Rheinische Seher und Propheten: Ein Beitrag zur Kulturgeschichte

By Paul Bahlmann

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Title: Rheinische Seher und Propheten
       Ein Beitrag zur Kulturgeschichte

Author: Paul Bahlmann

Release Date: May 31, 2017 [EBook #54821]

Language: German


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  Rheinische

  Seher und Propheten.

  Ein Beitrag zur Kulturgeschichte


  von


  _Dr. P. Bahlmann_.



  [Illustration: Dekoration]




  Verlag von H. Mitsdörffer #Hans Ertl#.
  _Münster-Westf._




[Illustration: Dekoration]


Das Interessanteste und Wichtigste, -- sagen v. Mering und
Reischert[1] -- was sich dem Menschen in diesem Erdenleben darbietet,
ist in allen Beziehungen der Mensch selbst. Wenn er uns im
Alltagsgewande schon Stoff genug zu den mannigfaltigsten Bemerkungen
und Betrachtungen giebt, um wie anziehender muß er uns alsdann nicht
da erscheinen, wo er in das Gebiet des Außerordentlichen oder des
Wunderbaren übertritt und gleichsam eine höhere Natur annimmt. In
solchen Verhältnissen schreitet er als ein zu einem höheren Berufe
geadeltes, fremdartiges, unbegreifliches Wesen an uns vorüber, und wir
können kaum der Versuchung widerstehen, den Veranlassungen solcher
außerordentlichen Erscheinungen nachzuspüren, wiewohl die Ergebnisse
unsere Mühe nicht immer belohnen und die scheinbar höheren Gebilde,
mit der Lampe der Vernunft betrachtet, in der Regel sich wieder auf das
Gewöhnliche reduzieren.

In eine vernichtende Kritik aber wollen wir diesmal nicht eintreten,
sondern uns lediglich darauf beschränken, alle noch erreichbaren
Nachrichten über die bemerkenswertesten Seher des Rheinlandes und ihre
Prophezeiungen[2] endlich einmal zusammen zu fassen. Wir unterziehen
uns dieser Aufgabe, nicht etwa um alten Aberglauben neu beleben zu
helfen, sondern weil die »Sagen der Zukunft«, wie man die Weissagungen
nicht mit Unrecht genannt, wegen des Einblicks, den sie vielfach in
die Eigenart der Bevölkerung, ihr Sehnen und Wünschen, ihr Hoffen und
Fürchten gewähren, für den Kulturhistoriker von derselben Bedeutung
sind, wie alle anderen Volksüberlieferungen, und glauben eine
freundliche Aufnahme unserer Zusammenstellung auch deshalb erhoffen
zu dürfen, weil das spöttische Achselzucken und überlegene Lächeln,
womit trotz der noch äußerst mangelhaften Kenntnis der rätselhaften
Erscheinungen unseres Seelenlebens alle derartigen Mitteilungen
meist aufgenommen werden, leider so manchen Mund geschlossen und
zugleich bewirkt hat, daß selbst die ohnehin recht dürftige Litteratur
~nirgends~ sorgsam gesammelt und daher manches Buch gar nicht oder nur
sehr schwer mehr zu finden ist.

Eine bisher zwar auch unerklärte, aber jetzt doch schon von
vielen zugegebene Erscheinung ist das sogen. »Zweite Gesicht«,[3]
d. h. das Vermögen, wirkliche Begebenheiten der Gegenwart oder
Zukunft fernschauend wie mit leiblichem Auge zu erkennen. Die
»Vorgesichte« -- in Westfalen und am Niederrhein »Vorgeschichten«
genannt[4] -- sind, abweichend z. B. vom somnambulen Hellsehen,
stets mit Rückerinnerung verbunden und nehmen nie eine religiöse
oder übersinnliche Richtung, sondern halten sich ganz in der
Sphäre des gewöhnlichen bürgerlichen Lebens, meist Todesfälle
und Leichenbegängnisse, aber auch Brände, Hochzeiten, Geburten,
Freundschaften, das Ankommen von (dem Seher oft ganz unbekannten)
Fremden und dgl. betreffend. Die Gabe findet sich weit mehr bei Männern
als bei Frauen, ist aber an kein besonderes Alter und keine bestimmte
Zeit gebunden. Im Augenblick des Schauens ist der Seher ganz von seinem
Bilde eingenommen, sieht und denkt nichts anderes und nimmt keine Notiz
von seiner Umgebung: die Augenlider oft krankhaft einwärts gekehrt,
sieht er starr vor sich hin. »Es giebt wenig Städte am Rhein,« -- wird
1822 berichtet[5] -- »wo nicht solche Geschichtler anzutreffen wären,
und daß man bisher so wenig davon geredet hat, liegt in der nicht bloß
am Rhein bekannten Erfahrung, daß die Aufklärung der Schriftgelehrten
bereits so weit fortgeschritten ist, daß man in ihrer Gegenwart schon
kein Faktum mehr erwähnt, was nicht durch sie anerkannt worden«.

Die meisten Vorgesichte freilich können ihres Inhalts wegen nur ganz
enge Kreise interessieren, und auch dadurch erklärt sich die manchem
befremdliche Thatsache, daß trotz ihrer früheren Häufigkeit[6]
verhältnismäßig nur so wenig Fälle veröffentlicht sind. Wer jedoch
einigermaßen mit dem Volke gelebt und sein Zutrauen gewonnen hat,
vermag selbst heute noch neues einschlägiges Material in Fülle
beizubringen, wie dies erst kürzlich wieder der Bibliothekar des
Bergischen Geschichtsvereins[7] bewiesen. Nach seiner mustergültigen
Sammlung sah u. a. ein Mann im Dönberg den noch kerngesunden
zehnjährigen Sohn seines Schwagers, dem er auch den Verlust eines
zweiten Kindes ankündigte, auf dem Schoof (Totenbrett) in einem Gange
stehen;[8] ein Schäfer in Nordrath sah des Abends einen Leichenzug
über ein Feld[9], ein Bauer aus Kürten über einen schmalen Steg
über die Sülz[10] ziehen; ein Kuhhirt auf einem Gehöft bei Wülfrath
zur Mittagszeit den Pferdeknecht zu Grabe tragen;[11] ein Schäfer
bei Böckum unweit Großenbaum um Mitternacht eine Leiche aus dem
Fenster ins Freie schaffen;[12] eine Frau auf dem Gehöft Eschen (Gem.
Mettmann) nachmittags einen Mann, dann ein Pferd, einen Leichenwagen
und zuletzt viele Leidtragende vom Herbecker Wald her in die Chaussee
einbiegen;[13] ein Mann kurz vor Mitternacht zwischen Herkenrath
und Hof Büchel den Vater eines Bekannten nebst dem Geistlichen und
Gefolge zu einer Beerdigung aus dem Hause treten[14] -- und alles sei
buchstäblich eingetroffen, wie es die Seher vorhergesagt.

Schon im Jahre 1668[15] trieb in Andernach zur Zeit einer pestartigen
Krankheit der Geisterseher Cornelius Schnegell sein Unwesen, indem er
gegen das Verbot des Magistrats angebliche Geistererscheinungen in
Umlauf setzte und dadurch Trauer und Schrecken über manche Familie
brachte. Von erster Kindheit an -- erzählte er -- habe ich Geister
geschaut, und in der letzten Matthiasnacht sind mir plötzlich die
Augen derart erleuchtet, daß ich des Nachts ebenso klar sehe, wie
bei Tage. Namentlich in den Prozessionen, die zur Abwendung der Pest
gehalten werden, sehe ich im voraus das Schicksal meiner Mitbürger: die
ich fallen und nicht wieder aufstehen sehe, müssen sterben; solche,
welche nach dem Falle sich wieder erheben, werden zwar krank, sterben
aber nicht; endlich diejenigen, welche bloß straucheln, werden nur von
einem leichten Anfall getroffen. Ich sehe die Geister in weißen und
schwarzen Kleidern und halte dafür, daß jene selig, diese verdammt
werden. Wenn sie erscheinen, verbleibe ich bisweilen im Bette, häufig
aber muß ich aufstehen und sie bis zur Thür begleiten. Diese Erklärung
setzte den Rat, der selbst überall Spuk und Zauberei witterte, in
nicht geringe Verlegenheit, obschon bekannt war, daß der Geisterseher
mitunter freilich in seinen Vorhersagungen die Wahrheit getroffen,
öfter aber »schändlich sich vertretten und seiner Zungen Zoll
verfahren« hatte. Man wandte sich deshalb um Auskunft an die gelehrten
Franziskaner in Köln und legte ihnen die Frage vor, ob dergleichen
Erscheinungen begründet und glaubwürdig seien oder nicht. Daß es kein
bloßes Spiegelgefecht und keine Narrheit ist, fügt der Rat seiner
Anfrage bei, kann man daraus abnehmen, daß oft in Kirchen, adligen
und anderen Häusern Gespenster gehört oder gesehen werden und bald
darauf Leichen folgen. Diese Erscheinungen haben auch solche, denen man
nichts Böses nachsagen kann, ja die Heiligen haben solche absonderlich
oft gehabt. Es ist ferner bekannt, daß in einigen Klöstern Patres
eine Zeitlang vor ihrem Tode im Chor ohne Haupt erschienen sind. Dazu
ist zu beachten, daß gemeldeter Cornelius von den Geistern genötigt
wird, die Visionen bekannt zu machen und daß die Offenbarungen vielen
zum besten gereichen, da diejenigen, welche noch nicht sterben
werden, unnötige Arzneien sparen, solche dagegen, die bald sterben
müssen, desto besser auf den Tod sich vorbereiten können. In dem
von _P._ Kaspar German verfaßten und den _P. P._ Bernardin Vetweis,
Bonaventura Reul und Johannes Huart approbierten Antwortschreiben
vom 7. Nov. 1668 werden die von Schnegell angegebenen Erscheinungen
unter Hinweis auf die Lehre des hl. Thomas von Aquin als unerlaubte,
abergläubische Divinationen oder Teufelsbetrug bezeichnet und die
Auslassungen des Rates richtig gestellt bezw. widerlegt. Nach Empfang
dieses Schreibens wurde Schnegell alsbald verhaftet und der Kurfürst
Maximilian Heinrich um Angabe weiterer Verhaltungsmaßregeln gebeten.
Das vom 30. November datierte Schreiben desselben schließt: »Zwar ist
kein Zweifel daran, daß bei dergleichen Wesen der böse Feind sein Spiel
treibt und gemeiniglich gefährliches Einverständnis mit demselben
darunter verborgen ist. Weil gleichwohl wider besagten Cornelius
keine andern Anzeichen von Zauberei oder einem Vertrag mit dem Teufel
vorgebracht sind, so könnt Ihr zwar für dieses Mal denselben noch aus
der Haft entlassen, habt ihm jedoch ernstlich einzubinden, sich solcher
Vorhersagungen bei Strafe der Fustigation und Verweisung des Landes
öffentlich und im Geheimen zu enthalten.«

In der Vaterstadt eines Rheinländers[16] lebte zu Anfang dieses
Jahrhunderts ein unbemittelter Tagelöhner, den man, weil er für die
Metzger die gekauften Kälber herbeiholte, »Kälber-Gerhard«, seiner
Gesichte halber aber meist »Geisterseher« nannte. Gewöhnlich um
Mitternacht, doch zuweilen auch bei Tage, erblickte er die Gestalt
derjenigen Person, die binnen weniger Tage sterben sollte, an
derjenigen Stelle, wo sie den Geist aufgab, bald in ihren gewöhnlichen
Kleidern, bald im Leichengewand, bald sitzend, bald liegend, und es
trieb ihn dann mit Gewalt in die Wohnung, wo die betreffende Person
wohnte, oder auf die Straße, wo der Leichenzug vorüberkam und er alle
Leidtragenden genau erkannte. Nur einigemal hat er infolge übergroßer
Müdigkeit dem Triebe, dem Gesicht zu folgen, gewaltsam widerstanden
und sein Bett nicht verlassen; da aber -- so erzählte er -- sei ihm
zur Strafe seines Ungehorsams der »Geist« reitend auf die Schultern
gesprungen und habe ihn durch Straßen und Felder so peinigend
umhergetrieben, daß er in kaltem Schweiße gebadet und vor Erschöpfung
krank nach Hause gekommen sei. Anfangs machte er aus der leidigen Gabe,
die er dem Umstande zuschrieb, daß er in der St. Andreas-Nacht genau um
12 Uhr geboren sei, kein Hehl und offenbarte arglos, wen er des Nachts
gesehen; da aber die von ihm genannten Personen stets bald darauf
verstarben, bemächtigte sich der Einwohner eine solche Angst, daß sie
ihm möglichst aus dem Wege gingen und er ihre Häuser schließlich selbst
am hellen Tage und in Geschäften nicht ohne Furcht vor Prügeln betreten
durfte.

Zu Opladen[17] sah vor Jahren an einem Sommermorgen ein junger Mann in
Gedanken zum Fenster hinaus. Bald füllte sich trotz der frühen Stunde
die Straße mit Menschen, und er gewahrte ein Trauergeleite, das still
und schweigsam einem Sarg zum Friedhof folgte. Hinter vielen bekannten
Ortsbürgern bemerkte er als letzten einen verabschiedeten Hauptmann in
hellgrünem Kleide, der mehrmals ausglitt, als ob er nicht ganz nüchtern
sei. Dasselbe glaubte man von ihm, als er sich nach dem Todesfall
erkundigte, und er hatte die seltsame Erscheinung bereits vergessen,
als im Winter die nämlichen Gestalten, die er damals gesehen, hinter
der Leiche eines seiner Verwandten an seinem Fenster vorüberzogen,
hinterdrein der Hauptmann im hellgrünen Rocke, wiederholt ausgleitend
auf dem mit Glatteis überzogenen Boden.

