Ein Blick in die Zukunft

By Richard Michaelis

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Title: Ein Blick in die Zukunft
       Eine Antwort auf: Ein Rückblick von Edward Bellamy

Author: Richard Michaelis

Release Date: January 5, 2014 [EBook #44598]

Language: German


*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK EIN BLICK IN DIE ZUKUNFT ***




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  Anmerkungen zur Transkription

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  Text, der nicht in Fraktur, sondern in Antiqua gesetzt war,
  wurde _so_ markiert, außer bei Regentenzahlen, wie Ludwig XVI.

  Zeichensetzung und Rechtschreibung wurden weitgehend übernommen,
  auch dort, wo mehrere verschiedene Schreibweisen benutzt wurden,
  außer bei offensichtlichen Fehlern.




    Ein Blick in die Zukunft.


    Von
    Richard Michaelis,
    Redakteur der »Chicagoer Freien Presse«.


    Eine Antwort auf:

    Ein Rückblick

    von Edward Bellamy.




    Leipzig.

    Druck und Verlag von Philipp Reclam jun.

    Chicago and New York.
    Rand, McNally & Company, Publishers.




Vor Nachdruck gesetzlich geschützt. Alle Rechte sind vorbehalten.




Vorwort.


Jedes Streben nach der Wahrheit und Besserung unserer Zustände verdient
Anerkennung; selbst wenn wir die Richtung und die vorgeschlagenen
Maßregeln nicht billigen können. Herrn Edward Bellamys Buch, »Ein
Rückblick«, stellt einen Versuch dar, die Lage der Menschheit zu bessern
und ist deshalb lobenswert; aber wenn wir seine Verbesserungs-Vorschläge
des schillernden Mantels entkleiden, mit welchem er sie umgeben
hat, so bleibt nichts übrig, als nackter Kommunismus. Und dieser
hat sich überall, wo er ohne religiöse Grundlage eingeführt wurde,
als ein Fehlschlag erwiesen. Heute ist er nur noch bei Wilden und
Menschenfressern »Staatsform«.

Chicago war während der letzten vierzehn Jahre der Mittelpunkt der
kommunistischen und anarchistischen Bewegung in den Ver. Staaten.
Während ich in der »Freien Presse« die Grundsätze, auf welchen das
amerikanische Staatswesen beruht, gegen jene aus den überbevölkerten
europäischen Industrie-Ländern eingeschleppten Lehren verteidigte,
wurde ich sowohl mit diesen sehr vertraut, wie auch mit den Schrullen
und Sonderheiten der Gesellschaftsretter, die allen Ernstes glauben,
sie seien im Besitz eines unfehlbaren Mittels, mit welchem sie nicht
nur alle menschlichen Einrichtungen, sondern auch die Menschen selbst
vollkommen machen könnten.

Herr Bellamy vertritt allerdings gemäßigtere Ansichten, als diejenigen,
welche Spies und Parsons lehrten; aber er hat dies mit den Anarchisten
und Kommunisten von Chicago gemein, daß er unfähig geworden ist,
die Einrichtungen, Zustände und Menschen der Jetztzeit gerecht zu
beurteilen, daß er die Schwierigkeiten unterschätzt, welche der
Einführung von ihm vorgeschlagener Änderungen entgegen stehen, daß
er wirklich glaubt, seine Staatsluftschlösser würden im Handumdrehen
greifbare Gebilde werden und daß er sein Wolkenkuckucksheim mit
engelgleichen Wesen bevölkert, welche alle menschlichen Schwächen
abgelegt haben und unter keinen Umständen ein Unrecht begehen würden.
Die Annahme, daß die Männer und Frauen in einem kommunistischen
Staatswesen Selbstsucht, Neid, Haß, Eifersucht, Streitsucht und
Herrschsucht gänzlich abstreifen würden, ist ebenso vernünftig oder
unvernünftig, wie die Annahme, daß ein Mensch 113 Jahre schlafen
und alsdann eben so jung und kräftig aufstehen könnte, wie er sich
niederlegte.

Welch sonderbare Maßregeln Gesellschaftsretter doch mitunter
vorschlagen! Joh. Most möchte im Namen der Gleichheit erst alle
diejenigen umbringen, die nicht in allen Dingen seiner Meinung sind.
Dann würde er alle Gesetze und alle Beamten abschaffen und dann der
Natur ihren Lauf lassen! --

Herr Bellamy dagegen würde, ebenfalls im Namen der Gleichheit, allen
tüchtigen und fleißigen Arbeitern einen namhaften Teil dessen rauben,
was sie mit ihrer Thätigkeit geschaffen, das Geraubte würde er den
ungeschickten, dummen und faulen Arbeitern geben, und das wäre dann, was
Herr Bellamy Gerechtigkeit und Gleichheit nennt!

Und um diese angebliche »Gleichheit« zu erringen, würde Herr Bellamy
natürlich den Wettbewerb opfern müssen, die Riesenkraft, welche uns alle
und Herrn Bellamy mit uns auf die Höhe der Bildung und Gesittung erhoben
hat, die das Menschengeschlecht jetzt einnimmt. Es ist wahr, daß der
Wettbewerb schwere Mißbräuche im Gefolge gehabt hat und noch heute hat.
Aber jede Einrichtung kann zu Mißbräuchen führen und der Umstand, daß
ein Ding gemißbraucht wird, beweist durchaus nicht, daß das Ding an sich
schlecht ist.

Niemand kann leugnen, daß der Wettbewerb während der Jahrhunderte
christlicher Civilisation die geistigen und körperlichen Kräfte
der Menschheit hoch entwickelt hat, daß der Wettbewerb während
dieser Jahrhunderte alle Menschen zur Einsetzung ihrer höchsten
Leistungsfähigkeit angespornt und unser Geschlecht auf eine Höhe
gehoben hat, auf welcher dem gewöhnlichen Arbeiter mehr Bequemlichkeiten
und Genüsse zugänglich sind, als den Königen, von welchen Homer singt.

Jedes Geschlecht hat an großen Aufgaben zu arbeiten und uns liegt es
ob, die Beziehungen des Kapitals zur Arbeit zu regeln, welche besonders
schwierig geworden sind, seitdem durch die Entdeckung der Dampfkraft auf
den Gebieten vieler Erwerbszweige große Umwälzungen stattgefunden haben.

Wir haben Mittel und Wege zu finden, nicht um die Arbeit zu vermeiden,
von welcher Herr Bellamy stets als von einem Übel spricht, sondern um
den Hirnkrebs unserer Zeit zu heilen: die beständige Unsicherheit und
die Furcht vor Armut. Das können wir aber durch Zusammenarbeiten und
durch Versicherungs-Gesellschaften, die auf Gegenseitigkeit begründet
sind, ohne daß es für uns nötig wird, in den Kommunismus zurück zu
fallen, diese niedrigste Form der menschlichen Gesellschaft.

Die Unvollkommenheit, welche der Menschheit anhaftet, muß naturgemäß
auch alle ihre Einrichtungen kennzeichnen und nichts ist daher leichter,
als in einem »#Rückblick#« die Unzulänglichkeit aller Menschen und Dinge
nachzuweisen, und alsdann von Engeln bewohnte Luftschlösser zu bauen.

Ich werde jetzt einen »#Blick in die Zukunft#« thun. Ich werde zeigen,
wie Herrn Bellamys hübsche Geschichte enden muß, wenn sie fortgesetzt
wird. Ich beabsichtige nachzuweisen, daß Herr Bellamy den Versuch macht,
einen Zustand unbedingter Gleichheit zu errichten; dann aber, an der
Möglichkeit verzweifelnd, eine Ungleichheit befürwortet, welche in
vieler Hinsicht drückender sein würde, als die jetzigen Verhältnisse.
Ich werde darlegen, daß unter der Regierungsform, welche Herr Bellamy
vorschlägt, Günstlingswirtschaft und Korruption im öffentlichen und
Erwerbs-Leben üppig wuchern müßten. Ich werde beweisen, daß in Herrn
Bellamys Vereinigten Staaten von menschlicher Freiheit wenig zu finden
sein und daß das selbstbewußte, unabhängige amerikanische Volk eine
solche Knechtschaft nimmermehr ertragen würde. Und ich werde über jeden
vernünftigen Zweifel hinaus nachweisen, daß das Volk in dem von Herrn
Bellamy angepriesenen Staatswesen viel ärmer sein würde, als heute.

Ich bestreite durchaus nicht, daß unsere Gesellschaft dringend
umgestaltender Verbesserung bedarf; aber ich bin nicht bereit, Herrn
Bellamy, Herrn Most oder irgend jemandem blindlings zu folgen, lediglich
weil er behauptet, die Menschheit sofort von allen Übeln befreien zu
können. Ich beabsichtige nicht, mich kopfüber in die Dunkelheit zu
stürzen.

Wenn Herr Bellamy und seine Anhänger sich so sicher fühlen, das
tausendjährige Reich menschlicher Glückseligkeit begründen zu können,
so mögen sie es versuchen, wie es die Kommunisten der »Amana Society«
versucht haben, welche im Staate Iowa eine Gemeinde errichteten
mit Gütergemeinschaft auf religiöser Grundlage. Die Regierung der
Vereinigten Staaten besitzt noch viele Tausende von Ackern guten Landes,
wo Herr Bellamy und seine Freunde sich niederlassen und der Welt zeigen
können, wie man die Menschheit im Handumdrehen vollkommen macht! Aber
sie sollten vom Volke der Vereinigten Staaten nicht verlangen, daß
dieses seine jetzige Regierungsform und seine Gesellschaftsordnung
aufgeben solle, ehe Herr Bellamy und dessen Freunde bewiesen haben, daß
ihre Heilmittel für die Schäden der Gesellschaft in der That unfehlbar
sind.

  #Chicago#, April 1890.

                              #Richard Michaelis.#




Ein Blick in die Zukunft.

Erstes Kapitel.


Um mich selbst denjenigen Lesern vorzustellen, welche das von Herrn
Edward Bellamy herausgegebene Buch »_Looking Backward_« (»Ein
Rückblick«)[1] nicht kennen, teile ich hier in Kürze die bemerkenswerten
Ereignisse meines Lebens mit, welche in jenem Werke erzählt worden sind.

Ich wurde am 26. Dezember 1857 in Boston geboren und Julian West
getauft. Ich besuchte eine Schule und eine höhere Bildungsanstalt
meiner Vaterstadt; da ich aber im Besitze eines bedeutenden Vermögens
war, so widmete ich mich keinem Berufe oder Geschäfte. Ich war
mit Fräulein Edith Bartlett verlobt, einer jungen Dame von großer
Schönheit. Wir hegten die Absicht zu heiraten, sobald mein neues Haus
in bewohnbarem Zustande sein würde. Leider wurde aber der Bau vielfach
durch Arbeitseinstellungen der Zimmerleute und Maurer unterbrochen und
ich bewohnte immer noch das altväterliche Gebäude, in welchem drei
Geschlechter meiner Familie gelebt hatten.

Da ich oft durch Schlaflosigkeit litt, hatte ich unter dem Fundamente
meines alten Hauses ein Gewölbe herrichten lassen, in das der Lärm der
Großstadt, meinen Schlummer störend, nicht dringen konnte. Das Gewölbe
war ganz feuerfest und erhielt frische Luft durch eine eiserne Röhre,
welche zum Dache des Hauses hinaufreichte.

Um in Schlaf zu verfallen, war ich oft genötigt, mich der Hilfe eines
Mesmeristen zu bedienen. So auch am 30. Mai 1887. Nachdem ich zwei
Nächte schlaflos verbracht hatte, sandte ich meinen schwarzen Diener
Sawyer zu einem Dr. Pillsbury, welcher sich bei ähnlichen Gelegenheiten
stets hilfreich erwiesen hatte. Der Arzt war gerade im Begriff die Stadt
zu verlassen, um in New Orleans einen Wirkungskreis zu suchen, und es
war daher die letzte Behandlung, die er mir angedeihen lassen konnte.
Ich beauftragte Sawyer, mich am nächsten Morgen um 9 Uhr zu wecken und
fiel dann unter den Manipulationen des Mesmeristen in einen tiefen
Schlaf.

Als ich erwachte, fand ich, daß ich 113 Jahre, 3 Monate und 11 Tage
geschlafen hatte.

Ich entdeckte, daß das alte Haus durch Feuer zerstört worden war und daß
Sawyer in den Flammen seinen Tod gefunden hatte. Dr. Pillsbury hatte
Boston verlassen, die Existenz des unterirdischen Gewölbes war meinen
Freunden unbekannt gewesen, das Haus war nicht wieder aufgebaut worden
und so hatte ich mehr als hundert Jahre in tiefem Schlafe verbracht, bis
ein Dr. Leete, der Bewohner eines Hauses, welches auf einem Teile meines
früheren Grundstückes errichtet worden war, im Jahre 2000 mit dem Bau
eines Laboratoriums begonnen und bei dieser Gelegenheit mein Gewölbe
sowie mich selbst entdeckt hatte.

Ich erfuhr, daß Edith Bartlett mich vierzehn Jahre lang betrauert und
dann geheiratet habe, daß Dr. Leetes Gattin Ediths Enkelin und daß seine
Tochter Edith demnach die Urenkelin der jungen Dame sei, welche ich vor
113 Jahren heiraten wollte.

Meine ungebrochene Manneskraft widerstand dem gewaltigen Eindrucke,
welchen diese Entdeckungen auf mich machten. Ich fühlte mich in dem
Hause des Dr. Leete bald heimisch, um so mehr, als die junge Edith in
meinem Herzen alsbald den Platz einnahm, welcher einst Edith Bartlett
gehört hatte. Und es währte nicht lange, bis Edith Leete, ein romantisch
und mitleidsvoll veranlagtes, liebenswürdiges Mädchen, mit Anmut ihre
Zustimmung gegeben hatte, die Nachfolgerin ihrer Urgroßmutter, das
heißt, meine Braut zu werden.

Aber noch bemerkenswerter als der Wechsel in meinem eigenen Schicksal,
waren die Veränderungen, welche auf socialem Gebiete stattgefunden
hatten.

Dr. Leete erklärte mir die neue Ordnung der Dinge.

Geschäftliche Unternehmungen einzelner hatten aufgehört. Der Staat
besorgt am Ende des 20. Jahrhunderts alles, was früher einzelne Leute
oder Gesellschaften und Körperschaften unternommen und geleitet hatten.
Alle gesunden Leute, Frauen wie Männer, im Alter von 21 bis 45 Jahren
gehören dem Heere der Arbeiter an. Leute über 45 Jahre werden nur
ausnahmsweise, in Fällen dringender Notwendigkeit, wieder in Dienst
gestellt.

Geld ist abgeschafft worden; aber jeder Bewohner der Vereinigten
Staaten erhält einen gleichen Anteil an den Ergebnissen der Arbeit
der »industriellen Armee« in Gestalt eines Guthabens-Scheines, eines
Stückes Pappe, auf welchem Dollars und Cents verzeichnet sind. In
jedem Stadtteile und in jedem größeren Landbezirke befindet sich ein
Lagerhaus, in welchem das Volk alles findet, dessen es bedarf. Der
Wert der Waren, welche jemand kauft, wird aus seinem Guthabens-Schein
herausgestochen und sein Guthaben in den Regierungsbüchern wird mit dem
Betrage der gekauften Waren belastet.

Die Mahlzeiten werden von großen Kochhäusern geliefert. Die Wäsche wird
in großen Anstalten gereinigt und ausgebessert. Es steht jedermann frei,
seine Mahlzeiten daheim oder im Speisehause einzunehmen. Die Auswahl der
Gerichte ist groß und man kann im Kochhause auch eigene Speisezimmer
haben. Der Preis der Mahlzeiten richtet sich nach den bestellten
Speisen, so wie nach dem Orte, wo diese genossen werden.

Jede Familie bewohnt ein eigenes Haus. Die Einrichtung gehört dem
Bewohner. Die Miete richtet sich nach Größe und Einrichtung des Hauses
und wird ebenfalls mit einem Kneifzängchen aus dem Guthabens-Schein
herausgestochen.

Alle Bewohner der Vereinigten Staaten sind verpflichtet die Schule zu
besuchen, bis sie das einundzwanzigste Lebensjahr erreicht haben. Dann
werden sie Mitglieder des Arbeiterheeres. Während der ersten drei Jahre
ihres Dienstes werden sie Rekruten oder Lehrlinge genannt. Sie müssen
die gewöhnlichsten Arbeiten verrichten unter dem unbedingten Befehle
ihrer Offiziere oder Aufseher. Über ihr Verhalten wird Buch geführt und
die Befähigung wie das Betragen jedes Rekruten angemerkt.

Nach den ersten drei Jahren seines Dienstes kann jeder Rekrut einen
Beruf wählen. So viel wie möglich werden die Rekruten in solche
Beschäftigungszweige eingereiht, denen sie den Vorzug geben. Zuerst
dürfen diejenigen Rekruten wählen, welche die besten Zeugnisse haben.
Manche müssen allerdings eine zweite, oder auch eine dritte Wahl
treffen, wenn nach einzelnen Berufszweigen ein zu großer Andrang
stattfindet. Und noch andere müssen mit solchen Stellungen vorlieb
nehmen, welche ihnen von ihren Vorgesetzten angewiesen werden.

Alle Mitglieder des Arbeiterheeres werden nach ihrer Befähigung und nach
ihrem Betragen in drei Abteilungen geteilt und Lehrlinge mit besten
Zeugnissen können nach dreijähriger Dienstzeit als Rekruten sofort in
die erste Abteilung derjenigen Gilde oder Zunft treten, welcher sie sich
anschließen wollen.

Der General einer Zunft oder Gilde ernennt alle Offiziere derselben. Die
Leutnants müssen den Mitgliedern der ersten Abteilung entnommen werden.
Die Hauptleute erwählt der General aus den Reihen der Lieutenants, die
Obersten aus den Hauptleuten. Der General selbst wird von den früheren
Mitgliedern seiner Zunft erwählt, das heißt, von denjenigen, welche
das fünfundvierzigste Lebensjahr überschritten haben. Die früheren
Mitglieder aller Zünfte wählen auch die Vorsteher der zehn großen
Abteilungen oder Gruppen verwandter Zünfte, in welche das Arbeiterheer
eingeteilt ist. Diese Chefs oder Vorsteher werden aus den Generälen der
Zünfte gewählt. Die früheren Zunftgenossen erwählen auch den Präsidenten
der Vereinigten Staaten, welcher früher Vorstand einer der zehn großen
Abteilungen gewesen sein muß. Der Präsident, die Vorsteher der zehn
großen Abteilungen des Arbeiterheeres und die Generäle aller Zünfte
wohnen in Washington.

Die Angehörigen der Arbeiterarmee haben nicht das Recht bei der Wahl der
Offiziere, von welchen sie befehligt werden, mit zu stimmen. Während
ihrer vierundzwanzigjährigen Dienstzeit haben sie keine Vertretung; aber
wenn sie gegen einen Vorgesetzten Beschwerde führen wollen, so können
sie ihre Klage vor einem Richter anhängig machen, dessen Entscheidung
endgültig ist.

Die Richter werden vom Präsidenten aus den Reihen der Zunftgenossen
gewählt, welche aus dem Arbeiterheere geschieden und mehr als 45 Jahre
alt sind. Die Dienstzeit der Richter dauert fünf Jahre.

Gerichtshöfe, Rechtsanwälte, Gefängnisse, Sheriffs, Steuereinschätzer
und -einnehmer, und viele andere Beamte sind abgeschafft worden.
Verbrecher werden in Heilanstalten als Verstandeskranke behandelt.

Die Bundesregierung regelt alle Thätigkeit. Wenn sie bemerkt, daß
nach irgend einem Berufszweige ein starker Andrang von Freiwilligen
stattfindet, während andere Zünfte über Mangel an Freiwilligen klagen,
so verlängert die Regierung die Arbeitszeit der bevorzugten Gilde und
verringert die Zahl der Arbeitsstunden in denjenigen Berufszweigen,
welche mehr Freiwillige brauchen.

Die Frauen haben ihre eigenen Offiziere, Generale und Richter, und
bilden ein Hilfsheer der Arbeit. Sie erhalten dieselben Guthabensscheine
wie die Männer, und da das Kochen, Waschen, sowie das Ausbessern von
Haushaltungsgegenständen außerhalb besorgt wird, so haben die Frauen des
zwanzigsten Jahrhunderts mehr Zeit für Arbeit, welche Werte erzeugt, als
die Frauen am Ende des neunzehnten Jahrhunderts.

Rekruten, welche drei Jahre gedient haben, können in technische,
medizinische und andere gelehrte Schulen eintreten; wenn sie aber außer
Stande sind, mit ihren Klassen geistig Schritt zu halten, müssen
sie wieder austreten. Ärzte, welche von Kranken nicht genügend in
Anspruch genommen werden, mithin das Vertrauen ihrer Mitbürger nicht
genießen, müssen es sich gefallen lassen, daß ihnen andere Beschäftigung
zugewiesen wird.

Wenn Leute die Herausgabe einer Zeitung wünschen, so können sie
zusammentreten und gemeinschaftlich genug von ihren Guthabensscheinen an
den Staat abgeben, um diesen für den Verlust der Arbeit der Redakteure,
Setzer und Drucker zu entschädigen.

Wenn jemand ein Buch herausgeben will, kann er es in seinen Mußestunden
schreiben und es drucken lassen, indem er einen Teil seines
Guthabensscheines als Bezahlung für Satz, Druck und Papier an den Staat
aufgiebt. Für die verkauften Bücher erhält er dann ein entsprechendes
Guthaben.

Geistliche werden in ähnlicher Weise wie die Redakteure von solchen
Leuten besoldet, welche deren Predigten zu hören wünschen.

Krüppel oder andere Leute, welche außer Stande sind, die den Mitgliedern
des Arbeiterheeres obliegenden Pflichten ganz zu erfüllen, erhalten
nichtsdestoweniger ihren vollen Anteil an den Arbeitserzeugnissen. Die
Thatsache, daß sie Menschen sind, berechtigt sie zu einem vollen Teil an
den guten Dingen, welche die Erde bietet; gleichviel ob sie selbst wenig
oder gar nichts produzieren können.

Die Staatsregierungen innerhalb des Gebietes der Union sind als nutzlos
abgeschafft worden.

Alle anderen civilisierten Völker haben die Arbeit und den Verbrauch
ihrer Bürger ähnlich geregelt, wie die Vereinigten Staaten und sie
treiben freien Handel miteinander. Am Ende eines jeden Jahres wird das
Guthaben der verschiedenen Länder mit solchen Gegenständen ausgeglichen,
welche überall verwendbar sind.

Die neue Ordnung der Dinge setzt die Völker in den Stand, ohne alle
Sorgen zu leben und die Folge davon ist, daß die meisten Männer und
Frauen von gesunder Körperbeschaffenheit 85 bis 90 Jahre alt werden. --

So lautete die Schilderung, welche mir Dr. Leete von der neuen
Gesellschaftsordnung in einer Anzahl von Unterredungen machte. Der
Doktor spricht sehr begeistert von dem Staate, in welchem er lebt, und
steht nicht an, ihn das tausendjährige Reich zu nennen.

Die Besorgnis und Unsicherheit, welche ich in Bezug auf meine eigene
Thätigkeit in dem Arbeiterheere empfand, wurden von Dr. Leete beseitigt.
Er teilte mir mit, daß mir die Stellung des Professors der Geschichte
des neunzehnten Jahrhunderts am Shawmut Kollege in Boston offen stehe.
Ich habe dieses Anerbieten angenommen und werde am nächsten Montag mein
neues Amt antreten.




Zweites Kapitel.


Als ich zum erstenmale den großen Saal im Shawmut Kollege betrat, in
welchem ich meine Vorlesungen halten sollte, gewahrte ich nahe der
Saalthür einen Herrn im Alter von etwa vierzig Jahren. Er war zu alt,
als daß ich ihn hätte für einen Studenten halten können und da ich ihn
nicht gesehen hatte, als Dr. Leete mich den Professoren der Anstalt
vorstellte, so war ich einigermaßen neugierig zu erfahren, in welcher
Eigenschaft er meine erste Vorlesung mit seiner Gegenwart beehrte.

Der herzliche Empfang, welcher mir von seiten der Professoren zu
teil geworden war, die Thatsache, daß die Studenten jeden Platz des
großen Saales füllten, wirkten außerordentlich anregend auf mich und
nachdem Dr. White, der Präsident der Universität, mich mit einigen
schmeichelhaften Bemerkungen als einen lebenden Zeugen der Civilisation
des neunzehnten Jahrhunderts vorgestellt hatte, begann ich meine erste
Vorlesung vom besten Geiste beseelt.

Meine Rede stand naturgemäß unter dem Einflusse dessen, was Dr. Leete
mir in unseren Unterredungen über die vergleichsweisen Vorzüge und
Nachteile der Gesellschaftsordnung des neunzehnten und zwanzigsten
Jahrhunderts gesagt hatte.

Ich setzte auseinander, daß meine Hörer von mir keine Übersicht der
eigenartigen Civilisation in beiden Jahrhunderten erwarten dürften;
auch keine Lobpreisungen der jetzigen Ordnung der Dinge. Ich würde
nur auf einige Bestimmungen und Einrichtungen verweisen, welche als
kennzeichnend gelten können für den Geist der beiden Zeitalter.

Als Merkmal des Zeitgeistes des neunzehnten Jahrhunderts schilderte
ich den wahnsinnigen Wettbewerb. In diesem ekelhaften Kampfe sei der
Mensch gezwungen worden, zu »übervorteilen, verdrängen, unter dem
Werte kaufen und zu teuer verkaufen, das Geschäft zerstören, durch
welches sein Nachbar seine Kleinen ernährte, die Menschen verleiten
zu kaufen, was sie nicht sollten und zu verkaufen, was sie nicht
durften, seine Arbeiter drücken, seine Schuldner peinigen, seine
Gläubiger hintergehen,«[2] um diejenigen unterhalten zu können,
welche er zu ernähren hatte. Ich zeigte, daß es unter den Leuten am
Ende des neunzehnten Jahrhunderts »viele gegeben habe, welche, wenn
es sich um ihr eigenes Leben gehandelt hätte, es lieber aufgegeben,
als durch das Brot ernährt hätten, das sie anderen geraubt.«[3] Ich
setzte auseinander, daß dieser wahnsinnige und vernichtende Wettbewerb
beständig an Geist und Körper der Menschheit gezehrt habe und daß dieses
zehrende Fieber noch vermehrt worden sei durch die beständige Furcht vor
gänzlicher Verarmung. Das Gespenst der Unsicherheit hätte den Menschen
des neunzehnten Jahrhunderts auf Schritt und Tritt verfolgt, es hätte
sich mit ihm zu Tisch gesetzt, und wäre mit ihm zu Bett gegangen und
hätte ihm zugeraunt: »Arbeite noch so tüchtig, stehe früh auf und mühe
dich ab bis zum späten Abend, raube listig oder diene treu -- du wirst
nie die Sicherheit kennen. Du magst jetzt reich sein und doch kannst
du einst in Armut geraten. Hinterlasse deinen Kindern noch so großen
Reichtum -- du kannst dir nicht die Sicherheit erkaufen, daß dein Sohn
nicht einst der Diener deines Dieners wird, oder daß deine Tochter sich
nicht um Brot verkaufen muß.«[4]

Vor hundertunddreizehn Jahren arbeiteten die Menschen wie die Sklaven
bis zur völligen Erschöpfung, ohne dadurch auch nur die Sicherheit vor
Verarmung oder vor einem jammervollen Hungertode erwerben zu können.
Heut, am Ende des gesegneten zwanzigsten Jahrhunderts, wandele die
Menschheit im rosigen Lichte der Freiheit, Sicherheit, Glückseligkeit
und Gleichheit. Die Jugend des zwanzigsten Jahrhunderts genieße in
vorzüglichen Schulen einen ausgezeichneten Unterricht und wähle nach
Durchmachung einer dreijährigen Lehrzeit frei ihren Beruf. Selbst
während ihrer Dienstzeit im Arbeiterheere erlaube ihnen die kurze
Arbeitszeit an ihrer geistigen Ausbildung weiter zu bauen und dennoch
bleibe ihnen zur Erholung mehr Zeit, als man vor hundert Jahren
für vereinbar gehalten hätte mit dem Betriebe der Fabriken, der
Landwirtschaft und anderer Berufszweige.

Frei von allen Sorgen, in völliger Übereinstimmung mit den
Nebenmenschen, ohne den störenden Einfluß politischer Parteien, im
Besitz eines Reichtums, wie er in der Geschichte der Völker niemals
erhört wurde, könnten wir in der That sagen: »Der lange, traurige Winter
der Gattung ist vorüber. Ihr Sommer hat begonnen. Die Menschheit hat
ihre Puppenhülle durchbrochen. Der Himmel liegt vor ihr.«[5]

Ich hatte mit Begeisterung, ja, mit tiefer Bewegung gesprochen und
erwartete eine mindestens beifällige Aufnahme meiner Rede. Aber nur
vereinzelte und kühle Beifallsbezeugungen ließen sich hören, als
ich meinen Vortrag beendet hatte. Kaum der vierte Teil der im Saale
befindlichen Studenten hatte es der Mühe wert gefunden, Übereinstimmung
mit den von mir entwickelten Ansichten auszudrücken und auch diese
Wenigen schienen mehr aus Höflichkeit, als aus herzensfreudiger
Übereinstimmung ihren Beifall kund gegeben zu haben. Diese frostige
Aufnahme war für mich eine solche Enttäuschung, daß ich nicht Mut genug
sammeln konnte, mein Katheder zu verlassen und durch die Studenten zu
schreiten, während diese den Saal verließen.

Ich machte mir daher an meinem kleinen Pulte zu schaffen, bis jedermann
die Halle geräumt hatte, mit Ausnahme des Herrn, welcher bei meinem
Eintritt meine Aufmerksamkeit erregt hatte. Er blieb an der Thür stehen,
offenbar meinen Weggang erwartend.

»Sie gehören zur Universität,« fragte ich, um meine Befangenheit zu
verbergen.

»Allerdings,« antwortete er mit einem leichten Lächeln, welches zu
weiteren Fragen herausforderte.

