
wurde, da Richelmann die Station Sansibar und das Bureau des
Reichskommissariats zu übernehmen hatte.

Pangani: nach der Versetzung Krenzlers nach Tanga Chef Johannes.

Mkwadja: Lieutenant Fischer.

Sadani: nach Abkommandierung Sigls zur Stokeschen Expedition
Lieutenant von Arnim.

Bagamoyo: Chef Ramsay, (welcher diese Station nach der Versetzung des
zu Bagamoyo trefflich bewährten Chef Richelmann nach Tanga erhielt).

Daressalam: Chef Leue.

Endlich fällt in diese Zeit als wichtigstes Moment für die
Weiterentwickelung des Kommissariats und die Hebung der
Aktionsfähigkeit die Vermehrung der Schutztruppe. Als der Plan zur
Bestrafung der Rebellen der Südküste und zur Wiedereinnahme der nicht
in unsern Händen befindlichen Küste gefaßt wurde, mußte man sich klar
darüber sein, daß eine Verstärkung der Schutztruppe notwendig sei.

Nach abermaligen Verhandlungen des auswärtigen Amtes zu Berlin mit der
englischen und egyptischen Regierung wurde denn auch die Anwerbung
von 600 Sudanesen in Egypten genehmigt und ein in der Verwaltung
des Reichskommissariats thätiger Beamter, Donarski, der gerade zur
Wiederherstellung seiner Gesundheit einen Urlaub nach Egypten
erhalten hatte, mit der Anwerbung beauftragt. Die Wahl Donarskis war
ein entschiedener Fehler. Mit vielem Fleiß und bewundernswürdigem
Eifer hatte er sich in seine ihm anfangs völlig fremde Thätigkeit
eingearbeitet, aber er hatte doch niemals Gelegenheit gehabt, sich
eine Kenntniß der Sudanesen und unseres Soldatenmaterials überhaupt zu
erwerben. Daß Donarski für die Aushebung ausersehen wurde, hatte seinen
Grund lediglich in der übel angebrachten Rücksicht darauf, Ersparnisse
zu machen; er reiste eben, wie erwähnt, so wie so nach Egypten.
In Kairo stand Donarski bei der Anwerbung besonders zur Seite der
Vertreter von Hansing & Co. in Sansibar, Strandes, der sich in jener
Zeit ebenfalls in Egypten aufhielt, und der Kaufmann Brettschneider,
welche beide bei der Erledigung der komplizierten kaufmännischen
Geschäfte Donarski hülfreich zur Hand gingen.

Bei der Anwerbung selbst war wiederum, wie das erste Mal, der
englische Oberst Scheffer von großem Nutzen. Doch machte sich jetzt
schon empfindlicher als das erste Mal die Abneigung der englischen
und egyptischen Regierung geltend, die Sudanesentruppe weiterhin den
Deutschen für ostafrikanische Dienste zur Verfügung zu stellen, und nur
mit Mühe gelang es Donarski, in noch verhältnismäßig kurzer Zeit die
gewünschten 600 Mann zu beschaffen. Immer nach Anwerbung einer genügend
großen Zahl wurden dieselben wie früher nach Sues geschickt.

Zum ersten Einexerzieren waren zwei neu für Ostafrika bestimmte
Offiziere, die Herren Lieutenant Scherner und von dem Knesebeck mit
einigen Unteroffizieren von Deutschland nach Egypten beordert worden.
Ihnen wurden die angeworbenen Leute von Donarski übergeben, und dann
in gleicher Weise, wie das bei der ersten Anwerbung geschah, die
Exerzitien mit den Leuten vorgenommen. Die Untersuchung und Behandlung
der Leute geschah durch Assistenzarzt +Dr+. Buschow, der ebenfalls
neu für die Schutztruppe angeworben war; indes einen Einfluß auf die
Auswahl des Soldatenmaterials hatte er ebenso wenig wie die beiden
Offiziere: Donarski wollte, ohne öfters laut gewordenen Vorstellungen
Gehör zu geben, alles allein besorgen.

Das ganze Kontingent wurde auf dem egyptischen Dampfer Schibin in
Sues eingeschifft und ging unter Donarskis Kommando nach Sansibar ab,
woselbst der Transport Mitte April eintraf. Die Überfahrt war von
Donarski und den Offizieren benutzt worden, die Leute einzukleiden;
Uniformen, Schuhzeug, Ausrüstungsstücke, auch Bewaffnung waren bereits
beschafft, und so machte bei ihrer Ankunft auf dem Dampfer die Truppe
einen vorteilhaften Eindruck.

Der Reichskommissar, der mit den andern in Sansibar anwesenden Herren,
-- auch Major Liebert begleitete ihn bei der Ankunft des Schibin, --
sogleich an Bord ging, ließ sich indes durch den vorteilhaften äußeren
Eindruck nicht täuschen, sondern sagte von vornherein: »Mir gefallen
die Leute nicht, es sind viel zu viel gelbe Kerls darunter.«

In der That hatten sich die guten Erfahrungen, die wir mit der
egyptischen Anwerbung das erste Mal gemacht hatten, lediglich auf das
schwarze Element, nicht aber auf die Gelbgesichter, die eigentlichen
Egypter, Armenier und Syrer bezogen. Solcher Leute hatte die neue
Anwerbung einen nur allzugroßen Prozentsatz aufzuweisen. Dazu merkten
wir bald, daß die jetzige Anwerbung lange nicht soviel altgediente
Soldaten zählte, wie das erste Kontingent. Ein großer Teil bestand aus
Soldaten, welche wenig kriegerischen Stämmen angehörten und bisher
Kriegsdienste gar nicht gethan hatten, ein anderer aus Baschibosuks,
und nur ein kleiner Teil aus regulären egyptischen Sudan-Soldaten.
Indes man mußte mit dem gegebenen Material rechnen, und es wurde
alsbald zur Einteilung und Ausbildung desselben geschritten.

Mit Rücksicht auf die demnächst vorzunehmende andere Truppenbesetzung
der Stationen des Nordens, die Wiedereinnahme des Südens und die
Besetzung der zu begründenden südlichen Küstenstationen, sowie
für Expeditionszwecke mußte eine neue Einteilung der Schutztruppe
eingerichtet werden. Die Neuangekommenen wurden mit den bewährten
felddienstfähigen Truppen des früheren Kontingents in zwei
Expeditionskorps formiert. Das eine wurde zunächst unter dem Kommando
des Chefs von Zelewski zum Zweck der Ausbildung in Bagamoyo, das
andere zu gleichem Zweck in Daressalam unter Chef End vorläufig
stationiert.

Der Reichskommissar hatte, da die Ankunft der Truppen schon im März
erwartet war, gehofft, bereits im April vor Eintritt der großen
Regenzeit gegen den Süden vorgehen zu können, allein die Führer der
Expeditionskorps meldeten übereinstimmend, daß bei der Minderwertigkeit
des diesmal angeworbenen Materials sie den Rest des Monats April für
ein Einexerzieren der Leute notwendig hätten, und so wurde die Aktion
gegen den Süden bis zum Monat Mai verschoben.

Bei der genannten Anwerbung ist übrigens noch ein Umstand zu erwähnen,
durch den wir in große Verlegenheit gesetzt wurden. Ein Teil der
egyptischen Offiziere und Unterhändler nämlich, deren sich Donarski
naturgemäß für die Anwerbung der Truppen bedienen mußte, hatte sich
nicht damit begnügt, die ihnen von uns gemachten Geschenke und
Werbegelder einzustecken, sondern sie hatten in echt orientalischer
Weise das Geschäftchen dadurch vergrößert, daß sie nach ihrem Belieben
die Chargen an die Anzuwerbenden verkauften.

Ein Teil der angeworbenen Soldaten, die bis dahin Militärdienst noch
garnicht gethan hatten, kauften sich Atteste als Unteroffiziere,
Sergeanten oder dergl. und wurden nach Zahlung des erheblichen
Backschisch an die Unterhändler als solche eingestellt. Wir mußten
sie natürlich zunächst kontraktmäßig übernehmen und nach der Charge
besolden. Dieser Betrug wurde erst später entdeckt, und dann natürlich
thatkräftig eingeschritten. So fällt schon in die Zeit vor wie auch
nach Einnahme des Südens eine große Masse von Entlassungen aus dem
neuen Kontingent. Auch der hohe Prozentsatz an Todesfällen auf den
Südstationen ist zum Teil der körperlichen Unbrauchbarkeit des
Materials zuzuschreiben.

Während der Ausbildungszeit der neu formierten Expeditionskorps wurde
von Seiten des Reichskommissariats alles versucht, in den südlichen
Plätzen, wo es irgend möglich war, die Verhältnisse friedlich zu
regeln, da ja jede kriegerische Aktion immerhin einen Rückgang des
Handels und Wandels für beträchtliche Zeit nach sich zieht. Die
Anregung zu diesen Verhandlungen ging von den Bewohnern der südlichen
Plätze selbst aus.

Mikindani, Sudi, Lindi, Kissiweri hatten, auf das Gerücht hin, daß der
Süden mit allen Kräften des Kommissariats angegriffen werden soll,
Deputationen an Wißmann geschickt, um ihre freiwillige Unterwerfung
anzukündigen und seine Bedingungen entgegenzunehmen. Zur Vornahme der
Verhandlungen wurde von uns der für solche Fälle schon oft in Anspruch
genommene Wali von Pangani, Soliman ben Nassr, der sich als besonders
tauglich und zuverlässig hierfür erwiesen hatte, bestimmt und auf dem
Sultans-Dampfer Barawa nach den südlichen Plätzen gesandt.

Der Sansibarsultan selbst, welcher damals den europäischen Interessen
erheblich mehr zugethan war, als es im Anfang der Amtsthätigkeit
Wißmanns der Fall war, wünschte aus Geschäftsrücksichten, möglichst
schnell friedliche Verhältnisse herbeizuführen. Die Verhandlungen
Solimans führten zu einem günstigen Abschluß mit den südlichsten
Plätzen Mikindani und Sudi. In Lindi und von da nach Norden hin
behielt indes die Kriegspartei die Oberhand. Anfang April unternahm
Major Wißmann auf der »München« gemeinsam mit Major Liebert
eine Rekognoszierungsfahrt nach dem Süden, gleichzeitig dampfte
Korvetten-Kapitän Valette, der älteste Offizier der Station und
Kommandant Sr. Maj. Schiff »Carola«, mit seiner Korvette dorthin. Noch
vor Antritt der Rekognoszierungsfahrt wurde vom Reichskommissar in
Sansibar der Kriegszustand und das Standrecht im Namen Sr. Majestät
des Kaisers und des Sultans von Sansibar vom Rufidji bis zum Rovuma
einschließlich proklamiert.

Für die Rekognoszierungstour entwarfen Major Wißmann und Kapitän
Valette einen gemeinsamen Operationsplan. Zunächst bezog sich dieser
auf den am besten verteidigten und befestigten auch bei weitem am
meisten straffälligen Platz Kilwa Kiwindje, wo anderthalb Jahre zuvor
die Beamten der ost-afrikanischen Gesellschaft Krüger und Hessel
der Wut der Rebellen zum Opfer gefallen waren. Als die Schiffe auf
der Rhede vor Kilwa ankerten, fand man die ausgedehnte Stadt an der
Seeseite ganz und gar mit Pallisaden befestigt und mit Truppen stark
besetzt. Eine Dampf-Pinasse der »Carola« wurde zur Rekognoszierung
etwas näher an das Land geschickt, aber sofort vom Lande aus sowohl
durch Gewehre, als mit den dort befindlichen Geschützen beschossen.
Da die Geschütze verwahrloste Vorderlader waren, mit Eisenstücken,
Nägeln und allem möglichen geladen, so war die Beschießung natürlich
ganz wirkungslos. Die Dampfpinasse erwiderte das Feuer mit ihrem
Revolvergeschütz.

Nachdem die Pinasse wieder an Bord der »Carola« zurückgekehrt war,
wurden einige Granaten von der »Carola« in die Stadt hineingeworfen.
Die im Bericht des Kapitän Valette ausgesprochene Annahme jedoch, daß
das Feuer den Arabern in Kilwa bedeutende Verluste beigebracht haben
müsse, bestätigte sich bei unseren an Ort und Stelle vorgenommenen
zuverlässigen Erkundigungen nicht.

Der Reichskommissar seinerseits fing mit der »München« fünf Halbaraber
und Neger auf und zog von diesen Nachrichten ein. Sie bestätigten nur,
daß die Rebellen in Kilwa entschlossen seien, auf das energischste
Widerstand zu leisten.

Nachdem der Zweck der Rekognoszierung erreicht war, kehrte sowohl
Wißmann auf der »München«, als auch Kapitän Valette auf der »Carola«
nach Sansibar zurück. Der gemeinsam verabredete Aktionsplan gegen
Kilwa bestimmte Folgendes: Die »Carola« sollte die Blockierung und
Beschießung des Platzes von der Seeseite aus vornehmen; »Schwalbe«
hingegen mit den Wißmann für den Transport zur Verfügung stehenden
Schiffen, dem gecharterten Sultansdampfer »Barawa«, der »Harmonie« und
einem von den kleinen Dampfern außerhalb Mafia nach Kiswere gehen.
Dort sollten die Schiffe den Eintritt der Dunkelheit abwarten und
dann nordwärts den Hafen von Kilwa Kisiwani anlaufen, um hier die
Truppen Wißmanns zu landen. Von dort aus sollte der Anmarsch gegen
Kilwa Kiwindje beginnen, während »Schwalbe«, die ebenfalls Wißmannsche
Truppen an Bord zu nehmen gewillt war, zur »Carola« auf die Rhede von
Kilwa Kiwindje zurückdampfen sollte.

Die zur Teilnahme an den Operationen gegen den Süden bestimmten Truppen
wurden für diesen Zweck in 3 Bataillone zu 3 Kompagnien unter dem
Kommando der Herren Chef +Dr.+ Karl Wilhelm Schmidt, Chef von
Zelewski und dem Verfasser eingeteilt. Jedem der Bataillone wurde ein
4,7 +cm+ Geschütz, dem zweiten (Rochus Schmidt) außerdem noch ein
Maximgeschütz beigegeben. Für die Beförderung der Truppen nach dem
Süden dienten für jedes Bataillon ein großer Dampfer und zwar für das
erste Bataillon unter +Dr.+ Karl Wilhelm Schmidt Sr. Majestät
Schiff »Schwalbe«, da, wie erwähnt, Korvettenkapitän Hirschberg mit
Genehmigung des ältesten Offiziers der Marine-Station die Güte hatte,
einen Teil der Truppen auf sein Schiff zu nehmen, für das zweite unter
dem Verfasser der vom Sultan gecharterte Dampfer »Barawa«, für das
dritte unter Zelewski unser Dampfer »Harmonie.«

Am Abend des 29. April waren in Daressalam sämtliche für den Feind
bestimmten Truppen und Fahrzeuge versammelt. Der Verabredung gemäß war
Sr. Maj. Schiff »Carola« nach Kilwa vorausgegangen und dort nach einer
sehr stürmischen Reise am 1. Mai eingetroffen. In der Nacht vom 1. zum
2. Mai wurde von der »Carola« mit der Beschießung der Stadt begonnen
und dieselbe am nächsten Morgen fortgesetzt, die Befestigungen vor der
Stadt, wie auch die verschiedenen Teile der Stadt wurden mit Granaten
beworfen. Die Rebellen erwiderten zu Anfang das Feuer aus ihren bereits
erwähnten Geschützen, selbstverständlich ohne mit der Ladung nur ein
nennenswertes Stück weit zu reichen. Durch die Geschosse der »Carola«
wurde ihnen bald die Lust zum weiteren Bedienen ihrer Geschütze
genommen. Der Zweck der Beschießung, die Rebellen in permanenter
Aufregung zu erhalten, war vollkommen erreicht.

Am 30. April morgens fand unterdessen in Daressalam die Einschiffung
der Truppen in der vorher bestimmten Art statt, während die kleineren
Dampfer des Reichskommissars Gepäck, Proviant und Munition für den
Süden an Bord nahmen, teils auch noch mit Gepäck beladene Dhaus zu
schleppen hatten. Die Dampfer »Harmonie«, »Barawa«, »München«, »Max«
und »Vulkan« verließen, sobald sie mit der Aufnahme der Truppe, bezw.
der Ladung fertig waren, am genannten Tage (dem 30. April) früh den
Hafen. S. M. Schiff »Schwalbe«, auf der sich auch der Reichskommissar
eingeschifft hatte, folgte um 1/2-9 Uhr morgens und holte bald die
vorausgegangenen Dampfer ein. Der Südwest-Monsum hatte bereits wider
Erwarten mit aller Kraft eingesetzt, sodaß der Fahrt nach dem Süden
größere Hindernisse sich entgegenstellten, als man geahnt hatte.

Gleich im Anfang hegte man Besorgnis wegen der »Harmonie«, welche
sehr viel Wasser übernahm und von Wind und Wellen heftig hin und her
geworfen wurde. Am Nachmittag des 30. April nahm Wind und Seegang
noch zu, und da an der Nordspitze Mafias erfahrungsgemäß noch größere
See zu erwarten stand, so mußte die Absicht, an der Außenküste Mafias
des Nachts weiter zu fahren, aufgegeben werden. Korvetten-Kapitän
Hirschberg, der bis Mafia die Führung übernahm und die Dampfer alle
auf den richtigen Kurs gebracht hatte, nahm nun den Kurs durch den
Mafia-Kanal und erreichte bei Dunkelwerden den Ankerplatz bei Faniove,
wohin er auch die andern Schiffe durch Blicke des Nachtsignal-Apparates
dirigierte. Am nächsten Morgen konnte die Weiterfahrt wegen dicken
Nebels und Regen-Böen erst um 7 Uhr fortgesetzt werden, und zwar in
Rücksicht auf die »Harmonie« unter schwachem Dampf.

Kapitän Hirschberg verabredete mit Major Wißmann, die Südpassage
durch den Mafia-Kanal, welcher vor einbrechender Dunkelheit erreicht
werden konnte, zu verlassen, wenn dies des Wetters wegen irgend
möglich sei, und während der Nacht nach Kilwa-Kisiwani zu gehen. Aber
auch diese Absicht war undurchführbar, denn die Seeuntüchtigkeit
unserer »Harmonie« stellte sich immer deutlicher heraus. Schon wir,
die wir auf der »Barawa«, einem Schiff von 1000 Tonnen, eingeschifft
waren, wurden bei dem fortwährenden Rollen und Stampfen stark hin
und her geworfen; wirklich bemitleiden mußten wir indes die auf der
»Harmonie« eingeschifften Kameraden und Truppen. Die »Harmonie« fuhr
hinter uns her und wir konnten ihr furchtbares Schlingern aus nächster
Nähe beobachten. Die Besorgnis, daß die »Harmonie« bei dieser See
kentern könnte, lag sehr nahe, und in der That wurde bald darauf auf
der »Harmonie«, als wir den Wasserweg innerhalb des Mafia-Kanals
verlassen wollten, ein Signal sichtbar, daß der Dampfer unmöglich
folgen könne. Nachdem der Kapitän der »Harmonie« und Chef von Zelewski,
der Kommandant der auf der »Harmonie« eingeschifften Truppen mit dem
Reichskommissar in Verbindung getreten waren, wurde zunächst bei
Samanga geankert und hier beschlossen, daß die andern Schiffe bis auf
»Schwalbe« und »Harmonie« direkt und zwar möglichst ohne daß man sie
von Kilwa Kiwindje bemerken könne, nach Kisiwani weiter gehen sollten.

Die »Schwalbe« lief mit Tagesanbruch des 2. Mai nach Kilwa, um Herrn
Kapitän Valette von der notwendig gewordenen Änderung der ursprünglich
getroffenen Dispositionen Meldung zu erstatten und »Harmonie« folgte
ihr langsam nach. Dann schlug die »Schwalbe« den Weg nach Kilwa
Kisiwani ein, wo sie wieder die Führung übernahm und, den übrigen
Dampfern den Weg weisend, Nachmittags in den Hafen einlief. Die Führung
durch Sr. Maj. Kreuzer »Schwalbe« ist während der ganzen Fahrt nach
dem Süden für uns von der größten Wichtigkeit gewesen. Den Führern
unsrer Dampfer, die bis dahin kaum jemals nach dem Süden gekommen
waren, war das Fahrwasser unbekannt, und es ist sowohl der geschickten
Führung durch Kapitän Hirschberg, als auch besonders der großen
Hilfsbereitschaft, mit der er jeden weiter zurückbleibenden oder vom
richtigen Fahrwasser abkommenden Dampfer wieder auf den richtigen Weg
brachte, zu danken, daß wir, ohne durch die Elemente größere Verluste
zu erleiden, im Süden angekommen sind.

Dem auf der »Schwalbe« eingeschifften Bataillon und insbesondere den
Offizieren ist die bestmögliche, kameradschaftlichste Aufnahme zu Teil
geworden, wie überhaupt in jener Zeit das vorher zuweilen gespannte
Verhältnis mit der Marine sich in ein sehr gutes umgewandelt hatte.
Zumal mit der alten Besatzung der »Carola« und »Schwalbe«, mit denen
wir so vieles gemeinsam durchlebt hatten, wurde eine enge Freundschaft
und die beste Kameradschaft gepflogen.

Die »Harmonie« hatte die Anweisung erhalten, da sie nach Kilwa Kisiwani
nicht folgen konnte, nach der Rukyrro-Bai, südlich von Kilwa Kiwindje
zu gehen und daselbst das an Bord befindliche Bataillon auszuschiffen.

Bei unserer Ankunft in Kilwa Kisiwani machten das Kriegsschiff und die
armierten Dampfer klar zum Gefecht, aber es zeigte sich nirgends ein
Feind.

Die Landung der Truppen an der Südspitze der von Kilwa Kiwindje nach
Süden auslaufenden Halbinsel ging ohne Schwierigkeit von statten und
war bis zum Eintritt der Dunkelheit beendet. Die Truppen der »Harmonie«
wurden ebenfalls in der Nacht vom 2. zum 3. und am 3. früh in der
Rukyrro-Bai gelandet, wobei die »Schwalbe« ebenso wie bei unserer
Landung in Kilwa Kisiwani durch Hergabe von Booten und durch Schleppen
mit der Dampfpinasse bereitwillig Unterstützung leistete.

Eine Stunde nach begonnener Landung war in der Kisiwani-Bai die ganze
Mannschaft von »Schwalbe« und »Barawa« ausgeschifft und um 5 Uhr 15
Minuten befand sich bereits alles im Marsch.

Das Landen der Truppen, Rangieren und der Abmarsch machten einen sehr
guten militärischen Eindruck, in Anbetracht der überstandenen Seefahrt
und der Seekrankheit, an der fast alles zu leiden hatte. Es wurde
zunächst eine Stunde weit marschiert bis Masoko in der Rukyrro-Bai, in
deren Nähe die »Harmonie« vor Anker lag.

Abgesehen von einem Angriff auf eine von uns ausgesandte Patrouille,
bei welchem ein Mann auf unsrer Seite verwundet, einer der Gegner
erschossen wurde, fanden Feindseligkeiten während der Nacht nicht
statt. Wir hatten dagegen unterwegs einige Eingeborene aufgegriffen,
welche uns am nächsten Tage als Führer nach Kilwa Kisiwani dienen
sollten.

Das zweite Bataillon war während der Landung der »Harmonie« nordwärts
vorgeschoben und hatte die Vorposten zu stellen. Noch während der
Landung wurden dieselben von einem etwa 200 Mann starken Trupp, der
offenbar auf die Nachricht von unserer Landung hin von Kilwa Kiwindje
ausgesandt war, angegriffen. Der Gegner wurde indes nach kurzem Gefecht
unter bedeutenden Verlusten zurückgeworfen.

Unmittelbar nach erfolgter Landung des auf der »Harmonie«
eingeschifften Bataillons wurde der Vormarsch auf Kilwa (in der
Marschordnung: zweites, erstes, drittes Bataillon), angetreten. Der
Marsch führte zunächst an der Küste entlang nach Norden, dann bogen wir
nach Nordwesten ab in der Richtung auf den Kisimo-Berg.

Unterwegs wurde unsere Tête fortwährend von Rebellen angegriffen,
jedoch wurde der Marsch hierdurch nicht verlangsamt, da es zumeist nur
des Einsetzens der Têten-Kompagnie bedurfte, den Gegner zurückzuwerfen.
Dagegen hatten wir in Folge der großen Hitze, der schlechten Ernährung
und der überstandenen Seekrankheit einige Fälle von Sonnenstich, was
uns einigermaßen aufhielt. Während der Nacht vom 3. zum 4. Mai wurde
Bivouak in einer verlassenen Ortschaft bezogen. Die Nacht verlief ohne
jede Störung, obgleich das stark coupierte Terrain und die Tags zuvor
sich immerfort wiederholenden Angriffe des Feindes auch Unternehmungen
desselben bei Nacht erwarten ließen. Selbstverständlich waren nach dem
Beziehen des Bivouaks alle Vorsichtsmaßregeln getroffen und starke
Vorposten ausgestellt worden.

Am 4. Mai morgens wurde der Weitermarsch fortgesetzt, abermals unter
schnell zurückgewiesenen Angriffen der Gegner. Gegen 7 Uhr wurde das
Feuer der Kriegsschiffe hörbar. Die vorzüglich einschlagenden Granaten
legten einen beträchtlichen Teil der Befestigung an der Front nieder,
ebenso eine Menge massiver Bauten in der Stadt. Ein Teil derselben, der
aus Negerhütten bestand, geriet in Brand, ein Teil der Pulvervorräte
des Feindes flog in die Luft.

Als sich unsere Truppen um 8 Uhr der Stadt von Südwesten her näherten,
dirigierte der Reichskommissar das zweite Bataillon auf den Süden der
Stadt, das erste auf die Westlinie, während das dritte als Reserve
folgte. Dicht vor der Stadt wurden noch einige Granaten in dieselbe
geworfen und eine Patrouille mit der deutschen Flagge rechts nach dem
Strande gesandt. Sie sollte der Marine das Zeichen zum Einstellen des
Feuers geben, damit wir selbst zum Angriff vorgehen könnten.

Zu unserer großen Überraschung konnten wir, ohne Feuer zu erhalten,
in die Stadt eindringen: sie war während der letzten Nacht geräumt
worden. Wir hatten erwartet, daß die fanatischen Rebellen von Kilwa
Stand halten würden, und daß es zu einem sehr erbitterten Straßenkampfe
kommen würde, wobei die vielen festen Steinhäuser vorzügliche Reduits
für die Rebellen hätten bilden können. Wäre es uns dann gelungen, den
Gegner aus der Stadt zu treiben, so hätte ihm nach Erstürmung des
südlichen Stadtteils das erste Bataillon vom Westen her den Rückzug
abgeschnitten, und der Feind wäre in den Terrain-Abschnitt zwischen
den Meeresstrand und den Fluß gedrängt worden, wo er ertrunken oder in
unsere Hände gefallen wäre. Die Rebellen waren indes eingeschüchtert.
Sie hatten erwartet, daß wir lediglich von der Seeseite angreifen
würden, wo sie sich durch eine sehr stark angelegte doppelte
Pallisadenreihe, in deren Mitte Erde geschichtet war, befestigt hatten.
An verschiedenen Stellen der Pallisaden waren Bastionen errichtet,
deren Armierung im ganzen aus acht primitiven Geschützen bestand. Im
Norden und Süden stießen die Befestigungen an Creeks; an den Seiten
dagegen waren Befestigungen überhaupt nicht angebracht.

Da wir den Rebellen den Gefallen nicht gethan hatten, die stärkste
Seite der Stadt anzugreifen, und ihre Versuche, uns durch
Entgegenwerfen stärkerer Trupps im Vormarsch aufzuhalten, ebensowenig
Erfolg gehabt hatten, warfen sie die Flinte ins Korn und gaben die
Stadt preis. Nach den eingezogenen Erkundigungen waren die Verluste an
Menschenleben, welche die Rebellen durch die Beschießung der Marine
erlitten hatten, ganz geringfügig, sie betrugen nur 2 Mann; um so
größer aber war der moralische Eindruck gewesen, den das Bombardement
und der Brand in der Stadt hervorriefen. Um nicht die ganze Stadt
abbrennen zu lassen, mußten wir selbst zum Löschen schreiten.

Der Verlust der Schutztruppe vor Kilwa betrug drei Tote und einige
Verwundete. Die Marine war, da ihre Schiffe aus einer Entfernung
von über 3000 +m+ feuerten, selbstverständlich nicht durch
die Rebellen gefährdet. Die Verluste, welche die Rebellen in den
vereinzelten Gefechten beim Anmarsch der Schutztruppe von Süden her
erlitten, beliefen sich auf etwa 30 Mann. Recht wunderbar schien es
uns, daß obwohl unsere Marine stets recht gut schoß, die Verluste der
Rebellen an Menschenleben so ungeheuer gering waren und der Schätzung
der Marine stets bedeutend nachstanden. Man sah, daß die Granaten
meist vorzüglich krepierten, dennoch aber keine Verluste beibrachten.
Gewiß ist in dieser Beziehung der Vorschlag des Admirals Deinhard,
statt mit Granaten mit Shrapnels gegen lebendige Ziele zu feuern und
die in Ostafrika stationierten Kriegsschiffe mit solchen zu versehen,
sehr beachtenswert.

Kilwa Kiwindje ist die größte und bedeutendste Stadt des Südens,
fast so groß wie Bagamoyo, wenn auch als Handelsplatz bei weitem
nicht von derselben Bedeutung. Die Zahl der Steinhäuser und besonders
der geräumigen Steinhäuser übersteigt erheblich die in allen andern
Plätzen. Leider hat Kilwa eine sehr schlechte Rhede und der sehr
schlickige Strand erschwert sogar das Landen mit den Booten. Die
Bedeutung Kilwas ist ersichtlich aus der großen Zahl der hier wohnenden
Inder. Annähernd 100 Geschäfte von Hindus und Banianen befinden sich
in der Stadt.

Auf der Rhede von Kilwa lag zur Zeit unseres Angriffes das englische
Kriegsschiff »Turquoise«, um diejenigen von den indischen Unterthanen
aufzunehmen, welchen der Aufenthalt in der Stadt zu unsicher erschien
und welche die Absicht hatten, nach Sansibar überzufahren. Es schifften
sich denn auch 12 Männer und 105 Frauen und Kinder auf der »Turquoise«
ein; ein Inder war noch unmittelbar vor dem Abzug der Rebellen in
seinem Hause ermordet und sein Laden vollständig ausgeplündert worden.
Bei unserm Einzuge fanden wir die Inder fast alle aus der Stadt
geflüchtet und erst auf gutes Zureden, nachdem wir Friedensboten zu
ihnen gesandt, waren sie zur Rückkehr zu bewegen.

Die Stärke des Feindes variierte nach den Angaben der Inder zwischen
5 und 7 Tausend Mann, doch scheint diese Zahl von den für größere
Zahlenangaben wenig Verständnis besitzenden Leuten sehr übertrieben zu
sein.

Nach unserem Einrücken in die Stadt wurden die im Besitze der Rebellen
befindlichen Häuser geplündert und nachdem das Vieh, welches in der
Stadt und deren Nähe sich vorfand, zusammengetrieben war, bezogen die
Truppen Quartiere. Jedem Bataillon wurde ein Teil der Stadt überwiesen
und diese Bereiche in Kompagnie-Reviere eingeteilt. So kamen hier nach
der Seefahrt und dem Marsch im Regen, -- seit unserer Abfahrt von
Daressalam hatte es fast ununterbrochen in Strömen gegossen, -- die
Truppen zum ersten Mal in trockene Quartiere. Da sich durch die Stadt
Kilwa selbst ein Creek hindurchzieht, und außerdem in der Regenzeit das
ganze Terrain in und um Kilwa zum Sumpfe wird, in welchem gerade jetzt
viel Erdarbeiten auszuführen waren, so kann es nicht Wunder nehmen,
wenn in der nächsten Zeit der Gesundheitszustand der Truppen ein sehr
schlechter war.

Am Tage nach dem Einrücken wurde eine Patrouille von 3 Kompagnien nach
dem Singino-Hügel geschickt, welche die Meldung zurückbrachte, daß der
erste Halt der flüchtigen Aufständischen 7 Stunden von Kilwa entfernt
läge, aber kaum Aussicht sei, daß dieselben einer anrückenden Truppe
weiterhin Stand halten würden.

Man ging nun eifrig an das Ausladen der Dampfer, welche die für Kilwa
bestimmten Baumaterialien, Munition und Proviant gebracht hatten, und
bereitete die Befestigungsarbeiten vor, so daß der Platz von zwei
Kompagnien gehalten werden konnte. Als Platz für die Station wurde
das alte am Strande gelegene Zollhaus und drei andere Steinhäuser
ausgesucht, die zunächst durch eine provisorische Umwallung aus
Wellblech (mit Erdaufwurf zwischen den Wellblechen) und durch einen
Stacheldrahtzaun derart umgeben wurden, daß sie mit den Geschützen und
der zugehörigen Besatzung ein wohl zu verteidigendes Fort bildeten. Die
Station wurde am 8. Mai nachmittags mit 15 Europäern, 2 Kompagnien und
2 Geschützen dem Chef von Zelewski übergeben.

Am 9. Mai erfolgte die Einschiffung der übrigen Truppen und zwar an
Bord der »Carola«, »Schwalbe« und »Barawa«, da »Harmonie« wegen ihrer
bewiesenen Untüchtigkeit in Kilwa zurückgelassen wurde. Am Mittag des
9. Mai gingen »Carola«, »Schwalbe«, »Barawa«, »München« und »Vesuv«
nach Lindi, unserem nächsten Ziele, ab, wo wir am Morgen des 10. Mai
eintrafen.

Die Stadt Lindi, meist aus Negerhütten bestehend, weist nur ganz wenige
Steinhäuser auf. Sie liegt auf der nördlichen Seite eines von See aus
ins Land sich hineinziehenden sehr breiten Creeks. Die Ausdehnung der
Stadt ist keine große, da unmittelbar hinter derselben eine ziemlich
bedeutende Hügelkette eine natürliche Grenze bildete. Am Ende des
Creeks mündet in diesen der Ukeredi-Fluß. Nach unserer Ankunft vor dem
gewissermaßen den Hafen bildenden Creek gingen die Dampfer »Schwalbe«,
»Barawa«, »München« und »Vesuv« in denselben, den sogenannten
Lindi-Fluß hinein, während »Carola« von der Rhede aus die Operation
auf Ansuchen des Majors Wißmann durch Hineinwerfen dreier schwerer
Granaten in die Stadt eröffnete. Wir erhielten im Flusse sowohl von
der Lindiseite aus, als auch von der entgegengesetzten Seite des
Flusses Feuer, welches die »Schwalbe« mit Revolvergeschützen erwiderte,
während ich von der Kommandobrücke der »Barawa« aus mit dem Maxim-Gun
die am Strande von Lindi befindlichen Rebellen beschoß. Obgleich die
Lindileute fast gar keine Verluste erlitten, wurde doch der Strand von
ihnen geräumt, und unsere Landung erfolgte ohne Verluste.

Der Vormarsch gegen die Stadt machte keine Schwierigkeiten. Überall
wurde das Terrain im Umkreis von den Rebellen gesäubert. Wo sie sich
zeigten, wurden sie, ohne daß sie bedeutenden Widerstand leisteten,
zurückgeworfen. Nach der Besetzung der Stadt wurden alsbald Vorposten
aufgestellt und mit den Löscharbeiten begonnen. Eine von uns
unternommene stärkere Rekognoszierungs-Patrouille, bei der wir an
einzelnen Stellen beschossen wurden, hatte zwar die Rebellen über die
benachbarte Hügelkette hinaus gejagt, doch wurden während der Nacht
unsere Vorposten noch an verschiedenen Stellen, allerdings ohne Erfolg,
angegriffen. Ein weißer Unteroffizier wurde bei der Schießerei während
der Nacht verwundet. Zur provisorischen Befestigung wurde ein Platz
am Strande ausersehen und drei hier befindliche Steinhäuser durch
entsprechende Verbindung verteidigungsfähig eingerichtet.

Am 11. Mai bereits kehrte der Araber Selim ben Salum, welcher oberhalb
des Flusses seine Schamba hatte, auf einem Boote mit der weißen
Friedensfahne zurück und bot seine sowie aller Araber Unterwerfung an.
Ebenso schickten die Hauptführer an diesem Tage Boten zu uns, welche
um Frieden und Begnadigung baten. Die »Carola« verließ am Nachmittag
des 11. Mai die Rhede, zeigte sich dann vor Mikindani und kehrte von da
nach Sansibar zurück. Am 12. wurde vom Reichskommissar mit dem Dampfer
»München« eine Rekognoszierung den Lindifluß aufwärts unternommen und
die Niederlassung des bereits erwähnten Selim besucht. Hier waren alle
Araber der Umgegend versammelt und zeigten dem Reichskommissar ihre
vollständige Unterwerfung an.

Am 13. wurde die Station Lindi mit 18 Europäern, zwei Kompagnien und
6 Geschützen dem Verfasser übergeben. Der Reichskommissar brach mit
den übrigen Truppen nach Mikindani auf, wo er an demselben Nachmittag
eintraf. Bereits über Land war an den Wali von Mikindani ein Brief
abgesandt mit der Aufforderung, beim Eintreffen des Reichskommissars
sich diesem friedlich zu unterwerfen. Und so kamen denn auch bei der
Einfahrt in den Hafen bereits Boten mit weißen Flaggen entgegen,
welche Briefe vom Wali und den Jumbes überbrachten, in denen sie ihre
Unterwerfung anzeigten. Der Reichskommissar begab sich sofort an
Land und fand an der Stelle der späteren Station im ganzen 100 meist
bewaffnete Araber zum Schauri versammelt. Sie wurden ermahnt, sich in
den Ortschaften um Mikindani ruhig zu verhalten, und es wurde ihnen
mitgeteilt, daß am nächsten Morgen die Truppen ausgeschifft und mit dem
Bau einer Befestigung begonnen werden würde. Eine Sorge für ihr Leben
und Eigentum hätten die sich friedlich Unterwerfenden nicht zu hegen.

Nach Ausschiffung der Truppen am nächsten Morgen wurden auch hier die
provisorischen Befestigungsarbeiten vorgenommen, nachdem die friedliche
Unterwerfung aller Einwohner angenommen war. Nur ein Dorf, welches die
Friedensflagge nicht gehißt hatte, wurde von den Negern geräumt.

Der Wali, der Jemadari und der Akida des Sultans wurden in die Dienste
des Reichskommissars übernommen und zum Gehorsam verpflichtet. Die
Leitung der weiteren provisorischen Befestigungsarbeiten wurde dem Chef
+Dr+. Karl Wilhelm Schmidt übertragen, der einige Tage darauf auf
Befehl des Reichskommissars die Station mit 11 Europäern, 2 Kompagnien
und 4 Geschützen an Chef End zu übergeben hatte. Die beiden übrigen
Kompagnien Dr. Schmidts sollten nach Bagamoyo und Pangani zurückgesandt
werden. Er selbst hatte den Befehl, auf der »Schwalbe« nach Sansibar zu
kommen.

Auf der Rückfahrt von Mikindani lief der Reichskommissar mit der
»München« die Plätze Lindi und Kilwa nochmals an und fand daselbst
alles in guter Ordnung. In Kilwa hatten sich bereits einige 100
Eingeborene wieder eingestellt. Der größte Teil der Aufständischen war
noch einige Tagereisen von Kilwa entfernt versammelt. Kilwa Kisiwani
hatte als Vertreter einen völlig arabisierten Italiener, der Jussuf
genannt wurde, an Chef von Zelewski gesandt, mit der Bitte auch nach
Kisiwani Truppen hineinzulegen.

Am 17. Mai traf der Reichskommissar wieder in Sansibar ein und ging von
dort aus am 18. nach Sadani. Bana Heri, der dem Reichskommissar, wie
erwähnt, sein Schwert, das er im Aufstande gegen ihn geführt, übersandt
hatte, trug ihm jetzt die Bitte vor, ihm ein anderes Schwert zu
übergeben, das er von jetzt an nur in deutschen Diensten tragen würde.
Seine Bitte wurde erfüllt.

In Sadani war der Araber Mohammed ben Kassim aus Tabora, der allgemein
beschuldigt wurde, den deutschen Kaufmann Giesecke im Jahre 1885
in Tabora ermordet zu haben, durch Lieutenant Sigl nach erfolgter
Rekognoszierung durch den Irländer Stokes dingfest gemacht worden.
Wißmann, der Mohammed ben Kassim bereits drei Jahre früher am Lualaba
kennen gelernt hatte, erkannte denselben wieder und sandte ihn nach
Bagamoyo, woselbst er ein Kriegsgericht über ihn anordnete. Der Sultan
Said Ali selbst bat zwar, seinen Unterthan Mohammed ben Kassim ihm
auszuliefern, doch wurde das Ansuchen von Wißmann abgeschlagen.

Am 26. Mai trat der Reichskommissar, dessen Gesundheit durch die
fortwährenden Strapazen sich sehr erheblich verschlechtert hatte, einen
ihm bewilligten Urlaub nach Deutschland an, nachdem er zuvor an den
von Mikindani zurückgekehrten Chef +Dr.+ Karl Wilhelm Schmidt für
die Dauer seiner Abwesenheit die Geschäfte des Reichskommissariats
übergeben hatte.




                             12. Kapitel.

    Das Reichskommissariat unter Wißmanns Stellvertreter +Dr.+ Karl
                           Wilhelm Schmidt.

  Innerer Ausbau und Organisation des Kommissariats. -- Beaufsichtigung
  und Kontrolle der Karawanen. -- Verurteilung des Mörders Gieseckes,
  des Arabers Mohammed ben Kassim. -- Deputationen aus dem Innern
  melden die Unterwerfung der Bevölkerung. -- Einfall der Mafiti in
  Usaramo. -- Expedition des +Dr.+ Schmidt nach Usaramo bis an den
  Rufidji-- Unterwerfung des Jumbe Pangiri. -- Expedition des Chef
  von Perbandt nach Nguru zur Sicherung der katholischen Mission.
  -- Verhandlungen mit der Bevölkerung im Süden. -- Ausbau der Station
  Kilwa durch Zelewski. -- Anknüpfung von Beziehungen mit den
  Eingeborenen um Lindi und Mikindani. -- Expeditionen zu diesem Zweck
  in das Hinterland. -- Die Sklavenfrage in und um Lindi. -- Die
  Wahiyao und der Häuptling Maschemba. -- Verhandlung mit letzterem.
  -- Scheinbare Unterwerfung desselben. -- Pulverschmuggel im
  Hinterland von Lindi. -- Unterdrückung des Pulverschmuggels durch
  Benutzung der Eingeborenen und Händler. -- Die Stämme im Hinterland
  des Südens. -- Beschaffenheit des Hinterlandes. -- Charakter der
  Lindi-Leute. -- Expedition des Verfassers mit Chef End zu Maschemba.
  -- Besuch des Makanda-Häuptlings Schikambo. -- Krieg zwischen
  Schikambo und Maschemba. -- Expedition des +Dr.+ Schmidt mit den
  Stationschefs von Lindi und Mikindani zu den englischen
  Missionsstationen und an den Rovuma. -- Gefecht bei Kisanga;
  Verwundung des Verfassers. -- Der Rovuma. -- Ankunft in Mikindani.
  -- Informationsreise des Herrn von Soden nach Ostafrika. -- Soden
  als Ersatz für Wißmann in Aussicht genommen.


Die Hauptaufgabe des Stellvertreters des Reichskommissars, +Dr.+
Schmidt, lag auf friedlichem Gebiete. Nach der Wiedergewinnung der
ganzen Küste und nach vollkommener Pacificierung des nördlichen Teils
unseres Interessen-Gebietes konnte während der Abwesenheit Wißmanns
an dem innern Ausbau und der Organisation des Reichskommissariats
gearbeitet werden. +Dr.+ Schmidt wurde dieser Aufgabe gerecht
durch Erlaß einer Reihe von Bestimmungen über die Thätigkeit,
Diensteinteilung und Befugnis der Stationschefs und die Abgrenzung der
Stationsbereiche, welche natürlich durch die praktischen Verhältnisse
vorgezeichnet waren. Bei der Feststellung des Verhältnisses der
Stationschefs zur eingeborenen Bevölkerung und den Karawanen traf
er Anordnungen über die Beaufsichtigung und Kontrolle der Karawanen,
die Abstempelung der Schußwaffen, welche dieselben mit sich führten,
über den Verkauf von Waffen und Munition an Karawanen und über den
Kautschuckhandel, um der häufigen Verfälschung dieses wertvollen
Produktes durch die Neger vorzubeugen, endlich über die militärischen
Befugnisse der Stationschefs und Offiziere und dergleichen mehr. Im
allgemeinen wurden hierbei natürlich die von Wißmann stets gehandhabten
Grundsätze gewahrt und nur die bisher in der Praxis allgemein befolgten
Prinzipien in feste Form gelegt.

Wir haben bereits erwähnt, daß es in Sadani gelungen war, den
Araber Mohammed ben Kassim aus Tabora festzunehmen, und daß der
Reichskommissar die kriegsgerichtliche Aburteilung desselben befohlen
hatte. Die vorgenommene Untersuchung ergab die volle Schuld nicht nur
in Betreff der dem Mohammed ben Kassim zur Last gelegten Ermordung
des deutschen Kaufmannes Giesecke zu Tabora, sondern es wurde auch
festgestellt, daß er im Jahre 1889 nach Begründung der Station Mpapua
mit einer größeren Masse von Arabern und Sklaven einen Angriff auf die
Station beabsichtigt und bereits im Anmarsch auf dieselbe gewesen sei.
Nur durch die ihn aus Furcht vor den Deutschen zurückhaltenden Wagogo
war er am Durchmarsch durch Ugogo behindert worden. Mohammed den Kassim
wurde infolgedessen zum Tode durch den Strang verurteilt. Später erst
sind zudem, wie bereits an anderer Stelle erwähnt, seine Absichten
gegen uns im vollen Umfange bekannt geworden.

Es entwickelten sich unter der Vertretung durch +Dr.+ Schmidt
die Verhältnisse im Norden weiterhin durchaus befriedigend. Viele
Häuptlinge aus dem Innern, mit denen bereits Wißmann Beziehungen
angeknüpft hatte, kamen herunter zur Küste und legten Zeugnis von
ihrer Unterwerfung unter die deutsche Herrschaft und von ihrem Gehorsam
ab. Der Karawanen-Verkehr nahm einen erfreulichen Aufschwung. Zu
Masinde, dem Sitz des Häuptlings Simbodja, ließ Schmidt, obgleich
dieser Häuptling ebenfalls Proben seiner Ergebenheit und guten
Gesinnung gezeigt hatte, doch, um ihn kontrolieren zu können, eine
befestigte Station durch Chef Ramsay anlegen.

Nur Usaramo wurde, trotz der Niederlage der Mafiti bei Jombo im Jahre
zuvor, durch einen erneuten Einfall derselben auf große Strecken
hin verwüstet und entvölkert, sodaß sich der stellvertretende
Reichskommissar genötigt sah, eine Expedition gegen die Mafiti mit zwei
Kompagnien zu unternehmen. Der Marsch wurde von Bagamoyo aus angetreten
und führte über die alten Stationen der Ostafrikanischen Gesellschaft
Dunda, Madimola und Usungula nach der französischen Missionsstation
Tununguo, welche am meisten von den Mafiti bedroht erschien. Auf der
Station wurde zur Bedeckung derselben ein weißer Unteroffizier und 20
Mann zurückgelassen. +Dr.+ Schmidt marschierte nach dem Dorfe
Zungumero, drei Tagereisen südlich von der Station, woselbst die die
Mission bedrohende Abteilung der Mafiti sich befinden sollte. Das große
und stark befestigte Dorf wurde jedoch verlassen vorgefunden. Da es
nicht gelang, die Eingeborenen zum Eingehen auf Unterhandlungen zu
bewegen, wurde der Ort niedergebrannt.

Der Weitermarsch führte nach dem Rufidji, woselbst ebenfalls noch
Mafitis versammelt sein sollten. In diese Gegend hatte sich auch der
Jumbe Pangiri, dessen Dorf Pangiri, wie wir in einem früheren Kapitel
erwähnt, vom Reichskommissar bei Antretung der Mpapua-Expedition zur
Strafe zerstört worden war, geflüchtet und hatte Unterstützung bei
der Bevölkerung jener Gegend gefunden. Er erschien jedoch bei der
Ankunft des +Dr.+ Schmidt freiwillig in dessen Lager, um sich
auf Gnade und Ungnade zu unterwerfen. Schmidt erteilte ihm Amnestie
unter der Bedingung, daß er mit der Expedition zugleich nach der Küste
zurückkehre und sich in seinem alten Dorfe niederlasse. In der That
schloß sich Pangiri mit seinen Leuten sofort der Expedition an. Mit dem
Jumbe Pangiri war der letzte der angesehenen Rebellen-Häuptlinge des
nördlichen Teils der Küste zurückgekehrt.

Der Rückmarsch wurde zunächst längs des Rufidji angetreten. +Dr.+
Schmidt, den dringende Verwaltungs-Geschäfte nach Sansibar riefen,
marschierte in Eilmärschen von Mtansa aus mit einer kleinen Bedeckung
nach Daressalam, während Chef Ramsay den Auftrag erhielt, sich mit
dem Gros der Expedition über den Rufidji nach Kilwa zu begeben und
bei dieser Gelegenheit die Verhältnisse des Hinterlandes von Kilwa
möglichst aufzuklären.

Von den Mafitis war das ganze Land zwischen dem Kingani und dem Rufidji
einerseits und der Küste und Mahenge andrerseits stark verwüstet; auch
hatten sie überall wieder die gewöhnlichen Grausamkeiten verübt. Um
diesen Einfällen der Mafiti vorzubeugen und die eingeborene Bevölkerung
vor ihnen zu sichern, schlägt +Dr.+ Schmidt die Anlage einer
Station in der Gegend der Schuguli-Fälle am Rufidji vor, durch welche,
nach Ansicht des +Dr.+ Schmidt, sowohl die südlich des Rufidji
wohnenden als auch die nördlichen Mafitistämme in Schach gehalten
werden sollten; es ist dies indes von einer einzigen Station um ein
Bedeutendes zu viel erhofft.

Einer Expedition des stellvertretenden Stationschefs von Bagamoyo,
Herrn von Perbandt, in dieser Zeit sei noch Erwähnung gethan. Sie hatte
den Zweck, kleinere nördlich der durch Nguru führenden Karawanenstraße
vorgekommene Unruhen zu beschwichtigen, wurde auf Befehl des
Reichskommissars ausgerüstet und von Herrn von Perbandt geschickt und
schneidig durchgeführt.

Die Verbindung nach den Süd-Stationen war bei den großen Entfernungen
und der während der Zeit des Südwest-Monsums herrschenden hohen See
durch die kleinen Dampfer schwer aufrecht zu erhalten und wurde, da
eine Masse Baumaterial und Proviant des öfteren nach den Stationen
geschickt werden mußte, durch den vom Sultan von Sansibar gecharterten
Dampfer »Barawa« hergestellt. Auf den Süd-Stationen selbst entwickelten
sich die Verhältnisse in durchaus befriedigender Weise.

Die Aufständischen um Kilwa hatten sich zunächst in der Absicht,
weiteren Widerstand zu leisten, etwa in 8 Stunden Entfernung
verbarrikadiert, doch gaben sie die Absicht eines Angriffs bald auf
und faßten statt dessen den weniger energischen Entschluß, wenn ihnen
von der Station Kilwa aus auf den Leib gerückt würde, Fersengeld zu
geben. Der stellvertretende Reichskommissar hatte sich aber von der
Möglichkeit überzeugt, daß die Verhältnisse um Kilwa, -- nachdem der
Ort seine verdiente Strafe durch das Bombardement und die Einnahme der
Stadt erlitten und wir unserer Macht durch Anlage einer starken Station
Ausdruck gegeben hatten, -- weiterhin im guten zu regeln seien. Er
gab deshalb die Instruktion, daß alles daran gesetzt werden sollte,
die Leute zur Rückkehr zu bewegen, damit der alte Handelsplatz Kilwa
bald wieder seine frühere Bedeutung zurückgewinne. Chef von Zelewski
pflog auch durch Unterhändler mit den Aufständischen Verhandlungen, um
dieselben zur Rückkehr in die Stadt zu bewegen, aber es dauerte trotz
der immer gegebenen Versprechungen, daß sie geschont würden, geraume
Zeit, ehe die Neger ihr Mißtrauen und ihre Furcht vor Strafe ablegten.