Im Siegthale[18] sollen die in der Matthiasnacht Geborenen im voraus
die Geister aller derjenigen sehen, die der Tod in dem betreffenden
Kirchspiele abberuft, und sie um Mitternacht auf den Kirchhof tragen
müssen. Dieselbe Fähigkeit schrieb man in Meiderich[19] dem Maurer
R. zu, der, gleichfalls zur Mitternachtsstunde, drei Tage vor jedem
Todesfall dem Leichenwagen das Hofthor zu öffnen hatte.

Ein sehr bekannter Vorschauer war der Seilermeister Peter Schlinkert
aus Meschede im Herzogtum Westfalen, das bis 1803 unter kölnischer
Herrschaft stand. Da ich über ihn und seine Vorgeschichten bereits
an anderem Orte[20] ausführlich berichtet, möge hier nur sein erstes
Gesicht, das seinem Landesherrn das Leben rettete, wiederholt werden.
Schlinkert, der nach dem Ueberfall von Hochkirch (1758), an dem er als
Serbelloni-Kürassier teilgenommen, den Truppen des Kurfürsten Clemens
August von Köln[21] eingereiht war, trat eines Tages, als sich der
Fürst zu einer Jagdpartie[22] begeben wollte, festen Blickes vor diesen
hin und sagte: »Euer Durchlaucht dürfen nun und nimmermehr fahren,
weil ein Schuß durch den Wagen geschehen wird, der auf Hochdieselben
gemünzt ist.« Der Kurfürst stutzte und ließ den kecken Warner vorläufig
festnehmen, bestieg aber ein anderes Fuhrwerk. Kaum war nun der
erste, ursprünglich für den Fürsten bestimmte Wagen eine Stunde Weges
fortgerollt, als der ominöse Schuß wirklich fiel und ohne jemanden
zu verletzen, durch das Verdeck des Gefährtes drang. Selbstredend
wurde Schlinkert sofort aus der Haft befreit und ihm zugleich mit der
erbetenen Entlassung aus dem Militärdienste noch eine lebenslängliche
Pension von jährlich 25 Thalern gewährt.

Auch für das sogenannte Sichselbstsehen sind Fälle genug vorhanden.
Noch aus der Mitte dieses Jahrhunderts wird in Führt bei Neuß erzählt,
daß der Küster abends in die Kirche gegangen, um dort die ewige Lampe
zu schüren. Während er den Sohn erwartete, welcher ihm das notwendige
Oel bringen sollte, hatte der Ermüdete sich in einen Beichtstuhl
gesetzt und war darin unversehens eingenickt. Plötzlich wurde er durch
den Ausruf: »Hier hast du deinen Rock!« geweckt und sah eine dunkle
Gestalt, die einen Sarg vor ihm hinstellte, dann aber mit dem Sarge
eben so rasch wieder verschwand. Erschüttert kehrte der Küster heim und
lag wirklich wenige Tage später als Leiche im Sarge.[23]

Nur mit großer Vorsicht sind die meisten Ankündigungen künftiger Brände
aufzunehmen, da sie sich schon vielfach als absichtliche Täuschungen
zur Verdeckung von Brandstiftungen entpuppt haben. Ein derartiger
Verdacht ist auch bei den von Schell[24] erwähnten Vorzeichen vor dem
Brande bei Radevormwald im Jahre 1863 oder 1864 nicht ausgeschlossen,
während bei der nachstehenden »rätselhaften« Geschichte die Vermutung
nahe liegt, daß der »Seher«, von einem Komplott zur Anzündung des
Schlosses irgendwie unterrichtet, diese durch einen, wenn auch nur
halben Verrat habe vereiteln wollen. Der kurkölnische Soldat,[25]
der in der Nacht zum 13. Januar 1777 im Hofe des Buenretiro[26] in
Bonn auf Posten stand und von der Ablösung ohnmächtig gefunden wurde,
bekundete, daß, als er kaum seinen Dienst angetreten, der bis dahin
trübe Himmel an einer Stelle immer klarer geworden sei, bis sich aus
der entstandenen Wolkenlücke ein dichter Feuerregen wohl zehn Minuten
lang auf das Schloß ergossen habe. Er sei dermaßen erschrocken, daß
er nicht einmal Lärm zu schlagen vermochte, und habe erst allmählich
gemerkt, daß die Flammen nicht zündeten. Dann sei es wieder dunkel
um ihn geworden, und die Wolken hätten sich geschlossen, um sich
gleich darauf nochmals zu öffnen; nun habe er deutlich auf des Himmels
blauem Grunde einen großen eleganten Sarg gesehen, umgeben von sieben
kleineren, ärmer ausgestatteten Särgen. Als der Stadtgouverneur General
de Cler die Aussage der Schildwache des Abends in einer größeren
Gesellschaft zum besten gab, sagte der erst 36 Jahre alte Hofrat v.
Breuning höchst befremdenderweise sofort: »Das ist mein Sarg!« Die
übrigen lachten, aber zwei Tage später wurde das herrliche Schloß mit
seinen zahlreichen Kunstschätzen ein Raub der Flammen, die so gewaltig
um sich griffen, daß der Kurfürst Maximilian Friedrich in seinen
Nachtkleidern flüchten mußte. Der Buenretiro allein wurde gerettet, da
die Flamme abermals, wie bei einer früheren Feuersbrunst (1689), bei
der Kapelle des hl. Florian, des Fürbitters gegen Feuersgefahr, sich
wendete, und das reiche Archiv durch die Pflichttreue seines Kurators,
des Hofrats von Breuning, geborgen, dem, als er zum drittenmal, mit
Schriften beladen, die glühenden und dampfenden Räume verlassen
wollte, der einstürzende Thorweg das Rückgrat zerschmetterte. Als man
seine Leiche im prächtigen Sarge zum Kirchhofe brachte, begrub man
auch sieben Männer, die gleich ihm im Kampfe mit den Flammen den Tod
gefunden. Das tragische Ereignis hat des Hofrats Witwe, die erst 1838
im Alter von 87 Jahren zu Koblenz starb, wiederholt bestätigt.

Der minder Begabte und nicht bis zum Schauen Gesteigerte »hört«: er
hört den dumpfen Hammerschlag auf den Sargdeckel und das Rollen des
Leichenwagens, hört den Waffenlärm, das Wirbeln der Trommeln, das
Trappeln der Rosse und den gleichförmigen Tritt der marschierenden
Kolonnen; er hört das Geschrei der Verunglückten und an Thür oder
Fensterladen das Anpochen desjenigen, der ihn oder seine Nachfolger zur
Hülfe auffordern wird.[27] Durch lautes Klopfen wurde einzelnen Leuten
in Mettmann[28], Richrath[29] und Immigrath[30] der baldige Tod eines
Nachbarn oder Angehörigen kund gethan; durch Rücken des Werkzeugs oder
Klirren der Säge einem Schreiner in Wönkhausen[31] jede Anfertigung
eines Sarges im voraus angesagt. Etwas ausgeschmückt ist folgende
Sage:[32] Als ein Schreiner aus Burg Hoff an der Sieg einst spät
abends nach Hause kam, hörte er drinnen hämmern und sägen. Einige Tage
später starb jemand in der Nachbarschaft, und unser Schreiner bekam
den Auftrag, den Sarg für den Verstorbenen anzufertigen. Da fand er in
seiner Werkstatt, die er längere Zeit nicht benutzt hatte, ein Brett,
das früher nicht dort gewesen und genau als Kopfstück eines Sarges
zugeschnitten war. Er beschloß, davon keinen Gebrauch zu machen,
aber ein neuhergestelltes Kopfstück riß beim Annageln, und mit einem
zweiten ging es nicht besser; notgedrungen nahm er nun das unheimliche
Brett -- und der Sarg ward fertig.

Schneider und Näherin hören die Schere schnippeln, wenn sie bald ein
Totenhemd fertigen sollen; doch kannte Florentin v. Zuccalmaglio (1803
bis 1869) in seiner Jugend auch eine Näherin, die ihm oft blaue Male
an ihren Armen zeigte, die sie Geesterpetsche (Geisterkniffe) nannte
und für Anzeichen hielt, durch die sich die Verstorbenen bei ihr
anmeldeten.[33]

Mit Affektionen des Gehörs verbunden waren zwei Gesichte späterer
Eisenbahnen. Im Wupperthale[34] schaute ein Mann vor ca. 80 Jahren eine
ganze Reihe von Wagen, pfeilschnell mit Feuer vorwärts getrieben; als
der Zug an die Stelle der jetzigen Station Remlingrade kam, ertönte ein
schriller Pfiff. Ein Mann und zwei Frauen, die noch nie eine Eisenbahn
gesehen, erblickten am Abend des zweiten Ostertages des Jahres 1839
oder 1840 zwischen Vollmerhausen und Gummersbach[35] bei Mondschein
etwa sechsmal ein unbestimmtes Wesen kreisend durch die Luft brausen;
oben auf dem Unnennbaren zeigte sich mitunter ein kleines bläuliches
Licht, und dabei ließ ein Zischen sich vernehmen. Erst als der Mann
einige Jahre nachher in Barmen eine Eisenbahn sah, wußte er, daß es
eine Vorbedeutung der Bahn gewesen, die jetzt dort vorbeifährt.

Leider sind selbst viele Gesichte, die bedeutendere Ereignisse oder gar
die Geschicke ganzer Orte und Gegenden verkündeten und uns hier ganz
besonders interessieren, mehr oder weniger in Vergessenheit geraten.
Von den zahlreichen Vorgeschichten z. B., die Köln in Brand oder mit
glühenden Kugeln beschießen sahen,[36] konnte Dr. Kutscheit[37] nur
noch eine einzige in Erfahrung bringen. Glaubwürdige Kölner erzählten
ihm, wie im Anfange dieses Jahrhunderts der sehr fromme und nüchterne
Wächter auf dem Bayenturme, als er spät abends sich pflichtgemäß aus
den Turmfenstern nach der Stadt umschaute, gesehen habe, daß die Stadt
von Westen her mit feurigen Kugeln überschüttet wurde und mit Ausnahme
des Domes in Flammen geriet, während dessen herbeigerufene Schwester
nichts wahrzunehmen vermochte.

Die großen Truppenmassen, die man mit rauschender Janitscharenmusik
gen Köln ziehen oder auf der Mülheimer Heide etc. sich lagern sah,[38]
sind gleich den westfälischen Kriegs- und Schlachtengesichten nur
Verzerrungen oder wirre Auswüchse des zweiten Gesichts, die auf Nebel-
bezw. Schwadenbildungen beruhen. Lediglich ein Nebelgebilde auch war
die »Vision oder Vorgeschichte«, über die das Grevenbroicher Kreisblatt
berichtet:[39] Es war am Ostersonntage, den 31. März 1861, als nach dem
Hochamte gegen Mittag 3 Männer aus Gustorf eine kleine Strecke gegen
Reisdorf feldeinwärts gingen, um die angenehme Frühlingsluft im Freien
zu genießen. Die Sonne stand hoch im wolkenlosen Süden, wenige leichte
Federwolken säumten den Horizont, -- da erschienen auf dem sanft
abgedachten Höhenzuge, der, von Gustorf aus gesehen, den Gesichtskreis
gegen Nordwesten hin begrenzt, Heeresmassen zu Fuß und zu Pferde, die
sich in der Richtung von Hahnerhof und Hoheneichen nach dem Bergerbusch
hin bewegten und stellenweise wie im Kampfe entwickelten; der ganze
Höhenzug wimmelte von größeren und kleineren Abteilungen, hin und her
gedrängt im Dampf der Geschütze und Gewehre. Diese Erscheinung, welche
außer jenen 3 noch 2 andere Männer aus der Nachbarschaft bemerkten,
währte etwa 1-1/2 Stunden und verschwand dann nach Westen hin.