»Vermutlich habe ich das Vergnügen, einen meiner Herren Kollegen kennen
zu lernen,« fuhr ich fort. »Mein Name ist West.«

»Bis vor einem Monate war ich Professor Forest, Ihr Vorgänger als Lehrer
der Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts. Heut bin ich einer der
Pedelle und mein Vorgesetzter ist so freundlich gewesen, meiner Sorgfalt
gerade diesen Saal zu empfehlen.«

Ich hatte während der letzten Tage so vieles Neue und Überraschende
gesehen, daß ich nicht so leicht in Erstaunen versetzt werden konnte.

Aber die Mitteilung, daß ein Universitätsprofessor mit der Reinhaltung
desselben Saales beauftragt werden könnte, in welchem er vorher gelehrt,
klang so unglaublich und eröffnete mir selbst für meine weitere
Laufbahn eine so unerfreuliche Aussicht, daß ich meine Bestürzung nicht
verbergen konnte.

»Und was hat diesen sonderbaren Stellungswechsel veranlaßt?« fragte ich.

»In meinen Vergleichen betreffs der Civilisation und der Lage der
Menschheit im Jahre 1900 und im Jahre 2000 kam ich zu andern Schlüssen,
als Sie,« antwortete Forest.

»Sie wollen doch nicht etwa sagen, daß die Menschen am Ende des vorigen
Jahrhunderts besser gestellt waren, als das jetzige Geschlecht,« fragte
ich, gleichzeitig überrascht und neugierig.

»Das ist in der That meine Ansicht,« sagte Forest.

»Diese sonderbare Anschauung kann ich mir nur dadurch erklären, daß
Sie persönlich keine Kenntnis von den Zuständen haben, welche Ihnen so
schätzenswert erscheinen,« rief ich aus.

»Ich muß natürlich zugeben, daß ich meine Belehrung aus unserer Bücherei
geschöpft habe und daß Sie zur Unterstützung Ihrer Ansichten über die
Civilisation des neunzehnten Jahrhunderts Ihre persönliche Erfahrung
geltend machen können,« antwortete Forest. »Dagegen sind Sie wohl nicht
so gut vertraut mit dem gegenwärtigen Stande der Dinge. Die Quelle Ihrer
Kenntnis des zwanzigsten Jahrhunderts ist #ein# Mann: Dr. Leete. Ich
darf deshalb wohl behaupten, daß meine Nachrichten über die Civilisation
Ihrer Tage besser sind, als Ihre Kenntnis unserer Zustände, weil ich
mich auf mehr Zeugen berufen kann, als Sie.«

»Dann werden Sie auch die Ansichten mißbilligen, welche ich in meinem
Vortrage entwickelte.«

»Ihre Vorlesung wird unzweifelhaft in allen Regierungs-Zeitungen
veröffentlicht werden, also in fast jeder Zeitung des Landes,«
entgegnete Forest, eine unmittelbare Antwort auf meine Frage vermeidend.

»Sie sprechen von Regierungszeitungen,« fragte ich erstaunt. »Hat die
Regierung Zeitungen und braucht sie Organe?«

»Freilich hat die Regierung Zeitungen. Und es ist ebenso schwierig wie
unangenehm, eine Zeitung herauszugeben, welche die Regierung tadelt oder
bekämpft. Wir haben deshalb nur sehr wenige solcher Zeitungen.«

»Aber Dr. Leete sagte mir doch: »Wir haben keine Parteien oder
Politiker, und was das Demagogentum und die Bestechlichkeit anbetrifft,
so sind das Worte, die nur noch eine historische Bedeutung haben.«[6]
Und nun sprechen Sie von Gegnern der Regierung sowie von Zeitungen der
letzteren?« Ich sagte dies mit dem Ausdruck des Zweifels in Stimme und
Blick, aber Herr Forest wurde dadurch nicht beirrt.

Er brach in ein lautes Gelächter aus und sagte dann: »Entschuldigen Sie,
bitte, meine Heiterkeit! aber Dr. Leete ist ein großer Spaßmacher und
er ist immer sicher, durch seine Scherze eine Versammlung zum Lachen
zu zwingen! In der That! Das ist zu gut! Ich wünsche, ich hätte sein
Gesicht sehen können, als er Ihnen diese Offenbarungen zu teil werden
ließ.«

Und Forest lachte von neuem, daß ihm die Thränen in die Augen traten.

»Ich bitte um Verzeihung, Herr West,« fuhr Herr Forest fort, als ich
seiner Heiterkeit mit Schweigen begegnete. »Aber Sie würden mich
entschuldigen und wahrscheinlich in mein Gelächter einstimmen, wenn Sie
Herrn Dr. Leete so gut kennen würden, wie ich und dann hörten, daß er
von einem Mangel an Politikern gesprochen hat. Doch ich will gleich hier
erklären,« fügte Herr Forest in ruhigerem Tone hinzu, »daß ich keine
geringe Meinung von Dr. Leete habe. Er ist ein etwas rücksichtsloser
Spaßvogel und ein geriebener Politiker; im übrigen aber ein so guter
Mann, wie unsere Zeit ihn nur hervorbringen kann.«

»Dr. Leete ist ein Politiker?« fragte ich mit neuem Erstaunen.

»Allerdings. Dr. Leete ist der einflußreichste Führer der
Regierungspartei in Boston. Seinem Einflusse bin ich es schuldig, daß
ich immer noch mit der Universität in Verbindung stehe.«

Forest nahm wahr, daß ich nicht wußte, wie ich diese Erklärung deuten
solle und fügte daher hinzu: »Als ich beim Vergleich der Civilisation
der zwei Jahrhunderte zu dem Schluß gelangte, daß der Kommunismus sich
als ein Fehlschlag erwiesen habe, wurde ich als Verführer und Verderber
der studierenden Jugend in Anklagestand versetzt. Das in solchen Fällen
übliche Urteil: »Einsperrung in ein Irrenhaus« wurde gefällt. Denn nach
Ansicht unserer Machthaber kann nur ein Irrsinniger sich gegen die beste
gesellschaftliche Ordnung auflehnen, welche die Menschheit jemals hatte.
Dr. Leete erklärte indes, mein Irrsinn sei ein so harmloser, daß meine
Einsperrung in ein Tollhaus überflüssig erscheine, zumal sie auch zu
kostspielig sei. Ich könnte immer noch meinen Lebensunterhalt verdienen,
indem ich im Universitätsgebäude leichte Arbeit verrichte. Dadurch würde
ich den Professoren und Studenten als lebendige Warnung dienen, in ihren
Äußerungen und Lehren vorsichtig zu sein.«

»Die Studenten scheinen Ihre Ansichten zu teilen; denn sie nahmen meine
Auseinandersetzungen recht kühl auf,« bemerkte ich, um der Unterredung
eine andere Wendung zu geben und einer weiteren Besprechung der
Eigenschaften meines Gastfreundes vorzubeugen.

Forests durchdringende graue Augen blickten einen Augenblick forschend
in die meinigen. Dann sagte er freundlich:

»Ich glaube, daß Sie Ihrer Überzeugung gemäß gesprochen haben, Herr
West. Haben Sie aber nicht das Gefühl gehabt, daß Sie Ihrer Zeit und
Ihren Zeitgenossen keine Gerechtigkeit widerfahren ließen? Machte es der
Wettbewerb, die Konkurrenz denn wirklich nötig, daß jedermann seinen
Nachbar betrog, seine Arbeiter auspreßte, seinen Schuldnern die Kehle
zuschnürte und anderen Leuten das Brot vom Munde wegriß? Waren denn
wirklich die meisten Menschen Ihres Zeitalters Betrüger und Blutsauger?
Waren die Arbeiter sämtlich Sklaven, welche tagtäglich arbeiteten,
bis sie gänzlich erschöpft waren? Ich weiß aus Zeitschriften und
Geschichtswerken recht wohl, daß die Mitglieder großer Gewerkschaften
in ihren Tagen oft die Arbeit einstellten, weil sie acht Stunden als
ein Tagewerk ansahen und daß sie sich weigerten, gegen gute Bezahlung
neun oder zehn Stunden zu arbeiten. Danach hatten sie einen kräftigen,
stolzen und unabhängigen Arbeiterstand, und es erscheint fast wie
eine Beleidigung, diese Leute als Sklaven zu bezeichnen. Und was die
Mädchen anbelangt, so habe ich Klagen darüber gelesen, daß Hilfe für
Hausfrauen zu Ihrer Zeit nur schwer zu erlangen war und daß Köchinnen
und Stubenmädchen je nach ihrer Leistungsfähigkeit von 2 bis 5 Dollar
wöchentlich und Kost erhielten. Es lag also für ein anständiges Mädchen
keine Entschuldigung vor, wenn sie sich »für Brot verkaufte.« Allerdings
war die Civilisation Ihrer Tage weit davon entfernt fehlerlos zu sein.
In der That ist nichts auf Erden vollkommen. Aber Ihre Schilderung der
Civilisation des neunzehnten Jahrhunderts war in so düsteren Farben
gehalten, daß unsere Studenten, welche mit der Geschichte jener Tage
nicht ganz unbekannt sind, sich von Ihrer Vorlesung unmöglich konnten
begeistern lassen. Dies wäre auch schon deshalb schwierig gewesen, weil
viele dieser jungen Leute unsere jetzigen Einrichtungen durchaus nicht
so unbedingt bewundern, wie Sie. Ich spreche ganz offen, Herr West, und
ich hoffe, daß Sie meinen Freimut entschuldigen werden. Ich möchte Ihnen
einen Dienst leisten, indem ich Ihnen unsere Zustände, Einrichtungen und
Menschen genau so schildere, wie sie sind.«

Der warme Ton seiner Stimme und der freundliche Blick seiner Augen
veranlaßten mich beim Weggehen Forests Hand zu drücken; obschon alles,
was er sagte, gegen meine Freunde und gegen meine eigenen Ansichten
gerichtet war und mich daher sehr peinlich berührte. Ich ging in
gedrückter Stimmung nach Hause, in meinen Gedanken die Einwendungen
erwägend, welche Forest gegen meine Vorlesung erhoben hatte.

Ich traf Dr. Leete und die Damen beisammen. Edith fragte mich, ob mein
erstes Auftreten als Professor sich meinen Erwartungen gemäß gestaltet
habe.

Es war immer mein Grundsatz offen und ehrlich zu sein. Ich teilte
daher den Freunden meine Erlebnisse, den wesentlichen Inhalt meiner
Vorlesung, deren kühle Aufnahme und meine Enttäuschung mit. Ich erwähnte
auch Herrn Forests kritische Besprechung meiner Rede und gestand, daß
sein abfälliges Urteil in so fern berechtigt gewesen wäre, als ich
die Auswüchse, welche der Wettbewerb bei einzelnen Leuten meiner Zeit
erzeugt hatte, der gesamten Menschheit des neunzehnten Jahrhunderts
zuschrieb. Die Bemerkungen, welche Forest über Dr. Leete gemacht hatte,
erwähnte ich natürlich nicht.

Mein Bericht machte offenbar auf Dr. Leete keinen unbedingt angenehmen
Eindruck. Nach einer kurzen Pause sagte er: »Ich meine, daß die
rücksichtslose Konkurrenz im letzten Teile des neunzehnten Jahrhunderts
notwendiger Weise das ganze Volk mehr oder weniger verderben mußte, --
in den meisten Fällen mehr. Deshalb halte ich Ihre Vorlesung für eine
ausgezeichnete Darlegung leitender Grundsätze und ich glaube nicht, daß
Sie Veranlassung haben, auch nur einen Zoll breit von dem Standpunkte
zurückzuweichen, den Sie eingenommen haben. Die kühle Aufnahme, welche
Ihnen wurde, darf Sie nicht beirren. Sie ist eine Folge der Forestschen
Lehrthätigkeit. Er hat seine irrigen Ansichten in die Köpfe unserer
Studenten gesäet, seine blinde Verehrung für den Wettbewerb und seine
Abneigung gegen die jetzige Ordnung der Dinge. Es ist jetzt Ihre
Aufgabe, die jungen Leute über den vergleichsweisen Wert der beiden
Gesellschaftsordnungen aufzuklären. Herr Forest legt durch seine
unablässigen Versuche, die Studenten zu verleiten, unserer Geduld
schwere Proben auf. -- Hat er Ihnen gegenüber den Umstand nicht erwähnt,
daß er Ihr Vorgänger war?«

»Er that es, nachdem ich ihn gefragt hatte, ob er ein Mitglied des
Lehrerpersonals sei. Er sagte, daß er wegen »Ketzerei« entlassen wurde
und daß er seine verhältnismäßig milde Behandlung Ihrer Verwendung
verdanke.«

»Es ist nicht Forests Art, mit seinem Urteil zurückzuhalten und ich darf
demnach annehmen, daß er Ihnen eine nette Schilderung von Dr. Leete
entworfen hat,« sagte mein Gastfreund lächelnd.

Unter den obwaltenden Umständen schien es mir am zweckmäßigsten, die
Äußerungen zu wiederholen, welche Forest über Dr. Leete gemacht hatte,
zumal dieselben nicht bösartig, sondern eher schmeichelhaft für meinen
Gastfreund waren. Ich kann wohl hinzufügen, daß ich einigermaßen
neugierig war zu sehen, was Dr. Leete zu der Behauptung des Herrn Forest
sagen würde, daß er ein Politiker und Führer der Regierungspartei wäre.

So sagte ich denn: »Herr Forest lachte herzlich, als ich Ihre Äußerung
wiederholte, daß Sie weder Parteien noch Politiker hätten. Er nannte
Sie einen Spaßmacher, einen geriebenen Politiker, den Führer der
Regierungspartei und einen braven Mann.«

Über Dr. Leetes Zügen flog ein etwas grimmiges Lächeln, als er
antwortete: »Das ist ein Charakterzeugnis, auf welches ich eigentlich
stolz sein sollte, da es von einem zum Krittler gewordenen Kritiker
herrührt. Was Forests Behauptung betrifft, daß ich ein Politiker sei, so
habe ich darauf nur zu entgegnen, daß ich noch nie ein Amt bekleidete;
und daß die Regierung mich in einzelnen Fällen zu Rate zog, macht mich
noch nicht zum Führer der Regierungspartei, denn diese Auszeichnung
wurde auch andern Bürgern häufig zu teil. Politische Parteien haben
wir nicht. Es giebt natürlich einige unverbesserliche Tadler, die,
wie Forest, nie zufriedengestellt werden können, und einige radikale
Krakehler. Ihnen wird aber wenig Beachtung geschenkt, so lange sie nicht
den Frieden des Volkes stören. Thun sie dies, so senden wir sie in eine
Heilanstalt, wo ihnen eine angemessene Behandlung zu teil wird.«

Obschon auch die letzten Worte im Tone leichter Unterhaltung gesprochen
wurden, machten sie doch einen tiefen Eindruck auf mich. »Thun sie
dies, so senden wir sie in eine Heilanstalt, wo ihnen eine angemessene
Behandlung zu teil wird.« Bestätigte das nicht Forests Behauptung, daß
die Urteile, welche über Gegner des Kommunismus gefällt würden, fast
immer auf Einsperrung in eine Irrenanstalt lauteten?

Meine unangenehmen Gedanken wurden durch Ediths weiche Stimme
unterbrochen: »Ich denke, lieber Vater,« sagte sie, »Herr Forest ist ein
eben so ehrenhafter wie wohlmeinender Mann und man sollte ihm gestatten,
seine Meinungen zu äußern, selbst wenn diese irrig oder gar sonderbar
sind. Die Studenten werden am Ende ohne Zweifel davon überzeugt werden,
daß unsere Gesellschaftsordnung so gut ist, wie sie nur gestaltet werden
kann. Außerdem ist es auch so unterhaltend, gelegentlich einmal eine
andere Ansicht zu hören.«

Mit dem Ausdruck väterlicher Liebe legte Dr. Leete seine rechte Hand
auf Ediths reiches Haar und sagte: »Die Damen am Hofe Ludwigs XVI. von
Frankreich fanden auch die Ansichten sehr unterhaltsam, welche die
Revolution veranlaßten und vielen der »unterhaltenen« Damen und Herren
ihre Köpfe unter der Guillotine kosteten. -- Gedanken sind Feuerfunken,
die leicht eine Feuersbrunst veranlassen können, wenn sie nicht
überwacht werden.«




Drittes Kapitel.


Ich hatte mich niemals viel mit Volkswirtschaft befaßt und es war mir
demgemäß auch nie in den Sinn gekommen, wirtschaftliche Grundsätze
auf ihren Wert zu prüfen. Ob Wettbewerb oder Gütergemeinschaft der
Menschheit zuträglicher sei -- diese Frage war mir noch nie in den
Sinn gekommen. Als daher Dr. Leete in seiner ebenso bestimmten wie
ansprechenden Weise erklärte, wie die Gesellschaft nach Beseitigung
des Wettbewerbes geordnet wurde, hatte ich nicht einmal erkannt, daß
diese Ordnung auf kommunistischen Grundsätzen ruhte. Ich meinte, die
Menschheit hätte das tausendjährige Reich errungen und als Dr. Leete mir
sagte, daß seine bequeme, ja von Überfluß zeugende Lebensweise die des
gesamten Volkes im letzten Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts sei, da
zweifelte ich nicht, daß jedermann mit der neuen Gesellschaftsordnung
zufrieden sein müsse.

Meine kühle Aufnahme seitens der Studenten und meine Unterredung mit
Herrn Forest hatten mich aber belehrt, daß nicht alle Bewohner der
Vereinigten Staaten im zweitausendsten Jahre des Herrn die jetzige
Gesellschaftsordnung für das tausendjährige Reich hielten und ich muß
bekennen, daß mich diese Wahrnehmung sehr schmerzlich berührte. Denn
ein süßer Friede, eine nie vorher empfundene Ruhe waren in mein Herz
gezogen, als Dr. Leete von der grenzenlosen Glückseligkeit erzählte,
deren sich die Menschheit im zwanzigsten Jahrhundert erfreute.

Meine neue Stellung legte mir nun die Pflicht auf, mich eingehend
mit volkswirtschaftlichen Fragen zu beschäftigen. Allerdings hätte
ich einfach die gesellschaftlichen und politischen Zustände in den
Vereinigten Staaten am Schlusse des vorigen Jahrhunderts schildern und
vor jenem Hintergrunde die neue Ordnung der Dinge loben können; aber das
würde mir selbst nicht genügt haben. Ich wollte selbst durch eingehende
vergleichende Prüfung erforschen, welche von beiden wirtschaftlichen
Richtungen den Vorzug verdiene. Deshalb pflegte ich meine Bekanntschaft
mit Herrn Forest, um dessen Gründe gegen die von Dr. Leete vertretenen
Lehren kennen zu lernen. Dieser Umgang mit Herrn Forest war insofern für
mich kein angenehmer, als mich stets das Gefühl des Unbehagens bei dem
Gedanken überkam, daß Forests Anschauungen und Grundsätze sich als die
richtigeren erweisen könnten. Denn ein Sieg der von Forest vertretenen
Ansichten kam einer Umkehr zu einem Stande der Dinge gleich, welcher
mir so gründlich zuwieder war, wegen der Sorgen und Unbequemlichkeiten,
die er im Gefolge hatte. Mir erschien Dr. Leetes Staatswesen als ein
Paradies, aus dem Forest mich vertreiben wollte.

In meinen nächsten Vorlesungen beschränkte ich mich auf eine genaue
Schilderung des »Arbeitsmarktes« in Boston im Jahre 1887. Alle
Übertreibungen sorgfältig vermeidend, zog ich aus den vorliegenden
Thatsachen nur unbestreitbare Schlußfolgerungen. Ich zeigte, wie Kapital
und Arbeit gleichmäßig unter den zahlreichen Arbeitseinstellungen jener
Tage gelitten hatten und pries die jetzige Ordnung der Dinge, weil sie
solche unsinnige wirtschaftliche Kämpfe unmöglich mache.

Nach Beendigung meiner Vorlesungen unterhielt ich mich stets mit
Herrn Forest, welcher ebenso bereitwillig war, über die neue
Gesellschaftsordnung zu sprechen, wie Dr. Leete.

»Die Freunde der Regierung nennen mich einen unverbesserlichen
Krittler«, sagte Forest, »und sie haben recht, obschon sie ihr Urteil in
etwas höflichere Worte kleiden und sagen könnten, daß ich zur Prüfung
aller Dinge geneigt bin. Ich würde jede Regierung, unter der zu leben
mein Schicksal wäre, prüfen und mein Urteil aussprechen; gleichviel, wie
gut, oder wie schlecht die Regierung auch wäre. Ich hege keinen Groll
gegen die Männer, welche die Vereinigten Staaten heut regieren. Ich gebe
sogar zu, daß sie etwas mehr Klugheit, Thatkraft und Duldsamkeit zeigen,
als die Mitglieder der Verwaltung, welche vor zwölf Jahren aus dem Amte
schied. Es sind eben die leitenden Grundsätze, welche falsch sind und
demgemäß müssen auch die Folgen schlecht sein, was immer die Regierung
thun mag, die üblen Folgen eines schlechten Systems zu verkleistern.«

»Sie meinen demnach, daß das jetzige System durchaus falsch ist?« fragte
ich.

»Können Sie daran zweifeln?« antwortete Forest. »Blicken Sie um
sich! Ist der leitende Grundsatz in der Schöpfung Gleichheit oder
Verschiedenheit? Sie finden oft Ähnlichkeit, nie Gleichheit.
Pflanzenkundige haben Tausende von Blättern gesammelt, die auf den
ersten Blick ganz gleich erschienen; aber bei sorgfältiger Prüfung
fanden sie ganz bestimmte Unterscheidungsmerkmale. Ungleichheit ist
Naturgesetz und jeder Versuch, unbedingte Gleichheit herzustellen, ist
demnach naturwidrig und unsinnig. Es haben deshalb auch alle derartigen
Versuche sich als Fehlschläge erwiesen. Selbst als einige der ersten
Christen, von Nächstenliebe geleitet, die Gütergemeinschaft unter
sich einführten, war das naturwidrige Unternehmen nicht von Bestand.
Selbst der selige Prokrustes konnte mit einer Bettstelle für alle
sein Geschäft nicht betreiben; er brauchte deren zwei, für die langen
und für die kurzen Opfer, welche ihm in die Hände fielen. Wir könnten
eben so wohl anordnen, daß künftighin alle Männer sechs Fuß lang sein,
zweiundvierzig Zoll um die Brust messen, eine griechische Nase, blaue
Augen, blonde Haare und eine Tenorstimme haben müssen, wie wir versuchen
können, alles Leben in einem kommunistischen Gemeinwesen in eine
Gleichheitszwangsjacke zu stecken, in der Erwartung, daß die Menschheit
sich da wohl fühlen solle. -- Berücksichtigen wir doch nur in Verbindung
mit der Verschiedenartigkeit der geistigen und körperlichen Anlagen die
Verschiedenheit der Neigung und des Geschmackes, die Mannigfaltigkeit
der Berufsthätigkeit und beantworten wir uns dann die Frage, ob die
Begründung einer Gesellschaftsordnung auf der Grundlage unbedingter
Gleichheit dauern kann.«

»Wenn ich mir eine richtige Ansicht von der Gliederung Ihrer
Gesellschaft gebildet habe,« wandte ich hier ein, »so haben Sie das
Anrecht aller Menschen auf einen Lebensunterhalt anerkannt, indem Sie
jedermann einen gleichen Anteil an den Arbeitserzeugnissen zugestanden;
aber Sie haben auch jedermann die Gelegenheit geboten, einen ihm
zusagenden Beruf zu wählen. Sie haben ferner die zu einer Zunft
gehörigen Arbeiter in Abteilungen und Grade geteilt, um den Ehrgeiz der
Arbeiter nach Erreichung eines höheren Grades anzuregen und Sie haben
so eine Verschiedenartigkeit der Stellungen geschaffen, welche der
Ungleichheit der Menschen entspricht, die Sie vorhin hervorgehoben.«

»So ist es,« sagte Forest. »Wir haben zuerst den Grundsatz der
Gleichheit festgestellt und alsdann unsere Gesellschaft auf der
Grundlage der Ungleichheit gegliedert, wodurch wir die ausdrückliche
Anerkennung der Thatsache vermieden, daß die neue Gesellschaftsordnung
in der Lehre wie in der Wirklichkeit eine Fehlgeburt ist. Die Frage,
welche uns vorliegt, ist eine sehr einfache: »#Sind wir alle einander
gleich?#« Wenn wir es sind, dann ist der Kommunismus die allein richtige
Gesellschaftsform und jedermann sollte alsdann einen gleichen Anteil von
den Erzeugnissen der gemeinschaftlichen Arbeit erhalten. Sind wir nicht
alle einander gleich, sind wir verschieden voneinander an geistigen und
körperlichen Fähigkeiten, sind die Arbeitsergebnisse ungleich, dann
liegt auch kein vernünftiger Grund vor, weshalb die Arbeitserzeugnisse
gleichmäßig verteilt werden sollten. Wir aber verkündigen erst den
Grundsatz der Gleichheit und behaupten, daß wir besagter Gleichheit
wegen die Arbeitserzeugnisse gleichmäßig verteilen; -- und dann teilen
wir die sämtlichen »Arbeiter, je nach ihrer Fähigkeit, in solche ersten,
zweiten und dritten Grades..... Und in vielen Fällen sind diese Grade
noch in eine erste und eine zweite Klasse geteilt.«[7] Hier sehen wir
also, daß die Arbeiter in sechs Abteilungen gegliedert werden und zwar
aus dem ausdrücklich angeführten Grunde: weil ihre Befähigung eine
#verschiedene# ist. Daß ihr Fleiß ebenfalls ungleich ist, wird nicht
ausdrücklich zugestanden, ist aber nichtsdestoweniger eine Thatsache.
Die #Ungleichheit# der Menschen wird also #ausdrücklich# anerkannt;
aber die Arbeitsergebnisse werden im Namen der #Gleichheit gleichmäßig
verteilt#!«

»Nun hat ohne Zweifel,« fuhr Forest mit großem Nachdruck fort,
»jedermann ein natürliches Recht auf die Früchte seiner Thätigkeit.
Wir nehmen aber dem tüchtigen Arbeiter des ersten Grades einen
Teil seiner Arbeitserzeugnisse fort, um sie einem faulen Kerl
aus der sechsten Abteilung zu geben. Das ist natürlich offenbare
#Räuberei#, die sich nicht einmal unter dem schäbigen Mäntelchen
eines »Regierungsgrundsatzes« verbirgt; denn durch die Einteilung der
Arbeiter in sechs Abteilungen wegen verschiedener Befähigung erkennen
wir ja ausdrücklich an, daß es mit der Gleichheit »nichts ist!« --
Dennoch werden alle Diejenigen, welche diese Beraubung der Fleißigen zu
Gunsten der Faulen nicht als Handlung höchster Staatsweisheit bewundern
mögen, als Feinde der besten Gesellschaftsordnung verdammt, von welcher
die Geschichte der Menschheit uns meldet.«

»Sie sind bis zu einem gewissen Grade ein Verteidiger der Civilisation
des neunzehnten Jahrhunderts,« antwortete ich. »Nun wurden aber zu
unserer Zeit von manchen Wortführern der Arbeiter die Arbeitgeber
»Lohndiebe« gehießen, d. h. sie wurden beschuldigt, sie hätten einen zu
großen Anteil von dem für die Arbeitserzeugnisse vereinnahmten Gelde für
sich behalten und den Arbeitern zu geringen Lohn gegeben. Mir erscheint
die gleiche Verteilung alles Eigentums viel empfehlenswerter, als eine
Verteilungsart, bei welcher eine vergleichsweise kleine Anzahl von
Arbeitgebern sich auf Kosten der Masse des arbeitenden Volkes bereichern
konnte.«

»Ich bin kein Verteidiger der Civilisation des neunzehnten
Jahrhunderts,« rief Forest. »Ich behaupte nur, daß der #Wettbewerb#,
unter welchem die Menschheit vor hundert Jahren arbeitete, dem
#Kommunismus#, unter welchem wir jetzt arbeiten, weit #überlegen# ist.
Der ungerechte Gewinn der Arbeitgeber, von welchem Sie sprechen, hätte
leicht abgeschafft werden können, wenn Ihre Arbeiter sich zu Teilhaber-
oder Genossenschaften vereinigt hätten. Vor 100 Jahren gab es kein
Gesetz, welches ein Dutzend Schuhmacher hätte hindern können, sich ein
Lokal mit Dampfkraft zu mieten, etliche Näh- und sonstige Maschinen zu
kaufen und Schuhzeug für eigne Rechnung und Gefahr zu machen. Und es
gab kein Gesetz, welches alle anderen Arbeiter hätte hindern können,
ihr Schuhzeug nur in solchen Genossenschaftswerkstätten zu kaufen. Wäre
dies geschehen, so hätten die Genossen die Gewinne des Fabrikanten,
des Großhändlers, des Kleinhändlers und des Arbeiters erhalten, d. h.
allen Gewinn, der überhaupt in der Arbeit steckte. Die Arbeiter aller
Geschäftszweige hätten sich allmählich zu Genossenschaften vereinigen
können, so Arbeitgeber und Arbeiter in einer Person darstellend. -- Wenn
die Arbeiter es vorzogen, von diesem Recht und von dieser Gelegenheit
keinen Gebrauch zu machen; wenn ihnen nicht daran lag, die Sorgen und
das Wagnis einer selbstständigen Geschäftsführung auf sich zu nehmen;
wenn sie lieber für einen Arbeitgeber thätig waren, diesem die Sorgen
und das Wagnis der Geschäftsleitung überlassend; dann hatten sie auch
kein Recht, über den Gewinn des Unternehmers zu klagen, der ihnen ja
zugänglich war.