Zelewski gab sich in dieser Zeit mit dem größten Eifer dem Ausbau
seiner Station und der Fürsorge für die Stadt hin und er, der leider
ein Jahr darauf als Kommandeur der kaiserlichen Schutztruppe den
Tod für die koloniale Sache in Uhehe sterben sollte, hat sich durch
seine Thätigkeit in Kilwa ein bleibendes Denkmal gesetzt. Die äußerst
praktisch angelegte Station, die aus einigen geschickt verbundenen
arabischen Ruinen entstanden war, das in Kilwa erbaute Lazarett, die
Entwässerung der die Stadt umgebenden Sümpfe, eine Wasserleitung in
der Stadt, ein in das Meer hinausgelegter Steindamm, durch welchen
die ungemein schlechten Landungsverhältnisse für die Boote verbessert
wurden, geben das sprechendste Zeugnis von seiner Thätigkeit. Auf
keiner der andern Stationen ist auch nur annähernd dasselbe erreicht
worden, wie von ihm in Kilwa im Laufe von nur 10 Monaten.

Es gelang Zelewski endlich, die Führer der Aufständischen zur Rückkehr
nach Kilwa zu bewegen und er hatte die Freude, diesen Platz zu seiner
alten Bedeutung wieder erwachsen zu sehen. Nebenbei glückte es dem
Stationschef, die Mörder der bei Beginn des Aufstandes ermordeten
Beamten der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, Krieger und
Hessel, in Kilwa festzunehmen. Sie wurden im November 1890 vom
stellvertretenden Reichskommissar zum Tode durch den Strang
verurteilt.

Die Furcht vor den Mafiti, in diesem Fall den südlichen Mahengestämmen,
veranlaßte die Leute des Hinterlandes, sich enger an die Station
anzuschließen, da sie nur von dieser Hülfe gegen ihre alljährlich
das Land nach der Regenzeit heimsuchenden Feinde erhoffen durften.
Bei seinem Marsch vom Rufidji nach Kilwa wurden dem Chef Ramsay von
keiner Seite aus auch nur die geringsten Schwierigkeiten gemacht oder
Feindseligkeiten entgegengesetzt, er konnte nur überall die große vor
den Mafitis herrschende Furcht konstatieren.

In Lindi und Mikindani war es nach dem Stationsbau und den damit
zusammenhängenden Arbeiten, als Freilegung des Terrains, Straßen-
und Gartenanlagen, Bau des Schießstandes, Strandarbeiten etc.,
ebenfalls die hauptsächlichste Aufgabe der dortigen Stationschefs,
möglichst bald gute Beziehungen mit der Bevölkerung herzustellen,
um den Karawanen-Handel, der zwischen dem Nyassa-See und unserer
Küste bestand, bald wieder dorthin zu lenken. In Mikindani waren die
Verhältnisse von vornherein friedliche, da auch der einzige anfänglich
nicht für Unterwerfung geneigte unter den Rebellen alsbald sich
eines besseren besann und zurückkehrte. Ebenso hatten wir bereits
bei der Einnahme Lindi's erwähnt, daß auch dort die Rebellen vom
Reichskommissar Amnestie erbeten hatten. Der Verfasser setzte als
Stationschef natürlich ebenfalls alles daran, die früheren Rebellen zur
Rückkehr zu bewegen, und dies gelang ihm auch gleich in der allerersten
Zeit bei fast allen. Nur einen einzigen, den Hauptbeteiligten, Raschid
Schapapa, hinderte die Furcht vor Strafe und Mißtrauen gegen uns an der
Rückkehr. Die andern Hauptagitatoren beim Aufstande, Kadi Omar, Fundi
Majaliwa, Mohammed ben Raschid, leisteten der Aufforderung zur Rückkehr
alsbald Folge.

Es sahen sowohl Chef End, der Stationschef von Mikindani, wie auch der
Verfasser in Lindi ihre Aufgabe darin, hier in diesen unsern südlichen
Plätzen, wohin Europäer bisher noch wenig gekommen waren, wo selbst der
Sultan von Sansibar außerhalb der festen Plätze eine Herrschaft nie
ausgeübt hatte, uns mehr Fühlung mit den Eingeborenen zu verschaffen
und diesen das große Mißtrauen, das uns hier anfangs entgegengebracht
wurde, allmählich zu benehmen. Im Hinterlande der beiden Plätze ist
besonders dadurch, daß die Bevölkerung nach Möglichkeit zu den großen
in der ersten Zeit natürlich notwendigen Stations-Arbeiten herangezogen
und hierdurch etwas mehr an uns gewöhnt wurde, in dieser Hinsicht ein
bedeutender Erfolg erzielt worden.

Um Lindi selbst gab es indes noch eine andere Frage, deren Lösung nicht
so leicht erschien, nämlich die Regelung des Verhältnisses der Araber
und der besitzenden Klasse überhaupt zu den Sklaven.

Lindi ist von jeher nach zwei Seiten hin bekannt: erstens als
Haupt-Sklavenplatz unserer ganzen Küste und ferner durch die häufig
dort vorkommenden Sklaven-Aufstände. Die Sklaven haben sich hier in
den letzten Jahren des öfteren gegen ihre Herren erhoben, ihnen nicht
nur den Gehorsam aufgekündigt und sind entflohen, sondern sie haben
direkt die Waffen gegen sie gekehrt. Sie hatten dabei im Hinterlande
von Lindi, in Luagalla, an dem Wahiyao-Häuptling Maschemba eine
kräftige Stütze und fanden bei ihm einen willkommenen Zufluchtsort.
Außer in Maschemba's Gebiet fanden auch noch an vielen andern Plätzen
Ansammlungen von Sklaven statt, welche dann eine Art Räuberbande
bildeten und die Gegend beunruhigten.

Die Sklaverei in und um Lindi verdiente kaum diesen Namen; die Sklaven
konnten thun und lassen, was sie wollten und wuchsen mit der dem Neger
eigenen Unverschämtheit ihren Herren über den Kopf. Im Interesse der
allgemeinen Sicherheit im Lande hätten wir eine strengere Form der
Sklaverei geradezu erwünscht und mußten auf alle Fälle versuchen,
dem bestehenden Zustande ein Ende zu machen. Diese Regelung der
Verhältnisse blieb uns Stationschefs überlassen. Nachdem unter den
Häuptlingen des Hinterlandes, die auf Aufforderung des Reichskommissars
mit dem Verfasser in Verbindung getreten waren, sich auch Maschemba
eingefunden hatte, wurde daran gegangen, bezüglich der Sklavenfrage
mit dem Häuptling ein Einverständnis zu erzielen. Ich trug ihm auf,
entweder selbst zu mir nach Lindi zu kommen, oder einen seiner Söhne zu
schicken, damit dieser meinen Willen erführe und wir ein die Interessen
des Landes sowohl, wie, soweit angängig, diejenigen Maschembas
wahrendes Abkommen treffen könnten.

Maschemba, der in jener Zeit viel mit dem Verfasser korrespondiert hat,
indem er die Briefe immer in Suaheli-Sprache in lateinischen Lettern
von einem auf der englischen Mission erzogenen Yao-Burschen schreiben
ließ, ging auf mein Verlangen ein und sandte seine beiden Söhne mit
folgendem Schreiben:

»Mein lieber Freund. Ich befinde mich wohl. Die Geschenke, die Du
mir geschickt hast, sind alle angekommen, 3 Hemden, 2 Kikois, 3
Maskattücher, 12 Ballen Zeug, 4 Lessos. Meinen Dank dafür. Du schreibst
mir, daß ich selbst komme oder mein Sohn. Ich schicke Dir heute
zunächst meinen jüngern Sohn; der große kommt nach, er bringt noch
Geschenke für Dich. Er heißt Kantande Wadi Maschemba. Damit der Brief
sehr schnell kommt, bringt ihn mein jüngerer Sohn. Viele Grüße von mir.
Ich bin hier wohl. Maschemba bin Tschapama.«

Der hier angekündigte Kantande, der älteste von Maschembas Söhnen, traf
denn auch bald nach dem jüngeren ein und brachte, nachdem mir Maschemba
schon gleich im Anfang einmal Hühner und Ziegen gesandt hatte, nun
abermals die angekündigten Geschenke, welche in Kleinvieh und Hühnern
bestanden, mit. Außerdem brachte er für mich als Geschenk ein Monstrum
von einem Weibe, die er wahrscheinlich für besonders schön gehalten
hatte. Sie besaß einen Umfang wie mindestens 3 starke Männer zusammen,
so daß sie kaum durch das Stationsthor eintreten konnte. Die Wache und
alle Neger, welche diese Schönheit sahen, konnten sich des Lachens
nicht enthalten. Die gute Absicht Maschembas wurde zwar anerkannt, das
Weib aber schleunigst in Freiheit gesetzt.

An dem Verhalten der Söhne Maschembas merkte ich bald, daß, wenngleich
sie natürlich in Lindi auf alle Vorschläge und Bedingungen eingingen,
und wenn auch Maschemba selbst ernstlich die Absicht zu haben schien,
mit mir, falls seine Interessen gewahrt würden, sich dauernd auf einen
guten Fuß zu stellen, an ein ernstliches Abkommen nicht zu denken
war: sie hätten alles zugestanden, die Sache aber wäre im großen und
ganzen doch beim Alten geblieben. Der Grund hierfür lag wohl darin,
daß es Maschemba zwar verstanden hatte, die teils ihren Besitzern
entlaufenen, teils von ihm von überall her geraubten Sklaven vorzüglich
zu organisieren und gewissermaßen als große Räuberbande auszubilden,
daß aber seine Autorität über diese Horde doch keine unbedingte war.

Ich entschloß mich deshalb, sobald meine Reisen in der Umgegend von
Lindi beendet wären, Maschemba selbst aufzusuchen und zu sehen, was mit
ihm persönlich auszurichten sei.

Meine Absicht war es, Maschemba zu verpflichten, daß er jeden
ihm zugelaufenen Sklaven an die Station in Lindi ausliefere. Der
Stationschef sollte dann den ursprünglichen Besitzer zitieren und
diesem, wenn nicht besondere Gründe dagegen sprächen, den Sklaven
zurückgeben, ihn aber zugleich verpflichten, an Maschemba für den
Transport des Sklaven und die Auslieferung pro Kopf eine bestimmte
Summe, die ich auf 5 Dollars anschlug, auszuzahlen. Ein solches
Verfahren mag vielleicht heutigen Tages den jetzt geltenden Prinzipien
bezüglich unseres Verhaltens in der Sklavenfrage entgegenstehen,
scheint mir aber doch den damaligen Zuständen des Südens angemessen
gewesen zu sein, da es vor allem darauf ankam, die Sicherheit des
Gebietes und der Karawanenstraßen herbeizuführen und von zwei Übeln das
kleinere mit in den Kauf zu nehmen.

Aber auch noch andere Umstände, als die Sklavenfrage, machten die
Verhältnisse im Hinterlande von Lindi schwierig und stellten an den
Stationschef weitgehende Ansprüche nichtmilitärischer Natur.

Daselbst bestand nämlich ein großartiger Pulverschmuggel sowohl von
unserer Küste aus, wie auch von portugiesischem Gebiet nach unserem
Hinterland. Eine Anzahl Leute im Hinterlande von Lindi selbst, unter
denen wiederum Maschemba, sowie Araber und Eingeborene, hatten es
verstanden, den Karawanenhandel, der von den Seen herunterkam, zum
großen Teil an sich zu ziehen. Sie hielten selbst größere Lager der
überall in Afrika am meisten begehrten, besonders aber im Süden
verlangten Handelsartikel, nämlich Pulver, Munition und Gewehre und
tauschten dagegen die Produkte des Innern, besonders Sklaven, ein.

Dies hatte den Nachteil, daß die Karawanen sich der Kontrolle an der
Küste entzogen und ihre Geschäfte schon im Hinterlande abmachten,
daß also an unserer Südküste eine Art Zwischenhandel bestand, der
die Zoll-Einnahme stark beeinträchtigte und uns den Einfluß auf den
wichtigsten und gleichzeitig gefährlichsten Einfuhrartikel benahm. Die
verkaufte Munition wurde entweder nach den Plätzen unserer Küste, die
nicht besetzt waren, eingeschmuggelt oder vom portugiesischen Gebiet
über den Rovuma, wo ja auch Beobachtungsposten nicht bestanden, in das
Hinterland eingeführt.

Dem mußte natürlich nach Möglichkeit entgegengearbeitet werden. Ich
ließ durch meine Beziehungen zu den Eingeborenen und durch besoldete
Spione diejenigen Leute innerhalb des Machtbereichs der Stationen
ausfindig machen, die einen solchen verbotenen Handel betrieben und
erschwerte ihnen ihr Gewerbe nach Möglichkeit. Ferner aber verkaufte
ich, da ich diesen Zwischenhandel, namentlich die Schmuggelei über den
Rovuma zu Maschemba und jenen Häuptlingen hin nicht gänzlich verhindern
konnte, von der Station aus Gewehre und Munition an die Karawanen und
zog diese dadurch an die Küstenplätze.

Da jedoch die Abgabe von Kriegsbedarf an die Karawanen nicht
vorgesehen war, und auf den Stationen das nötige Pulver zum Verkaufe
nicht vorhanden war, benutzte ich den Umstand, daß meine strenge, in
der Umgegend von Lindi eingeführte Überwachung der den verbotenen
Handel betreibenden Leute einerseits, wie Nachsicht gegen dieselben
andrerseits einen Teil derselben bewog, mir ihre Vorräte auszuliefern.
Ich vergütete ihnen natürlich, damit sie keinen direkten Schaden
hatten, den Verlust an Waare durch Zahlung einer kleinen Summe.

Sodann wurden möglichst weit nach dem Innern hinein den vom Nyassa-See
kommenden Karawanen Vertrauenspersonen entgegengeschickt, die ihnen
mitteilten, daß sie ohne Furcht an die Küste selbst kommen, dort eine
gute Aufnahme finden und die von ihnen gewünschten Artikel kaufen
könnten.

Durch dieses Vorgehen gelang es sowohl dem Chef End in Mikindani,
der dieselbe Taktik befolgte, wie mir in Lindi, den Karawanenverkehr
an die Küste zu ziehen. Daß dabei bisweilen Sklaven vom Nyassa her
bei den Elfenbein-Karawanen mit unterliefen, war erklärlich; ebenso
notwendig war es auch unter den beschriebenen Verhältnissen, ein
Auge zuzudrücken. Es wäre sonst der ganze Verkehr gestört oder nach
dem benachbarten portugiesischen Gebiet, wo eine Kontrolle nicht
bestand, hinübergelenkt worden. Wir beschränkten uns darauf, eine
Sklaven-Ausfuhr von der Küste nach Sansibar, soweit dies in unsrer
Macht stand, zu verhindern. -- Allerdings befanden sich unter den
ankommenden Karawanen in Lindi auch solche von den Wahiyao-Häuptlingen
Mataka aus Mwera am Nyassa-See und Makendjira von Tschusiunguli, von
denen der erstere vielleicht ein Jahr früher zwei, der letztere mit
seinen Leuten einen Engländer ermordet hatte, um sich an ihnen für zu
strenges Vorgehen der Engländer an der Küste in der Sklavenfrage zu
rächen. Die Umstände indes und die Unmöglichkeit in den Verhältnissen
am Nyassa in dieser Beziehung vorläufig Wandel zu schaffen, zwangen uns
zu mildem Verhalten.

Eine weitere Landplage im Süden bildeten die das Hinterland
beunruhigenden Mafiti-Stämme, besonders die Magwangwara, die mehr
noch als die Sklavenjagden der Araber die Gebiete der angrenzenden
friedlichen Bewohner entvölkerten und die sich immer mehr und mehr
ausdehnten. Die Magwangwara werden häufig als Zulus angesehen, und
werden auch wie diese Wangoni genannt, ohne es indes wirklich zu sein.
Es hat in früherer Zeit allerdings von Süden her eine Invasion der
Zulus stattgefunden, die weite Gebiete bis an den Tanganjika heran
entvölkerten. Die meisten Stämme konnten ihnen nicht widerstehen und
es sind hier und da Niederlassungen von Zulus entstanden. Gerade
die Magwangwara waren jedoch ein Stamm, der den Zulus erfolgreich
Widerstand leistete. Sie fanden es jedoch nützlich, die Sitten,
Tracht und Kampfesweise der Zulus anzunehmen und sich einem bequemeren
Gewerbe, dem des Raubes und der Plünderung, hinzugeben, mit dem sie im
Laufe der Zeit ihren Nachbarn ebenso gefährlich wurden, wie die Zulus
in früheren Zeiten. Eigentliche Zulu sind die Magwangwara nicht.

Der kriegerische Sinn aller am Nyassa wohnenden Stämme, so auch schon
der Wahiyao, ist die Ursache, daß sie sich auf Kosten der schwächeren,
friedlicheren Nachbarvölker weiter und weiter ausbreiten.

Das unmittelbare Hinterland von Lindi, insbesondere das Hochplateau,
welches sich hinter der sich unmittelbar an der Küste hinziehenden
Hügelkette erhebt, das sogenannte Makanda-Plateau, war ursprünglich von
den Makanda, den Makua und Wamwera bewohnt; aber auch hier sind die
Wahiyaos eingedrungen und beherrschen große Gebiete jenes fruchtbaren
Plateaus, in dem sie ihre Grenze und ihre Macht immer mehr und mehr
erweitern.

Man kann nicht sagen, daß mit dem Zunehmen der kriegerischen
Bevölkerung eine Verminderung der Bodenkultur des Landes eingetreten
sei, vielmehr wird diese auch von den kriegerischen Stämmen des Südens
in gleicher Weise wie von den Mafiti des Nordens, -- die allerdings
zumeist ihre Weiber und Sklaven arbeiten lassen, -- in der fleißigsten
Weise betrieben. Davon legen z. B. die vielen nach der Küste kommenden
Produkte Zeugnis ab.

Von der sonstigen ursprünglichen Beschaffenheit des Landes sei
noch erwähnt, daß fast überall, wo nicht schon durch Bebauung eine
regelrechte Kultur eingeführt ist, ein undurchdringlicher, stark mit
Kautschuk-Lianen durchzogener Busch, wie wir ihn im Norden nur ganz
vereinzelt finden, hier allgemein das Land bedeckt. Die Märsche unserer
Truppen, das merkten wir stets bei unsern Expeditionen im Süden, werden
dadurch ungemein erschwert, besonders Feinden gegenüber, wie wir sie
im Süden vorfanden, die sich ganz ausgezeichnet auf die Ausnutzung des
Terrains und auf die Anwendung des kleinen Krieges in Afrika verstehen.
Selbst kleine Abteilungen konnten uns zuweilen die erheblichsten
Schwierigkeiten bereiten.

In Lindi selbst stand ich vor der Aufgabe, der erhaltenen Instruktion
gemäß, immer gute Beziehungen mit den Eingeborenen und besonders mit
den Machthabern des Landes, auch wenn diese am Aufstand und selbst an
der Vertreibung der Ostafrikanischen Gesellschafts-Beamten beteiligt
waren, herbeizuführen. Dem schon erwähnten Kadi Omar und dem Nassr
Munimgando, Leuten, die in ihren persönlichen Interessen durch den
zwischen dem Sultan von Sansibar und der Ostafrikanischen Gesellschaft
geschlossenen Vertrag geschädigt und zur Teilnahme am Aufstand bewogen
waren, gab ich gewissermaßen Vertrauensstellungen. Ersterer diente mir
als Sekretär und hatte die Suaheli-Korrespondenz mit den Machthabern
der Umgegend und des Hinterlandes zu besorgen, nebenbei hatte er auch
als Kadi ab und zu mir ratend zur Seite zu stehen. Letzterer hatte
besonders nach außen hin darauf zu wirken, daß die Karawanen nach der
Küste heruntergezogen würden. Jene beiden Leute waren ja, genauer
betrachtet, ziemlich große Halunken, doch waren sie unter damaligen
Umständen mir sehr nützlich. Leute dieser Art sind besonders dann gut
zu verwerten, wenn sie in jeder Weise merken, daß man ihnen auf die
Finger sieht.

Die Erwähnung dieser Verhältnisse habe ich für notwendig gehalten,
weil sie die Grundlage der nächsten Ereignisse im Süden bilden
und veranschaulichen, warum bei der Geringfügigkeit der uns zu
Gebote stehenden Mittel in unserm südlichsten Gebiet ein wesentlich
verändertes Vorgehen im Gegensatz zum Norden notwendig war.

Nachdem sowohl Chef End in Mikindani, als auch der Verfasser in Lindi
die Arbeiten beim Aufbau der Stationen soweit geführt hatten, daß die
Umwallung der Stationen und die Fertigstellung der Bastionen und Mauern
vollendet war, gingen wir beide gemeinsam an die Ausführung der bereits
angedeuteten Expedition in unser Hinterland. Sie galt dem Besuch des
Wahiyao-Häuptlings Maschemba und der Verhandlung mit ihm, außerdem
einem Besuch des einflußreichen Oberhäuptlings der Makanda Schikambo.

Ein jeder von uns hatte die disponiblen Truppen aus seiner Station
herausgezogen und wir vereinigten uns in Lindi, von wo aus die
Expedition angetreten wurde.

Schon am dritten Marschtage erreichten wir Dörfer der Wahiyao und
hatten mit diesen aus ganz geringfügigen Ursachen (Felddiebstahl der
Träger u. dergl.) Streitigkeiten, wobei es mit Mühe und Not gelang, ein
kriegerisches Einschreiten zu vermeiden. Am vierten Tage, an dem wir
Maschembas Dorf erreichen sollten, sandte uns dieser auf halbem Wege
seinen ältesten Sohn mit einer Begleitmannschaft von etwa 40 Leuten zu
unserer Begrüßung entgegen. Von den Wahiyaos wurden zur Feier des Tages
Kriegstänze aufgeführt, und von jetzt an auf dem ganzen Wege bis zu
Maschemba hin knallten Freudenschüsse, die Maschemba von der Annäherung
der Karawane in Kenntnis setzen sollten. Nach Passierung eines vor
dem Dorfe des Maschemba befindlichen ganz dichten Busches, der selbst
auf dem schmalen Fußpfade eine Menge ganz besonderer Hindernisse
bot, wurden wir von einer aufgeregten, total betrunkenen Bande, der
besonders die deutsche von uns selbstverständlich mitgeführte Flagge
unangenehm war, empfangen.

Die zahlreichen, zu vielen Hunderten hier versammelten Leute Maschembas
schossen ihre Gewehre immer noch unter der Firma Freudenschüsse in
die Luft ab, ein Zeichen, wie wenig es ihnen an Pulver und Munition
mangelte.

Da das Benehmen der Leute höchst auffallend und wenig Vertrauen
erweckend erscheinen mußte, ließen wir nach der Ankunft unsere Truppen
inmitten der Menge ein Carré formieren, und als dann Maschemba immer
noch nicht zur Begrüßung sich eingefunden hatte, wurde ihm ein Bote
entgegengesandt, der ihm unser kategorisches Verlangen nach seinem
Erscheinen überbrachte. Zugleich sollte er dafür sorgen, daß die Banden
ihr ungeberdiges Benehmen einstellten; andernfalls würden wir auf die
Menge Salven abgeben und das Dorf bestrafen.

Maschemba leistete der Aufforderung sofort Folge und kam
schwerbetrunken bei uns an, entschuldigte sich und seine Leute und
meinte, dieselben hätten erst am Abend des vorhergehenden Tages von
unserer Ankunft erfahren, und aus Freude über die seinem Dorfe zu Teil
werdende Ehre sich leider in Pombe betrunken.

Es war unter diesen Umständen natürlich an eine Verhandlung garnicht
zu denken. Maschemba befahl seinen Leuten auf mein Verlangen,
auseinanderzugehen und sich ruhig zu verhalten, während wir unter
Beobachtung aller nöthigen Vorsichtsmaßregeln Lager bezogen.

Um unnütze Reibereien mit den Leuten zu vermeiden, mußte Maschemba
Wasser, Brennholz und Baumaterial für den Lagerbau, sowie die nötige
Verpflegung an Feldfrüchten und Kleinvieh ins Lager schaffen. In
besonders erfreulicher Weise abstechend war das würdige Benehmen
unserer Sudanesen-Soldaten gegenüber den ungeberdigen Horden, auf die
sie mit Verachtung herabblickten.

Der Abend des Tages wurde insofern noch gemütlicher, als Maschemba
mit seiner Familie und den einflußreichsten seiner Leute zu mir ins
Lager kam und große Kalebassen Pombe mitbrachte, die dann gemeinsam
ausgetrunken wurden. Maschemba selbst war natürlich wieder sein bester
Gast. Ich benutzte die Gelegenheit, Maschemba einen vorher bereits
beschlossenen Besuch des stellvertretenden Reichskommissars +Dr+.
Schmidt für einen Monat später in Aussicht zu stellen und befahl ihm
dann für eine anständige Aufnahme Sorge zu tragen, wofern er weiterhin
darauf Wert legte, mit uns ein gutes Einvernehmen aufrecht zu erhalten.

Am nächsten Tage ging es zu dem Makandahäuptling Schikambo, der die
bittersten Klagen über die fortwährenden Beunruhigungen durch Maschemba
vorbrachte. Von Schikambos Dorf Niangamala ging der Marsch nach Ikonga,
wo die Expedition sich trennte. Chef End marschierte von hier aus nach
Mikindani, ich selbst über den Ukeredi-Fluß nach Lindi zurück.

Bald nach meiner Ankunft in Lindi empfing ich von Maschemba ein
Schreiben, worin er für das Benehmen seiner Leute um Entschuldigung
bat, und seine friedlichste Gesinnung und Unterwürfigkeit beteuerte.
Ohne viel hierauf zu geben, war es mir doch erwünscht, wenigstens
äußerlich die Ruhe und Ordnung aufrecht erhalten zu sehen, um den
Karawanenverkehr nicht zu sehr zu schädigen.

Bald indes drangen Nachrichten nach Lindi über ernstere Streitigkeiten,
die zwischen den Wahiyao Maschembas und den Makanda, den Leuten
Schikambos, ausgebrochen waren. Nachdem zuerst die Wahiyao einige
Verluste erlitten hatten, drangen sie im Gebiet der Makanda siegreich
vor und zerstörten einige Dörfer derselben von Grund aus. Einzelne
Makanda flüchteten bis nach Lindi, wohin Schikambo von dem Überfall
Maschembas berichtete. Maschemba seinerseits bedachte uns mit einem
Briefe, worin er angab, daß Schikambo durch Ermordung eines Verwandten
Maschembas eine Blutschuld auf sich geladen habe. Er, Maschemba, sei
dadurch zum Kriegszuge gegen die Makanda bewogen worden; nachdem er
jetzt Rache genommen, wäre für ihn der Streitfall beendet, zumal er
selbst Verluste erlitten hätte. Er wolle nur von der Sache Mitteilung
machen, um falsche Nachrichten von feindlicher Seite zu berichtigen.

Die Entschuldigung Maschembas erschien von vornherein haltlos, und es
wurde sowohl vom Verfasser, wie vom Stationschef in Mikindani beim
stellvertretenden Reichskommissar beantragt, nunmehr ernstlich gegen
Maschemba vorgehen zu dürfen, um entweder von ihm Garantie dafür zu
erhalten, daß ein mit ihm getroffenes Abkommen auch wirklich gehalten
werde oder gegen ihn mit Waffengewalt einzuschreiten. Da schon vorher
der stellvertretende Reichskommissar eine Expedition zum Besuch der
englischen Missionsstation des Hinterlandes und an den Rovuma zum Zweck
der Untersuchung auf das Vorhandensein von Kohlen beschlossen hatte,
wurde die Expedition sofort vorbereitet.

Die außerordentliche Wichtigkeit eines Kohlenlagers in unserem
Gebiete braucht keine besondere Begründung. Verfasser hatte bereits
früher nach Sansibar über das Vorhandensein von Kohlen berichtet. Vom
Vereinigungspunkt des Rovuma und Rienda sollte ein Mann, Namens Wadi
Bakari Kohlen in einem Canoe nach der Küste gebracht haben. Der Sultan
Said Bargasch hatte davon erfahren und einen französischen Ingenieur
in diese Gegend gesandt. Außerdem wurde dem Verfasser berichtet, daß
bereits einen Tagemarsch westlich von Mschinga Leute von Raschid
Schapapa vor jetzt 7 Jahren Kohlen gefunden und nach Lindi gebracht
hätten, wovon ebenfalls an Said Bargasch berichtet worden sei. Der
Sultan habe den Ort des Vorkommens wissen wollen, jedoch hätten Raschid
Schapapa und seine Leute das Vorhandensein von Kohlen bestritten und
überhaupt nichts von Kohlen wissen wollen, in der Absicht natürlich,
den Sultan oder gar die Europäer von weiterem Vordringen ins Innere
abzuhalten.

Die erwähnte Expedition des +Dr.+ Schmidt, zu welcher 2 Kompagnien
Sudanesen, eine Kompagnie Zulu, ein 4,7 +cm+ Geschütz, ein
Maxim-Gun und die nötigen Träger mitgenommen wurden, setzte sich am 6.
Oktober von Lindi aus ins Hinterland in Bewegung. Es nahmen daran Teil
von den Offizieren außer +Dr.+ Schmidt die beiden Stationschefs
von Mikindani und Lindi (End und der Verfasser), Chefarzt Gärtner,
die Lieutenants Scherner, Heymons, von Zitzewitz und Proviantmeister
Jancke. Vor dem Antritt der Expedition war Maschemba von den
freundlichen Absichten des stellvertretenden Reichskommissars brieflich
benachrichtigt und ihm nochmals anbefohlen worden, die Expedition, wenn
sie in sein Gebiet komme, gut aufzunehmen und Exzesse seiner Leute zu
verhüten. Obgleich Maschemba bis zuletzt den Schein der Unterwürfigkeit
bewahrt hatte, drangen doch schon bei Antritt der Expedition Gerüchte
zu uns, daß Maschemba alle Anstalten getroffen hätte, diesmal dem
Vorrücken in sein Gebiet bewaffneten Widerstand entgegenzusetzen.

Der Plan des +Dr.+ Schmidt war, wie erwähnt, die Stationen der
englischen Universitäts-Mission, Masasi und Nevala, zu besuchen, dann
südlich nach dem Rovuma abzubiegen und von dort aus auf dem Rückwege
Maschembas Gebiet zu durchziehen, um mit diesem, wenn möglich, auf
friedliche Weise ein Abkommen zu treffen, andernfalls ihn anzugreifen.
Nachdem die ersten Tage unseres Marsches zurückgelegt waren und wir
den Wamwera-Ort Mtua bereits östlich von uns hatten, wurden wir am 4.
und 5. Marschtage von Wahiyao-Horden Maschembas auf dem Marsche durch
das Dickicht in höchst ungünstigem Terrain angegriffen und wurden uns
zwei eingeborene Führer weggeschossen. Es gelang, die angreifenden
Horden zurückzuschlagen und die Führer durch andere zu ersetzen. Als
wir Maschembas Gebiet hinter uns hatten, wurde der Marsch nach Masasi
ohne Störung fortgesetzt. Die Missionsstationen der Engländer waren,
da sie stets dem Überfalle der Wahiyao- und Mafiti-Stämme ausgesetzt
waren, nur provisorisch aus Bambus hergestellt, damit die Missionare
in der Lage waren, sie bei drohender Gefahr abzubrechen und sofort zu
verlassen.

Von Masasi wandte sich die Expedition nach der Haupt-Missionsstation
Nevala. Am 20. Oktober wurde in Kisanga das Lager bezogen. In der
Umgegend waren in derselben Weise wie unmittelbar hinter Lindi Wahiyao
und Makanda angesiedelt. Kisanga selbst ist ein starkes, auf einer
steilen Höhe gelegenes, recht ausgedehntes Dorf. Wir lagerten an einem
Bache am Fuße der Höhe und glaubten besondere Besorgnis hier nicht
hegen zu müssen, als plötzlich ein Träger auf uns zugelaufen kam und
berichtete, daß einige Boys und Träger in Kisanga, wo sie Streit
bekommen hätten, von Wahiyao festgenommen, gebunden und durchgeprügelt
worden seien. Da zweifellos eine gewisse Schuld auf Seiten der Träger
und Boys lag, welche in dem fremden Dorfe nichts zu suchen hatten,
außerdem die Bewohner des Dorfes gerade ein Pombefest feierten und
sich dabei total betrunken hatten, erschien es erwünscht, im guten die
festgenommenen Leute von den Wahiyao herauszubekommen.

Chef End wurde mit seiner aus Mikindani mitgenommenen Kompagnie zur
Unterhandlung resp. zur Bestrafung der Leute von +Dr.+ Schmidt
abgesandt. Der Verfasser erbot sich dem +Dr.+ Schmidt, als Chef
End diesen Befehl erhalten hatte, mit Chef End zusammen abzumarschieren
und, wenn möglich, die Sache zu einem guten Abschluß zu bringen.
Aber schon als wir die steile Höhe, da es das Terrain nicht anders
gestattete, in Kolonnen zu einem emporklommen, merkten wir, daß hier
im guten nichts auszurichten sei. Der Schall der Kriegsgoma tönte uns
entgegen. Es blieb also nichts übrig, als die Stellung der zum Kampfe
fertigen Wahiyao zu erstürmen und einzunehmen.

Die Wahiyao hatten sich hinter hohen Felsen an dem von uns erklommenen
Fußpfade gut gedeckt und feuerten auf die von unten heranrückenden
Truppen. Gleich bei den ersten Schüssen erhielt der Verfasser eine
Kugel in die linke Brust, die an der Rippe entlang ging, den linken
Oberarm durchdrang und dann noch den direkt hinter dem Verfasser
gehenden Chef End traf, dem sie jedoch nur eine leichte Kontusion
beibrachte. Ich erhielt vom Chefarzt Gärtner auf der Stelle im
feindlichen Feuer den ersten Verband angelegt. Die Truppen wurden indes
nicht aufgehalten und drangen unter Chef End unerschrocken die steile,
schwer zu erklimmende Höhe empor. Von dem in brillanter Stellung
befindlichen Gegner wurde unglaublich schlecht geschossen: nur drei von
den farbigen Soldaten erhielten noch Verwundungen.

Der Gegner wurde aus seiner Deckung, in der er sich bei einigermaßen
gutem Schießen gegen jeden Feind hätte halten können, geworfen, die
zerstreut auf der Anhöhe liegenden Dörfer zerstört, der Feind weiterhin
verfolgt und demselben bedeutende Verluste, deren Höhe jedoch nicht
genau zu konstatieren war, beigebracht. Die gefangenen Träger und Boys
wurden teils an demselben Tage befreit, teils am nächstfolgenden Tage
durch Vermittlung der Station Nevala ausgeliefert. Das Verhalten der
Wahiyao von Kisanga, die allerdings von Maschemba aufgereizt waren,
war eigentlich nur auf die Trunkenheit derselben und auf den mit den
Trägern und Boys gelegentlich des Pombefestes entstandenen Streit
zurückzuführen. Den Tag nach dem Gefecht haben jedenfalls die Wahiyao
von Kisanga einen ebenso moralischen wie physischen Katzenjammer
gehabt.

Am 21. Oktober wurde Nevala erreicht und dort ein Rasttag gemacht,
dann aber wegen der Wasserarmut des Gebietes zwischen dem Rovuma und
Maschembas Land und wegen der Verwundeten in der Expedition, welche
die Marschfähigkeit derselben beeinträchtigten, das Vorgehen gegen
Maschemba für jetzt aufgegeben und für den nächsten Monat in Aussicht
genommen. Wir zogen von hier unmittelbar am Rovuma, den wir südlich
von Nevala erreichten, einige Tage ostwärts entlang und traten dann
den Rückmarsch nach Mikindani an. Der Rovuma als Fluß enttäuschte uns
gründlich, da derselbe bequem an allen Stellen zu Fuß zu durchwaten
war. Das Wasser reichte uns zu jener Zeit nicht einmal bis an den Leib,
aber auch in der Regenzeit dehnt sich der Fluß nur in die Breite aus
und zeigt ein ganz flaches Bett; nirgends besteht eine größere Tiefe.

Am 31. Oktober traf die Expedition wieder in Mikindani ein; es wurde
daselbst außer der nach Mikindani gehörenden Kompagnie, auch die
von Kilwa zur Expedition zugezogene Kompagnie zurückgelassen. Die
Expeditions-Kompagnie von Lindi wurde am selbigen Tage eingeschifft
und von +Dr+. Schmidt nach Lindi gebracht. Daselbst übernahm
Lieutenant von Zitzewitz in Vertretung des Verfassers vom Lieutenant
Wolfrum, der während der Expedition die Vertretung gehabt hatte,
die Stationsgeschäfte von Lindi. Der Verfasser mußte nach Sansibar
überführt werden, wo sich dann wegen seiner Verwundung das Antreten
eines Urlaubs nach Deutschland als notwendig herausstellte: durch die
Verwundung der Nerven des linken Oberarms war der ganze linke Arm
gelähmt.

In Sansibar angekommen, fanden wir daselbst den zu seiner Orientierung
über die Verhältnisse der Kolonie von Deutschland nach Sansibar
gesandten, bisherigen Gouverneur von Kamerun, Freiherrn von Soden
vor, während Wißmanns Ankunft und Wiederaufnahme der Geschäfte
des Reichskommissariats für den 1. Dezember angekündigt war. Die
Heraussendung des Herrn von Soden hatte allerdings zunächst den Zweck
seiner persönlichen Informierung, es war aber bereits damals Herr von
Soden als Ersatz für Wißmann bestimmt. Ein solcher Ersatz des allseitig
verehrten Kommandanten, dessen afrikanischer Erfahrung sich jeder ohne
weiteres beugen konnte und mußte, unter Verhältnissen, welche für
den Augenblick zwar friedlich erschienen, aber von niemandem damals
schon als dauernd betrachtet werden konnten, durch einen Civilbeamten,
welcher von Ostafrika nicht viel wußte, konnte keinem der Beamten und
Offiziere, ja nicht einmal den Kaufleuten sympathisch sein.

Das allgemeine, einstimmige Urteil ging dahin, daß an leitender
Stelle die wahren Verdienste Wißmanns weder erkannt, noch gewürdigt
wurden. Wir haben an den verschiedensten Stellen dieses Buches
darauf hingewiesen, daß nicht die militärische Thätigkeit allein
es war, welche jedem die höchste Achtung vor Wißmanns Blick und
Fähigkeiten abnötigte, sondern ganz besonders sein überaus großes,
organisatorisches Talent. Wenn man ihm die mangelhafte Rechnungsführung
nicht verzeihen konnte, so konnte dem durch die Einstellung geeigneter
Rechnungsbeamten besser abgeholfen werden, als durch eine vollkommene
Umgestaltung der Verhältnisse, die uns draußen des Führers beraubte.
Niemand weder in Deutschland, noch in Ostafrika konnte und wollte
glauben, daß eine solche aus der Natur der Dinge sich ergebende
Kleinigkeit, wie das Rechnungswesen zur Abdankung Wißmanns die
Ursache habe geben können, und noch heute sucht man vergeblich nach
innern stichhaltigeren Gründen für die Ernennung Sodens. Die äußere
Anerkennung der Verdienste Wißmanns in Deutschland konnte, so glauben
wir wenigstens behaupten zu können, ihn nicht dafür entschädigen, daß
das Hauptwerk seines Lebens fast vollendet einem andern übergeben
wurde.

Die Thätigkeit Wißmanns nach seiner Wiederankunft in Sansibar im
Anfang Dezember 1890 konnte nach der Lage der Verhältnisse nur noch
als provisorische betrachtet werden, als eine Art Überleitung zum
Civil-Gouvernement des Herrn von Soden, dessen Ernennung bald in Berlin
vollzogen wurde.




                             13. Kapitel.

            Wißmanns letzte Thätigkeit als Reichskommissar.

  Ankunft Wißmanns in Sansibar am 1. Dezember 1890. -- Vorbereitungen
  auf den Stationen zur definitiven Uebernahme der Küste nach dem
  deutsch-englischen Abkommen. -- Expedition des Chef Ramsay gegen
  Maschemba. -- Außerordentliche Schwierigkeiten des Marsches.
  -- Expedition unglücklich. -- Gütlicher Vergleich und Frieden
  mit Maschemba, erreicht durch die Initiative des Chefs End. --
  Fertigstellung der südlichen Stationen. -- Unsichere Verhältnisse
  auf der Karawanenstraße nach dem Kilimandscharo. -- Wißmanns
  Expedition nach dem Kilimandscharo. -- Eroberung der Befestigung des
  Sultans Sinna. -- Regelung der Verhältnisse am Kilimandscharo und
  Stationsanlage daselbst. -- Rückmarsch nach der Küste. -- Einfall der
  Wahehe in Usagara. -- Expedition des Chef Ramsay dahin. -- Friedliche
  Verhandlung mit den Wahehe. -- Schlußbericht Wißmanns über seine
  gesamte Thätigkeit.


Am 1. Dezember 1890 übernahm Major von Wißmann vom Chef +Dr.+
Schmidt, der sich auf einen längeren Urlaub nach Deutschland begab,
wieder die Geschäfte des Reichskommissariats für die Zeit bis zum
1. April 1892. Seine erste Thätigkeit bestand in einer Bereisung
der Küste, um sich von dem Zustande der Stationen zu überzeugen
und Anordnungen für die am 1. Januar 1891 angeordnete feierliche
Occupation der Küste mit Hissung der deutschen Flagge zu treffen.
Nach Abschließung des Deutsch-Englischen Vertrages, den wir in einem
besonderen Kapitel besprechen werden, war die Küste definitiv und
formell in unsern Besitz übergegangen, während sowohl wir, wie die
Eingeborenen immer der Ansicht gelebt hatten, daß dieselbe von der
Schutztruppe durch ihr daselbst vergossenes Blut erobert worden sei.
Die Thatsache, daß ein Ankauf derselben unter Zahlung von 4,000,000
Mark stattgefunden habe, und daß wir uns noch dazu der englischen
Vermittlung, wie es im Vertrage ausgemacht war, beim Sultan von
Sansibar bedienen mußten, überraschte uns ganz gehörig. Doch hierüber,
wie gesagt, an einer andern Stelle.

Der Übergang der Küste in unsern Besitz war jedenfalls für den Januar
1891 festgesetzt, und war dies auch die Veranlassung für Wißmann,
die von +Dr.+ Schmidt gegen Maschemba geplante Expedition nicht
selbst zu führen, sondern die Führung dem Chef Ramsay zu übertragen.
Derselbe marschierte im Dezember von Mikindani mit 2 Sudanesen- und
2 Zulu-Kompagnien ab und wurde am 26. Dezember bei dem Dorfe des
Makanda-Häuptlings Schikambo im Makanda-Gebiet, bis wohin die Scharen
des Maschemba vorgedrungen waren, von diesen angegriffen. Allerdings
wurde der Gegner zurückgeschlagen, immer und immer wieder jedoch
belästigte er die vorwärts marschierenden Truppen. Die Wahiyao griffen
nicht nur von der Seite her die Spitze der Expedition an und beschossen
sie, sondern sie ließen die Spitze meist ruhig vorüberziehen und
feuerten dann in die Mitte der Marschkolonne Salven hinein, brachten
ihr ab und zu Verluste bei und beeinträchtigten natürlich die Ordnung
im Marsche. Diese Plänkeleien setzten sich am nächsten Tage und in der
darauf folgenden Nacht fort.

Wie das Terrain im Süden beschaffen, ist bereits geschildert worden;
jetzt, infolge des Eintritts der Regenzeit, waren die Wege total
ungangbar geworden. Da außerdem die Makanda vor den Wahiyao geflüchtet
und die Dörfer derselben alle ausgeplündert waren, konnte eine
genügende Verproviantierung der Truppe nicht bewerkstelligt werden. Die
Kompagnien, welche mit Salven gegen die den Busch besetzt haltenden
Feinde feuerten, verbrauchten einen übermäßigen Munitionsvorrat, und
die Gefahr lag nahe, daß, wenn es der Expedition wirklich gelänge, die
Yao-Truppen Maschemba's zurückzuschlagen und in das Dorf einzudringen,
sie schließlich ihren ganzen Munitionsvorrat aufgebraucht haben und
somit den Yaos gegenüber wehrlos sein würden. Ramsay beschloß daher
sehr richtig, die gesamten disponiblen Truppen der Küste, eben jene
vier Kompagnien, nicht dem Zufall eines Tages, dessen Chancen noch
bedeutend auf die Seite der Wahiyao hinneigten, auszusetzen, sondern
nach der Küste zurückzukehren. Die Verluste der Expedition an Toten
und Verwundeten betrugen ein weißer Unteroffizier und zehn Farbige,
eine im Vergleich zur Ungunst der Verhältnisse zwar geringe Ziffer,
doch immerhin genügend, um den Rückmarsch der Expedition nach Lindi
bedeutend zu erschweren. Eine Truppe, welche Verwundete mit sich führt
und hierfür keine besonderen Träger zur Disposition hat, sondern
Soldaten verwenden muß, ist in Afrika stets recht unbeweglich. Die
Marschkolonne wird in die Länge gezogen und kommt dadurch aus der Hand
des Führers.

Die Truppen Maschembas drangen der zurückmarschierenden Expedition eine
Zeit lang nach und folgten ihr bis an den Ukeredifluß. Dies ungestüme
Nachdringen der Wahiyao, die fortwährend von ihnen auf die Expedition
unternommenen Angriffe, ihr zur Schau getragener Übermut endlich
hatten die Befürchtung erregt, daß dem Expeditionskorps eine ziemlich
empfindliche Niederlage beigebracht worden sei, und daß der Übermut
und die Frechheit der Wahiyaos im Hinterlande noch bedeutend größer
werden, die Sicherheit der Wege noch mehr gefährdet würde. Glücklicher
Weise war diese Befürchtung unbegründet, da auch die Wahiyao in
den verschiedenen Stadien des Feuergefechtes in jenen Tagen recht
bedeutende Verluste erlitten hatten. Die Beschaffenheit des Terrains,
die Schwierigkeiten der Situation brachten es mit sich, daß die Führer
der einzelnen Kompagnien (es waren dies die Herren Lieutenants von
Zitzewitz, von dem Knesebeck, Prince und Freiherr von Pechmann), sowie
auch die als Unterführer fungierenden Unteroffiziere selbständig gegen
die teils vom Rücken, teils von den Flanken aus angreifenden Gegner
operieren mußten, was auch in umsichtiger und geschickter Weise von
allen Seiten geschehen ist. In Folge der erlittenen Verluste und
in der sehr begründeten Besorgnis, daß eine abermalige Expedition
gegen ihn unternommen werden könnte, trat Maschemba im März 1891 in
Friedensverhandlungen mit dem Chef der Station Mikindani, Lieutenant
End, ein, der ihm ja durch unsern gemeinsamen Besuch in seinem Dorfe
persönlich bekannt war.

Von der Ansicht ausgehend, daß es in unserm Interesse liegen müsse,
unter den bestehenden schwierigen Verhältnissen lieber den gütlichen,
von Maschemba vorgeschlagenen Weg zu benutzen, erklärte sich Chef End
bereit, auf Verhandlungen mit Maschemba einzugehen, um so mehr, als
von einem Frieden mit Maschemba die Erschließung des Nyassa-Gebietes
und die Sicherung der Karawanenstraße abhing. Selbstverständlich
machte End seine Bedingungen. Dieselben bestanden besonders darin, daß
Maschemba während einer persönlichen Zusammenkunft mit End Geiseln zu
stellen habe, die während der Abwesenheit Ends von Mikindani daselbst
untergebracht werden sollten.

Unmittelbar vor dem Abmarsche wurde End vom Wali die Nachricht
überbracht, die Geiseln seien aus Besorgnis, daß ihnen etwas passieren
könne, ausgerückt; aber trotzdem marschierte End mit nur 50 Mann ab,
denn er mußte befürchten, daß die Leute die abenteuerlichsten Gerüchte
verbreiten und so die Friedensverhandlungen stören würden.

Durch mit Briefen vorausgeschickte Boten wurde alles geregelt: End
durfte hoffen, daß es ihm gelingen würde, den Frieden in der Form,
wie er es wünschte, herbeizuführen. Aber noch einmal sollte die Sache
ins Schwanken kommen. An dem Tage, an welchem die Zusammenkunft
stattfand, kam der Sohn von Maschemba mit der Mitteilung, von Lindi
sei die Nachricht eingetroffen, daß der Friede nicht gewünscht werde,
sondern daß man den Kriegszustand aufrecht erhalten wolle, eine jener
Nachrichten, wie sie irrtümlich so oft in Afrika entstehen.

Um auch das letzte Mißtrauen zu beseitigen, that End einen sehr
gewagten Schritt. Er ging allein mit seinem Diener dem Maschemba eine
Stunde weit entgegen, wobei er sich sagen mußte, daß, da wir bisher
noch keine Proben von der Zuverlässigkeit des Häuptlings erfahren
hatten, sein Leben recht gefährdet war.

Aber das im Interesse der Sache unternommene Wagnis gelang und in der
That wurde ihm dieses Entgegenkommen von Maschemba und seinen Leuten
sehr hoch angerechnet. Es trug ganz besonders dazu bei, daß die von
uns gestellten Friedens-Bedingungen bei dem darauf folgenden Schauri
sämtlich angenommen wurden. Der folgende von End in der Suaheli-,
wie in deutscher Sprache aufgesetzte Vertrag wurde von Maschemba
unterzeichnet:

 »Ich, Maschemba, Häuptling der Wahiyao um Luagalla und Umgebung
 verpflichte mich:

 1. Ich werde niemals wieder gegen die Deutschen und die ihnen
 befreundeten Dörfer und Leute Krieg führen.

 2. Alle Europäer mit und ohne Soldaten können ohne Gefahr mein Gebiet
 passieren.

 3. Karawanen, vom Innern oder von der Küste kommend, passieren, ohne
 Hongo (Durchgangszoll) zu entrichten.

 4. Die in meinem Besitz befindlichen Hinterlader liefere ich an die
 Station Mikindani ab.

 5. Alle übrigen Gewehre bringe ich zur Stempelung nach Mikindani.

 6. Von jetzt ab werde ich alle entlaufenen und bei mir Schutz
 suchenden Sklaven der Station Mikindani ausliefern, ebenso die von mir
 in der letzten Zeit ergriffenen Boys und Träger.

 7. Ich werde allen Befehlen des Stationschefs von dort Folge leisten.

 8. Ich werde auch meinen Leuten diese Bedingungen mitteilen und dafür
 sorgen, daß dieselben genau eingehalten werden.«

Hiermit war der Friede geschlossen. End und Maschemba schüttelten
sich gegenseitig die Hand, und jeder marschierte ruhig nach Hause.
Die nächste Zeit hat gelehrt, daß die Abschließung jenes Friedens
von großem Nutzen für uns gewesen ist. Wir wurden der Notwendigkeit
enthoben, im Süden eine große Macht aufzuwenden und konnten dieselbe
gerade im letztvergangenen Jahre an anderer Stelle einsetzen.

Es hat sich der Handels-Verkehr im Süden gehoben und ist dort bislang
die in so vielen andern Gegenden unseres Schutzgebietes bedrohte Ruhe
aufrecht erhalten worden, ein Verdienst, das ohne Zweifel auf das
politische Verhalten des Chefs End, der, von einem perniziösen Fieber
kaum genesen, jene Expedition antrat, zurückzuführen ist.