Derartige Gesichte sind vielfach in die Jahrhunderte alte Sage vom
letzten blutigen Entscheidungskampfe, der am Birkenbaum zwischen
Büderich und Werl seinen Abschluß finden soll,[40] übergegangen,
weitere Ergänzungen der eigenartigen Ueberlieferung aber auch
durch mancherlei Prophezeiungen erbracht worden. Ein Düsseldorfer
Kapuziner-Pater offenbarte im Jahre 1762:[41] »Nach einem schweren
Kriege wird Friede werden und doch kein Friede sein, weil der Kampf der
Armen wider die Reichen und der Reichen wider die Armen entbrennt. Nach
diesem Frieden kommt eine schwere Zeit. Das Volk wird keine Treue und
keinen Glauben mehr haben. Wenn die Frauensleute nicht wissen, was sie
vor Ueppigkeit und Hochmut für Kleider tragen wollen, bald kurz, bald
lang, bald eng, bald weit, wenn die Männer auch ihre Trachten ändern
und man allgemein die Bärte der Kapuziner trägt, dann wird Gott die
Welt züchtigen. Ein schwerer Krieg wird im Süden entbrennen, sich nach
Osten und Norden verbreiten. Die Monarchen werden getötet werden. Wilde
Scharen werden Deutschland überschwemmen und bis an den Rhein kommen;
sie werden aus Lust morden, sengen und brennen, so daß Mütter aus
Verzweiflung, weil sie überall den Tod vor Augen sehen, sich mit ihren
Säuglingen ins Wasser stürzen werden. Da, wenn die Not am größten ist,
wird ein Retter kommen von Süden her; er wird die Horden der Feinde
schlagen und Deutschland glücklich machen. Dann werden an manchen Orten
aber die Menschen so selten sein, daß man auf einen Baum steigen muß,
um Menschen in der Ferne zu suchen.«

Der Stadt Koblenz droht eine alte prophetische Sage:[42] »Wehe! Wehe!
Wo Rhein und Mosel zusammenfließen, wird gegen Türken und Baschkiren
eine Schlacht geschlagen werden, so blutig, daß der Rhein auf 25
Stunden Wegs rot gefärbt sein wird«; auch Johann Peter Knopp[43] meint:
»Es wird hart hergehen, besonders bei Koblenz.«

Das Schlimmste jedoch soll Köln bevorstehen, das außer Knopp[44] auch
Rembold[45], Jasper[46] und ein anderer westfälischer Spökenkieker[47]
als Schauplatz einer großen Schlacht[48] bezeichnet haben. Der Magister
Heinrich v. Judden, Pastor an Klein St. Martin zu Köln, fand um
1460 in einem alten Buche des dortigen Karmeliterklosters folgende
Prophezeiung:[49] »O glückliches Köln, wenn du wirst gut gepflastert
sein, wirst du untergehen in deinem eigenen Blute. O Köln, du wirst
untergehen wie Sodom und Gomorrha; deine Straßen werden von Blute
fließen und deine Reliquien dir genommen werden. Wehe dir, reiches
Köln, weil deine Einwanderer an deinen Brüsten saugen und an denen
deiner Armen, die gemartert und gequält werden für dich.«

Mit der Erfüllung dieser fällt wohl auch die der zweiten Hälfte der
vom Prälaten Emilian Elbertz ([dagger] 1798) seinem Diener Heinrich
Pohl mitgeteilten Prophezeiung[50] zusammen, deren Alter er auf ca. 150
Jahre angab: »Die Abteikirche von St. Pantaleon wird lutherisch, dann
aber wieder katholisch werden. Mittelst einer Bombe, die bei der Kirche
niederfallen wird, wird ein heiliger Körper zum Vorschein kommen, der
keine Hände und Füße hat.« Der Prälat hielt sehr viel auf sie und war
gegen Ende seines Lebens in beständiger Sorge, daß sie noch bei seinen
Lebzeiten sich verwirklichen könne; er ließ sogar nach dem Körper des
Heiligen, der nach einer anderen Lesart der künftige Schutzpatron Kölns
sein wird, Nachgrabungen anstellen, die jedoch ohne Erfolg geblieben
sind.

»Wehe Köln!« -- läßt ein anderer Prophet sich vernehmen[51] -- »Wenn
im Raderthale Häuser gebaut und bewohnt sind, dann ist die Zeit nahe,
die Unheil über Gute und Böse bringen wird. Wehe den Geistlichen,
welche aus Hoffart und Lauigkeit Pracht und gute Tage lieben!... Von
der Südseite werden die Feinde bis zum goldenen Apfel dringen und ein
großes Blutbad anrichten. Viele Gute werden sterben und die Bösen durch
die Bösen umkommen. Eine furchtbare Krankheit wird aufräumen helfen.
Auf der Retirade wird Köln viel leiden; doch kann durch Gebet viel
gewendet werden. Man soll Bittgänge thun, um gemeinschaftlich Gottes
Rechte zu entwaffnen. Hört, ich sage euch: Die Hölle hat eine große
Ernte! Bessere sich alles, ehe es zu spät ist.«

Die ehedem gäng und gäbe Prophezeiung »In Bonn werden die Jesuiten
auf dem Markte gemartert werden« glaube ich auf die Vision des
Franziskaner-Paters Jakob Pirre vom Jahre 1745[52] zurückführen zu
sollen. Diesem erschien am 25. Mai 1745, als er in der schwäbischen
Stadt Laubheim übernachtete, der Geist Holzhausers[53] und gebot ihm
aufzustehen und folgende Verse niederzuschreiben:

  _Millia sexcentum novies duodenaque pono,
     Adde quater decies, tunc venit illa dies,
  Qua Bonnae[54] Jesu socii fratresque beati
     Francisci palmas martyriumque ferent._[55]

Zu Beginn des siebenjährigen Krieges machten die Enthüllungen der
Hoffin, einer Küfersfrau aus Horrweiler bei Kreuznach, viel von
sich reden; doch will ich mich an dieser Stelle auf die Wiedergabe
zweier Briefe[56] des Kandidaten der Theologie Bender in Kreuznach
beschränken, in denen dieser dem Kirchenrate Ward berichtete, was er
selbst aus dem Munde der Frau erfahren.

Es war Freitags, den 1. April 1757 -- lautet das erste Schreiben -- da
ich von Herrn Inspektor Rettig zum Predigen angeredet [bestellt] wurde.
Nachdem ich den Sonntag zu Horrweiler gepredigt hatte und eben im
Begriffe war, auf die Filiale zu gehen, wartete der Mann dieser Frau am
Thor auf mich und bat mich, ich möchte doch des Mittags zu ihm kommen,
weil er etwas mit mir zu reden hätte. Ich hatte kein Bedenken, ihm
dieses zuzusagen, und ich hielt auch am Mittag mein Versprechen. Ich
fand ihn, seine Frau und einige Kinder in seinem Hause; doch war ich
nicht lange da, als ein Kind nach dem andern wegging, so daß wir drei
allein blieben. Nach einem kurzen Stillschweigen sagte die Frau, sie
möchte gerne eine Frage an mich richten, wenn sie nur wüßte, daß ich
ihr es nicht übel nehmen würde. Da ich ihr dieses versichert hatte,
so fragte sie mich, wer wohl die heut gehaltene Predigt zuerst gewußt
hätte, sie oder ich? Dieses kam mir seltsam vor; ich sagte ihr dies und
dabei, ich verstünde sie nicht, sie müßte sich deutlicher erklären.
»Gut,« sagte sie, »sagen Sie mir doch, wann Sie der Herr Inspektor zum
Predigen bestellt hat.« »Am verwichenen Freitag,« war meine Antwort.
Hierauf wandte sie sich zu ihrem Mann und sagte. »Siehst du nun, daß
ich recht hatte und daß ich die Predigt eher gewußt, als der Herr
Bender bestellt worden ist?« Dieses machte mich nun nicht klüger, als
ich zuvor gewesen war. Ich fragte den Mann, was alles dieses bedeuten
sollte, und erhielt folgende Antwort: »Am Donnerstag früh, als ich
erwachte, fragte mich meine Frau, ob ich auch wüßte, daß unser Herr
Inspektor krank geworden wäre. Ich fragte, wie ich dieses wissen
könnte. Ja, sagte meine Frau, er ist krank und wird auf den Sonntag
nicht predigen, sondern wir bekommen einen andern; rate einmal, wen?
Ich riet etlichemal. Nein, sagte sie, keinen von diesen, unsers Herrn
Inspektors Sohn(?) kommt, und damit du siehst, daß ich es weiß, so
will ich dir noch mehr sagen. Sie nannte hierauf das Lied, den Eingang
und den Text, den er haben würde. Wir waren heute beide in der Kirche
und ich bin überzeugt worden, daß meine Frau recht hatte, weil es das
Lied, der Eingang und der Text war.« Wenn es mit dieser Erzählung seine
Richtigkeit hat, so hat die Frau in der That 32 Stunden früher gesagt,
was ich predigen würde, ehe ich wußte, daß ich predigen sollte. Ich
habe es allzeit für thöricht gehalten, wenn man so schließt: »Ich kann
es nicht begreifen, wie es mit dieser Sache zugeht, deswegen ist sie
wohl falsch,« und ich fand auch nicht für gut, die Frau durch einen
Machtspruch abzuschrecken und so ihr Zutrauen zu verlieren. Ich that
also nichts, als daß ich ihr meine Verwunderung zeigte und zugleich
ihren Mann fragte, ob sich die Sache so verhielte. Er bedeutete, alles,
was er gesagt, sei die reine Wahrheit, und seine Frau werde mir noch
erstaunlichere Dinge sagen. Ich fragte sie hierauf, auf welche Art
ihr diese verborgenen Dinge offenbart würden, und da sie sah, daß ich
kein Mißtrauen in die Wahrheit ihrer Erzählung zu setzen schien, so
erfuhr ich folgendes: Wenn ihr zukünftige Dinge bekannt gemacht werden
sollten, so ergriffe sie etwas, eben wie eine Menschenhand, in der
Brust, und das sei das Zeichen, sich an einen einsamen Ort zu begeben.
Alsdann werde ihr Geist ihrem Leibe entrückt und sie käme in Begleitung
eines Engels in eine Versammlung von Geistern, die teils aus Engeln,
teils aus Seelen von noch lebenden Menschen bestände. Hier werde
alles, was noch in Zukunft geschehen sollte, als wirklich gegenwärtig
abgehandelt, und die Seelen der gegenwärtigen Menschen redeten und
handelten so, wie sie in der Folge der Zeit reden und handeln würden.
Manchmal würden ihr sinnbildliche Gesichter gezeigt, und dann fragte
sie ihr Führer, ob sie das verstehe und den Sinn von allem erkenne, da
ihr dann, im Falle sie es nicht verstände, hinlängliche Erläuterung von
einem Engel gegeben würde. Ebenso erhalte sie Befehle an diesen oder
jenen oder einige Menschen, und sie werde allemal gestraft, wenn sie
sich weigere, ihr aufgetragene Geschäfte zu verrichten. Zum Beweise
aber, daß sie nicht getäuscht würde und daß alles, wie sie es gesehen
und gehört, in Zukunft geschehen sollte, habe sie die Gnade, daß ihr
öfters eine Begebenheit gezeigt würde, die sich in wenig Tagen in
ihrem Ort oder in ihrer Nachbarschaft zutrüge, um die Wahrheit des
übrigen daran zu prüfen. Eben ein solches Zeichen sei meine Predigt
gewesen, denn mein Geist sei wirklich in der Versammlung aufgetreten
und habe eben die Worte geredet, die sie heut in der Kirche von mir
gehört hätte. Ich gestehe es, daß ich von allem diesen kein Wort
weiß, und entweder hat ein anderer Geist in der Versammlung die Güte
gehabt, meine Gestalt anzunehmen und meine Rolle zu spielen, oder die
menschliche Seele muß Handlungen vornehmen können, deren sie sich nicht
bewußt ist. Da ich begierig war, noch mehr zu erfahren, so brachte ich
das Gespräch auf den gegenwärtigen Krieg, weil ich glaubte, sie würde
sich in die Natur der Völker, der Landschaften, Städte und ihrer Lagen
nicht recht finden können, sondern ihre Schwäche und vielleicht gar
ihren Betrug offenbaren; allein sie sprach von allem diesen mit einer
bewunderungswürdigen Fertigkeit und unterschied alles so wohl, daß
ich in der That nicht begreifen konnte, wo sie als eine rohe Bäuerin
solche Begriffe her haben sollte. Sie behauptete, den Krieg zwischen
Preußen und Oesterreich lange vorher gewußt und auch einigen Leuten,
die sie mir nannte, in Wiesbaden[57] vorhergesagt zu haben; man hätte
sie aber, weil alles damals ruhig gewesen, als eine Thörin verlacht,
besonders da sie die Bataille bei Lobositz[58] vorhergesagt und die
Preußen für die Sieger erklärt habe. Zu eben der Zeit wäre sie ihrer
Aussage nach in einer Geisterversammlung gewesen, in welcher sich
der König von Preußen, wie die Häupter aller gegen ihn vereinigten
Mächte befunden. Der König that alles, die Gegenpartei zum Frieden
zu bringen und machte ihnen die nachdrücklichsten Vorstellungen; er
führte ihnen die Gerechtigkeit seiner Sache und das unschuldige Blut
zu Gemüte, das vergossen, und gewiß auf ihr Gewissen vergossen würde.
Da aber die andern gegen diese Gründe unempfindlich waren und immer
einer den andern in seinen Anschlägen bestärkte, so trat ein Engel
zu dem König, zuckte ihn etlichemal zurück und sagte: »Sei getrost
und laß dich ihre große Anzahl nicht kleinmütig machen! Wenn ihrer
noch so viele wären, so sollen sie doch in dein Schwert fallen!«
Zu einer anderen Zeit hat sie den König in seinem Kabinett betend
gesehen; zwei Engel standen hinter ihm, und da er zu Gott betete, er
möchte doch der unschuldigen Schlachtopfer schonen und seinen Feinden
friedfertige Gedanken geben, so sei abermals ein Engel zu ihm getreten
und habe obige Worte wiederholt. Sie machte hierbei die Anmerkung, es
verlange sie zu wissen, ob der König die Stimme wirklich höre oder ob
diese Gedanken bloß als wie eigene in seiner Seele entständen. Ebenso
will sie den Marsch der Franzosen vorausgesehen haben. Sie sagte,
anfangs seien ihre Gesichter nach Böhmen zugewandt gewesen; damit
aber die Feinde des Königs in dieser Gegend nicht zu mächtig würden,
so hätten sie sich nach Westfalen wenden müssen. Doch würden sie dem
König nicht schaden, sondern er würde sich auch dort ihren Leuten
widersetzen. Für die Zukunft bestimmt sei überhaupt dieses: Der König
würde stets sieghaft über seine Feinde sein und einen ehrlichen und
dauerhaften Frieden schließen können. Diese Frau prophezeite auch, daß
die Kurfürsten von Mainz und der Pfalz aus ihren Residenzen vertrieben
werden würden, weshalb sie zu Mannheim[59] eingesperrt sei. Wie nun die
bei ihr gegenwärtig gewesenen Hofpersonen erzählten, daß der Hof so
bestürzt sei, weil er vom Prinzen von Sulzbach in langer Zeit keine
Nachricht hätte, und glaubten, daß er gar tot sein möchte, hat sie
selbige getröstet und gesagt: »Nein, er lebt noch; er ist in Prag in
dem genannten Hause und Zimmer, sitzt am Tisch und liest gegenwärtig
die Zeitung.« Als dieses am Hofe gemeldet und auch durch einen Kurier
alles wahr befunden sei, ist sie des Arrests entlassen worden. Ich
muß hier noch anmerken, daß sich diese Frau, wenn sie wiederholt, was
in ihrer Versammlung geredet, solcher Ausdrücke bedient, die für ihre
Erziehung viel zu ordentlich und, wenn mir der Ausdruck erlaubt ist,
viel zu vornehm sind; in ihren sonstigen Gesprächen kann man nichts
Phantastisches an ihr wahrnehmen. Ich habe mich nach ihrem Wandel
erkundigt und man giebt ihr das Zeugnis, daß sie sehr ordentlich lebe
und die Kirche sehr fleißig besuche, ein scharfes Auge auf ihre Kinder
habe und gegen die Armen ungemein freigebig sei; sie wird schier von
jedermann für eine Thörin gehalten. Ich getraue mir in diesem Punkte
nichts zu bestimmen; wenn sie auf höheren Befehl zu einzelnen Menschen
redet, so haben ihre Bestrafungen die Zerrüttung der Seele zum Grunde,
in diesem Falle ist sie der Gesellschaft nicht schädlich.