»Und wenn die Arbeiter Ihrer Zeit mit ihrem Lohn oder der Behandlung
unzufrieden waren, so konnten sie sich andere Beschäftigung suchen, was
unsere Arbeiter nicht können, weil der Staat der einzige Arbeitgeber
ist. Der Grundsatz, daß jedermann ein gutes Recht auf das hat, was er
hervorbringt, ist unter Ihrer Arbeitsweise nie in Frage gestellt worden.
Aber wir haben im Namen der Gleichheit und Gerechtigkeit das »Recht«
aufgestellt, den Fleißigen zu Gunsten des Faulen zu berauben. Wenn die
Arbeiter des neunzehnten Jahrhunderts, anstatt an Arbeitseinstellungen
Riesensummen zu opfern, einen Arbeitszweig nach dem andern auf
genossenschaftlicher Grundlage eingerichtet hätten, würden sie mit
verhältnismäßig geringen Schwierigkeiten das gelöst haben, was sie die
sociale Frage nannten. -- Uns aber würden sie dadurch bewahrt haben vor
der abscheulichen Form, in welcher die Gesellschaft jetzt gegliedert ist
und verwaltet wird.«

»Die Arbeiterorganisationen und die Ausstände waren nur eine Wirkung der
Konzentration des Kapitals, das sich in größeren Massen als je zuvor
aufgehäuft hatte,« sagte ich, die Ansichten des Dr. Leete betreffs
dieser Frage wiedergebend. »Ehe diese Konzentration begann, und als
Handel und Industrie noch von unzähligen kleinen Geschäften mit geringem
Kapital, anstatt von einer kleinen Anzahl großer Geschäfte mit großem
Kapital betrieben wurde, hatte der einzelne Arbeiter dem Unternehmen
gegenüber eine verhältnismäßig wichtige und unabhängige Stellung. So
lange ferner ein geringes Kapital oder eine neue Idee hinreichten,
jemanden ein eigenes Geschäft beginnen zu lassen, wurden Arbeiter
beständig zu Unternehmern und gab es keine feste Grenze zwischen den
beiden Klassen. Arbeiterverbindungen waren damals unnötig und allgemeine
Ausstände konnten nicht vorkommen.«[8]

»An Ihrer Stelle, Herr West, würde ich diese Aussprüche des Dr. Leete
nicht zu meinen eignen machen,« sagte Herr Forest lächelnd. »Der Doctor
hat häufig Gelegenheit gehabt, sich betreffs dieser Angelegenheit
eines Besseren belehren zu lassen; aber er besteht darauf, seine
irrigen Behauptungen zu wiederholen. Ich und andere haben diese
Auseinandersetzungen so oft widerlegt, daß es uns schließlich langweilig
wurde. »Streiks« sind nicht, wie Dr. Leete zu glauben vorgiebt,
verhältnismäßig neue Erscheinungen auf volkswirtschaftlichem Gebiete.
Eine der größten Arbeitseinstellungen, von welchen die Geschichte
uns berichtet, die »_Secessio in montem sacrum_«, fand schon 494 vor
Christi Geburt statt und während der Jahrhunderte des Mittelalters
waren Arbeitseinstellungen zur Erlangung höherer Löhne sehr häufig;
obschon in jenen Tagen die Arbeit viel besser zusammengegliedert war
(in Gilden und Zünfte) als die Geldmacht. Und was die Unmöglichkeit
der Arbeiter angeht, Arbeitgeber zu werden, so kann ich Ihnen in
der Universitätsbücherei eine deutsche Zeitung zeigen, die »Freie
Presse«, welche im Jahre 1888 in Chicago erschien und in welcher der
Redakteur, bei Widerlegung ähnlicher Behauptungen der Kommunisten
jener Tage, auf die Thatsache verweist, daß im Jahre 1888 in Chicago
12 000 Deutsch-Amerikaner wohnten, welche entweder Hausbesitzer, oder
Fabrikanten, oder sonst selbständige Geschäftsleute waren. Alle diese
Leute waren unbemittelt, meist der englischen Sprache unkundig, nach
Chicago gekommen und dort zu Wohlstand, ja viele zu Reichtum gelangt.
Dies widerlegt die Behauptung, daß die Unbemittelten sich in der zweiten
Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts bereits rettungslos in den Krallen
der Geldmächte befunden hätten. -- Nichts ist leichter, als ins Blaue
hinein Behauptungen aufzustellen. Diese Behauptungen zu beweisen, ist
oft schwer. Und Dr. Leete ist groß in solchen wilden Angaben.«

»Führen Sie aber nicht ein höchst angenehmes Leben?« fragte ich
in der Hoffnung, Forests Angriffen auf die neue Ordnung der Dinge
ein Ende zu machen, indem ich auf einige unbestreitbare Thatsachen
verwies. »Erfreuen Sie sich nicht eines nie dagewesenen Wohlstandes?
Haben Sie nicht die Armut gänzlich ausgerottet? Und sind nicht diese
Errungenschaften kleine Opfer wert?«

»Wir führen kein höchst angenehmes Leben. Wir erfreuen uns nicht eines
nie dagewesenen Wohlstandes. Sie werden sehr bald entdecken, daß
Sie sowohl die Art, wie die Früchte unserer Civilisation bedeutend
überschätzen. Und was die Vernichtung der Armut anlangt, so läuft
diese »Errungenschaft« im wesentlichen darauf hinaus, daß wir die
ungeschickten, dummen und faulen Leute mit den Arbeitsergebnissen der
geschickten und fleißigen Frauen und Männer bereichern. Das hätten Sie
vor 113 Jahren auch leisten können, aber Sie waren nicht so einfältig
und ungerecht, eine derartige Räuberei zu begehen.«

»Wenn das Volk mit der jetzigen Gesellschaftsordnung unzufrieden ist, so
kann es ja eine Änderung vornehmen,« entgegnete ich. »Ihren Äußerungen
zufolge bilden die Gegner der Regierung keine Partei, die irgend welche
Bedeutung hat: denn Sie sagten mir, daß es nur einige Zeitungen giebt,
welche die Regierung bekämpfen. Dies scheint mir ein Beweis dafür zu
sein, daß das Volk im wesentlichen mit der jetzigen Ordnung der Dinge
zufrieden ist.«

Forest sah sehr ernst drein als er antwortete: »Sie sind natürlich der
Meinung, daß wir uns derselben Freiheit erfreuen, welche Sie vor 113
Jahren genossen. Aber im politischen Leben ist seit jener Zeit alles
anders geworden. Ihre Bürger waren von der Regierung ganz unabhängig,
die Beamten und solche Leute vielleicht ausgenommen, welche gerade
Arbeiten für die Regierung ausführten. Heut greift die Regierung in
alles ein und fast jedermann ist mittelbar oder unmittelbar von der
Gunst der höheren Beamten mehr oder weniger abhängig. Wer es wagt, die
Regierung offen zu bekämpfen, der kann sicher sein, daß ihn, seine
Verwandten und seine Freunde der Zorn des Beamtentums trifft. Deshalb
ist die Zahl derjenigen sehr klein, welche kühn genug sind, den Grimm
der Regierung offen herauszufordern, obschon vielen die jetzige Ordnung
der Dinge entschieden mißfällt.«

»Weshalb wählt das Volk dann nicht Leute in den Kongreß, welche die
jetzige angeblich so unbefriedigende Ordnung der Dinge durch den Erlaß
neuer Gesetze ändern?« fragte ich, überzeugt, daß Forest in seiner
Krittelwut die dunklen Farben allzu dick aufgetragen hatte.

»Der Kongreß hat heutzutage wenig Einfluß,« entgegnete Forest. »Die
Macht liegt fast ausschließlich in den Händen des Präsidenten und der
Vorsteher der zehn großen Abteilungen. Sie haben fast eine unumschränkte
Gewalt, die etwas an die Macht des Zehnerrates erinnert, welcher in
Venedig zu der Zeit herrschte, als diese aristokratische Republik auf
dem Gipfel ihres Ansehens stand. Da es in ihrer Willkür liegt, jeder
Person auf die Dauer von 24 Jahren gute oder schlechte Stellungen
anzuweisen, ja selbst Leute von mehr als 45 Jahren wieder in das
Arbeiterheer zu stellen und auf diese Weise Mißliebige wieder unter
ihre Gewalt zu bekommen, so haben unsere hohen Regierungsbeamten eine
Tyrannenmacht, von der auch nur zu träumen keinem Fürsten Ihrer Zeit
eingefallen wäre.«

»Sie wissen natürlich,« fuhr Herr Forest fort, »daß alle Rekruten
während der ersten drei Jahre ihrer Dienstzeit in die Reihe der
gewöhnlichen Arbeiter gestellt werden. »Erst nach dieser Periode,
während welcher sie für jede Art der Arbeit ihren Vorgesetzten zur
Verfügung stehen, dürfen sie einen besonderen Beruf wählen!«[9] Sie
werden einsehen, daß die jungen Leute während dieser drei Jahre der
Gnade oder Ungnade ihrer Vorgesetzten preisgegeben sind. Diese können
einem Rekruten leichte und reinliche Arbeit zuweisen, sie können ihn
aber auch an schmutzige, ungesunde Beschäftigung schicken. Widerspruch
wird nicht geduldet. Denn »ein Mensch, der fähig ist Dienst zu thun,
sich dessen aber hartnäckig weigert, wird zu Isolierhaft bei Wasser und
Brot verurteilt bis er sich willig zeigt.«[10]

»Sie wissen ferner, daß »über die Leistungen jeder Person Buch geführt,
und die besondere Tüchtigkeit erhält ihre Auszeichnung während die
Nachlässigkeit ihre Strafe findet.«[11] Dr. Leete hat Ihnen auch ohne
Zweifel gesagt, daß wir es nicht für weise halten »zu gestatten,
daß jugendliche Sorglosigkeit oder Unbesonnenheit, falls sie keine
erhebliche Schuld einschließt, die künftige Laufbahn der jungen Leute
schädige und allen, welche jenen ersten Grad ohne ernstliche Vergehen
durchgemacht haben, steht in gleicher Weise die Wahl des Lebensberufes,
für den sie die meiste Neigung haben, offen.« Nun werden aber nicht nur
Sitten- und Befähigungszeugnisse sorgfältig geprüft, »sondern es hängt
auch von der Durchschnittsbeschaffenheit des Zeugnisbuches während der
Lehrzeit der Rang ab, den er unter den vollen Arbeitern erhält.«[12]

»Obwohl die innere Organisation der verschiedenen Gewerbezweige
in Industrie und Ackerbau, der Eigentümlichkeit ihrer besonderen
Bedingungen gemäß, verschieden ist, stimmen sie doch in der allgemeinen
Einteilung ihrer Arbeiter je nach ihrer Fähigkeit in solche ersten,
zweiten und dritten Grades überein; und in vielen Fällen sind diese
Grade noch in eine erste und eine zweite Klasse eingeteilt. Gemäß
seinen Leistungen als Lehrling erhält der junge Mann den Rang als
Arbeiter ersten, zweiten und dritten Grades..... Die Feststellungen
der Rangordnungen »finden in jedem Gewerbezweige in Zwischenräumen
statt.«[13] .... »Ein besonderer Vorteil eines hohen Grades ist
das Recht, welches derselbe dem Arbeiter verleiht, sich innerhalb
der verschiedenen Zweige oder Verrichtungen seines Gewerbes eine
Specialität auszuwählen.«[14] Dr. Leete hat Sie fernerhin wohl auch
davon unterrichtet, daß soweit wie möglich »selbst die Neigungen des
schlechtesten Arbeiters berücksichtigt werden.« .... »Aber obwohl auch
die Wünsche der Arbeiter eines niederen Grades Berücksichtigung finden,
so weit die Anforderungen des Dienstes es gestatten, so geschieht dies
doch erst dann, wenn für die Arbeiter der höheren Grade gesorgt worden
ist und so müssen sie oft mit einer, ihnen erst an zweiter oder dritter
Stelle zusagenden Wahl vorlieb nehmen, oder es wird ihnen sogar ohne
weiteres direkt eine Arbeit übertragen, wenn dies nötig wird. Dieses
Wahlrecht tritt bei jeder neuen Feststellung des Ranges in Kraft; und
wenn jemand seinen Rang verliert, so läuft er auch Gefahr, die Art
Arbeit, welche er liebt, mit einer anderen vertauschen zu müssen, welche
ihm weniger gefällt.«[15] .... Die hohen staatlichen Ämter sind »nur den
Männern des ersten Grades zugänglich.«[16]

»Diese Bestimmungen beweisen die Richtigkeit dessen, was ich über die
Gewalt der Regierung sagte. Die Lieutenants, die Hauptleute und die
Obersten werden von den Zunftgeneralen ernannt, welche wiederum unter
dem Befehl der zehn Vorsteher der zehn großen Abteilungen stehen.
Diese Beamten können ihren jungen Freunden, welche als Rekruten in
das Arbeiterheer treten, leichte Arbeit und gute Zeugnisse geben und
sie können diese jungen Freunde in den Stand setzen auf Grund ihrer
guten Zeugnisse, sobald sie die ersten drei Jahre ihrer Dienstzeit
zurückgelegt haben, sofort in die erste Abteilung des ersten Grades
einer Zunft zu treten. Und ein solcher Günstling einflußreicher Leute
kann, nachdem er eine angenehme Rekrutenzeit verbracht hat und sofort
in die erste Abteilung des ersten Grades einer Zunft befördert worden
ist, alsbald zum Lieutenant ernannt werden und die Laufbahn zu den
höchsten Ehren in wenigen Jahren durchmachen. -- Sie können nicht
leugnen, Herr West, daß unsere gesetzlichen Bestimmungen eine solche
Günstlingswirtschaft ermöglichen.«

Ich mußte zugeben, daß solche Vorkommnisse möglich wären.

Herr Forest fuhr fort: »Andererseits können solche jungen Leute, welche
nicht die Söhne oder Freunde unserer Regierungslichter sind, sich sehr
glücklich schätzen, wenn sie in einer Stellung des zweiten Grades mit
einem Zeugnis unterkommen, welches die Hoffnung auf weitere Beförderung
nicht ausschließt. Verwandte von ausgesprochenen Gegnern der Regierung
können in die zweiten Abteilungen der dritten Grade der verschiedenen
Zünfte gestellt und ihre Zeugnisse können so geführt werden, daß alle
Hoffnung auf Erlangung einer höheren Stellung ausgeschlossen ist. Und
solche Günstlingswirtschaft ist nicht nur möglich, sie besteht in
vollem Umfange. Die Söhne und Verwandten von Leuten, welche als Gegner
der Regierung bekannt sind, führen ein Dasein, schlechter als das von
Sklaven und werden oft wie Fußbälle behandelt.«

»Giebt es keinen Gerichtshof, vor welchem sie Klage führen können?«
fragte ich.

»Ja. Ungerecht behandelte Frauen oder Männer können vor einem Richter
Klage führen,« antwortete Herr Forest. »Aber die Richter niederen Grades
sind einfach Leute, welche das fünfundvierzigste Lebensjahr zurückgelegt
haben und vom Präsidenten auf fünf Jahre zu Richtern ernannt worden
sind. Diese entscheiden, wie Dr. Leete Ihnen mitgeteilt haben wird,
in allen Fällen, in welchen ein Mitglied des Arbeiterheeres gegen
einen Vorgesetzten Klage wegen Ungerechtigkeit führt. Alle solche
Fragen werden von einem einzelnen Richter #endgültig# entschieden; drei
Richter werden nur in besonders schweren Fällen berufen.[17] -- Die vom
Präsidenten zu Richtern ernannten Leute sind natürlich Vertrauensmänner
und Freunde der Regierung und man kann von ihnen nicht erwarten, daß
sie bei solchen Klagen gegen die Beamten der Regierung und zu Gunsten
eines »Widersetzlichen« entscheiden sollten. Und da solche Beschwerden
endgültig entschieden werden, ohne daß dem Kläger das Recht zusteht,
vor einem höheren Gerichtshofe Berufung einzulegen, so bleibt dem
ungerecht behandelten Mitgliede des Arbeiterheeres nichts weiter übrig,
als auf seinen alten Posten zurückzukehren, wo sein Vorgesetzter,
gegen den es geklagt hat, es natürlich nicht besser behandelt als
zuvor. Im Gegenteile muß der »Widersetzliche« es in den meisten Fällen
schwer entgelten, daß er gegen einen Offizier Klage geführt hat. Bei
der nächsten Neueinteilung in Abteilungen und Grade kann der Offizier
den unglücklichen Menschen in die zweite Abteilung des dritten Grades
stecken, wenn er nicht schon dahin degradiert war. Jedenfalls kann der
erzürnte Offizier dem Mißvergnügten die schmutzigste, ungesundeste
Arbeit zuteilen.«

Dieses von Forest entworfene Bild der Zustände im Arbeiterheere erschien
mir um so entsetzlicher, wenn ich es mit den rosenfarbenen Schilderungen
des Dr. Leete verglich. Ich war davon so erschüttert, daß ich mich
zu einem Versuch nicht aufraffen konnte, gegen die Schilderungen und
Schlüsse meines Vorgängers in der Professur anzukämpfen.

Nach einer kurzen Pause fuhr der jetzige Pedell fort: »Nun erwägen
Sie in Verbindung mit den Thatsachen und Einrichtungen, die ich eben
erwähnt habe, daß die Arbeiter »kein Stimmrecht ausüben oder irgendwie
bei der Wahl ihrer Vorgesetzten hineinreden dürfen.«[18] »Der General
eines Gewerbes vollzieht die Ernennung für die Rangstufen unter ihm,
aber er selbst wird nicht ernannt, sondern durch Stimmenmehrheit
gewählt, ... d. h. von denjenigen, welche in der Zunft gedient und
ihre Entlassung erhalten haben.«[19] So, mein lieber Herr West, sind
also die Angehörigen des Arbeiterheeres vierundzwanzig Jahre lang der
Gnade oder Ungnade ihrer Vorgesetzten gänzlich preisgegeben. Wenn sie
während dieser Zeit leichten Dienst haben wollen, müssen sie allen
Befehlen blindlings gehorchen und mit allen ihnen zu Gebote stehenden
Mitteln nach Gunst streben. Sie müssen ihre stimmberechtigten Freunde
beeinflussen, damit diese nicht nur für die Regierung stimmen, sondern
das auch in möglichst demonstrativer Weise thun. Gelegentliche Geschenke
von Wein und Cigarren erregen bei manchen Offizieren freundliche
Gefühle. Verabsäumt das Mitglied des Arbeiterheeres alle diese
Schritte und Maßregeln, so kann es, unter Umständen, vierundzwanzig
Jahre lang ein Leben führen, mit welchem verglichen das Schicksal
eines Plantagensklaven oder eines Kohlengräbers vor 150 Jahren als
beneidenswertes Dasein erscheinen muß. Denn ein Plantagenneger
stellte für seinen Eigentümer einen wertvollen Besitz dar, der nicht
leichtsinnig gefährdet werden durfte, während der Kohlengräber seine
Arbeit aufgeben und sich anderswo Beschäftigung suchen konnte, wenn ihm
seine Arbeit oder die ihm widerfahrene Behandlung nicht behagten. Ein
Mitglied des Arbeiterheeres dagegen, welches sich den Zorn des einen
oder des andern Offiziers zugezogen hat, oder welches auf die Liste der
Feinde der Gesellschaft gesetzt worden ist, weil seine stimmfähigen
Verwandten gegen die Regierung gestimmt haben, -- ein solches Mitglied
der »industriellen Armee« führt ein Leben, welches man sehr wohl
»vierundzwanzig Jahre der Hölle auf Erden« nennen darf.

»Sie ersehen hieraus, Herr West, weshalb der Kongreß keinen Einfluß
hat. Die große Mehrzahl seiner Mitglieder ist beständig bemüht, für
sich selbst, für Verwandte und für Freunde Gunstbezeugungen dadurch zu
erlangen, daß sie der Regierung in jeder Weise entgegenkommen. Und dies
ist die Gleichheit der besten Gesellschaftsordnung, deren die Menschheit
sich jemals erfreute! Dies ist, was Dr. Leete das tausendjährige Reich
menschlicher Glückseligkeit nennt.«




Viertes Kapitel.


»Es steht durchaus im Einklange mit den Naturgesetzen und ist deshalb
recht,« begann Forest unsere nächste Unterredung, »daß ein Mann seinem
Sohne, seinen Verwandten und seinen Freunden beisteht und ihnen im Leben
vorwärts hilft. Einen Mann, der das thut, würde ich nie tadeln; sondern
im Gegenteile diejenigen, welche das unterlassen, was ich für die
Pflicht jedes Mannes halte. Selbstverständlich müssen aber der Sohn, die
Verwandten oder die Freunde befähigt sein, die Stellungen auszufüllen,
für welche sie in Vorschlag gebracht werden. -- Ich entsinne mich, daß
einige Geschichtsschreiber über die Günstlingswirtschaft geschrieben
haben, welche zu ihrer Zeit bei der Vergebung von Bundesämtern
geherrscht haben soll und daß besonders General Grant beschuldigt wurde,
alle Zeit seine Verwandten und Freunde bei Anstellungen bevorzugt zu
haben. Das aber gefällt mir gerade an dem großen Feldherrn, daß er an
seinen Freunden so unerschütterlich festhielt und ich entschuldige
deshalb um so lieber die Mißgriffe, die er mitunter bei der Auswahl der
Beamten machte. Denn diese Mißgriffe wurden veranlaßt durch sein gutes
Herz, das seinen Freunden immer treu und mitunter geneigt war, deren
Befähigung und Ehrenhaftigkeit zu überschätzen. Wenn die Bande des
Blutes und der Freundschaft nicht mehr zusammenhalten, worauf sollen
wir dann noch vertrauen? Und da jedermann naturgemäß die Gesinnung und
die Befähigung seiner Verwandten und Freunde besser kennen muß, als die
Eigenschaften andrer Leute, so ist es ganz in der Ordnung, daß er die
ihm Nahestehenden, deren Befähigung er kennt, zunächst anstellt.«

»Einer der vielen großen Schäden, an welchen unser öffentliches und
gewerbliches Leben krankt, ist der Umstand, daß unter ihm nicht nur die
Günstlingswirtschaft, sondern auch die Korruption im größten Umfange
wuchern #muß#. Vor hundertunddreizehn Jahren konnten die Männer, welche
an der Spitze der Vereinigten Staaten standen, oder solche, die in
den nächsten Regierungskreisen Einfluß hatten, mitunter nach Willkür
Stellungen besetzen, in welchen für wenig Arbeit ein gutes Gehalt
bezahlt wurde; aber solcher Ämter gab es nur verhältnismäßig wenige.
Die Zahl der von der Bundesregierung angestellten Beamten betrug,
wenn ich nicht irre, nur etwa 80 000 und die Mehrzahl dieser 80 000
Ämter bestand aus kleinen Postmeisterstellungen. Diese Postmeister in
kleinen Dörfern und Landbezirken erhielten gar kein Gehalt, sondern
einen Teil des Geldes, welches sie für verkaufte Briefmarken einnahmen
und dieses Einkommen war ein so bettelhaftes, daß nur Kaufleute,
welche ohnehin den Tag über in ihren Läden zubrachten und die »Ehre«
nebst dem kleinen Gewinn so nebenbei mitnahmen, ein solches Bundesamt
annehmen konnten. Dazu kam, daß die verhältnismäßig geringe Anzahl
solcher Bundesämter, welche als »Sinekuren« bezeichnet werden konnten,
alle vier oder spätestens alle acht Jahre neu besetzt wurden. Unsere
Regierungen haben aber ein längeres Leben. Diejenige, welche zuletzt
abwirtschaftete, hat sechsundzwanzig Jahre gedauert. Und die Zahl der
Stellungen, welche unsere Regierung zu vergeben hat, ist sehr groß. Für
je zwölf Frauen oder Männer haben wir einen Aufseher oder Lieutenant;
von den Hauptleuten, Obersten usw. gar nicht zu reden. Und was wir gar
auf dem Gebiete der Schreiberei leisten, ist einfach ungeheuerlich. Wie
sie vermutlich wissen, führen wir sowohl in der Arbeits- wie in den
Verteilungsabteilungen Buch; ja noch mehr: jeder Bewohner und jede
Bewohnerin der Vereinigten Staaten hat in den Regierungsbüchern ein Soll
und ein Haben!«[20]

»Angesichts unserer großen und beständig wachsenden Bevölkerung ist das,
wie Sie wohl einsehen werden, eine Riesenarbeit. Sie wissen ja, daß das
nordamerikanische Gebiet, welches früher unter englischer Regierung
stand, mit den Vereinigten Staaten vereinigt wurde und daß unsere
Bevölkerung sich nach der Zählung von 1990 auf 414 000 000 belief. Sie
wird jetzt auf 500 000 000 Menschen geschätzt.«[21]

»Die ungeheuer umständliche Buchführung, welche durch den Kommunismus
notwendig gemacht wird und die Kürze der Arbeitszeit, welche die
Buchhalterinnen und Buchhalter als Günstlinge der Parteiführer genießen,
machen es notwendig, daß für je fünfzig Menschen ein Buchhalter
angestellt wird. Unter der letzten Regierung hatten wir sogar für je
zweiundvierzig Einwohner einen Rechenkünstler. Dies giebt der Regierung
Gelegenheit, nach eigener Willkür 10 Millionen Frauen und Männern
reinliche und bequeme Arbeit zuzuerteilen. Zu diesen 10 Millionen
guten Stellungen müssen Sie noch etwa eben so viele Offiziersposten im
Arbeiterheere und die Stellungen in den Warenniederlagen der Regierung
rechnen; von andern begehrenswerten Anstellungen gar nicht zu reden.
Hiernach können Sie ohne weitere Erklärung die außerordentliche Macht
ermessen, welche die Regierung durch die Anstellungsgewalt allein ausübt
und welche Versuchung die Ausübung dieser unerhörten Macht im Gefolge
hat.«

»Ist es denn nicht notwendig,« fragte ich, »daß diejenigen, welche
sich um eine an Verantwortlichkeit reiche Stellung, wie die eines
Buchhalters, bewerben, die nötigen Studien machen und eine Prüfung
ablegen müssen, ehe sie so wichtige Pflichten übernehmen?«

»Das Buchhalten bildet einen Teil des Lehrplans in unsern Schulen,«
antwortete Forest. Ȇbrigens wird die Buchhalterei bei uns nicht sehr
gewissenhaft besorgt. Deshalb lastet die Verantwortlichkeit nicht allzu
schwer auf den Schultern der Günstlinge unserer Regierung, und ich
glaube nicht, daß einer der Bevorzugten sich dieserhalb Sorgen macht.
Es ist natürlich für jemanden, der außerhalb des Regierungskreises
steht, nicht möglich, mit Bestimmtheit zu sagen, wie schlecht die Bücher
geführt werden. Als indes die letzte Regierung vor zwölf Jahren aus
dem Amte schied, wurde ein schier unergründlicher Pfuhl von Verderbnis
und Betrügereien aufgedeckt. Der Wert aller vorhandenen Warenbestände
wurde festgestellt und es wurde ermittelt, daß Güter im Werte von
432 000 000 Dollar fehlten. Die Mitglieder der abgesetzten Regierung
erklärten allerdings, daß diese Angaben falsch und nichts als böswillige
Verleumdungen seien, daß die neue Regierung Buchhalter eigens zu dem
Zwecke angestellt habe, einen Diebstahl von mehr als vierhundert
Millionen Dollars herauszurechnen, nur damit die Mitglieder der früheren
Verwaltung als Schurken politisch tot gemacht würden. Die abgegangenen
Beamten gaben zu, daß Waren fehlen könnten, weil die Angestellten in
den Warenhäusern stets reichliches Maß und Gewicht gegeben hätten; doch
könnte dieser Fehlbetrag nicht als ein Beweis der Unehrenhaftigkeit der
letzten Regierung gelten und nimmermehr die Riesensumme von 432 000 000
Dollar erreichen. Andererseits bestanden aber die neuen Beamten auf
ihren Angaben und schrieben den Fehlbetrag der Korruption unter der
letzten Regierung zu, deren Mitglieder mehr Waren entnommen hätten, als
ihnen zukam, ohne daß aus ihren Anteilscheinen der entsprechende Betrag
herausgestochen wurde.«

Ich fragte Forest, was er von diesen Beschuldigungen und
Gegenbeschuldigungen halte.

»Ich glaube, sie sind bis zu einem gewissen Grade nur zu wohl
begründet,« sagte mein Amtsvorgänger. »Die Versuchung unter unserem
elenden System ist eben für viele Menschen zu groß. Daß die Führer
der Regierungspartei ihren Verwandten und Freunden die besten
Stellungen geben, würde ich durchaus nicht tadelnswert finden, wenn die
Angestellten die ihnen übertragenen Ämter gut verwalten könnten. Aber
die 20 000 000 besten Stellungen im Lande sind durchaus nicht mit den
besten und tüchtigsten Frauen und Männern besetzt. So weit diese Ämter
und Stellen nicht den Verwandten und nächsten Freunden der höchsten
Beamten verliehen sind, werden sie an die Angehörigen der eifrigsten und
einflußreichsten Anhänger der Regierung vergeben. Und selbst das würde
erträglich sein, wenn die Günstlingswirtschaft da ein Ende erreichte, an
der Grenze der Verderbtheit und drückenden Willkür. Aber sie geht noch
viel weiter.«

»Klagen Sie die jetzige Regierung und deren Freunde der Korruption und
Tyrannei an?« fragte ich, entschlossen, meinen weiteren Unterredungen
mit Herrn Forest ein Ende zu machen, falls dieser entehrende Anklagen
gegen meinen Gastfreund vorbringen sollte.

»Ich spreche von dem jetzigen Regierungssystem und erwähne nur
Thatsachen, oder Handlungen, welche ich nachweisen kann,« antwortete
Forest. »Ich klage niemanden an lediglich weil ich daran Vergnügen
finde. Ich fühle, daß Ihre Frage auf Dr. Leete Bezug hat und obschon sie
nicht unmittelbar gestellt wurde, werde ich sie doch offen beantworten.
Ich halte Dr. Leete für einen der besten und ehrenhaftesten unter
unseren Parteiführern, aber auch er macht von den Vorteilen Gebrauch,
welche unter unserem System den Machthabern so leicht zugänglich sind.«

»Wollen Sie die Güte haben, Ihre Behauptung zu beweisen,« sagte ich
ruhig, aber bestimmt.