Bis zum April 1891 waren auch die Stationen des Südens, Kilwa, Lindi
und Mikindani im großen und ganzen fertiggestellt worden. Die Station
Lindi hatte der frühere Chef der Verwaltungsabteilung Frhr. von
Eberstein übernommen. --

Im Norden unserer Interessen-Sphäre wurde noch in den letzten Monaten
der Thätigkeit des Reichskommissars das Einschreiten desselben
notwendig, um die stark gefährdete Sicherheit auf der von Pangani
nach dem Kilimandscharo und von dort aus nach dem Viktoriasee
weiterführenden Karawanenstraße wieder herzustellen.

Der Häuptling Sinna von Kiboscho hatte in seinem Dorfe die deutsche
Flagge niedergeholt, beschimpft und sich ausdrücklich geweigert, die
deutsche Herrschaft anzuerkennen. Wir waren von diesem Vorgange unter
anderm durch die englische Regierung von Taveta aus unterrichtet
worden. Die Post des Wißmannschen Agenten in Moschi, Herrn von Eltz,
war zwei Mal vom Häuptling Manamate abgefangen worden. Der Jumbe
Kihungwe von Kihogwe hatte in der gröbsten Weise sich gegen den
Stationschef von Masinde, Lieutenant Stenzler, vergangen, das deutsche
Ansehen im Hinterland von Pangani und Tanga erschien schwer geschädigt.

So sah sich der Reichskommissar zur Unternehmung einer Expedition von
Pangani aus nach dem Kilimandscharo veranlaßt. Die Expeditionstruppen
wurden in Pangani vereinigt, wobei leider bei der Ausschiffung
derselben und der Passage über die Barre des Panganiflusses nach dem
Kentern eines Bootes der deutsche Unteroffizier Löppki mit 5 Sudanesen
ertrank.

Der Marsch ging von Pangani zunächst nach Masinde. Hier wurde die
Expedition, nachdem noch aus dieser Station einige disponible
Truppen herausgezogen waren, definitiv zusammengestellt, und zwar
zählte das unter den Befehl des Chef Johannes gestellte, aus
einer Sudanesen-Compagnie und zwei Zulukompagnien bestehende
Expeditionskorps 380 Mann. Außer Major von Wißmann, seinem
Adjutanten +Dr.+ Bumiller, Lieutenant Heymons und dem Führer
des Expeditionskorps Chef Johannes nahmen folgende Offiziere an
der Expedition teil: Lieutenants Sulzer, v. Zitzewitz, Prince,
Assistenzarzt +Dr.+ Steuber, Proviantmeister de la Frémoire und 7
deutsche Unteroffiziere.

Kurz vor dem Abmarsch der Expedition von Masinde traf noch Herr v.
Eltz, der Wißmannsche Agent vom Kilimandscharo, dem erhaltenen Befehle
gemäß ein, berichtete über die Verhältnisse daselbst und erhielt den
Befehl, an der Expedition teilzunehmen.

Das nächste Ziel war das Dorf des aufsässigen Kihungwe, das nach
Passierung des 30 Meter breiten Mkomasiflusses erreicht wurde. Sogleich
bei der Ankunft der Karawane am Fluß hatte Kihungwe durch Abgesandte
seine unbedingte Unterwerfung unter den Reichskommissar und den
Stationschef von Masinde ankündigen lassen. Nachdem beim Dorfe Kihungwe
ein Lager bezogen war, wurde der genannte Häuptling zum Schauri
berufen. Wißmann sah von einer Bestrafung des Häuptlings, der von jetzt
an völlige Unterwerfung versprach, ab und setzte nur in jener Ortschaft
einen neuen Akida, einen Sohn des durchaus gehorsamen Simbodja ein.

Die Erledigung dieser Angelegenheit hatte die Expedition zu einer
Abweichung von dem gewöhnlichen Karawanenwege veranlaßt, und wählte
Wißmann nunmehr den Weg längs des Ostabhanges des Pare-Gebirges über
Ndungu, Gonja, Kissiwani und von dort quer über das Hochplateau des
Pare-Gebirges über Kisingo nach Pare Mabua; von hier aus wurde das hohe
Ugweno-Gebirge überschritten, und gelangte die Truppe alsdann wieder
auf die alte Karawanenstraße von Pangani nach dem Kilimandscharo.

Bis Kissiwani hatte die Expedition kaum mit Schwierigkeiten zu
kämpfen, da die Gegend wasserreich und leidlich bebaut, die Bewohner
friedlich und entgegenkommend waren. In Kissiwani wurde am 27.
Januar der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers von den deutschen
sowohl wie von den farbigen Soldaten gefeiert. Nachdem die Truppe
durch das Entgegenkommen des Häuptlings von Kissiwani auf drei Tage
sich verproviantiert hatte, wurde am 28. Januar der Marsch über das
Gebirgs-Plateau fortgesetzt. Großer Wassermangel und die völlig
unbewohnte Gegend machten die Märsche recht beschwerlich. Am 30.
Januar wurde der Jipe-See erreicht, dessen Gestade sich ebenso wie das
eben durchquerte Hochplateau durch großen Wildreichtum auszeichnen.
An diesem Tage stieß die Truppe unvermutet auf Massai, welche den
Schrecken der dortigen Bevölkerung bilden.

Beim ersten Begegnen mit der imponierenden, militärischen Expedition
zogen sich die Massai in eiliger Flucht zurück, bald aber kamen sie
in das bei Pare Mabua belegene Lager, wurden immer zutraulicher und
schließlich sogar so unverschämt, daß sie das Verlangen stellten, die
Truppe möge den Lagerplatz räumen, damit sie dort ihr Vieh tränken
könnten; andernfalls würden sie Gewalt anwenden.

Als Erwiderung darauf ließ Wißmann in der Nähe weidende Rinderherden
der Massai in das Lager treiben und erklärte ihnen, dies sei die Strafe
für ihre Ungehörigkeit. Dieses entschiedene Benehmen verfehlte seine
Wirkung nicht. Die Massai, welche an dieser Stelle allerdings über
kaum 150 Krieger verfügten, legten sich nunmehr aufs Unterhandeln und
erlangten auch durch ihre Bitten die Rückgabe ihres Viehes bis auf
wenige Ochsen und Ziegen, welche der Truppe für den eigenen Gebrauch
zugewiesen waren.

Am 31. Januar und 1. Februar überschritt die Expedition das sehr steile
und äußerst beschwerliche Ugweno-Gebirge. Der Aufstieg wurde bedeutend
dadurch erschwert, daß Alles, selbst die Geschütze und schwersten
Lasten, die steilen Pfade hinaufgetragen werden mußte.

Der Hinabmarsch zur Pangani-Ebene ging naturgemäß leichter von statten.
Nach dreitägigem Marsche durch die wildreiche Pangani-Ebene und nach
Überschreiten des dort schon ziemlich wasserreichen Pangani-Flusses
gelangte die Expedition am 3. Februar nach Aruscha Tschini. Die
Bewohner dieses Gebietes, welches in dem vom Ronga-, Weriweri- und
Pangani-Flusse gebildeten Dreieck liegt, hatten sich vor nicht langer
Zeit an einem Überfall beteiligt, den die Leute von Aruscha ju gegen
die Wapare unternommen hatten. Wißmanns Agent, Herr von Eltz, hatte
ihnen Bestrafung in Aussicht gestellt. Auf den Befehl Wißmanns wurden
daher zwei Waruscha, die sich zur Begrüßung im Lager eingefunden
hatten, als Geiseln zurückbehalten und als Sühne eine Strafzahlung
in Vieh und die Herausgabe der bei dem Raubzuge gemachten Gefangenen
gefordert. Doch schien eine Lösung der Frage auf friedlichem Wege kaum
möglich zu sein.

Die durch die jungen Waruscha vertretene Kriegspartei stimmte die ganze
Nacht ihr Kriegsgeheul an und verweigerte jegliches Eingehen auf die
Forderungen. Erst auf die nochmaligen Vorstellungen Wißmanns überwog
nach langwierigen Schauris die Friedenspartei der Waruscha, und sie
erklärten sich bereit, die gestellten Bedingungen zu erfüllen. Das
Abkommen wurde dadurch bekräftigt, daß die Ältesten der Waruscha mit
zwei der deutschen Offiziere Blutsfreundschaft schlossen.

Sodann wurde der Marsch nach Moschi, dem Wohnsitz des
deutschfreundlichen Sultans Mandara fortgesetzt. Auf dem Moschiberge
hatte von Eltz bereits die ersten Vorbereitungen zur Anlage einer
festen Station getroffen. Nach einem Ruhetage wurde dieselbe unter
Heranziehung der vielen Träger so stark befestigt, daß sie selbst von
einer geringen Besatzung zu halten war.

Gelegentlich eines Besuches des Majors von Wißmann beim Sultan Mandara
wurde der schon lange geplante Kriegszug gegen Sultan Sinna von
Kiboscho vorbereitet. Derselbe hatte, wie bereits erwähnt, die deutsche
Flagge heruntergerissen und führte an deren Stelle jetzt die rote
Flagge des Sultans von Sansibar. Zunächst befahl Wißmann dem Sultan
Mandara, einen Teil seiner Wadschaggakrieger zu dem bevorstehenden
Kriegszuge zu stellen, weniger in der Absicht, daß sie thätig am
Kampfe teilnehmen sollten, als um sie nach erfolgter Entscheidung zur
Ausbeutung des Sieges zu verwenden.

Denn vermöge ihrer genauen Landeskenntnis konnten die Wadschagga mit
Leichtigkeit dem fliehenden Gegner folgen und das in dortiger Gegend
sehr zahlreiche Vieh zusammentreiben.

Jeder der neuen Bundesgenossen erhielt, um ihn vom Feinde unterscheiden
zu können, eine weiße Binde um den Oberarm, außerdem wurden sie
angewiesen, auf etwaigen Anruf mit »Mandara« zu antworten. An die
einzelnen Haufen wurden schwarz-weiß-rote Fahnen ausgegeben, jeder
Haufen wurde von einem Führer befehligt. Das Kommando über jene Krieger
wurde Herrn von Eltz übergeben, der sich durch die Führer mit den
einzelnen Haufen verständigte.

Da Wißmann von vornherein beabsichtigte, nach erfolgter Niederwerfung
Sinnas wieder nach Moschi zurückzukehren, wurde die mitzunehmende
Bagage auf das mindeste Maß beschränkt. Außer wenigen Lasten
für Proviant gingen nur noch Träger für die Geschütze und die
Artilleriemunition mit.

Am 11. Februar 1891, nachmittags 2 Uhr, marschierten die Truppen, 300
Mann stark, von Moschi ab und bezogen abends um 6 Uhr an einem kleinen
Flusse Lager im Walde. Die Nachrichten, welche hier über des Feindes
Stärke und Stellung eingingen, waren, wie sich später herausstellte,
teilweise unrichtig. Seine Stärke, die man auf 600 bis 800 Mann angab,
entsprach zwar den thatsächlichen Verhältnissen, auch daß der Gegner
fast durchgängig mit Gewehren, unter denen viele Hinterlader, bewaffnet
sei, bestätigte sich. Hingegen war die Nachricht falsch, daß die
Munition des Feindes sehr knapp bemessen und die von ihm angelegte
Befestigung derart sei, daß sie nicht nur von den umliegenden Höhen
eingesehen werden könnte, sondern daß auch der direkten Annäherung an
dieselbe keine größeren Schwierigkeiten im Wege ständen. Gerade nach
den letztgenannten Nachrichten konnte eigentlich niemand an ernsteren
Widerstand denken.

Am 15. Februar 5 Uhr früh wurde in folgender Marschordnung
aufgebrochen:

   Vortrupp: 1. Sudanesenkompagnie, Artillerie;

   Haupttrupp: 2. und 3. Sudanesenkompagnie, Sanitätsdetachement,
   Bagage mit Bedeckung.

Hinter der Bagage folgten die irregulären Haufen der Wadschagga.

Der Weg führte zunächst durch dichten Busch, der allmählich in
schönen, hochstämmigen Wald überging. Dicht am Walde befanden sich
zahlreiche, etwa 5 m tiefe und unten spitz zugehende Elephantengruben.
Es erforderte die ganze Aufmerksamkeit der Führer, um diese sehr
geschickt bedeckten Gruben aufzufinden und freizulegen, damit seitwärts
vom Wege gehende Leute nicht in Gefahr kamen. Auf dem Wege waren
ferner vom Feinde Beschwörungsmittel, sogenannte Daua, angebracht,
meistens aus kleinen Erdhaufen bestehend, in welche Hölzchen oder
Federn eingesteckt waren. Die abergläubischen Wadschagga machten immer
große Seitensprünge, wenn sie an einer derartigen, verzauberten Daua
anlangten, die schwarzen Soldaten indessen, an dergleichen schon von
früher gewöhnt, schritten weniger rücksichtsvoll darüber hinweg.

Nach vierstündigem Marsche trat die Spitze der Kolonne aus dem Walde
heraus und gelangte in die gut bebaute und bewässerte Landschaft
Kiboscho. Das Gelände ist daselbst außerordentlich coupiert und
bedeckt. Ein schmaler Bergrücken folgt dem andern. Der größte Teil
derselben ist mit Bananen bewachsen. Da diese sehr eng zusammenstehen
und von halber Höhe an mit üppigem Blätterwuchs geschmückt sind,
verschließt ein derartiger Wald jegliche Übersicht, erschwert das
Vorwärtskommen und bietet dem Gegner alle nur mögliche Deckung.

Beim Ersteigen des ersten Bergrückens fiel ein Schuß in der rechten
Flanke, wahrscheinlich ein Signalschuß, dann war wieder Alles ruhig.
Noch zwei weitere Höhen wurden erklommen, als die Spitze an einem
Punkte anlangte, welcher einen freien Ausblick nach der nächstgelegenen
Anhöhe gewährte. Die letztere war ganz unbewachsen; auf dem Rücken
derselben befanden sich tief eingeschnittene Gräben, aus welchen heraus
alsbald vom Feinde ein ziemlich lebhaftes Feuer eröffnet wurde.

Offenbar handelte es sich hier jedoch nur um eine vorgeschobene
Stellung, denn der Gegner räumte dieselbe, als von der vorn
befindlichen Sudanesen-Kompagnie jenes im übrigen wirkungslose Feuer
mit einigen Salven erwidert war.

Der Vormarsch wurde fortgesetzt. Als der soeben vom Feinde verlassene
Berg erreicht war, hatte man abermals einen Höhenrücken vor sich,
welcher, von beträchtlicherer Höhe als die zuletzt passierten, mit
dichtem Bananenwalde bestanden war. Von dort aus war das Kriegsgeheul
einer zahlreichen Menschenmenge deutlich hörbar, auch konnte man aus
den Baumspitzen heraus einen Signalmast mit roter Fahne erkennen. Major
v. Wißmann schloß aus diesen Anzeichen, daß dort der Hauptwiderstand
des Gegners zu suchen wäre, wenngleich man von der angekündigten und
beschriebenen Verteidigungsboma nichts erblicken konnte.

Nachdem die Truppen sich hinter der Anhöhe gesammelt hatten, gab
Wißmann seinen Gefechtsbefehl derart, daß auf die vorliegende
feindliche Stellung ein direkter Vorstoß in zwei Kolonnen gemacht
werden sollte.

 Rechter Flügel: 1. Sudanesenkompagnie, Artillerie; 2. Zulukompagnie.

 Linker Flügel: 3. Zulukompagnie.

Die Bagage erhielt Befehl, auf dem rückwärts gelegenen Bergrücken zu
halten, woselbst sich auch die Wadschaggakrieger sammeln sollten; das
Sanitätsdetachement folgte der vorrückenden Truppe. Beide Kolonnen
traten gleichzeitig den Vormarsch an.

Mit vorgenommenen Schützenlinien wurden die Truppen die steile Schlucht
hinuntergeführt und klommen an der andern Seite durch den Bananenwald
wieder herauf. Hier empfing sie ein heftiges Feuer des Gegners aus
ziemlicher Nähe. Die ersten Verluste waren zu verzeichnen.

Nach Ersteigen der halben Anhöhe gelangten die beiden Kolonnen an die
bis dahin dem Auge völlig entzogene Boma des Feindes. Die letztere
war umgeben von einem 3 m breiten und 5 m tiefen Graben, an dessen
jenseitigem Rande sich eine starke Pallisadenwand erhob. Der innere
Teil der Boma bot ein so vollkommenes Gewirr von Gräben, Pallisaden,
Hecken, verrammelten Thoren, Fallgruben und sonstigen Hindernissen,
daß eine Orientierung in diesem Labyrinth für einen Fremden völlig
unmöglich war. An der Herstellung und Vollendung der gedachten
Verteidigungsanlagen müssen die Kiboscholeute schon Jahrzehnte
gearbeitet haben. Die Befestigungen waren nicht nach einem bestimmten
Plane angelegt, sondern sichtbar allmählich entstanden. Jedenfalls
boten dieselben ein ernstes Hindernis.

Es war erklärlich, daß bei dem Eindringen in die Boma die Verbindung
der beiden Kolonnen verloren ging; dieselben vereinigten sich erst
wieder im späteren Verlaufe des Gefechtes.

Auf dem rechten Flügel, den Major v. Wißmann in Person befehligte,
waren die vorn befindlichen Sudanesen zuerst in die Boma eingedrungen;
die große Ausdehnung der Befestigungsanlagen machte es bald nötig,
auch die zweite Zulukompagnie in das vordere Treffen hineinzuziehen.
Die rechte Flügelkolonne tastete, dem zerstreut fechtenden Gegner
folgend, um den äußeren Rand der ganzen Boma herum, bis sie ungefähr
den östlichsten Teil -- der Anmarsch geschah von Westen nach Osten --
erreicht hatte. Der sich entgegenstellende Feind, welcher häufig auf
20 bis 30 Schritte von irgend einer Hecke her sein Feuer abgab, wurde
an allen Punkten zurückgeworfen, nirgends wurde noch einheitlicher
Widerstand geleistet.

Major v. Wißmann sammelte daher an diesem Platze die Truppen der
rechten Kolonne und gab Befehl, auf das hörbare Salvenfeuer der linken
Flügelkolonne hin zu marschieren. Eine Orientierung nach Sicht war
vollständig ausgeschlossen, denn auch die mit Pallisaden umschlossenen,
zahlreichen inneren Höfe der Boma waren dicht mit Bananen bestanden.

Die Vereinigung mit dem linken Flügel gelang glücklich, denn um 11 Uhr
30 Minuten vormittags langte Wißmann unter fortwährenden Gefechten
mit der Tête seiner Abteilung auf einem freien Platze innerhalb
der Boma an, den kurz vorher die 3. Zulukompagnie erreicht hatte.
Diese Kompagnie, ursprünglich auf dem linken Flügel befindlich, war
ebenfalls auf die Boma gestoßen und zwar auf einen ganz besonders stark
befestigten und verbarrikadierten Teil derselben. Auch hier hatte sich
überall der Feind dem weiteren Vordringen entgegengestellt, und konnte
aus der Heftigkeit des geleisteten Widerstandes geschlossen werden,
daß hier die Hauptverteidigung der Boma zu suchen wäre. Dieser erste
Abschnitt des Gefechtes, d. h. bis zu dem Zeitpunkt, wo sich beide
Abteilungen auf dem freien Platze trafen, hatte etwa zwei Stunden
gedauert.

Die eingetretene Gefechtspause wurde zum Verbinden der Verwundeten
benutzt, die der vorrückenden Truppe nachgetragen werden mußten, da
sie sonst unfehlbar in die Hände der erbitterten Gegner gefallen wären.
Bis jetzt stellte sich deutscherseits der Verlust auf zwei Tote und elf
Verwundete, unter letzteren auch zwei Europäer, Feldwebel Nowack und
Unteroffizier Witte. Der gegnerische Verlust ließ sich zur Zeit auch
noch nicht annähernd feststellen.

Bald wurde vom Feinde, dem das Zeugnis einer beharrlichen Tapferkeit
und Kühnheit ausgestellt werden muß, das Gefecht wieder aufgenommen.
Das aus nächster Nähe von mehreren Seiten abgegebene Feuer bedingte,
den ungedeckten freien Platz zu verlassen und entweder das Gefecht für
heute abzubrechen, oder aber die Hauptbefestigung, die bisher noch
völlig unbetreten war, zu stürmen.

Wenn von Wißmann sich für den Abbruch des Gefechtes und Fortsetzung
desselben am nächsten Tage entschied, so war für seine Erwägungen
weniger die Rücksicht auf die schon stark ermatteten Truppen, als
der Umstand maßgebend, daß die Wadschagga-Krieger zu einer späteren
Verfolgung des Feindes nicht zur Hand waren. Nachdem von der Artillerie
noch einige Granaten aus dem 4,7 +cm+ Schnellfeuergeschütz in die
Befestigung hineingeschleudert waren, wurde der Rückzug nach der vorher
geschilderten Anhöhe angetreten.

Der Rückmarsch ging auf demselben Wege von statten, den die 3.
Zulukompagnie beim Eindringen in die Boma genommen hatte. Große
Schwierigkeiten machte der Transport der Verwundeten und Toten, sowie
das Tragen der beiden Geschütze.

Nach Ankunft auf der freigelegenen Höhe befahl Wißmann die Besetzung
der dort befindlichen Schützengräben. Die drei Kompagnien lagen
nebeneinander, Sudanesen auf dem rechten, 3. Zulukompagnie auf dem
linken Flügel. In der Mitte waren die beiden Geschütze in Stellung
gegangen, weiter hinter der Front hatte der Arzt seinen Verbandplatz
angelegt.

Schon die Arrieregarde wurde bei ihrem Abzug vom Feinde bedrängt.
Um 1 Uhr nachmittags ging er seinerseits zum Angriff gegen die von
den Deutschen genommene Stellung vor. Ein weiteres Vordringen wurde
ihm jedoch alsbald durch die massenhaften Verluste verwehrt, die die
Kiboscholeute durch das in Thätigkeit gesetzte Maxim-Gun erlitten.

Ferner traf Wißmann die Anordnung, daß sämtliche Europäer ein
wohlgezieltes Schützenfeuer unterhalten sollten, während dessen die
schwarzen Soldaten mit Gewehr im Arm im Graben ruhten.

Bis etwa 4 Uhr nachmittags dauerte das gegenseitige Schützengefecht,
welches den Kiboscholeuten die empfindlichsten Verluste beigebracht
hat. Die relative Ruhe, die dann eintrat, wurde gegnerischerseits nur
durch einige Wagehälse gestört, die sich an die deutsche Stellung
heranschlichen, ihre Gewehre losknallten und ebenso schnell, wie sie
gekommen waren, wieder verschwanden.

In der Nacht blieben sämtliche Truppen ausgeschwärmt in den Gräben
liegen; einzeln liegende Posten waren noch 50 Schritt vorgeschoben. Um
12 Uhr wurde noch einmal das Maximgeschütz abgeschossen, was ein großes
Wutgeheul bei den Kiboscho-, Freudengesänge bei den am jenseitigen
Bergabhange lagernden Wadschagga-Kriegern hervorrief. An Ruhe und
Schlaf war kaum zu denken.

Am 13. Februar früh 5 Uhr bereits gab Wißmann seine Befehle für den
Sturm auf die Boma. Ein vorgesandter Zug der Sudanesenkompagnie hatte
erkundet, daß sich der ganze Feind wieder gesammelt habe und mit aller
Energie an der Wiederherstellung der Verteidigungsanlagen arbeite.

Die Sturmkolonne bestand aus drei Zügen, deren spezieller Befehl dem
Chef Johannes übertragen wurde. Dieser ging beim Eindringen in die noch
besetzt gefundene Boma ganz systematisch zu Werke. Während zwei Züge
den Feind unter beständigem Salvenfeuer hielten, mußte der dritte Zug
das soeben passierte Hindernis völlig um- und freilegen, so daß ein
geräumiger und breiter Weg geschaffen wurde. Alsdann erst wurde das
nächste Hindernis genommen. Schritt für Schritt gelangte die Kolonne
an die Hauptbefestigung, an welcher noch einmal zäherer Widerstand
geleistet wurde. Mit kühnem Anlauf wurde auch diese genommen, und
drangen die Truppen nunmehr unaufhaltsam in alle Häuser ein, speziell
in diejenigen, welche vom Sultan Sinna bewohnt waren. Mit dem Verluste
dieses Teils der Boma war das Schicksal des Tages entschieden.

Sobald die rote Flagge auf dem Signalmast niedergeholt war und
Rauchwolken aus dem Innern die Einnahme jener Befestigung verkündigten,
zogen die Kiboscho in eiliger Flucht nordwestlich in die Berge. Jetzt
bekamen auch die Wadschagga plötzlich großen Mut; sie stürzten sich in
hellen Haufen in die Boma, ein anderer Teil unternahm die Verfolgung
des fliehenden Gegners. Die Sinnaleute hatten an beiden Tagen mit
Erbitterung und großer Tapferkeit gefochten, viele Leichen bedeckten
den Boden. Vermöge ihrer guten Bewaffnung und der reichlichen Munition
waren sie im Stande, in ihrer vorzüglichen Befestigung bislang alle
Angriffe ihrer Gegner blutig abzuweisen. Sinnas Boma galt allgemein,
wie man jetzt von den Wadschagga hörte, als unüberwindlich. Um so
größer war natürlich auch die Freude über den errungenen Sieg, der
allerdings mit verhältnismäßig schweren Opfern erkämpft war. Außer
den oben angegebenen Verlusten waren noch 1 Toter und 6 Verwundete zu
beklagen; in Summa 3 Tote und 17 Verwundete. Der Verlust beim Feinde
belief sich allein auf 200 Tote.

Außerordentlich reich war die von den Wadschagga gemachte Beute.
Etwa 4000 Ochsen und 5000 Stück Kleinvieh wurden zusammengetrieben,
ferner gelangte eine Anzahl Speere und Schilde, Munition und Gewehre
zur Verteilung. Das Vieh wurde sofort auf verschiedenen Wegen in die
Landschaft Dschagga fortgetrieben, die Truppe blieb noch bis 11 Uhr
vormittags in ihrer Stellung und trat dann ebenfalls den Rückmarsch
auf Moschi an. Die aus der Sudanesenkompagnie bestehende Arriere-Garde
hatte noch ein unbedeutendes Gefecht mit versprengten Kiboscho, sonst
wurde der Rückmarsch, insbesondere der große Viehtransport, in keiner
Weise gestört. Am 14. Februar morgens kam die Truppe wieder in Moschi
an, empfangen von einer Gesandtschaft Mandaras, der seiner und der
Wadschagga Freude über den errungenen Sieg Ausdruck gab.

Die nächsten Tage in Moschi galten den Befestigungsarbeiten in der
Station und der Fürsorge für die Verwundeten. Von diesen erlag nur
ein Mann seinen Wunden, gewiß unter den außerordentlich schwierigen
Umständen und bei den geringen zu Gebote stehenden Mitteln ein Beweis
für die fachgemäße und opferwillige Krankenpflege.

Alsbald wurden an den überwundenen Sinna Boten abgesandt, welche die
Nachricht zurückbrachten, daß Sinna sich nunmehr endgültig unterwerfen
wolle und zu allen Bedingungen bereit sei; zugleich schickte er als
Zeichen seiner Ergebenheit einen 105 Pfund schweren Elfenbeinzahn.
Wißmann zeigte sich geneigt, die Bitte um Frieden zu erfüllen. Sinna
mußte einen Teil seines Gebietes an früher von ihm vertriebene
Häuptlinge abtreten und seinen Gehorsam der deutschen Verwaltung
geloben. Daraufhin wurden ihm die Gefangenen ausgeliefert und das Recht
zur Führung der deutschen Flagge erteilt.

Blitzschnell verbreitete sich die Nachricht von diesem Siege der
Deutschen nach allen Seiten hin, und die umliegenden Stämme sandten
Gesandte, um dem Reichskommissar ihre Ergebenheit zu bezeugen. Auch mit
den Waruscha, die ihren Wohnsitz am Meru-Berge hatten, suchte Wißmann
auf friedlichem Wege eine Einigung zu Stande zu bringen, indem er
ihnen für ihre Räubereien eine Strafzahlung in Elfenbein und Rindvieh
auferlegte.

Am 19. Februar gelangten Nachrichten über Übergriffe der Massai an den
Reichskommissar nach Moschi. Es handelte sich um eine Expedition eines
Baron von Langenn, welcher mit Genehmigung des Reichskommissars nach
dem Kilimandscharo wollte. In Kissiwani angekommen, hatte er gehört,
daß die Massai gedroht hätten, sich für die ihnen von den Deutschen
zugefügte Unbill rächen zu wollen. Infolgedessen zog sich Herr von
Langenn nach Masinde zurück und bat von hier aus den Reichskommissar
um Hülfe. Da dieser indes nicht in der Lage war, dem Ansuchen durch
Abtrennung einer größeren Truppenabteilung von seiner Macht zu
entsprechen, mußte Herr von Langenn auf die baldige Rückkehr des
Reichskommissars vertröstet werden.

Erst am 26. Februar konnte nach Abschluß der Befestigungsarbeiten
und der Verhandlungen mit den umwohnenden Häuptlingen der Rückmarsch
angetreten werden und zwar über Aruscha Tschini, den Pangani entlang
nach Manamates Dorf am Pare-Gebirge. Am 4. März gedachte sich Wißmann
hier mit dem Stationschef von Masinde, der den Befehl erhalten
hatte, sich an diesem Tage mit seinen Truppen hier einzufinden,
zu vereinigen. Den etwa vorüberziehenden Massai-Horden sollte mit
Schonung und Rucksicht gegenüber getreten werden, bis durch offenbare
Feindseligkeiten eine friedliche Lösung ausgeschlossen erschien.

Aruscha Tschini wurde am 28. Februar erreicht. Die guten Früchte der
damals von Major von Wißmann an den Tag gelegten Friedensliebe blieben
nicht aus; die Verproviantierung der Truppe, die auf drei volle Tage
nötig wurde, stieß nicht im geringsten auf Schwierigkeiten. Die
Waruscha kam allen an sie herantretenden Forderungen bereitwilligst
entgegen.

Am 1. März marschierte Wißmann von Aruscha Tschini ab und überschritt
bald darauf den Pangani. Der weitere Weg führte durch nackte, öde
Salzsteppe; bis zu Manamates Wohnsitz war auf weitere Lebensmittel
nicht zu rechnen. Die Marschzeiten wurden infolgedessen vergrößert, 3
Tage lang vor- und nachmittags marschiert. Die Expedition kreuzte hier
eine nach dem Szogoni-Gebirge ziehende Massai-Horde, die man gemäß dem
bereits erwähnten Befehl unbehelligt ziehen ließ.

Am 3. März abends traf die Expedition bei dem Häuptling Manamate ein
und konnte sich hier endlich aufs neue verproviantieren. Für den
folgenden Tag, der zum Ruhetag für die stark angestrengte Truppe
bestimmt wurde, war der Stationschef von Masinde erwartet. Derselbe
traf indessen nicht ein; gerüchtweise verlautete, daß die Massai den
Weg nach Masinde versperrt hätten. Auch der Häuptling Manamate klagte
über die Massai, daß sie die friedlichen Bewohner überfielen, ihnen ihr
Vieh wegnähmen und die größten Grausamkeiten verübten.

Außerdem traf vom Stationschef von Masinde, der einer Erkrankung
wegen den Marsch nicht hatte unternehmen können, die briefliche
Nachricht ein, daß die Massai bis über Gonja vorgedrungen seien und
ihm eine Kriegskeule als Zeichen der Kriegserklärung gesandt hätten.
Infolgedessen beschloß Wißmann, von Masinde aus eine stärkere Abteilung
nach Moschi zurückzusenden. Da ihn selbst dringende Geschäfte zur
Rückkehr an die Küste, wo der neue Gouverneur bald eintreffen sollte,
zwangen, übergab er das Kommando über 200 Mann dem Chef Johannes
und befahl ihm, auf seinem Hin- und Rückmarsch die Massai überall
anzugreifen und auf das nachdrücklichste zu züchtigen.

Chef Johannes traf auf dem Marsche über Gonja, Kissiwani und den
Jipe-See nach Moschi noch einige Stämme der Massai. Er griff sie
überall mit Erfolg an, und dadurch, daß er ihre Kraale zerstörte,
ihre Herden fortnahm und viele der Massai-Krieger tödtete, zwang er
sie endgültig jene Gegend zu verlassen und sich westlich über den
Panganifluß zurückzuziehen, sodaß nunmehr die Sicherheit auf der
wichtigen Karawanenstraße von Pangani nach dem Kilimandscharo wieder
völlig hergestellt war.

Major von Wißmann zog von Masinde in Eilmärschen zur Küste und langte
nach 4-1/2 Tagen am 13. März, also nach zweimonatlicher Abwesenheit, in
Pangani an.

Die Expedition hatte auch den Erfolg, daß die Häuptlinge, welche bis
dahin die deutsche Herrschaft nicht anerkannt, sondern verhöhnt hatten,
die deutsche Macht nunmehr empfanden und sich dem Reichskommissar auf
Gnade und Ungnade unterwarfen.

Bislang war von den meisten Reisenden der von Mombassa aus über
Taveta ins Innere führende Weg als der sicherere gewählt worden, da
die von Pangani ausgehende Straße meist von Massai-Horden gesperrt
wurde. Die letztere Straße erreichte durch Wißmanns Zug annähernd
dieselbe Sicherheit, wie die von Bagamoyo und Sadani ausgehenden
Karawanenstraßen, da nunmehr auch hier die Jumbes die deutsche Flagge
führten, teilweise auch in deutschem Solde und deutscher Abhängigkeit
waren. --

Während Wißmann auf der Kilimandscharo-Expedition sich im Innern
befand, drangen nach Bagamoyo an Chef Leue, der im Auftrage des
Reichskommissars die Geschäfte während der Zeit der Expedition führte,
beunruhigende Nachrichten von der Station Mpapua und Hülferufe von
der französischen Missionsstation Longa und von den Wasagara des
Mukondogua-Thales. Hier hatten die Wahehe wiederum einen Einfall
gemacht, Dörfer zerstört, Eingeborene getötet oder als Sklaven
weggeführt. Chef Leue raffte, was er an Truppen aus den Stationen der
Küste noch irgend herausziehen konnte, zusammen und schickte unter dem
Befehl des Chefs Ramsay eine Expedition nach der bedrohten Gegend aus.
Bei der geringen Macht, die Ramsay zur Verfügung stand, mußte er es
sich angelegen sein lassen, auf friedlichem Wege die Angelegenheit mit
den Wahehe zu ordnen, und er hatte das Glück, daß bei seiner Ankunft
in Kondoa die Wahehe ihm bereits Gesandtschaften entgegenschickten,
ihre Unterwerfung anzeigten und sich bereit erklärten, die gemachten
Gefangenen auszuliefern, außerdem eine ziemlich erhebliche Summe als
Strafe in Rindvieh und Elfenbein zu zahlen. Ramsay gab den Wahehe
auf, eine Gesandtschaft nach Bagamoyo zu schicken, um hier endgültig
dem Reichskommissar ihre Unterwerfung anzuzeigen; er konnte nachdem
für jetzt die Ordnung wieder hergestellt war, den Rückmarsch nach
Bagamoyo antreten. Der Hoffnung, daß die Schwierigkeiten mit einem
ausschließlich von Raub und Krieg lebenden Volke, wie den Wahehe,
durch einen Vertrag ein für alle Mal beseitigt seien, konnte man sich
allerdings nicht hingeben. Das konnte nur durch nachhaltigere Mittel
und bedeutenden Kraftaufwand erreicht werden und mußte der nächsten
Zeit vorbehalten bleiben.

Nach Wißmanns Ankunft an der Küste blieb diesem nur noch eine kurze
Spanne Zeit, um die Übergabe der Geschäfte an den im Anfang April
erwarteten Gouverneur von Soden vorzubereiten. Wir kommen auf die
Übergabe des Gouvernements in einem der nächsten Kapitel zurück, führen
aber hier bereits den folgenden Teil des Schlußberichtes des Majors v.
Wißmann an, der geeignet ist, in gedrängter Form einen Überblick über
das, was in den zwei Jahren seines Kommissoriums von Wißmann erreicht
wurde, zu geben:

»Die ostafrikanische Küste ist zurückerobert und ihr Besitz derartig
gesichert durch Anlage von Befestigungswerken und Kommunikationen, daß
dieselbe mit einem im Verhältnis zur Größe des Landes äußerst geringen
Truppenkontingent gegen alle Eventualitäten behauptet werden kann. Die
großen Karawanenstraßen sind auf weite Strecken gesichert und unser
Machteinfluß bis an die äußersten Grenzen unsers Gebietes ausgedehnt,
dem deutschen Namen bis dorthin Achtung und Respekt verschafft
worden. Im Norden ist das Hinterland von Tanga und Pangani bis zum
Kilimandscharo hinauf als endgültig gesichert anzusehen. Die große
Straße von Bagamoyo und Sadani aus ist bis Mpapua gesichert und eine
weitere Sicherung in Uniamuesi von Emin Pascha und Stokes eingeleitet.

Nur in Ugogo, wo Handelskarawanen noch des Öfteren gefährdet werden,
bleibt eine Lücke auszufüllen. Auch im Süden unserer Besitzung ist,
seitdem Maschemba sich unterworfen hat, das nächste Hinterland
beruhigt. Nur eine schwarze Truppe war der rastlosen kriegerischen
Thätigkeit, wie sie sich hier entfalten mußte, gewachsen. Die im
Verhältnis zu der gewaltigen Ausdehnung unseres Gebietes verschwindende
Truppenstärke bedingte ein ununterbrochenes Hin- und Herziehen ohne
Rücksicht auf die klimatischen Verhältnisse.

Diesem Umstande sind die meisten Verluste an europäischem Personal
zuzuschreiben. Die von vornherein verfolgte Taktik, den Feind bei allen
Gefechten durch einen kräftig eingeleiteten und schnell ausgeführten
Angriff moralisch zu überwältigen, bewahrte die Truppen stets vor
großen Verlusten im Gefechte selbst.

Immerhin sind die Verluste, wie vorher erwähnt hauptsächlich durch die
Strapazen in dem Ungewohnten Klima, verhältnismäßig größer als bei
einem europäischen Kriege. Der Gesamtverlust der Truppe im Gefecht
(Tote und Verwundete) beträgt 21 Europäer und 151 Farbige, was bei
Zugrundelegung einer Kombattantenstärke von 150 Europäern und 1200
Farbigen für erstere einen Verlust von 14, für letztere von 12-1/2
Prozent bedeutet. Die Verluste der Truppe an Toten überhaupt betragen
20 Europäer und 208 Farbige, was für eine Gesamtstärke von 200
Europäern und 1800 Farbigen (einschließlich der Nichtkombattanten) für
erstere 10, für letztere 11-1/2 Prozent ausmacht.

Erst allmählich, nach Wiedergewinnung verschiedener Küstenpunkte, nach
Vergrößerung des Sanitätspersonals, nach Durchführung der Impfung aller
Truppen konnte die ärztliche Pflege der Truppe eine wirksamere werden,
aber erst, nachdem die Unterkunftsräume ausgebaut und die Erdarbeiten,
die eine Entwickelung des Malaria-Bazillus begünstigen, beendet waren,
wurde der allgemeine Gesundheitszustand ein bedeutend besserer.

Gute Unterkunft schützte vor Malaria, Desinfektion und Maßnahmen
zur Erlangung guten Trinkwassers vor Dyssenterie, Impfung vor
Pockenerkrankungen, den drei die Gruppen am meisten gefährdenden
Krankheiten. Jetzt, wo die kriegerischen Strapazen zum größten
Teil überwunden sind, und durch die Fürsorge der Regierung das
Sanitätspersonal für das kommende Jahr um das doppelte verstärkt ist,
wird der Gesundheitszustand sich jedenfalls weiterhin bedeutend
bessern.

Was die Erfolge der friedlichen Arbeit anbetrifft, so mußten die durch
die militärische Thätigkeit auf Seiten der Eingeborenen entstandene
Furcht und Scheu zunächst gehoben werden.

Strenge Gerechtigkeit und Wohlwollen von Seiten der Europäer der
Schutztruppe, die unterdes mit den Sitten und Gewohnheiten der Inder,
Araber und Neger mehr und mehr vertraut geworden waren, und strenge
Überwachung der Unbestechlichkeit der farbigen Beamten erzeugten bald
Vertrauen, wo früher Furcht gewaltet hatte. Das erste Zeichen von einem
Gefühl der Sicherheit unter unserm Schutz war die massenhafte Rückkehr
der während des Krieges Geflohenen und Ausgewanderten.

Während wir beim Beginn der Expedition in Bagamoyo täglich ungefähr ein
Dutzend Leute verpflegten, die zu alt und krank gewesen wären, um mit
den Anderen zu entfliehen, hat jetzt schon Bagamoyo mindestens seine
alte Bevölkerungszahl wieder erreicht.

Es fällt jedem Fremden mit Erstaunen auf, wie jeder Europäer auf
der Straße in unseren Küstenorten freundlich und vertraulich von
überall begrüßt wird. Araber und Belutschen, Banianen, Hindus
und Parsis, Goanesen, Suaheli-Sklaven und Karawanenleute aus dem
Innern, griechische und Levantiner Händler, sogar Chinesen fühlen
sich im lebhaft zurückgekehrten Handel und Verkehr sicher unter der
deutschen Flagge. Der Druck des früher herrschenden Arabers, des seine
Kapitalmacht mißbrauchenden Inders hat aufgehört. Die Erpressungen der
bisherigen Walis, Kadis und Jumbes, die, da sie von ihrer Regierung
unbesoldet blieben, sich selbst bezahlt machen mußten, sind einer
unparteiischen und unbestechlichen Rechtspflege und Polizei gewichen.
Der Sklave findet sein Recht wie der Herr. Durch möglichst seltenen
Wechsel in den Stellen der Stationschefs wurde bei diesen das regste
Interesse an dem Wachstum ihrer Stationen und Distrikte erzielt und
damit manche Einrichtung zum Vorteil des Handels, zu hygienischen und
Verschönerungszwecken.

Die Zerstörungen in manchen Küstenstädten in der ersten Periode des
Aufstandes durch die Granaten der Marine erlaubten nachhaltiges
Durchgreifen beim Wiederaufbau. Es wurden breite, gerade Straßen
angelegt, Brücken und Wasserleitungen erbaut, Sümpfe trocken gelegt,
Markthallen eingerichtet, Straßenbeleuchtung durchgeführt, offene
Plätze freigehalten und durch Gartenanlagen verschönert, sowie durch
entsprechende polizeiliche Aufsicht auf Ordnung, Reinlichkeit und
Sicherheit hingewirkt. Für Unterkunft der Karawanen sind Karawansereien
errichtet, und kürzlich ist der Grundstein für das erste Hospital für
Eingeborene (unsere bisherigen Krankenhäuser und die schwarze Truppe
eingerichtet) und die erste Schule für die Kinder der indischen Händler
gelegt worden. Die bevorstehende Ankunft des letzten der drei Fahrzeuge
der Küstenlinie wird hoffentlich recht bald ein allgemein erwünschtes
regelmäßiges Anlaufen der Küstenplätze ermöglichen und ebenso ist zu
hoffen, daß den Vorarbeiten für die Eisenbahnen die Vollendung bald
folgen möchte.

Die allgemeine Wiederaufnahme des Feldbaues seit dem Wiedereintritt
der friedlichen Verhältnisse, das Wiederaufblühen des Karawanenhandels
nach erfolgter Sicherung der Straßen und jede nur mögliche Maßnahme
zur Förderung des Handels müssen eine allmähliche Abnahme der unserer
neuen Kolonie gebrachten Opfer bringen, müssen, wenn wir nachhaltig
weiter arbeiten an dem Schaffen neuer wertvoller Exportprodukte durch
Plantagenbau, auch mit der Zeit für unsere Opfer Zinsen tragen. Jeder
Europäer, der während des Aufstandes unsere Küste gesehen hat und sie
jetzt nach nur zweijähriger Arbeit wiedersieht, muß die Überzeugung
gewinnen, daß diese Schlüsse nicht optimistisch sind, sondern das
Resultat sachlicher Beobachtung.




                             14. Kapitel.

                    Das Deutsch-englische Abkommen.


Schon vor der Ankunft Wißmanns in Deutschland, nach Einnahme des
südlichen Teils unserer deutsch-ostafrikanischen Küste, waren die
Verhandlungen zwischen der deutschen und englischen Regierung über
die Verteilung Afrikas in ein Stadium getreten, in welchem über
alle wichtigen Punkte Einverständnis erzielt werden war. Am 17.
Juni veröffentlichte der Reichs-Anzeiger in einer Extra-Ausgabe die
Grundzüge des deutsch-englischen Abkommens, auf welche in allernächster
Zeit der formelle Abschluß des Vertrages fußen sollte. Wißmann stand
bei seiner unmittelbar darauf erfolgten Ankunft in Deutschland vor
einem fait accompli, denn schon Anfangs Juli war die Publikation des
nun abgeschlossenen Vertrages erfolgt.

Es seien an dieser Stelle die auf Ost-Afrika insbesondere oder mit
bezüglichen Paragraphen des Abkommens im Wortlaut angeführt:

Artikel I. In Ostafrika wird das Gebiet, welches Deutschland zur
Geltendmachung seines Einflusses vorbehalten wird, begrenzt:

1. Im Norden durch eine Linie, welche an der Küste vom Nordufer der
Mündung des Umba-Flusses ihren Ausgang nimmt und darauf in gerader
Richtung zum Jipe-See läuft. An dem Ostufer des Sees entlang und um
das Nordufer desselben herumführend, überschreitet die Linie darauf
den Fluß Lumi, um die Landschaften Taveta und Dschagga in der Mitte
zu durchschneiden und dann entlang an dem nördlichen Abhang der
Bergkette des Kilimandscharo in gerader Linie weiter geführt zu
werden, bis zu demjenigen Punkte am Ostufer des Viktoria-Nyanza-Sees,
welcher von dem ersten Grad südlicher Breite getroffen wird. Von hier
den See auf dem genannten Breitegrade überschreitend, folgt sie dem
letzteren bis zur Grenze des Kongostaates, wo sie ihr Ende findet.
Es ist indessen Einverständnis darüber vorhanden, daß die deutsche
Interessensphäre auf der Westseite des genannten Sees nicht den
Mfumbiroberg umfaßt. Falls sich ergeben sollte, daß dieser Berg südlich
des genannten Breitengrades liegt, so soll die Grenzlinie in der Weise
gezogen werden, daß sie den Berg von der deutschen Interessensphäre
ausschließt, gleichwohl aber zu dem vorher bezeichneten Endpunkte
zurückkehrt.

2. Im Süden durch eine Linie, welche, an der Küste von der Nordgrenze
der Provinz Mozambique ausgehend, dem Laufe des Flusses Rovuma bis zu
dem Punkte folgt, wo der Msinje-Fluß in den Rovuma mündet, und von
dort nach Westen weiter auf den Breitenparallelen, bis zu dem Ufer des
Nyassa-Sees läuft. Dann sich nordwärts wendend, setzt sie sich längs
den Ost-, Nord- und Westufern des Sees bis zum nördlichen Ufer der
Mündung des Songwe-Flusses fort. Sie geht darauf diesen Fluß bis zu
seinem Schnittpunkte mit dem 33. Grad östlicher Länge hinauf und folgt
ihm weiter bis zu demjenigen Punkte, wo er der Grenze des in dem ersten
Artikel der Berliner Konferenz betriebenen geographischen Kongobeckens,
wie dieselbe auf der dem 9. Protokoll der Konferenz beigefügten Karte
bezeichnet ist, am nächsten kommt. Von hier geht sie gerader Linie
auf die vorher gedachte Grenze zu und führt an derselben entlang bis
zu deren Schnittpunkt mit dem 32. Grad östlicher Länge, sie wendet
sich dann in gerader Richtung zu dem Vereinigungspunkte des Nord- und
Südarmes des Kilambo-Flusses, welchem sie dann bis zu seiner Mündung
in den Tanganjikasee folgt. Der Lauf der vorgedachten Grenze ist im
allgemeinen nach Maßgabe einer Karte des Nyassa-Tanganjika-Plateaus
angegeben, welche im Jahre 1889 amtlich für die britische Regierung
angefertigt wurde.

3. Im Westen durch eine Linie, welche von der Mündung des Flusses
Kilambo bis zum 1. Grad südlicher Breite mit der Grenze des
Kongostaates zusammenfällt.

Das Großbritannien zur Geltendmachung seines Einflusses vorbehaltene
Gebiet wird begrenzt:

1. Im Süden durch die vorher erwähnte Linie von der Mündung des
Umbeflusses zu dem Punkte des Kongofreistaates, welcher von dem 1. Grad
südlicher Breite getroffen wird. Der Berg Mfumbiro ist in dieses Gebiet
eingeschlossen.

2. Im Norden durch eine Linie, welche an der Küste am Nordufer des
Jubaflusses beginnt, dem genannten Ufer des Flusses entlang läuft und
mit der Grenze desjenigen Gebietes zusammenfällt, welches dem Einflusse
Italiens im Gallalande und in Abessinien bis zu den Grenzen Egyptens
vorbehalten ist.

3. Im Westen durch den Kongofreistaat und durch die westliche
Wasserscheide des oberen Nilbeckens.

Artikel II. Um die in dem vorstehenden Artikel bezeichnete Abgrenzung
zur Ausführung zu bringen, zieht Deutschland seine Schutzherrschaft
über Witu zu Gunsten von Großbritannien zurück.

Großbritannien verpflichtet sich, die Souveränität des Sultans von
Witu über das Gebiet anzuerkennen, welches sich von Kipini bis zu
dem im Jahre 1887 als Grenze festgesetzten Punkt gegenüber der
Insel von Kweihu erstreckt. Deutschland verzichtet ferner auf seine
Schutzherrschaft über die an Witu grenzende Küste bis nach Kismaju und
auf seine Ansprüche auf Gebiete des Festlandes nördlich vom Tanaflusse
und auf die Inseln Patta und Manda.

Artikel VII. Jede der beiden Mächte übernimmt die Verpflichtung,
sich jeglicher Einmischung in diejenige Interessensphäre
zu enthalten, welche der andern durch Artikel I bis IV des
gegenwärtigen Übereinkommens zuerkannt ist. Keine Macht wird in der
Interessensphäre der andern Erwerbungen machen, Verträge abschließen,
Souveränitätsrechte oder Protektorate übernehmen oder die Ausdehnung
des Einflusses der andern hindern. Es besteht Einverständnis darüber,
daß Gesellschaften oder Privatpersonen, welche der einen Macht
angehören, die Ausübung von Souveränitätsrechten innerhalb der
Interessensphäre der andern Macht, außer mit Zustimmung der letzteren,
nicht zu gestatten ist.

Artikel VIII. Die beiden Mächte verpflichten sich, in allen denjenigen
Teilen ihrer Gebiete innerhalb der in der Akte der Berliner Konferenz
von 1885 bezeichneten Freihandels-Zone, auf welche die fünf ersten
Artikel der genannten Akte am Tage des gegenwärtigen Abkommens
anwendbar sind, die Bestimmungen dieser Artikel in Anwendung zu
bringen. Hiernach genießt der Handel vollständige Freiheit; die
Schiffahrt auf den Seen, Flüssen und Kanälen und den daran gelegenen
Häfen ist frei für beide Flaggen; keine ungleiche Behandlung mit
Bezug auf den Transport oder Küstenhandel ist gestattet; Waaren jeder
Herkunft sollen keine andern Abgaben zu entrichten haben, als solche,
welche unter Ausschluß ungleicher Behandlung, für die zum Nutzen des
Handels gemachten Ausgaben erhoben werden mögen; Durchgangszölle dürfen
nicht erhoben und keine Monopole oder Handelsbegünstigungen gewährt
werden. Den Angehörigen beider Mächte ist die freie Niederlassung in
den beiderseitigen Gebieten, soweit dieselben in der Freihandels-Zone
gelegen sind, gestattet.

Insbesondere herrscht Einverständnis darüber, daß in Gemäßheit dieser
Bestimmungen von jedem Hemmnis und jedem Durchgangszoll frei sein soll
der beiderseitige Güterverkehr zwischen dem Nyassa- und Tanganjikasee,
zwischen dem Nyassa-See und dem Kongostaat, auf dem Tanganjikasee und
zwischen diesem See und der nördlichen Grenze der beiden Sphären.