Einige Monate später ließ Bender weitere Nachrichten folgen. Am 1.
Oktober 1757 -- fährt er fort -- sagte mir die Frau Hoffin, sie habe
die ganze Zeit, da sie mich nicht gesehen, nur drei Offenbarungen
gehabt: eine auf Pfingsten, die andere den 18. Juli und die letzte auf
den 11. September. In Ansehung der ersteren können Sie die vollkommene
Probe von der Wahrheit ihrer Aussage nehmen; in dieser wurde ihr
offenbart, daß die Preußen die Bataille bei Kollin[60] verlieren und
Prag verlassen würden. Sie sagt, sie habe dies, ehe es eingetroffen,
dem Herrn Kirchenrat Mieg in Wiesbaden gesagt und sie berufe sich
auf diesen als Zeugen für die Wahrheit ihrer Aussage. Wollten Sie
Sich die Mühe nehmen, nachzufragen, so würden Sie vielleicht genug
erfahren, um von dem übrigen urteilen zu können.[61] Die Ursache,
warum diese Schlacht verloren gegangen, ist ihrer Aussage nach diese:
Die Kaiserin habe nichts mehr gewünscht, als nur einmal über Preußen
zu siegen, und sie habe sich anheischig gemacht, nach diesem Sieg
einen ehrlichen Frieden zu schließen. (Sie müssen wissen, daß dieses
bloß in der Geisterversammlung geschehen ist, wo auch die geheimsten
Gedanken offenbart würden, jedoch ohne daß eine von den interessierten
Personen ein Wort davon weiß.) Dieses sei bewilligt worden, doch habe
ihr zugleich ein Engel gesagt, es werde doch kein Friede folgen; es
geschehe bloß, um das Maß voll zu machen. In der Versammlung vom 18.
Juli ist nichts Merkwürdiges vorgefallen, außer daß der kaiserlichen
Partei ihr Trotz auf diesen Sieg stark verwiesen und zugleich
dem König von Preußen der Sieg aufs neue versprochen worden. Die
Offenbarung vom 11. September ist ungemein außerordentlich, und wenn
dieses eintrifft, so ist man vielleicht gezwungen, dieser Frau mehr
Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Sie sagte nämlich, es sei ihr
ein sehr junger Herr und eine etwas ältliche Dame gezeigt worden mit
dem Bedeuten: Dieses ist der Prinz von Oranien[62] und diese seine
Frau Mutter.[63] Ich weiß nicht, sagte sie, ob solche Personen in der
Welt sind, allein so habe ich sie nennen hören. Diese beiden hohen
Personen habe ein Engel aufgemuntert, ihren gedrückten Glaubensbrüdern
beizustehen und sich der Sache der Religion anzunehmen. Gleich darauf
habe sie ein starkes Gewinsel gehört, woraus sie geschlossen, daß
dieser junge Prinz im Anfange nicht sonderlich glücklich sein werde.
»Die Sache geschieht gewiß,« fuhr sie fort, »wann aber, das ist mir
unbekannt und nicht offenbart worden.« Ich fragte sie, was es endlich
wohl für einen Ausgang mit dem gegenwärtigen Krieg nehmen werde. Ich
erhielt eine Antwort, deren ich mich von Wort zu Wort besinne: »Es ist
hier,« sagte sie, »nicht um Kronen und Länder, sondern um das wahre
Wort Gottes zu thun, und ich habe die Versicherung, daß dieses nebst
seinen Verteidigern nie unterliegen werde.« Noch eins hätte ich schier
vergessen: der Stadt Mainz soll ein großes Unglück bevorstehen, Landau
und Straßburg sollen nicht leer ausgehen.

Gerade in bedrängten Zeiten tauchen prophetische Stimmen am ehesten
auf, und so erschienen Anfang April 1761 plötzlich auch in Köln[64]
zwei alte Männer von ehrwürdigem Aussehen, die auf eine sonderbare
Art gekleidet und barfuß waren und nur Wasser und Brot genossen. Sie
verkündeten auf öffentlichen Gassen den Zorn Gottes über die Menschen
und weissagten, daß im Jahre 1765 sich in allen vier Weltteilen ein
allgemeiner Krieg entzünden, 1766 Konstantinopel zerstört werden,
1767 England im Wasser untergehen, 1768 die ganze Welt den wahren
Gott erkennen und 1769 ein großer Mann ein wichtiges Zeugnis davon
ablegen, 1770 ein allgemeines Erdbeben stattfinden, 1771 Sonne und
Mond samt den Sternen vom Himmel fallen, 1772 die Welt in Flammen
untergehen und endlich 1773 das allgemeine Weltgericht einbrechen
werde. Man verbot ihnen sogleich, ihre Mission fortzusetzen; sie aber
widersetzten sich diesem Befehle und gaben sich für Propheten aus, die
der Himmel abgesendet, die Menschen zu schleuniger Buße zu ermahnen.
Dieserhalb gefänglich eingezogen, wurden sie von den Jesuiten einem
Verhör unterworfen; sie antworteten in lateinischer, griechischer,
hebräischer, chaldäischer und anderer Sprache und gaben vor, 700 Jahre
alt und aus der Gegend von Damaskus gebürtig zu sein. Mit Erlaubnis der
Obrigkeit von den Jesuiten gefesselt nach Rom geschickt, wollten sie
dort die Richtigkeit ihrer Mission erweisen.

Nach den Freiheitskriegen verwirrte der durch seine Wanderung nach
Königsberg (1807/08) bekannt gewordene Landmann Johann Adam Müller[65]
vom Maisbacher Hofe bei Heidelberg die Gemüter vieler Rheinländer
gelegentlich seiner Reise zum Aachener Kongreß (1818), indem er
behauptete, es werde noch in diesem Jahre Napoleon von St. Helena
zurückkehren und ein neuer Krieg beginnen, der drei Jahre dauern
und Frankreich unter das Szepter der vier verbündeten Monarchen,
wozu er England zählte, bringen würde; sein Auftrag gehe diesmal
dahin, die vier Fürsten aufzufordern, alles daran zu setzen, eine
Religions-Vereinigung zu bewirken und Juden, Heiden und Türken dem
Glauben an Jesum Christum zuzuführen, worauf die glückselige Zeit auf
Erden beginnen werde.[66]

Die beiden namhaftesten Seher des Rheinlandes aber sind Rembold und
Knopp, bei deren Geschicken und Enthüllungen wir nunmehr verweilen
wollen.

Johann Bernhard Rembold[67] war im Dezember 1689 als Sohn eines alten
Leinwebers in dem unweit Siegburg gelegenen Dorfe Eschmar geboren.
Schon früh begleitete er seinen Vater auf dessen Geschäftsreisen,
die er ihm später ganz abnahm, und da dieser einen großen Teil seiner
Fabrikate auf der Abtei Siegburg absetzte, verwandte ihn der Abt häufig
als Boten in die ihm untergeordneten Klöster Oberpleis, Heisterbach
etc., so daß er viel mit den Ordensgeistlichen in Berührung kam. Durch
diesen Verkehr eignete sich der fromme, aber gänzlich ungebildete
Mann mancherlei Anschauungen an, die den meisten seiner Standes-
und Zeitgenossen fremd bleiben mußten. Nur mit einem Stab, einem
Rosenkranz und einer Geige ausgerüstet, durchzog er -- auch noch nach
seiner Verheiratung -- die Dörfer und Städte der bergischen Sieg-
und Rheingegend und besuchte vorzugsweise die Kirchweihfeste, wo er
durch den Vortrag einfacher Kirchenlieder und moralischer Erzählungen
die Leute zu fesseln suchte. Auf jedem Bauerngute, in jedem Kloster
war »Spiel-Bähn«,[68] wie man ihn seines Geigenspiels halber bald
ausschließlich zu nennen pflegte, ein gern gesehener Gast, der jeden
erlaubten Dienst willig verrichtete und sich noch im hohen Mannesalter
selbst einer Reise nach Rom, mit der ihn die Kölner Franziskaner
betrauten, gern unterzog.

Aus der heiligen Stadt mit großer Weltkenntnis zurückgekehrt, gab
Spielbähn die erste Probe seiner Sehergabe, indem er auf dem Eschmarer
Bauergeding[69] erklärte: »Künftiges Jahr werden wir nicht bauerdingen,
weil dann die ganze hiesige Gegend mit fremden Kriegern überschwemmt
sein wird.« Trotzdem sich diese Prophezeiung gleich vielen späteren
wirklich erfüllte, schenkte man doch seinen Visionen meist nur wenig
Glauben, was die Bezeichnung »Lügen-Bähn«, die schnell im ganzen Lande
gäng und gäbe wurde, genugsam bekundet. Bat ihn ein Spötter um eine
Prophezeiung, so erwiderte er mit großer Gelassenheit, daß es nicht
in seiner Macht liege, willkürlich künftige Geschicke zu verkünden,
sondern Gott ihm nur zu Zeiten einen Blick in die Zukunft eröffne;
am abendlichen Herdfeuer, im Kreise biederer Nachbarn aber, nahm er
häufig die graue Mütze von seinem ehrwürdigen Haupte, schaute, fromm
die Hände faltend, mit verklärtem Antlitz gen Himmel und berichtete
kurz und bestimmt, was die göttliche Huld ihn erschauen lasse, sehr oft
schließend: »Wenn auch die Menschen mich verhöhnen, indem sie sagen,
ich sei nur ein simpler Spielmann, so wird dennoch die Zeit kommen,
wo sie wahr finden werden meine Worte.« Einst bat er einen Nachbar,
mit ihm für den noch völlig gesunden N. zu beten, da er binnen kurzem
verscheiden werde -- und der Genannte starb am zweiten Tage; mehrere
Personen, die nach seiner Aussage ihre Wohnung nicht wiedersehen
würden, raffte der Tod auf dem Heimwege hin: der gräfliche Rentmeister
X. erlag einem Schlagflusse, ein Knecht aus der Nähe von Sieglar
wurde überfahren, ein Bauernmädchen aus derselben Gegend ertrank;
auch der Küster Haupts in Geistingen,[70] ein Kind in Sieglar, sowie
der Amtmann D. und der Schöffe T. in Honnef starben genau zu der von
Spielbähn angegebenen Zeit, der Gerichtsschöffe Kr., nach Verlust
seines Vermögens, wie dieser es ihm angekündet, »von Ungeziefer halb
verzehrt, in Troisdorf auf dem Stroh«. Matthias Bey, weiland Schöffe zu
Birlinghoven, hat oft erzählt, daß Spielbähn, der in seinem Elternhause
häufig eingekehrt und von seinem Vater wegen seiner Weissagungen
mitunter gehänselt sei, diesem eines Tages eröffnet habe: »Obgleich
du meine Worte verlachst, so wünschte ich doch, dir etwas Gutes
prophezeien zu können; leider ist es aber nur Schlimmes, was ich dir zu
sagen habe: du bist zwar ein braver Mann, dem Kirchengang und Gebete,
sowie dem Wohlthun ergeben, aber du wirst dennoch nicht in deinem Bette
sterben!« Sein Vater habe indes auch diese Prophezeiung ungläubig und
lächelnd hingenommen, sei aber am 5. Januar 1792, als er von einem
Taufschmause berauscht zurückkehrte, unterwegs -- etwa 3/4 Stunden von
seiner Wohnung entfernt -- erfroren.