»Ich werde es Ihrem Urteil überlassen, zu entscheiden, ob ich in meinen
Behauptungen zu weit gegangen bin,« fuhr Forest fort. »Hat Dr. Leete
Ihnen nicht mitgeteilt, daß er schon »seit langen Jahren vorhatte in
dem großen Garten neben diesem Hause ein Laboratorium für chemische
Zwecke zu bauen?«[22] Und hat er Ihnen nicht erzählt, daß er Arbeiter
kommen ließ, und daß diese das Gewölbe ausgruben, in welchem Sie
schliefen?«[23]

»In der That! Dr. Leete sagte, daß er ein chemisches Laboratorium
zu bauen beabsichtigte,« gab ich zu. »Gestattet ihm aber sein
Guthabensschein nicht eine solche Ausgabe?«

Forest sah etwas erheitert aus, als er mich fragte, ob ich jemals
gesehen hätte, wie groß der Gesamtbetrag des Jahresguthabens wäre.
Ich gestand, daß ich dies nicht wüßte. Die Lebensweise des Dr. Leete
zeugte von Überfluß und erschien mir gut genug für selbst hochgestellte
Ansprüche. Ich hatte mir deshalb noch nie die Frage nach dem genauen
Betrage seiner Einnahmen vorgelegt.

»Wenn es Ihnen genehm ist,« sagte Forest, »wollen wir über den
Volkswohlstand zu einer anderen Zeit sprechen. Heut wollen wir uns
darauf beschränken, die Neigung des Kommunismus zur Erzeugung von
Günstlingswirtschaft, Bestechlichkeit, Knechtssinn und Tyrannei zu
untersuchen. -- In Bezug auf Dr. Leete steht fest, daß er sich ein
chemisches Laboratorium bauen läßt, trotzdem dies Unternehmen in
offenbarem Widerspruch steht zu den Zwecken und dem Geist unserer
Einrichtungen. In dem Erdgeschosse dieser Universität befindet sich ein
sehr gutes derartiges Laboratorium und Dr. Leete hätte sicherlich nach
Gefallen in demselben experimentieren können, wenn er um die Erlaubnis
hierzu nachgesucht hätte. Schon sein Einfluß würde ihm diese verschafft
haben. Aber seine Eitelkeit veranlaßt ihn, ein überflüssiges Gebäude
errichten zu lassen, welches den Radikalen als ein neuer und sichtbarer
Beweis für ihre Anklagen gegen die herrschende Parteisippe dienen wird.«

»Von welchen Radikalen sprechen Sie?« fragte ich.

»Ich rede von den radikalen Kommunisten, welche die jetzige Regierung
bekämpfen, weil sie alle religiösen Gebräuche, die Ehe und das
wenige persönliche Eigentum abschaffen wollen, dessen Besitz jetzt
noch gestattet wird. Von unseren politischen Parteien und von deren
Grundsätzen werden wir später sprechen. Ich wollte Sie nur von der
Thatsache überzeugen, daß Dr. Leete zu seinem eigenen Gebrauche
und in offenbarem Widerspruch mit den kommunistischen Grundsätzen
ein chemisches Laboratorium errichtet, eine sehr kostspielige
Anstalt, welche mit den Guthabensscheinen von zehn Leuten nicht
hergestellt werden könnte und daß er auf diese Weise den Tadel aller
Regierungsgegner herausfordert.«

»Kann Dr. Leete nicht eine angemessene Miete für das Laboratorium
bezahlen?« fragte ich. »Ich sollte meinen, daß der vorhandene Überschuß
der Arbeitskräfte nicht besser benutzt werden könnte, als zur Errichtung
von Gebäuden, deren Miete alsdann das Staatseinkommen erhöht.«

»Wir haben aber keinen Überschuß von Arbeitskräften, wie Sie alsbald
erfahren werden,« sagte Forest. »Und stellen Sie sich nebenher einmal
vor, was geschehen würde, wenn jeder Bürger einen ähnlichen Aufwand
für Bauarbeiten und für die Anschaffung von Instrumenten beanspruchen
würde. Sie werden einsehen müssen, daß Dr. Leete eine Ausnahmestellung
beansprucht, was nach Anmaßung und Günstlingswirtschaft aussieht. Er
mißbraucht die Macht seiner Stellung und erregt dadurch böses Blut.«

Ich konnte gegen diese Auseinandersetzungen Forests nichts Haltbares
vorbringen und schwieg deshalb.

»Aber Günstlingswirtschaft und gelegentlicher Mißbrauch der
Regierungsgewalt zu Gunsten von Leuten wie Dr. Leete sind noch nicht
die schlimmsten Erscheinungen in unserem öffentlichen Leben,« sagte
Forest weiter. »Auch die Thatsache, daß einflußreiche Männer häufig
Geschenke von Seide, Pelzen und goldenen Schmucksachen für ihre Frauen
und Töchter, sowie von Wein und Cigarren für sich selbst seitens solcher
Leute erhalten, welche die Fürsprache der Einflußreichen brauchen,
könnte ertragen werden, obschon solche Vorkommnisse ein offenbarer
Beweis für eine gewisse Verderbtheit im öffentlichen Leben sind. Die
schlimmsten Folgen dieses verdammenswerten Kommunismus sind die Tyrannei
und rücksichtslose Verfolgung aller Gegner der Regierung auf der einen
Seite, und der Knechtssinn, die Schmeichelei und Verleumdungssucht auf
der anderen Seite. Jeder Mann und jede Partei, welche eine erstrebte
Stellung erreicht haben, werden sich in derselben gegen alle Angriffe
ihrer Gegner zu behaupten suchen. Sie werden die Freunde belohnen, von
welchen sie unterstützt werden und ihre Gegner zurückzudrängen suchen.
Deshalb ist es sehr gefährlich, eine große Regierung mit einer Gewalt
zu bekleiden, welche die Herrschenden in den Stand setzt, das Volk in
seiner täglichen Erwerbsthätigkeit sein Lebenlang in Abhängigkeit von
der Gunst seiner Beamten zu erhalten.«

»Nach Ihrer Beschreibung erscheint die gegenwärtige Ordnung der Dinge
unerträglich,« sagte ich.

»Wenn Sie unter den Mitgliedern der verschiedenen Zünfte, besonders
unter den Ackerbauern, Nachfrage halten,« entgegnete Forest, »so werden
Sie finden, daß ich die Zustände genau so schildere, wie sie sind. Jedes
Mitglied des Arbeiterheeres weiß, daß Befähigung und Fleiß allein nur
in Ausnahmefällen genügen, um jemanden zu einer erstrebten Stellung zu
verhelfen. Politischer Einfluß ist der allmächtige Hebel, der allein
uns zu höheren Stellungen hinaufbefördern kann und um diesen Einfluß zu
erlangen, muß der Arbeiter zum Kriecher, zum Schleicher, zum Angeber
seiner Kameraden und zum Bestecher seiner Vorgesetzten werden; ja er muß
auch alle stimmfähigen Verwandten und Freunde beschwören, sich ihrer
Selbständigkeit zu entäußern und alle Maßregeln, sowie alle Mitglieder
der Regierung zu unterstützen.

»Wenn die Mitglieder des Arbeiterheeres ihre Offiziere oder Aufseher
wählen könnten,« fuhr Herr Forest in seinen Auseinandersetzungen fort,
»dann würde voraussichtlich die Disciplin in der »industriellen Armee«
nicht so strikt sein; aber selbst eine gelegentliche Auflehnung der
Leute gegen die Beamten würde dem jetzigen Stande der Dinge vorzuziehen
sein, unter welchem Alle, die sich den Groll ihrer Vorgesetzten
zugezogen haben, ein entsetzliches Dasein führen. Die Selbstmorde werden
deshalb alljährlich zahlreicher und die Zahl derjenigen, welche ihrem
Leben ein Ende machen, ist jetzt viermal so groß, wie zu Ihrer Zeit.«

»Vor 113 Jahren wurde auf die große Zahl der Selbstmörder in den
europäischen Heeren aufmerksam gemacht,« bemerkte ich nachdenklich.
»Diese Leute töteten sich, obschon sie in Bezug auf Kleidung, Nahrung
und Wohnung keinen Mangel litten.«

»Allerdings,« bestätigte Forest. »Die notwendigen Lebensmittel ohne
Freiheit haben nur geringen Wert. Viele Soldaten Ihrer Tage machten
ihrem Leben ein Ende, weil sie ein Dasein ohne Freiheit nicht führen
mochten. Sie warfen das Leben von sich, trotzdem ihre Dienstzeit
nur zwei, drei oder fünf Jahre dauerte und sie in Friedenszeiten
einen verhältnismäßig leichten Dienst hatten. Der Dienst in unserem
Arbeiterheere dauert die besten 24 Jahre unseres Lebens. Die Männer und
Frauen sind während dieser langen Zeit der Willkür ihrer Vorgesetzten
preisgegeben und sie können, wie ich schon hervorhob, gegen jahrelange
Mißhandlung durch den einen Angestellten der Regierung nur bei einem
andern Angestellten der Regierung Klage führen. Und diese sogenannten
»Richter« entscheiden solche Fälle endgültig meist dadurch, daß sie
die Kläger auffordern, wieder an ihre Arbeit zu gehen und sich mit
der Zufriedenheit ihrer Vorgesetzten die Aussicht auf Beförderung zu
erwerben.«

»Sie sprachen von Politikern, Herr Forest,« fragte ich. »Nehmen viele
Männer thätigen Anteil am politischen Leben?«

»Das will ich meinen,« rief Forest; »obschon allerdings in ihrer eigenen
Weise. Viele Männer und viele Frauen, welche das fünfundvierzigste
Lebensjahr zurückgelegt haben, thun nichts weiter, als daß sie sich
mit Politik beschäftigen. Mit ihrem Guthabensscheine können sie leben,
wo sie wollen und viele ziehen es vor, ihre Zeit in Washington zu
verbringen, wo sie eifrig und geschäftig sind, für ihre Freunde und
Schützlinge Gunstbezeugungen zu erjagen, sowie für solche Leute, welche
sich der Dienste dieser Politikanten versichert haben. Die »Lobby«,
welche zu Ihrer Zeit in den Hallen des Kongresses ihr Unwesen trieb,
wird als eine böse Gesellschaft raubsüchtiger, gewissenloser Abenteurer
beschrieben, welche sich gegen gute Bezahlung dazu gebrauchen ließen,
die Kongreßmitglieder zum Erlaß von Gesetzen zu Gunsten einzelner
Personen und Körperschaften zu verleiten. Wenn man aber jene nicht sehr
zahlreiche und im äußeren Auftreten immerhin einigermaßen anständige
Lobby mit den Washingtoner Wahlmachern unserer Tage vergleichen wollte,
so würde das etwa dasselbe sein, als wenn man eine Sonntagsschule
mit einer Reformschule vergliche, wie solche zur Besserung junger
Taugenichtse in Ihren Tagen unterhalten wurden. Millionen von
Leuten, welche bessere Arbeit, oder Beförderung wünschen und sich
von dem Einfluß, den sie daheim geltend machen können, keine Wirkung
versprechen, wenden sich an die Politikanten in Washington und sichern
sich deren Dienste.«

»Aber was kann derjenige, welcher Vergünstigungen sucht, denjenigen
bieten, welche in Washington wohnen, um diese zur Aufbietung ihres
etwaigen Einflusses zu veranlassen,« fragte ich; »heutigen Tages sammelt
doch niemand Schätze?«

»Das thut allerdings niemand,« antwortete Forest lächelnd. »Aber
manche Leute wollen sich von Zeit zu Zeit »vergnügte Tage« machen und
zu diesem Zwecke brauchen sie vielleicht alljährlich den fünf- oder
zehnfachen Betrag ihres Guthabensscheines. Manche unserer politischen
Lichter führen das, was man ein »großes Haus« nennt. Sie empfangen viele
Gäste, bewirten dieselben mit feinen Speisen und guten Weinen und
manche unserer hervorragenden Lobbyisten thun dasselbe. Wer von diesen
Leuten eine Begünstigung verlangt, muß einen namhaften Teil seines
Guthabensscheines abgeben und er mag sich, wenn er befördert wird, an
seine künftigen Untergebenen wegen eines reichen Ersatzes für das nach
Washington Abgegebene halten.«

»Weshalb sind aber die Leute mit ihrem gesetzlichen Einkommen nicht
zufrieden?« fragte ich, schmerzlich überrascht davon, daß jetzt die
Wahlmacherei und die Verderbtheit noch üppiger zu wuchern schienen, als
vor 113 Jahren. »Ist nicht das Einkommen, welches ein Guthabensschein
gewährt, genügend zum Lebensunterhalte des Volks?«

»Sie können die Menschen niemals zufriedenstellen,« sagte Forest.
»Heutzutage wird der tüchtige und fleißige Teil des Volks zu Gunsten
der Faulen und Dummen beraubt. Selbst die Begünstigten müssen sich die
Unverschämtheiten, die Erpressungen und Erniedrigung seitens ihrer
Vorgesetzten gefallen lassen.«

»Und selbst die Männer und Frauen von den allergeringsten Fähigkeiten,
welche aus der gleichmäßigen Verteilung der Arbeitsergebnisse den
meisten Vorteil ziehen, sind nicht einmal sämtlich zufriedengestellt.
Manche derselben fordern die Abschaffung alles persönlichen Eigentums
und abgesonderter Haushaltungen. In der That ist nur ein kleiner Teil
unserer Bevölkerung wirklich zufrieden. -- Zur Bestreitung größeren
Aufwandes für feine Speisen, kostbare Mahlzeiten, teure Weine und
Havannacigarren reichen die Guthabensscheine nicht aus und Leute, welche
dergleichen regelmäßig genießen möchten, müssen sich nach Menschen
umsehen, welche unter Umständen bereit sind, dafür zu bezahlen. -- In
Washington leben aber nicht nur sogenannte »Lebemänner«, sondern auch
viele Mädchen und junge Frauen, welche Liebeleien, üppige Mahlzeiten,
feine Kleider und Juwelen, sowie den Strudel eines wilden, lüderlichen
Lebens der regelmäßigen Thätigkeit im Arbeiterheere oder in der
Haushaltung vorziehen.«

»Die Prostitution wuchert also in Washington nach wie vor?« fragte ich
erstaunt.

»Leider ist dem so,« entgegnete Forest. »Natürlich bekleiden jene
Mädchen Schreiber- oder Buchhalterstellen in den verschiedenen
Regierungsabteilungen; aber diese Posten sind nur Sinekuren. Von
Freunden, welche aus eigner Anschauung diese Geheimnisse des
Washingtoner Lebens kennen lernten (und man kann da eigentlich kaum
noch von Geheimnissen reden, da dieses Treiben allgemein bekannt ist),
habe ich die Ansicht aussprechen hören, daß manche der höheren Beamten
den fünfzigfachen Betrag ihrer Guthabensscheine mit leichtfertigen
Frauenzimmern verausgaben. Dieses Geld erlangen sie teilweise dadurch,
daß sie den Leuten, welche Begünstigungen suchen, einen Betrag ihres
Guthabenscheines abnehmen. Ein anderer Teil der vergeudeten Summen
kommt aus den Warenlagern der Regierung, wo nur ein kleiner Betrag
dessen, was diese hohen Beamten entnehmen, aus deren Guthabensscheinen
herausgestochen wird. Denn die in den Warenlagern Angestellten wissen,
daß sie sehr bald ihre Stellungen verlieren und in die zweiten
Abteilungen des dritten Grades einer Zunft versetzt werden würden, falls
sie sich beikommen ließen, die politischen Größen der Regierung, welche
Waren entnehmen, wie gewöhnliche Leute zu behandeln. Der Reiz, welchen
dieses üppige Leben auf viele Männer und Frauen ausübt, hat, wie ich
schon erwähnt, die Bevölkerung Washingtons außerordentlich vermehrt und
es ist demzufolge die volkreichste Stadt im Lande.«

»Ich kann nicht begreifen, wie das Volk eine so verderbte und
willkürliche Regierung wie die von Ihnen geschilderte dulden kann,«
sagte ich; »und ich bin überzeugt, daß Ihre zur Schwarzseherei neigende
Lebensauffassung Ihr Urteil getrübt hat.«

»Es liegt nur an Ihnen, wenn Sie in Zweifel darüber bleiben, ob meine
Angaben richtig sind, oder nicht,« antwortete Forest. »Wenn Sie um
Urlaub zu dem Zwecke nachsuchen, unsern Herrschern in Washington
einen Ihrer begeisterten Vorträge über die Vorzüge der jetzigen
Gesellschaftsordnung zu halten, so wird man Ihnen hier mit Vergnügen
gestatten, Ihre Vorlesungen eine Zeitlang auszusetzen und in Washington
wird man Sie glänzend empfangen. Denn die Begeisterung, mit welcher
Sie unsere Einrichtungen gegenüber denen des neunzehnten Jahrhunderts
preisen, gießt ja Wasser auf die Mühlenräder der Regierung. Sie werden
dann den Stand der Dinge genau so finden, wie ich ihn geschildert habe
und wenn Sie mit den Mitgliedern des Arbeiterheeres, sowie mit deren
Freunden sprechen, welche die Regierung unterstützen, dann werden
Sie erfahren, daß dies lediglich deshalb geschieht, weil sie an der
Möglichkeit einer Besserung unter dem jetzigen System verzweifeln und
nur eine Verschlimmerung für den Fall fürchten, daß die Radikalen ans
Ruder kommen.«

»Wie könnten die öffentlichen Angelegenheiten sich noch schlimmer
gestalten, als sie Ihrer Schilderung nach schon sind?« rief ich aus.

»Viele Leute fürchten, daß die Radikalen die Ehe beseitigen und »freie
Liebe« mit allen ihren Folgen dem Volke aufdrängen würden,« erklärte
Forest. »In der That fordern die radikalen Zeitungen -- die einzigen
Blätter, welche eine rücksichtslose Sprache gegen die Regierung führen,
und diese scharf angreifen -- Verbot aller religiösen Gebräuche,
Abschaffung der Ehe, Aufhebung der Familie, der besonderen Haushaltungen
und Abschaffung des geringen persönlichen Eigentums, welches zu
besitzen, den Leuten heute noch gestattet ist.«

»Aber wie lassen sich solche Äußerungen und Forderungen der radikalen
Zeitungen in Einklang bringen mit dem, was Sie über die Behandlung von
Gegnern der Regierung erzählten?« fragte ich. »Wenn es gebräuchlich ist,
die Gegner der Regierung in Irrenhäuser zu sperren, so begreife ich
nicht, wie den radikalen Zeitungen gestattet werden kann, so scheußliche
Grundsätze zu predigen.«

Forest lachte, als er entgegnete: »Die radikalen Redakteure werden
begünstigt und nehmen eine Ausnahmestellung ein; denn sie leisten
der Regierung wertvolle Dienste, indem sie die Masse des Volkes in
Unterwürfigkeit gegenüber der Regierung hineinängstigen. Jedesmal,
wenn eine Wahl der Zunftgenerale bevorsteht, dürfen die Redakteure der
Radikalen Zeitungen ihre volle Leistungsfähigkeit im Schimpfen und in
der Stellung wahnsinniger Forderungen entwickeln. Einige Tage vor der
Wahl drucken dann die Regierungszeitungen Auszüge aus jenen unflätigen
Angriffen auf Religion, Ehe und Familienleben nach und fragen das Volk,
ob es solche Änderungen wünsche. Dann wird das Volk aufgefordert, die
Regierung zu unterstützen, welche zwar nicht alle Leute zufriedenstellen
könne, immerhin aber die beste sei, welche auf Erden jemals bestanden
habe -- und so weiter mit Grazie bis ins Unendliche.«

»Die radikalen Redakteure werden also einfach als Popanze
geduldet, welche das Volk einschüchtern müssen, während es
den gemäßigten Schriftstellern nicht gestattet wird, gegen die
jetzige Gesellschaftsordnung oder gegen die Regierung einen Tadel
auszusprechen?«

»So ist es,« bestätigte Forest. »Ich fürchte indes, daß die Regierung
ein sehr gewagtes Spiel spielt. Die Radikalen gewinnen unzweifelhaft
Boden und es giebt unter ihnen sehr viele verzweifelte Burschen,
welche zu jeder Zeit bereit sind, die schwarze Fahne der Zerstörung zu
entfalten. Wäre das Volk frei und unabhängig, so wäre die Gefahr nicht
so groß. Dann würden alle freien Männer sich zur Verteidigung der von
ihnen geschätzten staatlichen Einrichtungen sammeln. Wie aber die Dinge
jetzt stehen, sind die Massen gewöhnt, sich unter die Herrschaft einer
Minderheit zu beugen. Der Aufstand eines Haufens zu Allem entschlossener
Männer würde deshalb vergleichsweise geringen Widerstand von seiten
der Bürger finden, die bereit wären für die Aufrechterhaltung der
jetzigen Ordnung der Dinge zu kämpfen. Und es wird ein verhängnisvoller
Tag für die Menschheit werden, an welchem die Radikalen die Herrschaft
gewinnen.«

»Haben Sie mir nicht mitgeteilt, daß vor zwölf Jahren die damalige
Regierung die Wahl verlor und dadurch gestürzt ward?« warf ich
ein. »Und beweist das nicht, daß selbst eine Regierung mit einer
Machtvollkommenheit wie die Ihrige schließlich doch geschlagen werden
kann? Und sagten Sie nicht ferner, daß die jetzigen Oberbeamten
tüchtigere, bessere Leute seien, als diejenigen, welche die letzte
Regierung bildeten?«

»Eine Besserung in der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten ist
nicht in Abrede zu stellen; aber diese Besserung ist nicht sehr
wesentlich. Es hat in Wirklichkeit nur ein Wechsel der Beamten, nicht
aber eine Änderung des Systems stattgefunden. Günstlingswirtschaft,
Bestechlichkeit und Sittenverderbnis haben etwas abgenommen; aber sie
sind nicht ausgerottet worden. Sie wuchern im Gegenteile noch immer
viel zu üppig. -- Gerade diejenigen Leute, welche sich vor zwölf Jahren
im Kampfe besonders hervorthaten, mit Begeisterung die Erwählung der
jetzigen Parteiführer betrieben, weil sie von denselben die Reinigung
unseres öffentlichen Lebens und die Abstellung aller Übelstände
erhofften; gerade diese Leute haben jetzt alle Hoffnung aufgegeben, daß
unter dem Kommunismus eine gerechte und ehrliche Regierung überhaupt
bestehen könnte. Jener Wahlsieg hat also, eben weil er im wesentlichen
nur auf einen Personenwechsel hinauslief, das Vertrauen des Volkes auf
eine Besserung der Zustände unter dem jetzigen System vernichtet. Mithin
hat der Sieg mehr geschadet, als genützt. Der stärkste und verläßlichste
Bestandteil unserer Bevölkerung in einem Kampfe für vernünftige
Regierungsgrundsätze würden unsere Bauern sein; aber trotz ihrer großen
Zahlen bilden sie nur eine Zunft. Sie haben nur einen General und einen
Abteilungsvorsteher stets in der Minderheit. Und weil sie Gegner der
jetzigen Regierung sind, werden sie nicht so gut behandelt, wie die
Mitglieder der anderen Zünfte.«

»Erhalten die Bauern nicht dieselben Guthabensscheine wie alle anderen
Bürger?«

»Allerdings; aber sie beklagen sich, daß sie die schlechtesten Waren
erhalten und nicht den vollen Anteil an öffentlichen Einrichtungen
oder Verbesserungen. Sie behaupten, daß sie beständig zurückgesetzt
werden. -- Die Bauern würden die verläßlichsten Kämpfer gegen die
Radikalen sein; aber die Behandlung, welche ihnen von seiten der
Regierung zu teil geworden ist, hat sie so mißvergnügt gemacht, daß
bei einem Kampfe für die Aufrechterhaltung der jetzigen Regierung,
oder auch nur des jetzigen Systems, durchaus nicht auf sie zu rechnen
ist. Besonders klagen die Bauern darüber, daß die Städter bei Anlage
von Theatern, Musikhallen und anderen Vergnügung- und Erholungsplätzen
entschieden bevorzugt würden. Es ist natürlich unmöglich, an jedem
Kreuzwege im Lande ein Theater oder eine Konzerthalle zu bauen: aber
wenn die Bevölkerungszahl in Stadt und Land in Betracht gezogen
wird, so muß zugegeben werden, daß die Bauern im Verhältnis zu ihrer
Zahl recht kümmerlich bedacht werden. Die Regierung rechnet auf die
Unterstützung der Stadtleute und solcher Zünfte, welche hauptsächlich
aus Städtern gebildet werden; deshalb werden die Städter auf Kosten der
Bauern bevorzugt. Eine andere Klage der Bauern geht dahin, daß sie bei
der Austeilung der Waren übervorteilt worden. Infolge des wechselnden
Geschmacks, des jahreszeitwidrigen Wetters und verschiedener anderer
Ursachen bleiben in den Warenhäusern oft Reste liegen, welche »mit
Verlust verkauft« werden müssen.[24] Diese Waren kann die Regierung
verkaufen, wann sie will, d. h. wann sie meint, die besten Preise
dafür erhalten zu können. Die Regierung kann aber auch allein darüber
bestimmen, welche Waren zu herabgesetzten Preisen verkauft werden
sollen. Nun behaupten die Bauern, daß verlegene, unmoderne und schlechte
Waren den Landbewohnern als neu aufgeschwindelt werden; während
Begünstigte Waren zu herabgesetzten Preisen erhalten, die ganz neu und
fehlerlos sind. -- Ich will durchaus nicht behaupten, daß alle Klagen
unserer Bauern begründet sind. Teilweise mag dies nicht der Fall sein.
Aber die Klagen an sich sind ein Beweis der Unzufriedenheit und sie
sind nur möglich, weil unsere Regierung mit einer Machtvollkommenheit
bekleidet ist, welche in der Geschichte der Menschheit unerreicht
dasteht. Es ist das System, welches alle diese Übelstände erzeugt.«

»Bestehen außer der radikalen und der Regierungspartei noch andere
Organisationen, welche nach der Leitung der Staatsangelegenheiten
streben?«

»Wir haben eine Temperenzpartei, welche sehr thätig und gut organisiert
ist; aber dieselbe sucht nur innerhalb der Regierungspartei und durch
diese zur Macht zu gelangen. Die Regierung zeigt keine Feindseligkeit
gegen die Mitglieder dieser Fraktion, sondern läßt sie gewähren. Bisher
haben sie keine nennenswerten Erfolge errungen.«

»Ich sehe wohl, daß Sie der jetzigen Gesellschaftsordnung nicht
viel Anerkennung zu teil werden lassen für irgend etwas, was
unter ihr geschehen ist. Aber glauben Sie denn nicht, daß die
Beseitigung der Armut, die Erhebung aller Menschen auf den Standpunkt
annähernder Gleichheit große und unschätzbare Errungenschaften des
Menschengeschlechtes darstellen? Ich entsinne mich nur zu wohl der
unsagbaren Leiden, welche die Armen meiner Zeit zu erdulden hatten.
Ich bin nicht genügend mit der jetzigen Ordnung der Dinge vertraut, um
alle Ihre Mitteilungen und Ansichten gutheißen oder ihnen widersprechen
zu können. Aber ich betrachte die gänzliche Beseitigung der Armut als
eine so großartige Errungenschaft, daß ich trotz Ihrer Verdammung des
jetzigen Systems die Hoffnung nicht aufgebe, es werde der jetzigen
Gesellschaft gelingen, die Unzulänglichkeiten zu überwältigen, welche
von allen menschlichen Anstrengungen und Einrichtungen unzertrennlich
sind.«

»Mein verehrter Herr West, es freut mich außerordentlich wahrzunehmen,
daß Sie in Ihren letzten Äußerungen zur Verteidigung des Kommunismus
dieselben Gründe vorführen, welche zu Ihrer Zeit die Verteidiger Ihrer
Gesellschaftsform gegen die Kommunisten geltend machten. Es beweist
das einfach zweierlei: Erstens, daß uns unter Gottes Sonne auf der
Erde nichts vollkommen ist und zweitens, daß auch jede Regierung das
zugestehn muß. Die Abschaffung der wirklichen Armut hätte, wie ich
später über jeden Zweifel hinaus beweisen werde, auch ohne den Rückfall
in den Kommunismus durchgeführt werden können. Dadurch wären uns die
schauderhaften Folgen dieser elenden Gesellschaftsform erspart worden.
Die Thatsache, daß die Regierungsbeamten die im Arbeiterheere stehenden
Freunde ihrer Gegner wie Sklaven behandeln können und daß selbst
solche Freunde von Gegnern der Regierung, die sich durch Tüchtigkeit
bereits emporgearbeitet hatten, bei der jährlichen Neueinteilung in
die zweite Abteilung des dritten Grades zurückversetzt werden können,
die Günstlingswirtschaft, welche die Regierung eingeführt hat, haben
eine unerhörte Schmeichelei, Knechtschaffenheit, Verläumdungssucht und
Verderbtheit großgezogen. Nie hat es in der Geschichte der Amerikaner
eine Zeit gegeben, in welcher im öffentlichen wie im geschäftlichen
Leben so wenig Unabhängigkeitssinn und Mannhaftigkeit zu Tage traten.
Als vor zweihundertunddreißig Jahren England den Versuch machte, eine
Theesteuer einzuführen, da erhoben sich die Amerikaner in Waffen,
weil sie nicht gesonnen waren, der Regierung die Auferlegung einer
Steuer zu gestatten, so lange die Amerikaner keine Vertretung in dem
Parlamente hatten, welches diese Steuer ausschrieb. Heute verfügt die
Regierung über die Arbeit aller Männer und Frauen während vierundzwanzig
langer Jahre, ohne daß der Blüte des amerikanischen Volks auch nur
eine Gelegenheit gegeben würde, darüber abzustimmen, wie die Regierung
die Arbeit derjenigen leiten soll, welche alles das erzeugen, wovon
das ganze Volk lebt! Diese elende Sklaverei, welche nie zuvor unter
#civilisierten# Völkern bestanden hat, kann nicht lange mehr dauern.
Sie wird in einem Meere von Blut untergehen. Denn wahr ist das Wort
Schillers:

    Vor dem Sklaven, wenn er die Ketten zerbricht;
    Vor dem freien Manne erzittere nicht.




Fünftes Kapitel.


Aus einem Himmel des Friedens und der Freude, aus einem nur von guten
Menschen bewohnten Idealstaate, hatte Forest mich hinabgestürzt in das
tiefe, dunkle Meer des Zweifels und des Trübsinns.

Dr. Leete und dessen Familie entging natürlich mein gedrücktes,
verstörtes Wesen nicht und während der Doctor offenbar darauf wartete,
daß ich aufs neue mit ihm soziale Fragen besprechen würde, suchte Edith
mich zu trösten. Sie schien zu glauben, daß das Fremdartige meiner
Umgebungen und meiner neuen Stellung einen geistigen Druck auf mich
ausübe.