Artikel IX. Handels- und Bergwerkskonzessionen, sowie Rechte an Grund
und Boden, welche Gesellschaften oder Privatpersonen der einen Macht
innerhalb der Interessensphäre der andern Macht erworben haben, sollen
von der letzteren anerkannt werden, sofern die Gültigkeit derselben
genügend dargethan ist. Es herrscht Einverständnis darüber, daß die
Konzessionen in Gemäßheit der an Ort und Stelle gültigen Gesetze und
Verordnungen ausgeübt werden müssen.

Artikel X. In allen Gebieten Afrikas, welche einer der beiden Mächte
gehören, oder unter ihrem Einfluß stehen, sollen Missionare beider
Länder vollen Schutz genießen; religiöse Duldung und Freiheit für
alle Formen des Gottesdienstes und für geistlichen Unterricht werden
zugesichert.

Artikel XI. Großbritannien wird seinen ganzen Einfluß aufbieten, um ein
freundschaftliches Übereinkommen zu erleichtern, wodurch der Sultan
von Sansibar seine auf dem Festland gelegenen und in den vorhandenen
Konzessionen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft erwähnten
Besitzungen nebst Dependenzen, sowie die Insel Mafia an Deutschland
ohne Vorbehalt abtritt. Es herrscht Einverständnis darüber, daß Se.
Hoheit gleichzeitig für den aus dieser Abtretung entstehenden Verlust
an Einnahmen eine billige Entschädigung erhalten soll.

Deutschland verpflichtet sich, die Schutzherrschaft Großbritanniens
anzuerkennen über die verbleibenden Besitzungen des Sultans von
Sansibar mit Einschluß der Inseln Sansibar und Pemba, sowie über
die Besitzungen des Sultans von Witu und das benachbarte Gebiet bis
Kismaju, von wo die deutsche Schutzherrschaft zurückgezogen wird.
Es herrscht Einverständnis darüber, daß Ihrer Majestät Regierung,
falls die Abtretung der deutschen Küste nicht vor der Übernahme der
Schutzherrschaft über Sansibar durch Großbritannien stattgefunden hat,
bei der Übernahme jener Schutzherrschaft die Verpflichtung übernehmen
wird, allen ihren Einfluß aufzuwenden, um den Sultan zu veranlassen,
jene Abtretung gegen Gewährung einer billigen Entschädigung so bald als
möglich vorzunehmen.«

In den kolonialfreundlichen Kreisen Deutschlands erregte das Abkommen
die lebhafteste Verstimmung und -- zunächst wenigstens -- einen
außerordentlich starken Pessimismus. Die härtesten Kritiken in den
angesehensten Blättern zerpflückten die einzelnen Bestimmungen des
Vertrages, und selbst die prinzipiellen Gegner der Kolonialpolitik
fanden die von Deutschland gemachten Konzessionen mindestens sehr
großmüthig. Man sah sich aber schließlich genötigt, mit dem Abkommen
als einer Thatsache zu rechnen und mußte sich nunmehr auf den Boden
der durch das Abkommen gegebenen Daten stellen, auf dem geschaffenen
Fundament in der Kolonisierung Ost-Afrikas fortfahren oder eigentlich
in vielen Rücksichten neu anfangen.

Überall in Ost-Afrika selbst, wohin der Vertragsabschluß ja sofort
durch den Draht übermittelt wurde, wurden naturgemäß nur mißbilligende
Stimmen laut.

In Lindi, der Station, welcher ich damals vorstand, kam die Nachricht
durch einen zufällig anlaufenden Dampfer gerade an meinem Geburtstage
an und sicherlich wird mir die trübe Stimmung in dauernder Erinnerung
bleiben, in welche alle Offiziere und Beamten der Station Lindi
versetzt wurden.

In den Tropen, wo man leichter erregbar ist, als hier, schien uns das
Abkommen eigentlich zunächst gleichbedeutend mit einem Aufgeben unseres
Kolonialbesitzes überhaupt. Man hoffte zwar, daß wenigstens außer der
Erwerbung Helgolands noch große politische Vorteile in Europa errungen
worden seien, hinter welchen ja dann die erst begründeten Interessen
in den Kolonien hätten zurückstehen müssen; aber in jedem Falle sahen
wir uns vor die betrübende Notwendigkeit versetzt, mit den Daten des
Vertrages rechnen und auf diese gestützt weiter arbeiten zu müssen.

Gleich uns empfand auch der einsichtsvollere Teil der Bevölkerung,
besonders die Inder und Araber, die neue Nachricht als eine uns
gewordene Niederlage. Selbstverständlich wurde bei dem intelligenteren
Teil der Küstenbewohner der Vertrag genau zur selben Zeit wie
bei uns bekannt; dieselben, welche damals auch in dem eben erst
wiedergewonnenen Süden Sympathien für uns an den Tag legten und
namentlich damals weit mehr für uns als für die Engländer eingenommen
waren, vermieden sorgfältig, uns von der ihnen bekannt gewordenen
Nachricht etwas merken zu lassen, gewissermaßen aus Zartgefühl und
Rücksichtnahme auf uns.

Durch die vom Verfasser unter der Hand durch seinen farbigen
Polizei-Hauptmann eingezogenen Erkundigungen aber erfuhr er, daß das
Abkommen dort ebenfalls das lebhafteste Staunen hervorgerufen hatte.

Gehen wir nun die einzelnen Bestimmungen des Vertrages durch, so
sehen wir, daß wir eigentlich, -- wenigstens in Ostafrika, --
nirgends gewonnen, sondern überall verloren haben. Die Küste war
durch deutsches Geld und mit deutschem Blut zurückerobert worden,
und weder wir, die wir in Ostafrika selbst thätig gewesen sind und
redlich mitgeholfen haben, noch die Eingeborenen aller Art haben je
unsere Wiedereroberung der Küste für etwas anderes angesehen, als
eine dauernde Besitzergreifung, da wir ja, an der Küste besonders,
überall die absoluten Herren waren und genügende Schritte zu dauernder
Niederlassung geschehen waren. Auch die Erwerbung Sansibars war als
etwas natürliches von den Eingeborenen und Arabern erwartet worden.

Wie an der Küste durch seine Waffenerfolge, so hatte hier ganz
besonders der Reichskommissar persönlich durch sein kluges politisches
Verhalten und die naturgemäße Rückwirkung von der Küste auf Sansibar,
eine ganz bedeutende Besserung in dem Verhältnis zum Sultan und den
Arabern herbeigeführt. Der ursprünglich gegen uns gehegte Haß des
Sultans hatte sich in ein gutes freundliches Verhältnis verwandelt.
Als die Verstärkung der Schutztruppe im April 1890 mit dem egyptischen
Dampfer »Schibin« in Sansibar ankam, wurde bereits von den Arabern
daselbst, man sagt sogar von den Engländern, welche jedenfalls in
der Nacht, als der Dampfer in der Rhede lag, die Stadt und die Rhede
fortwährend mit den Scheinwerfern ihrer Kriegsschiffe beleuchteten,
eine Landung und die Annexion Sansibars durch Handstreich für möglich
gehalten. Bis weit ins Innere herein reichte unser Einfluß. Die
thatsächliche Macht war an einzelnen Stellen durch Stationen und durch
zahlreiche starke Expeditionen zum Ausdruck gebracht worden. Hierzu
kam, daß man nach dem Vertrage des Jahres 1886, obgleich in diesem
die Interessensphäre nur im Norden und Süden begrenzt worden war,
doch annehmen mußte, daß jedenfalls unser Hinterland bis an die Seen
beziehungsweise die Grenze des Kongostaates voll und ganz gesichert
war.

Das Vorgehen unserer Reichsregierung in der letzten Zeit der
Thätigkeit des Fürsten-Reichskanzlers nördlich des Gebietes der
Englisch-Ostafrikanischen Gesellschaft hatte die lebhafteste
Befriedigung der kolonialen Kreise zur Folge, da diese hierin mit Recht
eine Hoffnung auf energisches Vorgehen im Witu-Land und im Hinterlande
desselben begründet sahen. Kaum zwei Monate vor dem Bekanntwerden des
englischen Vertrages war unter dem General-Konsul Michahelles, wie
bereits an anderer Stelle dieses Buches erwähnt ist, eine Gesandtschaft
an den Sultan von Witu mit kaiserlichen Geschenken gesandt worden,
welche diesem die Meinung beibringen mußte, daß nun die deutsche
Regierung die Bedeutung ihres Schützlings und seines Landes würdige und
denselben dem Sultan von Sansibar gegenüber zu halten entschlossen sei.

Acht Monate vor dem Vertrage war durch ein deutsches Kriegsschiff die
deutsche Flagge in Kismaju gehißt und dann die Küste zwischen Witu
und Kismaju unter deutschen Schutz gestellt worden. Verfasser selbst
ist ein Jahr im Witu-Land thätig gewesen und hat während dieser Zeit
Land und Leute, vor allen Dingen den alten, damals noch regierenden
Sultan Achmed und den Sultan der in Rede stehenden Zeit, den damaligen
Thronfolger Fumo Bakari, ebenso das Hinterland und die umliegenden
Völkerschaften von Witu kennen gelernt. Er hat sich auf Grund seiner
damals erworbenen Kenntnis in Schrift und Wort darüber ausgesprochen,
einen wie großen Wert sowohl durch seine geographische Lage, wie
besonders durch die teils faktische, teils moralische Macht des Sultans
von Witu im ganzen Hinterlande, -- speziell bei den Bararetta- und
Borani-Galla, den Waboni, Wapokomo und sogar einem Teil der Somalis,
-- das Witu-Land gewissermaßen als Schlüsselpunkt für jene wertvollen,
hochgelegenen und gesunden Länder habe.

Hierzu trat die Thätigkeit der deutschen Witu-Gesellschaft und die
einer Reihe von Privatleuten, welche daselbst deutsche Interessen
geschaffen und teilweise bereits Erfolge aufzuweisen hatten. Dazu kam
ferner insbesondere die große Vorliebe der Sultane von Witu, welche
sie seit Brenners Reisen immer für Deutschland gehegt hatten. Sie war
begründet in der alten Feindschaft, welche zwischen dem Sansibar-Sultan
und den Witu-Herrschern bestand, da ja bekanntlich England lebhaft
die Sansibar-Sultane protegierte. Der letztere Umstand und das
Bewußtsein, daß vom Anfang der kolonialen Thätigkeit Deutschlands an
sich eine Rivalität zwischen diesem und England geltend machte, war
für die Wituleute zu unsern Gunsten maßgebend. Verfasser selbst kann
das Verhalten des alten Sultans Achmed, sowie von Fumo Bakari und der
Witu-Leute überhaupt zu jener Zeit, als die Witugesellschaft ohne jede
Machtmittel lediglich in friedlicher Weise in jenem Lande thätig war,
gar nicht genug loben, da alles, was wir damals im Lande unternahmen,
alle kleineren Reisen ins Hinterland, nur mit Hülfe des Sultans möglich
waren. Gerade wir besaßen im Witu-Lande und in der Witu-Bevölkerung
Faktoren, die uns die weitere Kolonisierung daselbst in einem Maße, wie
das sonst nirgend wo der Fall war, erleichterten.

Wenn auch als Tauschobjekt gegen Helgoland und in der Erwägung, daß
die großen für eine Erschließung der Hinterländer nötigen Geldmittel
bei uns nicht zur Verfügung standen, ein Aufgeben des Protektorats
über Witu erklärlich erschien, so hätten wir doch gewünscht, daß es in
einer für den Witusultan weniger verletzenden Form geschehen wäre. Er
befand sich notorisch in dem Glauben, nunmehr am deutschen Reich einen
starken Rückhalt zu haben; er erfuhr das Abkommen zunächst überhaupt
nur auf privatem Wege zufällig und wurde hierdurch natürlich sehr gegen
uns erbittert. Jedenfalls ist diese Erbitterung des Sultans und seiner
Leute nicht ohne Zusammenhang mit der Ermordung der Deutschen, welche
zu dieser Zeit unter Führung Künzels zur Anlegung einer Dampfsägemühle
in Witu eintrafen, wenn auch das Betragen Künzels zur Katastrophe
mitgewirkt hat.

In Uganda ferner hatte +Dr.+ Peters auf der Rückkehr von seinem
energisch durchgeführten Zuge einen Vertrag mit Muanga abgeschlossen.
Er hatte daselbst ebenfalls eine für uns im Gegensatz zu den Engländern
äußerst günstige Stimmung vorgefunden, die wir nicht zum wenigsten dem
Einfluß der katholischen Missionen zu verdanken hatten. Der Vertrag
des +Dr.+ Peters im Verein mit der Vorliebe des Herrschers und
der Bevölkerung für uns stellten Interessen dar, wie sie die Engländer
dort jedenfalls nicht aufzuweisen hatten, da sich die Waganda durchaus
ablehnend, ja sogar feindselig gegen sie verhielten.

In gleicher Weise durfte das gesamte westlich des Nyassa gelegene
Hinterland unserer Küste schon wegen der geographischen Lage als zu
unserm Interessengebiet gehörig beansprucht werden, zumal die Engländer
daselbst Verträge nicht zu verzeichnen hatten.

Von unserer Küste oder Interessensphäre haben wir durch den mit England
geschlossenen Vertrag, abgesehen von dem unantastbaren Besitz der
ostafrikanischen Gesellschaft, den zehn Meilen langen Küstenstreifen,
den bis dahin die ostafrikanische Gesellschaft vom Sultan in Pacht
gehabt hatte, bedingt bekommen. Auch letzteren hatten wir, als der
Sultan seine im Vertrage eingegangenen Verpflichtungen nicht hatte
erfüllen können, erst gänzlich verloren, ihn dann aber wie erwähnt,
wieder erobern müssen. Für den dauernden Erwerb dieses Küstenstreifens
stellte England uns seine diplomatische Unterstützung beim Sultan von
Sansibar in Aussicht, wir sollten den letzteren aber außerdem noch
bezahlen. Die Entschädigungssumme, wie schon erwähnt, vier Millionen
Mark, mußte spätestens im Dezember des Vertragsjahres in London gezahlt
werden. Interessant dürfte dabei die Thatsache sein, daß England oder
Engländer dem jetzigen Sultan Said Ali zur Zeit, als er noch Prinz
war und von seinen regierenden Brüdern schlecht behandelt wurde, ganz
erhebliche Vorschüsse gemacht hatten!!

Wir hingegen erkannten ein englisches Protektorat über Sansibar an,
lieferten den Engländern hierdurch unbedingt die ganze Herrschaft
des Sultans bis auf unsere Interessensphäre aus. Die Insel Mafia,
welche ursprünglich ebenfalls den Engländern zuerkannt werden
sollte, obgleich sie für diese nur den Wert hatte, uns von ihr aus
an dem gegenüberliegenden Teile unserer Küste chikanieren zu können,
beziehungsweise etwaigen unsicheren Elementen im Hinterlande von Kilwa
eine Zuflucht daselbst zu gewähren, war das einzige, was Wißmann gegen
Preisgabe der Stevenson Road zwischen Nyassa und Tanganjikasee noch
zuletzt für uns hatte retten können; einen positiven Wert besitzt die
Insel Mafia für uns nicht.

Wir gaben, ohne dem Sultan von Witu, mit dem das Schutzbündnis kurz
vorher erneuert war, ein Wort mitzuteilen und die Interessen derjenigen
Suaheli, die unter deutschem Schutz bleiben wollten, irgendwie
wahrzunehmen, dieses Land, dazu noch die vorher unter deutschem Schutz
gestellte Küste den Engländern preis, ohne die Interessen unsres
von altersher mit dem Sultan von Sansibar verfeindeten Schützlings
wahrzunehmen.

Ferner hatten wir zu Gunsten Englands auf die Anlehnung an den
Kongostaat westlich vom Nyassa-See verzichtet. Westlich des
Viktoriasees überließen wir ihnen den Mfumbiro-Berg, einen vagen
Begriff, denn die Ausdehnung dieses Berges oder Gebirges kannte kein
Mensch; nur das eine war sicher, daß er südlich vom ersten Breitegrade
liegt, der ja eigentlich über den See hinüber die Grenze bilden sollte
und daß er unsere Landverbindung mit dem Kongostaat auch im Norden
bedeutend einengt. In gleicher Weise fiel Uganda, wo wir Interessen
hatten, den Engländern zu.

Am bedeutsamsten und empfindlichsten aber von Allem berührte uns der
Verlust von Sansibar. Die Bedeutung Sansibars liegt darin, daß dort
alle politischen Fäden der weitesten Gebiete Ostafrikas, speziell ganz
Deutsch-Ostafrikas zusammenlaufen, und daß es das Handels-Centrum für
den überwiegenden Teil Ostafrikas bildet. Fast alle Geschäfte die
in unserer Interessensphäre sowohl an der Küste, wie im Hinterlande
gemacht werden, sind von indischen Handelshäusern, die teils ihre
Hauptvertretung, teils Filialen in Sansibar haben, abgeschlossen, also
von englischen Unterthanen. Von den Indern sind fast alle arabischen
Karawanen, die das Hinterland durchziehen, abhängig. Die wenigen
Karawanen, welche aus dem Innern kommen und selbständigen Handel
treiben, haben ihre Absatz- und Bezugsquellen allerdings an der Küste
selbst mit indischen Häusern, diese aber sind immer nur Filialen der
indischen Großhändler in Sansibar, sodaß also der gesamte Handel doch
endlich in Sansibar zusammenläuft. Auf den großen Reichtum Sansibars
durch den Betrieb der Gewürz- und Nelken-Plantagen auf der Insel selbst
und auf der Insel Pemba möge auch noch hingewiesen werden. In erster
Linie aber bleibt immer die Bedeutung Sansibars als politisches und
Handels-Centrum, welches uns jetzt durch die Abtretung des Sultanats
an England, -- wenn wir nicht gewissermaßen als Vasallen Englands auf
dem Festlande Kolonialpolitik treiben wollen, -- in die Notwendigkeit
versetzt, erheblich größere Opfer zu bringen. Nur dann können wir mit
der Zeit den Verlust von Sansibar ausgleichen.

Hätten wir uns das Protektorat über Sansibar vorbehalten, so wäre
uns die Möglichkeit gegeben, unsere Macht an der Küste bedeutend
auszubauen. Wir hätten ein Centrum besessen, von dem aus wir bei
einiger Machtentfaltung an den Seen, also an unserer westlichen Seite,
leichter als jetzt die ganze Festlandskolonie hätten beherrschen
können; unsere Ausgaben hätten sich bedeutend verringert.

Weshalb hat denn England so ungeheures Gewicht auf die Erwerbung
Sansibars gelegt? lediglich deshalb, weil es jetzt in der Lage ist,
unser gesamtes Gebiet handelspolitisch zu beeinflussen. Es wird
den Engländern nie einfallen, den Sultan abzusetzen oder selbst
regieren zu wollen, das letztere besorgt der Sultan unter Leitung des
englischen Generalkonsuls viel besser. Noch gehen die arabischen oder
indisch-arabischen Karawanen durch unser Gebiet. Große Anstrengungen
werden indes zweifelsohne von den Engländern und ihrem Vasallen, dem
Sultan, gemacht werden, unsern Handel nach Norden und Süden abzulenken
und ihn im Süden auf dem Wege Schire--Sambesi, im Norden über Taveta
nach Sansibar zu bringen.

Von Sansibar aus könnten wir ferner Deutsch-Ostafrika moralisch
beeinflussen und uns an der Küste für den Anfang mit einfachen
Zollstationen und geringer Polizeimacht begnügen.

Das Aufgeben Sansibars an England bedeutet für uns geradezu die
Notwendigkeit eines erheblich größeren jährlichen Mehraufwands; die
Ansicht vieler Kolonialgegner, daß durch die Preisgabe Sansibars
eine Ersparnis am jährlichen Kolonialetat erzielt wird, ist bei den
eigenartigen Verhältnissen Sansibars eine irrige. Es möge dies hier
ganz besonders hervorgehoben werden.

Sansibar durch eine Bewachung der Küste, durch Ausnutzung der besseren
Häfen zu ersetzen, ist bislang eine Redensart geblieben. Selbst wenn
wir unsere ganze in Ostafrika jetzt befindliche Macht nur auf die
Bewachung der Küste verwenden wollten, würde diese Macht noch lange
nicht ausreichen, um Sansibar zu ersetzen.

Die in Artikel VIII des Abkommens getroffenen Bestimmungen, besonders
die Gleichberechtigung der beiden Nationen in den wechselseitigen
Gebieten, kommt in Wirklichkeit nur den Engländern zu Gute. Bei den
geringeren Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, können wir an
Handelsunternehmungen im englischen Gebiet nicht denken, vor allem
aber haben wir keine Inder zu Unterthanen, welche wir als Groß- und
Kleinhändler an die englisch-ostafrikanische Küste setzen und durch die
wir uns dort des Handels bemächtigen könnten. Die Engländer dagegen,
welche uns schon im Norden, Süden und Südwesten in Wirklichkeit, im
Osten durch Sansibar politisch und kommerziell umklammern, sind bei
der Größe ihrer Mittel in der Lage, in unserer eigenen Kolonie an
deren Westgrenze einen für sie nicht aussichtslosen Wettstreit mit uns
aufzunehmen.

Der Umstand, daß das Abkommen in den ersten Monaten nach dem
Reichskanzlerwechsel mit großer Hast zu Stande gebracht wurde, daß
man darauf verzichtete, in den Kolonien wirklich erfahrene Leute
zu befragen, die sich teilweise in Deutschland selbst befanden,
-- ich nenne z. B. Gravenreuth und Paul Reichard, -- teilweise
unterwegs nach Deutschland waren, wie besonders Wißmann selbst,
diese Thatsachen schienen darauf hinzudeuten, daß es sich um ganz
besondere Errungenschaften in der europäischen Politik handelte,
welche durch längeres Abwarten gefährdet werden könnten und die so
klar zu Tage liegend wären, daß die ostafrikanischen Interessen
dabei überhaupt nicht in Frage kämen. Daß dies indes nicht der Fall
gewesen ist, dürfte man wohl aus der Denkschrift über die Beweggründe
zum deutsch-englischen Abkommen schließen können, welche, nachdem
der Vertrag perfekt geworden war, ebenfalls im »Reichsanzeiger«
veröffentlicht wurde und den Vertrag dem großen Publikum erklären zu
wollen schien.

Es geht aus der Denkschrift hervor, daß unsere Regierung bei Abschluß
des Vertrages lediglich von der Absicht geleitet worden ist, in allen
Punkten den Forderungen der Engländer nach Möglichkeit nachzugeben,
dieselben, welche sich auf die Thätigkeit der Missionare, auf
Entdeckungen englischer Forscher und auf Ausübung englischen Einflusses
in weitestem Maße stützten, möglichst zu erfüllen und ihre Wünsche als
berechtigte anzuerkennen.

Wohl hätten auch wir erwarten dürfen, daß den berechtigten Wünschen
unserer kolonialfreundlich gesinnten Kreise, die doch immerhin für
deutsche Verhältnisse reiche Opfer an Hab und Gut gebracht hatten, und
den Hoffnungen, die sich an Opfer von Blut und Leben knüpften, mehr
Rechnung getragen wäre.

Nur in einem Punkte, in der Aufgabe Ugandas, erscheint das Verhalten
unserer Regierung erklärt, indem ein an den Vertrag des Jahres
1886 sich anschließender Notenwechsel angezogen wird, in welchem
unsererseits schon damals Uganda als zur englischen Interessensphäre
gehörig anerkannt wurde.

Wir haben absichtlich nur eine Kritik dessen, was wir in Ostafrika an
Ort und Stelle als Grundlage für unsere weitere Tätigkeit bekamen,
beziehungsweise dessen, was wir dort aufgegeben haben, vom Standpunkt
des Nichtpolitikers aus vorgenommen, ohne uns auf eine Beurteilung des
uns in Europa durch die Erwerbung Helgolands gebotenen Aequivalents
einzulassen. Die Ansicht aller Kenner und Freunde unserer Kolonien
indessen geht auch heute noch dahin, daß der zwar zweifellos ideelle,
aber sehr verschiedenartig beurteilte wirkliche Erfolg, den wir durch
jene Erwerbung errungen haben, das, was wir in Ostafrika aufgegeben
haben, keineswegs aufwiegt.




                             15. Kapitel.

           Die wirtschaftlichen Unternehmungen vor, während
                        und nach dem Aufstande.

  Die Ostafrikanische Gesellschaft und ihre Umwandlung. -- Sie
  wird eine Erwerbsgesellschaft. -- Wirtschaftliche Aufgaben der
  Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft. -- Faktoreien. --
  Karawanserei.  -- Handelsbetrieb. -- Einführung
  Deutsch-Ostafrikanischer Münzen. -- Anlage von Plantagen. -- Die
  Plantage Derema. -- Arbeiterverhältnisse.  -- Die Frage der
  Verkehrswege in Ost-Afrika. -- Usambara-Eisenbahn. -- Der
  Schiffsverkehr zwischen Deutschland und Ostafrika. -- Die
  Ostafrikanische Plantagengesellschaft und ihre Plantage Lewa. --
  Die Pflanzer-Gesellschaft. -- Emin-Plantage. -- Die Plantage des
  Herrn von Saint-Paul-Illaire. -- Die Ostafrikanische Seehandlung. --
  Kaufmännische Unternehmungen in Ostafrika. -- Gravenreuths Projekt
  der  Zentralafrikanischen Seen-Gesellschaft. -- Die Magdeburger
  Faktorei. -- Apotheke in Ostafrika. -- In der Anlage begriffene
  Unternehmungen. -- Der Pulverhandel. -- Anregungen.


Es scheint geeignet, an dieser Stelle einen Blick auf die
wirtschaftlichen Unternehmungen zu werfen, welche in Deutsch-Ostafrika
vor und während des Aufstandes bestanden, und deren Weiterentwickelung
kurz zu beleuchten.

Wirtschaftliche Unternehmungen bestanden vor Ausbruch des Aufstandes
in Deutsch-Ostafrika drei, nämlich die Deutsch-Ostafrikanische
Gesellschaft, die Ostafrikanische Plantagen-Gesellschaft und die
Pflanzer-Gesellschaft. Von diesen ist die Deutsch-Ostafrikanische
Gesellschaft die bei weitem wichtigste. Durch die früher erwähnten
Verträge mit dem Sultan und den vom Reich erteilten Schutzbrief war
der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft eine Stellung zugewiesen,
welche an die Charter der East-India-Company erinnert, und naturgemäß
waren die Aufgaben, welche sich der Gesellschaft zuerst darboten, mehr
administrativer als wirtschaftlicher Natur.

Die Umgestaltung des Zollwesens, die alleinige Übernahme desselben
durch die Beamten der Gesellschaft nahm an sich so viel Kräfte
in Berlin sowohl wie in Sansibar in Anspruch, daß eigentliche
wirtschaftliche Unternehmungen vor der Hand wohl ins Auge gefaßt,
aber nicht angefangen wurden. Zur Zeit, als der Aufstand ausbrach,
besaß die Gesellschaft in Sansibar selbst vier Häuser, in welchen
die Centralverwaltung untergebracht war und welche gleichzeitig zu
Wohnzwecken für die Beamten dienten. Außerdem war ihr in unmittelbarer
Nähe des Sultanpalastes eine ausgedehnte Zollstätte überwiesen, an
welcher sämtliche vom Festlande kommenden Dhaus anlegen und löschen
mußten.

Um die direkte Ausfuhr aus den Plätzen des Festlandes nach andern
Orten als Sansibar in der Hand zu behalten, waren eigene Zollstätten,
wie dies in einem früheren Kapitel bereits erwähnt ist, in Bagamoyo,
Daressalam, Lindi, Kilwa, Tanga und Pangani bereits eingerichtet
oder in der Anlage begriffen. Durch den Ausbruch des Aufstandes
wurde die Lage der Gesellschaft gänzlich verändert. Bis auf Bagamoyo
und Daressalam mußten alle Stationen aufgegeben werden, und auch in
Bagamoyo selbst war von einer Zollerhebung nicht die Rede.

Mit der Errichtung des Reichskommissariats und der Ankunft Wißmanns
verschob sich die Stellung der Ostafrikanischen Gesellschaft
vollkommen. Von einer Ausübung der von ihr erworbenen Landes-Oberhoheit
im Innern konnte ebenso wenig mehr die Rede sein, wie von der
Entfaltung eines politischen Einflusses an der Küste. Das gesamte
Ostafrikanische Gebiet unterstand allein dem Reichskommissar, welcher
der Lage der Sache nach das Standrecht über das gesamte Gebiet
verhängte. Die Rechte der Gesellschaft nach dem Vertrage vom 28. April
1888 blieben unverändert fortbestehen, aber unterlagen der durch
militärische Rücksichten bedingten Einschränkung und zeitweiligen
Suspension, bei welcher mit dem Standrecht alle Zivilbefugnisse auf das
Militär übergingen.

Eine Einmischung in die geschäftlichen Angelegenheiten der Gesellschaft
und namentlich in die Zollverwaltung sollte vermieden werden, dagegen
wurde Wißmann die Ausübung der dem Reichskanzler statutenmäßig
zustehenden Aufsicht über die Gesellschaft in Bezug auf ihre Thätigkeit
auf dem Festlande übertragen, so daß der Reichskommissar in der Lage
war, etwaige Verordnungen der Gesellschaft außer Kraft zu setzen. Es
beschränkte sich die Thätigkeit der Ostafrikanischen Gesellschaft
zu Anfang des Aufstandes lediglich auf die Zollerhebung in Sansibar
selbst. Sobald jedoch die Küstenplätze wieder in unserer Gewalt waren,
und sobald die Anlegung der befestigten Stationen eine Garantie für
Sicherung der Verhältnisse bot, wurden auch die Zollstationen daselbst
wieder errichtet, so in Bagamoyo selbst, ferner in Daressalam, in
Pangani und Tanga schon vor Ablauf des Jahres 1889. Wenn auch das
Kommissariat vorderhand als Provisorium angesehen werden mußte, so
sah die Gesellschaft doch ein, daß sie selbst nach den bis jetzt
gemachten Erfahrungen niemals in der Lage sein würde, selbständig ihr
Gebiet zu beherrschen, daß sie vielmehr hierfür der Anlehnung an das
Reich bedürfe. Die Fortdauer des Kommissariats war nach den Leistungen
Wißmanns der einhellige Wunsch der Ostafrikanischen Gesellschaft, wie
aller Kolonialfreunde Deutschlands.

So ist in der That der ostafrikanische Aufstand die Ursache gewesen,
daß das Reich thatkräftig und selbständig in die Kolonialpolitik
eintrat. Die Aufrechterhaltung des Kommissariats, an welcher niemand
zweifelte, veränderte für die Ostafrikanische Gesellschaft ihre
gesamte Lage. Auch nach Fortfall des Standrechtes mußten mannigfache
Befugnisse der Zivilverwaltung, welche eigentlich der Ostafrikanischen
Gesellschaft zugefallen wären, in der Hand des Reichskommissars
verbleiben. So kam es, daß der staatsrechtliche Charakter der
Gesellschaft immer mehr hinter den rein wirtschaftlichen zurücktrat.

Blieb auch die Zollverwaltung vorläufig der Gesellschaft, so
wurden doch Kapitalien und Kräfte in weitem Umfange frei für die
eigentliche Kultur-Arbeit, die Förderung der Produktion und die
eigene Plantagenthätigkeit, sowie für die Erschließung des Landes und
die Entfaltung einer Handelsthätigkeit im großen Maßstabe. Kam es
doch darauf an, an dem nicht unbedeutenden Ein- und Ausfuhr-Handel
Ostafrikas, welcher bis jetzt ausschließlich in indisch-arabischen
Händen lag, selbständigen, möglichst weiten Anteil zu bekommen.

Das Verdienst, nach der letzteren Richtung hin ungemein fördernd
und anregend gewirkt zu haben, gebührt in erster Linie dem Direktor
der Ostafrikanischen Gesellschaft, Konsul Vohsen. Derselbe begab
sich Ende des Jahres 1889 selbst nach Ostafrika, einmal um durch
den Augenschein ein klares Bild der Verwaltung zu gewinnen, und
ferner, um die Vertragsverhältnisse mit dem Sultan neu zu regeln. Die
letztere Thätigkeit zielte vor allem darauf ab, die Durchschnittssumme
festzustellen, welche von der Gesellschaft aus dem Ertrage der
Ausfuhrzölle an den Sultan zu zahlen sei, und verschaffte andrerseits
der Gesellschaft verschiedene wichtige Vorteile.

Das Abkommen kam zu stande am 13. Januar 1890. Die für die
wirtschaftlichen Unternehmungen maßgebenden Gesichtspunkte der
Gesellschaft sollten in erster Linie sein: die Hebung der allgemeinen
Landeskultur, die ausgedehnte Erschließung der natürlichen Hilfsquellen
des Landes und dadurch eine Mehrung seiner Produktion, ferner die
Einführung von Neukulturen, insbesondere Tabak, Baumwolle, Kaffee,
Indigo etc. Unterstützt werden sollten diese wirtschaftlichen
Unternehmungen durch Anlegung von Faktoreien, teils in Verbindung
mit Zollstationen, teils ohne dieselben, ferner durch die Entsendung
von Agenten, um einen Verkehr der Eingeborenen mit den Faktoreien
herbeizuführen, endlich durch die Schaffung von Verkehrswegen,
insbesondere durch den Bau einer Eisenbahn durch Usambara, welche
später bis zum Kilimandscharo verlängert werden sollte. Die
Faktoreien wurden sofort in Angriff genommen, zuerst in Pangani,
dann in Bagamoyo, Tanga und Daressalam; für die letztgenannten 3
Faktoreien wurden fertige Häuser aus Europa mittelst Segelschiffs
hinbefördert. Die wesentlichste Aufgabe fiel auch hier wieder bei dem
dortigen ungeheuren Karawanenverkehr der Faktorei in Bagamoyo zu.
Um an dieser Stelle möglichst selbständig in den Handel eingreifen
zu können und gleichzeitig die aus dem Innern kommenden Träger vor
der bisher üblichen, mitunter haarsträubenden Ausbeutung durch die
kleinen indischen Kaufleute zu schützen, ging die Ostafrikanische
Gesellschaft in Bagamoyo mit dem Bau einer großen Karawanserei vor.
Diese Karawanserei sollte der Centralpunkt werden, an welchem alle
ankommenden Karawanen ihre Lasten anhäufen, und von dem umgekehrt die
nach dem Innern ziehenden Karawanen ausgehen sollten.

Zu letzterem Zweck mußte die Karawanserei also Waarenlager enthalten,
aus denen die Karawanen sich mit den im Innern gangbaren Werten, wie
Baumwollstoffen, Drähten, Perlen u. s. w., versehen konnten; endlich
sollten die Träger hier für eine ungemein geringe Entschädigung
geschützte Wohnräume für die Dauer ihres Aufenthalts erhalten.

Früher waren die Besitzenden unter den Eingeborenen, insbesondere die
sogenannten Ndewas der Waniamuesi, bei den Indern untergebracht und
hier vielen Betrügereien derselben ausgesetzt; ihnen hierin zu helfen
und sie von der Abhängigkeit vom Inder zu befreien, war der Hauptzweck
bei Anlage der Karawanserei, der auch erreicht ist. Der Inder muß sich
jetzt in der Regel dorthin bemühen. Um die und in der Karawanserei
herrscht jetzt ein Leben wie an einer Börse.

Bereits im Anfang des Jahres 1890, noch bevor die Faktoreien und die
Karawanserei wirklich vorhanden waren, erhielten die Beamten der
Gesellschaft, so weit sie nicht lediglich den Zolldienst zu versehen
hatten, den Auftrag, von den zur Küste kommenden Karawanentransporten
alles aufzukaufen, dessen sie habhaft werden könnten. Es ist dies
bislang allerdings nicht viel gewesen. Die Waren, welche von den
Karawanen mitgeführt wurden, gehörten den indischen Kaufleuten, schon
ehe die Karawane im Innern aufgebrochen war. Die führenden Araber waren
entweder durch die Inder ausgerüstet, oder denselben von alters her
verschuldet, so daß alles, was sie aus dem Innern mitbrachten, dem
Konto ihrer indischen Gläubiger zu Gute kam.

Erst allmählich wird es sich ermöglichen lassen, in diese überaus
schwierigen Handelsverhältnisse einzudringen und deutscherseits an
dem bestehenden Handel Anteil zu nehmen. Man kann neue Handelswege
eröffnen, wir können unsererseits Karawanen ausrüsten und den direkten
Verkehr mit dem Innern beleben, aber es sind dies Fragen, welche
vorläufig in der Zukunft liegen. Jedenfalls bleibt immer festzuhalten,
daß die hauptsächlichen Träger des Handelsverkehrs die Araber sind, daß
diese aber ihrerseits, wenigstens zum großen Teil, nur als Dienstleute
der indischen Großkaufleute betrachtet werden können.

Gleichzeitig mit der Anlage der Faktoreien wurde von der Gesellschaft
einem andern Plane näher getreten, welcher mit dem eigentlichen
Handelsverkehr in engster Beziehung stand und am meisten geeignet
erschien, das deutsche Element in den Handelsverkehr hineinzubringen.
Es war dies die Schaffung eines eigenen deutschen Münzsystems. Nach
dem Vertrage mit dem Sultan stand der Gesellschaft das Recht der
Notenausgabe im gesamten Gebiet des Sultans zu. In denjenigen Teilen
des Landes, welche der Gesellschaft direkt unterstanden, mußte
selbstverständlich das Recht der Geldprägung ein unumschränktes sein,
sobald die deutsche Regierung sich damit einverstanden erklärte.
Als Faktor zur Ausdehnung des deutschen Einflusses erschien diese
Geldprägung dringend geboten, zumal unser Hauptmitbewerber, nämlich die
englisch-ostafrikanische Gesellschaft, nach dieser Richtung hin bereits
im Januar 1890 vorgegangen war.

Um der Münze einen leichteren Eingang zu verschaffen, wurde von dem
Maria Theresia-Thaler, welcher allerdings bei den Arabern und Indern
noch kursierte und einen Zahlwert darstellte, nach welchem aber nur
noch selten gerechnet wurde, abgesehen und dafür die überall in
Sansibar und an der Küste gangbare indische Münze eingeführt: die
Rupie, eine Silbermünze in der Größe eines 2-Markstücks, ferner 1/2
und 1/4 Rupie in Silber, endlich für den Kleinhandel als Scheidemünze
der Pesa (64 Pesas = 1 Rupie). Die in Indien sonst noch geltende
Kupfermünze Anna (16 = 1 Rupie) hat in Ostafrika keinen Eingang
gefunden. Man hat verschiedentlich den Gedanken angeregt, an Stelle
dieser indischen Münze lieber die Reichswährung in unserm Schutzgebiet
einzuführen, zumal die Silberwährung der Rupie zu außerordentlichen
Schwankungen (bis zu 30 %) Anlaß giebt. Es ist dies jedoch, vor
der Hand wenigstens, undurchführbar. Wie oben bemerkt, liegt der
Schwerpunkt des Handels gegenwärtig immer noch in den Händen der Inder,
und es würde die Einführung einer ganz neuen, ihnen unbekannten Münze
um so schwerer sein, als sie sogar den Maria-Theresia-Thaler fast
gänzlich verdrängt haben.

Aus der Münzenprägung ergeben sich selbstverständlich für die
Gesellschaft wesentliche pekuniäre Vorteile, -- Vorteile, welche bisher
allein von den indischen Münzstätten oder aber vom Sultan, welcher in
Indien prägen ließ, gezogen wurden.

Die weitere Absicht der deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft, durch
die Beförderung der Landeskultur und durch Anlegung eigener Plantagen
auf die Rentabilität des Landes zu wirken, befindet sich auch heute
noch in den ersten Anfängen. Die Produktion der Eingeborenen hat eine
wesentliche Steigerung nach keiner Richtung hin erfahren. Das Vorbild
europäischer Arbeit ist dazu bis jetzt viel zu gering, die Erziehung
des Negers zu selbständiger Arbeit viel zu wenig vorgeschritten. Die
eigene Produktion seitens der Gesellschaft in Plantagenthätigkeit
hat, und das soll ja unumwunden anerkannt werden, mit sehr großen
Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt. Nichtsdestoweniger kann die
Gesellschaft von dem Vorwurf nicht freigesprochen werden, daß sie
gegenüber den großen Mitteln, welche ihr zu Gebote standen, viel zu
vorsichtig vorgegangen ist.

Zum Beweise muß an dieser Stelle dem Gange der Ereignisse vorgegriffen
werden. Nach dem Zustandekommen des deutsch-englischen Abkommens vom
November 1890 standen der Gesellschaft, abgesehen von ihren früheren
Mitteln, etwa 5-1/2 Million Mark zur Verfügung. Sie war außerdem aller
Verwaltungspflichten entbunden; sie hatte lediglich die Aufgabe, sich
wirtschaftlicher Thätigkeit zu widmen. Es ist aber thatsächlich ein
wesentlicher Fortschritt gegen die Zeit vor dem deutsch-englischen
Abkommen auch heute noch nicht zu bemerken. Kaum daß die bereits
Anfang 1890 bestehenden Pläne teilweise zur Ausführung gekommen
sind. Diese Pläne zielten darauf ab, einmal eine bereits früher in
Angriff genommene und während des Aufstandes wieder aufgegebene
Baumwollplantage bei Kikogwe in der Nähe von Pangani in erweitertem
Umfang wieder in Betrieb zu setzen und ferner eine Art Versuchsplantage
in großem Umfange in Usambara anzulegen. Auf der letzteren sollten
Versuche mit dem Anbau von Kaffee, Baumwolle, Thee, Vanille und Indigo
gemacht werden.

Für die Anlage und den Betrieb dieser Plantage war +Dr.+ Hindorf
ausersehen, welcher nach vollendeter wissenschaftlicher Ausbildung
2 Jahre lang für die Neu-Guinea-Gesellschaft in ihrer Kolonie
praktisch thätig gewesen war. Bei aller Tüchtigkeit Hindorfs hatte
die Gesellschaft jedoch nicht genügend berücksichtigt, daß seine im
Tropendienst angegriffene Gesundheit der Aufgabe in Ostafrika in keinem
Falle gewachsen sein konnte. Hindorf erkrankte schon auf der Ausreise
und kehrte nach kurzem Aufenthalt in Ostafrika nach Hause zurück; als
Ersatz für ihn ist Ende vorigen Jahres ein in den Tropen erfahrener
Pflanzer herausgesandt. Die von Hindorf ausgesuchte Landstrecke für die
Versuchsplantage befindet sich bei dem Orte Derema etwa 5° 8' s. Br.
und 38° 38' ö. L. in 800 +m+ Höhe.

Noch schwieriger als die Gewinnung des eigentlichen Leiters war die
Beschaffung des geeigneten Arbeitermaterials. Gegenüber dem Vorwurf,
welcher gewöhnlich dem ostafrikanischen Neger gemacht wird, daß er
zur Arbeit untauglich und unlustig sei, kann der Verfasser mit Recht
anführen, daß es auf den Militärstationen fast nie an einer genügenden
Arbeiterzahl gefehlt hat, und zwar wurden die Leute nicht etwa zum
Dienst gepreßt, sondern sie boten sich freiwillig, zuweilen in der Zahl
von mehreren Hundert Köpfen, für einen verhältnismäßig geringen Lohn
an. Allerdings handelt es sich hier um die Küstenbevölkerung, welche
mehr oder weniger mit höheren Kulturzuständen in Berührung gekommen
war und auch entwickeltere Bedürfnisse sich angewöhnt hatte, zu deren
Befriedigung ihnen der Lohn der Arbeit diente. Über den Küstenstrich
hinaus wird eine solche Heranziehung des Negers zur Arbeit, eine
Gewöhnung an höhere Kultur erst einzuführen sein. Von einer absoluten
Unlust der Leute ist aber auch hier, außer bei nomadisierenden Völkern,
nirgends die Rede. Arbeiter sind meistens zu erlangen. Ausschlaggebend
für die Stetigkeit ihrer Arbeit ist in jedem Falle die Person des
Leiters. Richtige Behandlung, große Nachsicht in einem, Strenge im
andern Fall bilden in Verbindung mit sichtbaren Erfolgen die Mittel,
eine Arbeiterbevölkerung heranzuziehen. Um von vornherein wenigstens
einigermaßen Stetigkeit in die Arbeit zu bringen und die genügende Zahl
von Arbeitern zu erlangen, ist in jedem Fall die Vermittlung der Jumbes
nützlich und sogar notwendig. Sobald es gelingt, die Dorfältesten für
die Sache zu interessieren, kann man durch dieselben in viel höherem
Grade auf die Bevölkerung wirken als durch persönlichen Einfluß oder
gar Befehle.

Noch eine weitere Frage bedarf hier der Erwähnung. Von den
verschiedensten Seiten her ist der deutsch-ostafrikanischen
Gesellschaft und den andern Plantagengesellschaften empfohlen worden,
um sofort eine nutzbringende, erfolgreiche Thätigkeit entfalten zu
können, Arbeitermaterial von außen her nach Ostafrika einzuführen. Man
versprach sich davon, abgesehen von dem direkten praktischen Erfolge,
auch eine erziehliche Wirkung auf die eingeborene Bevölkerung und
brachte für diese Aufgabe die Chinesen in Vorschlag.

Wir sehen keinen Grund, eine solche Einführung von Arbeitermaterial
zu widerraten; die Befürchtung, die Chinesen möchten das eingeborene
Element überwuchern, scheint für die Verhältnisse, wie sie in Ostafrika
liegen, nicht zuzutreffen und wenn die Chinesen, wie dies ja bekannt
ist, neben ihrer Plantagenthätigkeit die verschiedensten Gewerke
betreiben, so würde uns dies nur als wesentlicher Vorzug erscheinen,
denn eingeborene Handwerker sind nicht in einer den jetzigen
Bedürfnissen entsprechenden Zahl da. Europäische Handwerker können
kaum auf die Dauer selbständig als solche arbeiten. Als Kaufleute
würden die Chinesen den Hindus der Küste gegenüber kaum in Betracht
kommen. Die Bedürfnislosigkeit der Inder ist ungefähr dieselbe wie
die der Chinesen. Sollte aus einer chinesischen Einwanderung sich ein
neues kaufmännisches Element herausbilden, so würde uns dasselbe eher
Dienste leisten als uns schädigen. Die einzige Gefahr, welche die
chinesischen Arbeiter mit sich bringen könnten, wäre ein nachteiliger
Einfluß auf die Eingeborenen, da der Chinese bei seiner ungleich
höheren Kulturstufe den Neger ohne weiteres zu unterdrücken versuchen
würde. Aber auch diese Gefahr kann nicht in Anschlag gebracht werden,
denn es liegt in der Hand der Stationsleiter, solchen Übergriffen
in geeigneter Weise vorzubeugen. Im Interesse der Sache, d. h. einer
schnellen und erfolgreichen Ausbreitung der Plantagenthätigkeit kann
daher eine solche Einfuhr von Arbeitermaterial in allen den Stellen,
wo die einheimische Bevölkerung erfahrungsgemäß sich nicht zur Arbeit
eignet, nur empfohlen werden.

Die gegenwärtige wirtschaftliche Thätigkeit der ostafrikanischen
Gesellschaft umfaßt den Betrieb von Faktoreien in Bagamoyo, Pangani,
Tanga, Daressalam, Lindi, Kilwa und Mikindani, ferner den Betrieb der
Baumwollplantage Kikogwe und der Versuchsplantage Derema.

Von den weiter ins Auge gefaßten Aufgaben, welche der Erschließung
des Landes zu gute kommen sollten, ist vorläufig nur eine einzige
und auch diese nur in recht beschränktem Umfange in der Ausführung
begriffen. Die Gesellschaft hat es sich bekanntlich zur Aufgabe
gestellt, Verkehrswege zu schaffen. Welcher Art diese Verkehrswege sein
sollen, darüber herrscht in diesem Augenblick noch nicht einmal völlige
Klarheit.

Man hat von vielen Seiten her die Anlegung umfangreicher Eisenbahnnetze
in Deutsch-Ostafrika in Vorschlag gebracht. Man hat dabei vor allem
zwei große Routen im Auge gehabt, eine sogenannte Centralbahn von
Daressalam über Mpapua nach Tabora mit einer Verlängerung bis zum
Tanganjikasee und eventuell noch einer Abzweigung bis nach dem Viktoria
Nyanza. Eine zweite Bahn sollte von Tanga nach dem Kilimandscharo gehen
und auch diese sollte von dort aus nach dem Viktoriasee weitergeführt
werden. Für beide Linien sowie für eine ganze Reihe andrer sind eine
Unmenge von Projekten von berufenen und unberufenen Kräften mit und
ohne Rentabilitätsberechnung ausgeführt und befürwortet worden.
Schmalspurige und normalspurige Bahnen, Feldbahnen und Seilbahnen sind
vorgeschlagen, begutachtet und verworfen worden.

Zweifellos ist die Anlegung von Verkehrswegen eine der
allerbrennendsten Fragen, deren Lösung für die Ausnutzung unseres
Gebietes von ausschlaggebender Bedeutung ist. Vorläufig sind Straßen
nach unserem Sinne in Ostafrika überhaupt nicht vorhanden. Die einzigen
Verkehrswege, zu denen in erster Linie die sogenannten großen
Karawanenstraßen mitzurechnen sind, sind schmale Pfade von etwa 2
Fuß Breite. Zu beiden Seiten dieser Pfade befindet sich je nach der
verschiedenen Bewachsung und der Jahreszeit mehr oder minder hohes
Gras und dichter oder lichter Busch, meist mit Unterholz und Lianen
durchwachsen.

Entstanden sind diese Pfade lediglich durch den Karawanenverkehr.
Nicht die Rücksicht auf das Endziel hat ihnen ihre Richtung gegeben,
sondern lediglich die Gewohnheit der Eingeborenen oder Karawanenführer,
die Bequemlichkeit oder endlich die Rücksicht auf Wassertümpel in
der Nähe der Lagerplätze. Die Entfernung wird durch diese Art Wege
außerordentlich vergrößert.

Der Marsch auf dem Karawanenpfade ist mit großen Unzuträglichkeiten und
Beschwerden verknüpft, denn die Schmalheit des Weges bedingt es, daß
die ganze Karawane oder die Expedition sich im Gänsemarsch bewegen muß.

Sowohl in Rücksicht auf den Handelsverkehr als auch strategisch sind
diese Wege zwar nicht gänzlich unbrauchbar, aber doch eben nur ein
Notbehelf. Daß hier Wandel geschaffen werden muß und zwar so schnell
als möglich, liegt auf der Hand. Es fragt sich nur, welcher Art die
Verkehrswege sein sollen, die wir in Ostafrika anzulegen haben und wer
dieses Verkehrsnetz schaffen soll.

Wenn die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft auch in ihrem Programm
von 1890 die Schaffung von Verkehrswegen vorgesehen hat, so ist die
Sache jetzt doch nach der Übernahme des Regiments durch das Reich in
eine andere Phase gerückt worden. Eine Gesellschaft, welche gegenwärtig
lediglich Erwerbszwecke im Auge hat, wird nicht mehr die moralische
Verpflichtung fühlen, ein Verkehrsnetz, welches ihr zum geringen Teil
zu gute kommt, anzulegen. Diese Verpflichtung ist vielmehr zum Teil auf
das Gouvernement übergegangen.

Was die Art der Verkehrswege anlangt, so wird eine Bahn nur da in
Frage kommen können, wo dieselbe eine direkte Aussicht auf pekuniären
Nutzen in absehbarer Zeit gewährt. Vielleicht wird man sich darauf
beschränken müssen, vorläufig einmal Straßen in der Art zu schaffen,
wie sie die Engländer in mustergiltiger Weise in allen ihren Kolonien
-- und zwar als erste aller Aufgaben -- anlegen; Straßen, auf denen man
mit Wagen fahren kann. Die Herstellung solcher Straßen ist keineswegs
mit unüberwindlichen Schwierigkeiten verknüpft. Die wesentlichste
Arbeit dabei ist die Planierung und die gründliche Ausrodung der
Bodenbewachsung, so daß eine baldige Überwucherung, wie sie in den
Tropen schnell eintritt, verhindert wird (durch Kiesbelag, Korallensand
etc.). Durch die Anlage eines solchen Straßennetzes würde ein doppelter
Zweck erreicht werden: Einmal die Erleichterung und Beförderung des
Verkehrs, also die angestrebte Erschließung des Innern und ferner
die wirkliche Sicherung des Landes. Man kann auf die Dauer unmöglich
sich darauf beschränken, wie dies jetzt geschieht, nur an der Küste
eine Herrschaft auszuüben und durch nur in geringem Umkreis wirksame
Stationen im Inneren und gelegentliche Expeditionen den Eingeborenen
gegenüber unsere Autorität aufrecht zu erhalten.