Diejenigen Prophezeiungen Bähns, welche ein allgemeines Interesse
beanspruchen konnten, sind 1759 von einem alten katholischen
Landgeistlichen aufgezeichnet worden, dessen Niederschrift
Schrattenholz 1840 wieder aufgefunden und 1846 zuerst veröffentlicht
hat. Ein großer Teil derselben soll durch den Brand der Abtei Siegburg
(1772), das Anschwellen der Sieg (1784), die Enthauptung Ludwigs _XVI._
(1793), die Gewaltherrschaft Napoleons (1799-1814), die Aufhebung
der rheinischen Klöster (1803), die Gefangennahme des Papstes Pius
_VII._ (1809) und des Kölner Erzbischofs Clemens August (1837), die
Errichtung einer Irrenanstalt zu Siegburg (1824), die Anlage mehrerer
Landstraßen,[71] die Einführung von Eisenbahnen und Dampfboten[72]
u. s. w. bereits in Erfüllung gegangen sein, so daß sich nur noch die
Schilderung der letzten entscheidenden Schlacht,[73] die u. a. auch
die Wiederaufrichtung der Abteien Siegburg und Heisterbach im Gefolge
haben würde, zu bewahrheiten hätte. Die hierauf bezügliche Weissagung
hat folgenden Wortlaut:[74] »Ihr bergischen Länder, merket auf! Euer
Regentenhaus, welches abstammt von einem Markgrafentum, wird von seiner
Höhe plötzlich herabsinken und wird kleiner als ein Markgraftümchen
werden. Es bluten die Gläubigen im fremden Lande. Darum untergehen
wird ein großes Barbarenreich,[75] weil es solche Frevel zugelassen
und nicht beschützet hat die Kirche Christi und nicht geehrt hat ihre
Diener. Mit ihm sinken die falschen Propheten, als deren sich viele mit
Weib und Kind selbst verbrennen werden, und man 400 mit den Eingeweiden
erwürgen und die übrigen von einem Felsen am Rheine stürzen wird.
Das ist der Blutzeit Anfang. Die heilige Stadt Köln wird sodann eine
fürchterliche Schlacht sehen. Viel fremdes Volk wird hier gemordet, und
Männer und Weiber kämpfen für ihren Glauben. Und es wird von Köln, das
bis dahin noch eine Jungfrau, grausamlich Kriegswesen, Belagerung und
Verheerung nicht abzuwenden sein, und man wird allda bis ans Knöchel
im Blute waten. Zuletzt aber wird ein fremder König aufstehen und
den Sieg für die gerechte Sache erstreiten. Die Ueberbleibsel (_sc._
des Feindes) entfliehen bis zum Birkenbäumchen. Hier wird die letzte
Schlacht gekämpfet für die gute Sache. Die Fremden haben den schwarzen
Tod mit ins Land gebracht. Was das Schwert verschont, wird die Pest
fressen. Das bergische Land wird menschenleer sein und die Aecker
herrenlos, also daß man ungestört von der Sieg bis zum Oelberg[76]
wird eine Fuhr machen (pflügen) können. Die in den Bergen verborgen
sind, werden die Aecker wieder anbauen. Um diese Zeit wird Frankreich
zerspaltet sein. Das deutsche Reich wird sich einen Bauer zum Kaiser
wählen. Der wird ein Jahr und einen Tag Deutschland regieren. Der
nun die Kaiserkrone nach ihm trägt, der wird der Mann sein, auf den
die Welt lange gehofft hat. Er wird römischer Kaiser heißen und der
Menschheit den Frieden geben. Siegburg und Heisterbach wird er wieder
aufrichten, wie es weiland gewesen und von Anfang bestimmt war. Um
diese Zeit werden in Deutschland keine Juden mehr sein und die Ketzer
schlagen an die Brust. Und darnach wird eine gute und glückliche Zeit
sein; das Lob Gottes wird auf der Erde wohnen, und ist kein Krieg
mehr, denn über dem Gewässer. Darum werden die entflohenen Brüder von
dannen zurückkehren mit ihren Kindeskindern, und sie werden in ihrer
Heimat in Frieden wohnen fort und fort. Des sollen die Menschen wohl
achthaben, was ich gesagt habe; denn vieles Ungemach kann verbessert
werden durch Gebet zu Gott, dem erbarmungsreichen Vater der Menschen,
und Jesus Christus, hochgelobt in Ewigkeit.« Ueber die Zeit, zu der
die blutige Schlacht geschlagen werden soll, äußerte Spielbähn:[77]
»Die Schnell[78] wird eine Insel werden. Alsdann wird ein großes
Werk,[79] welches man in Köln begonnen hat, durch den großen Krieg
gestört werden. Die Bewohner hiesiger Gegend werden ihre Habseligkeiten
auf jener Insel verbergen, woselbst sie vor der Habgier der Krieger
gesichert sein werden.« Damals schien es fast unmöglich, daß der Wald
sich in eine Insel umbilden könne; im Laufe der Zeit aber hat der
bei seinen Fluten so wütende Siegfluß solche Strecken Landes mit sich
fortgerissen, daß man bereits 1848 die Abtrennung in nahe Aussicht
stellte, der Weissagung eingedenk, die die guten Müllekovener schon
während der Freiheitskriege, trotzdem die Schnell noch nicht zur Insel
geworden, bewogen hatte, ihre Schätze dorthin zu bringen, wo sie ihnen
dann sämtlich gestohlen wurden. Eine andere Prophezeiung[80] Spielbähns
verbreitete später sein Vetter Benrodt, ein früherer Pferdehändler,
der ihm in den letzten Lebensjahren als Stütze seiner altersschwachen
Glieder diente: »Wenn man sich in Deutschland aller Orten gegen die
Obrigkeit erheben wird, alsdann wird der Religionskrieg ausbrechen. Die
Türken als die Erbfeinde der Christenheit, werden bis Köln vordringen,
hier aber in einer mörderischen Schlacht zwischen Köln und Rodenkirchen
geschlagen werden. Auf der Miel[81] wird man mehrere große Leute an
Bäumen erhängt sehen, und es wird so mörderisch hergehen, daß nach
Beendigung des Krieges ein Nachbar dem ihm Begegnenden mit dem Ausrufe
um den Hals fallen wird: Bruder, wo hast du dich erhalten? Dann
wird das bergische Land so arm sein, daß kein Potentat es geschenkt
zu haben verlangte.« Als Spielbähn einst bei Deutz gerastet hatte,
erklärte er,[82] er habe durch die dichten Haufen der Soldaten nicht
dringen können, die lange weite Kleider, krumme Säbel und ein Tuch um
den Kopf gehabt. Auch sagte er: Durch eine Beschießung mit glühenden
Kugeln werde Köln bis an die Bach abbrennen; an das Gnadenbild in der
Schnurgasse werde es jedoch nicht kommen. Die Kugeln würden auch über
den Dom fliegen, dort aber nicht zünden. Die einrückenden Soldaten
werden auf ihrer Kopfbedeckung Kreuze haben und vom Augustiner-Platze
her, Marspforten herunter, so eilig auf die Brücke zulaufen, daß
der Kamerad seinen Kameraden in den Rhein stürzt, um wegzukommen.
Ueberhaupt wird auch hier die Flucht von allen so eilig dargestellt,
wie in Westfalen, und wenn man hier getrost die Schinken auf die Zäune
hängen könne, weil den Fliehenden die Zeit, sie abzunehmen nicht
vergönnt sei, so sollen sie dort das Fleisch der bergischen Kühe, weil
sie keine Zeit es zu kochen hätten, unter die Sättel legen.

Am Abend des 1. Januar 1772 hatte Spielbähn die Gäste eines Eschmarer
Wirtshauses aufgefordert, die Karten wegzulegen und nach dem Siegburger
Berg zu eilen, wo eine Feuersbrunst bald die ganze Abtei mit Ausnahme
der Kirche zerstören würde. Da dieselbe etwa eine Stunde darauf
thatsächlich in hellen Flammen stand, wurde der 82jährige Greis als
Brandstifter verdächtigt und auf Befehl der Düsseldorfer Regierung als
Untersuchungsgefangener nach Honnef abgeführt. Nachdem er über ein Jahr
im Gefängnis ausgehalten und schließlich wegen Mangel an Beweisen in
Freiheit gesetzt war, nahm er seine Wanderungen zwischen Honnef und
Köln wieder auf, an letzterem Orte besonders oft und lange bei den
Kartäusern verweilend. Zu Köln auch hauchte er am 20. Februar 1783 in
den Armen des Apothekers Schnitzler seinen prophetischen Geist aus;
seine irdischen Reste wurden auf dem Kirchhofe zu St. Marien-Ablaß
beigesetzt, später aber -- wie er noch kurz vor seinem Verscheiden
vorhergesagt -- wieder ausgegraben und nach dem am 29. Juni 1810
eingeweihten neuen Friedhofe von Melaten gebracht.

Es ist leicht zu begreifen, daß die wundersüchtige Menge dem alten
Manne tausend erlogene Prophezeiungen in den Mund gelegt und die
albernsten Sachen auf seine Kosten erfunden. Wie wenig Glauben selbst
die im Brustton der Ueberzeugung vorgetragenen und häufig sogar noch
ausdrücklich als »verbürgt« bezeichneten Nachrichten verdienen, mag
folgende Probe, die ich der Schrift von Burg[83] entnehme, bekunden. Zu
Spich, einem Dorfe in der Gemeinde Sieglar, befindet sich ein tiefer
Weiher, genannt Pohstadt; allda ist ehedem eines altadligen deutschen
Geschlechtes prachtvolle Burg versunken, in der damals zwei Brüder
hausten, von denen der eine bereits des wirklichen Todes Schrecknisse
gekostet, der andere hingegen, einem Scheintoten ähnlich, in Entzückung
liegt. »Diesem,« sagt der alte Bernard, »gehört rechtmäßig das
bergische Land; nach der mörderischen Schlacht, die zu Köln ihre
Walstatt haben wird, wird der entzückt liegende Bruder erwachen,
selber nach Köln kommen, und alle werden, sich vor ihm verbeugend, ihm
huldigen, und er wird, ihnen aufrichtig dankend, das bergische Land
in Besitz nehmen: niemand aber wird ihn kennen.« Infolge dieser -- wie
Burg selbst zugiebt -- »wirklich romanhaft klingenden« Vorhersagung
sei, während Bähn im Gefängnis saß, ein mutiger Mann beauftragt, aus
jenem Schlosse, das damals eine Oeffnung gehabt, einen zinnernen
Teller als Wahrzeichen zu holen, von den anderen Schätzen aber nichts
zu berühren. Dieser habe sich, wahrscheinlich von ihrem herrlichen
Glanze geblendet, an einer silbernen Mütze vergriffen und deshalb
zur Strafe seiner Untreue allda den Tod gefunden, ein anderer jedoch
den fraglichen Teller glücklich hervorgeholt, worauf der hochbetagte
Prophet sofort seiner Haft entlassen und wieder in volle Freiheit
gesetzt wäre.

Ziemlich gleichzeitig mit Spielbähn lebte Johann Peter Knopp,[84]
vom Volke gewöhnlich Jannes-Pitter Körper genannt. Im Jahre 1714 zu
Ehrenberg in der Pfarrei Neustadt von armen Eltern geboren, diente er
auf dem Hofe Kurp[85] zu Erl, bis er sich soviel erspart hatte, daß
er nach Beendigung des siebenjährigen Krieges (1763) ein Bachem'sches
Landgütchen zu Ohlenberg in Pacht nehmen und sich verheiraten konnte,
obschon er trotz seines Fleißes noch oft mit der bittersten Not zu
kämpfen hatte. Später wohnte er abwechselnd in Erl und Ohlenberg,
und hier wie in Linz, wohin er mindestens allsonntäglich zur Kirche
kam, unterhielt er sich gern über den Lauf der Gestirne, über
Witterungskunde, Kapitel der Bibel und der 12 Sibyllen Weissagungen,
zugleich seine eigenen Visionen, die meist auf Beobachtungen von
Lufterscheinungen beruhten, zum besten gebend. Häufig sah man ihn
stundenlang wie tot auf dem Rücken liegen und gen Himmel starren.

Bald gingen seine Prophezeiungen von Mund zu Mund, und als ihm der
Pastor Frömbgen einst verbot, den Leuten mit seinen »Lügen« noch
weiter die Köpfe zu verdrehen, citierte er aus der Bibel so viele
Beweisstellen für seine Voraussagungen, daß der Geistliche schließlich
von seiner Forderung Abstand nahm. Riefen ihm aber die Dorfkinder
spottend nach: »Jannes Pitter, lug[86] mer doch och wat vör!« dann
wurde er zornig und prophezeite ihnen häufig etwas, das sie sicher
nicht gerne hörten, z. B. einem gewissen Schmitz aus Noll, den mehr
als 50 Jahre später der Schlag auf der Landstraße rührte, daß er nicht
in seinem Bette sterben, einem Jungen aus dem Kirchspiel Windhagen,
daß er noch vor den Franzosen fliehen würde. Auch dem Arbeitsmann
Hubert Bungard aus Linzhausen entgegnete er auf die Aeußerung:
»No, wat säht[87] dä Lug-Jannes-Pitter hück ald[88] widder?« »Wat,
do wellß mich Lug-Pitter schänge? Schammß do dich nit, do älendet
Lästermuul? Aevver waht,[89] jetz wähden ich ens e paar Wöhdcher met
deer spreche: Do weehsch noch emol esu ne Bangebozz[90] wähde, dat
do deer vör lunter Angs ene Aehzekessel op dinge Pädskopp[91] sezze
weehsch!« Und wirklich, als im Jahre 1794 sich österreichische und
französische Truppen bei Linzhausen schlugen und das Dorf mit einem
Kugelregen überschüttet wurde, verfolgte Bungard den Verlauf des
Gefechts aus einem Speicherfenster, sein Haupt durch einen umgestülpten
Kochtopf sichernd. Dem Linzer Fuhrmann Pütz, der ihn stets gastlich
aufnahm, kündigte Jannes-Pitter einen großen Weintransport an, der
ihn monatelang bis zu einem Tage, den er später gleichfalls vorher
bestimmte, von Hause fern halten würde; ein andermal riet er ihm bei
herrlichem Wetter vergebens von einer Ausfahrt ab, da er die Sieg doch
nicht überschreiten und selbst leicht verunglücken könne, aber heftige
Wolkenbrüche überzeugten Pütz bald von der Berechtigung der Warnung.