Ich vermied indessen eine Erklärung. Ich hatte beschlossen, meine
Unterredungen mit Herrn Forest fortzusetzen, mir aber durch Prüfung
der Zustände eine eigne, klare Meinung zu bilden. Denn nur durch eigne
Anschauung konnte ich zu einem selbständigen Urteil darüber gelangen,
wie weit Dr. Leetes und wie weit Forests Darstellung die richtige sei.

Deshalb schlenderte ich, wenn ich nach der Universität ging, oder von
dort zurückkehrte, die Straßen entlang und sprach mit allen Leuten,
die ich kennen lernte. Es erschien mir höchst befremdend, daß alle
sehr zurückhaltend wurden, ja ängstlich und mißtrauisch erschienen,
sobald ich an sie Fragen stellte über die Verwaltung der öffentlichen
Angelegenheiten, über die Grundsätze, auf welchen unser Staatswesen
ruht, über das Benehmen der Offiziere, über die Verwaltung der
Warenlager, sowie darüber, ob das Volk sich glücklich fühle oder nicht.

Selten wurde mir eine entschiedene Antwort zu teil, aus welcher ich auf
freudige Zufriedenheit oder auf grollende Unzufriedenheit schließen
konnte. Nur einige Radikale sprachen sich in den allerstärksten
Ausdrücken gegen die jetzige Ordnung der Dinge aus, sowie gegen
die höchsten Beamten des Landes, und einige Frauen wurden so weit
mitteilsam, daß sie erklärten, sie fänden an der Arbeit in den Fabriken
gar keinen Gefallen.

Aber obschon die Leute im allgemeinen sehr zurückhaltend in dem
Kundgeben ihrer Stimmungen und Meinungen waren, so wurde es mir doch
klar, daß Zufriedenheit in dem Garten des Kommunismus eine ebenso
seltene Pflanze ist, wie sie es vor 113 Jahren in den Ver. Staaten
war. Das rohe Schelten der Radikalen gegen die höchsten Beamten des
Landes konnte mich natürlich nicht überzeugen, daß die erhobenen
Beschuldigungen begründet wären. Bemerkenswert erschien es mir aber,
daß die Frauen und Männer des Arbeiterheeres, mit welchen ich über
jene Anklagen sprach, sich auf keine Verteidigung der Angegriffenen
einließen. Sie wollten es offenbar vermeiden, irgendwo anzustoßen, so
lange sie nicht von ihren Vorgesetzten aufgefordert wurden, für die
Regierung einzutreten.

So drängte sich mir die Überzeugung auf, daß auch die Gütergemeinschaft
nicht die allgemeine Glückseligkeit und Zufriedenheit geschaffen hatte,
welche ich nach den Schilderungen des Dr. Leete zu finden hoffte. Aber
ich war zu der Annahme geneigt, daß die Leute im allgemeinen recht
angenehm lebten, ohne große Sorgen, nicht gerade besonders zufrieden
mit ihrem Lose, aber auch nicht entschlossen, den Stand der Dinge zu
ändern. Es schien mir ferner, als ob die Masse des Volkes geistig träge
und schwerfällig wäre, als ob nur wenige an irgendwelchen Dingen regen
Anteil nähmen.

Eines Tages, als ich nach einem Spaziergange durch die Straßen Bostons
nach Dr. Leetes Haus zurückgekehrt war und den Hausflur betreten hatte,
hörte ich aus einem anstoßenden Zimmer, dessen Thür offen stand, eine in
sehr lautem Tone geführte Unterhaltung. Schon die ersten Worte fesselten
unwillkürlich meine Aufmerksamkeit. Sie wurden von einer tiefen, vor
Erregung zitternden Stimme gesprochen und lauteten:

»Fräulein Edith hat mich zur Fortsetzung meiner Besuche ermutigt.«

»Wir alle sind immer erfreut, Sie bei uns zu sehen, Herr Fest,«
antwortete Dr. Leete. »Wir alle haben Sie eingeladen, Ihre Besuche zu
wiederholen.«

»Allerdings haben Sie das gethan; aber Sie verstehen wohl, was ich
meine,« fuhr die Stimme fort. »Ich bin so oft in Ihr Haus gekommen und
habe heut Fräulein Edith gefragt, ob sie mein Weib werden will, weil
Ihre Tochter meine Hoffnung, ihre Liebe zu gewinnen, ermutigt hat.
Jetzt aber wird mir in kühler Weise eröffnet, daß ich mich irrigen
Hoffnungen hingegeben habe und ich sehe meinen Verdacht bestätigt, daß
der Bostoner des neunzehnten Jahrhunderts, den Sie aus einem Keller in
Ihrem Garten ausgraben ließen, der Mann ist, den Fräulein Edith allen
andern vorzieht -- selbst demjenigen, den sie bis vor einigen Tagen
ermutigte.«

»Herr Fest, ich wünsche, daß Sie die Bildung und Gesittung des
zwanzigsten Jahrhunderts mit mehr Anstand vertreten, wenn Sie von meiner
Tochter und von meinem Gaste sprechen,« sagte Dr. Leete etwas erregt.

»Natürlich muß ich vor allen Dingen den Anstand bewahren, nachdem ich
durch herzlose Koketterie ein Jahr lang genarrt worden bin und nun die
Entdeckung mache, daß das Mädchen, welches ich liebe, mir ein 143 Jahr
altes Menschenkind vorzieht,« sagte Fest bitter und höhnisch.

»Wie können Sie nur so beleidigende, unwahre Reden führen!« rief
Edith in zorniger Aufregung. »Niemals während unserer zehnjährigen
Freundschaft ist mir der Gedanke gekommen, daß Sie andere Gefühle für
mich hegen, als die eines Bruders.«

»Es ist an der Zeit, dieser Unterredung ein Ende zu machen,« erklärte
jetzt Dr. Leete. »Nach den stattgehabten Erklärungen wird Herrn Fest
ohne Zweifel sein Gefühl sagen, daß die bisherigen Beziehungen nicht
fortgesetzt werden können.«

»Natürlich können unsere Beziehungen nicht fortgesetzt werden,«
schrie Fest im höchsten Zorne. »Ich verlasse Sie jetzt und erkläre
Ihnen hiermit, daß ich Ihr Haus nicht wieder in freundlicher Absicht
betreten werde. Sollte ich je zurückkehren, so werde ich als Feind
kommen, um Rache zu suchen für die Zerstörung meines Lebensglückes und
Herzensfriedens. Hüten Sie sich vor jenem Tage!«

Die Sprache, welche dieser Mensch gegen Edith und deren Vater führte,
empörte mich und, in das Zimmer tretend, sagte ich: »Bitte, sparen Sie
Ihre hochtönenden Redensarten auf, bis Sie vielleicht einmal auf einem
Liebhabertheater einen Bösewicht spielen und verlassen Sie sofort das
Zimmer.«

Der Mann vor mir war sechs Fuß und drei Zoll hoch, hatte breite
Schultern und gewaltige Fäuste. Er blickte spöttisch auf mich nieder
und sagte: »Siehe da! Der ausgegrabene Greis. Diesmal will ich Sie noch
schonen, altes Männchen; aber wenn Sie mir noch einmal mit unverschämten
Redensarten in den Weg treten, dann stecke ich Sie in einen Sack und
werfe Sie in die Massachusetts-Bay.«

Ehe ich auf diese Drohung antworten konnte, hatte Fest die Stube und das
Haus verlassen.

»Wer ist der Mann?« fragte ich, mich an Dr. Leete wendend, ohne daß ich
versucht hätte, mein Mißvergnügen zu verbergen.

»Er ist ein Maschinenbauer, ein sehr tüchtiger Mann in seinem Gewerbe
und Hauptmann im Arbeiterheere,« erklärte der Doktor. »Seine Eltern
lebten im nächsten Hause und als er ein Knabe war, pflegte er mit Edith
zu spielen.«

»Wenn ich die Bildung, sowie die Umgangsformen der Offiziere des
Arbeiterheeres nach den Erfahrungen dieser Stunde beurteilen wollte,
dann müßte ich sagen, daß die Gesittung eher Rückschritte als
Fortschritte gemacht hat,« bemerkte ich.

»Es ist ein außerordentlicher Fall von Atavismus,« erklärte Dr. Leete.
»Solche Hitzköpfigkeit ist in unserem Zeitalter sehr selten und nur
durch Vererbung erklärlich.«

Ich mochte diese Unterhaltung, die ein sehr unerfreuliches Ende nehmen
konnte, jetzt nicht fortsetzen. Ich konnte die Betrachtung nicht
unterdrücken, daß die Sitten und Umgangsformen vor 113 Jahren zwischen
beiden Geschlechtern eine Linie zogen, die zwar unsichtbar, aber von
jedermann anerkannt war, der eine Ahnung von Schicklichkeitsgefühl hatte
und daß zu meiner Zeit kaum ein Mann den Eindruck haben konnte, daß ein
Mädchen ihn ermutigt hatte, wenn dies nicht der Fall war. Ich hegte
nicht den geringsten Zweifel, daß Edith sich in dieser Angelegenheit so
gut benommen hatte, wie das beste Mädchen ihrer Tage. Dieser peinliche
Auftritt war auch eine Folge der Gleichmacherei, welche allüberall
bemerklich ist und welche wahrscheinlich bis zu einem gewissen Grade die
feine Scheidelinie verwischt hatte, welche vor 113 Jahren die sittlich
erzogenen Mitglieder beider Geschlechter trennte. Ich erinnerte mich der
Frage, welche ich einst an Dr. Leete stellte:

»Und so erklären also die Mädchen des zwanzigsten Jahrhunderts ihre
Liebe?«

Worauf Dr. Leete antwortete:

»Wenn es ihnen gefällt. Sie haben nicht mehr Grund als die sie liebenden
Männer ihre Gefühle zu verbergen.«[25]

Ja freilich! Wenn die Mädchen ihre Liebe ebenso erklären, wie die Männer
das thun, dann muß freilich die feine Scheidelinie zwischen den beiden
Geschlechtern verwischt werden.

Ein Gefühl der Unruhe, ja des Widerwillens überkam mich.

»Vielleicht wäre es doch zweckmäßig, Herrn Fest wenigstens auf einige
Monate unter ärztliche Behandlung zu stellen,« sagte Dr. Leete
nachdenklich. »Er befindet sich ohne Zweifel in einer hochgradigen
Aufregung und es ist nicht unmöglich, daß er eine unüberlegte Handlung
begeht, welche er später bereuen würde.«

»Vor hundert und dreizehn Jahren würden wir solch einen Menschen einfach
unter Friedensbürgschaft gestellt haben,« sagte ich, da mir der Gedanke
Entsetzen einflößte, daß ein Mann lediglich deshalb in ein Tollhaus
gesperrt werden sollte, weil er im Zorne einige Drohungen ausgestoßen
hatte.

»Was thaten Sie aber mit einem Manne, der trotz seiner Bürgschaft den
Frieden brach?« fragte der Doktor.

»Wir bestraften ihn nach den Gesetzen, welche auf den Fall Bezug hatten;
entweder mit einer Geldstrafe, mit Gefängnishaft, oder, im Falle eines
Mordes, mit Tötung.«

»Wir bringen einen Mann, in welchem der Atavismus zum Durchbruch kommt,
in ein Hospital, wo tüchtige Ärzte ihn so lange in Behandlung nehmen,
bis sie ihn für genügend hergestellt erachten und seine Entlassung
verfügen,« sagte Dr. Leete mit dem Ausdruck großer Selbstzufriedenheit
und Güte, während er eine frische Havannacigarre anzündete.

»Ich glaube nicht, daß du viel wagst, Papa,« sagte Edith, »wenn du dem
Manne erlaubst, seiner Berufsthätigkeit nachzugehen. Er braust schnell
auf; aber er wird sich auch bald wieder beruhigen.«

»Dessen bin ich nicht so sicher,« antwortete Dr. Leete nachdenklich.
»So weit ich ihn kenne, sind seine Gefühle, wenn einmal erregt, tief
und nachhaltig. Vielleicht beruhigt er sich; vielleicht auch nicht.
Jedenfalls ist es gefährlich, den Stimmungen eines solchen Menschen
ausgesetzt zu sein.«

Widerstreitende Gefühle und Gedanken füllten mir Herz und Hirn. Ich war
überzeugt, daß eine Fortsetzung der Unterredung zu einem ernstlichen
Streit mit Dr. Leete führen könnte und ich war nicht in der Stimmung,
eine längere Erörterung mit ihm zu führen. So schützte ich denn starkes
Kopfweh vor und trat einen Spaziergang an.

Die Erfahrungen der letzten Stunde schmeckten durchaus nicht nach
dem tausendjährigen Reiche menschlicher Glückseligkeit, von welchem
Dr. Leete wiederholt gesprochen hatte. Ein Mann, welcher eine
Offiziersstelle in dem Arbeiterheere bekleidet, beschuldigt Edith in der
rohesten Weise der Koketterie. Sein Betragen entsprach sicher nicht dem
hohen Lobe, welches Dr. Leete der Bildung und Erziehung junger Leute im
zwanzigsten Jahrhundert zollte. Jedenfalls bewies dieser Streit zwischen
Fest und der Familie des Dr. Leete, daß die Zufriedenstellung der
Menschheit durch die Einführung des Kommunismus, d. h. durch genügende
Beherbergung, Kleidung und Abfütterung aller Leute, auch nicht erreicht
wird. Haß und Eifersucht bedrohten meine Liebe und Fest schien mir ganz
der Mann zu sein, um mir sein Mißbehagen klar zu machen. Das Mittel,
durch welches Dr. Leete eine Gewaltthat des enttäuschten Liebhabers
verhindern wollte, erschien mir noch viel widerwärtiger, als die
Aussicht auf einen Kampf mit Fest. Und wieder stieg die Frage in mir
auf, ob wohl Edith Bartlett, meine Verlobte im Jahre 1887, einem Manne
auch nur die Möglichkeit der Klage offen gelassen hätte, daß sie mit ihm
kokettiert oder ihn zu einer Liebeserklärung ermutigt hätte.

Als ich Herrn Forest nach meiner nächsten Vorlesung traf, warf ich die
Frage hin: »Wenn ich recht unterrichtet bin, so haben sich viele Mädchen
des zwanzigsten Jahrhunderts zu dem entwickelt, was wir emancipierte
Damen zu nennen pflegten?«

Forest warf einen schnellen, prüfenden Blick auf mein blasses
Gesicht, welches von einer schlaflos verbrachten Nacht zeugte und
entgegnete dann: »Der blödsinnige Versuch, die in der Natur begründete
Verschiedenheit durch Gleichmachereibestrebungen zu verwischen, hat
auch die Beziehungen zwischen Frauen und Männern nicht verschont. Beide
Geschlechter gehören dem Arbeiterheere an, beide haben ihre Offiziere
und Richter, beide erhalten die gleiche Bezahlung. Die Königin Ihres
altväterlichen Haushaltes ist entthront worden. Wir nehmen unsere
Mahlzeiten in großartigen Dampfabfütterungsanstalten ein und wenn unsere
Radikalen (die wahrhaft folgerichtig denkenden Kommunisten) einmal
siegen sollten, dann werden wir alle in großen Kasernen leben, welche
Tausende von Menschen beherbergen können. Die Ehe und das Familienleben
werden abgeschafft sein, ebenso wie Religion und persönliches Eigentum;
freie Liebe wird das Losungswort sein und wir werden ein Dasein führen
wie eine Kaninchenherde. -- Das natürliche Schicklichkeitsgefühl,
welches eine hervorragende Eigenschaft des zarteren Geschlechts ist,
hat es glücklicherweise verhindert, daß die Mehrzahl unserer Frauen
und Mädchen den gemeinen und erniedrigenden Lehren des Kommunismus zum
Opfer gefallen ist. Aber das echte Mädchen unserer Zeit ist ein sehr
merkwürdiges, wenn auch nichts weniger als angenehmes Geschöpf. Haben
Sie schon Fräulein Cora Delong, eine Base des Fräulein Leete, kennen
gelernt?«

»Bisher ist mir das Vergnügen versagt gewesen.«

»Sie werden ihr nicht entgehen,« weissagte Forest mit einem heiteren
Lachen. »Fräulein Cora ist eine begeisterte Vorkämpferin für die
unbedingte Gleichheit von Weib und Mann. Und da manche junge Männer
den jungen Mädchen ihrer Bekanntschaft den Hof machen, so hält es
Fräulein Cora für recht und billig, daß sie den jungen Männern die Cour
schneidet. Sie nimmt keinen Anstand, ihnen zu sagen, daß sie deren
Schönheit bewundert, daß sie sie liebt, ja anbetet; sie sucht ihnen
Küsse zu rauben und ladet sie zu einem Schnaps ein; so etwa, wie junge
Männer die Damen ihrer Bekanntschaft zu einer Schale Eiskreme einladen.
Sie raucht Cigarren und spielt mit ihren jungen Freunden Billard, kurz,
sie thut alles, den Unterschied des Geschlechts zu verwischen. Und
bitter beklagen sich Cora Delong und Mädchen ihresgleichen, daß sie
nicht alle Unterschiede zwischen Männern und Frauen beseitigen können.«

»Ich brenne durchaus nicht vor Verlangen, die Bekanntschaft des Fräulein
Delong zu machen,« gestand ich. »Und auf Grund meiner persönlichen
Erfahrung muß ich sagen, daß mir die frühere Art des Haushaltens
viel angenehmer erscheint. Führen aber die Frauen des zwanzigsten
Jahrhunderts nicht ein viel bequemeres Leben als selbst die reichen
Frauen meiner Zeit? Und wirtschaften Sie nicht mehr Arbeit aus Ihren
Frauen heraus als wir? Dr. Leete sagte mir das.«[26]

»Dr. Leete ist ein großer Optimist; wenn immer es gilt dem Kommunismus
das Wort zu reden,« antwortete Forest »Es ist einfach unmöglich, mit
einiger Sicherheit festzustellen, welchen Wert die Arbeit aller Mädchen
und Frauen im Jahre 1887 hatte. Aber ich bezweifle die Richtigkeit
der Angaben Ihres Gastfreundes, »daß wir mehr Arbeit aus den Frauen
herauswirtschaften« (wie Dr. Leete sich ausdrückt) als Sie aus den
Frauen Ihrer Zeit.«

»Das besondere Kochen, Waschen und Plätten am Ende des neunzehnten
Jahrhunderts muß doch entschieden bedeutend mehr Arbeit verursacht haben
als die Art und Weise, in welcher diese Verrichtungen heute besorgt
werden,« bemerkte ich. »Dazu kommt, daß, wie Dr. Leete versichert, es
heute keine Hausarbeit mehr giebt.«[27]

»Das ist wieder einmal eine jener Behauptungen, in welchen Dr. Leete so
stark ist,« antwortete Forest. »Wer fegt die Zimmer, macht die Betten,
reinigt die Fenster, staubt die Möbel ab und scheuert den Fußboden?
Ohne Zweifel bildet die Familie des Dr. Leete eine Ausnahme; denn die
Frauen des Arbeiterheeres verrichten jedenfalls die meisten, wenn nicht
alle Arbeiten im Hause des einflußreichsten Vertreters der Regierung in
Boston. Haben Sie jemals Frau Leete oder Fräulein Edith Hausarbeit oder
überhaupt welche Arbeit verrichten sehen?«

Ich mußte diese Frage verneinen; denn in der That hatte ich nur gesehen,
daß Edith einen Blumenstrauß gewunden hatte. Sonstige Arbeit irgend
welcher Art hatte ich sie oder ihre Mutter nie verrichten sehen. Wenn
sie ein Mitglied des Arbeiterheeres war, mußte sie eine Stellung
einnehmen, in welcher ihre Arbeit wenig Zeit in Anspruch nahm. Sie hatte
mir gegenüber niemals davon gesprochen, daß ihr irgend welche Pflichten
oblägen und ich erinnerte mich recht wohl, daß Dr. Leete gleich in den
ersten Tagen meines Verweilens in seinem Hause sagte, daß Edith eine
»unermüdliche Bazarbesucherin« sei,[28] dadurch andeutend, daß sie viele
müßige Stunden habe.

»In den Häusern, welche die Mitglieder des Arbeiterheeres bewohnen,
haben die Frauen keine Hilfe von andern Mitgliedern des Hilfscorps,
d. h. von den Frauen der »industriellen Armee«. Sie müssen alle die
Arbeit, welche ich erwähnte, selbst verrichten, und für sie ist das
Kochen in den großen Speisehäusern keine so große Zeitersparnis, wie
Sie zu glauben scheinen. Diese Frauen müssen dreimal des Tages ihre
Kleider wechseln; denn sie können nicht in dem Anzuge bei Tische
erscheinen, in welchem sie Haus- oder Fabrikarbeit verrichten. Und
wenn sie kleine Kinder haben, müssen sie dieselben ebenfalls dreimal
sorgfältiger ankleiden, als dies notwendig wäre, wenn die Kinder
daheim essen würden.«

»Bei dem Kochen in den großen Speisehäusern,« fuhr Forest fort, »wird
erfahrungsgemäß mit den Stoffen nicht gespart, und ich glaube deshalb,
daß die Massenkocherei durchaus nicht billig ist. Ferner müssen
diese großen Kosthäuser einen langen Speisezettel zusammenstellen,
und je mannigfacher die Kost, desto größer ist auch die Menge der
Überbleibsel, welche nicht mehr verwendet werden können. -- Aus
den angeführten Gründen haben die verheirateten Frauen, welche
Mitglieder des Arbeiterheeres sind, in der That wenig Zeit, außer
der Haushaltungsarbeit viel zu schaffen, und die Mehrheit derselben
würde lieber zu Hause kochen. Sie könnten dann, während sie mit
ihrem Haushalte beschäftigt sind, die Mahlzeiten bereiten, ohne
damit mehr Zeit zu verlieren, als jetzt mit dem Umziehen für die
gemeinschaftlichen Abfütterungen. Besonders die Familien mit vielen
Kindern würden lieber zu Hause kochen. Auch bei Krankheit in der Familie
ist es eben so schwierig, wie umständlich, in den großen Koch- und
Abfütterungsanstalten geeignete Kost für die Kranken zu erlangen. Eine
Frau Hosmer sagte mir vor einigen Tagen, daß sie und ihre sieben Kinder
schon um manche Mahlzeit gekommen sind, weil es ihr nicht immer möglich
war, sich selbst und ihre sieben Kleinen rechtzeitig frisch umzukleiden
und zu waschen.«

»Wie beschäftigen Sie die verheirateten Frauen?« fragte ich.

»Dies ist ein wunder Punkt in unserer vielgepriesenen gesellschaftlichen
Ordnung,« antwortete Forest. »Die meisten verheirateten Frauen
finden an der Thätigkeit im Arbeiterheere durchaus kein Gefallen
und suchen sie auf jede Weise zu vermeiden. Die Arbeit, welche die
Kinder veranlassen, und persönliches Unwohlsein werden am häufigsten
als Entschuldigungsgrund geltend gemacht für die Abwesenheit der
verheirateten Frauen von ihren Stellungen im Arbeiterheere.«

»Ich glaube, daß es selbst für einen Arzt sehr schwierig ist,
festzustellen, ob die vorgebrachten Entschuldigungen begründet sind,
oder nicht,« bemerkte ich.

»Ganz gewiß. In den meisten Fällen ist es für den Arzt unmöglich,
die Frauen zu beschuldigen, daß sie Unwohlsein heucheln und
diese Beschuldigung zu erweisen,« fuhr Herr Forest fort. »Diese
Schwierigkeiten, welche die verheirateten Frauen veranlassen, und die
Thatsache, daß die Sorge für ihre kleinen Kinder Frauen oft jahrelang
verhindert, im Arbeiterheer Dienst zu thun, -- diese Umstände werden
von den radikalen Kommunisten zur Unterstützung ihrer Forderung
geltend gemacht, daß die Familienhaushaltung ganz abgeschafft werden
müsse. Die Radikalen behaupten, daß ihr System ein viel gedeihlicheres
sein würde, als das unsrige. Es würde viel billiger sein, Hunderte
oder Tausende in einem Gebäude unterzubringen und zu beköstigen, als
Häuser zu unterhalten, in welchen nur eine, zwei oder drei Familien
wohnen können. Sie behaupten ferner, daß nach Beseitigung der Ehe und
nach der Einführung der »freien Liebe« als Gesetz zur Regelung des
geschlechtlichen Umganges die flüchtigen Verbindungen von Mann und Weib
bessere Nachzucht liefern würden, als die Ehe. Diese Kinder würden
in großen Kinderbewahranstalten untergebracht werden, so daß die
Mütter, von der Kinderpflege befreit, den ganzen Tag dem Dienste des
Arbeiterheeres widmen könnten.«

»Wie gemein!« rief ich. »Alle menschlichen Einrichtungen, die
Beziehungen beider Geschlechter zu einander, sollen wir nur auf
die Berechnung gründen, was sich am besten bezahlt! Und wir sollen
die Kinder von der Mutter trennen, nur weil es billiger ist, die
jungen »Zweihänder« hundertweise aufzufüttern, obschon bei der
Massenaufzucht die Sterblichkeit unter denselben zehn oder zwanzig
Prozent größer wäre.«

»Dennoch sind die Radikalen die folgerichtigen Denker unter den
Kommunisten,« sagte Forest. »Der Grundstein, auf welchem der
Kommunismus ruht, ist die Gleichheit. Sie können die Forderung, daß
die Arbeitsergebnisse gleichmäßig geteilt werden sollen, nur mit
der Behauptung rechtfertigen, daß wir alle gleich sind, und wenn
wir es sind, dann liegt kein Grund vor, weshalb wir in Häusern von
verschiedener Größe und Bauart leben, weshalb wir uns nicht gleichmäßig
kleiden und dieselben Gerichte essen sollen. Wenn wir alle gleich sind,
dann hat jedermann ein ebenso gutes Recht auf die Liebe eines Mädchens,
als jeder andere Mann und eben so hat jedwedes Mädchen einen ebenso
guten Anspruch auf die Liebe eines Mannes, als das andere. Und es giebt
keinen Grund, weshalb in einem kommunistischen Staatswesen das eine Kind
mehr Abwartung haben sollte, als das andere, und weshalb die eine Mutter
mehr Zeit bei ihrem Kinde verbringen sollte, als die andere, -- dadurch
kostbare Augenblicke vertrödelnd, welche der Gesamtheit gehören und zum
Kartoffelschälen nützlich verwendet werden könnten. -- Die Radikalen
sind die allein waschechten Kommunisten.«

»Es kann doch nicht wohl jedes Mädchen alle Männer lieben und heiraten;
ebenso wenig wie jeder Mann alle Mädchen lieben und heiraten kann,«
warf ich ein, etwas belustigt durch den grimmigen Hohn Forests, obschon
ein tiefempfundener Widerwille gegen die von den Radikalen gepredigten
scheußlichen Grundsätze meine Heiterkeit nicht recht aufkommen ließ.

»Unsere radikalen Weltbeglücker sind bis jetzt nicht imstande gewesen,
es mir ganz klar zu machen, wie sie die »freie Liebe« regeln wollen,
falls von einer Regelung derselben überhaupt die Rede sein kann,«
antwortete Herr Forest. »Wahrscheinlich wird die Schwierigkeit,
diese Frage völlig zu beleuchten, durch den Umstand erklärt, daß die
Weltbeglücker untereinander noch nicht klar darüber sind, wie frei die
»freie Liebe« sein soll. Einige Radikale scheinen geneigt zu sein, ein
Zusammenleben zweier Personen beiderlei Geschlechts so lange zu dulden,
wie die Neigung der beiden füreinander währt. Die wahrhaft aufgeklärten
und folgerichtig denkenden Kommunisten können aber eine dauernde
Verbindung nicht dulden, da sie in schroffem Widerspruch zu unserem
Grundsatze der unbedingten Gleichheit steht. Wahrscheinlich werden sie
sich dahin einigen, daß man sich täglich neu begattet und, damit beide
Geschlechter gleichgestellt werden, kann man den Frauen das Recht der
Auswahl an jedem Montag, Mittwoch und Freitag, den Männern an jedem
Dienstag, Donnerstag und Sonnabend geben. Die Sonntage werden vielleicht
aus Höflichkeit noch den Damen zugestanden. Und um alle Streitigkeiten
für den Fall zu vermeiden, daß eine Anzahl von Menschheitsbeglückern
dasselbe Mädchen wählt, oder daß mehrere Jungfrauen und Frauen denselben
Zeitgenossen heiraten wollen, kann man Lotterien veranstalten oder die
Reihenfolge »auskegeln«. Auch durch Skatspiel oder Würfeln läßt sich die
Reihenfolge feststellen. So wird man allen gerecht!«

»Ich kann mir nicht vorstellen,« sagte ich, »wie Männer, welche das
freie Denken als ein besonderes Vorrecht in Anspruch nehmen möchten,
solche viehische Lebensgrundsätze entwerfen und dieselben als
fortschrittlich der Menschheit empfehlen können. Das Schicksal der
Frauen würde in der That beklagenswert werden, wenn diese Grundsätze
jemals den Sieg erringen sollten. »Freie Liebe« müßte die Stellung der
Frauen erniedrigen, weil sie dem Manne der alternden Frau das Recht
geben würde, sich von dieser zu trennen. Die Menschheit im allgemeinen
aber wäre zu beklagen, wenn die Pflege der Kinder den Müttern entrissen
und andern Menschen anvertraut werden sollte.«

»Ich würde es als den furchtbarsten Schlag ansehen, der jemals gegen
die Menschheit geführt wurde,« entgegnete Forest, »wenn die Pflege und
die erste Erziehung der Kinder ihren Müttern entrissen werden sollte.
Keine Frau, kein Mann, wie gut und edel sie auch sein mögen, können
für ein fremdes Kind die unendliche Liebe und Geduld hegen, welche
das Elternherz erfüllen. Die Gefühle, welche Mann und Frau, sowie die
Familie verbinden, sind selbst von den kommunistischen Gesetzgebern
bisher geachtet worden. Die Menschheit wird in Barbarei zurückfallen
an dem Tage, an welchem die Familie zerstört, die Mutter vom Kinde und
der Mann von der Frau getrennt wird. Man raube der Ehe den veredelnden
Einfluß, welchen das gemeinschaftliche Tragen von Freud und Leid, der
beständige Austausch aller Gedanken und Gefühle den Beziehungen beider
Geschlechter zu einander verleiht, und man wird den Verkehr von Mann
und Frau zu einem wesentlich tierischen erniedrigen. Viele der besten
Eigenschaften aller Menschen können wir zurückverfolgen zu ihrer Quelle:
der unendlichen Liebe und Geduld unserer Mütter in ihrem Bestreben,
die geliebten Kinder zu guten und tüchtigen Menschen zu erziehen.
Fast alle großen Männer hatten gute Mütter. Nichts auf Erden kann dem
Kinde den Verlust der Mutter ersetzen; nichts könnte die Menschheit
für den wohlthätigen Einfluß entschädigen, welchen die Mütter auf die
heranwachsenden Geschlechter ausüben.«

»Glauben Sie, daß Ihre Radikalen jemals Macht genug erlangen werden, um
die Mütter entthronen und die Ehe abschaffen zu können?« fragte ich mit
einiger Neugierde.