Für die dauernde Sicherung unseres Besitzes reichen die vorhandenen
Stationen im Innern einschließlich der neu in der Anlage begriffenen
nicht aus. Es kann eine wirkliche Machtausübung nur dann erfolgen,
wenn eine Reihe von Stationen an leicht gangbaren oder zu befahrenden
Straßen das Land in seinen Hauptverkehrsadern sichert.

Das Gros dieser Stationen braucht nur sehr klein und mit geringen
Posten versehen zu sein. Der unter den einzelnen Posten leicht
herzustellende Kontakt ist vollkommen ausreichend, um auch die
kriegerischen Völker des Innern wenigstens den Verkehrswegen gegenüber
fortgesetzt in Schach und Botmäßigkeit zu halten. Diese Stationen
sind es aber gleichzeitig, welche durch ihr bloßes Vorhandensein
einen genügenden Druck auf die Häuptlinge des Innern ausüben werden,
um diese zur Instandhaltung der Straße zu zwingen. Keineswegs soll
diese Instandhaltung ohne Entgelt geschehen. und abgesehen von ihrer
militärischen Bedeutung würden die erwähnten Stationen noch einem
zweiten ebenso wichtigen Zwecke dienen können, nämlich Proviant-
und Wasserstationen für die durchziehenden Karawanen zu bilden. Die
Verpflegungs- und Wasserfrage bildet bekanntlich den bei weitem
schwierigsten Punkt des ganzen Karawanenverkehrs.

Mißernten in gewissen Teilen des Landes legen den Verkehr ohne
weiteres lahm oder erfordern riesige Opfer an Menschenleben. Die
Wasserplätze unterstehen an manchen Stellen mächtigen Häuptlingen.
Um Wasser zu erlangen, haben die Karawanen den bekannten Hongo, den
Durchgangszoll zu entrichten, häufig auch noch das Wasser zu erkaufen.
Es ist dies etwas so Gewöhnliches, daß keine Karawane sich diesem Zoll
entziehen kann. Wenn durch eine Straßenanlage der Verkehr geregelt,
die Wasserplätze in Besitz der Station gebracht werden, so ist der
Vorteil ein dreifacher. Einmal sind die Karawanen nicht mehr von
der Laune der Häuptlinge abhängig; zweitens würden die betreffenden
Völkerschaften durch die regelmäßige Lieferung von Nahrungsmitteln
gegen festzusetzenden Entgelt einen dauernden Vorteil genießen; endlich
würde das früher willkürliche Hongosystem der Häuptlinge in die Hände
deutscher Organe (und dann wird es eine dem Neger verständliche
Steuer, die kein böses Blut macht) übergehen und somit einmal einen
wesentlichen Faktor für die Ausbreitung des deutschen Einflusses
abgeben, andererseits aber auch noch pekuniäre Vorteile gewähren. Durch
die Anlage solcher Stationen wird auch einer in den letzten Jahren
vielfach vorgekommenen Vergewaltigung schwacher Eingeborener durch
stärkere Karawanen vorgebeugt.

Endlich dürfte der Umstand nicht gering anzuschlagen sein, daß durch
die vorhandenen Stationen ja von selbst gewisse Kulturfaktoren in die
Landschaft hineingetragen werden und daß daraus sich dann allerdings
für die Zukunft die Möglichkeit großer Bahnanlagen ergeben kann und
wird: dann nämlich, wenn die Eingeborenen des Exports werte Produkte
in genügender Menge produzieren. Ohne in Details hier weiter eingehen
zu wollen, ist besonders notwendig eine Straße, welche im großen und
ganzen den Karawanenweg von Bagamoyo und Mpapua bis Tabora festlegen
sollte. Wenn der Weg gleich energisch in Angriff genommen würde, so
könnte diese Straße von Daressalam aus über Kilossa gehen, dann sich
im Allgemeinen im Anschluß an den alten Weg über Mpapua nach Tabora
wenden, von wo aus dieselbe nach dem Nyanza und nach dem Tanganjika
(Udschidschi) weiter geführt werden müßte. Weiterhin eine Straße von
Tanga nach dem Kilimandscharo, ferner Verbindungen von Kilwa und Lindi
mit dem Nyassa-See.

Von den genannten Verkehrsstraßen ist die eine, nämlich die von
Tanga nach dem Kilimandscharo, bereits in den ersten Anfängen der
Anlage begriffen, indem die Vorarbeiten für die Eisenbahn der
Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft schon gemacht werden und zwar
besonders im Hinblick auf das üppige Hinterland von Tanga und Pangani,
wo man für tropische Pflanzungen und europäische Ansiedelungen große
Hoffnungen hegt. Die erste Strecke der Bahn soll von Tanga nach
Korogwe am Rufu (Panganifluß) in südwestlicher Richtung führen, etwa
60 Kilometer. Sie durchschneidet einen der fruchtbarsten Teile der
Landschaft Usambara; ihre Verlängerung nach dem Kilimandscharo und
weiterhin nach dem Viktoriasee ist in Aussicht genommen.

Maßgebend für die Anlegung dieser Schienenstrecke war auch das Vorgehen
der Engländer in ihrem Gebiet. Diese sind seit dem Jahre 1890 mit dem
Bau einer Bahn beschäftigt, welche von Mombassa nach Taveta, einem
stark besuchten Karawanenplatz am Fuße des Kilimandscharo, aber in
Britisch-Ostafrika führen soll, einer Bahn, welche später ebenfalls
bis an die Ufer des Viktoria-Nyanza verlängert werden soll, und die,
wenn sie früher als die unsrige fertig wird, zweifellos unserm Handel
großen Abbruch thut, bezw. denselben am Nyanza überhaupt lahm legt.
Es ist daher der Entschluß der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft,
mit dem vorher erwähnten Schienenwege vorzugehen, dankbar zu begrüßen.
Die Ausführung geschieht durch eine aus der Deutsch-Ostafrikanischen
Gesellschaft heraus begründete Usambara-Eisenbahn-Gesellschaft.

Gegenwärtig ist +Dr.+ Oskar Baumann, welcher seit Jahren in
Diensten der Gesellschaft erfolgreich thätig ist und mustergiltige
Vermessungen der gegenwärtigen Eisenbahnlinie sowie des ferneren Weges
durch das Pare-Gebirge bis zum Kilimandscharo ausgeführt hat, damit
beschäftigt, den weiteren Handelsweg für eine Straße oder Eisenbahn vom
Kilimandscharo bis an den Viktoria festzulegen.

Es mögen an dieser Stelle gleich einige Worte über die
Verkehrsverhältnisse Platz finden, welche zwischen dem Mutterlande und
der Kolonie sich entwickelt haben. Bei der Erwerbung der Kolonie und
während des Aufstandes existierte eine deutsche Schifffahrtslinie nach
Ostafrika noch nicht. Man war gezwungen, sich entweder der Schiffe der
+Messageries maritimes+ von Marseille oder der British-India-Linie
von London über Neapel zu bedienen. Die Unzuträglichkeiten, welche
diesen Zustand zu einem unhaltbaren machten, liegen auf der Hand.
Der direkte deutsche Handel war entweder genötigt, sich zufälliger
Gelegenheiten durch deutsche Segelschiffe zu bedienen, um direkt nach
einem deutschen Hafen zu verschiffen, oder er mußte die Beförderung
über Marseille oder London mit Umladung daselbst wählen. In beiden
Fällen ergaben sich Schwierigkeiten, welche die Ausdehnung des Handels
in hohem Grade beeinträchtigten.

Mit der Errichtung des Kommissariats, mit dem Eingreifen der
Regierung in die ostafrikanischen Verhältnisse ergaben sich noch
weit größere Unzuträglichkeiten. Für die Beförderung der Truppen und
des Kriegsmaterials mußten entweder eigene Schiffe zu hohen Kosten
gechartert werden, Schiffe, welche sich dann in vielen Fällen, -- da
man nehmen mußte, was gerade vorhanden war, -- als Frachtfahrzeuge
letzten Ranges erwiesen, oder man benutzte die regelmäßigen Linien
und verschaffte denselben ganz bedeutende Mehreinnahmen auf unsere
Kosten. Da von diesen Linien jedoch kein Hafen des Festlandes in
Deutsch-Ostafrika angelaufen wurde, so mußte Kriegsbedarf und sonstiges
Gut in Sansibar aus- und auf die Dampfer der Wißmann-Flotte oder aber
auf arabische Dhaus umgeladen werden.

Um diese Mißstände aus der Welt zu schaffen, faßte die
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft, sobald das thatkräftige,
dauernde Eingreifen der Regierung gesichert war, den Plan, durch eine
direkte deutsche Dampferlinie, welche mit Staatsunterstützung fahren
sollte, die bisher fehlende Verbindung zwischen Deutschland und der
Kolonie herzustellen. Die Vorlage darüber kam Anfang 1890 vor den
Reichstag, eine jährliche Unterstützung von 900000 Mk. wurde bewilligt,
und bereits im Juli 1890 begannen die regelmäßigen Fahrten in
vierwöchentlichen Zwischenräumen von Hamburg und Rotterdam -- Neapel
-- Port Said -- Suez -- Aden nach Tanga -- Daressalam -- Sansibar
-- Lindi -- Mozambique -- Delagoabay und Natal. Im Anschluß an die
Hauptlinie wurde eine Küstendampferlinie errichtet, welche Bagamoyo,
Sadani, Pangani, Kilwa, Ibo, Quilimane, Chiloane, Inhambane und Beira
anläuft. Es ist dadurch ein Seeverkehrsnetz geschaffen, welches den
gegenwärtigen Anforderungen völlig entspricht.

Während die Hauptdampfer die drei besten Häfen an der Ostküste
Deutsch-Ostafrikas sowie den großen Handelsmittelpunkt Sansibar und
die Hauptpunkte der portugiesischen Küste sowie einen Hafen von
Natal selbst anlaufen, besorgen die Küstendampfer den Verkehr mit
allen denjenigen Stationen, deren Hafenverhältnisse das Anlaufen der
Hauptdampfer verbieten. Das Frachtgut wird in Lindi, Daressalam oder
Tanga (für unsere deutsch-ostafrikanische Küste), beziehungsweise
in Sansibar gesammelt und dort auf die Hauptdampfer übergeführt und
umgekehrt.

Die der Linie an der Küste selbst zukommenden Frachten sind bislang
sehr gering, besonders an den Plätzen, die für den Dhauverkehr
mit Sansibar geeignet sind, zum großen Teil aber auch wegen des
unpraktischen Fahrplans der Dampfer, der ihnen meist einen genügenden
Aufenthalt zum Nehmen und Löschen von Ladung nicht gestattet.

Gleichzeitig mit der Einrichtung der Dampferlinien geschah die
Errichtung deutscher Postagenturen zunächst in Sansibar selbst,
später nach Errichtung des Gouvernements in den Hauptplätzen
Deutsch-Ostafrikas.

Es mag beiläufig hier bemerkt werden, daß vor dieser Zeit, entsprechend
den bestehenden Verbindungen, alle Postsachen durch das französische
oder englische Postbureau je nach der Nationalität des abgehenden
Dampfers befördert werden mußten. Ein Postamt des Sultans von Sansibar
gab es nicht.

Es ist das im vorigen Jahre verfügte Eingehen der deutschen Postagentur
zu Sansibar, das nach der einen Angabe aus Gefälligkeit gegen unsere
englischen Freunde, -- die französische Postagentur zu Sansibar ist
nicht eingegangen, -- nach der anderen auf Antrag des Gouverneurs
erfolgt ist, sehr zu beklagen; die Postagentur hatte gerade in
Sansibar gute Einnahmen und war außerdem immerhin ein Mittel, uns der
Bevölkerung zu nähern.

Endlich ist von den geschaffenen Verkehrserleichterungen zu erwähnen
die Anlage einer Telegraphenlinie zuerst von Bagamoyo nach Daressalam
mit geplanter Verlängerung über alle Hauptpunkte der Küste. Dieselbe
ist wohl inzwischen im Norden durchgeführt. --

Nächst der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft kommt der
Ostafrikanischen Plantagengesellschaft eine wesentliche Bedeutung zu.
Diese Gesellschaft bildete sich bereits im Jahr 1888 zu dem Zwecke, in
Deutsch-Ostafrika den Tabaksbau zu kultivieren. Ihr Thätigkeitsfeld
befindet sich auf der Plantage Lewa, einige Kilometer von Tschogwe am
Panganifluß.

Die Arbeiten auf der Plantage Lewa hatten bereits vor dem Aufstande
einen bedeutenden Umfang angenommen. Sämtliche Gebäude für
Verwaltungszwecke, ferner die Fermentierscheune war errichtet,
die ungeheure Tabakspresse unter umständlichen Schwierigkeiten
heraufgeschafft, ein Stamm von mehreren hundert Arbeitern herangezogen
und thatsächlich zu einer dauernden Thätigkeit herangebildet worden.
Die Plantage ließ die besten Erfolge erwarten, da kam der Aufstand und
im November 1889 wurde die Plantage durch Buschiris Leute überfallen
und verwüstet.

Bereits bei Ausbruch des Aufstandes hatten die Beamten der
Plantagengesellschaft in Voraussicht des kommenden Unheils versucht,
von der Ernte zu retten, was zu retten ging. Der Tabak wurde so schnell
als möglich eingeerntet und ein Teil desselben auch, allerdings
oberflächlich, fermentiert; ja, es gelang sogar, einen Teil der
Ernte an die See zu bringen und nach Deutschland zu verschiffen.
Nichtsdestoweniger waren natürlich die Verluste für die Gesellschaft
sehr bedeutende, und sie hatte nach der Beruhigung des Nordens und
nachdem Lewa durch einen Posten von 10 Mann gesichert war, ganz
von vorn anzufangen. Die gesamte Plantage war überwuchert, die
herangebildete Arbeiterbevölkerung in alle Winde zerstreut, und erst
allmählich konnten die Arbeiten in vollem Umfange wieder aufgenommen
werden.

Ebenso wie die Plantagengesellschaft beschäftigt sich die Deutsche
Pflanzergesellschaft in der Nähe von Tanga mit Tabaksbau. Erhebliche
Erfolge sind seitens dieser Gesellschaft nicht erzielt worden, einmal
weil die Leitung zu systematisch von Berlin aus betrieben wurde,
wodurch jede freiere Entfaltung in Ostafrika lahm gelegt oder verzögert
wurde; ferner aus Kapitalsmangel und endlich weil die in Ostafrika zur
Verwendung kommenden europäischen Kräfte sich ihrer Aufgabe zum Teil
nicht gewachsen zeigten; im letzten Jahr machte noch der Aufstand unter
den Wadigo die nötigen Arbeiten größtenteils unmöglich.

Zu diesen älteren wirtschaftlichen Unternehmungen traten bald nach der
Niederschlagung des Aufstandes noch einige andere. In erster Linie ist
hier zu nennen die sogenannte Emin-Plantage. Den Grundstock derselben
bildet eine früher dem Frhrn. v. Gravenreuth gehörige Schamba bei
Bagamoyo, welche durch Ankäufe vergrößert wurde. Die Emin-Plantage
beschäftigt sich vorwiegend unter der Leitung eines bewährten Fachmanns
mit dem rationellen Anbau der Vanille.

In der Nähe von Tanga betreibt Herr von Saint-Paul-Illaire, der frühere
Generalvertreter der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, eine eigene
Plantage, auf welcher ebenfalls Vanille und Baumwolle kultiviert
werden. In der Nähe von Tanga befindet sich ferner eine kleinere
Plantage der ostafrikanischen Seehandlung (Wilhelm Perrot, Wiesbaden).
Die ostafrikanische Seehandlung bildete sich 1890 zu dem Zwecke, in
Ostafrika Handel mit den Eingeborenen zu treiben und eventuell sich
mit selbständigem Plantagenbau zu beschäftigen. Die kleine Plantage
der Gesellschaft kultiviert Baumwolle und hat vor kurzem eine nicht
unbeträchtliche Sendung von Baumwolle in Bremen zum Verkauf gestellt.

Neben diesen wirtschaftlichen, dem Plantagenbau dienenden
Unternehmungen müssen die rein kaufmännischen Unternehmungen Erwähnung
finden.

Über die kaufmännischen Zwecke und Ziele der deutsch-ostafrikanischen
Gesellschaft ist das Wesentliche oben gesagt worden. Eine Ergänzung
zu dem Plane der deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft, mit ihren
Faktoreien in das Innere hinein vorzudringen, bildete ein Projekt
des leider zu früh im Dienst des Vaterlandes gefallenen Freiherrn
v. Gravenreuth, das Projekt, durch die Gründung einer deutschen
Seengesellschaft an den Ufern der großen Seen, an welche unser Gebiet
heranreicht, festen Fuß zu fassen und so dem deutschem Vorgehen von der
Küste her von innen heraus entgegen zu arbeiten. Das zunächst ins Auge
gefaßte Ziel war die Anlegung von zwei Handelsstationen am Viktoria und
zwar an dessen Süd- und Westufer. An diesen beiden Stationen sollte der
von Wißmann für den Viktoria geplante Dampfer die Produkte aus Uganda,
Unioro, Karagwe, Kavirondo und den reichen Uferstaaten des Viktoria
zusammenführen, von den Stationen aus jene Länder mit den nötigen
Ausfuhrartikeln als Gegenwert versehen. Die Großartigkeit des Planes
muß auf den ersten Blick einleuchten. Um so bedauerlicher ist es, daß
der Plan aus Mangel an Beteiligung bisher nicht zur Ausführung gekommen
ist, um so bedauerlicher deshalb, weil die beiden deutschen Stationen
Bukoba und Muanza die Vorbedingungen für eine Sicherung eines solchen
Handelsverkehrs gegeben hätten.

Als selbständige kaufmännische Unternehmung eröffnete ein Konsortium
von drei patriotischen Magdeburger Herren im April 1890 in Tanga
die kleine »Magdeburger Faktorei«. Eine wesentliche Bedeutung kann
dem Unternehmen allerdings nicht zuerkannt werden. Der Rahmen ihres
Geschäftsverkehrs -- nämlich der Verkauf von Gebrauchsartikeln an
Eingeborene und der gelegentliche Ankauf von Landesprodukten -- ist
dafür zu eng, aber immerhin bildet die Magdeburger Faktorei einen
Beweis dafür, daß solche Unternehmungen im stande sind, sich, wenn auch
zuerst vielleicht mit Opfern, allmählich zu bewähren.

Von größerer Bedeutung als dieses kleine selbständige Unternehmen ist
die Errichtung von Küstenfilialen seitens der bereits seit langer Zeit
in Sansibar bestehenden deutschen Handelshäuser Hansing & Cie. und der
Elfenbeinfirma Meyer, da man von diesen bei der großen Erfahrung der
genannten Häuser in Afrika eine weitere Ausbildung des Handelsverkehrs
erwarten darf, wozu kleinere Unternehmungen in unbedeutenden
Handelsplätzen etabliert, nicht im stande sind.

In Daressalam ist seit einem Jahre eine deutsche Apotheke im Betrieb,
welche jetzt durch den außerordentlich thätigen früheren Beamten der
deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft Richter, der Land und Leute
genau kennt, übernommen worden ist. Filialen der Apotheke in allen
Hauptplätzen sind in Aussicht genommen.

Schließlich möge hier noch ein Unternehmen Erwähnung finden, welches
zwar noch nicht in Ostafrika seine Thätigkeit aufgenommen hat, für
welches jedoch die Kapitalien vorhanden und die Rechtsformen gegeben
sind. Es ist dies eine Bremer Handelsgesellschaft, welche unter stiller
Beteiligung der deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft mit einem Kapital
von 300000 Mk. Handelsunternehmungen an der Küste betreiben wird und
selbständige Karawanen nach dem Innern auszurüsten gedenkt. Auch der
in nächster Zeit zur Ausführung gelangende Versuch der Begründung
einer Ziegelei zu Tanga durch den in Ostafrika erfahrenen früheren
Proviantmeister Jahnke finde hier Erwähnung.

Es braucht kaum gesagt zu werden, daß neben den genannten großen
wirtschaftlichen Unternehmungen mit der fortschreitenden Sicherheit
an der Küste und mit der Zunahme des europäischen Elements daselbst
eine Menge kleinerer kaufmännischer Geschäfte wie Pilze aus der Erde
schossen, kaufmännische Geschäfte, welche lediglich von dem Verkehr
mit den Europäern, von dem Verkauf von Konserven und europäischen
Bedürfnissen, Spirituosen und dergleichen mehr leben. Sie sind
großenteils in Händen von Portugiesen, Griechen und allerlei
Existenzen, welche von Sansibar aus des besseren Geschäfts wegen nach
der Küste übersiedeln.

Allgemein bekannt ist ja, daß, wie seiner Zeit der Sultan von Sansibar
das Pulvermonopol in Händen hatte, jetzt dieses Monopol in den Händen
des Gouvernements und vordem in denen des Reichskommissariats sich
befand. Über diese Maßregel ist von kaufmännischer Seite des öfteren
geklagt worden, doch ist sie zweifellos notwendig, um die Einfuhr
von Waffen und Munition ins Innere jederzeit kontrolieren und selbst
in der Hand behalten zu können. Allerdings wäre es verkehrt, hier
übermäßig vorsichtig vorzugehen und zu meinen, durch Erschwerungen
der Pulver-Einfuhr könne Aufständen im Innern vorgebeugt werden, z. B.
dadurch, daß man vielleicht das Pulver blos an zuverlässige Karawanen
und Stämme abgäbe. Eine solche Maßregel wäre schon deswegen verkehrt,
weil die Munition im Innern immer der gesuchteste, wertvollste
Tauschartikel ist, für den insbesondere meist Elfenbein eingehandelt
wird.

Auch ist andrerseits hervorzuheben, daß sowohl bei der geringen
Besetzung der Küste wie bei den ausgedehnten Beziehungen, die die
Stämme des Innern überall in unsern Grenzgebieten oder jenseits des
Tanganjika anknüpfen können, eine solche Maßregel nicht absolut wirksam
sein würde, solange wir nicht ganz bestimmte Abkommen, von denen
wir überzeugt sind, daß sie auch gehalten werden, mit den andern
europäischen Völkern getroffen haben.

Der Pulverhandel muß aber in jedem Falle in unserer Hand bleiben,
da wir hierdurch in engerer Berührung mit den Karawanen und den
eingeborenen Stämmen selbst uns befinden und gegebenen Falls die
Einfuhr, wenn auch nicht ganz verhindern, so doch erschweren können.

Es sei zum Schluß ein zusammenfassendes Urteil über die Aussichten
der deutschen Plantagen-Unternehmungen gestattet. Was zunächst die
Baumwolle anlangt, so haben schon die Proben der in Deutsch-Ostafrika
wild wachsenden Baumwolle den hohen Wert derselben gezeigt. Das Urteil
der Fachleute läßt sich dahin zusammenfassen, daß bei einer rationellen
Kultur die in Ostafrika gezogene Baumwolle der auf dem Weltmarkt am
höchsten bewerteten gleichzuschätzen sein wird. Rücksichtlich des
Tabaks ist ein abschließendes Urteil gegenwärtig kaum zu fällen. Die
erste Ernte ist, wie bereits früher erwähnt, in verdorbenem Zustande
in Deutschland angekommen. Sie hat nichtsdestoweniger ein Urteil
dahin erlaubt, daß das gezogene Blatt in der Struktur dem besten
Sumatra-Tabak als ähnlich sich erweist und als Deckblatt ausgedehnteste
Verwendung finden kann, vorausgesetzt, daß durch Fachleute und vor
allem im Bau des Tropentabaks bewanderte Pflanzer der Tabak an Ort
und Stelle richtig behandelt wird. Versuche mit Kaffee sind bisher im
Wesentlichen nur von den katholischen Missionen, besonders in Morogro
und am Viktoria vorgenommen worden. Die Versuche haben ergeben, daß der
dort gezogene Kaffee dem besten Mokka gleichwertig ist.

Wir möchten jedoch nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß eine
große Menge von Naturprodukten gegenwärtig noch völlig unausgebeutet
der Initiative des deutschen Kapitals harren. In allererster Linie
handelt es sich dabei um die Ausnutzung der bedeutenden Kokosbestände
der Küste, welche gegenwärtig nur in sehr geringem Maße stattfindet.

Kopra wird an der Küste nicht mehr gemacht, sondern die Nüsse gehen
in natura nach Sansibar und in großen Quantitäten von dort zur
Verarbeitung nach Indien. Bereits 1890 ist von Fachleuten auf die
Bedeutung dieser Kokosbestände und auf die leichte Möglichkeit, sie
ungemein nutzbringend an Ort und Stelle zur Fabrikation des Kokosöls
zu verwerten, aufmerksam gemacht worden. Man ist indes dem seiner
Zeit in vollkommen umfassender Form vorgelegten Plane bislang von
kapitalkräftiger Seite trotz des auf der Hand liegenden Vorteils noch
nicht näher getreten.

Aehnlich steht es mit dem Anbau oder der Gewinnung von Erdnüssen und
Sesam, Handelsartikeln, die auf dem Weltmarkt eine Rolle spielen.

Selbst die gewöhnlichen Negerbedürfnisse werden an den meisten Plätzen
in lange nicht genügender Menge kultiviert und noch vielfach ist
Einfuhr von Madagaskar und Indien nötig.

Die Kultur des Bodens und des Landes kann auf die mannigfachste Weise
noch gefördert werden.




                             16. Kapitel.

                   Ostafrika unter Herrn von Soden.

  Übernahme des Gouvernements. -- Umwandlung der Schutztruppe. --
  Sodens erste Maßnahmen. -- Starkes Beamtenpersonal. -- Einteilung der
  Ressorts. -- Einteilung der Küste in Bezirke. -- Bezirkshauptleute
  und Stationschefs. -- Verringerung des weißen Personals der
  Schutztruppe. -- Verteilung der Truppe. -- Doppelwirtschaft in der
  Unterstellung der Truppen unter Reichs-Marine-Amt und Auswärtiges
  Amt. -- Einfall der Wahehe in Usagara. -- Unterbrechung des
  Karawanen-Verkehrs. -- Beschimpfung der deutschen Flagge im Innern.
  -- Die Expedition des Kommandeurs von Zelewski und ihr Untergang.
  -- Rückzug des Restes der Truppe. -- Wirkung der Expedition auf die
  Wahehe; Wirkung an der Küste. -- Verhandlungen des Gouverneurs durch
  Missionare mit den Wahehe gescheitert. -- Die gefallenen Europäer und
  Farbigen in Uhehe noch unbeerdigt. -- Schwierigkeiten auf
  afrikanischen Expeditionen; Sicherung auf denselben; afrikanisches
  Terrain. -- Expedition des Verfassers durch Usegua, Nguru, Usagara
  wegen Unruhen der Wakuafi; Mitwirkung Bana Heris. -- Expedition des
  Verfassers ins Mafitiland. -- Rekognoszierungstour unter Lieutenant
  Prince nach Mpapua. -- Erhebung der Wadigo bei Tanga. -- Kämpfe am
  Kilimandscharo unter +Dr.+ Peters. -- Neuorganisation der
  Schutztruppe. -- Der  Gouverneur übernimmt das Kommando; der
  Verfasser als militärischer Beirat. -- Ergänzung der Schutztruppe
  durch Wißmann in Egypten und durch von Perbandt in Massaua. --
  Korvetten-Kapitän Rüdiger wird Stellvertreter des Gouverneurs. --
  Rückkehr des Verfassers nach Deutschland. -- Teilung der Schutztruppe
  in die eigentliche Schutztruppe und Polizeimacht. -- Verteilung auf
  die Bezirksämter. -- Beurteilung dieser Organisation. --
  Wirkungskreis der Stationen im Innern. -- Prinzipien bei der
  Besetzung der Bezirksämter. -- Die Bemühungen des Gouverneurs,
  Bagamoyo durch Daressalam zu ersetzen. -- Die Postverbindung mit dem
  Innern. -- Erlasse des Gouverneurs, Zolleinnahmen betreffend. --
  Verhältnis des Gouverneurs zu den Eingeborenen. -- Berater des
  Gouverneurs. -- Nachrichten vom Kilimandscharo.


Wir haben bereits erwähnt, daß während des Monats November 1890
der bisherige Gouverneur von Kamerun, Freiherr von Soden, sich
in Sansibar und Ostafrika aufhielt, um sich über die dortigen
Verhältnisse zu orientieren. Bei der Überleitung Deutsch-Ostafrikas
in eine Kronkolonie war Major von Wißmann vom Reichskanzler nicht
für den Gouverneursposten in Deutsch-Ostafrika in Aussicht genommen.
Nachdem Soden Anfang Dezember von Sansibar wieder abgereist war, um in
Deutschland die nötigen Vorbereitungen zu treffen und im Auswärtigen
Amt seine Instruktionen entgegenzunehmen, ging er im März 1891 nach
seiner Ernennung zum kaiserlichen Gouverneur (für die Dauer seiner
Amtsthätigkeit mit dem Prädikat Excellenz) wiederum aus Berlin nach
Ostafrika ab.

Nach seiner Ankunft besuchte er die Plätze Tanga, Bagamoyo und
Daressalam; zu Bagamoyo fand die Übergabe durch den bisherigen
kaiserlichen Reichskommissar statt. Bei der Neuordnung der Verhältnisse
wurde durch Gesetz vom 22. März 1891 die Wißmann'sche Schutztruppe
in eine kaiserliche umgewandelt, und zum Kommandeur derselben der
bisherige Chef in der Schutztruppe Herr von Zelewski ernannt. Bezüglich
der Verwendung der Schutztruppe in Ostafrika hatte der Gouverneur das
Erforderliche zu bestimmen. Im Übrigen, auch im Civildienst waren die
nötigen Organe ihm beigegeben worden.

Ursprünglich war beabsichtigt, für seinen Vertreter und sachkundigen
Berater die Stellung eines Gouvernementsrates zu schaffen und diese
dem früheren stellvertretenden Reichskommissar und Chef in der
Schutztruppe +Dr.+ Karl Wilhelm Schmidt zu übergeben. Es wäre
dies sehr praktisch gewesen; die Ruhe und Besonnenheit des älteren,
im Verwaltungsdienst des Auswärtigen Amtes erfahrenen Herrn von Soden
hätte einen Anhalt an der Praxis und Sachkunde des durchaus objektiven,
von Optimismus gänzlich freien und ebenfalls besonnenen und ruhigen
+Dr.+ Schmidt gefunden. Herr von Soden scheint sich jedoch mit
allen Kräften dagegen gesträubt zu haben, einen wirklich an Ort und
Stelle erfahrenen Herrn als Berater zu erhalten. Vielleicht besorgte
er, dieser möchte zu viel Einfluß auf seine Amtsthätigkeit erlangen und
am Ende das Heft gar selbst in die Hände bekommen. So setzte es denn
Herr von Soden durch, daß die Stelle des Gouvernementsrates durch die
eines Oberrichters ersetzt wurde, der das Richteramt zweiter Instanz
im Schutzgebiet ausüben sollte. Diese Stelle wurde zunächst garnicht
besetzt, und erst ein halbes Jahr später dem bisherigen Legationsrat
im Auswärtigen Amt, Sonnenschein, der im Ausland früher als Kommissar
der Marschalls-Inseln thätig gewesen war, übertragen. Da die Wahl wegen
der mit diesem Amte verbundenen Funktionen auf einen Juristen fallen
mußte und an Ort und Stelle erfahrene Juristen nicht vorhanden waren,
kann die Wahl dieses ruhigen und unparteiischen Herrn nur als eine
glückliche bezeichnet werden. Im Übrigen erhielt die Verwaltung der
Finanzen einen Chef in dem bisherigen Intendantur-Assessor +Dr.+
Kanzki, der zugleich Intendant der kaiserlichen Schutztruppe wurde.
Seine Hauptstütze war der ihm unterstellte Land-Rentmeister, der
ebenfalls an Ort und Stelle Erfahrungen nicht gesammelt hatte. Zu
diesem Posten wurde zuerst ein früherer Marine-Zahlmeister, dann
aber, da letzterer abgelöst werden mußte, ein früherer Post-Sekretair
ausersehen. Dem letzteren war die in Ostafrika nötige Art der
Verwaltung ebenso fremd wie dem +Dr.+ Kanzki.

Obwohl daher am 1. April 1891 und in den folgenden Monaten in allen
Zweigen der Verwaltung in Deutschland thätig gewesene Kassenbeamte
nach Ostafrika hinausgeschickt wurden, und, wie wir bereits früher
erwähnt, statt der paar Leute, die Wißmann für jene Verwaltungszwecke
sich erst selbst hatte heranbilden müssen, ein wirklich umfangreiches
Personal zur Verfügung stand, konnte doch die Verwaltung zunächst
gar nicht recht in Gang kommen. Selbst heute, wo die Zahl der reinen
Kassenbeamten und Schreiber ein viertel Hundert weit übersteigt, wird
noch immer über Mangel an Bureaupersonal geklagt.

Eine geordnete Übergabe der Kassengeschäfte war durch die Thätigkeit
der Revisions-Kommission in Ostafrika möglich gewesen. Von Seiten des
Auswärtigen Amtes hatte man im Jahre 1890 zwei Revisoren nach Ostafrika
geschickt, um sich einen genauen Einblick in die Kassenverwaltung
des Reichskommissars zu verschaffen. Die Ursache dieser Maßregel war
der Umstand, daß es dem Reichskommissar nicht gelungen war, bei den
ungeordneten Verhältnissen und der Vielseitigkeit seiner sonstigen
Thätigkeit, für alle ausgegebenen Summen die nötigen Belege der
Legationskasse des Auswärtigen Amtes zu bringen. Die beiden Revisoren
brachten nun alles ins rechte Geleis und stellten vor allen Dingen das
Faktum fest, daß eine durchaus sachgemäße, den örtlichen Verhältnissen
entsprechende Geldverwaltung vom Reichskommissar ausgeübt worden war.

Der ältere der beiden Revisoren war der bisherige Marine-Zahlmeister
Sturz, der als Geschwader-Zahlmeister eine längere Erfahrung in
Ostafrika hinter sich hatte und sich stets durch große Umsicht und
Gewandtheit wie durch seinen praktischen Sinn ausgezeichnet hatte, auch
besonders wegen der vorzüglichen ihm zur Seite stehenden Empfehlungen
seines bisherigen Chefs, des Admirals Deinhard, für jenen schwierigen
Posten als erster Revisor geeignet erschien. Er erfüllte seine
Pflichten nicht nur mit der ihm eigenen Sachkunde, sondern auch mit
großem Taktgefühl. Ihm zur Seite stand ein anderer Beamter der Marine
Namens Selle. Leider ist der Versuch entweder nicht gelungen oder
nicht gemacht worden, diese beiden Herren für den Verwaltungsdienst in
Ost-Afrika zu gewinnen. Der Marine-Zahlmeister Sturz wäre jedenfalls
eine im höchsten Grade geeignete Persönlichkeit für die Stelle des
Chefs der Verwaltung in Ostafrika gewesen.

Andere Civil-Organe für den Gouverneur bildeten die Bezirks-Hauptleute,
welche den Küstenbezirks-Ämtern vorstanden. Es wurde die Küste in
5 Bezirke, Tanga, Bagamoyo, Daressalam, Kilwa und Mgau eingeteilt.
Für jeden dieser Bezirke wurde ein Bezirks-Amt, dem der betreffende
Bezirkshauptmann vorstand, geschaffen. Diese Bezirkshauptleute hatten
alle die Verwaltungs-Funktionen, welche die Stationschefs unter dem
Reichskommissariat ausgeübt hatten. Da einige Bezirksämter mehrere
Küsten-Stationen unter sich hatten, waren die Stationschefs der
Neben-Stationen den Bezirkshauptleuten unterstellt.

Die Bezirkshauptleute wie die Stationschefs hatten auch wie früher die
Gerichtsbarkeit in den Plätzen unter sich. Bei verwickelten Sachen,
oder wo es sich um größere Objekte handelte, oder endlich wenn die
eine der streitenden Parteien aus Europäern bestand, trat der zwei
Monat vorher herausgeschickte, den ostafrikanischen Verhältnissen
fremd gegenüberstehende Kanzler Eschke als Adlat des Gouverneurs in
Thätigkeit.

Um die Verbindungen an der Küste zu unterhalten, verwandte man, wie
zu Wißmanns Zeiten, die Flottille, nunmehr Gouvernements-Flottille
genannt, die aus den kleinen Wißmann-Dampfern bestand und, wie wir
bereits erwähnten, trotz vieler Mängel in den vergangenen Jahren gute
Dienste geleistet hatte.

Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in
Deutsch-Ostafrika, insbesondere zur Bekämpfung des Sklavenhandels
diente, wie erwähnt, die kaiserliche Schutztruppe, bestehend aus 1500
farbigen Soldaten. Der Etat an für den eigentlichen Truppendienst
in Betracht kommenden Europäern wurde jedoch mit dem 1. April 1891
erheblich verringert, und bestand nunmehr nur noch aus 24 Offizieren
und 35 Unteroffizieren gegenüber 35 Offizieren, 16 Deckoffizieren
und 107 Unteroffizieren zu Wißmanns Zeiten. Dazu traten noch für die
kaiserliche Schutztruppe 10 Ärzte, gegenüber 5 unter Wißmann, ferner 15
Zahlmeister-Aspiranten, 16 Lazarettgehülfen und 2 Schreiber. Im ganzen
jetzt 102 Europäer, früher 163. Viele der Europäer der Schutztruppe,
besonders die Zahlmeister-Aspiranten und eine Reihe von Unteroffizieren
waren gänzlich zum Gouvernementsdienst abkommandiert und gingen so der
Truppe verloren.

Die Schutztruppe wurde auf Befehl von Berlin in 10 Kompagnien
formiert, von denen 4 als Besatzungs-Kompagnien der Küste dienten, 4
Expeditions-Kompagnien und 2 Ersatz-Kompagnien für die Besetzungen
des Innern und die Ablösungs-Mannschaften im Innern bildeten. Die 4
Besatzungs-Kompagnien waren auf die 5 Küsten-Bezirke derart verteilt,
daß jeder Bezirk eine Kompagnie hatte, die Bezirke Bagamoyo und
Daressalam dagegen zusammen eine Kompagnie mit dem Stabe in Bagamoyo.
Die Kompagnieführer standen zugleich als Bezirks-Hauptleute den
Bezirksämtern vor, hatten also doppelte Funktionen, und waren in
civiler Hinsicht dem Gouverneur, in militärischer dem Kommandeur
unterstellt. Es war dies ein bedeutender Mißstand, der zu Reibereien
der betreffenden Behörden Veranlassung geben und die betreffenden
Offiziere in Kollision mit den verschiedenen Pflichten bringen konnte.
In gleicher Weise war dies beim Intendanten, der, wie erwähnt,
ebenfalls den beiden Herren unterstellt war, beim Kanzler, der zugleich
Auditeur der Schutztruppe war, endlich beim Landrentmeister der Fall.

Die Schutztruppe selbst unterstand, was Personalien und die
militärische Verwaltung anlangte, jetzt dem Reichs-Marine-Amt, für
ihre Verwendung und die ökonomische Verwaltung dagegen dem Gouverneur
und der Kolonial-Abteilung des Auswärtigen Amtes, an deren Spitze
der Dirigent derselben, Wirkliche Geheime Legations-Rath +Dr.+
Kayser steht. In der Kolonial-Abteilung hatten wir in der Heimat eine
Behörde, deren einzelne Beamten sich durch mehrjährige Thätigkeit in
der Verwaltung der Kolonien sowohl in Berlin, wie teils auch an Ort und
Stelle Erfahrungen erworben hatten, die, wie besonders der Dirigent
derselben, den Kolonien nicht nur ein reges Interesse, sondern auch ein
praktisches Verständnis entgegenbringen. Das Reichs-Marine-Amt dagegen
bekam eigentlich in der Verwaltung der Schutztruppe ein Anhängsel: die
Schutztruppe stand bis dahin der Marine vollkommen fremd gegenüber und
dürfte wohl auch jetzt, wie dies ja auch erklärlich ist, als Stiefkind
und unliebsames Anhängsel von der Marine angesehen werden. In keinem
Falle kann die doppelte Unterstellung der Schutztruppe unter das
Auswärtige Amt und das Reichs-Marine-Amt als vorteilhaft angesehen
werden. Eine Vereinfachung hierin erscheint als dringendes Bedürfnis
und man wird sich wohl auf die Dauer der Schaffung eines eigenen
Kolonial-Amtes, in dem die betreffenden Behörden vereinigt und dem
Leiter dieses Kolonial-Amtes unterstellt sein müßten, nicht entziehen
können.

Bei der Überleitung des Reichskommissariats in das Gouvernement wurden
die neu herausgesandten Beamten schon im Etat auffallend gut behandelt;
weit weniger kümmerte man sich um viele der älteren Wißmann-Offiziere,
für die der neue Etat geradezu eine bedeutende Verschlechterung
bedeutete; ein Teil derselben wurde im Jahresgehalt um 2400 Mark
heruntergesetzt. Junge Juristen, die Ostafrika im vorigen Jahre das
erste Mal erblickten und vorher daheim Assessoren gewesen waren,
erhielten für ihre wenig aufreibende Thätigkeit im reinen Küsten-
und Verwaltungsdienst ein Gehalt, das den Jahre lang in Afrika unter
allerlei Gefahren und Entbehrungen thätig gewesenen älteren Offizieren
genommen wurde; und wenn auch von den letzteren wohl kein einziger
allein aus materiellen Gründen draußen seine Thätigkeit fortsetzte, so
bewirkte doch diese Behandlung immerhin den Anfang einer Verstimmung.

Nachdem die Besetzung des Küstengebietes nach der erwähnten Einteilung
neu durchgeführt war, ging der Gouverneur daran, die Verwaltung in
seinem Sinne einzurichten. Es gehört nicht in den Rahmen dieses Buches,
ausführlich alles das, was nach der Uebergabe der Geschäfte durch von
Soden geschehen ist, zu beschreiben; es sollen nur in kurzen Zügen die
Ereignisse des letzten Jahres geschildert werden. Wißmanns Arbeit hatte
dem Gouverneur eine Basis geschaffen, auf welcher der letztere seine
Thätigkeit aufbauen konnte. --

Der in einem früheren Kapitel erwähnte Zug des Chefs Ramsay ins
Mukondogua-Thal und sein Abkommen mit den Wahehe hatte diese bewogen,
Gesandte nach der Küste zu schicken, die einen endgültigen Frieden
mit dem Gouverneur abschließen sollten. In Bagamoyo angekommen, wurde
den Leuten, da gerade damals das ganze Expeditionskorps in Bagamoyo
sich befand, ein Begriff von unserer Stärke beigebracht. Man gab sich
der Hoffnung hin, daß die Wahehe auf ihren Raubzügen jetzt etwas
vorsichtiger sein würden und jedenfalls die Karawanenstraße und Usagara
nicht mehr beunruhigen, sondern sich auf Kriege mit den Wagogo, Massai
und Warori beschränken würden. Die Wahehe heuchelten in jeder Beziehung
Unterwürfigkeit und versprachen alles, was von ihnen verlangt wurde.
Befremdlich war es jedoch, daß, nachdem die Gesandtschaft entlassen und
in ihr Land zurückgekehrt war, sogleich wieder ein neuer Einfall nach
Usagara gemacht und dieses wichtige Land aufs empfindlichste von den
Räuberhorden beunruhigt wurde.

Der Verkehr auf der nach Bagamoyo führenden Straße war vollständig
unterbrochen, unsere Schutzbefohlenen aus Usagara klagten ihre Not
nach Bagamoyo, sie meldeten, daß die deutsche Flagge in den Dörfern,
die sie geführt hätten, von den Wahehe herunter gerissen worden sei
und daß dieselben unsere Behörden verhöhnt hätten. Ein Eingriff der
Schutztruppe in dem bedrohten Gebiet war demnach selbstverständlich.
Der dem Gouverneur oder vielmehr, da dieser neu nach Ostafrika
gekommen war, seinen Beratern, -- und das waren diesem Falle wir, die
ältesten Offiziere, speziell der Verfasser als Bezirks-Hauptmann von
Bagamoyo, -- gemachte Vorwurf, daß die gegen die Wahehe ausgerüstete
Strafexpedition leichtsinnig und überflüssig gewesen wäre, ist durchaus
unverständlich.

Die Frechheit der Wahehe, welche über unsere Leichtgläubigkeit und
die ihnen bewiesene Nachsicht nur spotteten, mußte bestraft werden,
die Bewohner der blühenden Ortschaften im Mukondoguathal durften
nicht in ihrem Vertrauen auf uns getäuscht werden, die Ruhe an
der Karawanenstraße mußte hergestellt werden: das waren doch wohl
vollwichtige Gründe, aus denen der Verfasser beim Gouverneur die
Ausrüstung einer Expedition, die schleunigst von Bagamoyo in die
bedrohte Gegend marschieren sollte, beantragte. Die Führung derselben
wurde auf seinen Vorschlag vom Gouverneur ursprünglich dem Verfasser
zugedacht; Nachrichten indes, welche aus Kilwa nach Daressalam drangen
und besagten, daß dort die Mafiti wie alljährlich einen Einfall in
das Hinterland von Kilwa gemacht hätten und bis ganz dicht an die
Stadt vorgedrungen wären, machten zunächst ein Einschreiten um Kilwa
notwendig, da hier die Küstenbevölkerung selbst bedroht schien.

So ging denn der Kommandant der Schutztruppe von Zelewski mit dem
gesamten Expeditionskorps von 4 Kompagnien nach Kilwa, um nach
Beseitigung der Mafiti-Gefahr im Einverständnis mit dem Gouverneur
durch das Hinterland über den Rufidji nach Usagara zu marschieren. Der
Verfasser hat sich zu jener Zeit in Daressalam dahin ausgesprochen, daß
dieser Marsch ihm nicht empfehlenswert erschien. Ein Eingreifen des
Expeditionskorps war allerdings zunächst bei Kilwa absolut notwendig.
Indes nach Beseitigung der Gefahr von Kilwa wäre die Überführung
der für die Wahehe-Expedition notwendigen Truppen durch Dampfer
nach Bagamoyo richtig gewesen, von wo aus dann die Expedition in
Eilmärschen auf der Karawanenstraße nach Mpapua hätte vorgehen können.
In Mpapua lag die Möglichkeit vor, aus den Reihen der Wagogo und
Massai, den Feinden der Wahehe, für uns sehr wertvolle Bundesgenossen
zu erhalten, durch diese mehr gesichert, von Mpapua aus nach Süden
in Uhehe einzudringen und hier nach Osten auf Kondoa herumzugreifen.
Der Zweck eines Marsches durch das Hinterland von Kilwa erschien aus
militärischen und politischen Gründen verfehlt. Die Schwierigkeiten,
die sich der Verpflegung einer großen Truppe entgegenstellen mußten,
die Notwendigkeit, daß man nicht zu unterschätzende, räuberische Stämme
zu passieren hatte, die uns einerseits immer ausweichen, andererseits
aber in ungünstiger Gegend, auf Lagerplätzen und beim Marsch leicht
gefährlich werden konnten, sprachen zu laut dagegen. Im besten Falle
war dieser Marsch eine gute Sports-, vielleicht auch eine geographische
Leistung, aber einen bedeutenden Erfolg konnte er nicht haben. Die
Absicht, nach Mpapua zu gehen und von hier aus die Expedition durch
Verbündete aus den Reihen der genannten Stämme zu verstärken, hatte
der Kommandant ebenfalls, aber er wollte von Kilwa aus nach Mpapua
gelangen; der Gouverneur genehmigte trotz der zur Sprache gekommenen
Bedenken diesen Plan.

Um Zeit zu sparen, war Zelewski gezwungen, nach der Ankunft am
Jombofluss von dem Marsch nach Mpapua Abstand zu nehmen und die
Expedition von diesem Flusse aus direkt nach Uhehe zu führen. Auf
dem bisherigen Marsche waren die Mafiti nirgends angetroffen worden,
sondern überall der marschierenden Truppe ausgewichen; bei Kilwa
selbst fand man auch nur ein verlassenes Lager der Mafiti vor.
Das Land der nördlichen Mahenge wurde passiert und mit diesen ein
durchaus friedlicher Verkehr gepflogen. Aber auch da zeigte sich die
Unzuverlässigkeit gerade dieser Stämme. Nachdem das Expeditionskorps
kaum ihr Land verlassen hatte, benutzten sie die Gelegenheit zu einem
Einfall nach Usaramo, in der Annahme, daß nun an der Küste nicht mehr
genügend starke Kräfte vorhanden seien, um ihnen entgegenzutreten.

Nach der Überschreitung des Rufidji war eine Zulukompagnie vom
Expeditionskorps nach Daressalam zurückgeschickt worden, um für etwa
notwendige Unterstützungen hier zur Verfügung zu stehen, und wurde der
Weitermarsch mit nur drei Kompagnien vorgenommen. Vom Jomboflusse aus
ging es mehr südlich nach Uhehe hinein. Die Wahehe, die nirgends einen
ernstlichen Widerstand leisteten, wurden überall vertrieben und ihnen,
da sie eben allerorten zurückwichen, die einzig mögliche Strafe durch
Niederbrennung ihrer Tembes (befestigte Ortschaften) und Plünderung
ihres Eigentums zu Teil.

Am 17. August ereilte die Expedition ihr unglückliches Schicksal. Als
die Kolonne in der Gegend von Lula das in Uhehe häufig sehr coupierte
und stark bewachsene Terrain passierte, wurde sie in ihrer ganzen Länge
gleichzeitig von den nach Tausenden zählenden Wahehe-Horden, die auf
dem Marsche einen Hinterhalt gelegt hatten, plötzlich überfallen, und
gleich im Anfang des sich entspinnenden Gefechtes die meisten Europäer
der Truppe, an ihrer Spitze der Kommandeur, niedergemacht. Insgesamt
bedeckten die Leichen von 10 Europäern, 250 farbigen Soldaten und etwa
100 Trägern das Schlachtfeld.

Es wurde gleich zuerst bekannt, daß auch die Wahehe ungeheure Verluste,
wie sie solche bis dahin noch nie gehabt, erlitten hätten, doch wurde
dies zuerst wenig geglaubt, weil die näheren Umstände, unter denen die
Schutztruppe überfallen war, es höchst zweifelhaft erscheinen ließen.
Indes scheint es doch nach den einstimmigen Angaben der Wahehe, als
müsse man die Zahl der auf ihrer Seite Gefallenen auf annähernd 900
annehmen; dem Verfasser will auch heute noch die angegebene Zahl ganz
unglaublich scheinen.

Die gefallenen Offiziere waren der Kommandeur von Zelewski, die
Lieutenants von Zitzewitz, von Pirch, Arzt +Dr.+ Buschow, die
Unteroffiziere Herrich, von Tiedewitz, Schmidt, Tiedemann, Hemprich
und Büchsenmacher Hengelhaupt: ein nicht nur durch die große Zahl
der Gefallenen, sondern insbesondere durch den persönlichen Wert und
die in Afrika erwiesene außerordentliche Tüchtigkeit der einzelnen
außerordentlich schmerzlicher Verlust für die Truppe.

Von den verschiedensten Seiten ist behauptet worden, Kommandeur v.
Zelewski trage die alleinige Schuld an dem Unglück, das ihn und seine
Truppe betroffen; seiner nicht zu entschuldigenden Sorglosigkeit
sei die Herbeiführung der Katastrophe zuzuschreiben. Es hat diese
Beurteilung ihres Kommandeurs die Offiziere der Schutztruppe auf das
schmerzlichste berührt, da gerade Herr v. Zelewski ein durch seine
Umsicht und Vorsicht bekannter Offizier war. Bei den schwierigen
Terrainverhältnissen der Landschaft Uhehe kann nicht der bei uns für
Marschsicherung etc. geltende Maßstab auf die Expedition angelegt
werden.