Derartiger Fälle ließen sich noch viele verzeichnen; um jedoch die
Geduld des Lesers auf keine allzu harte Probe zu stellen, will ich zu
denjenigen Vorhersagungen übergehen, die sich nicht auf die Geschicke
ihm ganz gleichgültiger Personen beschränken. »Ihr werdet es erleben,«
prophezeite er den Jungen in Bruchhausen bei einer der alljährlich von
Linz dorthin ziehenden Ostermontags-Prozessionen -- »daß ihr keinen
Kurfürsten mehr habt und bekommt ein protestantisches Oberhaupt. Das
Zeichen, an dem ihr die Wahrheit dieses erkennet, ist das: der letzte
Kurfürst ist mit dem österreichischen Kaiser nahe verwandt; er kömmt
den Rhein herab und mit einer Pracht, so ihr noch nicht gesehen habt.
Auch hat er statt der Domherren nur Damen bei sich.« Und bekanntlich
ist Maximilian Franz, ein Erzherzog von Oesterreich, 1801 als letzter
Kurfürst von Köln gestorben, und das durch den Luneviller Frieden
(1801) geteilte Erzstift 1815 wieder vereinigt und dem Königreich
Preußen zugeteilt, dem es verbleiben und einem langen Frieden verdanken
soll. Auch Jannes-Pitters Ankündigung aus den 1770er Jahren »Es kommt
die Zeit, wo die Klöster aufgehoben, die Herren vertrieben und alle
ihre Güter verkauft werden,« wegen deren Wiederholung ihm der letzte
Abt von Heisterbach und die letzte Aebtissin des adligen Damenstiftes
zu St. Katharina ihre Gunst entzogen, ist im Jahre 1803, und seine
Prophezeiung über den Verkauf des Linzer Kirchspiel-Waldes, die er 1783
seinen Arbeitsgenossen auf der Eishardt auftischte, in den Jahren 1835
bis 1837 zur Wahrheit geworden.[92]

Gleich Spielbähn, mit dessen Prophezeiungen man noch weitere
Uebereinstimmung bemerken wird, sprach auch Jannes-Pitter schon von
Schiffen und Wagen »ohne Pferde«. Wenn diese mit grillenden Tönen
laufen werden, ein Gotteshaus zwischen Ohlenberg und Linz[93] errichtet
sein, und die Ahr ihre Mündung über der Kripp auf die Pfarrkirche
zu Linz (oder den Kaisersberg) zu[94] erhalten haben wird, dann
werden traurige Ereignisse eintreten. Wohl werden die Leute glauben,
im goldenen Zeitalter zu leben, aber hüten mögen sie sich, daß sie
nicht im Strudel zu Grunde gehen. Es wird Krieg geben, wenn keiner
es ahnt; man wird fürchten und bangen, und es wird wieder ruhig und
jeder sorglos sein. Wenn die Brücke zu Köln[95] fertig sein wird, wird
Kriegsvolk gleich darüber gehen. Man wird eine Straße von Linz nach
Asbach bauen durch den Erpeler Büsch (oder über die Rottbitz),[96]
aber sie wird nicht fertig werden: die Arbeiter gehen noch vom Wege
laufen. Kriegsvolk wird den Rhein besetzen, und alles Mannsvolk muß
mit, was nur eine Mistgabel tragen kann. Es wird ein Krieg sein, wie
vordem nicht erlebt worden, aber er wird recht lange dauern: die
zuletzt noch aufgefordert werden, kommen, wenn alles vorüber ist.
Es wird hart hergehen, besonders bei Koblenz. Von Leutesdorf (oder
Hammerstein) bis Unkel wird es noch leidlich sein, wiewohl es auch
hier hart hergeht.[97] Die Linzer werden viel, doch längst nicht am
meisten leiden, und viele alles verlassen und im Gebüsch wohnen; bei
Unkel (oder vom Honnefer Graben) und vom Siebengebirge an wird das Blut
in Strömen fließen. Es werden (1 oder) 3 gute Jahre vorhergehen, denen
3 Mißjahre voller Elend und Drangsale folgen.... Die Fremdlinge werden
nach hartem Widerstande geschlagen, Frankreich wird zerrissen und ein
Fürst so zurückgedrängt, daß er von einem dreibeinigen Stuhle seine
ganze Herrlichkeit überschauen kann.« Nach einer genauen Schilderung
der sich gegenüberstehenden Heere läßt der Seher schließlich die
östreichischen Waffen siegen und schließt: »Nach diesen Tagen wird
man eine Kuh an eine goldene Kette binden können, und wenn sich Leute
treffen, werden sie einander fragen: Freund, wo hast du dich erhalten?«
Dann soll auch alles ehemalige Klostergut den Klöstern zurückgegeben
werden.

Jannes-Pitter verstand es, durch Miene und Ausdruck seine Zuhörer zu
fesseln, die seine große Einsicht in fast alle Lebensverhältnisse
bewunderten und ihm ihren Dank oft durch kleine Gaben bezeigten. Seine
Armut nämlich war so groß, daß er 1794 zu Ohlenberg in einem Stalle
starb und seine kinderlose Witwe von der dortigen Gemeinde bis zu
ihrem Tode unterhalten werden mußte. Der Ruf seiner Sehergabe aber
war -- vielleicht durch den k. k. General Alfter von Ockenfels -- bis
an den östreichischen Hof gedrungen, wohin ihn, wie er früher häufig
vorhergesagt, zwei Tage nach seinem Tode, als er auf dem Schauf
(Schaubett) lag, ein mit Schimmeln bespannter Galawagen bringen sollte.

Mit großartigen Prophetengaben wurde auch Helena Wallraff[98]
ausgeschmückt, die 1755 in dem etwa 1/2 Stunde von Kirdorf entfernten
Dorfe Brüggen geboren und seit 1783 mit Wilhelm Horst ([dagger]
1809) verheiratet war. Ihr Seelsorger, der 1781 von Marienstatt nach
Kirdorf gesandte Pfarrer Heinen, wies die Ermahnungen, mit denen sie
auch ihn nicht verschonte, anfangs als unberufene Anmaßung zurück,
wandte aber, nachdem er sich von der Richtigkeit und Heiligkeit
ihres Wandels überzeugt und Helena ihm wiederholt seine innersten
Gedanken und verborgene Dinge offenbart, ihren Aeußerungen immer
größere Aufmerksamkeit zu und ließ sich endlich sogar bewegen, ihre
Offenbarungen schriftlich aufzunehmen. Fast täglich hat sie ihm mehrere
Stunden ununterbrochen, ohne Anstoß, ohne je ein Wort zurückzunehmen
oder zu verändern, ihre Schauungen in die Feder diktiert, die der
Pfarrer allmählich sorgfältig abschrieb. Zu dieser Zeit hielt Helena
große religiöse Umzüge, an denen sich alle Nachbarschaften beteiligten,
bis 1799 die französischen Polizeibehörden einschritten und die Seherin
nebst vielen Brudermeistern nach Köln ins Gefängnis schleppten. Dorthin
wurde am 14. Juni auch der Pfarrer Heinen zum Verhör gebracht, vom
Präsidenten Kley aber, dem Helena in einem Strahlenkranze erschienen
war, bald wieder entlassen, während die Seherin, wie sie ihren
Mitgefangenen vorhergesagt, der Müller Körfgen durch Erlegung der auf
900 Franken bemessenen Geldstrafe befreite. Die ihm zurückgegebenen
Offenbarungen legte der Pfarrer nach der Vorschrift des Trienter
Konzils dem damals in Ellingen weilenden Kurfürsten Maximilian Franz
zur Prüfung vor, der ihn das Ergebnis der über 8 Monate dauernden
Beratungen auf der Abtei Marienstatt abwarten und dann in seine Pfarrei
zurückkehren ließ. Infolge fremder Ratschläge, oder vielleicht auch aus
Menschenfurcht, weigerte sich nunmehr aber Heinen, die Niederschrift
der Offenbarungen fortzusetzen, und auch nicht er, sondern Helenas
Ehemann hat ihr »Büchlein des Trostes«[99] von April bis Weihnachten
1800 aufgezeichnet, das erst später dem Pfarrer übergeben und von
dessen Neffen veröffentlicht wurde. Die Prophetin war groß und hager,
gewöhnlich mit einem faltenreichen braunen Wollkleid bekleidet,
keineswegs eine »frömmelnde Quiesel«, sondern heiter und umgänglich,
stets sauber und fleißig, besorgt um ihren Mann und ihre vier Töchter
und trotz nur geringen Vermögens auf fremde Hülfe nie angewiesen. Sie
durchschaute angeblich der Menschen Herzen, ihre Vergangenheit und
Zukunft, und hat den Untergang vieler ansehnlichen Familien in der
Gemeinde vorhergesagt; sie wollte belehren und mahnen, wie die alten
Propheten das dem Abgrund zutaumelnde Geschlecht mit Gottes Macht
zurückrufen. Der Grundgedanke des umfangreichen Diktats, das jetzt
im Wiener Archiv ruhen soll, ist die Herstellung des verschwundenen
christlichen Glaubens, die Wiedererweckung aufopfernder christlicher
Liebe und dadurch eine nachhaltige Aushülfe der Armen und Gedrückten.
Helena fordert auf zur Demut, Einfachheit der Sitten und Genügsamkeit,
da sonst blutige Verwicklungen drohten; vor hundert Jahren sagte sie
die Flucht des Papstes und den Verlust seiner weltlichen Herrschaft
voraus, und ließ ihn seinen Sitz noch in Köln nehmen. Sie prophezeite
Verwirrung, blutige Zerrüttung und drohenden Umsturz des Bestehenden:
Oestreich würde schwer heimgesucht, Polen wieder hergestellt,
Frankreich in viele Teile zerrissen, der Türke in das Völkerdrama
gerufen und in den Bund der christlichen Völker aufgenommen, bei oder
in Köln der Weltfriede geschlossen werden; es sollen die stehenden
Heere, Titel und Vorrechte abgeschafft, die Klöster nach weise
beschränkenden Regeln wieder errichtet, die Schulen von Geistlichen
gehalten und die Fabrikanlagen auf das richtige Maß zurückgeführt
werden. So sprach die des Lesens und Schreibens unkundige Bauernfrau
über Länder und Reiche, Herrscher und Völker, Staat und Kirche. Nachdem
sie am 14. September 1801 gottergeben verschieden war, wurde, wie sie
befohlen, noch eine Schrift, in Pergament gehüllt, ihr aufs Herz gelegt
und mit ihr auf dem stillen Friedhofe der geweihten Erde anvertraut.
Ihre Verehrer, überzeugt von ihrem heilig vollbrachten Leben, haben nie
unterlassen, an ihrem Grabe ihre Fürbitte anzurufen, und viele dort
gesammelte Steinchen noch ein halbes Jahrhundert später zur frommen
Erinnerung bei sich getragen.

Sehr bald in Vergessenheit hingegen geriet die Hellseherin Anna Maria
Rübel.[100] Diese, 1799 als Tochter eines Webers in Altenhaus-Kothen
bei Velbert geboren, wurde am 24. Januar 1818 in Elberfeld, wohin sie
in einem Anfall gelaufen war, auf der Straße gefunden, anscheinend mit
Epilepsie befallen; von der Polizeibehörde einem Wundarzt übergeben,
wurde sie soweit kuriert, daß sie nach Langenberg gebracht werden
konnte, wo sie im Hause des Polizeidieners Ricker untergebracht
und von Zutrauen verdienenden Männern genau beobachtet wurde. Von
ihren meist recht belanglosen Offenbarungen  -- sie verrät z. B., in
welcher Ecke ein alter Mann sein Pfeifchen raucht und ein Arzt Rezepte
schreibt -- sind einige als verfehlt, andere freilich als zutreffend
befunden worden; da die Rübel aber einigemal bei dem Versuch, ihre
Beobachter zu täuschen, betroffen ist, wird man selbst in den Fällen,
wo ein Betrug nicht zu entdecken war, ihre Wunderkraft mit Recht in
Zweifel ziehen.

Leute, die, statt durch harte Arbeit ein vielleicht nur kümmerliches
Dasein zu fristen, lieber die Dummheit und Leichtgläubigkeit ihrer
Mitmenschen zu mühelosem und reichlichem Gelderwerb benutzten, hat
es stets und überall in großer Menge gegeben, und leicht ließen
sich solcher verschmitzten Betrüger auch in den Rheinlanden von der
Klever Geisterseherin Helena Verführt (1682)[101] bis hinauf zu dem
Kölner Schatzheber und Wahrsager Jakob Küpper (1816 bis 1850)[102]
aus Zeitungen und Untersuchungsakten recht viele nachweisen. Außerdem
sind von politischen und religiösen Parteien schon wiederholt
Prophezeiungen zu ihren Gunsten erfunden oder verfälscht worden, und
endlich auch unbeabsichtigte Abänderungen (Zusätze, Weglassungen und
Anpassungen) bei lebhaftem Umlauf nicht einmal in friedlichen Zeiten zu
vermeiden. Schon deshalb fordert die Vernunft, alle Offenbarungen zu
verwerfen, solange man nicht die echten von den unechten, die wahren
von den falschen zu scheiden vermag; das Volk aber wird sich bei des
Menschengeistes unvertilgbarem Drange, den Schleier der Zukunft zu
lüften, den Glauben an seine Seher und Propheten niemals nehmen lassen
und ihre Enthüllungen zumal dann immer von neuem wieder hervorholen,
wenn irgend ein Ereignis deren Richtigkeit zu bestätigen scheint.

[Illustration: Dekoration]




Orts- und Personen-Register.


   Aachen 34.

   Ahr 47.

   Alfter 49.

   Altenkirchen 48.

   Andernach 7.

   Anna v. England 32.

   Asbach 48.


   Bachem 44.

   Barmen 18.