Forests Antwort lautete freudiger und zuversichtlicher als irgend eine
Äußerung, welche ich bisher von ihm gehört hatte.

»Die Radikalen mögen sich erheben und die jetzige Regierung
niederwerfen; sie mögen mancherlei vollbringen, ohne viel Widerstand
bei den Massen zu finden, welche das jetzige System nur eben dulden und
für dessen Verteidigung keine großen Anstrengungen machen werden. Aber
unsere radikalen Weltverbesserer würden sehr unangenehme Überraschungen
erleben, wenn sie es versuchen wollten, den Mann von seinem Weibe, die
Mutter von ihrem Kinde zu trennen. Fast jede Mutter wird wie eine Löwin
um ihre Kleinen kämpfen, und ich kenne einen Mann, der keinen Strohhalm
opfern möchte, um die Niederlage der jetzigen Regierung zu hindern,
der aber bis zum Tode kämpfen würde, ehe er sich von dem Weibe seines
Herzens trennen ließe. Denn ein gutes, liebendes Weib ist das Höchste,
was Gott dem Manne gewähren kann, und kein Mann von Mut und Ehre wird
sich sein Weib rauben lassen, so lange noch ein Tropfen Blut warm durch
seine Adern rollt.«




Sechstes Kapitel.


»Nun, Herr Forest,« sagte ich, als ich wiederum mit meinem Vorgänger in
der Professur zusammentraf, »teilen Sie mir doch freundlichst mit, wie
groß das Jahreseinkommen jedes Bewohners der Ver. Staaten von Amerika
ist.«

»Das Einkommen wurde letztes Jahr auf 204 Dollars berechnet,« antwortete
Forest.

»Zweihundertundvier Dollars sagen Sie?« rief ich erstaunt. »Ist das
Alles? Nach den Angaben des Dr. Leete und nach seiner Lebensweise hatte
ich angenommen, daß der Betrag mindestens dreimal so groß sein müßte.«

Forest lächelte. »Wie hoch war das durchschnittliche Jahreseinkommen der
Bewohner der Ver. Staaten zu Ihrer Zeit?« fragte er.

Ich mußte gestehen, daß ich keine Vorstellung davon hatte.

»Es betrug 165 Dollars,« sagte Herr Forest, »doppelt so viel, wie das
Durchschnittseinkommen der Bewohner Deutschlands und Frankreichs.«

Ich wurde durch diese Zahlenangaben ganz verwirrt. Ich hatte mich
niemals mit volkswirtschaftlichen Übersichten beschäftigt und jährlich
wohl zwanzigmal 165 Dollars verausgabt. Ich erinnerte mich nur, einmal
in den Zeitungen gelesen zu haben, daß der Jahresverdienst aller
arbeitenden Männer, Frauen und Kinder sich auf mehr als vierhundert
Dollars beliefe und ich hatte eine dunkle Vorstellung, daß das
Jahreseinkommen der Männer durchschnittlich etwa 600 Dollars war. Ich
teilte dies Herrn Forest mit.

»Sie haben bei Ihrer Berechnung die Frauen und Kinder nicht
berücksichtigt, welche nichts verdienten, sondern von dem Einkommen
ihrer Gatten, Väter oder Brüder lebten,« erklärte Forest. »Ein
Jahreseinkommen von 204 Dollars für alle Männer, Frauen und Kinder
würde demnach eine erhebliche Zunahme des Volksreichtums anzeigen,
wenn die Zahl richtig berechnet wäre. Das ist aber nicht der Fall.
Um den Volkswohlstand recht groß erscheinen zu lassen, wird der Wert
aller Arbeitserzeugnisse viel höher angegeben, als in Ihren Tagen.
Die natürliche Folge ist, daß die Kaufkraft des Dollars auf unseren
Guthabensscheinen geringer ist, als der des Dollars zu Ihren Zeiten.
Ich habe die Preise aller Lebensbedürfnisse und Luxusgegenstände in
den Jahren 1900 und 2000 miteinander verglichen und gefunden, daß die
Preissteigerung sich auf nahezu 95 Prozent beziffert. Das wirkliche
Jahreseinkommen unserer Bevölkerung beläuft sich demnach nur auf etwa
112 Dollars; es hat also nicht um 24 Prozent zugenommen, sondern ist um
33 Prozent geringer geworden.«

»Wie erklären Sie diese auffälligen Angaben?« fragte ich.

»Diese Frage ist leichter gestellt, als beantwortet,« meinte Forest.

»Ich bin sehr gespannt auf Ihre Erklärung,« bemerkte ich. »Dr. Leete
hat so viele annehmbare Gründe gegeben für die »Armut, welche die Folge
unseres absonderlichen Wirtsschaftssystems war,«[29] daß ich von dem
größeren Reichtum Ihres Volkes ganz überzeugt wurde. Er erwähnte die
häufigen »verfehlten Unternehmungen« im neunzehnten Jahrhundert, den
»Verlust durch Konkurrenz«, die »periodische Überproduktion« von Werten
aller Art, mit darauffolgenden Arbeitsstockungen, den Verlust, »den die
Nichtbeschäftigung von Kapital und von Arbeitskraft zu allen Zeiten
verursacht«[30] und er hob besonders hervor, daß von fünf Unternehmungen
im neunzehnten Jahrhundert vier fehlschlugen, »ehe eine erfolgreiche
kam.«[31]

»Ja! Ich kenne die Ansichten und Gründe, welche Dr. Leete geltend
macht, aus seinen gelegentlichen Reden, sowie aus den Aufsätzen, die
er zuweilen für Regierungszeitungen liefert,« entgegnete Forest. »Und
er hat unzweifelhaft noch andere Ursachen geltend gemacht, welche die
Arbeit Ihrer Zeit schädigten. Wahrscheinlich hat er Sie auch aufmerksam
gemacht auf die Kosten, welche das Heer und die Flotte veranlaßten,
sowie die Zoll- und Steuerbeamten, die Steuereinschätzer und Einnehmer,
die vielen Richter und andere Beamte, welche Sie brauchten. Er wird auf
die viele Arbeit verwiesen haben, welche das Waschen und Kochen in den
einzelnen Haushaltungen verursachte, sowie auf die große Anzahl von
Zwischenhändlern, welche die Waren durch ihre Hände gehen ließen, ehe
die Arbeitserzeugnisse von den Arbeitern zu denjenigen gelangten, welche
sie gebrauchten. Und Dr. Leete wird auch die Rechtsanwälte, Bankiers,
sowie deren Gehilfen erwähnt haben, welche zwar in ihrer Art arbeiteten,
aber keine Werte hervorbrachten. Alle die Arbeitskräfte, welche in
jenen Berufszweigen beschäftigt waren, sind jetzt dem Arbeiterheere
einverleibt worden.«

»In der That,« sagte ich, »Dr. Leete hat die meisten Ursachen für die
Armut unseres Zeitalters, welche Sie da namhaft machten, mir aufgezählt.
Und da jene Übel jetzt wegfallen, erscheint es mir ganz natürlich, daß
unter Ihrem Arbeitssystem das durchschnittliche Jahreseinkommen des
Volkes ein größeres sein muß, und es wundert mich nur, daß die Zunahme
des Wohlstandes nicht noch größer ist.«

»Ich werde keine Zeit damit verschwenden,« begann Forest wieder,
»eine eingehende Untersuchung darüber anzustellen, wie groß der
Verlust war, welcher aus all' jenen Ursachen für die Arbeit des
neunzehnten Jahrhunderts entstand. Es scheint mir aber, daß Sie die
Wirkung derselben überschätzen. Unglückliche Spekulationen schädigten
beispielsweise allerdings die Unternehmer, aber in den meisten Fällen
erzeugten sie doch Werte, welche den Volksreichtum vermehrten und
schließlich anderen zu gute kamen. Der »wahnsinnige Wettbewerb« dagegen
machte die Waren billiger, vermehrte dadurch deren Verbrauch und
dadurch wieder deren Herstellung und gereichte somit der Menschheit
doch auch wieder zum Nutzen. Die Behauptung, daß vier Unternehmungen im
neunzehnten Jahrhundert fehlschlugen, ehe eine Erfolg hatte, ist eine
jener Angaben des Dr. Leete, welche der vereinte Glaube von zehn der
stärksten Männer nicht verdauen könnte. Sie müssen selbst am besten
beurteilen können, daß das eine unsinnige Übertreibung ist.«

»Die Ersparnisse, welche aus dem gemeinschaftlichen Kochen entstehen,
haben wir bereits untersucht,« fuhr Forest fort. »Wenn in der That
ein Vorteil daraus entsteht, so ist er in den Städten gering, auf dem
Lande noch geringer und keinenfalls bietet er Entschädigung für den
Verlust an häuslichem Behagen, welcher daraus entsteht. Ferner müssen
wir berücksichtigen, daß viele Richter, Rechtsanwälte, Bankiers,
Beamte und Zwischenhändler, sowie deren Gehilfen Männer waren,
welche das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht erreicht, oder das
fünfundvierzigste Lebensjahr bereits zurückgelegt hatten. Diese Leute,
welche außerhalb des Dienstalters des Arbeiterheeres standen, sind
also abzurechnen von denjenigen, deren unproduktive Thätigkeit als ein
Verlust angesehen werden muß.«

»Dennoch müssen die Verluste, welche aus schlecht angelegtem Kapital
und schlecht geleisteter Arbeit, sowie aus vielen andern Ursachen
entstanden, ganz ungeheuer gewesen sein,« sagte ich. »Und diese
Verluste machen die große Armut des Volkes am Ende des vorigen
Jahrhunderts sehr erklärlich.«

»Unzweifelhaft würde dem so sein,« meinte Forest, »wenn nicht andere
Ursachen für eine Abnahme unserer Leistungsfähigkeit wirksam wären.
Aber solcher Ursachen giebt es mehrere und Sie werden deren Tragweite
wohl erkennen, wenn ich Sie darauf aufmerksam mache. Die Hauptursache,
welche den beständigen Rückgang in der Menge, wie in der Güte
unserer Arbeitserzeugnisse verschuldet, liegt in der Beseitigung des
Wettbewerbes. Diese Riesenkraft war es, welche während der ersten
neunzehn Jahrhunderte christlicher Civilisation jedermann antrieb,
seine besten Geistes- und Körperkräfte einzusetzen. Seit aber der
Kommunismus eingeführt worden ist, seitdem der faulste Arbeiter ebenso
viel erhält, wie der fleißigste, d. h. seitdem der Fleißige zu Gunsten
des Faulen um einen Teil seiner Arbeitsergebnisse beraubt wird, seitdem
jedermann sicher ist, einen gleichen Anteil von den Arbeitsergebnissen
zu erhalten, gleichviel ob er viele und gute, oder wenige und schlechte
Arbeit geliefert hat, -- seitdem werden die Massen des Volks von Jahr
zu Jahr gleichgültiger und träger. Sie setzen nicht mehr ihre besten
Kräfte ein, um gute und viele Arbeit zu liefern. Sie machen sich das
Leben bequem. Die geistigen wie die körperlichen Fähigkeiten sind in
beständiger Abnahme begriffen. Das Volk der Ver. Staaten, einst berühmt
wegen seiner Findigkeit und Thatkraft, entartet. Die Beförderung der
Tüchtigsten hätte vielleicht als Sporn dienen können, hätte nicht
die Günstlingswirtschaft der Politiker alle guten Stellungen für
die Verwandten jener Wahlzutreiber in Anspruch genommen, welche die
Helfershelfer der Regierung sind.«

»Ein anderer Grund für die Abnahme des Volkswohlstandes ist die
Verkürzung der Arbeitszeit, sowohl der Jahre, wie der täglichen
Arbeitsstunden. Es ist sehr schwierig festzustellen, wie viele Menschen
beiderlei Geschlechts in den verschiedenen Lebensaltern zu Ihrer Zeit in
nutzbringender Thätigkeit beschäftigt waren. Die letzte Volkszählung,
welche in den Ver. Staaten veranstaltet wurde, ehe Sie in Ihren
hundertjährigen Schlaf fielen, fand im Jahre 1880 statt. Der Bericht
ist ein sehr ausführlicher sowohl in Bezug auf die Zahl der Leute
verschiedenen Lebensalters, sowie auch in Hinsicht auf ihre Abstammung
u. s. w. Aber in Bezug auf das Alter der Arbeiter giebt der Bericht
nur drei Abteilungen. Die erste umfaßt alle Leute unter 15 Jahre, die
zweite alle Menschen zwischen 16 und 59 und die dritte alle Arbeiter
über 60 Jahre. Von Mädchen und Knaben unter 15 Jahren wurden 1 118 356
beschäftigt; im Alter von mehr als 60 Jahren 1 004 517 Leute, von
welchen 70 873 Frauen waren. Von 50 155 783 Bewohnern der Ver. Staaten
gehörten nicht weniger als 17 392 099 dem Arbeiterheere an, wovon
2 647 157 weiblichen Geschlechts waren, die Dienstmädchen eingerechnet.«

»Ich erinnere mich, diese Zahlen gelesen zu haben,« bemerkte ich.

»Der Census von 1880 zeigt also, daß über 12 Prozent der Bevölkerung in
den Ver. Staaten, welche zur Arbeiterarmee gehörten, unter 15 oder über
60 Jahre alt waren,« rechnete Forest weiter. »Das ist allerdings ein
recht trübseliger Ausweis. Mädchen und Knaben unter 15 Jahren sollten
noch Schulen besuchen und Leute, welche das sechzigste Lebensjahr
zurückgelegt haben, sollten ein genügendes Auskommen besitzen und nicht
mehr zur Arbeit gezwungen sein. Darüber kann aber kein Zweifel bestehen,
daß am Ende des letzten Jahrhunderts das Arbeiterheer verhältnismäßig
viel stärker war, als es heute ist. Denn nach der Zählung von 1880
lebten in den Ver. Staaten 15 527 215 Menschen im Alter von 21 bis
45 Jahren, das Arbeiterheer zählte aber 17 392 099 Menschen; mithin
beschäftigten Sie 2 173 184 Leute mehr, als sich in dem Alter befanden,
welches wir zum dienstpflichtigen gemacht haben. Dabei wäre denn
angenommen, daß alle Leute, welche sich bei uns im dienstpflichtigen
Alter befinden, auch wirklich Dienst thun; was aber bekanntlich nicht
der Fall ist. Denn die Kranken, die Blödsinnigen, die Krüppel, die
Mütter kleiner Kinder und andere verrichten keine Arbeit im Heere.
Sie werden hiernach zugestehen müssen, daß Ihre Zeitgenossen eine
verhältnismäßig viel größere Arbeiterarmee aufstellten, als wir dies
thun.«

»Das scheint mir unbestreitbar zu sein,« antwortete ich.

Forest zog nun ein Blatt Papier aus der Tasche und rechnete weiter:
»Hier ist ein Verzeichnis aller derjenigen Berufszweige, welche ich
dem Census von 1880 entnommen habe und welche Sie als unproduktiv
bezeichnen können. Ich habe manche Thätigkeiten als unproduktiv
angeführt, über deren Nützlichkeit und selbst Notwendigkeit sich
streiten ließe. Viele dieser Leute haben durch ihre Arbeit zum mindesten
solchen Menschen Zeit gespart, welche Werte hervorbrachten. Manche
Frauen hätten sich vielleicht nicht als Künstlerinnen, Sängerinnen oder
dergleichen ausbilden lassen und später in ihrem Berufe wirken können,
wenn sie nicht Hilfe im Haushalte gefunden hätten. Diese Dienstboten
eingeschlossen, waren aber im Jahre des Herrn 1880 in den Ver. Staaten
1 654 319 Menschen mit Arbeiten beschäftigt, welche Dr. Leete als
unproduktiv bezeichnen würde. Wenn wir diese 1 654 319 Menschen
von den 2 173 084 Leuten abziehen, welche Sie über die Zahl der im
dienstpflichtigen Alter befindlichen Personen hinaus dem Arbeiterheere
eingereiht hatten, so stellten Sie immer noch 518 765 mehr Leute, als
1880 in den Ver. Staaten im Alter zwischen 21 und 45 Jahren lebten.«

Ich ermunterte Herrn Forest, in seinen Auseinandersetzungen fortzufahren
und er sagte: »Sie hatten also im Jahre 1880 unzweifelhaft viel mehr
Leute in nutzbringender Thätigkeit beschäftigt (im Verhältnis zu Ihrer
Bevölkerungszahl natürlich) als wir. Nun bedenken Sie noch, daß die
Arbeiter Ihrer Tage sämtlich durch den Wettbewerb angespornt wurden, daß
sie danach strebten, einmal unabhängig zu werden, um ein sorgenfreies
Alter genießen zu können und daß sie zur Erreichung dieses Zieles ihre
besten Kräfte einsetzten. Ihre Zeitgenossen arbeiteten also mehrere
Jahre länger als wir, die tägliche Arbeitszeit war eine längere, der
Sporn des Wettbewerbes wirkte mächtig auf alle ein und so war es denn
nur natürlich, daß zu Ihrer Zeit verhältnismäßig viel mehr und viel
bessere Arbeit geliefert wurde, als heutzutage.«

»Das werde ich wohl zugeben müssen,« sagte ich.

»Und die Art unserer Gesellschaftsordnung drängt immer mehr darauf
hin, daß die Arbeitszeit noch weiter verkürzt werde und daß die
Arbeitsergebnisse noch geringer und schlechter werden, als sie schon
sind,« setzte Forest seine Darlegung fort. »Da sind z. B. die Bauern,
welche mit der jetzigen Gesellschaftsordnung so unzufrieden wie
möglich zu sein scheinen. Sie beklagen sich bitter darüber, daß sie in
Bezug auf die Anlage von Theatern, Museen, Konzerthallen und anderen
öffentlichen Anstalten gegen die Bewohner der Städte zurückgesetzt
werden. Auch behaupten unsere Bauern, daß ihre Arbeit viel schwerer
sei, als die der Städter. Die Folge der Unzufriedenheit war ein Andrang
der Landbevölkerung nach den Städten, der viel größer ist, als der,
über welchen schon zu Ihrer Zeit geklagt wurde. Das Land würde sehr
bald an allen Ackerbauerzeugnissen Mangel gelitten haben, wenn die
Regierung dem Andrange des Landvolks nach den Städten nicht Einhalt
gethan hätte. Aber man hieß die Ankömmlinge nicht willkommen. Es wurde
ihnen einfach befohlen, Landarbeit zu thun. Damit war ihrem Wunsche,
in der Stadt zu leben, ein Ende gemacht; aber auch ihrem Ehrgeiz und
ihrem Arbeitstriebe. Die Landleute sind jetzt davon überzeugt, daß
ihnen andere Stellungen verschlossen sind, daß sie Zeit ihres Lebens
die Acker bauen müssen und daß die Städter auf ihre Kosten ein besseres
Leben führen. Die Folge ist, daß sie so wenig und schlecht wie möglich
arbeiten und daß die Ackerbauerzeugnisse immer weniger werden. Schon
wiederholt haben Leute aus der zweiten Abteilung des dritten Grades
der städtischen Zünfte als Hilfsarbeiter auf das Land geschickt werden
müssen, um eine Hungersnot abzuwenden.«

»Teilen Sie mir das Schlimmste mit,« sagte ich mit einem erzwungenen
Lächeln; denn ich sah das herrliche Luftschloß, welches Dr. Leete
vor mir errichtet hatte, unter dem Artilleriefeuer der Forestschen
Logik zusammenstürzen. »Wir haben gesehen,« nahm Forest den Faden
seiner Auseinandersetzungen wieder auf, »daß das Arbeiterheer im Jahre
1880 verhältnismäßig viel stärker war, als das unsrige ist, daß die
Arbeitszeit eine längere war, und daß die Arbeiter durch den Wettbewerb
angeregt wären, ihre ganze Leistungsfähigkeit zu entwickeln. Sie müssen
aber auch berücksichtigen, daß wir eine ungeheure Arbeitskraft mit der
Aufsicht und mit der Buchhalterei vergeuden. Ihr Kleinhandel wurde
größtenteils gegen Barzahlung betrieben und die kleinen Geschäftsleute
besorgten ihre geringe Buchhalterei abends nach Schließung ihrer Läden.
Wir dagegen haben für jeden Mann, für jede Frau und für jedes Kind
ein »Soll und Haben« in den Büchern der Regierung eingerichtet[32].
Wir haben eine Kanzlei, wo »die Ärzte über ihre Thätigkeit regelmäßig
Bericht zu erstatten« haben.[33] Wir haben eine andere Kanzlei, wo Buch
geführt wird über die Hilfe, welche jemand von der Arbeiterarmee in
Anspruch nimmt; sei es für Hausarbeit oder für andere Zwecke. Dort wird
das Konto desjenigen belastet, welcher die Hilfe in Anspruch nimmt und
das Konto desjenigen wird kreditiert, der die Hilfe leistet.[34] Wir
haben Kanzleien für jeden Zweig der menschlichen Arbeit und dieselben
dürfen als Musteranstalten für die beste Art gelten, in welcher eine
Regierung menschliche Arbeitskraft vergeuden kann. Das ganze Feld der
produzierenden Arbeit ist, wie Sie wissen, in zehn große Abteilungen
abgegrenzt worden. Jede dieser letzteren umfaßt eine Gruppe verwandter
Thätigkeitszweige. Jede dieser Unterabteilungen hat wiederum ihre
eigne Kanzlei und diese Kanzlei führt genau Buch über alles was in
der betreffenden Zunft geschieht, über vorhandene Betriebsmittel,
die geleistete Arbeit und so weiter, sowie über die jetzige
Leistungsfähigkeit und über die Möglichkeit, letztere zu erhöhen.
Eine besondere Abteilung, welche den Warenversandt besorgt, ermittelt
auch den mutmaßlichen Verbrauch und nachdem diese Ermittelungen von
der Regierung gut geheißen worden sind, erhält jede der zehn großen
Abteilungen ihre Arbeit zugeteilt, diese zehn Abteilungen vergeben
die Arbeit an die einzelnen Zünfte und diese setzen ihre Leute in
Thätigkeit.«

»Jedes Betriebsamt ist für die ihm zuerteilte Arbeit verantwortlich und
seine Thätigkeit wird durch die betreffende Berufsgenossenschaft und die
Generalverwaltung kontrolliert.«

»Das 'Verteilungsamt nimmt keine Warenlieferung an, ohne sich selbst
von der Beschaffenheit derselben überzeugt zu haben', und so genau
ist die Durchführung, daß ein Gegenstand, der sich in den Händen des
Verbrauchers als unbefriedigend erweist, »bis zu demjenigen Arbeiter
zurückverfolgt werden, welcher mit der Herstellung des speziellen
Stückes betraut gewesen war.«[35]

»Diese ungeheure Buchhalterei und Aufseherei, welche die Regierung in
den Stand setzt, die Arbeiter zu ermitteln, welche eine schadhafte Nadel
oder eine schlechte Cigarre gemacht haben, ermöglicht es ihr auch, für
ihre Günstlinge zahllose gute Stellungen offen zu halten; aber die
Produktionskraft des Volkes und die Menge der erzeugten Werte werden
natürlich dementsprechend vermindert. Dazu kommt, daß die Zahl der
Verbraucher größer ist als früher.«

»Wie erklären Sie das?« fragte ich.

»Hat Dr. Leete Ihnen nicht mitgeteilt, daß Leute von gewöhnlicher
Konstitution in der Regel 85 bis 90 Jahre alt werden?«[36]

»Allerdings.«

»Nun wohl. Dies erklärt die vermehrte Anzahl von Verbrauchern, welche
sämtlich ihren vollen Anteil an den Arbeitserzeugnissen in Gestalt
eines Guthabensscheins beanspruchen«, erklärte Forest. »Die Leute leben
heut länger, als Ihre Zeitgenossen. Sie machen sich das Leben bequem
und während die Geistesschärfe, die Thatkraft und der Unternehmungsmut
beständig abnehmen, vegetiert der Körper länger.«

»Endlich gestehen Sie doch einmal eine Errungenschaft des jetzigen
Systems zu,« rief ich.

»Wenn das überhaupt eine Errungenschaft ist,« meinte Forest, »auf
Kosten des geistigen Lebens und Wirkens eine Lebensverlängerung des
verdummenden Menschen zu erzielen.« --

Und nach einer kurzen Pause schloß Forest seine Auseinandersetzungen
über die kommunistische Gesellschaftsordnung am Ende des zwanzigsten
Jahrhunderts folgendermaßen:

»Ich glaube nachgewiesen zu haben, daß unser Staatswesen mit seinen
auf die angebliche Gleichheit aller Menschen begründeten Einrichtungen
ein Fehlschlag ist, daß die in der Natur begründete Ungleichheit
jetzt in mancher Hinsicht viel drückender ist, als zu Ihrer Zeit, daß
Günstlingswirtschaft und Korruption heut ebenso wuchern, wie vor 113
Jahren, daß von persönlicher Freiheit fast keine Spur mehr vorhanden
und an deren Stelle eine unerträgliche Knechtschaft verbunden mit
Kriecherei und Augendienerei gegenüber den Vorgesetzten getreten ist,
daß die Angehörigen des Arbeiterheeres, des Stimmrechts beraubt, der
Gnade oder Ungnade ihrer Offiziere preisgegeben sind, daß diejenigen
Mitglieder der »industriellen Armee,« welche als Gegner der Regierung
gelten, ein elendes Leben führen müssen, das man wohl als »eine
vierundzwanzigjährige Höllenpein auf Erden« bezeichnen kann, und daß die
Abschaffung des Wettbewerbes sowohl einen Rückgang der Geisteskräfte,
wie des Volkswohlstandes zur Folge hatte. In der That haben die
Beseitigung des Wettbewerbes, die Abkürzung der Arbeitsjahre sowohl
wie der Arbeitsstunden und die Erschaffung zahlloser Sinekuren für
faulenzende Günstlinge und Maitressen der einflußreichen Politiker die
Produktion dermaßen vermindert, während die Zahl der Verbraucher sich
beständig vermehrt hat, daß unser durchschnittliches Jahreseinkommen
heut kaum noch größer ist, als das eines gewöhnlichen Arbeiters Ihrer
Tage. Es gewährt uns nur ein sehr mäßiges Auskommen. Und es kann meiner
Ansicht nach keinem Zweifel unterliegen, daß die Menschheit, wenn sie
unter diesem System weiter lebt, in einigen Jahrhunderten in Barbarei
zurückversinken muß.«




Siebentes Kapitel.


»Sie waren so liebenswürdig, mir Ihre Ansichten über die jetzige
Gesellschaftsordnung vorzutragen,« begann ich meine nächste Unterredung
mit Herrn Forest; »Sie haben aber auch gelegentlich die Meinung
geäußert, daß die Gesellschaft am Schlusse des neunzehnten Jahrhunderts
mancherlei Verbesserungen bedurfte. Würden Sie mir wohl jetzt mitteilen,
durch welche Maßregeln Sie den Übeln meines Zeitalters entgegen gewirkt
hätten?«

Forest lächelte. »Ich halte mich nicht für einen Weltverbesserer, der
die Menschheit und deren Einrichtungen vollkommen machen kann. Vergessen
Sie niemals, daß wir alle mit Wasser kochen müssen, d. h. daß alles, was
wir unvollkommenen Menschen leisten können, den Stempel menschlicher
Unvollkommenheit an sich tragen muß. Wie jeder denkende Mensch habe auch
ich meine Ansichten über die gesellschaftlichen Einrichtungen, und wenn
Sie diese Ansichten hören wollen, will ich sie Ihnen gern mitteilen.«

»Ich bitte darum.«

»Was viele Leute die sociale Frage nennen, ist unlösbar,« begann
Forest. »Die von der Natur begründete Verschiedenartigkeit wird sich
bei den Menschen stets fühlbar machen. Jeder Versuch zur Gleichmacherei
muß fehlschlagen. Es wird stets kluge und dumme, fleißige und faule
Leute geben. Tüchtige Frauen und Männer werden nie damit zufrieden
sein, daß man die Arbeitsergebnisse gleichmäßig verteilt und ihnen
dadurch einen Teil der Frucht ihrer Thätigkeit raubt. Werden aber die
Arbeitserzeugnisse nach Verdienst verteilt, so werden viele derjenigen,
welche weniger erhalten, unzufrieden sein. Deshalb ist es unmöglich,
alle Menschen zufrieden zu stellen, gleichviel, wie die Früchte der
Arbeit verteilt werden. Aber die Unmöglichkeit, jeden ganz zufrieden
und glücklich zu machen, entbindet uns nicht von der Verpflichtung, mit
allen Kräften eine Verbesserung unserer Zustände zu erstreben.«

»Ich begreife Ihre Stellung. Aber lassen Sie mich hören, welche
Verbesserungen Sie vorgeschlagen haben würden, wenn Sie am Schlusse des
letzten Jahrhunderts gelebt hätten.«

»Die Gesellschaft Ihrer Tage krankte vornehmlich an der planlosen
Arbeitsweise, an der Monopolwirtschaft, welche die Anhäufung
riesiger Reichtümer ermöglichte, und an einem einsichtslosen
Arbeiterstande, der sich lieber der Ausbeutung unterwarf, oder die
Thätigkeit ganz einstellte, anstatt einfach durch Begründung von
Arbeitergenossenschaften nach und nach alle Zweige menschlicher
Thätigkeit auf Gegenseitigkeit zum besten der Arbeitenden zu übernehmen.
Ein großer Übelstand war auch die Ungerechtigkeit Ihrer Besteuerung.