Das tiefe Eindringen der Expedition in die Landschaft Uhehe ist
aus der Absicht des Expeditions-Führers zu erklären, die vorher
auf der Expedition erlangten Vorteile über den räuberischen Stamm
militärisch gründlich auszunutzen. Ob indes das vom rein militärischen
Gesichtspunkt richtige weite Vordringen ins Innere auch politisch
zweckmäßig war, bleibe dahingestellt. Zweifellos muß zugegeben werden,
daß von Zelewski den Charakter der Mafitistämme, mit denen er früher
nicht in Berührung gekommen war, nicht ganz erkannt hat. v. Zelewski
war ausschließlich Soldat, das aber mit Leib und Seele, ebenso ein
tüchtiger Organisator, als welcher er Wißmann speziell bei der
Organisation der Truppe stets helfend zur Seite stand.

Die Reste der Expedition wurden durch den Lieutenant von Tettenborn,
der auf dem Marsche die Arrieregarde kommandierte, und der beim
Überfall selbst in das Gefecht nicht verwickelt wurde, zunächst nach
Kondoa und von dort nach der Küste zurückgeführt. An Europäern waren
der Katastrophe entgangen mit Herrn von Tettenborn Lieutenant v.
Heydebreck, der im Gefecht selbst verwundet worden war, der Feldwebel
Kay und der Unteroffizier Wutzer, dazu 64 farbige Soldaten, darunter
die Offiziere Murgan Effendi und Gaber Effendi.

Da Herr von Heydebreck gleich anfangs durch einen erhaltenen
Keulenschlag besinnungslos geworden war, fällt jenen beiden schwarzen
Offizieren, -- die übrigen Europäer hatten sich im eigentlichen Gefecht
nicht befunden, -- das Verdienst zu, mit den noch vorhandenen Truppen
einen sehr energischen Widerstand geleistet zu haben. Von den Wahehe
wird angegeben, daß gerade bei diesem Gefecht die Zulus sich ungemein
schneidig benommen haben, die Gefallenen der Zulus hätten ihr Leben
sehr teuer verkauft.

Leider verboten die Umstände dem ältesten Offizier der Expedition,
Lieutenant von Tettenborn, bis in das Terrain, wo der Überfall
stattgefunden hatte, mit dem intakten Rest der Truppe vorzudringen.
Er mußte, um nicht Alles aufs Spiel zu setzen, sich auf die Besetzung
einer Tembe vor der Unglücksstätte beschränken, wo er den angreifenden
Wahehe erfolgreich Widerstand leistete, und die aus dem Überfall
entkommenen Truppen um sich sammelte. Tettenborn übernahm alsdann
die Leitung des Rückzugs nach der Küste, nachdem die Europäer und
Soldaten hatten mitansehen müssen, wie die teuren gefallenen Kameraden
unbestattet vor ihren Augen durch Anzünden des Grases verbrannt wurden.
Die Geschütze -- 2 Maxim-Guns und 1 4,7 +cm+ Geschütz, -- wie die
Mehrzahl der Gewehre und Munition hatte man in den Händen der Gegner
zurücklassen müssen.

Nach den zu uns gelangten Berichten haben die Wahehe, wie bereits
erwähnt, bedeutende Verluste gehabt und ihre besten Krieger, auch einen
Teil der Unterhäuptlinge, im Kampfe mit der Expedition verloren; von
den letzteren soll außerdem der Oberhäuptling der Wahehe mehrere haben
hinrichten lassen. Der Oberhäuptling befand sich nach der Katastrophe
in steter Furcht vor einer Racheexpedition unsererseits und soll
überhaupt den Überfall der Expedition, von dem er selbst keine Kenntnis
gehabt haben will, nicht gebilligt haben.

Die Katastrophe wirkte auf die Soldaten der Schutztruppe ungemein
demoralisierend und machte auch die Bewohner an der Küste übermütig.
Die letzteren waren dem Gouverneur von Soden so wie so nicht
wohlgesinnt: einmal wegen seiner Steuermaßregeln und dann, weil er der
Bevölkerung, insbesondere den Großen derselben, nicht die ihnen sonst
immer zu Teil werdende Beachtung schenkte und sich über die im Orient
nun einmal üblichen Umgangsformen und Äußerlichkeiten hinwegsetzte; auf
der andern Seite lavierte der Gouverneur mit den Eingeborenen häufig
gerade an der unrechten Stelle.

Hätte nach der Katastrophe ein Rachezug mit der nötigen Macht, mit
intakten oder nicht entmutigten Truppen gemacht werden können,
wäre dies für uns außerordentlich günstig gewesen, aber leider war
dies ausgeschlossen; es mußte erst eine Rekrutierung in der Truppe
abgewartet werden.

Die Wahehe knüpften durch die Araber in Kondoa Friedensverhandlungen
mit dem Gouverneur an und boten die Auslieferung der erbeuteten
Kanonen, Gewehre und Munition an, sowie Zahlung einer Strafe in
Elephantenzähnen und Rindvieh. Es wurde von einer Strafexpedition
abgesehen; die Verhandlungen mit den Wahehe, bei welchen der Gouverneur
durch den +pater superior+ der Mission in Longa vertreten war,
kamen aber nicht recht in den Gang, sodaß inzwischen einige der
Mauser-Gewehre mit Munition von den Wahehe nach den verschiedensten
Plätzen verkauft wurden und sogar bis auf den Markt nach Tabora kamen.
Inzwischen schwoll den Arabern und Belutschen von Kondoa, die von jeher
nicht gerade von der besten Sorte waren, der Kamm.

Der in Afrika wohlbewährte Lieutenant Prince, welcher zur Unterdrückung
von etwa in Kondoa vorkommenden Unruhen daselbst mit einer Truppe
von ca. 100 Mann sich befand, hatte mit dem Geologen +Dr.+ Lieder,
den er dort getroffen, die Absicht, auf die Einleitung von
Friedensunterhandlungen von Seiten der Wahehe hin, nach dem Schauplatz
der Zelewskischen Katastrophe abzumarschieren. Lieder hatte hinreichend
Gelegenheit gehabt, die Mafitistämme im Norden wie im Süden kennen zu
lernen; er wie Prince hatten das sehr richtige Gefühl, es müßten die
Überreste der auf dem Kampfplatz gefallenen und verbrannten Europäer
und Soldaten beerdigt werden. Sie verlangten daher von den Wahehe
Stellung von Geißeln, damit sie mit ihrer Truppe die Aussicht hätten,
sicher hin- und zurückzukommen, ebenso Stellung von
Begleitmannschaften.

Die Herren wurden jedoch durch einen Befehl des Gouverneurs, der durch
die Missionare zu verhandeln wünschte, an der Ausführung ihrer Absicht
gehindert. Die Verhandlungen, welche der Gouverneur mit den Wahehe
dann durch die Missionare angeknüpft hat, sind jetzt als gescheitert
und wir als die Getäuschten zu betrachten. Es wird zwar angegeben, der
Oberhäuptling der Wahehe wünsche ehrlich Frieden mit uns Deutschen zu
halten, doch besteht das Faktum, daß er die geraubten Geschütze und
Gewehre wie Munition zur Zeit noch nicht ausgeliefert hat. Es ist bei
solchen Räuberstämmen, wie die Wahehe sind, überhaupt von vornherein
falsch, zuviel auf Besprechungen und Betheuerungen zu geben. Die
Grundlage, auf der die Herren Prince und Lieder verhandeln wollten,
nämlich nach Stellung von Geißeln, war die einzig richtige. So aber ist
unsere Würde bei den Verhandlungen nicht gewahrt worden, auch haben
unsere braven Gefallenen in Uhehe noch kein christliches Grab erhalten!

Die Massai, die Erbfeinde der Wahehe, mit denen zuletzt der
Stationschef von Mpapua, Lieutenant von Elpons, ein gutes Verhältnis
erhalten hatte, baten diesen nach der Katastrophe um die Erlaubnis, nun
ihrerseits über die Wahehe herfallen zu dürfen; von Elpons mußte ihnen
jedoch seiner dringenden Instruktion vom Gouverneur gemäß diese Bitte
abschlagen. --

Es sei gestattet, bei dieser Gelegenheit einiges über die
Schwierigkeiten, die sich auf Expeditionen häufig darbieten, zu sagen.
Wesentlich von Belang ist der Zweck der Expedition und das Verhältnis
derselben gegenüber den Eingeborenen: ob diese die Expedition von
vornherein als feindlich ansehen oder nicht. Bei den Expeditionen der
Schutztruppe, soweit diese Straf-Expeditionen sind, oder zur Ausdehnung
der Macht an Stellen dienen sollen, wo sich die eingeborene Bevölkerung
selbständig zu halten sucht, tritt natürlich das Ziel der Expedition
den Eingeborenen selbst als ein ihnen direkt feindliches vor Augen, und
werden sie einer solchen Expedition nach Möglichkeit Schwierigkeiten im
Vordringen entgegensetzen.

Anders ist es bei Expeditionen einfacher Reisender, die blos den Zweck
haben, durch das Land zu marschieren, in demselben aber keinerlei
Hoheitsrechte auszuüben. Für solche Expeditionen kann man sagen, daß
je klarer den Eingeborenen das friedliche Ziel derselben vor Augen
tritt, desto leichter das Vorwärtskommen der Expedition sein wird. Es
kommt also oft vor, daß das Mitnehmen von einer geringen Menge von
Soldaten oder überhaupt gar keiner Soldaten die Expedition ungemein
erleichtert. So ist es auch erklärlich, daß Missions-Expeditionen und
wissenschaftliche Expeditionen mit viel geringeren Mitteln als die
Expeditionen unserer Schutztruppe ausgeführt werden können, da deren
friedliche Bestrebungen im allgemeinen bekannt sind, wenngleich auch
hier natürlich Ausnahmen von der Regel vorkommen. Denn auch solche
Expeditionen leiden zuweilen unter der Raubsucht einzelner Häuptlinge
oder deren Rachgier für irgend welche früheren Ereignisse.

Befassen wir uns hier indes nur mit den Expeditionen, wie sie von
Seiten der Schutztruppe häufig nötig werden. Die Expeditionen
richten sich zum Teil gegen Völkerstämme, die mit Gewehren, bei
Beginn der Niederwerfung des Aufstandes sogar mit allen möglichen
Hinterladergewehren und deren Munition reichlich versehen sind, zum
Teil gegen Stämme, welche nur die einheimischen Waffen führen. Diese
Waffen sind entweder Speere, nämlich ein großer Stoßspeer und mehrere
kleine Wurfspeere, oder Bogen und Pfeile nebst Keulen, zuweilen beide
Arten der Bewaffnung bei demselben Gegner, aber nie in der Hand eines
Einzelnen vereinigt.

Es wird häufig angenommen, daß allein die Bewaffnung unserer Gegner mit
Gewehren für uns nachteilig sei. Dies ist nicht immer der Fall, denn
gerade die ausschließlich mit Speeren kämpfenden Völkerstämme sind in
ganz Ostafrika unter den Eingeborenen die bei weitem gefürchtetsten.
Sie verlassen sich nicht, wie die übrigen Eingeborenen, auf die
Überlegenheit der Feuerwaffen, sondern ganz allein auf die Wucht ihres
Angriffs und die Überlegenheit ihrer im Nahkampfe hervortretenden
Persönlichkeit, wie sie auch stets durch größeren Mut vor andern
Völkerstämmen ausgezeichnet sind. Auch sind gerade diese Stämme
diejenigen, welche durch die Benutzung von Hinterhalten, durch
Überfälle jeder Art bei Tag und bei Nacht, ihrem Gegner gefährlich
zu werden suchen, und welche die größten Marsch- und sonstigen
körperlichen Leistungen verrichten.

Es soll damit nicht gesagt sein, daß es unter den Gewehrkriegern nicht
auch vorzüglich organisierte Scharen gäbe. Solche sind z. B. im Süden
die Wahiyao Maschembas und andere, die während des Aufstandes durch die
fortwährenden Kämpfe mit uns klug geworden sind und namentlich, wie
früher Bana Heri mit seinen Leuten, die Ausnutzung des Terrains uns
gegenüber gelernt haben. Sie haben mit der Zeit erfahren, daß sie auch
in gut befestigten Stellungen uns auf die Dauer nicht zu widerstehen
vermögen, sondern daß ihre Stärke uns gegenüber gerade der dichte
afrikanische Busch ist. In diesem Busch liegt für uns die Hauptgefahr,
wofern er nicht überall so undurchdringlich ist, daß auch unsern
leichter beweglichen Gegnern die Benutzung desselben zu unserm Nachteil
unmöglich gemacht wird. Auf den Märschen unserer Expeditionen können
ja bekanntlich nur die schmalen Fußstege benutzt werden, von denen die
hauptsächlichsten die Karawanenstraßen sind.

Das Terrain zu den Seiten dieser Wege ist je nach der Jahreszeit und
der Örtlichkeit mit mehr oder weniger hohem und dichtem, trocknem oder
grünem, zuweilen doppelt mannshohem Grase bewachsen, teils von dem
afrikanischen Busch durchzogen, mit Mimosen und Lianen bestanden, und
bietet so ein recht bedeutendes Bewegungshindernis wenigstens für uns
und für unsere mit Gepäck versehenen, mit Munition, Ausrüstungs- und
Montierungsstücken belasteten Soldaten.

Eine andere Art der Bewachsung, wie solche sich fast überall
im nördlichen Mahenge, in Uhehe, Ugogo und im größten Teil des
Hinterlandes unseres südlichen Küstengebietes befindet, besteht aus
völlig undurchdringlichem Dickicht. Zuweilen sind dann selbst die
schmalen Fußpfade sehr schwer, besonders von Lastträgern, zu passieren.
Man muß sich ohne Gepäck entweder bücken, oder sogar kriechen, nur
um überhaupt fortzukommen. Die Fußpfade schlängeln sich von rechts
nach links, vorwärts und wieder rückwärts, so daß es in solchem
Terrain ungeheuer schwer ist, nur die allgemeine Marschrichtung
im Auge zu behalten. Hier ist eine Sicherung natürlich gänzlich
ausgeschlossen; doch bietet uns da die Eigenart des Terrains selbst
einen natürlichen Schutz. Von speerkämpfenden Stämmen droht uns auf
dem Marsche durch solches Gebiet keine Gefahr, unter Umständen
dagegen von Büchsenkämpfern. Diesen ist natürlich immer ihr Land mit
allen seinen Seitenpfaden besser bekannt als uns, sie können etwaige
in diesem Terrain vorhandene Blößen geschickt benutzen, wie sie dies
auch thatsächlich verstanden haben. Sie setzten des öfteren durch ein
plötzliches, unerwartetes Schnellfeuer die Truppe in Verwirrung und
brachten ihr Verluste bei.

Auf solchen sich lang hinziehenden Märschen hat der Führer selbst wenig
Gelegenheit und Möglichkeit einzugreifen, es liegt dann alles in der
Hand der Unterführer, speziell der einzelnen Zugführer. Man wird dann
häufig gut thun, das Feuer, wenn es kein ernstlich anhaltendes ist,
ganz zu ignorieren, um nicht unnütz gegen einen unsichtbaren Feind
Munition zu verschwenden; ist man indes genötigt, ein anhaltendes Feuer
zu erwidern, so kann gerade in solchem Terrain auf den unregelmäßig
sich dahinziehenden Pfaden die eigene Truppe durch eine abgegebene
Salve stark gefährdet werden. Man wird, wie erwähnt, die Marschrichtung
in vielen Fällen nicht genau kennen, und unter Umständen einen davor
oder dahinter marschierenden Teil der Truppe, der sich im Holze in
einer Wegekrümmung gerade in der Schußlinie befindet, durch das
Schießen in Gefahr bringen. Im übrigen findet eine Sicherung auf dem
Marsch unserer Expeditionen stets durch die Voraussendung einer Spitze
oder mehr oder minder großen Avantgarde je nach den Verhältnissen
statt. Nach vorn ist unter allen Umständen eine Sicherung möglich.

Ein weiteres bedeutendes Sicherungsmittel erblickt der Verfasser in der
Mitnahme eines Maxim-Guns, vorausgesetzt, daß zur Bedienung desselben,
-- welches ja für Ostafrika den entschiedenen Nachteil der Komplikation
in seinem System hat, -- ein Techniker zur Verfügung steht. Wenn das
Maxim-Gun ziemlich an der Tête der Kolonne, gedeckt etwa durch einen
Trupp von 20 vor demselben marschierenden Leuten, getragen wird, so
ist es im Augenblick zusammenzusetzen, und gestattet dann eine recht
schnelle und intensive Feuerwirkung. Nach vorn hin auf dem einfachen
schmalen Fußstege, wo die Entfaltung einer breiten Front unmöglich ist,
ersetzt es reichlich die Feuerwirkung einer Kompagnie und vermag ebenso
auch nach allen Seiten ein intensives Feuer abzugeben. Bezüglich der
sonst mitzuführenden Artillerie schlägt der Verfasser 3,7 +cm+
Geschütze wegen des geringen Gewichts, der Leichtigkeit des Transportes
und der genügenden Feuerwirkung vor.

Zu bedenken ist, daß bei größeren Expeditionen der Mitnahme von
Patronen wegen der großen Zahl der erforderlichen Träger doch ein Maß
gesetzt ist, obgleich ja unsere Soldaten je nach den Verhältnissen
immerhin 100-150 Patronen, teils eingenäht in ihre Patronentaschen,
teils im Tornister oder Brotbeutel bei sich tragen. Es muß einem
leichtsinnigen Patronenverbrauch auf Expeditionen aufs entschiedenste
vorgebeugt werden und sind die Soldaten hierin aufs Strengste zu
kontrolieren. Eine Sicherung, wie sie von einer Seite vorgeschlagen
worden ist: daß man in unübersichtliches coupiertes Terrain der
Kontrolle halber Salven hereinschießen läßt, ist schon aus diesem
Grunde ausgeschlossen.

Eine weitere Sicherung wird zwar -- außer in der erwähnten dritten,
besonders coupierten und bewachsenen Art des Terrains -- möglich,
aber fast immer schwierig sein, nämlich eine Sicherung durch
Seitenpatrouillen. Abseits des Weges ergeben sich für die seitlich
detachierten Truppen oder die Seitenpatrouillen weit bedeutendere
Hindernisse, als für das den Weg benutzende Gros. Man kommt daher, wenn
die Seiten-Detachements oder -Patrouillen nicht seitlich hinter der
Truppe zurückbleiben und somit ganz ihren Zweck verfehlen sollen, in
die Notwendigkeit, das Marschtempo der Truppe bedeutend zu verkürzen.
Hierdurch verzögert sich der Marsch einer Expedition sehr erheblich,
das Seitendetachement wird stark ermüdet, der Marsch von Expeditionen,
die sonst die Dauer einiger Wochen in Anspruch nehmen, erfordert
eine unendlich längere Zeit für ihre Durchführung, und kosten die
Expeditionen demgemäß viel mehr Geld und Anstrengung. Es ergiebt
sich hieraus als praktisch, diese Seitensicherung in solchem Terrain
nur dann eintreten zu lassen, wenn sie unbedingt nötig erscheint.
Da unsere Expeditionen sich übrigens häufig durch Gegenden bewegen,
wo man absolut vor Überfällen sicher ist, wäre es eine Zeit- und
Geldvergeudung, mit solchen komplizierten Sicherheitsmaßregeln zu
marschieren.

Natürlich ist, besonders in Feindesland und in unsicheren Gegenden,
jeder sich seiner Verantwortung bewußte Führer verpflichtet, alle
möglichen Vorsichtsmaßregeln anzuwenden. Beurteilen zu können, wo und
wann diese Vorsichtsmaßregeln nötig sind, muß unbedingt vom Führer
einer Expedition verlangt werden. Er wird auch stets dazu in der Lage
sein, namentlich wenn er es versteht, sich geeignete Vertrauensleute
zu halten, welche Fühlung mit den Bewohnern der von ihm durchzogenen
Gebiete haben. Hat der Führer solche Leute zur Hand, und das muß er
haben, so hat er durch sie eine ganz wesentliche Garantie für die
Sicherheit des Marsches.

Eine ebenfalls große Sicherheit bieten irreguläre Truppen aus den
Eingeborenen selbst, welche die Expedition begleiten. Solche werden
bei den ostafrikanischen Verhältnissen, speziell bei der zwischen den
einzelnen Stämmen bestehenden Feindschaft, in der Regel zu haben sein.
Sie sind besonders gut am Tage zum Aufklärungs-und Patrouillendienst
jeder Art zu verwenden, auch zu detachieren, und kommen hervorragend
gegen die Mafiti in Betracht, welche besonders, wie schon erwähnt,
durch ihre ungeheure Elastizität, große Beweglichkeit und ihre
Marschleistungen uns gefährlich werden. Die Mafiti sind, soweit dem
Verfasser bekannt ist, in Ostafrika die einzigen Krieger, welche das
leicht bewachsene Terrain seitwärts der Wege ohne Rücksicht auf diese
in ~breiter~ Kolonne, häufig im Laufschritt, durchschreiten und
so in der Lage sind, plötzlich und mit großer Wucht in Frontbreite
aufzutreten. Beim Bivouak kann eine große Zahl Irregulärer dadurch
wesentlich zur Sicherung unseres kostbaren Soldatenmaterials beitragen,
daß man um das in der Regel im Kreise oder sonst in einer dem
Terrain angepaßten Form errichtete Lager der eigentlichen regulären
Expeditionstruppen in weiterem Umkreise die irregulären ein Lager
beziehen läßt, gewissermaßen als dichte nächste Postenkette; dieses
Lager wird wiederum in noch weiterem Umkreise durch mehr oder weniger
dichte Vorposten der Truppe gesichert.

Das Alarmieren bei Nacht wird selbstverständlich für solche Zwecke
besonders eingeübt. Ein Feuergefecht aus dem Lager heraus zur Nachtzeit
ist indes, soweit angängig, zu vermeiden und namentlich nicht auf
das Schießen ~einzelner~ Gegner, die keinen oder wenig Schaden
anrichten, allgemein aufzunehmen.

Für eine marschierende Truppe liegt ferner ein großer Nachteil in der
Unzuverlässigkeit der angenommenen Träger, die häufig ihre Lasten
wegwerfen und durch Flucht Unordnung und Bestürzung in die Expedition
bringen. Bei der Notwendigkeit, häufiger Expeditionen zu unternehmen,
würde die Ausbildung ordentlicher bewaffneter Trägerkolonnen, die auch
zugleich als Arbeiter auf den Stationen dienen könnten, nützlich sein.

Ein von Herrn von Zelewski gemachter Versuch, die Träger zum Teil
wenigstens durch Lasttiere zu ersetzen, nämlich für den Transport
des für Kriegszwecke notwendigsten Materiales an Geschützteilen und
Munition für die Geschütze, das Maxim-Gun und Gewehrmunition, ist als
gescheitert zu betrachten. Zwar kann man rechnen, daß ein Esel zwei
Trägerlasten bei entsprechender praktischer Verpackung auf sich nimmt,
doch erfordern, wenn die Expedition nicht gar zu sehr aufgehalten und
die Ordnung gewahrt sein soll, immerhin zwei Esel einen Treiber, und
erweist sich, wie man bei der Zelewskischen Katastrophe gesehen hat, im
kritischen Moment diese Art als unpraktisch, da die Tiere scheu werden,
durcheinander rennen und Unordnung in die Kolonne bringen. --

Es mögen nun noch die anderen unter dem Gouvernement im Jahre 1891
unternommenen Expeditionen kurz Erwähnung finden.

Im nördlichen Nguru vorgekommene Unruhen und Belästigungen der
Eingeborenen durch Wakuafi und Massai machten ein Einschreiten von
unserer Seite notwendig. Der Verfasser unternahm daher im Juni vorigen
Jahres, da das in Frage kommende Gebiet zum Hinterlande seines Bezirkes
gehörte, eine Expedition durch Usegua, Nguru und Usagara, durch welche
es gelang, ein vollkommen friedliches Verhältnis mit den Eingeborenen
herzustellen und auch die räuberischen Wakuafi zur Vernunft zu
bringen. Ebenso wurde die vorher bedroht erscheinende französische
Missionsstation in Nguru, Mhonda, vollkommen sicher gestellt.

Nicht von geringem Nutzen war bei dieser Expedition die Hülfe Bana
Heris, dessen Einfluß auf die Eingeborenen sich der Verfasser zu
nutze gemacht hatte, und dessen Sohn Abdallah ebenso wie der des
öfteren erwähnte Jumbe Makanda von Bagamoyo auf der Expedition
mitgenommen wurden. Der früher bereits öfters angeführte Jehasi war
bei den Streitigkeiten der Wanguru mit den Wakuafi bei Einnahme einer
Wakuafi-Tembe gefallen.

Bereits im Juli war der Verfasser von dieser Expedition nach Bagamoyo
zurückgekehrt und führte in dieser Zeit teils die Bezirksgeschäfte
in Bagamoyo, teils vertrat er den auf der Wahehe-Expedition sich
befindenden Kommandeur v. Zelewski in Daressalam. Da machte sich durch
inzwischen erfolgte Einfälle der nördlichen Mafiti nach Usaramo die
Unternehmung einer Expedition gegen diese zur Sicherung der gefährdeten
Wasaramo notwendig. Alle an der Küste noch disponiblen Truppen wurden
vereinigt, die vom Kommandeur zurückgeschickte Zulu-Kompagnie, sowie
aus Pangani, Bagamoyo und Daressalam herausgenommene Truppen wurden
in Bagamoyo als Expeditionskorps zusammengezogen, und der Verfasser
unternahm mit den Offizieren, Kompagnieführer End und Lieutenant
Prince, wie dem Arzt +Dr.+ Kanzki die erwähnte Expedition.
Dieselbe durchzog zunächst Usaramo in südwestlicher Richtung nach
Tununguo hin, wo fast alle Dörfer aus Furcht vor den Mafiti verlassen
waren, außerdem beredte Zeugnisse für die Grausamkeiten der Mafiti, wie
sie in diesem Buche gelegentlich der Erwähnung des Mafiti-Einfalls im
Jahre 1889 bereits geschildert sind, gefunden wurden. Sodann wurde der
Kingani bei Mafiti überschritten und nach der Missions-Station Tununguo
marschiert. Von dort aus richtete sich der Marsch direkt ins Land der
nördlichen Mahenge, welche große Komplexe von Kutu occupiert haben und
die Wakutu in großer Abhängigkeit von sich halten. Die Bestrafung der
Mafiti war für die Expedition nicht so bequem wie vor zwei Jahren, wo
das Eingreifen Gravenreuths nur 5 Stunden von Bagamoyo nothwendig war.
In ihrem Lande wurden die Mafiti nur im Dorfe Korongo angetroffen,
doch räumten sie auch diesen Ort nach dem vollständig überraschenden
Eintreffen der Expedition bald nach Eröffnung des Feuers. Im übrigen
zogen es die Mafiti vor, uns überall auszuweichen. Für die Expedition
lag die Gefahr nahe, daß das ungemein coupierte, für uns selbst auf den
schmalen Fußstegen nur schwer zu passierende Terrain von den gewandten
leichtfüßigen Mafitis zu einem Überfall gegen uns benutzt werden
könnte. Wir mußten uns daher, so gut es ging, gegen Überraschungen
sichern.

In Hongo fanden wir eine Anzahl der von den Mafiti gefangenen Wasaramo
noch vor und setzten dieselben in Freiheit. Im übrigen beschränkte sich
der Verfasser darauf, den Mahenge in ihrem Lande, wo sie ebenfalls
überall zurückwichen, die einzig mögliche Strafe zu teil werden zu
lassen, nämlich sie an ihrem Hab und Gut nach Kräften zu schädigen.
Es wurden alle Ortschaften niedergebrannt, die überaus reichlich
daselbst vorgefundenen Vorräte, soweit wir sie nicht aufbrauchen und
mit uns führen konnten, den Flammen preisgegeben, und die reichen,
wohlbestellten Felder der Eingeborenen, soweit es in der kurzen Zeit
möglich war, durch uns und die eingeborenen Hülfsvölker, -- welche
besonders der Häuptling Kingo von Morogro und einzelne andere mächtige
Häuptlinge in der Zahl von mehreren Hundert Mann der Expedition
gestellt hatten, -- verwüstet.

Diese grausame Art der Bestrafung ist bei eingeborenen Gegnern, die
man auf andere Weise nicht fassen kann, leider notwendig, und sie ist
den Eingeborenen auf die Dauer fühlbarer, als selbst erhebliche, ihnen
im offenen Kampfe beigebrachte Verluste an Menschenleben, die sie mit
der Zeit viel eher verschmerzen. Aber auch der Vermögensverlust übt
einen sehr lange anhaltenden Einfluß bei einem so gewohnheitsmäßigen
Räubergesindel, wie die Mafiti sind, nicht aus. Es wurde daher vom
Verfasser bereits als wirksames Mittel die Anlage einer Station in der
Landschaft Kisaki vorgeschlagen, die jetzt in Angriff genommen ist.

Es sei hier bemerkt, daß vielleicht in späterer Zeit gerade das
jetzt verrufene Mafitiland für unsere Kolonie eine größere Rolle
spielen wird. Wir haben im Kutuland einen der fruchtbarsten und
bestbewässertsten Distrikte unseres Gebietes, der in jeder Hinsicht
die reichsten Ernten liefert. Dann aber lehnen sich hier die
Sedimentärformationen an den Gneis der Uruguruberge an. Dort ist
nach dem Urteil des Herrn +Dr.+ Lieder, der einen großen Teil
der Gebiete Deutsch-Ostafrikas geologisch erforscht hat und den der
Verfasser damals in Uruguru (Teil von Kutu, an das Mafitiland grenzend)
traf, das Vorkommen von nutzbaren Mineralien im höchsten Grade
wahrscheinlich, deren Transport zur Küste keine Schwierigkeiten machen
würde. --

Von der Expedition nach Bagamoyo zurückgekehrt, erfuhr der Verfasser
die Trauernachricht von der Katastrophe in Uhehe. Abgesehen von einer
nach der Katastrophe abgesandten Rekognoszierungs-Expedition nach
Mpapua unter Lieutenant Prince fanden keine weiteren Expeditionen der
Schutztruppe ins Innere im Bezirk von Bagamoyo und den weiter südlichen
Bezirken statt, im Hinterland von Tanga dagegen wurde das Einschreiten
des Bezirkshauptmanns Krenzler durch eine unter den Wadigo vorgekommene
Erhebung notwendig.

Gerade der Umstand, daß unter einem bisher so wenig kriegerischen,
geradezu für erbärmlich geltenden Stamme, wie die Wadigo, eine Erhebung
gegen die deutsche Herrschaft vorgekommen war, war kein günstiges
Zeichen und machte ein schleuniges Einschreiten notwendig. Die erste
zu diesem Zweck vom Bezirkshauptmann Krenzler unternommene Expedition
verlief ungünstig, da sich die Expedition wieder nach der Station Tanga
zurückziehen mußte. Eine zweite stärkere, ebenfalls von dem bald darauf
am perniziösen Fieber verstorbenen, um die Entwickelung von Tanga
hoch verdienten Hauptmann Krenzler geführte Expedition bewirkte die
Wiederunterwerfung der Wadigo.

Andere Kämpfe hatte am Kilimandscharo der dortige Reichskommissar
zur Verfügung des Gouverneurs, +Dr.+ Karl Peters, der als
Wirkungskreis das Kilimandscharo-Gebiet erhalten hatte, zu bestehen.
Nachdem Peters zunächst die Station Moschi mit der 9. Kompagnie der
Schutztruppe unter Kompagnieführer Johannes erreicht hatte, ging er
von dort aus weiter nach Osten, um hier eine neue nach seiner Ansicht
notwendigere Stations-Anlage zu schaffen. Hierfür wurde Marangu, der
Sitz des unbedeutenden Sultans Mareale, ausgesucht und der daselbst
von Peters gegründeten Station der Name Kilimandscharo-Station
beigelegt. Bei einer von dort mit einem Teil der Besatzungs-Kompagnie
gegen die Warombo unternommenen Expedition fiel der Sergeant Schubert
von der Schutztruppe, doch gelang es Peters, den Stamm, der sich nicht
unterwerfen wollte, zu strafen und unter die deutsche Herrschaft zu
bringen. -- In späterer Zeit fand +Dr.+ Peters Verwendung als
deutscher Kommissar bei der an unserer nördlichen Grenze vorgenommenen
Grenzregulierung gegen das englische Gebiet.

Nach der Katastrophe in Uhehe und der Rückkehr der Reste der
Expedition unter Tettenborn war durch die großen Verluste der
Schutztruppe eine vorläufige Umänderung in der Organisation derselben
geboten. Auf telegraphischem Wege gelangte eine Allerhöchste
Kabinets-Ordre nach Ostafrika, nach welcher der Gouverneur zugleich
das Kommando der Schutztruppe bis auf weiteres übernehmen sollte.
Da der Gouverneur jedoch nicht selbst Offizier war und daher eines
sachkundigen Beistandes bedurfte, wählte er hierzu den Verfasser, der
als militärischer Beirat nach Daressalam überzusiedeln hatte. Die
Maßregeln, welche vom Gouverneur teils mit, teils ohne Einverständnis
mit dem militärischen Beirat getroffen wurden, sind mehr innerer Natur
und bereiteten die spätere Änderung in der Organisation der Truppe
vor. In der äußeren Organisation wurden, -- abgesehen von einer durch
den Verfasser vorbereiteten Umgestaltung der Expeditions-Artillerie,
die dann wieder fallen gelassen wurde, -- die Reste der 6., 7. und
9. Kompagnie mit denen der 5., 8. und 10. vereinigt, so daß die
Schutztruppe nur noch 7 Kompagnien aufzuweisen hatte, die durch
Rekrutierung zu ergänzen waren. Diese Ergänzung wurde noch besonders
nötig, da auch ein Teil der alten sudanesischen Soldaten sich entweder
nicht mehr als dienstfähig erwies oder die Erlaubnis zur Rückkehr nach
Egypten erbat, und da auch die Zulus erklärten, nach Ablauf ihres
dreijährigen Kontrakt-Verhältnisses nicht mehr im Dienst bleiben zu
wollen.

Die Neuergänzungen sind von Major v. Wißmann in Egypten und
Kompagnieführer von Perbandt um Massaua herum, endlich im Gebiet der
Zulus von Inhambane aus vorgenommen worden, aber man erhielt nicht die
erwünschte Zahl, da die Rekrutierung bei den Zulus, auf deren Gelingen
man bestimmt gerechnet hatte, vollkommen scheiterte. Die Zulus, wird
ferner gesagt, würden sich entschieden weigern, über ihre Verpflichtung
hinaus, in der Schutztruppe zu verbleiben; es thut daher auf das
dringendste not, sich nach anderem Material umzusehen.

Sehr zu wünschen wäre die endliche definitive Herbeiführung einer
Organisation der Artillerie, so zwar, daß unsere hiesigen Feldgeschütze
als Positionsgeschütze auf den Küstenstationen, die 4,7 +cm+
für die Stationen des Innern, und 3,7 cm und Maxim-Guns für die
Expeditions-Artillerie dienen. Vor der Hand hat man darin noch gar
keine Organisation.

Der älteste Offizier der Kaiserlichen Schutztruppe, der des
öfteren in den früheren Kapiteln erwähnt worden ist, zuletzt als
Stellvertreter des Kaiserlichen Reichskommissars, +Dr.+ Karl
Wilhelm Schmidt, hatte die Oberführerstelle in der Truppe, d. i. die
zweite Stabsoffizierstelle erhalten. Man hatte in der Truppe geglaubt,
daß entweder der Oberführer, dessen Rückkehr nach längerem Urlaub
in Deutschland im Oktober vorigen Jahres erfolgte, zum Kommandeur
der Kaiserlichen Schutztruppe ernannt werden, oder daß ein hierzu
geeigneter deutscher Stabsoffizier als Kommandeur herausgesandt
werden würde. Das letztere wäre wohl möglich gewesen, da die
Stelle des Kommandeurs der Schutztruppe eigentlich der Hauptsache
nach eine Verwaltungs-Stellung ist und ihm die Fürsorge für das
Offizier-Korps obliegt. Andererseits konnte sich ja zur Ausübung des
praktisch-afrikanischen Dienstes der Kommandeur an die erfahrenen
Wißmannschen Offiziere halten. Die Heraussendung eines Stabsoffiziers
hätte also, wenn man dem +Dr.+ Schmidt trotz seiner zweifellos
auch großen militärischen Verdienste, -- wir erwähnen bloß die
Gefangennahme Buschiris, -- das Kommando der Schutztruppe etwa
prinzipiell nicht übertragen wollte, eine Enttäuschung im Offizierkorps
nicht veranlaßt. Die Stelle des Verfassers als militärischer Beirat des
Gouverneurs war von vornherein eine durchaus unhaltbare, da derselbe
zwar mit dem Kommando der Schutztruppe im Namen des Gouverneurs
beauftragt war, er der Anciennität nach aber im Offizier-Korps der
Schutztruppe erst der viertälteste Offizier war. Dazu kam noch die
Verschiedenartigkeit der Ansichten des Gouverneurs und des Verfassers.
Der zwischen beiden hervortretende prinzipielle Gegensatz veranlaßte
denn auch bald eine Änderung, so daß nach einem zwischen Daressalam
und Berlin gepflogenen Depeschenwechsel der Kommandant des Kreuzers
»Schwalbe«, Korvettenkapitän Rüdiger von dem Kommando der »Schwalbe«
entbunden und zum Stellvertreter des Gouverneurs ernannt wurde. Von
diesem erhielt Rüdiger insbesondere auch seine, des Gouverneurs
Vertretung im Kommando der Schutztruppe, und die Geschäfte wurden vom
Verfasser dem Herrn Kapitän Rüdiger übergeben. Rüdiger war zwar in
afrikanischen Festlandsangelegenheiten gänzlich unerfahren, brachte
aber ein großes Interesse unserer Kolonie entgegen und hat sich mit
größtem Eifer seinem neuen Amt gewidmet.

Der Verfasser, der als Beirat mit dem Gouverneur nur dann ersprießlich
zusammenwirken konnte, wenn Übereinstimmung in den Ansichten herrschte,
kehrte zunächst als Bezirkshauptmann nach Bagamoyo zurück, aber
sein Gesundheits-Zustand, besonders die seit der letzten Expedition
immer wiederkehrenden heftigen Erkrankungen an Malaria boten neben
den inneren Gründen die äußere Veranlagung für eine zweimonatliche
Beurlaubung nach Egypten zur Erholung. Dort angekommen wurde dem
Verfasser nach dem Tode Gravenreuths in Kamerun die Übernahme der
Gravenreuthschen Expedition telegraphisch angeboten. Er nahm dieselbe
an und wurde telegraphisch nach Berlin befohlen. Hier machten jedoch
wiederum Gesundheitsrücksichten seine Abreise nach Kamerun unmöglich,
sodaß der ebenfalls nach Deutschland beurlaubte Kompagnie-Führer Ramsay
die Führung der Expedition erhielt, während der Verfasser im Februar
1892 nach Ablauf seines Kommandos bei der Schutztruppe auf den beim
Reichskanzler eingebrachten Antrag des Gouverneurs aus der Schutztruppe
ausschied.

Das letzte Jahr riß auch außerdem große Lücken in den Reihen der
früheren Offiziere Wißmanns; von den im Frühjahr 1889 herausgegangenen
Offizieren gehören zur Zeit nur noch folgende Herren der Schutztruppe
an:

 Frhr. v. Eberstein, Leue, Johannes, von Perbandt, von Sivers (dieser
 war als Fachmann unter Wißmann stets nur zur See verwandt worden);
 von den später eingetretenen Offizieren der früheren Wißmannschen
 Schutztruppe sind noch im Verbande der Kaiserlichen Schutztruppe die
 Herren Fischer, Langheld, Herrmann, Scherner, Podlech, von Elpons,
 Prince.

Von den Ressortchefs ist einer an der Spitze seines Ressorts
verblieben, Oberarzt +Dr.+ Becker, der Chef des Sanitätswesens in
Ostafrika.

Die Oberführerstelle in der Kaiserlichen Schutztruppe ist in neuerer
Zeit auf den seit einem Jahr in Ostafrika an anderer Stelle thätig
gewesenen Major Frhr. v. Manteuffel übergegangen.

Es mögen noch die Veränderungen in der Organisation der Schutztruppe
Erwähnung finden, welche innerhalb der letzten Zeit stattgefunden haben
und mit dem 1. März in Kraft traten.

Die Kaiserliche Schutztruppe wurde in die eigentliche Schutztruppe
und eine Polizeitruppe geteilt, von denen die erstere zur Besetzung
der Stationen im Innern und zur Begründung neuer Stationen, ferner zu
Expeditionszwecken, die letztere zur Besetzung und Aufrechterhaltung
der Ordnung an der Küste dient.

Der Etat für die Kaiserliche Schutztruppe bezog sich nicht auf diese
allein, sondern auch auf die Polizeitruppe, einschließlich des
europäischen Personals derselben, soweit dies aus der Kaiserlichen
Schutztruppe entnommen war. Die Stärke der Polizeitruppe, deren
Mannschaften aus der Kaiserlichen Schutztruppe entnommen wurden,
betrug 405 Mann, die sich auf die Bezirke nunmehr in folgender Weise
verteilten: Bezirksamt Tanga mit dem Bezirks-Nebenamt Pangani 100
Mann; Bagamoyo, dessen Nebenamt Sadani in gleicher Weise wie im Süden
Mikindani vom Gouverneur aufgehoben und in eine einfache Zollstation
verwandelt war, 95; Daressalam 45; Kilwa 85; Mgau 80 Mann.

Die den Bezirksämtern vorstehenden Bezirkshauptleute und der Vorsteher
des Nebenamtes Pangani sollten ursprünglich aus dem Offizierbestande
der kaiserlichen Schutztruppe entnommen werden und ebenso wie die
ihnen beigegebenen europäischen Unteroffiziere als zur Übernahme
einer Zivilstelle abkommandierte Militärpersonen gelten. Sie sollten
in disciplinarer Beziehung aus dem militärischen Befehlsbereich der
kaiserlichen Schutztruppe ausscheiden und allein dem kaiserlichen
Gouverneur unterstehen. Diese Anordnung ist zweifellos als ein
Fortschritt zu bezeichnen, da hiermit der vorher erwähnte Mißstand der
doppelten Unterordnung derselben Personen wenigstens in den meisten
Beziehungen aufhört.

Für notwendige kriegerische Operationen an der Küste, für die
die Polizeitruppe zu schwach ist, wurden Bestimmungen über das
Zusammenarbeiten der kaiserlichen Schutztruppe und der Polizeitruppe
getroffen. Aber gerade wegen der zur Zeit noch lange nicht genügenden
Stabilität in den ostafrikanischen Verhältnissen, selbst an der Küste,
erscheint dem Verfasser eine derartige Vermischung der civilen mit der
militärischen Ordnung noch verfrüht. Gewiß würde eine rein militärische
Organisation vorzuziehen sein, wie sie zu Wißmanns Zeiten bestand, wo
allerdings nicht nur gediente Militärs, sondern auch örtlich erfahrene,
brauchbare Personen als Offiziere, Unteroffiziere und Beamte in die
Schutztruppe eingestellt wurden. Letzteres mag den für eine kaiserliche
Truppe geltenden Normen widersprechen, aber es ist in Ostafrika, wo
außergewöhnliche Verhältnisse herrschen, zur Zeit angebracht.

Die eigentliche Schutztruppe wurde durch die erwähnte Verfügung nach
Ausscheidung der Polizeitruppe in 6 Kompagnien eingeteilt, hierunter
2 Zulukompagnien (die Entladung sämtlicher Zulus nach Ablauf ihres
Kontraktes steht wohl nahe bevor) und 4 Sudanesen-Kompagnien. In die
letzteren wurden zum Teil auch eingeborene Soldaten mit eingestellt.
Die erste dieser Sudanesen-Kompagnien dient für die Besatzung des
Kilimandscharo-Gebietes und der nördlichen Karawanenstraße bis
Masinde. Diese Kompagnie soll eine neue Station bei Gonja begründen
und das Gros derselben soll daselbst garnisoniert werden. Die zweite
Kompagnie hat ihren Stamm in Bagamoyo und giebt die Besatzung für
Tabora und die Stationen am Viktoriasee ab. Die erwähnten Stationen
des Innern sollten sich nebenbei durch Anwerbung von Eingeborenen
verstärken. Die dritte Kompagnie (Zulukompagnie) dient für die
Besatzung der neu begründeten Station Kilossa und der Station Mpapua
mit dem Stabe in Kilossa; die vierte Kompagnie (Sudanesen-Kompagnie)
besetzt die neubegründete Station Kisaki; die fünfte Kompagnie dient
als Bereitschafts-Kompagnie für den Süden mit dem Stabsquartier in
Kilwa und einem Unteroffizier-Posten in Lindi; die sechste Kompagnie
(Zulukompagnie) als Bereitschafts-Kompagnie im Norden mit dem
Stabsquartier in Daressalam.

Ferner sind noch 50 Mann der Schutztruppe unter Lieutenant Graf von
Hessenstein nach Ugogo abmarschiert, um dort am Sitz des Oberhäuptlings
eine Station zu gründen; von Kilossa und Kisaki aus will man noch
Nebenstationen begründen. Die Besetzung resp. die Neubesetzung von
Stationen im Innern ist, zunächst im allgemeinen betrachtet, sehr
erwünscht und trägt, wenn die Stationen stark besetzt sind, einem
entschiedenen Bedürfnis Rechnung. Die Stationen sind an grade für den
Verkehr höchst wichtigen Plätze angelegt und dienen, -- aber immer
unter der Voraussetzung, daß sie genügend stark sind, -- alsdann gegen
die erfahrungsgemäß fast alljährlich wiederkehrenden kriegerischen
Einfälle der Räuberstämme.

Trotzdem erscheint uns unter den bestehenden Verhältnissen diese
Verteilung der Schutztruppe und die Begründung so vieler Stationen im
Innern zur Zeit nicht angebracht; denn durch die Einrichtung eines
Stationsgürtels im Innern ist allerdings der Lieblingsgedanke des
Gouverneurs, die Schutztruppe nach Möglichkeit von sich zu entfernen,
durchgeführt worden, aber man ist nicht mehr so wie früher in der Lage,
ein starkes Expeditionskorps schnell zu formieren, um es an bedrohter
Stelle einzusetzen.

Der Gouverneur von Soden ist der Ansicht, daß 4 Kompagnien farbiger
Soldaten, die auf einzelne Plätze des Innern verteilt sind, eine
Macht darstellen, welche die über 90 deutsche Meilen lange Küste oder
wenigstens deren nördliche Hälfte sichern kann. Die älteren Offiziere
der Schutztruppe haben sich bewogen gefühlt, auf die Gefahr einer
solchen Zersplitterung der Kräfte, wie sie das neue System mit sich
brachte, hinzuweisen, doch ihre Bedenken sind ungehört geblieben; im
Gegenteil, man dürfte es ihnen zum Teil vielleicht verargt haben und
sie es haben empfinden lassen, daß sie als subalterne Offiziere ihre
Überzeugung frei ausgesprochen haben, im Interesse einer Sache, für die
sie Leben und Gesundheit einsetzten.

Bei der geringen Stärke der Besatzungen unserer neuangelegten
Stationen reicht die Macht derselben, gerade wenn man den Charakter
der Mafiti- und Massai-Stämme in Rechnung zieht, nicht weit. Wenn
wir Kisaki als Beispiel nehmen, so kann im günstigen Falle durch
diese Station die östlich gelegene Missionsstation Tununguo, auch
allenfalls die Karawanenstraße am Gerengere gesichert werden. Doch
sind immerhin noch Einfälle der Mafiti von der andern Rufidji-Seite
her ins südliche Usaramo möglich, von wo aus sie weiter nach der
Küste hin vordringen können. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei den
andern Stationen in Kilossa und am Kilimandscharo, und dann ist, wenn
Beunruhigungen an der Küste durch die erwähnten Stämme in größerem
Maße stattfinden, das zur Verfügung stehende Expeditionskorps aus den
beiden Bereitschafts-Kompagnien unter Umständen viel zu schwach, um
namentlich, wenn es sich um ein Eingreifen in entferntere Gegenden
handelt, mit Nachdruck aufzutreten; auch sind ja Niederlagen im
Innern gerade bei der schwachen Besatzung der Stationen nicht
ausgeschlossen; und jede etwaige Niederlage erfordert einen ganz
bedeutenden Mehraufwand an Kräften, um sie wieder wett zu machen. Das
Zusammenbringen eines starken Expeditionskorps wird nach der jetzigen
Dislokation der Schutztruppe ohne totale Entblößung der Küste und der
erreichbaren Stationen nicht möglich sein.

Die neue Dislokation der Truppen hätte der Ansicht des Verfassers nach
zur Vorbedingung eine Vermehrung der Schutztruppe um mehrere hundert
Soldaten haben müssen; dann allerdings hätte man die Neuordnung mit
Freuden als großen Fortschritt begrüßen können, wie ja auch -- aber
immer unter dieser Voraussetzung -- von uns die Begründung mehrerer
Stationen gewünscht worden war.

In den Bestimmungen über die Polizeitruppe ist vorgesehen, daß
die Bezirks-Hauptleute dem Etat an Offizieren der Kaiserlichen
Schutztruppe entnommen werden sollen. In Wirklichkeit scheint indes
der jetzige Gouverneur danach zu streben, diese Posten allmählich
mit Juristen zu besetzen. Darauf weist die Verwendung des Kanzlers
als Bezirkshauptmann des durch seinen Handel und Verkehr wichtigsten
Küstenplatzes Bagamoyo hin, ebenso die im letzten halben Jahr nach
Ostafrika erfolgte Heraussendung von Juristen. Eine solche Maßnahme
kann dem Verfasser bei der wie gesagt noch nicht genügend erscheinenden
Stabilität der Verhältnisse nur als unzeitgemäß erscheinen. Etwas
anders ist es, wenn sich die eingeborene Bevölkerung etwas mehr an
die seit vorigem Jahre erfolgte Neuordnung der Dinge in Ostafrika
gewöhnt haben wird. Aber auch dann müssen die Juristen an Ort und
Stelle praktischer erzogen werden, wie es bis jetzt geschieht, wo
sie zum Teil mit ziemlich bedeutenden gesellschaftlichen Ansprüchen
nach Ostafrika hinkommen und dort lediglich mit ihrer Kenntnis
der Jurisprudenz und mit dem Strafgesetzbuch alle Schwierigkeiten
bewältigen zu können glauben. Giebt man ihnen Gelegenheit, unter einem
erfahrenen Stationschef in jeder Weise thätig zu sein und mit den
Eingeborenen in Fühlung zu bleiben, überträgt man ihnen z. B. auf den
großen Handelsplätzen, wie Bagamoyo, die Kontrolle bei den Karawanen,
die bisher von vielen der Herren nur zum Zweck der Bereicherung ihrer
ethnographischen Sammlungen betrachtet wurden und mit denen von
einzelnen nur ein Verkehr vom Standpunkt der vornehmen Überlegenheit
gepflogen wurde, so wird, wenn hierdurch die Neulinge Gelegenheit
haben, auch die örtlichen Verhältnisse besser kennen zu lernen, die
gewonnene Kenntnis der Volksanschauung im Verein mit ihrer Fachbildung
sie zu äußerst wertvollen Beamten machen.

Ähnliches ist, nebenbei bemerkt, über die Ausbildung der neu nach
Ostafrika gesandten Offiziere zu sagen. Je mehr diesen Gelegenheit
geboten wird, möglichst mit der Bevölkerung dienstlich in Berührung
zu kommen (Beiwohnen beim Schauri, Beaufsichtigung der Karawanen,
Überwachung des Arbeitsdienstes, wie besonders Anlage neuer Stationen,
Verkehr auf Expeditionen), besonders wenn sie selbst schaffend thätig
sein können und nicht nur schablonenmäßig die Truppe in einer fertigen
Station exerzieren, desto mehr werden sie nicht nur in militärischer
Hinsicht, sondern auch im allgemeinen brauchbare Beamte werden,
man kann sagen um so mehr, in je unfertigeren Verhältnissen sie in
Ostafrika aufgewachsen sind.