   Baschkiren 21.

   Bender 24-32.

   Benrodt 41.

   Berg 6. 35. 39. 40. 41. 42. 43 f.

   Bergerbusch 20.

   Bey, M. 37.

   Bingen 24.

   Birlinghoven 37.

   Böckum 7.

   Böhmen 29.

   Bonn 15 f. 24. 41.

   Braunschweig-Wolfenbüttel, L. E. v. 32.

   Breuning, v. 16.

   Bruchhausen 46.

   Brüggen 50.

   Büchel 7.

   Büderich 20.

   Bungard, H. 45 f.


   Cäsarius v. Heisterbach 4.

   Clemens August _I._ v. Köln 13-14.

   Clemens August _II._ v. Köln s. Droste.

   Clemens Wenceslaus v. Trier 13.

   Cler, de 16.


   Damaskus 33.

   Deutschland 21. 22. 39 f.

   Deutz 41.

   Dönberg 6.

   Droste-Vischering, C. A. 37.

   Düsseldorf 20 f. 42.


   Ehrenberg 44.

   Ehrenbreitstein 13.

   Eishardt 47.

   Elberfeld 53.

   Elbertz, E. 22 f.

   Ellingen 51.

   England 32. 33. 34.

   Erl 44.

   Erpel 48.

   Eschen 7.

   Eschmar 34. 35. 42.


   Frankreich 22. 29. 34. 39. 46. 49. 50. 52.

   Friedrich d. Gr. 28-32.

   Frömbgen 45.

   Führt 14.

   Fürth 38.


   Geistingen 36.

   Gerhard 10 f.

   German, K. 9.

   Grevenbroich 20.

   Großenbaum 7.

   Gummersbach 18.

   Gustorf 20.


   Hahnerhof 20.

   Hammerstein 48.

   Hangelar 38.

   Haupts 36.

   Heidelberg 34.

   Heinen 50.

   Heisterbach 4. 35. 38. 39. 40. 47.

   Helena, St. 34.

   Herbeck 7.

   Herkenrath 7.

   Hochkirch 12.

   Hoff 17.

   Hoffin 24-32.

   Hoheneichen 20.

   Holzhauser, B. 24.

   Honnef 37. 42. 49.

   Horrweiler 24 f.

   Horst, W. 50 f.

   Huart, J. 9.

   Hundel 47.


   Jannes-Pitter s. Knopp.

   Jasper 22.

   Immigrath 17.

   Judden, H. v. 22.


   Kälber-Gerhard 10 f.

   Kaisersberg 47.

   Kaufbeuren 13.

   Kirdorf 50.

   Kleve 54.

   Kley 50.

   Knopp, J. P. 22. 34. 44 bis 49.

   Koblenz 13. 16. 21. 38. 48.

   Köln 8 f. 12. 13. 19. 22 f. 33. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 47. 48. 50. 52.

   Königsberg 34.

   Körfgen 51.

   Körper s. Knopp.

   Kollin 31.

   Konstantinopel 33.

   Kreuznach 24 f.

   Kripp 47.

   Küpper, J. 54.

   Kürten 7.

   Kurp 44.


   Landau 32.

   Langenberg 53.

   Laubheim 24.

   Leutesdorf 48.

   Linz 44. 46. 47. 48.

   Linzhausen 45 f.

   Lobositz 28.

   London 38.

   Ludwig _XVI._ 32.

   Ludwig Ernst v. Braunschweig-W. 32.

   Lügen-Bähn s. Rembold.

   Luneville 47.


   Mainz 29 f. 32. 38.

   Mannheim 29.

   Maria Crescentia 13.

   Maria Theresia v. Oestreich 28-32.

   Marienstatt 50. 51.

   Maximilian Franz v. Köln 47. 51.

   Maximilian Friedrich v. Köln 16.

   Maximilian Heinrich v. Köln 9.

   Meiderich 12.

   Melaten 43.

   Meschede 12.

   Mettmann 7. 17.

   Mieg 31.

   Miel 41.

   Mondorf 38.

   Mosel 21.

   Mülheim 19.

   Müllekoven 40 f.

   Müller, J. A. 34.


   Napoleon _I._ 34. 37.

   Nassau 7.

   Neuß 14.

   Niederlande 32.

   Niederrhein 5. 11.

   Noll 45.

   Nordrath 7.

   Nümbrecht 12.

   Nürnberg 38.


   Oberpleis 35.

   Ockenfels 49.

   Oelberg 39.

   Oestreich 28-32. 46. 47. 49. 52.

   Ohlenberg 44. 47. 49.

   Opladen 11.

   Oranien, Prinz v. 32.


   Pfalz 29.

   Pirre, J. 24.

   Pius _VII._ 37.

   Pohl, H. 23.

   Prag 30, 31.

   Preußen 28-32. 47.

   Pütz 46.


   Raderthal 23.

   Radevormwald 15.

   Reisdorf 20.

   Rembold, J. B. 22. 34-44.

   Remlingrade 18.

   Rettig 25.

   Reul, B. 9.

   Rhein 6. 21. 22. 38. 39. 46. 48.

   Richrath 17.

   Ricker 53.

   Rodenkirchen 41.

   Rom 24. 33. 35. 48.

   Rottbitz 48.

   Rübel, A. M. 53.

   Rußland 38.


   Salzburg 22.

   Schlinkert, P. 12-14.

   Schmitz 45.

   Schnegell, C. 7-9.

   Schnell 40 f.

   Schnitzler 43.

   Schwaben 13. 24.

   Sibyllen 45.

   Siebengebirge 39. 49.

   Sieg 37. 39. 46.

   Siegburg 12. 34. 35. 37. 38. 39. 40. 42.

   Sieglar 36. 38. 43.

   Siegthal 11.

   Sinzig 47.

   Spich 43.

   Spielbahn s. Rembold.

   Straßburg 32.

   Sülz 7.

   Sulzbach, Prinz v. 30.


   Thomas v. Aquin 9.

   Trient 51.

   Trier 13.

   Troisdorf 37.

   Türkei 21. 34. 38. 41. 52.


   Unkel 48 f.


   Velbert 53.

   Verführt, H. 54.

   Vetweis, B. 9.

   Vollmerhausen 18.


   Wallraff, H. 50-53.

   Ward 25.

   Werl 20.

   Westfalen 5. 12. 29.

   Wien 52.

   Wiesbaden 28. 31.

   Wilhelm V. v. Oranien 32.

   Windhagen 45.

   Wönkhausen 17.

   Wülfrath 7.

   Wupperthal 18.

[Illustration: Dekoration]


  Westfälische Vereinsdruckerei
  vormals Coppenrath'sche Buchdruckerei, Münster i. W.




   In unterzeichnetem Verlage sind von demselben
   Verfasser Professor #Dr. Paul Bahlmann#
   erschienen:


    Westfälischer Sagenkranz.

    Brosch. Mk. 2,50. Gebunden Mk. 3,50.


    [Illustration: Dekoration]


    Westfälische »Spökenkieker«
    und ihre Vorgeschichten.

    Eine Sammlung älterer Prophezeihungen
    aus und über Westfalen.

    Eleg. brosch. Mk. 0,50.


    [Illustration: Dekoration]


    Aus Münsters Vergangenheit.
    Eine kurze Stadtgeschichte.

    Mit einem chronologischen Verzeichnis
    der bemerkenswertesten älteren
    Bauten.

    Elegant brosch. Mark 0,60.


    [Illustration: Dekoration]


    H. Mitsdörffers Buchhandlung #Hans Ertl#,
    #Münster in Westfalen#.


    Ferner ist in unterzeichnetem Verlage erschienen:


    #Gedichte# von #Emmie H. Beckhaus#.

    Elegant brosch. Mk. 2,50. Gebunden Mk. 3,60.


    [Illustration: Dekoration]


    _»Wu't mankst gaiht!«_

    von #H. zu Knyphausen#.
    Kleine Erzählungen in münsterländischer Mundart.

    Elegant brosch. Mark 1,--.


    [Illustration: Dekoration]


    Abriß der Logik und Erkenntnislehre
    von Professor _Dr. Kappes_.

    Brosch. Mark 1,--.


    [Illustration: Dekoration]


    Abriß der Psychologie
    von Professor _Dr. Kappes_.

    Brosch. Mark 1,50.


    [Illustration: Dekoration]


    Abriß der Metaphysik
    von Professor _Dr. Kappes_.

    Brosch. Mark 1,50.


    [Illustration: Dekoration]


    H. Mitsdörffers Buchhandlung #Hans Ertl#,
    #Münster in Westfalen#.




Fußnoten:


[1] F. E. v. Mering und L. Reischert, Historische Nachrichten über
Teufelsbanner, Wahrsager etc., Köln 1843, S. _IV._ f.

[2] Zahlreiche Gesichte und Vorhersagungen aus den Rheinlanden im 12.
und 13. Jahrh. hat der Mönch und spätere Prior Cäsarius von Heisterbach
(ca. 1180-1240) gesammelt. Vgl. die von A. Kaufmann in deutscher
Uebersetzung veröffentlichte Auswahl: Annalen des histor. Vereins für
den Niederrhein, Heft 47 und 53, Köln 1888/91.

[3] Hierüber vgl. hauptsächlich: M. Perty, Die mystischen Erscheinungen
der menschlichen Natur, 2. verb. Aufl., Leipzig und Heidelberg 1872,
Bd. _II_, S. 276-303; K. du Prel, Das zweite Gesicht (= Deutsche
Bücherei _XIX_), Breslau 1882; J. M. Schlenter, Das zweite Gesicht,
Leipzig 1893.

[4] (J. Kerner), Blätter aus Prevorst, 9. Sammlung, Stuttgart 1837, S.
175.

[5] Archiv für den tierischen Magnetismus, Bd. _X_ St. 2, Leipzig 1822,
S. 164.

[6] Die starke Abnahme des zweiten Gesichts in neuerer Zeit führt
du Prel (_l. c._ S. 20) darauf zurück, daß mit der Kultur und dem
zunehmenden Verkehr das nur in der Abgeschiedenheit gedeihende
Gefühlsleben immer mehr zurücktritt und das reflektierende Leben
überwiegt.

[7] O. Schell, Bergische Sagen, Elberfeld 1897.

[8] _ibid._ S. 34 _nr._ 36.

[9] _ibid._ S. 43 _nr._ 61.

[10] _ibid._ S. 341 _nr._ 38.

[11] _ibid._ S. 73 _nr._ 1.

[12] _ibid._ S. 80 _nr._ 16.

[13] _ibid._ S. 102 _nr._ 43.

[14] _ibid._ S. 304 _nr._ 25.

[15] Dr. Terwelp im Niederrheinischen Geschichtsfreund, Jahrg. 5,
Kempen 1883, S. 189 f. -- Ueber ganz ähnliche Gesichte in Nassau s.
Chr. v. Stramberg, Coblenz, Bd. 3, Coblenz 1854, S. 756.

[16] Vgl. Archiv für d. tier. Magnetismus X^2, S. 164-167; _ibid._ S.
167-169 erzählt derselbe Einsender einen merkwürdigen Traum seiner
Schwester, der sich noch im selben Jahre (1804) in allen Einzelheiten
verwirklichte.

[17] Vgl. W. v. Waldbrühl (d. i. Fl. v. Zuccalmaglio), Die Wesen der
niederrheinischen Sagen, Elberfeld 1857, S. 36; Schell _l. c._, S. 244
_nr._ 229.

[18] Vgl. J. B. Dornbusch in d. Annalen des histor. Vereins für d.
Niederrhein, Heft 30, Köln 1876, S. 147; Schell _l. c._, S. 458 _nr._
64. -- Nach Dornbusch (_l. c._ S. 149) glaubt man noch jetzt in und um
Siegburg: »Pferde und Hunde können die Geister sehen. In der Nähe der
Häuser, wo bald eine Leiche sein wird, heulen die Hunde mit klagendem
Tone. Manche Pferde scheuen vor der Thür der Häuser, in denen bald
jemand stirbt, und können dort bisweilen nicht von der Stelle gebracht
werden; der Geist steht nämlich mitten auf dem Wege und macht sie
scheu. Auch die Elster und die Eule verkünden durch ihr Geschrei in
nächster Nähe der Wohnungen einen baldigen Todesfall.« Ueber ein
geistersichtiges Pferd im Kirchspiel Nümbrecht s. Schell _l. c._, S.
403 _nr._ 13.

[19] Vgl. K. Dirksen, Volkstümliches aus Meiderich, Bonn 1895, S. 44.

[20] P. Bahlmann, Westfälische »Spökenkieker« und ihre Vorgeschichten,
Münster 1897, S. 8-10 und 27-29.

[21] Auf einer Reise durch Schwaben besuchte Clemens August in
Kaufbeuren die im Rufe der Heiligkeit stehende und mit der Gabe
der Weissagung bevorzugte Franziskanerschwester Maria Crescentia
(1682-1744) und bat diese in guter Laune, ihm etwas aus seinem
künftigen Leben zu offenbaren. Die fromme Klosterfrau nahm anfänglich
Abstand, seinem Begehren zu willfahren, gab aber endlich seinen
wiederholten dringenden Bitten Gehör und weissagte dem Fürsten, daß
er zwar viele Schlösser erbaut, aber doch in keinem derselben sterben
werde. (F. E. v. Mering, Geschichte der vier letzten Kurfürsten von
Köln, Köln 1842, S. 73 f.) Und wirklich starb Clemens August 1761 auf
der kurtrierischen Feste Ehrenbreitstein, deren Spukgeschichten (s. Fr.
Bülau, Geheime Geschichten etc., Bd. _I_, Leipzig 1850, S. 449-464)
eine Hauptveranlassung gegeben haben, daß der letzte Kurfürst von
Trier, Clemens Wenceslaus ([dagger] 1812), seine Residenz nach Koblenz
verlegte. Dem Tode Clemens Augusts gingen angeblich verschiedene
Vorzeichen voraus: Auf einer Redoute, kurz vor seiner Abreise, wurde
er überall von einer Totenmaske verfolgt, die, als man sich ihrer
bemächtigen wollte, spurlos verschwunden war; die Gewichte der Hofuhr
fielen herunter und die Pferde vor dem Reisewagen scheuten und wollten
nicht weiter (F. E. v. Mering, Geschichte der Burgen etc., Heft 6,
Köln 1842, S. 75). In der Nacht vorher wurde in Koblenz ein großes
Getöse vernommen und im Thal ein prächtiger Leichenzug gesehen (Chr. v.
Stramberg, Ehrenbreitstein, Coblenz 1845, S. 3 f.).