»Auf fast allen Gebieten menschlicher Thätigkeit wurden Werte erzeugt,
ohne daß jemand eine klare Vorstellung von dem wirklichen Verbrauche
hatte. Die Landwirtschaft lieferte alljährlich einen großen Überschuß
ihrer Erzeugnisse und letztere waren daher meist so billig, daß die
Bauern ein ziemlich kümmerliches Leben führen mußten. Viele Fabriken
arbeiteten Tag und Nacht, bis der Markt mit ihren Waren überfüllt war.
Dann wurden diese zu jedem Preise losgeschlagen, manchmal unter den
Herstellungskosten, zahlreiche Bankerotte folgten, die Fabriken wurden
geschlossen und die Fabrikanten, wie Ihre Arbeiter, erlitten schwere
Verluste durch ihre unfreiwillige Unthätigkeit, bis der Überschuß
an Waren aufgebracht war. Dann begann aufs neue eine fieberhafte
Thätigkeit.«

»Wie würden Sie diese Übelstände bekämpft haben?« fragte ich.

»Ein Bundesamt hätte feststellen müssen, wie groß der durchschnittliche
Jahresverbrauch der verschiedenen Lebensbedürfnisse war und wie sich die
Leistungsfähigkeit der betreffenden Berufszweige zur Erzeugung solcher
Waren zum Verbrauch verhielt.«

»Und was dann? Hätte dann die Regierung den verschiedenen Berufszweigen
einen Auftrag zur Herstellung gewisser Erzeugnisse geben sollen? Und wie
hätten diese Aufträge so verteilt werden können, daß die Arbeiter damit
zufrieden gewesen wären?«

»Die Bundesregierung hätte einfach den Jahresverbrauch der
verschiedenen Waren und die Leistungsfähigkeit der Berufszweige zur
Erzeugung der erforderlichen Waren feststellen sollen. Sache der
Berufsgenossenschaften wäre es dann gewesen, die Produktion zu regeln.
Solche Ermittelungen der Regierung, welche den ungefähren Bedarf
feststellten, hätten der arbeitenden Menschheit eine ziemlich klare
Vorstellung von ihren Aufgaben gegeben. Jeder Berufszweig hätte sich
organisieren, Vertreter zu einer Nationalkonvention wählen und auf
dieser die Arbeit verteilen können. Die Arbeit ins Blaue hinein, die
Überfüllung der Märkte mit ins Massenhafte erzeugten Waren, hätte so
vermieden werden können; und doch wäre der #Wettbewerb#, sowohl zwischen
den verschiedenen Fabriken, wie zwischen den einzelnen Arbeitern
#aufrecht erhalten# worden, der Wettbewerb, durch den allein tüchtige
und reichliche Arbeitsleistungen erzielt werden.«

»Wenn aber trotzdem mehr Waren hergestellt worden wären, als verbraucht
wurden,« wandte ich ein.

»Das würde natürlich der betreffende Berufszweig verschuldet haben und
die übeln Folgen würden auf ihn gefallen sein,« entgegnete Forest.

»Angenommen aber, daß sämtliche Angehörige eines Gewerbes sich zu dem
Zwecke verständigt hätten, für ihre Erzeugnisse einen unverhältnismäßig
hohen Preis zu verlangen und das zu bilden, was man zu meiner Zeit einen
'Trust' nannte,« fragte ich. »Wie wären Sie einer solchen Ausbeutung des
Volkes begegnet?«

»Ein Bundesgesetz hätte das Volk gegen jeden solchen Raubversuch
schützen können, welches verordnete, daß alles Eigentum der an solchen
Raubplänen beteiligten Leute, Genossenschaften und Gesellschaften
von den Ver. Staaten beschlagnahmt und an den Meistbietenden verkauft
werden solle, sobald ein annehmbares Gebot erfolge. Bis dahin hätte die
Regierung durch Verwalter den Betrieb besorgen lassen oder letzteren
einstellen können. Die Einfuhr hätte unter Umständen den Bedarf gedeckt,
bis der volle Betrieb wieder aufgenommen worden wäre.«

»Und wie würden Sie die vielen Arbeitseinstellungen gehindert haben,
welche die Erwerbsthätigkeit unserer Tage so oft störten?« fragte ich
weiter.

»Durch Ermutigung der Arbeiter zur Begründung von
Produktivgenossenschaften,« antwortete Forest. »Ich habe bereits
auseinander gesetzt, wie leicht solche Teilhaberschaften begründet
werden konnten. Ein Dutzend Schneider oder Schuhmacher konnten einen
Flur mit Dampfkraft mieten, einige Näh- und sonstige Maschinen
anschaffen und ihre Arbeitserzeugnisse dann unmittelbar an andere
Arbeiter verkaufen. Dadurch hätten sie sich den Gewinn der Fabrikanten,
Großhändler, Kleinhändler und Arbeiter gesichert, d. h. allen
Gewinn, der überhaupt in ihren Erzeugnissen steckte. Und es gab im
Jahre 1887 kein Gesetz, welches die Arbeiter hinderte, derartige
Produktivgenossenschaften zu begründen, oder ihre Bedürfnisse an
Kleidern, Schuhwerk, Möbeln u. s. w. nur von Produktivgenossenschaften
zu kaufen. Die Fabrikanten würden, sobald es offenbar geworden, daß
die Arbeiter nur von Produktivgenossenschaften kaufen wollten, sehr
gern bereit gewesen sein, ihre Einrichtungen billig herzugeben,
billiger, als die neuen Gesellschaften sie hätten einrichten können.
Ich meine, es müsse kein Vergnügen gewesen sein, zu ihrer Zeit ein
Geschäft zu leiten, in welchem viele Leute arbeiteten. Denn die vielen
Arbeitseinstellungen müssen es den Geschäftsleitern fast unmöglich
gemacht haben, Voranschläge für das nächste Jahr zu berechnen, oder
Kontrakte abzuschließen. Deshalb würden, wie ich mir vorstelle, die
Eigentümer von Fabriken froh gewesen sein, wenn sie ihre Einrichtungen
zu einigermaßen günstigen Preisen hätten verkaufen können. Und die
Arbeiter hätten nichts Gescheiteres thun können, als die Fabrikanten zu
veranlassen, die Leitung der Geschäfte gegen eine angemessene Bezahlung
weiter zu führen. Dies würde den ferneren erfolgreichen Geschäftsbetrieb
wesentlich erleichtert haben. Bei einem solchen Abkommen würden die
Arbeiter durch monatliche Abschlagszahlungen Eigentümer geworden sein,
sie würden sich dadurch die volle Bezahlung für ihre Arbeit gesichert
haben, der frühere Eigentümer hätte für seine Einrichtungen einen
angemessenen Preis erhalten, wäre aller Sorgen ledig und erhielte für
seine Arbeit auch eine angemessene Bezahlung.«

»Ich glaube, daß den meisten Fabrikanten und Geschäftsleuten meiner
Zeit durch die unaufhörlichen neuen Forderungen und Streiks ihrer Leute
die Leitung großer Unternehmungen so verekelt war, daß sie ihren Besitz
gern verkauft hätten,« bemerkte ich. »Aber was wäre aus den Groß- und
Kleinhändlern geworden?«

»Sie hätten ihre Waren verkaufen und sich dann entweder einer
Genossenschaft anschließen oder den Laden einer solchen verwalten
können. Auch stand es ihnen frei, sich eine andere Berufsthätigkeit
zu suchen,« entgegnete Forest. »Die Arbeiter Ihrer Tage hätten
in der angedeuteten Weise einen Berufszweig nach dem andern auf
genossenschaftlicher Grundlage organisieren können, bis die gesamte
Industrie durch große, in Nationalverbände vereinte, Genossenschaften
betrieben worden wäre.«

»Aber unsere Arbeiter wollten die Verantwortlichkeit, die Sorgen
und Wagnisse nicht übernehmen, welche von der Führung eines eigenen
Geschäftes unzertrennlich sind. Sie zogen es vor, für Lohn zu arbeiten
und versuchten es, diesen von Zeit zu Zeit zu erhöhen, indem sie die
Arbeit einstellten und andere Leute verhinderten, die Plätze der
Streiker einzunehmen,« sagte ich. »Ihnen sind diese Verhältnisse
jedenfalls bekannt.«

»Allerdings,« erwiderte Forest, »und es muß auf den unbeteiligten
Beobachter einen trübseligen Eindruck gemacht haben, daß tüchtige
Arbeiter, die ihr Geschäft gründlich verstanden, anstatt auf
gemeinschaftliche Kosten eigene Geschäfte zu begründen, Lohnarbeiter
blieben und aus ihren Arbeitgebern mehr Geld zu erpressen versuchten,
als diese zahlen wollten oder konnten, dabei andere Leute gewaltsam
verhindernd, für den vom Fabrikanten bewilligten Lohn zu arbeiten.
Der Umstand, daß die Arbeiter am Ende des neunzehnten Jahrhunderts
nicht Unternehmungsmut, geistige Befähigung und Unabhängigkeitssinn
genug besaßen, für eigene Rechnung zu arbeiten, hat die menschliche
Gesellschaft in den Kommunismus gestürzt. Daß diese fluchwürdige
Staatsform ein kläglicher Fehlschlag werden mußte, war eine aus der
menschlichen Natur erwachsende Notwendigkeit. Ein Geschlecht, welches
noch auf einem so niedrigen Standpunkte der Entwicklung stand, daß die
Schuhmacher nicht einmal thatkräftig und klug genug waren, für eigene
gemeinschaftliche Rechnung Schuhe und Stiefel zu machen, sondern viel
lieber 'Lohnsklaven' blieben, streikten und andere Arbeiter prügelten,
welche für den gebotenen Lohn arbeiten wollten; ein so kümmerliches
Geschlecht war natürlich geistig durchaus unfähig, ein Staatswesen zu
bilden, welches alle menschliche Thätigkeit und den Verbrauch aller
Arbeitserzeugnisse regelt.«

»Jedenfalls ist die Thätigkeit der Arbeiter auf gemeinschaftliche
Rechnung die vernünftigste Lösung dessen, was viele Arbeiter auch heut
noch die sociale Frage nennen,« fuhr Forest fort, nachdem er eine kurze
Pause gemacht hatte. »Solche Genossenschaften sichern den Arbeitern
den vollen Lohn für ihre Thätigkeit und erhalten den Wettbewerb
aufrecht, die mächtige Triebkraft zur Entwicklung der Menschheit. Ob
wir aber diese Lösung der Arbeiterfrage erleben werden, erscheint sehr
zweifelhaft.«

»So weit die in Fabriken und Werkstätten beschäftigten Arbeiter in
Frage kommen, erscheint mir Ihr Vorschlag in der That recht gut,«
gab ich zu. »Wie würden Sie aber die Arbeit auf dem Lande geregelt
haben, die Thätigkeit der Ärzte und Rechtsanwälte, der Eisenbahnbeamten
und -Arbeiter, der Angestellten an den Straßenbahnen, der Kaufleute,
Bankiers und vieler anderer Berufszweige?«

»Lassen Sie uns schrittweise vorgehen,« entgegnete Forest lächelnd.
»Beschäftigen wir uns zunächst mit der agrarischen Frage, welche seit
Menschengedenken jeder Umgestaltung der Gesellschaft die größten
Schwierigkeiten bereitet hat. Unter der jetzigen kommunistischen
Wirtschaft hegen die Ackerbauer nur wenig Liebe für den Boden, den sie
bewirtschaften. Das Land gehört ihnen ebenso wenig, wie das, was sie
demselben abgewinnen. Sie glauben, daß sie für die Städter arbeiten
müssen, welche auf Kosten der Landbevölkerung bevorzugt werden. -- Hätte
man mich am Ende des neunzehnten Jahrhunderts gefragt, wie ich die
Landfrage behandeln wolle, so würde ich ein Gesetz befürwortet haben,
nach welchem niemand mehr als 40 Acker besitzen dürfte. Diejenigen
Bauern, welche damals mehr Land besaßen, hätten dasselbe behalten,
aber nach ihrem Tode hätte niemand mehr als 40 Acker erben dürfen. Auf
einem 'Vierzig-Ackerstück' kann ein Bauer sehr gut leben und obschon in
Ihren Tagen die Ackerbauer unter der Zuvielerzeugung von Vieh, Getreide
und Früchten aller Art schwer zu leiden hatten, so entschädigte die
Farmer doch die Aussicht auf die beständige Vermehrung der Bevölkerung,
verstärkt durch Einwanderung, für die kümmerliche Gegenwart; denn die
Bevölkerungsvermehrung steigerte natürlich den Wert der Farmländereien.«

»Aber wie hätten Sie der Überproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse
Einhalt thun können, wodurch die Landbevölkerung im Jahre 1887 so schwer
litt?« fragte ich.

»Das Bundesamt für Ermittelungen, auch statistisches Bureau geheißen,
würde den Bauern ebenso gedient haben, wie dem übrigen arbeitenden
Volke,« versetzte Forest. »Die Bauern hätten einen Nationalverein
bilden und dieser hätte die Produktion regeln sollen nach der
Leistungsfähigkeit der Ackergüter des ganzen Landes. Und wenn es
sich herausstellte, daß die Farmer ungleich mehr Ackerbauerzeugnisse
hervorbringen konnten, als der Bedarf erforderte, dann hätten die Bauern
einen Teil ihres Landes zum Anbau neuer Nutzpflanzen verwenden können,
für welche sich vielleicht ein Markt gefunden hätte; oder sie hätten
einfach Arbeit sparen können, indem sie einen Teil des Bodens brach
liegen ließen.«

»Nach Ihrer Ordnung der Dinge hätte nicht jedermann ein Anrecht an den
Grund und Boden gehabt?« warf ich ein.

»Doch! Jedermann, welcher den Preis zahlen wollte und konnte, den der
Eigentümer dafür forderte,« entgegnete Forest. »Es kann nicht jedermann
ein Landgut besitzen. Besaßen Sie eins?«

»Nein.«

»Nun wohl! Unter der kommunistischen Wirtschaft besitzt niemand auch nur
so viel Land, daß man einen Stock hinein stecken könnte.«

»Wie würden Sie die Thätigkeit der Ärzte und Rechtsanwälte geregelt
haben?«

»Durch gesetzmäßige Feststellung einer Gebührentaxe. Und die Gesetze
selbst würde ich sehr vereinfacht haben durch Beseitigung des
schauderhaften Wirrwarrs, welcher aus einer sogenannten Rechtspflege
entstand, die aus der Entscheidung zahlloser früherer Fälle hergeleitet
wurde. Lange habe ich es nicht glauben wollen, bis ich ganz
unzweifelhafte Angaben darüber fand, daß eine so viel Handel treibende
Nation, wie die amerikanische es gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts
war, weder ein einheitliches Kriminalgesetz, noch ein einheitliches
Handelsgesetz besaß. Diese Thatsache und der Wirrwarr, welcher aus den
einander widersprechenden Entscheidungen ähnlicher Fälle in früheren
Prozessen folgte (Entscheidungen, welche stets von den Rechtsanwälten
beider Parteien in einem Rechtsstreite vorgeführt werden konnten),
müssen die Ver. Staaten am Ende des neunzehnten Jahrhunderts zu einem
Paradiese für Schwindler und für solche Advokaten gemacht haben, welchen
es weniger um die Feststellung des Rechts zu thun war, als um einen
möglichst hohen »Ehrensold«; oder, besser gesagt, Sündenlohn.«

»Solche Anklagen wurden zu meiner Zeit vielfach gegen die Rechtspflege
und gegen die Rechtsanwälte erhoben,« schaltete ich ein. »Aber nun
sagen Sie mir, was Sie mit den Angestellten der Eisenbahn- und
Telegraphenlinien gethan hätten; mit ....«

»Fragen Sie gefälligst etwas langsamer,« ersuchte mich Herr Forest.
»Ich würde alle Eisenbahn- und Telegraphenlinien des Landes zu einem
angemessenen Preise aufgekauft und Bundesschuldscheine zur Bezahlung
ausgegeben haben. Die Einnahmen der Eisenbahnen- und Telegraphenlinien
würde ich zur Zahlung der laufenden Ausgaben und zur Verzinsung
der ausgegebenen Schuldscheine benutzt haben, die Überschüsse im
Bundesschatzamte aber zur Bezahlung der ausgegebenen Bonds.«

»Mir scheint, als stände dieser Vorschlag im Widerspruche mit dem, was
Sie in Bezug auf die schauderhaften Zustände sagten, die eine Folge der
Ansammlung zu großer Macht in den Händen der Regierung sein sollen,«
fragte ich.

»Nein,« antwortete Forest. »Zur Herbeiführung solcher Zustände, wie die
jetzigen, wären die Eisenbahn- und Telegraphenämter nicht zahlreich
genug, abgesehen davon, daß #jetzt# alle Arbeiter von der Regierung
ganz abhängig sind, keine Stimme bei der Erwählung der Beamten haben,
und ihre Arbeitgeber nicht wechseln können, weil der Staat der einzige
Arbeitgeber ist; während zu Ihrer Zeit alle Beamten das Wahlrecht
hatten und ihre Stellungen mit andern vertauschen konnten, wenn sie
unzufrieden wurden. Auch erinnere ich mich, daß man zu Ihrer Zeit mit
der Reformierung des Beamtenwesens begonnen hatte. Ich habe darüber
widersprechende Urteile gelesen. In manchen Aufsätzen wurde behauptet,
daß die Sicherheit der republikanischen Einrichtungen einen häufigen
Wechsel der Beamten erfordere; während in andern Schichten diese Ansicht
als lächerlich verspottet wurde. Jeder vernünftige Mensch würde einen
Mann, der ihm treu und umsichtig diene, so lange wie möglich behalten.
Das Volk solle dasselbe thun, und seine Angestellten so lange behalten,
wie sie ihre Schuldigkeit thäten; gleichviel welcher politischen Partei
sie angehörten. Nur dadurch könnte eine gute Verwaltung der öffentlichen
Angelegenheiten erzielt werden. Ich entsinne mich gelesen zu haben,
daß Briefträger und andere im Postdienst Angestellte nicht entlassen
werden durften, wenn man ihnen keine Pflichtverletzung nachweisen
konnte. Wenn diese Grundsätze auf alle Angestellten des Eisenbahn-
und Telegraphenwesens angewendet worden wären, von dem Augenblick an,
da diese Einrichtungen in die Verwaltung der Ver. Staaten übergingen;
wenn alle Angestellten mit denselben Gehältern, die sie früher bezogen,
beibehalten worden wären, so lange sie ihre Schuldigkeit thaten, so
hätte die Übernahme des Eisenbahn- und Telegraphenwesens und die
Vereinigung dieser beiden Verkehrsanstalten mit dem Postdienste
nur geringe Schwierigkeiten veranlaßt. »Uncle Sam« hätte natürlich
ebenso gute, wenn nicht bessere Gehalte zahlen können, als die
Aktiengesellschaften, welche früher den Eisenbahn- und Telegraphendienst
leiteten.«

»Das klingt ganz annehmbar.«

»Und es ist annehmbar. Deutschland hatte mit der Vereinigung des
Post-, Eisenbahn- und Telegraphendienstes unter Staatsleitung bereits
eine erfolgreiche Probe zu der Zeit gemacht, da man 1887 schrieb.
-- Es ist in der That höchst bemerkenswert, daß ein so weltkluges,
thatkräftiges und handeltreibendes Volk, wie das der Ver. Staaten am
Ende des neunzehnten Jahrhunderts, die Hauptverkehrsmittel in den Händen
von Körperschaften ließ, welche dieselben natürlich zu dem Zwecke
verwalteten, möglichst großen Gewinn herauszuwirtschaften; mitunter auch
einen Nebengewinn für einen Direktorenring.«

»In manchen Geschichtswerken Ihrer Zeit,« fuhr Forest fort, »begegnet
man Äußerungen des Erstaunens und des Zorns darüber, daß im vierzehnten
und fünfzehnten Jahrhundert in manchen europäischen Ländern sogenannte
Raubritter ihr Unwesen treiben durften. Diese Biedermänner hielten die
unter ihren Schlössern vorbeiziehenden Kaufleute und Reisenden an,
forderten einen Zoll und lieferten ihnen unter Umständen dafür Schutz
innerhalb gewisser Grenzen. Dies waren die »Geschäftsgrundsätze« der
»anständigen« Raubritter. Die »unanständigen« plünderten die Reisenden
einfach aus, unterschieden sich also in keiner Weise von gewöhnlichen
Straßenräubern. Wir haben es hier nur mit den Rittern zu thun, welche
für die Benutzung der über ihr Gebiet führenden Straßen eigenmächtig
einen Zoll erhoben. Diese Herren wagten ihre gesunden Gliedmaßen, ja ihr
Leben an die Eintreibung eines Wegezolles; denn die Kaufleute wußten
mit Schwert und Lanze umzugehen, hatten oft bewaffnete Knechte mit sich
und leisteten häufig erfolgreichen Widerstand. Mehr als ein Ritter fiel
bei seinem Versuche, Zoll zu erheben, im Kampf auf der Landstraße,
manches »Raubschloß«, dessen Insassen den benachbarten Städten besonders
beschwerlich geworden waren, wurde von den Bürgern gestürmt, und
der Herr Raubritter büßte seine Gelüste nach Zöllen mit dem Tode.
Anders war es zu Ihrer Zeit. Die Herren, welche damals Zölle von den
Reisenden und von den Waren erhoben, die über die Hauptverkehrsstraßen
befördert wurden, konnten das ohne alle Gefahr thun. Sie durften diese
Zölle auch fast nach Belieben steigern. Alles, was sie zu diesem
Zweck zu thun hatten, war die Veranstaltung einer Zusammenkunft der
Eisenbahnpräsidenten da oder dort und die Annahme des Beschlusses,
daß sie die Preise für die Beförderung von Reisenden und Frachtgütern
erhöhen wollten. Solche Zusammenkünfte hatten nur dann üble Folgen, wenn
der Champagner schlecht war, welcher bei diesen Gelegenheiten getrunken
wurde. Es war ein fast lächerlicher Zustand, daß ein handeltreibendes
Volk den gesamten riesigen Personen- und Frachtverkehr des Landes der
Willkür von Dividenden machenden Gesellschaften preisgab, und es legt
ein gutes Zeugnis für das Billigkeitsgefühl der Eisenbahnbeherrscher
im Jahre 1887 ab, daß dieselben das Volk so gut behandelten, wie
es geschah; da sie ja eigentlich thun und lassen konnte, was ihnen
beliebte.«

»Die Gas- und Wasserwerke, sowie die Straßenbahnlinien hätten Sie
vermutlich unter die Leitung der Stadtverwaltungen gestellt,« fragte
ich.

»Allerdings,« antwortete Forest. »Aber ehe ich mich mit städtischen
Angelegenheiten befaßt hätte, würde ich unter die Bundesverwaltung
auch noch diejenigen Wald- und Bergwerksländereien gestellt haben,
welche damals den Ver. Staaten noch gehörten, d. h. ich würde eine
geordnete Forst- und Bergwerkswirtschaft eingeführt haben. Wenn das Volk
der Ver. Staaten einigermaßen vernünftig mit den ungeheuren Wäldern
gewirtschaftet hätte, welche früher weite Gebiete dieses großen Landes
bedeckten, so würden wir jetzt, im Jahre 2000, nicht an Holzmangel
leiden.«

»Was würden Sie mit den Bankiers und mit den Kaufleuten angefangen
haben?«

»Nichts,« entgegnete Forest. »Die zahlreichen Produktivgenossenschaften
hätten nicht nur Männer gebraucht, welche den Betrieb der Fabrik leiten
konnten, sondern auch Geschäftsführer und Buchhalter. Denn die Arbeiter
würden sehr bald die Entdeckung gemacht haben, daß die Handarbeit allein
nicht genügt, um ein großes Unternehmen mit Erfolg und zum Nutzen aller
Beteiligten zu betreiben. Als Geschäftsleiter und Buchhalter hätten
viele Bankiers und Buchführer wieder Anstellung gefunden. Die Eigentümer
von Läden aller Art hätten, falls von den Produktivgenossenschaften
Verbrauchsvereine begründet worden wären, die alle Waren hielten, wie
zu Ihrer Zeit die sogenannten »Country Stores«, sehr leicht Anstellung
finden können, nachdem sie ihren Warenvorrat verkauft hatten.«

»Ich glaube, daß unter Ihrem System alle Läden gezwungen worden wären,
ihre Thüren zu schließen,« bemerkte ich. »Denn die verschiedenen
Gewerkschaften hätten ganz sicher eigne Läden eingerichtet, alle Waren
im großen gekauft und den Mitgliedern der Genossenschaften mit kleinem
Gewinn wieder verkauft. Mit solchen Geschäften hätten die Kaufleute
natürlich nicht konkurrieren können. Diejenigen Ladenbesitzer, welche
nicht imstande gewesen wären, Anstellungen in den Geschäften der
Genossenschaften zu erlangen, hätten sich nach anderer Arbeit umsehen
müssen -- für viele derselben ein hartes Los!«

»Der Übergang von dem Betrieb der Industrie auf Rechnung einzelner Leute
oder Aktiengesellschaften zu dem Betrieb durch Produktivgenossenschaften
wäre sicher kein plötzlicher gewesen, sondern allmählich geschehen,«
erklärte Forest. »Dadurch hätten die Kaufleute vielleicht dreißig oder
fünfzig Jahre Zeit gefunden, sich in die neue Ordnung der Dinge zu
schicken. Ihre Kinder hätten sich, anstatt Kaufleute zu werden, den
Gewerkschaften anschließen können. Außerdem liegt kein Grund zu der
Annahme vor, daß aller kaufmännischen Thätigkeit einzelner durch die
Läden der Verbrauchsgenossenschaften ein Ende gemacht werden müßte. Die
Billigkeit einer Ware allein sichert ihr nicht unter allen Umständen
die Käufer. Der Geschmack beim Einkaufe hat sehr viel damit zu thun und
viele Leute zahlen lieber für einen Gegenstand, der ihnen gefällt, etwas
mehr, als für einen andern, der eben so zweckentsprechend, aber nicht
so hübsch ist. Deshalb hätten Kaufleute, die beim Einkauf ihrer Waren
feinen Geschmack entwickelten, immer auf Kundschaft zählen können, allen
Genossenschaftsläden zum Trotz. -- Auch in vielen Landbezirken hätten
sich Läden einzelner Kaufleute wohl halten können.«

»Sie sagten, Sie würden ein Bundesgesetz erlassen haben, demzufolge
niemand mehr als 40 Äcker Land besitzen sollte,« sagte ich. »Hätten Sie
auch das Recht der Städter auf Besitz von Grundeigentum beschränkt?«

»Der Besitz eines Hauses hätte jeden billig denkenden Menschen
befriedigen sollen,« entgegnete Forest. »Niemand kann in Abrede
stellen, daß die Ansammlung von Reichtümern, die sich in die Millionen
beliefen, in den Händen einzelner, während andererseits viele nicht die
nötigsten Lebensbedürfnisse hatten, diesem verdammenswerten Kommunismus
vorarbeitete, ihn ermöglichte.«

»Wie hätten Sie aber die Ansammlung von großen Reichtümern verhindern
wollen?« fragte ich neugierig.

»Durch Änderung des Steuerwesens,« antwortete Forest. »An Stelle mancher
Steuern, welche Sie erhoben, und welche großenteils den Unbemittelten
mehr belasteten als den Reichen, hätte ich eine Erbschaftssteuer
eingeführt, die zur Aufrechterhaltung der Bundes-, Staats- und
Gemeinderegierungen beigetragen hätte. Ich würde eine Steuer von einem
Prozent auf jede Erbschaft vorgeschlagen haben, welche jemandem zufiel
und sich auf nicht mehr als 10 000 Dollars belief. Eine Erbschaft von
20 000 Dollars würde ich mit zwei Prozent besteuert haben, 30 000
Dollars mit drei Prozent, 100 000 Dollars mit zehn Prozent, 200 000
Dollars mit zwanzig Prozent, 500 000 Dollars mit fünfzig Prozent. Hätte
jemand ein so großes Vermögen hinterlassen, daß auf jeden Erben mehr als
500 000 Dollars (d. h. nach Abzug der Erbschaftssteuer 250 000 Dollars)
entfallen wären, so würde der Überschuß als ein Erbteil der Menschheit
angesehen zur Bestreitung der Bundes-, Staats- und Gemeindeausgaben
verwendet worden sein.«

»Würde ein solches Gesetz nicht als ein Abkühlungsmittel auf den
Unternehmungsgeist gewirkt und den Wettbewerb gelähmt haben, den Sie
stets als den Urquell alles menschlichen Fortschritts preisen?« fragte
ich.

»Es hätte nur die Ansammlung ungeheurer Vermögen verhindert und den
Wettbewerb nicht gehindert, sondern im Gegenteile geschützt,« gab Forest
zur Antwort. »Leute, welche zwanzig, oder fünfzig Millionen Dollars
besaßen und diese großen Geldmittel rücksichtslos im »Kampfe um das
Dasein« verwendeten, waren gefährlicher, als Diebe und Einbrecher.
Sie konnten jede Konkurrenz weniger bemittelter Bewerber vernichten
und oft bedienten sie sich erbarmungslos ihrer Macht. Sie traten den
Wettbewerb tot, vermehrten ihre Millionen und bahnten dem fluchwürdigen
Kommunismus den Weg. War es nicht ein großes Unrecht, daß ein Mensch,
welcher durch allerlei Mittel ein großes Vermögen angesammelt hatte,
dieses unverkürzt einem Sohne hinterlassen konnte, letzteren in den
Stand setzend, die Abschlachtung der Konkurrenten und die Vermehrung
der Millionen fortzusetzen? Was konnte der tüchtigste Mensch in vielen
Berufszweigen erzielen, wenn er auf einen anderen Menschen stieß, der
vielleicht geringere Fähigkeiten, aber viel Geld und kein Gewissen besaß
und seine Millionen in der rücksichtslosesten Weise zum Verderben seiner
Konkurrenten benützte. -- Nein! Reiche Eltern mögen immer für ihre
Kinder ein ansehnliches Vermögen hinterlassen, welches ihre Lieblinge
gegen Nahrungssorgen sicher stellt; aber sie sollten ihre Kinder nicht
in den Stand setzen, die Kinder ärmerer Eltern im Kampfe ums Dasein an
die Wand zu drücken und im Wettbewerb töten.«

»Eine solche Erbschaftssteuer würde in meiner Zeit erbitterten
Widerstand gefunden haben,« bemerkte ich.