Die übrigen im Laufe des vergangenen Jahres von Herrn v. Soden
getroffenen Maßnahmen beziehen sich zunächst auf die Verlegung des
Schwerpunktes der Regierung von Bagamoyo nach Daressalam. Begründet war
dies durch die äußerst ungünstige Rhede von Bagamoyo, wo ein Anlaufen
der Hauptdampfer ausgeschlossen war.

Es war in der letzten Zeit von Wißmann das Auskunftsmittel gewählt
worden, Bagamoyo als Hauptsitz des Kommissariats zu halten, dagegen
Daressalam als Hauptdepot und als Hauptplatz für die Flottille zu
belassen. Wißmann selbst hatte deswegen den Schwerpunkt nach Bagamoyo
verlegt, weil er, nachdem wir leider auf Sansibar verzichten mußten,
von Bagamoyo aus noch am besten die Verhältnisse in der Hand behalten
konnte. Hier laufen ja von den beiden großen Seen, vom Nyanza und
dem Tanganjika, sowie aus dem Hinterlande unseres Gebietes alle Fäden
zusammen, hier stand also der Reichskommissar persönlich mitten im
gesamten afrikanischen Verkehr, wie er in gleichem Maße an keinem
andern Platze der gesamten Ostküste Afrikas stattfindet. Der Ansicht
des Verfassers nach ist es notwendig, in Bagamoyo zu residieren, wenn
man den Schwerpunkt seiner Aufgabe in der Kolonie selbst sucht.

Wenn man hingegen meint, der Verbindung nach Europa, dem Verkehr mit
der deutschen vorgesetzten Behörde die größere Rücksicht schuldig zu
sein, dann ist allerdings wegen der regen Verbindung mit der Heimat
Daressalam der rechte Platz, und liegt dann naturgemäß die Handhabung
des Verkehrs mit dem Innern in den Händen des Bezirks-Hauptmanns von
Bagamoyo. Daß nun gerade das letztere der Gouverneur nicht wünschte,
sondern daß er sich alle mögliche Mühe gab, den Verkehr nach Daressalam
zu ziehen auf Kosten von Bagamoyo, um als äußerst rühriger, thätiger
Mann, der er ist, selbst alles in die Hand zu bekommen, ist ja
begreiflich, aber unpraktisch. Der inner-afrikanische Verkehr kann
nach Daressalam nur auf zweierlei Weise gezogen werden: entweder durch
Einrichtung eines direkten Verkehrsweges von Daressalam bis weit ins
Innere hinein, wie wir in einem der früheren Kapitel erwähnten, oder
durch Gewalt. Ob letztere, selbst den Fall angenommen, daß wir immer
in der Lage wären, sie faktisch anwenden zu können, ratsam ist und
nicht vielleicht dazu dient, den Verkehr von unserer Küste überhaupt
abzulenken, erscheint zum mindesten recht zweifelhaft.

Solche kleinen Abstecher, wie sie der Gouverneur z. B. voriges Jahr in
das für den Verkehr höchst unbedeutende Usaramo mit seinen geradezu
erbärmlichen Bewohnern, den Wasaramo, gemacht hat, einige Meilen weit
bis an den Kingani, können hierfür nicht das geringste zu Wege bringen.
Sie geben nur falsche Vorstellungen in Europa, besonders wenn lange, im
Mißverhältnis zur Wichtigkeit stehende Berichte darüber veröffentlicht
werden, fördern den Verkehr jedoch nicht im mindesten. So lange die
Inder entweder in Bagamoyo, oder wie es meistens der Fall ist, in
Sansibar selbst den Handel mit den Karawanen in der Hand haben, sind
die Leute auf Bagamoyo angewiesen, von wo aus die Verschiffung ihrer
Waren auf der allerdings miserablen, aber für den Dhau-Verkehr wegen
der geringen Entfernung von Sansibar höchst bequemen Rhede vorteilhaft
ist.

Auch die in den letzten Monaten viel erwähnte, angeblich vom Gouverneur
erst geschaffene Postverbindung von Daressalam nach dem Innern erweckt
hier in der Heimat falsche Vorstellungen. Eine Postverbindung hat auch
früher meistens, in den letzten Jahren immer, bestanden. Entweder die
französische Mission zu Bagamoyo oder der Inder Sewa Hadji beförderten
die Postsachen in regelmäßigen Zeiträumen nach dem Innern, oder es war
wie in den letzten Jahren Aufgabe des Bezirkshauptmanns von Bagamoyo,
einen regelmäßigen Postverkehr aufrecht zu erhalten. Der letztere hatte
hierzu in Bagamoyo die beste Gelegenheit, da eben hier, wie erwähnt,
alle Karawanen hinkamen und so wie so ein lebhafter Verkehr zwischen
diesem Küstenplatz und dem Innern bestand. Jetzt ist die Besorgung der
Posten einer ziemlich neuen Firma in Daressalam übertragen. Aber die
Angestellten dieser Firma haben nicht die Beziehungen zu den Leuten,
wie sie z. B. die französische Mission und die dortigen Inder, oder wie
sie in erster Linie der Bezirkshauptmann von Bagamoyo hat. Es sind also
in die Zuverlässigkeit dieser Art der Postverbindung starke Zweifel zu
setzen. Der Umstand, daß die Briefträger uniformiert und so äußerlich
kenntlich sein sollen, thut wenig zur Sache, ist unter Umständen sogar,
wenn, wie häufig, im Innern nicht überall völlige Ruhe herrscht,
nachteilig.

Besondere Erwähnung mag noch die rege, in Daressalam seit Einrichtung
des Gouvernements naturgemäß entfaltete Bauthätigkeit finden, durch
die, wie durch eine für diesen Platz vom Gouverneur vorgeschriebene
Bauordnung Daressalam auch äußerlich ein gutes Aussehen erlangt
hat. Man kann sagen, der Ort macht heute den Eindruck einer kleinen
europäischen Villenstadt.

Auf eine Reihe von Erlassen des Kaiserlichen Gouverneurs muß fernerhin
an dieser Stelle hingedeutet werden, welche den löblichen Zweck
hatten, die Einnahmen der Kolonie zu vermehren. Neben der Übernahme
des Zolles, der aus den Händen der ostafrikanischen Gesellschaft an
das Gouvernement überging, und der natürlich nach wie vor, da ja die
Inder, Araber und Eingeborenen daran gewöhnt sind, willig bezahlt
wurde, den man sogar leicht, ohne auf großen Widerstand zu stoßen,
zum Zwecke der Vermehrung der Einnahmen hätte erhöhen können, waren
es Steuer-Verordnungen, die der Gouverneur im vorigen Jahre erließ.
Diese Verordnungen, die in großer Eile den Organen des Gouverneurs an
den verschiedenen Küstenplätzen zu publizieren befohlen wurde, zeigten
sich als durchaus unangebracht. Sie riefen eine große Mißstimmung unter
der davon betroffenen Bevölkerung hervor, weil sie neben einer zu
großen, sehr in die Augen fallenden Belastung einzelner Personen den
bestehenden Verkehr in manchen Beziehungen bedeutend erschwerten.

Die Verordnungen bezogen sich auf die Ausschreibung einer Hafengebühr
für Dhaus, auf Einführung einer nach dem Umsatz, nicht nach dem Ertrag
berechneten Handelssteuer, einer Schankgebühr, welche letztere wir
allerdings als vollkommen berechtigt anerkennen möchten und einer
Gebühr für das Schlagen von Bauhölzern. Da indes zum großen Teil diese
Projekte als undurchführbar wieder fallen gelassen sind, so sei nicht
weiter hierauf eingegangen. Bezüglich des Handels suchte uns der
Kongostaat dadurch Konkurrenz zu machen, daß von seinen Beamten an
unserer Westgrenze, Zölle für die in unser Gebiet eingeführten Waaren,
besonders das Elfenbein, erhoben wurden. Dies machte sehr viel böses
Blut bei den Arabern gegen den Kongostaat; die Araber zu Bagamoyo
trugen ihre Beschwerden dem Verfasser vor, der, da dieselben ihm gegen
internationale Abmachungen zu verstoßen schienen, sie weitergab; doch
scheint darauf hin nichts weiter von unserer Seite erfolgt zu sein.

Die Bestrebungen des Gouverneurs zielen natürlich nur auf das Beste
der Kolonie ab, es fehlt ihm aber nach der Ansicht des Verfassers die
nötige Vorkenntnis der speziellen ostafrikanischen Verhältnisse.

Eine größere Rücksichtnahme auf die mächtigen, einflußreichen Faktoren
in der Bevölkerung, wie die Araber, würden wir dringend wünschen, denn
man kann sich, namentlich wenn man nicht über einen großen Geldsack
und über große Kräfte zu verfügen hat, nicht so ohne weiteres über
sie hinwegsetzen, sondern muß mit ihnen, die Einfluß im Lande haben,
wie mit den größeren mächtigen Häuptlingen und mit den kommerziellen
Regenten, den Indern, rechnen. Der Handel ist ihnen nicht mit
Redensarten zu entziehen, (außer wenn man ihn überhaupt zurückbringen
will,) und man kann sich gerade, wie uns dies Wißmann gezeigt hat,
durch solche Rücksichtnahme manche Opfer ersparen und viele Erfolge
erringen. Daß der Gouverneur selbst bei den Machthabern des Landes, den
Arabern und den Häuptlingen, gar nicht beliebt ist, muß sehr bedauert
werden, denn nirgends kommt es so sehr wie in Afrika auf das Renommee
der Persönlichkeit an.

Der Gouverneur selbst arbeitet mit ungeheurer Rührigkeit, aber
allein, und weist jede Hülfe erfahrener Leute von der Hand, hält jede
Beeinflussung durch solche mißtrauisch fern und von den an Ort und
Stelle erfahrenen Beamten holt Herr von Soden nur dann Rat ein, wenn
er annimmt, daß die Ratschläge in seinem Sinne ausfallen; auch weiß
er die wirklichen Kenner des Landes von den partiellen Kennern nicht
zu unterscheiden; er, wie auch in Deutschland die Leute, scheeren
so oft alle, die längere Zeit in Ostafrika waren, betreffs ihrer
Urteilsfähigkeit über einen Kamm. Es kann jedoch jemand lange Jahre
an einem toten, vom großartigen afrikanischen Handel abgeschlossenen
Küstenplatz oder an einem fern den Hauptkarawanenstraßen gelegenen
Platz im Lande gesessen haben, ohne in den Besitz einer Kenntnis der
allgemeinen afrikanischen Verhältnisse gelangt zu sein. Solche Leute
gehören zu den Theoretikern, die in ihrem Urteil erfahrungsmäßig fast
stets von den Praktikern abweichen. --

Schon hatte der Verfasser das Manuskript zu diesem Buche abgeschlossen,
da trafen so wichtige Nachrichten aus unserem ostafrikanischen
Schutzgebiet ein, daß er Veranlassung nimmt, die Vorgänge noch mit
wenigen Zeilen zu streifen.

Am Kilimandscharo sind die Herren Kompagnieführer Freiherr von Bülow
und Lieutenant Wolfrum den Heldentod gestorben. Der erstere war ein
wegen seiner Tapferkeit, Pflichttreue und siebenjähriger afrikanischer
Erfahrung hochgeschätzter, an den verschiedensten Plätzen bewährter
Offizier, der letztere wurde, zwar bedeutend jünger im afrikanischen
Dienst, von allen gleichgeschätzt, als Offizier, Kamerad und Mensch;
beider Tod ist ein empfindlicher Verlust für die Schutztruppe. Leider
fielen beide in einem für uns recht unglücklichen Gefecht bei Moschi
am 10. Juni: Wolfrum während desselben, Bülow erlag den im Gefecht
erhaltenen Verwundungen am Tage darauf.

Zu Moschi war im November v. J. Meli seinem Vater Mandara nach dessen
Tode in der Herrschaft gefolgt. Während Mandara stets ein zuverlässiger
Freund der Deutschen gewesen war, der fremden Einfluß nicht aufkommen
ließ, scheint sich sein Sohn ganz in die Hände der englischen
Missionare gegeben zu haben; nach der Gründung der Station Marangu
lebte Meli auch nicht mehr derartig unter den Augen der Deutschen,
daß einer Schwenkung in seiner politischen Haltung hätte rechtzeitig
vorgebeugt werden können.

Aus Gründen, welche zur Zeit hier noch nicht genügend aufgeklärt sind,
sah sich Herr von Bülow veranlaßt, gegen Meli vorzugehen. Da seine
Kompagnie aber sehr verteilt war und da er wohl keine Aussicht hatte,
vom Gouverneur von der Küste Verstärkungen zu erhalten, wagte er das
Vorgehen gegen die kriegerischen Wadschagga zu Moschi anscheinend
mit etwas geringen Mitteln. Auch scheint es, daß den Wadschagga
Hinterladergewehre mit Munition durch die Engländer, vielleicht gar
durch Vermittlung der englischen Mission, geliefert sind. Jedenfalls
war das Gefecht bei Moschi ein für uns unglückliches; nach harten
Verlusten mußten sich die Unsrigen zurückziehen, selbst die von Peters
begründete Kilimandscharo-Station mußte aufgegeben werden; unsere
Position am Kilimandscharo ist damit zur Zeit verloren. Man hat alles
an Kräften, was man an der Küste noch zusammenbringen konnte, vereint,
wie es scheint, ist die Küste sogar sehr von Truppen entblößt worden.
-- Es sind zwei Expeditionen, die eine unter dem an Ort und Stelle sehr
erfahrenen, in Afrika wohl bewährten Kompagnieführer Johannes voran,
die zweite unter dem neuen Oberführer der Schutztruppe, von Manteuffel,
nachfolgend, von Tanga abgesandt, um den unzuverlässigen Häuptlingen
die Lust zu weiteren Ausschreitungen zu benehmen und unsere Position im
Innern wieder zu befestigen. Hoffentlich reichen die zusammengebrachten
Kräfte dazu aus, den Kampf gegen Meli mit begründeter Aussicht auf
Erfolg aufzunehmen und unser Ansehen wiederherzustellen.




                        17. Kapitel. (Schluß.)

                     Die Expedition Emin Paschas.

  Gewinnung Emins für deutsche Dienste. -- Charakter Emins. -- Zwecke
  der Expedition. -- Abmarsch. -- Ankunft in Mpapua. -- Kämpfe gegen
  die Wahumba. -- Begegnung mit Dr. Peters. -- Abmarsch von Mpapua mit
  v. Bülow. -- Die Expedition schwenkt nach Tabora ab. --
  Vorverhandlungen daselbst durch den Belutschen Ismael. -- Der
  Häuptling Sikke. -- Vertrag Emins. -- Seef ben Saad zum Wali gewählt.
  -- v. Bülow geht   nach Urambo. -- Kämpfe Bülows und Langhelds mit
  den Wangoni. -- Uramboleute als Hilfstruppen. -- Langheld in Usongo.
  -- Emin am Viktoria. -- Aufbruch nach dem Westufer. -- Gründung von
  Bukoba. -- Stokes kommt mit Sigl nach Usongo. -- Unglückliches
  Gefecht zu Tinde. -- Langheld holt vom Viktoria Verstärkung. --
  Kämpfe gegen die Waniamuesi und Wangoni. -- Stimmung der Araber zu
  Tabora. -- Sigls Erfolge daselbst. -- Marsch Langhelds nach Bukoba.
  -- Langheld übernimmt die Stationen Bukoba und Muanza. -- Emins und
  Stuhlmanns Weitermarsch nach dem Albert-Eduardsee und Momphu.
  -- Sein Rückmarsch. -- Schluß.


Bei der chronologischen Entwicklung der Ereignisse während und nach
dem Aufstande, wie sie das vorliegende Buch darbietet, ist bisher eine
Episode gänzlich außer Acht gelassen worden, eine Episode, welche
gleichwohl in ihren Folgezuständen einen der wichtigsten Faktoren für
die Weiterentwickelung der Kolonie darstellt und welche besonders auf
die Maßnahmen des Gouvernements von wesentlich bestimmendem Einfluß
gewesen ist: wir meinen die Expedition +Dr.+ Emin Paschas.

Schon früher ist verschiedentlich darauf hingewiesen worden, daß bei
der Ankunft an der Küste der Pascha selbstverständlich, falls er
nicht gänzlich auf seine Thätigkeit in Afrika zu verzichten wünschte,
die von Seiten Englands ihm gemachten Vorschläge anzunehmen geneigt
schien. Mußte doch England für ihn als die einzige in Afrika wirklich
interessierte Macht gelten, war er selbst doch im Dienst Gordons seiner
erfolgreichen Thätigkeit in der Äquatorialprovinz zugeführt worden.
Aber diese Neigung zu England erlitt einen Stoß schon bei der Ankunft
Emins in Mpapua. Hier trat ihm plötzlich eine neue Kolonialmacht
entgegen; hier wehte die deutsche Flagge 300 +km+ von der Küste
entfernt; deutsche Offiziere und Unteroffiziere, schwarze Truppen in
deutschen Diensten empfingen ihn. Auf unserm Marsch zur Küste hinunter
war Gelegenheit genug, dem Pascha in eingehenden Gesprächen die
Entwicklung unserer deutsch-ostafrikanischen Kolonie darzulegen, ihn zu
überzeugen, daß sein eigentliches Vaterland als stärkster Nebenbuhler
Englands auf dem afrikanischen Kontinent mit Erfolg erschienen sei.

Für uns selbst mußte natürlich ein Name wie der Emin Paschas als eine
überaus wichtige Erwerbung erscheinen. Die ganze zivilisierte Welt
kannte ihn, die in Afrika beteiligten Mächte, der Kongostaat wie
England, legten übereinstimmend einen überaus großen Wert auf seine
Dienste. Was war da naheliegender, als daß wir unsererseits versuchten,
den besten Kenner Innerafrikas, den in der Behandlung der Schwarzen
und Araber äußerst gewandten Mann für uns zu gewinnen? Die beste
Gelegenheit hierzu bot das Krankenlager Emins. Sein Zustand verbot
von selbst die von englischen Freunden so überaus dringend gewünschte
Überführung in ihre Hände. Vor den Augen des Genesenden entwickelte
sich das gerade damals großartige Bild militärischen Lebens und
beginnender Kulturarbeit auf unsrer größten afrikanischen Station.

Dazu kam der wesentliche Einfluß einer Persönlichkeit wie Wißmann,
mit dessen Charaktereigenschaften sich in diesem Falle noch die
Bedeutung des selbständigen, erfolgreichen Afrikaforschers verband. So
war die Überleitung der Gesinnung Emins von der englischen Seite zur
deutschen gleichzeitig das Werk der Ereignisse und des Einflusses der
Personen, welche ihn umgaben, nicht aber ohne weiteres ein freiwilliges
Zurückkehren seinerseits zu seinem angestammten Vaterland. Eine bloße
Übernahme des Pascha in den Dienst des Kommissariats war durch die
Bedeutung seiner Persönlichkeit ausgeschlossen. Wenn er uns seine
Dienste widmen sollte, so konnte dies nur geschehen durch eine direkte
Genehmigung oder auf einen ausgesprochenen Wunsch des Auswärtigen Amtes
in einer Stellung, welche ihn nicht, wie uns andre, dem persönlichen
Dienst des Reichskommissars zuteilte. Wißmann wandte sich daher, wie
bekannt, an die leitende Stelle in Berlin und erhielt von dieser die
telegraphische Antwort: »Emin Paschas Dienste sind uns angenehm.«

Es ist die Ansicht sehr verbreitet, als hätte Wißmann danach gestrebt,
+Dr.+ Emin Pascha in seinen Befehlsbereich, also zu seinem
Untergebenen zu bekommen. Diese Ansicht ist irrig: Wißmann wünschte
eine direkte Unterstellung des Pascha unter das Auswärtige Amt;
+Dr.+ Emin hingegen erbat wiederholt und dringend von Wißmann
eine direkte Unterstellung seiner Person unter die Wißmanns, auch für
spätere Zeit, und zwar begründete der Pascha dies in seiner mitunter
kokett erscheinenden Bescheidenheit mit den größeren persönlichen
Verdiensten Wißmanns. Es möge dies Faktum Erwähnung finden, um einer
ungerechten Beurteilung Wißmanns vorzubeugen.

Die Aufgabe, welche Wißmann durch den Pascha gelöst wissen wollte,
basiert auf den eigentümlichen, man kann wohl sagen politischen
Verhältnissen unserer Kolonie. Die Küste war in unsern Besitz
zurückgebracht. Der große Karawanen-Knotenpunkt, welcher als äußerste
Grenze der Küste betrachtet werden kann, war von uns besetzt. Aber
diese Thatsachen konnten für die wirkliche Beherrschung der Kolonie
durch uns immer noch nicht als allein ausschlaggebend angesehen werden,
besonders dann nicht, wenn wir unsre Hauptaufgabe erfüllen, d. h.
die handelspolitischen Fäden Inner-Afrikas in unsrer Hand vereinigen
wollten. Diese Fäden liefen im Innern zusammen in den großen arabischen
Handelscentren, wo hunderte mächtiger Kaufleute, ja, man kann sagen
arabischer Herrscher ungeheure Gebiete in unserm eigenen Lande in
ihrer Hand vereinigt hatten. Es schien sehr denkbar, daß die Araber
des Innern durch die Beeinträchtigung des Sklavenhandels oder aus
Furcht vor unserm Vorgehen an der Küste ihren Handel von nun an in
andere Bahnen lenken würden, auch lag die Möglichkeit nahe, daß diese
arabischen Centren im Innern, wenn wir nicht in einen direkten Verkehr
mit ihnen traten, auf endlose Zeit hinaus die Quellen neuer Aufstände
und Beunruhigungen sein würden. Ein militärischer Vorstoß nach diesen
Punkten im Innern konnte gar nicht in Frage kommen. Zudem ließen es
auch die bestehenden Verhältnisse als wahrscheinlich erscheinen, daß
eine diplomatische Expedition, wenn dieselbe unter der Entfaltung einer
immerhin in die Augen fallenden Macht auftrat, noch besser zum Ziele
führen würde. Für eine solche Aufgabe war die Person Emin Paschas
so geeignet, wie keine zweite. Als ganz erstrebenswerte Folge ergab
sich außerdem, daß durch eine solche Expedition notwendig im Innern
Interessen geschaffen werden mußten, welche von der Reichsregierung
später in keinem Falle aufgegeben oder verleugnet werden konnten. Auf
diesen Grundlagen baute sich die Aufgabe, welche Emin lösen sollte,
auf.

Der Entschluß, seine Dienste der deutschen Reichsregierung anzubieten,
war von +Dr.+ Emin noch auf seinem Krankenlager in Bagamoyo gefaßt
worden. Nachdem die prinzipielle Genehmigung zur Expedition von Berlin
erwirkt und die Mittel für dieselbe bewilligt waren, wurde mit Eifer
an die Zusammenstellung der Expedition gegangen. Zwar hatte es nach
der Genesung des Pascha den Anschein, als gewännen andere Einflüsse
auf ihn wieder die Oberhand, zwar erklärte er mir nach erfolgter
Zusammenstellung der Expedition zuletzt noch in Bagamoyo, er wolle
diese mir, der ich ursprünglich als militärischer Führer für dieselbe
in Aussicht genommen war, überlassen und selbst noch in Sansibar und
Bagamoyo verweilen, schließlich aber willigte er doch ein, selbst die
Expedition zu führen. Und dazu hatte Wißmann seinen ganzen Einfluß
eingesetzt, denn es war klar, daß nur im Vertrauen auf den Pascha,
seine Vergangenheit und seine außerordentliche Leistungsfähigkeit, die
Genehmigung des Reichskanzlers zu dieser für damalige Verhältnisse
weitausschauenden Expedition erteilt war.

Es möge an dieser Stelle gestattet sein, den Charakter Emins, wie
sich ~uns~ derselbe in mehrmonatlichem Verkehr offenbarte,
einige Worte zu widmen. Unbestritten ist von vornherein sein
wissenschaftlicher Eifer und Ruhm. Ebenso unbestritten das
organisatorische Talent, welches er während der dreizehn
Verwaltungsjahre in der Äquatorialprovinz genügend bekundet hat. Uns
Offizieren jedoch mußte ein Charakter wie der seine zunächst durchaus
fremd gegenübertreten. Mag es nun in seinem langen Verkehr mit Arabern
oder in angeborenen Charaktereigentümlichkeiten liegen, er zeigte in
jedem Falle ein für unser Gefühl viel zu starkes Eingehen auf Wünsche
aller Art, gleichviel von welcher Seite dieselben immer ausgesprochen
wurden. Die übertriebene Höflichkeit und die vollkommene Unterordnung
seines eigenen Willens unter den Ideengang viel jüngerer Männer, nicht
nur Wißmanns, sondern auch weniger bedeutender Leute, kamen uns wie
eine Art Schlaffheit, wie mangelndes Selbstbewußtsein vor. Dazu kam
eine übergroße Reizbarkeit; der Charakter Emins ist dermaßen erregbar,
daß unter Umständen ein verkehrtes Wort ihn dazu veranlassen konnte,
daß er sich wie eine Schnecke in ihr Haus zurückzog. Leicht bezog er
auch ein der Sache geltendes Urteil auf seine Person. Besonders in
letzterer Hinsicht war der Verkehr mit ihm nicht ganz angenehm, denn
Emin pflegte derartige Meinungsverschiedenheiten nicht so leicht zu
vergessen. Das hier gefällte Urteil ist ja ein persönliches, aber es
bringt das Empfinden zum Ausdruck, welches wir bis zum Abmarsch des
Pascha fast ausnahmslos hatten.

Eins aber muß ganz unbedingt von allen anerkannt werden: das ist die
Thatsache, daß schließlich +Dr.+ Emin trotz seiner schweren
vorhergegangenen Krankheit, trotz seines 16jährigen Aufenthalts in
Afrika sich schließlich, ohne die Heimat oder Egypten wiederzusehen,
in den Dienst der deutschen Sache stellte, für die er nach kaum
fünfmonatlichem Verweilen an der Küste den Marsch ins Innere wieder
antrat, ohne doch durch eine Verpflichtung dazu genötigt gewesen
zu sein. Und in der That ist die Expedition +Dr.+ Emins von
der einschneidendsten Bedeutung für die weitere Entwickelung
Deutsch-Ostafrikas geworden. Das Verdienst, unser Ansehen im Seengebiet
ausgebreitet zu haben, kommt der Expedition Emin Paschas zu.

Der geeignetste Zeitpunkt für eine solche Expedition und ihre Aufgaben
war die verhältnismäßig stille Zeit, welche nach der Beruhigung des
Nordens und vor Wiedereroberung des Südens sich eingestellt hatte.
Die Verhandlungen zwischen Wißmann und Emin führten zu dem Resultat,
daß der Pascha Ende April mit den Offizieren Langheld und +Dr.+
Stuhlmann, dem Feldwebel Kühne und dem Sergeant Krause, 100 Soldaten
(Sudanesen, Zulus und Askaris), ferner 400 mit Vorderladern bewaffneten
Trägern und einem kleinen 3,7 +cm+ Geschütz von Bagamoyo
aufbrechen sollte. Lieutenant Langheld war als Führer der Soldaten
an Stelle des Verfassers getreten, da zwischen dem Pascha und diesem
Meinungsverschiedenheiten Platz gegriffen hatten. Lieutenant +Dr.+
Stuhlmann war dem Pascha als wissenschaftliche Stütze beigegeben.
Beiläufig erwähnt, machte die Anwerbung der Träger sehr große
Schwierigkeit. Sobald unsere englischen Freunde in Sansibar, denen
wir bis zum letzten Augenblick die Zwecke und Personen der Expedition
verborgen gehalten hatten, über die Sachlage im Klaren waren, setzten
sie alles daran, die Expedition zu hintertreiben.

Am 26. April 1890 marschierte die Expedition von Bagamoyo ab und
traf in Mpapua mit der aus dem Innern kommenden deutschen Emin
Pascha-Expedition unter +Dr.+ Peters zusammen. Wegen der
schlechten Jahreszeit -- die Kingani- und Makataebene waren nach
der großen Regenzeit ebenso wie das Mukondoguathal überschwemmt --
hatten die Expeditionsmitglieder wie die Soldaten und Träger schon
auf dem erstem Teil des Marsches viel unter klimatischen Krankheiten
zu leiden und waren auch einige Verluste durch Tod zu verzeichnen.
In Mpapua wurde von Seiten des dortigen Stationschefs Freiherrn von
Bülow und Lieutenant Langheld mit den vereinigten Stations- und
Expeditions-Truppen ein Zug gegen die Wahumba unternommen, die bei
Kitangi geschlagen wurden.

Am 19. Juni erfolgte zu Mpapua das Zusammentreffen mit Peters; am
21. Juni marschierte nach erfolgter Reorganisation die Expedition,
die in Mpapua drei Wochen geweilt hatte, nach Westen weiter. Der
bisher in Mpapua stationierte Feldwebel Hoffmann ging von hier aus
als Expeditionsmitglied mit, sollte aber leider nicht wieder aus dem
Innern zurückkehren, da er später in Muanza verstarb. Ebenso schloß
sich Herr von Bülow mit 25 Mann der Mpapuabesatzung an, um die Wagogo
mit Hülfe Langhelds zu züchtigen; die Wagogo, besonders der gefürchtete
Häuptling Makenge zu Uniamwira, waren in letzter Zeit besonders frech
gewesen; +Dr.+ Peters speziell hatte Kämpfe mit ihnen gehabt, in
denen er siegreich gewesen war. Nun wurden sie ebenfalls von Bülow und
Langheld wieder geschlagen; Bülow, der ursprünglich nur bis Uniamwira
mitmarschieren wollte, wurde dort durch Krankheit an der Rückkehr nach
Mpapua verhindert und verblieb in der Behandlung des Pascha, indem er
zunächst in der Expedition weiter getragen wurde.

Wenn, wie in Ugogo, Abteilungen der Expedition detachiert wurden für
kriegerische Aktionen, zeigte es sich, daß die Sudanesen nie bei der
Hauptexpedition des Pascha zurückbleiben, sondern stets Lieutenant
Langheld, ihrem militärischen Führer, folgen wollten, trotzdem doch
der egyptische Pascha und Gouverneur der Äquatorialprovinz ihnen näher
stehen konnte; es war das Gleiche schon in Bagamoyo im Verhältnis
der Sudanesen zum Pascha einerseits und zum Verfasser andererseits
hervorgetreten. Es ist dies ein Zeichen der guten Disziplin unserer
Sudanesen und der Anhänglichkeit an ihre militärischen Führer.

Von Mpapua an traten bereits Verhältnisse ein, welche auf den weiteren
Verlauf der Expedition bestimmend einwirkten und derselben eine
ursprünglich nicht beabsichtigte Richtung gaben. Bei der Feststellung
der Grundzüge für die Expedition hatte Wißmann dem Pascha gegenüber
ausdrücklich den Wunsch ausgesprochen, daß Tabora, jenes wichtigste
arabische Centrum im Innern, nicht berührt werden solle. Wißmann setzte
dabei voraus, daß das Erscheinen einer so geringen Macht, wie sie
dem Pascha zur Verfügung stand, doch niemals von einem nachhaltigen
Erfolge auf die arabische Macht daselbst sein könne und daß daher nur
unangenehme Weiterungen aus einer Besetzung Taboras entstehen würden.
Der Reichskommissar selbst war auf keinen Fall in der Lage, bei irgend
welchen Verwicklungen thatkräftig einzugreifen; auch konnte solch ein
weiter militärischer Vorstoß nach dem Innern vorderhand gar nicht als
Aufgabe des Kommissariats angesehen werden.

Die Macht der Verhältnisse hat es schließlich anders gefügt. Emin,
welcher ursprünglich nördlich von Tabora direkt nach dem Viktoriasee
zu gehen beabsichtigte, wurde durch Trägermangel und notwendige
Ergänzung der Tauschwaren gezwungen, von seiner Route abzubiegen
und Tabora aufzusuchen. Da nun hier die politischen Verhältnisse,
besonders die Stimmung der Araber, sich einer Verhandlung günstig
zeigte, betrachtete es Emin als seine Aufgabe, in Tabora die deutsche
Flagge aufzuhissen und einen förmlichen Vertrag abschließen. Hierbei
hatte ein Abgesandter Wißmanns, der Belutsche Ismael aus Bagamoyo, dem
Pascha die Wege geebnet. Dieser hatte große Handelsverbindungen in
Tabora und war mit allen dortigen Arabern und Belutschen aufs Engste
liirt. Er erschien daher als der geeignete Mann, so lange wir größere
Machtmittel im Innern nicht aufwenden konnten, für uns zu wirken und
es war Wißmann, der teils persönlich, teils durch Hauptmann Richelmann
und den Verfasser mit ihm unterhandelt hatte, gelungen, Ismael zu
gewinnen. Derselbe ging gerade mit einer Handelsexpedition nach Tabora
hinauf und übernahm dabei die Aufgabe, die Araber zur Hissung der
deutschen Flagge und zur Unterwerfung unter die deutsche Herrschaft
zu bewegen; Ismael machte den Leuten klar, daß ihr eigenes Interesse
auf unserer Seite läge, da sie doch kommerziell von der Küste abhängig
wären, und sie da auch eventuell, wie der in einem früheren Kapitel
erwähnte Fall Mohammed ben Kassim zeigte, gefaßt werden könnten. Die
Araber waren durchaus geneigt, die deutsche Herrschaft ohne Rückhalt
anzuerkennen, nicht so aber der von jeher aufs übelste berüchtigte
Waniamuesihäuptling Sikke. Doch gelang es schließlich der Einwirkung
der Araber und Ismaels, auch Sikke geneigter zu machen.

Da Ismael bekannt wurde, daß die Expedition des Paschas sich Tabora
näherte, bewirkte er, daß von den Arabern schließlich im Einverständnis
mit Sikke, der zuerst gegen die Expedition getobt hatte, ein
Einladungsschreiben an Emin Pascha abgesandt wurde, selbst nach Tabora
zu kommen und dort die deutsche Flagge zu hissen; der Pascha, der bei
den Arabern als Mohammedaner galt, hatte natürlich einen sehr guten
Namen unter diesen.

Ismael selbst ging dem Pascha entgegen, überbrachte ihm die
Aufforderung der Araber und schilderte ihm die Lage der Dinge in
Unianiembe. Der Pascha marschierte darauf nach Tabora und schloß
daselbst am 1. August 1890 einen Vertrag mit den Arabern, in welchem
diese die deutsche Oberhoheit in Unianiembe anerkannten und das Recht
erhielten, selbständig einen Wali zu wählen. Falls später eine Station
in Tabora angelegt würde, sollte der Wali wie in den Küstenstationen
unter dem Befehl des Stationschefs stehen. Sklavenhandel und
Sklavenjagden wurden ausdrücklich verboten. Der Sultan Sikke von
Unianiembe zahlte eine Summe in Elfenbein und lieferte dem Pascha eine
Mitrailleuse und ein Broncegeschütz aus. Die erstere hatte Sikke früher
den Belgiern abgenommen, während das Broncegeschütz ein Geschenk Said
Bargaschs an ihn war.

Als Wali wurde in Tabora Seef ben Saad gewählt, der sich bis zum
gegenwärtigen Augenblick als außerordentlich tüchtig und zuverlässig
bewährt hat.

Während des Aufenthaltes der Expedition zu Tabora, wo wieder eine
Reorganisation derselben erfolgte, bedrängten die Wangoni stark die
Uramboleute; es wurde daher der noch immer kranke Chef v. Bülow mit
seinen aus Mpapua mitgenommenen 25 Mann nach Urambo abgesandt, zugleich
auch in der Absicht, daß ihm dort in gesünderer Gegend Gelegenheit
geboten würde, sich zu erholen. Die Wangoni drängten indes auch nach
der Ankunft Bülows in Urambo immer mehr nach und berichtete Bülow an
den Pascha, daß die ganzen Wangoni im Kriege gegen Urambo liegen. In
Folge dessen sandte am 25. August +Dr.+ Emin Pascha den Lieutenant
Langheld mit Feldwebel Kühne und 70 Mann und den beiden von Sikke
ausgelieferten Geschützen ab, um den Uramboleuten im Verein mit Bülow
zu helfen. Es war verabredet worden, daß der Pascha mit +Dr.+
Stuhlmann und dem anderen Teil der Expedition alsdann Langheld folgen
wollte und sich die gesamte Expedition weiterhin in Usongo vereinigen
sollte.

Bülow und Langheld versuchten die Zwistigkeiten der Uramboleute
und Wangoni im guten auszugleichen, doch vergeblich; nach vielen
fruchtlosen Verhandlungen marschierten sie mit über 2000 Uramboleuten
den Wangoni entgegen, die in den Tagen vom 9.-12. September vollständig
geschlagen wurden. Die große Zahl der Uramboleute, welche sich in
den Kämpfen vorzüglich benahmen, erwies sich als ein ausgezeichnetes
Sicherungsmittel.

Am 15. September traf die Expedition in Usongo ein. Der Pascha
war indes Langheld nicht gefolgt, sondern war auf eine Bitte der
französischen Mission in Bukumbi am 30. August von Tabora dorthin
abgerückt, ohne irgendwelche Instruktion für eine Wiedervereinigung
der Expedition zu erteilen; die von der Missionsstation erbetene
Hülfe erwies sich zudem als nicht dringend. Der Pascha erreichte mit
Stuhlmann den See Ende September in Bussisi gegenüber Bukumbi und
brach von dort Ende Oktober, nachdem ein Einschreiten daselbst nicht
notwendig gewesen war, nach dem Westufer des Sees auf; er selbst
benutzte den Wasserweg, Stuhlmann den Landweg.

Der Aufbruch beider war wiederum erfolgt, ohne eine Vereinigung der
Expedition abzuwarten; Emin sandte nur Boten mit der Nachricht an
Langheld zurück, daß die Expedition nach dem Westufer abmarschiert
wäre, ohne jedoch eine Instruktion hinzuzufügen; auch hatte er für eine
stetige rückwärtige Verbindung keine Sorge getragen; die Nachricht von
den glücklichen Gefechten Bülows und Langhelds gegen die Wangoni hatte
der Pascha erhalten. Am Westufer des Sees befaßte er sich mit Stuhlmann
bis zum späteren Eintreffen Langhelds mit der Begründung der Station
Bukoba.

Inzwischen hatte Langheld den Feldwebel Kühne mit 40 Mann zum Pascha
entsendet, da die Soldaten in Uniamuesi vor der Hand nicht notwendig
waren. Langheld selbst wartete das Eintreffen des Irländers Stokes ab.
Dieser, welcher im Inneren einen großen Elfenbeinhandel betrieb und der
Schwiegersohn des Sultans Mtinginia von Usongo war, war von Wißmann in
die Dienste des Reichskommissariats übernommen, um seinen bedeutenden
Einfluß im Inneren für uns auszunutzen.

Mit Stokes marschierte Lieutenant Sigl mit dem Sergeant Bauer, 17
Soldaten und einem 4,7 +cm+ Geschütz. Sigl war ursprünglich für
die Begründung einer Station in Usongo ausersehen, da gerade durch den
starken Rückhalt, den die Station an Mtinginia haben mußte, und die
dadurch bewirkte Erweiterung der deutschen Interessen am besten die
spätere Besetzung Taboras vorbereitet wurde.

Die durch Emins Vertragsabschluß und Aufenthalt in Tabora veränderten
Verhältnisse führten indes zur Begründung der Station Tabora durch
Lieutenant Sigl. Stokes hielt es nach seiner Ankunft für notwendig,
eine Ortschaft in der Nähe Usongos, Namens Tinde, zu züchtigen; er
requirirte dazu die Hülfe Langhelds. Trotzdem Stokes jahrelang in
Usongo seinen Wohnsitz hatte, war er über die nächsten Verhältnisse
der benachbarten Ortschaften so wenig orientiert, daß er den in Tinde
zu findenden Widerstand bedeutend unterschätzte. Langheld und Sigl
marschierten mit nur 35 Mann dorthin, trafen auf stark befestigte
Dörfer und sehr großen Widerstand und mußten sich mit einem Verlust
von 10 Mann unter Mitnahme der Toten und Verwundeten in Folge
Patronenmangels zurückziehen. Sigl selbst hatte einen Streifschuß am
Kopf erhalten. Jetzt war die Lage kritisch geworden.

In Urambo saß Frhr. von Bülow mit geringer Macht, in Usongo Langheld
und Sigl mit einer in Folge des unglücklichen Gefechts verminderten
Soldatenzahl. Instruktionen vom Pascha lagen, wie erwähnt, nicht vor.

Nach reiflicher Erwägung mit Stokes und Sigl beschloß nun Langheld die
Verbindung mit dem Pascha herzustellen. Er brach mit 20 der besten
Schützen und reichlicher Munition von Usongo auf und marschierte durch
das feindliche Gebiet zum See ab. Beim Eintreffen am See sandte er
sofort Meldung an den Pascha, der daraufhin 50 Mann zur Unterstützung
der südlichen Abteilung von Bukoba absandte.

Die Abteilung stand unter der Führung eines farbigen Offiziers, da
die beiden Unteroffiziere Hoffmann und Krause krank waren und daher
beim Pascha und Stuhlmann zu Bukoba zurückbleiben mußten. Langheld
marschierte nach dem Eintreffen der Verstärkung in Eilmärschen nach
Usongo zurück.

Am 5. Dezember traf er bei Stokes und Sigl ein und warf am 9. Dezember
mit dem letzteren gemeinsam unter Verlust von 13 Toten und Verwundeten
die vereinigten Wangoni und Waniamuesi nieder. In den nächsten
Tagen wurde der Sieg durch weiteres Vorgehen gegen die Feinde noch
ausgenutzt, die aber, nachdem ihr stärkstes Bollwerk gefallen war,
nicht mehr Stand zu halten wagten.

Es erfolgte nun die Begründung der Station Tabora durch Sigl und zwar
zunächst unter wenig günstigen Vorzeichen. Denn es war gerade damals
die Nachricht von einem sehr scharfen Vorgehen des +Dr.+ Emin
Pascha gegen einige Araber, die kurz vor seiner Ankunft am See sein
Lager besuchten, aus Usukuma nach Tabora gedrungen.

Die Angelegenheit ist zur Zeit noch nicht genügend aufgeklärt.
Thatsache ist, daß das Vorgehen des Pascha gegen ihm bis dahin
freundlich gesinnte Araber einen vollständigen Umschlag der Stimmung
zu Tabora und sogar an der Küste gegen ihn und zeitweilig gegen uns
alle bewirkte. Nichtsdestoweniger gelang es Sigl in Tabora durch sein
äußerst geschicktes Verhalten und klugen Takt uns eine gute Position
zu gründen; eine Stütze hatte er zuerst in dem Sergeant Bauer, der
ihm daselbst beigegeben war. Zu statten kam Sigl der Waffenerfolg,
den er und Langheld über die Waniamuesi und Wangoni errungen hatte;
die Waniamuesi-Chefs wurden dadurch zur Annahme der deutschen Flagge
bewogen und zur Anerkennung der deutschen Herrschaft. In den 1-1/4
Jahren seines Aufenthalts zu Tabora hat es dann Sigl verstanden,
niemals wesentliche Differenzen mit den Machthabern von Unianiembe
aufkommen zu lassen. Er hielt sich dabei zunächst an den entschieden
anständigeren Teil der Bevölkerung Unianiembes, die Araber, deren
Sitten und Gebräuche er respektierte, die er durch taktvollen Verkehr
ganz auf seine Seite zu ziehen und trotz seines notwendigen Lavierens
doch in großem Respekt vor sich zu halten verstand.

Die Araber repräsentieren -- entgegen der Meinung der meisten Laien und
Humanitätsfanatiker -- zweifellos, wie erwähnt, den anständigeren Teil
der Bevölkerung Unianiembes; denn die Waniamuesi betreiben, wogegen
Europa ja besonders ankämpft, in viel größerem und grausamerem Maße
den Sklavenhandel, führen fortwährende Kriege und stehen lange nicht
auf dem kulturellen Standpunkt der Araber. Trotzdem verstand es auch
Sigl, weitergehende Differenzen mit den Waniamuesi zu vermeiden; er
hielt sich an den am meisten einflußreichen, freilich übelberüchtigten
Häuptling Sikke zu Tabora und hat trotz der lächerlich geringen Stärke
der Station diesen und die Waniamuesi stets im Schach zu halten gewußt.

Nunmehr allerdings -- die Drucklegung dieses Buches hatte schon
begonnen -- nach der Ablösung Sigls wissen wir, daß Kämpfe gegen den
erwähnten Häuptling Sikke notwendig wurden und daß diese glücklich
gewesen sind, da durch zufällig in Tabora anwesende Expeditionen
des Ausführungskomitees der deutschen Antisklaverei-Lotterie die
Stationstruppen erheblich verstärkt wurden. Nur durch diese wurde mit
harter Mühe und Opfern der Sieg über Sikke erreicht. Die notwendigen
Kämpfe führen uns aber unsere Schwäche in dem wichtigen Unianiembe vor
Augen, sie zeigen, wie vorsorglich Wißmann war, als er ein vorzeitiges
Engagement zu Tabora nicht wünschte. Die Ereignisse in Tabora mahnen
uns dringend, unsere Position an den Seen zu verstärken, um die bislang
erreichten Erfolge nicht zu verlieren. --

Wenden wir uns nun wieder zur Expedition des +Dr.+ Emin Pascha.
Nach der vorerwähnten Bestrafung der Wangoni und Waniamuesi marschierte
Lieutenant Langheld wieder zum See, woselbst er am 26. Januar 1891 sich
mit dem Pascha und Stuhlmann vereinigte. Langheld erhielt die Leitung
der vom Pascha angelegten Stationen Bukoba und Muanza, welche wichtige
Verkehrscentren am See bilden.

Am 12. Februar erfolgte der Abmarsch des Pascha und +Dr.+
Stuhlmanns nach Westen hin mit ca. 40 Mann, dem 3,7 +cm+-Geschütz
und einer entsprechenden Anzahl von Trägern. Lieutenant Langheld lehnte
die Aufforderung des +Dr.+ Emin Pascha, mit der Expedition weiter
zu ziehen, ab mit der Begründung, daß ihm dies als deutschem Offizier
unmöglich sei, da ein Vorgehen über den ersten Grad südlicher Breite
verboten war.

Wie Sigl zu Tabora, so hat es auch Langheld am Viktoriasee verstanden,
trotz seiner geringen Macht, eine respektable Stellung durch Benutzung
der Autorität der dortigen Häuptlinge, welche größeren, man kann
sagen Staatswesen vorstehen, zu schaffen; das richtige Taktgefühl
Langhelds zeigte sich außerdem besonders in seinem Auftreten den
Franzosen und Engländern gegenüber; gelegentlich des letzten traurigen
Religionskrieges in Uganda wurde Langhelds geschicktes Benehmen
und sein gerechter Takt überall anerkannt, desgleichen der seines
Untergebenen, des Feldwebel Kühne, der nach dem Tode des Feldwebel
Hoffmann der Station Muanza vorstand.

+Dr.+ Emin Pascha marschierte über Karagwe zum Albert-Eduardsee;
von dort aus ist in der That ein Durchzug nach Kamerun geplant gewesen;
derselbe scheiterte indes an der Meuterei der Träger, die wegen der
Hungersnot in Momphu sich weiter zu gehen weigerten; die Landschaft
Momphu ist das äußerste von der Expedition erreichte Gebiet. Emin wußte
nicht, daß er sich dort in allernächster Nähe von schon vorhandenen
belgischen Stationen befand, die ihm den Weitermarsch erleichtert
hätten.

Der Pascha marschierte mit Stuhlmann bis zum Albertsee zurück. Dann
schickte er, als eine Pockenepidemie ausbrach, Stuhlmann mit den
gesunden Leuten nach Bukoba voraus, wohin er langsam folgen wollte.

Die von der Expedition erreichten politischen Erfolge sind dank auch
der Thätigkeit der Stationschefs zu Tabora und Bukoba und dank der
militärischen guten Führung, recht bedeutende und stehen in keinem
Verhältnis zu der geringen Stärke der Expedition. Groß auch sind die
Erfolge, besonders für die Wissenschaft, für die +Dr.+ Emin schon
so vieles in stiller, entbehrungsreicher Arbeit that. Möchte bald die
Mitwelt Kunde von seinem weiteren Herannahen erfahren! --

Major v. Wißmann ist heute nicht mehr der Leiter unserer afrikanischen
Kolonie, aber die Pläne, welche ihn bei dem weiteren Ausbau unserer
Macht daselbst geleitet haben und heute noch leiten, sind durch die
Errungenschaften der Eminschen Expedition in ihrem Keim wenigstens
dort angelegt. Wißmann hat es stets als Hauptaufgabe betrachtet,
die Hilfsquellen des Landes, besonders den bestehenden Handel
dauernd in unsere Hände zu bringen. Der Schwerpunkt dieses Handels
aber liegt nicht an der Küste, sondern im Gebiet der Seen. Wenn
wir diese zu beherrschen in der Lage sind, folgt der Handel an der
Küste von selbst nach, und wir sind gleichzeitig in der Lage, unsere
humanitären Aufgaben zu erfüllen und den Sklavenjagden im Innern
=allmählich= ein Ende zu bereiten. Für die praktische Durchführung
dieser Pläne und Absichten hat Wißmann sein Dampferprojekt entworfen.
Ein deutscher Dampfer auf dem Viktoria würde in Verbindung mit einer
genügenden Landmacht den thatsächlichen Einfluß unsererseits an den
Ufern dieses Binnenmeeres, in den so reichen und hochkultivierten
Ufer-Staaten desselben dauernd zu festigen im stande sein. Eine
gute Schiffsverbindung würde uns die Mittel in die Hand geben, die
Handelsbeziehungen um den See herum in unseren Stationen zu vereinigen.

Wenn man dazu den Plan Gravenreuths, die Gründung einer deutschen
Seengesellschaft mit lediglich handelspolitischer Tendenz sich
vergegenwärtigt, so kann es jedem Freunde unserer Kolonie nur
schmerzlich sein, daß ein Verständnis für die Großartigkeit des
entworfenen Planes und für die zweifellose Durchführbarkeit desselben
sich nur in geringem Maße gefunden hat.

Der von Major v. Wißmann geplante Dampfer geht nun einen andern Weg.
Über den Schire und Zambesi aufwärts soll er über den Nyassa und
dann auf dem Landwege auf der berühmten von den Engländern für sich
frei gehaltenen, aber leider nicht existierenden Stephensonroad zum
Tanganjika gebracht werden. Ob es gelingen wird, die Schwierigkeiten
dieses Transportes, besonders des Landweges zu überwinden, mag
dahingestellt bleiben. Aber, mag der Dampfer nun auf dem Nyassa oder
Tanganjika die deutsche Flagge zeigen, ~einen~ wesentlichen Vorteil
wird er uns immer bieten. Er wird uns zwingen, endlich auch an diesen
beiden so überaus wichtigen zentralafrikanischen Seen, deren Bedeutung
jedem anderen Volke, besonders unseren Wettbewerbern, klar ist, unsere
Macht zum Ausdruck zu bringen. Ein deutscher Dampferverkehr auf
diesen Seen hat aber nur dann einen Zweck, wenn Landstationen dafür
den Stützpunkt bilden. Man scheint dieser Überzeugung in amtlichen
Kreisen bereits zugänglich geworden zu sein; denn der Vorsitzende des
Antisklaverei-Komitees, unter dessen Ägide der Wißmann-Dampfer seinen
Weg angetreten hat, ist der Leiter unserer Kolonialabteilung, der mit
warmem Herzen und klarem Verständnis unsere afrikanischen Interessen
vertritt.

Hoffen wir, daß dann auch der Mann, welchem wir die Wiedergewinnung
Deutsch-Ostafrikas und die thatsächliche Errichtung unserer Macht
verdanken, daß Wißmann dann wieder amtlich einen Wirkungskreis findet,
wie er ihm durch seine bisherigen großen Erfolge und seine bedeutende
Erfahrung zukommt.