[22] Ueber die Jagdleidenschaft des Kurfürsten Clemens August s. Bonner
Jahrbücher, Heft 99, Bonn 1896, S. 169 f.

[23] v. Waldbrühl _l. c._, S. 36.

[24] Schell _l. c._, S. 160 _nr._ 52.

[25] Vgl. (J. Kerner), Blätter aus Prevorst, 12. Sammlung, Stuttgart
1839, S. 115-117, v. Stramberg l. c., Bd. 4, 1856, S. 115-118; G. v.
Breuning, Aus dem Schwarzspanierhause, Wien 1874, S. 3-5; W. Hesse, Der
große Brand des kurf. Schlosses zu Bonn am 15. Jan. 1777, 2. Aufl.,
Bonn 1882, S. 14-19.

[26] Der Flügel des Residenzschlosses, welcher die Privatgemächer des
Kurfürsten enthielt.

[27] A. v. Droste-Hülshoff, Bilder aus Westfalen (1840), _III_.

[28] Vgl. Schell _l. c._, S. 99 _nr._ 39.

[29] _ibid._ S. 474 _nr._ 24.

[30] _ibid._ S. 475 _nr._ 27.

[31] _ibid._ S. 159 _nr._ 48.

[32] _ibid._ S. 425 _nr._ 11.

[33] Vgl. v. Waldbrühl _l. c._, S. 36.

[34] Vgl. Schell _l. c._, S. 169 _nr._ 73.

[35] _ibid._ S. 378 _nr._ 17.

[36] Th. Beykirch, Prophetenstimmen mit Erklärungen, 3. verm. und verb.
Aufl., Paderborn 1849, S. 110; unten S. 42.

[37] J. V. Kutscheit, Sechs bisher unbekannte höchst merkwürdige
Prophezeiungen etc., 2. Aufl., Bonn 1848, S. 14.

[38] Beykirch _l. c._, S. 110.

[39] Vgl. K. B. A. Warnefried, Seherblicke in die Zukunft, Regensburg
1861, Abt. II., S. 63 f.

[40] Vgl. F. Zurbonsen, Die Sage von der Völkerschlacht der Zukunft »am
Birkenbaum«, Köln 1897.

[41] Beykirch _l. c._, S. 91 f.

[42] Kutscheit _l. c._, S. 14; Beykirch _l. c._, S. 111.

[43] s. unten S. 48.

[44] s. unten S. 48.

[45] s. unten S. 39 f.

[46] Bahlmann _l. c._, S. 23.

[47] _ibid._ S. 30.

[48] Auch bei Salzburg ist folgende Prophezeiung verbreitet: »Die
Franzosen werden nochmals nach Deutschland kommen, aber zu Köln am
Rhein eine gänzliche Niederlage erleiden, worauf Frankreich in 7 Teile
zerstückelt wird« (Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde,
Bd. 4, Göttingen 1859, S. 202).

[49] Kutscheit _l. c._, S. 12 f.; Beykirch _l. c._, S. 110.

[50] Kutscheit _l. c._, S. 13 f.

[51] Beykirch _l. c._, S. 110.

[52] Vgl.: Denkw. u. nützl. Rheinischer Antiquarius, Abt. II. Bd. 20,
Coblenz 1871, S. 209 f.

[53] Der durch seine Prophezeiungen bekannte Bartholomäus Holzhauser
war 1658 als Pfarrer in Bingen gestorben.

[54] Einzelne Manuskripte sollen Romae haben.

[55] Auf deutsch: »Ich setze 1600 und 9 × 12; füge hinzu 4 × 10, dann
kommt der Tag, an welchem zu Bonn die Genossen Jesu und die Brüder
des seligen Franziskus die Palmen (den Sieg) und die Marterkrone
davontragen werden.«

[56] Nach einer gleichzeitigen Abschrift in einem kürzlich von mir
erworbenen Manuskripte, worin noch weiteres Material gesammelt ist;
vergl.: Allgemeines Repertorium für empirische Psychologie etc., Bd. 1,
Nürnberg 1792, S. 90-97.

[57] Dort gebrauchte sie die Bäder.

[58] 1. Okt. 1756.

[59] Von 1720-1777 die Residenz des Kurfürsten von der Pfalz.

[60] 18. Juni 1757.

[61] Nach einer Bemerkung meines Manuskriptes hat der Kirchenrat die
Aussage der Frau später bestätigt.

[62] Wilhelm V. (geb. 1748), ein Sohn Wilhelms IV. ([dagger] 1751)
und Annas v. England ([dagger] 1759), trat 1766 die Regierung als
Statthalter der Niederlande an, mußte 1795 nach England flüchten und
starb 1806.

[63] Statthalterin von 1751-59 unter Assistenz des Prinzen Ludwig Ernst
v. Braunschweig-Wolfenbüttel; beide neigten sich im 7jähr. Kriege offen
auf die Seite der Engländer, die Friedrich den Großen unterstützten.

[64] Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, Heft 18, Essen
1898, S. 149 f.

[65] Geschichte, Erscheinungen und Prophezeiungen des Joh. Adam Müller
etc., Frankfurt a. M. 1816; J. C. Hoffbauer, J. A. Müller, der Prophet,
Halle 1817; E. Haltaus, Des badischen Bauern J. A. Müller merkwürdige
Prophezeiungen etc., Stuttgart 1871.

[66] Hermann, Jahrg. 1818, S. 772.

[67] Ueber ihn vergl.: W. Schrattenholz, Spielbähn der Prophet, 7.
verm. Aufl., Bonn 1849; J. Burg. Höchst merkwürdige Prophezeiungen des
alten Bernhard etc., Bonn 1848.

[68] Bähn = Bernard.

[69] Alljährliche Versammlung der Bauern zur Beratung der
Gemeinde-Angelegenheiten, entsprechend dem Herrengeding in den Städten.

[70] Aus dem Volksmunde mitgeteilt von Schell _l. c._, S. 552 nr. 26.

[71] z. B. der Straßen zwischen Bonn und Hangelar, zwischen Sieglar und
Mondorf etc.

[72] Angekündigt als Wagen, »so da durch alle Welt laufen, ohne von
lebendigen Geschöpfen gezogen zu werden, also daß man die Wegsstrecken
nach der Vögel Flug ausrechnet« und als schwere Schiffe, die »den
Rhein hinanlaufen ohne Pferd und Wind«. -- Das erste Dampfschiff kam
1817 bei hohem Wasserstande von London nach Koblenz; der regelmäßige
Dampferverkehr zwischen Mainz und Köln ist 1827, die erste deutsche
Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth 1835 eröffnet, die Köln-Mindener
Bahn 1844-47 erbaut.

[73] s. oben, S. 20 ff.

[74] Schrattenholz _l. c._, S. 25-27, Beykirch _l. c._, S. 102-104;
Jaspers sämtliche Prophezeiungen. Dortmund 1866, S. 20 f.

[75] Rußland oder Türkei?

[76] Höchste Kuppel des Siebengebirges.

[77] W. Schrattenholz, Neues Prophetienbüchlein über den deutschen
Kaiser etc., Bonn 1848, S. 8.

[78] Ein an der Sieg unweit Müllekoven gelegener Wald.

[79] Etwa der Dom? Von diesem behauptete eine im bergischen Volke
sehr verbreitete uralte Weissagung unbekannten Ursprungs, daß er nie
vollendet werden würde.

[80] Schrattenholz, Neues Prophetienbüchlein etc., S. 7.

[81] Meile, eine so genannte Strecke auf der Bonner Landstraße,
oberhalb Köln.

[82] Beykirch _l. c._, S. 111.

[83] Beykirch _l. c._, S. 38 f.

[84] Vgl.: C. A. Krumscheid, Prophezeiungen auf d. J. 1860 etc. I: Des
J. P. Knopp.... Geschicke und Geschichte. Linz a. Rh. 1859.

[85] Daher der Name »Körper«.

[86] lüge.

[87] sagt.

[88] heute schon.

[89] warte.

[90] Hasenfuß, Feigling.

[91] Erbsenkessel auf deinen Pferdekopf.

[92] Knopps Prophezeiung über die Aufhebung des Minoriten-Konvents zu
Sinzig s. Krumscheid _l. c._, _II_, 17.

[93] Die Kirche im Hundel ist 1847 erbaut.

[94] Die Ahr hat die künstliche Richtung 1854 erhalten.

[95] Die feste Rheinbrücke bei Köln ist 1855 in Angriff genommen und am
3. Oktober 1859 dem Verkehre übergeben.

[96] Die Prophezeiung über die Kölner Brücke und den Linz-Asbacher Weg
brachte bereits das Altenkirchener Intelligenzblatt v. 5. März 1848
(Nr. 19), obschon damals beide Projekte noch schlummerten. Gleichzeitig
mit der Anlegung des neuen Weges sollte in Rom eine Empörung
ausbrechen, durch welche die vornehmsten Mächte in Uneinigkeit gerieten.

[97] Vgl. auch Krumscheid _l. c._ _III_, 10 f.; _V_, 18; _VIII_, 20.

[98] Beykirch _l. c._, S. 75-78; E. J. Heinen, Helena Wallraff von
Brüggen, die merkwürdigste Seherin am Rhein, Euskirchen 1849, Magikon,
Bd. _IV_, Stuttgart 1850, S. 373-381.

[99] Büchlein des Trostes der Helena Wallraff von Brüggen.... aus der
Nachlassenschaft seines ehrwürdigen Oheims hrsg. von Pfarrer Heinen,
Euskirchen 1850.

[100] Vgl. A. Köttgen, Maria Rübel, die Hellseherin in Langenberg.
Mit Anmerkungen hrsg. von Dr. D. G. Kiefer (-- Archiv für den tier.
Magnetismus, Bd. 4, Stück 3), Halle 1819; Hermann, Jahrg. 1818, S.
443-446, 454-456, 488, 496, 507-510, 523-525, 527-533, 633 f., 673-675,
778-780, 815 u. 832-836; J. E. A. Stiegler, Drei Visionairinnen,
Kreuznach 1837, S. 43-57.

[101] Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, Bd. 32, Elberfeld
1896, S. 117-122.

[102] C. Jacobi, Der Leinweber Jacobus Küpper als Wahrsager,
Armseelenerlöser etc., Köln 1850.




Anmerkungen zur Transkription:


Das Original ist in Fraktur gesetzt.

Im Original in _Antiqua_ gesetzter Text wurde mit _ markiert.

Im Original ~gesperrt~ gesetzter Text wurde mit ~ markiert.

Im Original #fett# gesetzter Text wurde mit # markiert.

Doppelte Anführungsstriche wurden durch » (unten) und « (oben) ersetzt.

Kreuze um den Todeszeitpunkt anzuzeigen werden durch [dagger] ersetzt.

Brüche werden folgendermaßen dargestellt: 1 Viertel = 1/4, 1 Achtel =
1/8 u. s. w., die volle Zahl wird durch - vom Bruch separiert, d. h.
eineinhalb = 1-1/2.

Exponenten werden folgendermassen dargestellt: x² wird zu x^2.

Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden übernommen;
lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert.


Einige Ausdrücke wurden in beiden Schreibweisen übernommen:

  Coblenz (Fußnoten 15, 21 und 52) und Koblenz (Seiten 16, 21, 22, 48,
  Index, Fußnoten 21 und 32)

  Oesterreich (Seiten 28 und 47) und Oestreich (Seite 52 und Index)

  Spiel-Bähn (Seite 35) und Spielbähn (Seiten 35, 37, 40, 41, 42, 44 und
  47, Fußnote 67)


Folgende offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert:

  geändert wurde "nach Königsberg (1807/08 bekannt"
              in "nach Königsberg (1807/08) bekannt"
             (Seite 34)

  geändert wurde "Bender 24-32."
              in "Bender 24-30."
             (Index)

  geändert wurde "Clemens August _I._ v. Köln 12-14."
              in "Clemens August _I._ v. Köln 13-14."
             (Index)

  geändert wurde "Lügenbähn s. Rembold."
              in "Lügen-Bähn s. Rembold."
             (Index)

  geändert wurde "Mederich 12."
              in "Mederich 12."
             (Index)

  geändert wurde "Nümbrecht s. Schell _l. c_, S. 403"
              in "Nümbrecht s. Schell _l. c._, S. 403"
             (Fußnote 18)

  geändert wurde "Vgl. K Dirksen, Volkstümliches"
              in "Vgl. K. Dirksen, Volkstümliches"
             (Fußnote 19)

  geändert wurde "Beykirch _l c._, S. 91 f."
              in "Beykirch _l. c._, S. 91 f."
             (Fußnote 41)

  geändert wurde "zerstückelt wird (Zeitschrift für"
              in "zerstückelt wird« (Zeitschrift für"
             (Fußnote 48)





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