»Wohl möglich,« entgegnete Forest. »Wahrscheinlich hätten jene
kurzsichtigen Millionäre, welche durch ihr Treiben den Kommunismus
heraufbeschworen, Einwand dagegen erhoben. Ich bin nichts destoweniger
der Meinung, daß solch ein Gesetz nicht nur der Menschheit im
allgemeinen, sondern auch den Kindern der Millionäre genützt haben
würde. Nur ein Gesetz dieser Art, welches die Zertrümmerung der
Riesenvermögen bewirkt haben würde, hätte den Ansturm des Kommunismus
und der Anarchie zurückwerfen können. Jemand, der 250 000 Dollars
erbte, hätte mit dieser Summe wohl zufrieden sein und den Überschuß der
Erbschaft dem Gemeinwesen willig abgeben können. Durch Aufopferung eines
Teiles der Erbschaft hätten die Erben jener Riesenvermögen den Rest
gerettet und den Kommunismus geschwächt. Außerdem erscheint es mir sehr
zweifelhaft, daß der Besitz großer Reichtümer deren Eigentümer gut, oder
glücklich machte.«

»Wenn im Jahre 1887 in den Ver. Staaten ein solches Gesetz erlassen
worden wäre, würden die meisten Millionäre ihren Besitz zu Gelde
gemacht haben und nach Europa ausgewandert sein,« wendete ich den
Auseinandersetzungen Forests gegenüber ein.

Dieser erwiderte: »Das glaube ich auch. Aber derjenige, der einen
großen Besitz antritt, den er nicht erworben hat, kann sehr wohl eine
hohe Abgabe an die Gemeinde entrichten und die durch eine derartige
Erbschaftssteuer bewirkte Zerstücklung der großen Vermögen hätte den
kommunistischen Wühlereien die Spitze abgebrochen. Selbstverständlich
hätte eine solche Steuer nach vorangegangenen internationalen
Verhandlungen in allen größeren Kulturstaaten gleichzeitig eingeführt
werden müssen.«

»Die Versuchung, die hohe Abgabe zu vermeiden, würde sehr groß gewesen
sein,« machte ich geltend. »Viele Leute würden es versucht haben, die
Steuer teilweise zu umgehen, indem sie die Erbschaften den Behörden
gegenüber kleiner angaben, als sie wirklich waren; oder indem sie schon
bei Lebzeiten ihren Kindern und Verwandten einen Teil der Erbschaft
schenkten.«

»Der Versuch der Steuerbetrügerei hätte mit Wegnahme des gesamten
Eigentums bestraft werden können,« sagte Forest, »die Geschenke dagegen
hätten ebenso besteuert werden können, wie die Erbschaften. Angesichts
der Gerechtigkeit und der wohlthätigen Wirkungen eines solchen Gesetzes
hätte man einige Beschwerlichkeiten in der Durchführung schon mit in
den Kauf nehmen können; zumal diese Schwierigkeiten sich nur anfangs
schroff geltend gemacht haben würden. Sobald der Betrieb der Eisenbahn-
und Telegraphenlinien an die Ver. Staaten, der Betrieb der Industrie
und der Handel mit Lebensbedürfnissen dagegen an die Genossenschaften
übergegangen wäre, würden Vermögen im Betrage von 50 oder 100 Millionen
Dollars zu den gewesenen Dingen gehört haben; denn alle diese
Einrichtungen hätten ebenso wohl der Verarmung wie der Anhäufung großer
Reichtümer entgegen gewirkt. Die Zahl der Agenten und Zwischenhändler
würde bedeutend vermindert worden sein, jeder Mann wäre zu einer
nutzbringenden Thätigkeit ermutigt worden und würde einen Lohn empfangen
haben, welcher der Güte und Menge seiner Leistungen entsprochen hätte.«

»Würden nicht solche Cliquen und Sippen sich gebildet haben, wie
diejenigen, welche nach Ihrer Behauptung Ihre Regierung beeinflussen?«
fragte ich. »Und würden diese Sippen nicht die Leitung der Fabrikations-
und Verbrauchsgenossenschaften an sich gerissen haben? Hätten nicht
Cliquen den guten Arbeiter zu gering, den begünstigten schlechten
Arbeiter zu hoch bezahlen können?«

»Solche Fälle hätten wohl eintreten können, würden aber zur Folge gehabt
haben, daß die tüchtigen Arbeiter eine Genossenschaft verlassen hätten,
in welcher sie zu Gunsten der Faulenzer und Pfuscher betrogen wurden.
Sie hätten leicht Aufnahme in einer andern Genossenschaft gefunden;
denn gute Arbeiter werden überall da gewürdigt, wo der Wettbewerb
herrscht. Dagegen würde eine Genossenschaft, welche ihre tüchtigsten
Arbeiter vertrieben hätte, in ihren Leistungen zurückgegangen und
unfähig geworden sein, den Wettbewerb ferner auszuhalten. Derartige
Schwierigkeiten würden sich also sehr leicht ausgeglichen haben.«

»Natürlich müssen Sie auf Gegenseitigkeit beruhende
Versicherungsgesellschaften unter den Berufsgenossenschaften
befürworten, Gesellschaften, welche alle Beteiligten gegen Unfälle,
Krankheiten, Arbeitsunfähigkeit jeder Art sicher stellten und in einem
gewissen Alter eine Pension gewährten,« sagte ich. »Und wahrscheinlich
würden diese Versicherungsgesellschaften auch Feuer- und Lebenspolicen
ausgestellt haben.«

»Dies würde allerdings eine Folge des Systems gewesen sein, welches
die wenigen Vorteile, die der Kommunismus bietet, mit den Wohlthaten
vereint, die aus dem Wettbewerbe erwachsen,« antwortete Forest.

»Würden Sie die Einwanderung ermutigt haben?« fragte ich weiter. »Am
Ende des neunzehnten Jahrhunderts waren viele ehrliche, wohlmeinende,
durchaus nicht engherzige Leute, die niemand des Fremdenhasses
beschuldigen durfte, der Ansicht, daß die Ver. Staaten alle fremden
Elemente aufgenommen hätten, welche sie allenfalls verdauen konnten
und daß der Rest der Bundesländereien für die Kinder der Bewohner
der Ver. Staaten aufgehoben werden sollte. Die Abneigung gegen
weitere Einwanderung war großenteils durch die deutschen und irischen
'Dynamiteriche' verschuldet worden.«

»Ich kann mir vorstellen,« entgegnete Forest, »daß manche Sitten und
Schrullen der Einwanderer Ihrer Zeit den eingeborenen Amerikanern
anstößig erschienen, und daß die Verbrechen der Dynamitwüteriche gegen
die Gesetze des Landes, das sie gastfrei aufgenommen hatte, eine tiefe
Entrüstung bei den Angloamerikanern hervorgerufen haben mußten. Nichts
destoweniger glaube ich, daß Ihre Zeitgenossen alle Ursache hatten, die
Einwanderung zu ermutigen. Strenge Handhabung der Gesetze gegen #alle#
Übertreter derselben, gegen die #eingeborenen# sowohl, wie gegen die
#eingewanderten#, würde dem Lande sehr wohl gethan und alle Versuche
überflüssig gemacht haben, die Einwanderung zu beschränken. Die wirklich
anstößigen Einwanderer hätte man doch nicht aus dem Lande halten können,
wenn sie hinein wollten; denn diese Leute wären, falls man ihnen die
Häfen der Ver. Staaten verschlossen hätte, über Mexico oder Canada
eingewandert.«

»Dieselben Gründe wurden zu meiner Zeit vielfach geltend gemacht,«
bemerkte ich zustimmend.

»Das vergleichsweise geringe Unheil, welches die Einwanderer
anrichteten, wurde ganz in den Schatten gestellt durch den großen
Nutzen, welcher dem Volke der Ver. Staaten aus dem europäischen
Menschenstrom erwuchs,« fuhr Forest fort. »Die einfache Thatsache,
daß Hunderttausende gesunder Menschen, deren Aufzucht und Erziehung
den europäischen Ländern mehrere hundert Millionen Dollars gekostet
hatte, den amerikanischen Boden betraten, war ein großer Gewinn für
die Ver. Staaten. Die bloße Anwesenheit dieser Männer und Frauen
erhöhte den Wert des Landes da, wo sie sich niederließen; so die
Grundeigentümer bereichernd. Viele der Einwanderer waren geschulte
Arbeiter und Handwerker, andere Künstler und Gelehrte. Alle diese
Männer und Frauen waren aber mit den Sitten, den Geschäftsgebräuchen,
den Landesverhältnissen und oft auch mit der englischen Sprache nicht
vertraut. Sie mußten daher fast ausnahmslos beim #Beginn# ihrer
amerikanischen Thätigkeit die untersten Plätze im amerikanischen
Erwerbsleben einnehmen. Dadurch erhoben sie naturgemäß alle diejenigen,
welche schon in den Ver. Staaten wohnten, zu mehr oder weniger höheren
Stellungen im Leben.«

»Viele dieser Leute, welche aus allen Teilen Europas hierher kamen,
waren befähigte und gebildete Menschen, welche mit der Zeit erfolgreiche
Mitbewerber der älteren Ansiedler wurden. Aber der beständige
Menschenstrom, welcher sich aus den europäischen Ländern nach den Ver.
Staaten ergoß, bereicherte und erhob doch beständig das amerikanische
Volk und alle die Schläge, welche gegen die Einwanderung gerichtet
wurden, waren deshalb unklug. Die Gesetzgeber, welche solche Maßregeln
befürworteten, erinnern mich an den Mann, welcher eine Gans schlachten
wollte, die jeden Tag ein goldenes Ei legte.«

Nach einer kurzen Pause schloß Forest seine Auseinandersetzungen
folgendermaßen: »Es ist natürlich ganz unmöglich, irgend welche
Vorschläge zur Umgestaltung der Gesellschaft zu entwickeln, welche sich
allgemeiner Zustimmung erfreuen könnten. Ich behaupte indes, daß alle
solche Vorschläge zwei leitende Grundsätze verkörpern müssen. Alle
Verbesserungsvorschläge sollten den Zweck haben, #aus der menschlichen
Gesellschaft die unverschuldete Armut zu verbannen#, indem sie die
Furcht vor derselben durch zweckmäßige Versicherungseinrichtungen
beseitigen und sie sollten den #Wettbewerb erhalten#, die gewaltige
Kraft, welche beständig jedermann anspornt, seine besten Kräfte
einzusetzen, um sich selbst und die Menschheit auf einen höheren
Standpunkt zu erheben.«




Achtes Kapitel.


Als ich Herrn Forest nach unserer letzten Unterredung verlassen hatte,
war ich teils durch seine Auseinandersetzungen, teils durch meine
eigenen Wahrnehmungen überzeugt worden, daß der Kommunismus nicht,
wie Dr. Leete behauptete, das tausendjährige Reich menschlicher
Glückseligkeit herbeigeführt, sondern im Gegenteil die Menschheit in
vielen Beziehungen erniedrigt hatte.

Es war mir klar, daß ich mit Dr. Leete offen über den Wechsel meiner
Ansichten sprechen und meine Stellung als Professor im Shawmut-College
aufgeben mußte, ohne Rücksicht auf die jedenfalls unausbleiblichen übeln
Folgen.

Dr. Leete hatte mich mit großer Güte behandelt. Ich war überzeugt,
daß mein liebenswürdiger Gastfreund mir auch dann seine Freundschaft
geschenkt haben würde, wenn ich mich nicht gleich vom Anbeginn für den
Kommunismus begeistert hätte. Er würde andere Ansichten sicherlich
geduldet haben, wenn ich nur die Regierung nicht offen bekämpft hätte.
Vielleicht hätte er sogar in meine Verbindung mit Edith gewilligt. Ganz
anders lagen aber die Verhältnisse jetzt. Der Wechsel meiner Ansichten
mußte für Dr. Leete im höchsten Grade unangenehm werden. Er hatte mich
als einen Mann empfohlen, der sich besonders zum Nachfolger Forests
als Professor der Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts eigne.
Meine Ernennung war lediglich eine Folge seiner Empfehlung und mein
Abfall vom Kommunismus mußte notwendigerweise das Ansehen schädigen,
dessen Dr. Leete sich bisher erfreute. Es war mir nicht zweifelhaft,
daß mein Gastfreund das tief empfinden würde. Mein plötzlicher
Meinungswechsel in Bezug auf die Gesellschaftsordnung war ja nur eine
Folge meiner Unkenntnis volkswirtschaftlicher und gesellschaftlicher
Lehren und Erfahrungen. Nichts destoweniger mußte mein Abfall mir in
der Leete'schen Familie und in den politischen Kreisen außerordentlich
schaden. War man nicht gezwungen, mich für einen oberflächlichen, faden
und undankbaren Menschen zu halten, der sich nicht nur in wenigen
Wochen aus einem begeisterten Anhänger der Gütergemeinschaft in einen
entschiedenen Gegner dieser Lehre verwandelt, sondern durch sein
Verhalten auch seinen wohlwollenden Freund in eine sehr peinliche Lage
gebracht hatte?

Und was mußte Edith von meinem Gesinnungswechsel und von meinem
Rücktritt aus der Professur denken? Sie liebte und verehrte ihren
Vater. Würde ihre junge Neigung zu mir sich in diesem schweren Kampfe
lebenskräftig zeigen? Meine blinde Begeisterung für die neue Ordnung
der Dinge war von der Regierungspresse dem ganzen Lande verkündet
worden. Man hatte besonderes Gewicht darauf gelegt, daß gerade ich,
ein lebender Zeuge der früheren Gesellschaftsordnung, ein fanatischer
Anhänger des Kommunismus geworden wäre. Mein Abfall von dieser Lehre,
gleich nachdem ich mit ihr und den Folgen ihrer Durchführung näher
vertraut geworden war, versetzte die Presse der Regierung in eine sehr
peinliche, fast komische Lage. Es war vorauszusehen, daß man mich als
einen grundsatzlosen Demagogen, vielleicht sogar als einen gefährlichen
Schurken behandeln würde. Ich mußte natürlich erwarten, daß man mich in
die zweite Abteilung eines dritten Grades stecken und mir die denkbar
unangenehmste Arbeit zuerteilen würde; -- wenn man mich nicht gar in ein
Tollhaus brachte. Konnte ich noch daran denken, Edith Leete, welche im
Hause ihres angesehenen Vaters wie eine Blume in einem wohlgepflegten
Garten aufgewachsen war, aufzufordern, das Schicksal eines Mannes zu
teilen, der von den Menschen entweder als ein flachköpfiger Schwätzer
oder als ein grundsatzloser Heuchler angesehen werden mußte, für den
eine Stellung in der zweiten Abteilung des dritten Grades eigentlich
noch viel zu gut war?

Die Furcht, Ediths Liebe zu verlieren, drängte eine Zeitlang alle meine
andern Gedanken in den Hintergrund; denn in Edith Leete liebte ich Edith
Bartlett und die Vorstellung, daß Edith sich von mir abwenden könnte,
legte sich wie ein Alp auf mein Herz. Niemals in meinem Leben hatte ich
mich so hoffnungslos elend gefühlt, wie auf meinem Wege zum Hause des
Dr. Leete nach meiner letzten Unterredung mit Herrn Forest.

Einen Augenblick erwog ich den Gedanken, meinem elenden, aussichtslosen
Dasein mit eigener Hand ein Ende zu machen; dann aber entschloß ich
mich, mein Schicksal wie ein Mann zu tragen. So schritt ich denn Dr.
Leetes Hause zu, entschlossen, meine Freunde nicht zu täuschen und meine
Schuldigkeit als Mann von Ehre zu thun.

Ich fand Dr. Leete, der sonst immer freundlich und gefaßt erschien, in
aufgeregter Stimmung. Er blickte sorgenvoll und drohend zugleich drein.
Ehe ich ihn anreden konnte, blieb er auf dem Wege durch das Zimmer vor
mir stehen und sagte:

»Ich habe die glaubwürdige Nachricht erhalten, daß unser
gemeinschaftlicher Freund Fest einen Aufstand der Radikalen veranlassen
möchte. Während der letzten Tage haben mehrere geheime Versammlungen
stattgefunden und ich weiß, daß Fest die Absicht hat, den Anfang hier in
Boston zu machen.«

»Wie wollen Sie sein Vorhaben vereiteln?« fragte ich. »Wollen Sie
die Bürger aufrufen und die Verschwörer verhaften lassen? Ich stehe
jedenfalls zu Ihren Diensten,« fügte ich hinzu, sehr froh, meinem
Gastfreunde wenigstens gegen die Radikalen dienstwillig sein zu können.
Denn ich verabscheute deren Lehren noch mehr als deren Führer.

»Ich bezweifle, daß es politisch klug wäre, einen Aufruf an die Bürger
zu erlassen,« entgegnete der Doktor. »Durch einen solchen Schritt würde
man der Verschwörung zu viel Bedeutung verleihen. Ich wollte, ich hätte
diesen Fest unter ärztliche Behandlung gestellt, gleich nachdem er zum
letztenmale mein Haus verließ. Er allein ist gefährlich. Sein Anhang
bedeutet an sich nicht viel. Aber unter der Führung eines Menschen, der,
wie Fest, eine gewisse rohe Beredsamkeit mit Kühnheit und persönlicher
Kraft verbindet, kann eine Empörung immerhin gefährlich werden. Um das
zu verhüten, habe ich Auftrag gegeben, den Hauptverschwörer zu verhaften
und ihn an einem sichern Platze unter ärztliche Behandlung zu nehmen.«

Ich konnte diesen Schritt nicht gutheißen, obschon derselbe Erfolg
versprach. Unangenehm berührte es mich, daß man einen politischen Feind
nicht offen als solchen behandeln und unschädlich machen wollte,
sondern daß man auch hier wieder von Heilanstalt und ärztlicher
Behandlung faselte. Ich hielt es indes für nutzlos, in diesem
Augenblicke meine Ansichten über diese Behandlungsart politischer Gegner
auseinander zu setzen und fragte Herrn Leete nur, ob er einige Minuten
für meine Angelegenheiten übrig habe. Ich hielt es für meine Pflicht,
nunmehr offen mit Ediths Vater zu sprechen.

Mit seiner gewöhnlichen Güte wandte Dr. Leete sich zu mir und bat mich,
wenn es mir nicht unangenehm sei, die Unterredung auf den nächsten
Morgen zu verschieben.

Ich gab meine Zustimmung.

Wir gingen in das Speisezimmer und setzten uns zu Tische. Frau Leete
hatte aus dem Kochhause ein leichtes Abendbrot holen lassen; aber
niemand bekundete irgendwelche Eßlust. Wir alle waren in unruhiger
Stimmung.

Dr. Leete blickte auf seine Uhr.

»Fest sollte sich jetzt bereits unter der Obhut der Beamten und Ärzte
befinden,« sagte er. »Ich erwarte einen Bericht.«

Nachdem einige weitere Minuten in unruhiger Erwartung vergangen waren,
hörten wir Lärm auf der Straße. Eine große Volksmenge schien sich dem
Hause zu nähern.

Die Hausthür wurde geöffnet und ein lärmender Volkshaufe füllte den
Flur sowie das Speisezimmer. An der Spitze befand sich Fest, welcher
offenbar einen heißen Kampf bestanden hatte. Sein wollenes Hemd war
zerrissen und das Schlächterbeil, welches er in seiner Rechten hielt,
triefte von Blut.

»Hier bin ich wieder, Dr. Leete,« rief er mit seiner mächtigen, etwas
heisern Stimme. »Ich habe Sie gewarnt und Ihnen gesagt, daß ich Ihr Haus
nie wieder als Freund betreten würde. Und da Sie, verfluchter alter
heuchlerischer Tyrann Befehl gegeben haben, mich gesunden Menschen in
ein Tollhaus zu sperren, so habe ich beschlossen, daß Sie heute Abend
noch sterben sollen. Das Volk von Boston soll von Ihrer Tyrannei befreit
werden.«

Ich ergriff ein Messer und trat an Dr. Leetes Seite, entschlossen, ihn
mit meinem Leibe zu decken.

Aber in diesem Augenblicke wurde die Aufmerksamkeit des Menschenhaufens
durch Forest in Anspruch genommen, der sich durch die Menge drängte, auf
den Eßtisch sprang und ohne Zeitverlust rief: »Ihr alle kennt mich und
wißt, daß ich ein Feind dieses Mannes bin.« Dabei wies er auf Dr. Leete.
»Weil ich unsere elende Regierung nicht verteidigen wollte, wurde ich
aus meiner Professorenstellung verdrängt und Dr. Leete war es, der mir
eine Hausknechtsstelle in der Universität anwies.«

»Das sieht dem miserablen alten Kerl ähnlich,« schrie ein schmutzig
aussehender Bursche.

»Deshalb sage ich: Nieder mit einer Regierung, welche die freie Rede
erwürgen wollte!« redete Forest weiter. »Nieder mit der Tyrannei! Aber
laßt uns diesen jämmerlichen alten Sünder nicht abschlachten. Es ist
kräftiger, bewaffneter Männer, wie wir es sind, ganz unwürdig, einen
unbewaffneten, alten Menschen zu töten. Wir wollen ihn in dasselbe
Tollhaus sperren, in welches er unseren Freund Fest schicken wollte.«

»Ja! So ist es recht! Sperrt ihn in ein Tollhaus!« brüllten die
Radikalen.

Es war klar, daß Forest versuchte, Dr. Leetes Leben zu retten. Mein
Blick glitt zu Edith hinüber. Sie war totenbleich, aber gefaßt. Sie
hatte ihren linken Arm um ihren Vater geschlungen und ihr Auge begegnete
dem meinigen freundlich wie immer. Unglücklicherweise bemerkte Fest
diesen Blick Ediths und seine Eifersucht brach mit erneuter Wut los.

»Ihr verdammten Narren,« schrie er mit vor Grimm fast erstickter Stimme.
»Merkt ihr denn nicht, daß dieser Forest den Versuch macht, das Leben
jenes verschmitzten und gefährlichen alten Tyrannen zu retten? Aber das
soll ihm nicht gelingen. Als meinen Anteil an der Beute verlange ich das
Leben Leetes und seine lebendige Tochter.«

»Thue, was du willst, Bob,« riefen einige aus dem Haufen.

»Verlassen Sie dieses Haus, Forest,« befahl Robert Fest. »Ich hege
keinen Groll gegen Sie. Wenn Sie aber meinen Weg kreuzen, werden Sie die
Folgen zu tragen haben.«

»So lange ich lebe, sollen Sie in diesem Hause und an diesem alten Manne
nicht zum Mörder werden,« entgegnete Forest. »Sie sollten sich schämen,
Fest! Ihr Benehmen ist eines Mannes von Ehre ganz unwürdig.«

»Schweig, du Narr,« schrie Fest wütend. »Der heuchlerische Schurke Leete
hat das Volk lange genug geknechtet. Er muß sterben und wenn du dich
nicht aus dem Wege machst, wirst du mit ihm zur Hölle fahren.«

Ein Zorn, wie ich ihn nie zuvor empfunden, riß mich hin.

»Was hat dieser alte Mann gethan, um deinen Blutdurst zu erregen, du
gemeiner, grausamer Feigling,« rief ich, auf Fest zuspringend, um ihm
mein Messer in die Brust zu stoßen. Aber ein Dutzend Fäuste entwaffnete
mich, während Fest befahl:

»Steckt den Jubelgreis in einen Sack und werft ihn in den Hafen. Obschon
ich in den Augen des Professors kein Mann von Ehre bin, halte ich doch
mein Wort und ich habe dem ausgegrabenen Gespenst versprochen, daß ich
es wie einen jungen Hund ersäufen würde, wenn er mir wieder zwischen die
Beine läuft.«

Er erhob seine blutige Axt und schritt auf Dr. Leete zu, der
bewegungslos dastand, seine grauen Augen auf den rohen Feind gerichtet.

Noch einmal versuchte Forest das Leben des alten Herrn zu retten, indem
er sich vor diesen stellte; aber ein Kerl mit struppigem Bart und
kleinen, viehisch funkelnden Augen begrub ein langes Messer in Forests
treuer Brust. Mit den Worten: »Wir sind quitt, Leete,« stürzte er zu
Boden.

Edith rang mit zwei Männern, welche versuchten, sie von ihrem Vater
fortzuführen, als Fests Fleischeraxt auf das graue Haupt Dr. Leetes
niederfiel.

Ohne einen Laut von sich zu geben, brach er tot zusammen.

Edith stieß einen lauten Schrei aus und verlor die Besinnung. Fest fing
sie in seinem mit dem Blute ihres Vaters bespritzten Arme auf.

»Sie weigerte sich, mein Weib zu werden,« sagte er mit einem
gleichzeitig rohen und boshaften Grinsen. »Jetzt ist sie mein, ohne die
alberne Eheschließerei.«

Und während er, Edith forttragend, zur Thür schritt, rief er seinen
Genossen zu: »Schlagt alle Freunde der Regierung tot, meine Jungen! In
einer Stunde werde ich euch auf dem Rathause treffen.«

Ich machte eine letzte, verzweifelte Anstrengung, die Männer von mir
abzuschütteln, welche mich festhielten und -- erwachte am 31. Mai 1887
in meinem Bette. An meiner Seite befanden sich ein Arzt und mein Diener
Sawyer, welche längere Zeit vergeblich versucht hatten, mich aus meinem
tiefen durch den Mesmeristen veranlaßten Schlaf zu erwecken.

Mehr als eine Stunde verging, bis ich mein Denkvermögen wieder erlangt
hatte; dann aber machte ein tiefer Seufzer meiner Beklemmung ein Ende.

Mit Blitzesschnelle jagten alle Einzelheiten meines anziehenden und doch
auch schrecklichen Traumes an meinem Geiste vorüber. Wiederum wog ich
die Gründe, welche Dr. Leete und Forest für ihre Ansichten vorgeführt
hatten, gegen einander ab und ich fühlte mich unendlich glücklich bei
dem Bewußtsein, daß ich im neunzehnten Jahrhundert und nicht in dem
Kommunistenstaate lebte, der mir wie ein riesiges Zuchthaus am Abende
vor einem Aufstande der Sträflinge erschien.

»Lieber will ich doch in der Freiheit schwer arbeiten, als täglich in
einem gefängnisartigen Dasein einige Stunden mehr müßig zu gehen,«
sagte ich, in Betrachtungen versunken, zu mir selbst. »#Denn die Arbeit
ist kein Übel!# Und ehe ich mich unter die kommunistische Sklaverei
beuge, will ich lieber einige Jahre länger thätig sein und auf einige
Lebensannehmlichkeiten verzichten. Die meisten Genüsse, nach welchen wir
streben, erscheinen ohnehin am begehrenswertesten, solange wir uns ihrer
nicht erfreuen. Wenn wir das Erstrebte erreicht haben und an den Genuß
gewöhnt sind, verliert er fast immer jeden Reiz.«

Ich beschloß, künftighin mein bestes Können für die Förderung alles
dessen einzusetzen, was der Menschheit zum Heile gereichen muß; vor
allem aber zur Zufriedenheit zu mahnen, welche die einzige verläßliche
Grundlage für menschliches Wohlbehagen bildet. Glückseligkeit ist ja
viel unabhängiger von Wohlstand, als viele glauben; ja in Wirklichkeit
scheitert das Wohlbehagen nur zu oft an Ruhm und Reichtum. Ob wir
uns glücklich fühlen, oder nicht, das hängt großenteils von unserer
Lebensauffassung ab.

    Ende.

FUSSNOTEN:

[1] S. Reclam's Universal-Bibliothek Nr. 2661/62.

[2] Einzelne Stellen aus Bellamy's Buch, »#Ein Rückblick#« welche
kennzeichnend für die Art und Weise sind, wie er Gegenwart und
Zukunft beurteilt, teile ich in »Anführungszeichen« mit und gebe die
Seiten an, auf welchen diese Sätze enthalten sind, wobei die in der
»#Universal-Bibliothek#« (#Verlag von Philipp Reclam jr., Leipzig#)
erschienene Übersetzung von #G. v. Gizycki# als Grundlage dient. Die
als Fußnoten gegebenen Seitenzahlen weisen daher immer auf die erwähnte
Übersetzung hin. Obiges ist auf Seite 224 zu finden.

[3] Seite 224.

[4] Seite 261.

[5] Seite 237.

[6] Seite 49.

[7] Seite 99.

[8] Seite 42 und 43.

[9] Seite 57.

[10] Seite 102.

[11] Seite 98 und 99.

[12] Seite 98 und 99.

[13] Seite 99.

[14] Seite 100.

[15] Seite 100.

[16] Seite 101.

[17] Seite 165-167.

[18] Seite 152.

[19] Seite 152 u. 153.

[20] Seite 70.

[21] Die erste amtliche Zählung in den Vereinigten Staaten wurde 1790
vorgenommen; man zählte 3 929 314 Einwohner. Im Jahre 1880 belief sich
die Bevölkerung auf 50 155 738 und 1890 wird sie auf über 65 000 000
Seelen geschätzt. In hundert Jahren hat sie sich versechzehnfacht.
Sollte der Zuwachs in gleichem Maße fortdauern, so würden 1990 in den
Vereinigten Staaten und in Canada 1 040 000 000 Menschen leben. Ich habe
die jährliche Bevölkerungszunahme aber auf nur zwei Prozent berechnet,
wonach die Vereinigten Staaten und Canada im Jahre 2000 ungefähr 500
Millionen Einwohner haben würden.

[22] Seite 28.

[23] Seite 28.

[24] Seite 150.

[25] Seite 216.

[26] Seite 208.

[27] Seite 95.

[28] Seite 79.

[29] Seite 35.

[30] Seite 187.

[31] Seite 188.

[32] Seite 70.

[33] Seite 97.

[34] Seite 97.

[35] Seite 147.

[36] Seite 159.




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End of Project Gutenberg's Ein Blick in die Zukunft, by Richard Michaelis

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