Uns allen aber, die wir längere Zeit in unserer ostafrikanischen
Kolonie thätig gewesen sind, die wir an ihrer Begründung und ihrem
Aufbau mitgeholfen haben, uns wird ja immer ein hohes, inniges
Interesse an dieselbe knüpfen, auch dann, wenn sie, wie der Verfasser,
nach mehreren schweren, im Kampf für die Sache erhaltenen Verwundungen
ausgeschieden sind.

Es bleibt uns nur zu wünschen übrig, daß auch auf dem neuerdings
eingeschlagenen Wege dem jetzigen Gouverneur die Förderung unserer
kolonialen Interessen, die Ausbreitung unserer Macht im Innern von
Ostafrika möglich sei, zur Ehre und zum Wohle unseres deutschen
Vaterlandes!

                            [Illustration]




                               Register.


         (D.-O.-A. G. = Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft.)


  Abdallah, Sohn Bana Heris, 70, 71, 155, 181-183, 317.

  Abessinien, 264.

  Achmed, Sultan von Witu, 269.

  Aden, 48, 75, 86, 89, 291.

  »Adler«, Tender, 17.

  Äquatorial-Provinz, 123-125, 127-130, 336, 339.

  Albert-Eduardsee, 348.

  Albertsee, 124, 127, 129, 348.

  Albrecht, Lieutenant, 143.

  v. Anderten, Lieutenant, 5.

  Antisklaverei-Antrag +Dr.+ Windthorsts, 37.

  Antisklaverei-Komitee, 347, 350.

  Araber, 2, 15-17, 22, 23, 29, 31-33, 41-43, 62, 63, 66, 74, 76,
  77, 84, 85, 89, 97, 98, 107, 146, 157-159, 162, 163, 177, 180,
  181, 186, 189, 191, 194, 195, 206, 215-217, 219, 224, 226, 228,
  260, 267, 268, 272, 280, 281, 310, 331, 332, 336, 337, 339, 342,
  343, 346, 347.

  Armenier, 203.

  v. Arnim, Lieutenant, 173, 178, 180, 201.

  Aruscha ju, Ortschaft, 246.

  Aruscha Tschini, Station der D.-O.-A. G., 20, 246, 255, 256.

  Aruwimi-Fluß, 125.

  Askari, 28, 30, 48, 49, 58-62, 67, 100, 102, 159, 160, 165,
  166, 170, 340.

  Auswärtiges Amt zu Berlin, 200, 201, 297, 300, 303, 336.


  Bagamoyo, 5, 6, 7, 20, 23, 25, 27-31, 48-54, 57-59, 61, 63-65,
  67, 71, 73, 74, 78, 79, 87, 89, 99, 101, 103-106, 108, 109, 117,
  132, 133, 137-142, 145-148, 152, 153, 156, 162-164, 172-174,
  185-189, 191, 192, 195, 201, 203, 213, 217, 220, 221, 257-260,
  277-280, 285, 288,  291-293, 299, 301, 302, 304-306, 318, 320,
  323-325, 328, 329-332, 338, 340-342.

  Baluba-Land, 41.

  Bana Heri, Sultan von Usegua 29, 40, 70, 71, 73, 79, 80, 152,
  153, 155, 156, 158, 162-165, 167-169, 171-174, 177-184, 189,
  190, 199, 217, 313, 318.

  Bana Omari, Sohn Bana Heris, 179-182.

  Banianen, 186, 213, 260.

  Bararetta-Galla, Volksstamm, 269.

  »Barawa«, Dampfer, 205-208, 210, 214, 215, 221.

  Baschibosuks, 203.

  Bauer, Sergeant, 54, 174, 345, 346.

  Bauernschmidt, Oberbüchsenmacher 177.

  Baumann, +Dr.+, Oskar, 157, 175, 183, 289.

  Becker, +Dr.+, Stabsarzt, 88, 89.

  Becker, Unteroffizier, 54, 69.

  v. Behr, Lieutenant, 48, 53, 55, 66, 67, 143, 145, 150, 175.

  Beira, Küstenplatz, 291.

  Belgier, König der, 41, 44, 127.

  Belutschen, 32, 62, 63, 66, 68, 74, 77, 107, 146, 180,
  260, 310, 342.

  Benedict, Bruder, Missionar, 33, 69.

  Benedicta, kath. Schwester, 33.

  Bilke, Unteroffizier, 54, 72.

  Bismarck, Fürst, Reichskanzler, 3, 4, 17, 35-37, 268.

  »Bismarck«, S. M. Schiff, 17.

  Blümcke, Lieutenant a. D., Beamter, 49, 54, 67, 102.

  Bluhm, Unteroffizier, 54.

  Boto, Fort, 125.

  Böhlau, Premierlieutenant, 48, 53, 55, 73, 76, 102, 108, 157.

  Bohndorf, Deckoffizier, 54.

  Bomboma, Jumbe in Bagamoyo, 27, 79, 162.

  Bonifacius, Pater, Missionar, 133.

  Bonny, Begleiter Stanleys, 122.

  Borani-Galla, Volksstamm, 269.

  v. Borcke, Frl., Krankenpflegerin, 138.

  Brehme, +Dr.+, Arzt, 88, 89, 138-140.

  Brenner, Afrikareisender, 269.

  Brettschneider, Kaufmann, 202.

  Brieftauben, 105.

  Brooks, englischer Missionar, 70.

  Brose, Unteroffizier, 54.

  Budau, Unteroffizier, 54.

  Bülow, Frhr. v., Chef, 32, 34, 50, 53, 54, 120, 142-145, 148,
  157, 163-166, 333, 334, 340, 341, 343-345.

  Bueni, Küstenplatz, 7, 68, 78, 106, 142, 189, 190.

  Bukoba, Station am Viktoriasee, 294, 344, 345, 347, 348.

  Bukumbi, Missionsstation, 122, 344.

  Bumiller, +Dr.+, Adjutant Wißmanns, 49, 53, 85, 102, 149,
 161, 178, 245.

  Burwitz, Unteroffizier, 54.

  Busch, Unteroffizier, 54.

  Buschiri, 29-31, 51-53, 55-60, 62-65, 74, 99-104, 107-109, 113,
  115, 120, 136, 141-144, 146, 147, 157-163, 182, 183, 187-189,
  292, 322.

  Buschiris Reitesel, 59, 100.

  Buschav, +Dr.+, Assistenzarzt, 202, 307.

  Bussisi, Ortschaft, 344.


  »Carola«, S. M. Schiff, 25, 32, 36, 53, 65, 77, 200, 205-207,
  209, 214-216.

  Casati, Afrikaforscher, 122-124, 126, 130, 132-134, 137-139.

  Cavalli, Lager Stanleys, 124, 125, 129.

  Chiloane, Küstenplatz, 291.

  Chinesen, 260, 284.

  Congo-Fluß, 124.

  Congostaat, 16, 41, 42, 127, 263-265, 272, 332, 336.

  Courmont, Monseigneur de, Bischof, 134.

  »Cutch«, Dampfer, 72, 73.


  Dambi, Dorf, 114, 134.

  Daressalam, 18, 20, 25, 29,  31-33, 49-51, 53, 55, 65-68, 70-72,
  74, 78, 87, 88, 106, 140, 142, 148, 152, 163, 189, 191, 201, 204,
  208, 214, 221, 277-279, 285, 291, 292, 295, 299, 301, 302, 305,
  307, 318, 321, 323, 324, 326, 329-331.

  Deinhard, Admiral, 27, 28, 35-37, 49, 51, 57, 58, 63, 71, 77,
  96, 213, 301.

  Delagoa-Bai, 291.

  Delpèche, Pater, Missionar, 133.

  Derema, Plantage, 283, 285.

  Deutsch-Englisches Abkommen von 1891, 239, 262-275, 282.

  Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft, 4, 18-36, 49, 50, 66,
  70-96, 97, 99, 115, 160, 188, 191, 198, 230, 266, 271, 276-286,
  289, 290, 292, 293, 295, 331.

  Donarski, Beamter, 201-204.

  Drescher, Unteroffizier, 54.

  Dschagga, Landschaft, 15, 102, 254, 262.

  Dunda, Station der D.-O.-A. G., 20, 33, 142, 147, 148, 187, 220.

  Dundanguru, 7, 9.

  Dunia, Maurer, 52, 53, 161, 162.


  East-India-Company, 276.

  Eben, Unteroffizier, 54.

  Eberstein, Freiherr von, 22, 30, 34, 50, 53, 54, 58, 60, 75, 82,
  85, 86, 199, 244, 324.

  Egypter, 203.

  Egyptische Regierung, 123, 202.

  Ehlers, Otto, Lieutenant, 102, 112, 175.

  »Ehrenfels«, Tender, 17.

  »Elisabeth«, S. M. Schiff, 17.

  v. Elpons, Lieutenant, 311, 324.

  v. Eltz, Beamter, 170, 175, 199, 244, 245, 247, 248.

  Emin Pascha, 105, 117, 121-140, 150, 163, 178, 259, 335-348.

  Emin Pascha-Entsatz-Komitee, deutsches, 44.

  Emin Pascha-Entsatz-Komitee, englisches, 127 128.

  Emin-Plantage 293.

  End, Premierlieutenant, 53, 54, 58, 102, 169, 170, 204, 216,
  223, 228, 230, 232-236, 241-244, 318.

  Englische Regierung, 202, 244, 261, 266.

  Englisch-Ostafrikanische Gesellschaft, 124, 127, 128, 268, 281.

  Eschke, Kanzler des Gouvernements, 302.

  Étienne, Pater, Missionar, 133.


  Faniove, Küstenplatz, 208.

  Felkin, +Dr.+, 124.

  Ferida, Tochter Emins, 122, 133.

  Firnstein, Unteroffizier, 54.

  Fischer, Lieutenant, 163-165, 167, 201, 324.

  Föll, Obermatrose, 62.

  Först, Unteroffizier, 54.

  v. François, Lieutenant, 41.

  v. Frankenberg, Lieutenant, 27, 143.

  Freemantle, Admiral, 36.

  de la Frémoire, Beamter, 54, 245.

  Freitag, Fricke, Fritz Unteroffiziere, 54.

  Fülleborn, Unteroffizier, 54.

  Fumo Bakari, Sultan von Witu, 269-271.

  Fundi Majaliwa, 223.


  Gaber Effendi, farbiger Unteroffizier, 308.

  Gärtner, +Dr.+, 88, 89, 234-236.

  Gaffri, Unteroffizier, 54.

  Galla-Land, 264.

  Ganbert, Unteroffizier, 177.

  Gandja, Dorf, 175, 245, 246, 257, 325.

  Gaßmann, Unteroffizier, 54.

  Gerengere, Fluß und Dorf, 10, 103, 108, 136, 327.

  Germer, Unteroffizier, 54.

  Giese, Lieutenant, 99-101.

  Giesecke, Beamter der Hamb. Firma Meyer, 22, 217, 219.

  Giraud, Peter, Missionar, 122.

  »Gneisenau«, S. M. Schiff, 17.

  Gordon, 126, 336.

  Granesen, 260.

  Gravenreuth, Freiherr v., 27-30, 44, 53-55, 58-61, 64, 72-74,
  79, 102, 104, 106, 108, 136, 139, 141-150, 154, 156, 157, 162,
  173, 174, 176-179, 181, 199, 274, 293, 294, 318, 323.

  Greff, Unteroffizier, 54.

  Greiner, Missionar, 32.

  Griechen, 199, 260, 295.

  Grothe, Deckoffizier, 54.

  Grucza, Lazarettgehülfe, 54, 113, 164.

  Gurkasch, Unteroffizier, 54.


  Hansen, Kapitän der Flottille, 54, 86.

  Hansing & Cie., 83, 202, 294.

  »Harmonie«, Schiff des Reichskommissariats, 45, 75, 206-210, 214.

  Hartmann, Unteroffizier, 54.

  Hauptquartier des Reichskommissariats, 84.

  Heinz, Beamter der D.-O.-A. G., 87.

  Helgoland, 270, 275.

  Hellgrewe, Maler, 14.

  Hemprich, Unteroffizier, 307.

  Hengelhaupt, Büchsenmacher, 307.

  Hentschel, +Dr.+, 10-12, 14.

  Hermann, Lieutenant, 324.

  Herrich, Unteroffizier, 307.

  Herzer, Auguste, barmherzige Schwester, 138.

  Hessel, Beamter der D.-O.-A. G.,  34-35, 205, 223.

  Hessenstein, Graf, Lieutenant, 326.

  von Heydebreck, Lieutenant, 308.

  Heymons, Lieutenant, 234, 245.

  Hindorf, +Dr.+, 283.

  Hindus, 186, 213, 260, 284.

  Hirschberg, Korvettenkapitän, 58, 173, 207-209.

  Hake, Unteroffizier, 54.

  Hörnecke, Baumeister, 5.

  Hoffmann, Diener Stanleys, 122.

  Hoffmann I., Feldwebel, 54, 120, 130, 340, 345, 348.

  Hoffmann II., Feldwebel, 54.

  Hoffmann III., Unteroffizier, 54.

  Holz, Kapitän der Flottille, 54.

  Hongo, Dorf, 319.

  Horner, Pater, Missionar, 109.


  Ibo, Küstenplatz, 291.

  Ikonga, 232.

  Ikungu, 122.

  Illich, Deckoffizier, 31, 54, 62, 102, 163-166, 170.

  Inder, 22, 23, 77, 83, 84, 89, 98, 186, 187, 195, 213, 260, 261,
  272, 274, 280-282, 284, 330-332.

  Indien, 297.

  Inhambane, Küstenplatz, 48, 291, 321.

  Ipecacuana, 130.

  Ismael, Jumbe von Windi, 62, 342, 343.


  Jakobs, Unteroffizier, 54.

  Jambuja, Lager Stanleys, 125.

  Jangajanga, Pasi von Ukonga, 68.

  Jancke, Beamter, 54, 170, 234, 295.

  Jehasi, Anhänger Buschiris, 29, 79, 161, 181, 182, 318.

  Jephson, Begleiter Stanleys, 122, 125, 126, 129.

  Jipe-See, 246, 257, 262.

  Johannes, Chef, 53, 55, 58, 163-168, 201, 244, 245, 253, 257,
  320, 324, 334.

  Jombo, Dorf, 142, 144, 145, 148, 149, 157, 220.

  Jombo-Fluß, 306, 307.

  Juba-Fluß, 264.

  Jühlke, +Dr.+, Generalvertreter der D.-O.-A. G., 3, 5, 6, 10.

  Junker, +Dr.+, 54, 124.

  Jussuf, 217.


  Kadi Omar, 223, 230.

  Kairo, 48, 86, 89, 202.

  Kaiser, Unteroffizier, 54.

  Kamerun, 237, 238, 323, 348.

  Kantande, Sohn Maschembas, 225, 242, 331.

  Kanzki, +Dr.+, Arzt, 318.

  Kanzki, Intendant, 300.

  Karagwe, 188, 294, 348.

  Kassai-Fluß, 41.

  Kaule, Dorf, 31, 52.

  Kavirondo, 294.

  Kay, Feldwebel, 54, 173, 308.

  Kayser, Wirklicher Geh. Legationsrat, 303, 350.

  »Khedive«, Dampfer Emins, 124, 125.

  Khedive von Egypten, 125-128, 140.

  Kiboscho, Landschaft und Dorf, 244, 247, 249.

  Kiboscho-Leute, 250, 252-254.

  Kidete-Fluß, 114.

  Kidete-Leute, 10.

  Kihogwe, Dorf, 244.

  Kihungwe, Jumbe von Kihogwe, 244, 245.

  Kikogwe, Plantage, 282, 285.

  Kilimandscharo, 20, 102, 119, 175, 190, 199, 244, 245, 255, 257,
  259, 262, 279, 285, 289, 320, 321, 325, 327, 333, 334.

  Kilambo-Fluß, 263.

  Kilossa, Station, 288, 326, 327.

  Kilwa Kisiwani, 206, 208-210, 217.

  Kilwa, Kiwindje, 20, 23, 34, 162, 205-207, 209-214, 217, 221-223,
  237, 244, 271, 277, 285,  289, 291, 301, 305, 306, 324, 326.

  Kingani-Ebene, 142, 148, 314.

  Kingani-Fluß, 6, 7, 9, 10, 27, 28, 64, 79, 103, 137, 143, 147,
  185, 188, 221, 318, 330.

  Kingo, Häuptling von Morogro, 108-111, 162, 196, 319.

  Kisanga, 235, 236.

  Kiora, Station in Usagara, 20, 114.

  Kipangiro, Häuptling der Wagogo, 100, 115.

  Kipini, 18, 264.

  Kirassa, Dorf, 114, 115.

  Kisaki, Landschaft und Station, 319, 326, 327.

  Kisemo, Dorf, 108.

  Kisiju, Küstenplatz, 163.

  Kisimo-Berg, 211.

  Kisingo, Dorf, 245.

  Kismaju, Küstenplatz, 264, 266, 269.

  Kisogue, Dorf, 100, 115, 121.

  Kissiwani, Dorf, 245, 246, 255, 257.

  Kissiweri, Dorf, 205, 206.

  Kitangi, Dorf, 340.

  Klebba, Obermatrose, 62.

  Klenze, Beamter der D.-O.-A. G., 27.

  v. d. Knesebeck, Lieutenant, 202, 241.

  Knorr, Admiral, 14.

  Kohlstock, +Dr.+, 53, 86, 88, 89.

  Kola, Dorf, 142.

  Kondoa, Ortschaft, 113, 134, 135, 258, 306, 308, 310.

  Kondutschi, 33, 106, 189.

  Kongua, Dorf, 119.

  Kopp, Unteroffizier, 54.

  Korogwe, Station in Usambara, 20, 289.

  Korogwo, Dorf, 318.

  Krämer, Missionar, 198.

  Krause, Sergeant, 340, 345.

  Krenzler, Chef, 53-55, 58, 72, 78, 80, 163, 168, 170,
  199, 201, 320.

  Krieger, Beamter der D.-O.-A. G., 34, 205, 223.

  Kröhnke, Unteroffizier, 54, 120, 121, 130, 131.

  Kühne, Feldwebel, 54, 340, 343, 344, 348.

  Künzel, 270.

  Küsel, Beamter der D.-O.-A. G., 32, 34, 66, 69.

  Kutu, Landschaft, 5, 7, 318-320.

  Kweihu, Insel, 264.


  Lamu, Insel, 18, 36, 200.

  Langenn, Buran, v. 255.

  Langheld, Lieutenant, 174, 177, 324, 340, 341, 343-348.

  Leder, Unteroffizier, 54.

  »Leipzig«, S. M. Schiff, 27, 28, 36, 51, 72, 74, 80.

  Leue, Chef, 31, 53, 54, 140, 163, 201, 257, 324.

  Lewa, Tabaksplantage, 175, 178, 190, 292.

  Liebert, Major, 178, 200, 203, 205.

  Lieder, +Dr.+, Geologe, 310, 311, 320.

  Lindi, Station, 20, 23, 25, 34, 205, 214-217, 223-230, 232-235,
  237, 241, 242, 244, 267, 277, 285, 289, 291, 326.

  Löppki, Unteroffizier, 244.

  Londoner Abkommen, 18.

  Longa, Missionsstation, 108, 113, 135, 257, 310.

  Lotsch, +Dr.+, Assistenzarzt, 138, 140.

  Luagalla, Dorf, 224, 243.

  Lualaba-Fluß, 217.

  Ludwig, Sergeant, 54, 166, 167.

  Lula, Dorf, 307.

  Lumi-Fluß, 262.

  Lunda-Reich, 40.


  Mabibu, Dorf, 67.

  Mackenzie, Generalvertreter der Engl.-Ostafr. Gesellschaft, 140.

  Mackinnon, Sir William, 124.

  Madagaskar, 297.

  Madimola, Station der D.-O.-A. G., 20, 33, 142, 148, 220.

  Mafi, Station der D.-O.-A. G., 20.

  Mafia, Insel, 18, 36, 206, 208, 266, 271.

  Mafiti, Volksstamm, 101, 120, 141-149, 152, 157, 161, 220, 221,
  223, 228, 229, 235, 305, 308, 310, 316, 318-320, 327.

  Magaya, Jumbe, 159.

  Magila, Missionsstation, 157, 163.

  Magogoni, Dorf, 66, 68.

  Magwangwara, Volksstamm, 228, 229.

  Magurmura, Dorf, 67.

  Mahdi, 46, 123.

  Mahenge, Volksstamm, 9, 221, 306, 313, 318, 319.

  Makanda, Jumbe in Bagamoyo, 27, 79, 161, 318.

  Makanda-Plateau, 229.

  Makanda, Volksstamm, 229, 232, 233, 235, 240.

  Makata-Ebene, 108, 113, 119, 135, 140.

  Makata, Dorf, 111, 136.

  Makendjira, Häuptling der Wahiyao, 228.

  Makenge, Häuptling, 341.

  Makororo, Dorf, Seite 159.

  Makua, Volksstamm, 229.

  Malela, Jumbe in Bagamoyo, 162.

  Mamboia, Dorf, 134.

  Mamboia-Leute, 12.

  Manamate, Häuptling, 244, 255, 256.

  Manamgato, Dorf, 159.

  Manda, Insel, 264.

  Mandara, Sultan der Wadschagga, 102, 175, 190, 199, 247,
  248, 254, 333.

  Mandera, Missionsstation, 152, 153, 155, 173, 174, 177, 189, 190.

  Mandt, Lieutenant zur See, 14.

  Manjema, Volksstamm, 48.

  Manteuffel, Frhr. v., Major, 324, 334.

  Marangu, Station, 320, 333.

  Mareale, Sultan von Marangu, 320.

  Marenga Mkali, Steppe, 119.

  Markgraf, Feldwebel, 54, 120.

  Marquard, Unteroffizier, 54.

  Martha, katholische Schwester, 33, 69.

  »Martha«, Transportdampfer, 53, 57.

  Martini, Unteroffizier, 54.

  Masasi, Missionsstation, 234, 235.

  Maschemba, Häuptling der Wahiyao, 224-227, 230-236, 240-243,
  259, 313.

  Masinde, Station, 158, 175, 220, 244, 245, 255, 256, 325.

  Masiro, Häuptling, 158.

  Maskat, 16.

  Masoko, Küstenplatz, 210.

  Massai-Land, 99, 119.

  Massai, Volksstamm, 114, 115, 119, 120, 188, 246, 255-257, 304,
  306, 311, 327.

  Massaua, 321.

  Mataka, Häuptling der Wahiyao, 228.

  Matthews, General, 26.

  »Max«, Schiff des Reichskommissariats, 45, 75, 207.

  Mbiki, Dorf, 106.

  Mbusini, Station der D.-O.-A. G., 20.

  Mbuyuni, Ortschaft, 103-105.

  Medem, v., Lieutenant, 31, 53-55, 58, 67, 72, 102, 111, 117,
  118, 121, 130, 131, 163.

  Meli, Sohn Mandaras, 333, 334.

  Merkel, Zahlmeister, 54, 81.

  Merker, Lieutenant, 53-55, 66, 69.

  Meru-Berg, 255.

  Mevel, Pater, Missionar, 109.

  Meyer, +Dr.+, 157, 175, 183.

  Meyer, Elfenbeinfirma, 294.

  Meyer, Lieutenant, 31.

  Mfumbiro-Berg, 262, 264, 272.

  Mgau, Küstenstation, 301, 324.

  Mhonda, Missionsstation, 108, 163, 317.

  Michahelles, +Dr.+, Generalkonsul, 96, 97, 200, 268.

  Mikindani, Station, 20, 25, 34, 205, 216, 217, 223,
  228, 230, 232-237, 240-244, 285.

  Mirambo, Häuptling, 29, 116.

  Mission, engl., in Kisogue, 100, 115, 121.

  Mission, engl. in Magila, 157.

  Mission, engl. in Mpapua, 100, 115.

  Mission, engl. Universitäts-, in Masasi, 234, 235.

  Mission, engl. Universitäts-, in Nevala, 234, 235.

  Mission, evang., in Daressalam, 32.

  Mission, franz. bei Bagamoyo, 28, 187, 330, 331.

  Mission, franz. bei Morogro, 108, 109, 136, 163, 296.

  Mission, franz. in Longa, 108, 113, 257, 310.

  Mission, franz. in Mandera, 152.

  Mission, franz. in Mhonda, 108, 317.

  Mission, franz. in Tubugue, 108.

  Mission, kath. in Bagamoyo, 31.

  Mission. kath. in Pugu, 32, 33, 68-70.

  Mittelstädt, Unteroffizier, 54.

  Mkomasi-Fluß, 245.

  Mkwadja, 61, 156, 157, 163, 164, 167, 172, 173, 178, 179, 182,
  183, 189, 199, 201.

  Mlangotini, Ortschaft, 79.

  Mlembule, Dorf, 156, 165, 167, 168, 171-174, 176, 177, 182.

  v. Möller, Lieutenant zur See, 74.

  »Möwe«, S. M. Schiff, 14, 17, 25, 27, 32, 34, 36, 72.

  Mohammed ben Kassim, 184, 217, 219, 342.

  Mohammed ben Raschid, 223.

  Mohammed ben Seliman, Akida von Daressalam, 24, 31.

  Mohammed Soa, Häuptling, 158.

  Mombassa, 128, 257, 289.

  Momphu, Landschaft, 348.

  Morogro, Ortschaft, 108, 110, 112, 136, 162, 196, 297, 319.

  Moschi, Station am Kilimandscharo, 20, 190, 244, 247, 248,
  254-257, 320, 333, 334.

  Mozambique, 48, 263, 291.

  Mpapua, 20, 33, 99-101, 105, 113-121, 130-132, 141, 149, 152,
  158, 163, 172, 185, 188-190, 192, 219, 220, 257, 259, 285, 288,
  306, 311, 320, 326, 336, 340, 341.

  Mrima-Leute, 23, 107.

  Mschinga, Dorf, 233.

  Msinje-Fluß, 263.

  Msua, Dorf, 105-108, 135, 136, 150.

  Mtansa, Dorf, 221.

  Mtingia, Sultan von Usongo, 344, 345.

  Mtoni, Dorf mit Fähre, 103, 188, 192.

  Mtua, Dorf, 158, 160.

  Muanga, Herrscher v. Uganda, 270.

  Muanza, Station, 294, 341, 347, 348.

  Müller, Franz, Lieutenant, 41.

  Müller, Hans, Lieutenant, 41.

  »München«, Schiff, des Reichskommissariats, 45, 75, 87, 88, 154,
  179, 205-207, 214-217.

  Muenda, Dorf, 158, 160.

  Muganda, 80.

  Muini Muharra, Sklavenjäger, 43.

  Muini Sagara, Dorf, 113, 114, 135.

  Muini Sagara, Sultan von Usagara, 10, 113.

  Muini Sagara, dessen Tochter, 113.

  Mukondogua-Thal, 113, 114, 135, 257, 304, 305, 340.

  Munikombo, Wali v. Timbari, 80.

  Muoa, Dorf, 199.

  Murgan Effendi, farb. Offizier, 308.


  Nachtigall, +Dr.+, 40.

  Naeter, Unteroffizier, 54.

  Nassr Munimgando, 230.

  Natal, 291.

  Ndumi, Dorf, 14, 73, 154, 155.

  Ndungu, Dorf, 245.

  »Neera«, Dampfer, 67.

  Nelson, Kapitän, Begleiter Stanleys, 122.

  Nettelblatt, Frhr. v., +Dr.+, 173, 178.

  Neu-Guinea-Gesellschaft, 283.

  Neumann, Unteroffizier, 54.

  Nevala, Missionsstation, 234-236.

  Nguruberge, 108.

  Nguru, Landschaft, 3, 17, 71, 158, 159, 163, 183, 221, 317.

  Niangamala, Dorf, 232.

  Nielsen, Beamt. d. D.-O.-A. G., 99, 100.

  Nil, 264.

  Nowack, Feldwebel, 54, 252.

  Nyassa-See, 42, 223, 227-229, 242, 263, 265, 270-272, 288, 349.

  Nyangwe, Stadt, 42, 43.


  »Olga«, S. M. Schiff, 17, 27.

  Omar, siehe Kadi Omar.

  Oskar Bruder, Missionar, 31, 133, 134.

  Ostermann, Lieutenant, 31.

  Otto, Kaufmann, 3, 5.


  Palamakaa, Ortschaft, 173-179, 181, 182.

  Pandascharo, Waniamuesi-Häuptling, 117.

  Pangani-Fluß, 25, 87, 244, 246, 255-257, 289, 292.

  Pangani-Station, 7, 18, 20, 23, 25, 26, 29, 49, 51, 61, 71-78,
  80, 87, 89, 154, 157, 158, 160-164, 175, 179, 180, 183, 190,
  195, 199, 201, 205, 217, 244, 245, 257, 259, 277-279, 282, 285,
  289, 291, 318, 324.

  Pangiri, Dorf, 103, 106, 109, 148, 220.

  Pangiri, Jumbe, 220.

  Pare-Gebirge, 245, 255, 289.

  Pare Mabua, Dorf, 245, 246.

  Parke, +Dr.+, Begleiter Stanleys, 122, 130, 138-140.

  Parsis, 260.

  Patta, Insel, 264.

  v. Saint-Paul-Illaire, Generalvertreter der D.-O.-A. G.,
  49, 97, 293.

  v. Pechmann, Lieutenant, 241.

  Pemba, Insel, 18, 156, 266, 272.

  v. Perbandt, Lieutenant, 53, 55, 58, 72, 143, 145, 146, 148,
  150, 157, 173, 221, 321, 324.

  Perrot, Wilhelm, 293.

  Peter, Feldwebel, 54, 62.

  Peters, +Dr.+, Carl, 3-5, 19, 44, 64, 67, 270, 320, 321,
  334, 340, 341.

  Petrus, Bruder, Missionar, 33, 69.

  Pfeil, Joachim, Graf, 3, 5.

  Pfeil, Graf, Kapitän der Flottille, 54.

  Pflanzer-Gesellschaft, deutsche, 198, 276, 293.

  Pfrank, Beamter der D.-O.-A. G., 34.

  Piehl, Unteroffizier, 54.

  v. Pirch, Lieutenant, 307.

  Plantagen-Gesellschaft, Ostafrikanische, 190, 276, 292, 293.

  Plüddemann, Kapitän zur See, 76.

  Podlech, Lieutenant, 324.

  Pogge, Afrikaforscher, 40.

  Pori, Jumbe in Bagamoyo, 162.

  Portugiesen, 295.

  Post des Reichskommissariats, 96.

  Prager, Kapitän der Flottille, 54.

  Prince, Lieutenant, 241, 245, 310, 311, 318, 320, 324.

  »Prinz Adalbert«, S. M. Schiff, 17.

  Pugu, Missionsstation, 32, 68-70, 142.


  Quamkoro, Dorf, 159.

  Quilimane, Küstenplatz, 42, 291.


  Rabe, Deckoffizier, 54.

  Radatz, Lieutenant, 53, 55, 58.

  Ramassan, 7, 8, 11, 13.

  Ramsay, Lieutenant, 48, 53-55, 58, 101, 102, 113, 158, 201, 220,
  221, 223, 240, 258, 304, 323.

  Raschid Schapapa, 223, 233, 234.

  Ras Muhesa, Fort, 76, 190.

  Reich, Unteroffizier, 54.

  Richard, Paul, Afrikaforscher, 274.

  Reichskommissar, siehe Wißmann.

  Richelmann, Hauptmann, 53, 62, 140, 142, 143, 147-149,
  153, 201, 342.

  Richter, 295.

  Rienda-Fluß, 233.

  Roberth, Unteroffizier, 54.

  Römer, Kapitän der Flottille, 54.

  Rohlfs, Generalkonsul, 15.

  Rohr, Unteroffizier, 54.

  Rongor-Fluß, 246.

  Rovuma-Fluß, 5, 16, 18, 205, 227, 233, 234, 236, 263.

  Rüdiger, Korvettenkapitän, 323.

  Rühle, Beamter der D.-O.-A. G. 12.

  Rufidji-Fluß, 5, 6, 9, 205, 220, 221, 223, 305, 307, 320.

  Rufu-Fluß, 289.

  Ruga-Ruga, Räuber, 12.

  Rukyrro-Bai, 209, 210.

  Rymarzig, Unteroffizier, 54.


  Sadani, 12-14, 29, 40, 51, 61, 70-74, 79, 80, 152, 154-156, 163,
  165, 167-169, 172-179, 182, 183, 189, 190, 199, 201, 217, 219,
  257, 259, 291, 324.

  Said Ali, gegenwärtiger Sultan von Sansibar, 205, 216, 217, 224,
  240, 247, 266, 268, 269, 271, 273.

  Said Bargasch, 1870-88 Sultan v. Sansibar, 4, 6-8, 15-19, 29,
  171, 233, 234, 243.

  Said Hamedi, 73.

  Said Kalifa, 1888-90 Sultan von Sansibar, 16, 19, 26, 49, 74,
  96, 97, 160, 230, 279.

  Said Madjid, 1856-70 Sultan von Sansibar, 16, 29.

  Said Magram, 24, 28.

  Said Said, 1840-56 Sultan von Sansibar, 16.

  v. Saint-Paul-Illaire siehe Paul.

  Salem, Sklavenhändler, 79.

  Samanga, 209.

  Sankurru-Fluß, 41.

  Sansibar, 3, 6, 16, 18, 20, 44, 45, 49, 74, 80, 83-87, 89, 97,
  98, 136, 139, 140, 156, 164, 167, 179, 186, 194, 195, 200-203,
  205, 206, 213, 216, 220, 227, 228, 233, 237, 268, 269, 271-274,
  277, 278, 290, 291, 294, 295, 297, 299, 329, 330, 338, 340.

  Sansibariten, 132.

  Scheffer, engl. Oberst, 46, 202.

  Schafflick, Unteroffizier, 54.

  Schaumbacher, Unteroffizier, 54.

  Schech Amer, 24, 195.

  Schelle, Lieutenant zur See, 60-62.

  Scherner, Lieutenant, 202, 234.

  »Schibin«, Dampfer, 203, 268.

  Schikambo, Oberhäuptling der Makanda, 230, 232, 233, 240.

  Schindu, Rebellenführer, 32, 67.

  Schipangilosiche Kipangiro.

  Schire-Fluß, 42, 273, 349.

  Schlüter, Premierlieutenant, 5.

  Schmelzkopf, +Dr.+, Stabsarzt, 53, 62, 86-88.

  Schmidt, +Dr.+, Carl Wilhelm, 53, 54, 58, 59, 62, 64, 65, 75,
  80, 157-160, 174-176, 195, 207, 216-222, 232-235, 237, 239,
  240, 299, 322.

  Schmidt, Gärtner, Beamter der D.-O.-A. G., 5, 114.

  Schmidt, Unteroffizier, 54, 307.

  Schubert, +Dr.+, Arzt, 14.

  Schubert, Sergeant, 321.

  Schuguli-Fälle, 221.

  Schulte, Feldwebel, 54, 164-166.

  Schultz, Unteroffizier, 54.

  »Schwalbe«, S. M. Schiff, 36, 58, 72, 139, 173, 174, 206, 207,
  209, 210, 214, 215, 217, 323.

  »Schwan«, Dampfer, 50.

  Schwarz, Unteroffizier, 54.

  Schweinfurth, Professor, 124.

  Schynse, Pater, Missionar, 122, 133-135.

  Seehandlung, Ostafrikan., (W. Perrot), 293.

  Sef ben Issa, 78.

  Sef ben Mohammed, Sohn Tibbu Tibs, 79.

  Sef ben Saad, 343.

  Selim ben Salum, 215, 216.

  Seliman ben Sef, Rebellenführer, 32, 67.

  Selle, Beamter, 301.

  Semmling, Unteroffizier, 54.

  Sewa Hadji, 187, 330.

  Sigl, Lieutenant, 178, 180, 201, 217, 345-348.

  Sikke, Sultan von Unianiembe, 23, 342, 343, 347.

  Sima, Station der D.-O.-A. G., 5, 10, 20, 114.

  Simba, Jumbe von Msua, 107.

  Simbambili, Jumbe in Bagamoyo, 27, 79.

  Simbamueno, Dorf, 108-110, 113.

  Simbamuene, Herrscherin desselben, 108, 109.

  Simbasi, Ortschaft, 70.

  Simbodja, Häuptling, 157, 158, 175, 183, 184, 196, 220, 245.

  Singino-Hügel, 214.

  Sinna, Sultan von Kiboscho, 244, 247, 248, 253-255.

  v. Sivers, Lieutenant zur See, der Reserve, 54, 72, 86, 324.

  Smith, Sir Evan, engl. Generalkonsul, 140.

  Snakker, Unteroffizier, 54.

  Soden, Frhr. v., Gouverneur, 57, 237, 256, 258, 291, 299,
  301-306, 309-311, 320-323, 325, 326, 328-332, 334, 350.

  Söhnge, Kaufmann, 6, 9, 10, 14.

  Soliman ben Nassr, 74, 78, 179, 183, 195, 205.

  »Somali«, Dampfer, 53.

  Somaliküste, 5, 269.

  Somali-Leute, 48, 64.

  Somwi, Dorf, 111-113.

  Songwe-Fluß, 263.

  Sonnenschein, Legationsrat, 300.

  »Sophie«, S. M. Schiff, 32, 36.

  »Sperber«, S. M. Schiff, 139, 140, 167, 173, 179, 188.

  Stairs, Lieutenant, Begl. Stanleys, 122, 137.

  Stanley, 105, 117, 121-140, 150.

  Steinbach, Steinkopf, Unteroffiziere, 54.

  Stenzler, Lieutenant, 244.

  Steuber, +Dr.+, 245.

  Stevenson Road, 271, 349.

  Stokes, Afrikareisender, 201, 217, 259, 344-346.

  Stolle, Unteroffizier, 54.

  »Stosch«, S. M. Schiff, 17.

  Strandes, Kaufmann, 83, 202.

  Stuhlmann, +Dr.+, Lieutenant, 170, 178, 340, 343, 345, 347, 348.

  Sturz, Zahlmeister, 301.

  Suaheli, 74, 100, 117, 142, 159, 164, 166, 168, 186, 260, 271.

  Sudan, 122, 126, 128, 203.

  Sudanesen, 46, 48, 53, 58, 62, 78, 87, 89, 94-96, 102, 111, 112,
  117, 120, 122, 131, 140, 142, 146, 149, 164-166, 168-170, 177,
  180, 189, 192, 193, 202, 232, 234, 240, 244, 248-254, 325, 326,
  340, 341.

  Sudanesen, Chargen der, 46, 47, 91, 92.

  Sudi, Dorf, 205.

  Suez, 48, 202, 203, 291.

  Sulzer, Lieutenant, 48, 53, 55, 58, 60, 72, 103, 245.

  Syrer, 203.

  Szogoni-Gebirge, 256.


  Tabora, 16, 20, 43, 158, 184, 185, 188, 217, 219, 285, 288,
  326, 341-348.

  Tana-Fluß, 5, 16.

  Tanga, Küstenstation, 25, 27, 49, 51, 61, 71, 77, 78, 80, 87,
  163, 190, 198, 201, 244, 259, 277-279, 285, 289, 291, 293-295,
  299, 301, 320, 324, 334.

  Tanganjikasee, 16, 42, 116, 188, 228, 263, 265, 271, 285,
  288, 329, 349.

  Tangata, Küstenplatz, 163.

  Tanner, Sergeant, 54, 171.

  Taveta, Landschaft und Dorf, 244, 257, 262, 273, 289.

  Tesch, Beamter, 200.

  Tettenborn, v., Lieutenant, 308, 309, 321.

  Theremin, Chef, 44, 48, 53, 67, 69, 200.

  Thielke, Unteroffizier, 54.

  Thompson, Afrikaforscher, 124.

  Tibbu Tib (Hammed ben Mohammed), 43.

  Tiedemann, Unteroffizier, 307.

  v. Tiedewitz, Unteroffizier, 307.

  Timbari, Dorf, 80.

  Tinde, Dorf, 345.

  Tomaschewski, Kapitän der Flottille, 54.

  Tschepe, Deckoffizier, 54.

  Tscherekesa, Karawanenführer, 101, 153.

  Tschogwe, Ortschaft, 292.

  Tschunio, Dorf, 119.

  Tschusiunguli, Dorf, 228.

  Tubugue, Dorf, 109, 114, 134.

  Tunguru, 129.

  Tununguo, Missionsstation, 163, 220, 318, 327.

  »Turquoise«, engl. Kriegsschiff, 213.


  Udewa, Dorf, 136.

  Udjidji, Stadt, 43, 184, 288.

  Uganda, Landschaft, 188, 270, 272, 274, 294, 348.

  Ugogo, Landschaft, 114, 119, 134, 188, 219, 259, 313, 326, 341.

  Ugweno-Gebirge, 245, 246.

  Uhehe, Landschaft, 113, 119, 188, 222, 306-308, 313, 320, 321.

  Ukami, Landschaft, 3, 17, 70, 132.

  Ukami-Berge, 108, 136.

  Ukeredi-Fluß, 215, 232, 241.

  Ukonga, Dorf, 68.

  Umba-Fluß, 175, 262, 264.

  Uniamuesi, Landschaft, 102, 259, 344.

  Uniamwira, Dorf, 341.

  Unianiembe, Landschaft, 343, 346, 347.

  Uniformirung der Schutztruppe, 90, 92-95.

  Unioro, Landschaft, 188, 294.

  Urambo, Landschaft, 343, 345.

  Urambo-Leute, 343, 344.

  Uruguru, Landschaft, 320.

  Usagara, Landschaft, 3, 6, 7, 9, 10, 15, 17, 20, 108, 110, 111,
  113, 114, 119, 132, 135, 188, 304, 305, 317.

  Usagara-Berge, 114, 135.

  Usambara, Landschaft, 5, 7, 20, 175, 279, 283, 289.

  Usambara-Eisenbahn-Gesellschaft, 289.

  Usaramo, Landschaft, 5, 6, 7, 9, 20, 142, 149, 158, 185, 189,
  220, 307, 318, 327, 330.

  Usegua, Landschaft, 3, 17, 20, 70, 71, 79, 152, 153, 155, 163,
  171, 178, 183, 189, 317.

  Usegua-Berge, 176.

  Usongo, Dorf, 343-345.

  Usukuma, Landschaft, 346.

  Usungula, Station der D.-O.-A. G., 20, 33, 142, 220.

  Uwindji, Dorf, 71, 73, 182.


  Valette, Korvettenkapitän, 80, 96, 178, 205, 206, 209.

  Velten, Unteroffizier, 54.

  »Vesuv«, Schiff des Reichskommissariats, 45, 75, 214, 215.

  Viktoriasee, 116, 122, 128, 188, 244, 263, 272, 285, 289, 294,
  297, 325, 329, 342, 344-349.

  Visitelli, Reporter, 136, 137.

  Vohsen, Konsul, Generalvertreter der D.-O.-A. G., 26, 97, 279.

  Voß, Korvettenkapitän, 137, 154, 157, 173.

  »Vulkan«, Schiff d. Reichskommissariats, 75, 207.


  Waboni, Volksstamm, 269.

  Wadelai, 121, 122.

  Wadi Bakari, 233.

  Wadigo, Volksstamm, 293, 320.

  Wadoës, Volksstamm, 71, 103-106, 154, 189.

  Wadschagga, Volksstamm, 15, 102, 247-250, 252-254, 334.

  Waganda, Volksstamm, 270.

  Wagogo, Volksstamm, 100, 114-116, 119, 120, 219, 304, 306, 341.

  Wahehe, Volksstamm, 101, 114, 115, 119, 120, 141, 257, 258,
  304-307, 309-311, 318.

  Wahiyao, Volksstamm, 34, 224, 225, 228-231, 233-236, 240,
  241, 243, 313.

  Wahumba, Massaistamm, 115, 119, 120, 340.

  Wakamba, Volksstamm, 10.

  Wakuafi, Volksstamm, 317, 318.

  Wakuara, Volksstamm, 154.

  Wakutu, Volksstamm, 318.

  Wami-Fluß, 79, 152, 172.

  Wamwera, Volksstamm, 229, 234.

  Wangoni, Volksstamm, 48, 228, 343, 344, 346, 347.

  Wanguru, Volksstamm, 318.

  Waniamuesi, 29, 58, 61, 62, 78, 79, 102-106, 111, 113, 116, 121,
  153, 168, 180, 186, 192, 280, 342, 346, 347.

  Wapare, Volksstamm, 247.

  Wapokomo, Volksstamm, 269.

  Warombo, 321.

  Warori, Volksstamm, 304.

  Waruscha, Volksstamm, 247, 255, 256.

  Wasagara, Volksstamm, 114, 257.

  Wasaramo, Volksstamm, 9, 31, 142-144, 146, 149, 186, 318,
  319, 330.

  Wasegua, Volksstamm, 169, 172, 177, 180.

  Wasiagi, Dorf, 142-144.

  Wassukuma, Volksstamm, 102, 153, 156, 186, 192.

  Wegner, Kaufmann, 83.

  Weidmann, Illustrator, 148.

  Weiß, Premierlieutenant, 5.

  Weiß, Unteroffizier, 54.

  Weriweri-Fluß, 246.

  Wiansi-Bach, 136.

  Wiebel, Schiffsoffizier, 142, 145, 146.

  Wilkens, Beamter der D.-O.-A. G., 30, 190.

  Wille, Unteroffizier, 54.

  Windi, Ortschaft, 182.

  Wißmann, Reichskommissar, 38-44, 49-53, 55-61, 64-67, 71, 73-82,
  84-87, 92, 96, 97, 101-103, 106-113, 115-121, 123, 131, 136-141,
  149, 151-157, 160-163, 167-169, 171-176, 178, 179, 182, 183, 185,
  188, 189, 192, 193, 195, 198-201, 203-209, 211, 215-219, 221, 223,
  224, 237-240, 244-248, 250-253, 255-258, 262, 268, 271, 274, 277,
  278, 294, 299-304, 308, 321, 323, 325, 329, 332, 336-342,
  344, 348, 350.

  Witte, Unteroffizier, 252.

  Witu, 15, 17, 200, 264, 266, 268-271.

  Witu-Gesellschaft, 269.

  Witzick, Unteroffizier, 177.

  Wolf, +Dr.+, Stabsarzt, 41.

  Wolf, Eugen, 49, 54, 82, 83, 85.

  Wolfrum, Lieutenant, 237, 333.

  Wonneberger, Unteroffizier, 54.

  Wubuschi-Fluß, 200.

  Wutzer, Unteroffizier, 308.


  Yao, s. Wahiyao, 225, 240.


  Zambesi-Strom, 42, 273, 349.

  v. Zelewski, Kommandeur, 22, 25, 26, 30, 50, 53-55, 58, 59, 62,
  64, 65, 72, 73, 75, 78, 94, 102, 116, 149, 152-156, 168, 169,
  176, 203, 207, 209, 214, 217, 222, 223, 299, 305, 307, 308, 310,
  317, 318.

  v. Zitzewitz, Lieutenant, 234, 237, 241, 245, 307.

  Zulus, 48, 53, 61, 62, 94-96, 101, 102, 111, 112, 117, 118, 120,
  142, 144, 146, 159, 164, 168, 174, 186, 228, 229, 234, 240, 245,
  248, 250-252, 307, 309, 318, 321, 322, 325, 326, 340.

  Zungumero, Dorf, 220.




Im Verlage der Königlichen Hofbuchdruckerei =Trowitzsch & Sohn= in
~Frankfurt a. d. Oder~ ist ferner erschienen:

                             Meine zweite
                  =Durchquerung Aequatorial-Afrikas=
                        ~vom Congo zum Zambesi~

                                  von

                         =Hermann von Wißmann.=

     Ein Band. Groß-Oktavformat. Mit 4 Karten und 92 Abbildungen.

                Preis in eleganter Ausstattung 12 Mark.

                            [Illustration]

Dieses neueste Werk ~Wißmanns~, das schon bei seinem Erscheinen
im vorigen Jahre besonders durch die Schilderungen der arabischen
Sklavenjagden großes Aufsehen machte, ist jetzt doppelt interessant,
weil ~Major von Wißmann~ in ihm genau dieselbe Straße beschreibt
vom Tanganjika zum Nyassa, Schire, Zambesi, Quilimane, die er jetzt in
umgekehrter Richtung zum Transporte seines Dampfers gewählt hat.

Das ~Militär-Wochenblatt~ schreibt über das Werk: Wir empfehlen
das Studium dieses interessanten Reisewerkes allen deutschen Kameraden,
weil sie in demselben erkennen, welche Erfahrungen unser Deutscher
Afrikaner gesammelt hatte, bevor er von Seiner Majestät dem Kaiser
zur Niederwerfung des Aufstandes an der Deutschen Ostküste berufen
ward, zugleich um sich davon zu überzeugen, ~wie sehr der schlichte
Vortrag der eigenen Erlebnisse Major von Wißmann vorteilhaft vor
den Verfassern anderer Afrikanischer Reisewerke auszeichnet~. Die
Ausstattung des vorliegenden Bandes mit Karten und Bildern ist eine
vorzügliche und wahrhaft künstlerische.

                            [Illustration]




Im Verlage der Königlichen Hofbuchdruckerei =Trowitzsch & Sohn= in
~Frankfurt a. d. Oder~ ist ferner erschienen:

                       Prachtwerk ersten Ranges!

                 Prinz Friedrich Karl im Morgenlande.

                 Nach Tagebüchern und Handzeichnungen

                              dargestellt

                      von seinen Reisebegleitern

         =Prof. Dr. Brugsch-Pascha und Major Fr. X. v. Garnier.=


                            [Illustration]

             Mit 12 Vollbildern und 58 Textillustrationen.
           ~Folio-Format 62 Bogen in eleganter Ausstattung.~

Preis in feinstem gepreßten Kalbsleder-Einband 30 Mark. Das Werk kann
         auch nach und nach in 10 Lieferungen bezogen werden.


Das Werk wurde von der gesamten Presse auf das Günstigste aufgenommen.
So sagt unter anderen der

»~Hannover'scher Courier~« .... ein sehr lehrreiches Werk. ... Die
Illustrationen sind vortrefflich und gereichen dem interessanten Texte
zur höchsten Zierde. Das schöne Werk kann nur dringend empfohlen
werden.

»~Illustrierte Zeitung~« schreibt: .... Wenig fürstliche Reisen
dürften wohl so glänzend ausgestattete Tagebücher als bleibende Spuren
hinterlassen, wie obiges Prachtwerk .... wir können das sich im
eleganten Gewande darstellende Tagebuch warm empfehlen.

»~Vossische Zeitung~« schreibt: .... Wir haben des Oefteren
auf den fesselnden Inhalt des Werkes, auf die prächtigen Land und
Leute charakterisierenden Bilder, wie auf die gediegene Ausstattung
hingewiesen; es vereinigen sich hier alle Faktoren, ein ebenso
originelles wie vornehmes Prachtwerk zu gestalten.

                            [Illustration]






*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE DES ARABERAUFSTANDES IN OST-AFRIKA ***


    

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from the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, the manager of
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forth in Section 3 below.

1.F.

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the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this
or any Project Gutenberg™ work, (b) alteration, modification, or
additions or deletions to any Project Gutenberg™ work, and (c) any
Defect you cause.

Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg™

Project Gutenberg™ is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of
computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
from people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s
goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will
remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg™ and future
generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org.

Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification
number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
U.S. federal laws and your state’s laws.

The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West,
Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up
to date contact information can be found at the Foundation’s website
and official page at www.gutenberg.org/contact

Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread
public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine-readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment. Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements. We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state
visit www.gutenberg.org/donate.

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg web pages for current donation
methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations. To
donate, please visit: www.gutenberg.org/donate.

Section 5. General Information About Project Gutenberg™ electronic works

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
Gutenberg™ concept of a library of electronic works that could be
freely shared with anyone. For forty years, he produced and
distributed Project Gutenberg™ eBooks with only a loose network of
volunteer support.

Project Gutenberg™ eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper
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facility: www.gutenberg.org.

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