Das himmlische Licht: Gedichte

By Ludwig Rubiner

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Title: Das himmlische Licht
       Gedichte

Author: Ludwig Rubiner

Release Date: December 15, 2013 [EBook #44436]

Language: German


*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS HIMMLISCHE LICHT ***




Produced by Jens Sadowski








                                  DAS
                           HIMMLISCHE LICHT
                                  VON
                            LUDWIG RUBINER


                                LEIPZIG
                           KURT WOLFF VERLAG
                                 1916

                Gedruckt bei E. Haberland in Leipzig-R.
              September 1916 als dreiunddreißigster Band
                    der Bücherei »Der jüngste Tag«

             Copyright 1916 by Kurt Wolff Verlag · Leipzig




                         DAS HIMMLISCHE LICHT




DAS HIMMLISCHE LICHT


   Kamerad, Sie sitzen in Ihrem Zimmer allein, unter
      Menschen schweigen Sie still.
   Aber ich weiß meine stummen Kameraden hunderttausend
      auf der Welt, zu denen ich reden will.

   Wir waren noch klein, da erhob zu uns die Erde
      ihr bergiges Schmerzensgesicht,
   In unsre Zehen bebte fernes Geländ, von Sturz und
      Strudel ums Licht.

   Die Menschen in schlaffer Geilheit und träg liebten
      die Erde nicht mehr,
   Aber die Erde schrie, wir hörten sie nicht, und sie
      donnerte Zeichen her.

   O mein Freund, glauben Sie nicht, was ich Ihnen
      sagen werde, sei neu oder interessant.
   Alles, was ich Ihnen zurufe, wissen Sie selbst, aber
      Sie haben es nie aus rundem Mund laut bekannt.
   Sie haben es zugedeckt. Ich will Sie erinnern.
      Ich will Sie aufrufen.
   Denn Gott rief die Erde für uns alle auf.
      Seine Stimme hauchte aus dem Untermeer Vulkan,
      der in der Südsee in die Luft flog.
   Die kleine Kraterinsel Krakatao stieß den brennenden
      Atem Gottes aus der Erde.
   Explosion. Der Ozean spritzte über die Erde, unvergessen
      in dreißig Menschenjahren.
   Neues Menschengeschlecht, und das Jahrhundert
      war lang zu Ende.
   Aber aus dem Pacific brannte der Feuerwind des
      Krakatao in unsere Herzen.




GEBURT


   Vor unsrer Geburt, in der grünen Südsee platzte
      die Erde und das Wasser,
   Tausend Menschen saßen wie Schnecken auf großen
      Blättern in Hütten und versanken keuchend.
   Vor Marseille fielen die roten Schiffe um, das Meer
      schlug vom Mond herab.
   Die Dampfer schnurrten in den Abgrund, lächerliche
      Insekten.
   Als wir geboren wurden, zog Feuer durch die Luft.
   Die Schwärme des Feuers flogen um die Erde.
   Wehe, wer nicht sehen wollte!
   Tausend Menschen, stillhockende Schnecken, waren
      zu Staub zerplatzt.
   Die Tage erblichen für die glühenden Abende.
   Die Nächte schwangen rote Palmblattflammen über
      Berlin,
   Die Abende waren gelbe Tiere über der Friedrichstraße.
   Berlin, aus spitzen Plätzen, grauen Nebenstraßen,
      quoll das Blau der Vulkane.
   Die Frauen waren alle allein, die Männer reckten
      sich auf,
   Die Schenkel liefen durch Berlin, heiße Haarberge
      bogen hoch.
   Die Sonne ging immer unter. Die Abendstrahlen,
      heiß, quollen aus den Männern.
   Die Häuser waren kalkig und bleich. Durch dunkle
      Zimmer wankte die Stadt, die Blinde.
   Wir wurden geboren, Strahlenlicht kreiste abends
      über unseren Mündern,
   Grüne Südsafthügel hingen vom Mond über uns;
   Wir rissen unsere Augen von unserem Blut auf.
   Der Himmel flog über alle Straßen der Stadt.
   In der Vorstraße aus Zaun und Stein wartete die
      grauhaarige Mauerdirne auf die Soldaten.
   Wir wußten, daß es andere Länder gibt.
   In möblierten Zimmern sannen russische Stirnen
      über Bombenattentaten.
   In den Variétés wurden die fünf englischen Puppenmädchen
      geliebt.
   Die Menschen sitzen in schwarzen Röcken, essen
      und werden alt.
   Am grünen Kanalufer schleppt man Leichen auf
      den Asphalt.
   Die hohlen Häuserwände waren lose und grau.
   Kamerad, Sie liefen die Straße auf und nieder, Sie
      waren blaß vor dem heiligen Panoptikumsbau.

Aus dem müßigen Durchhaus der ganz Erwachsenen schoben frisch geschminkt
weiße Weiber mit dicken Bäuchen.

Reisende in alten Bärten bebten betäubt vor Büchern und verklebten
Photographien.

Drüben: starre Inseln in Sonne, Bäume auf gelbem Kies, Bänke, selige
Hotels.

Unter den Linden gingen die verschleierten Ausländerinnen mit den
frierenden kleinen Hunden.

Kamerad, Sie liefen bleich tauchend bis zum Durchhaus, weihevoll.

   Die Friedrichstraße fiel zu Boden. Abendherzen im
      Strahl schwebten auf Nebengassen.

   Die Luft stand mit Sternen in Ihnen, der Tag war
      noch hell.
   Die Menschen waren dick und rauchten Zigarren.
      Niemand sah Sie an.
   Die Stadt schwebte, es war still im Abendbrand,
      die Häuser zerfielen unten.
   Die Menschen gingen schwer.
   Kamerad, Sie waren allein. Niemand hatte das Licht
      gesehen.
   Um die Erde sprühte der südliche Schweiß des
      Vulkans.
   Niemand sah. Berlin schmatzte rollend.

   Es war nicht mehr Licht durch buntes Abendglas,
   Nicht mehr Fackelwogen hinter Spielpapier:
   Flammenschirme vom Himmel bogen um unseren
      Kopf.
   Die Luft schmolz im langen Lichtwind übers Feld,
   Drunten lag der harte Sand rötlich wie getretener
      Mob.
   Wir heulten ins Grüne übers Tempelhofer Feld.
   Vor schwarzen Fensterschwärmen der schweißigen
      Hinterhauswände
   Stießen wir unsere Flugdrachen hoch in die Windfarben
      und sogen den Glanz.
   Berlin, Ihr dachtet an Geld.

   O Kleinstädte der Welt, über Euch tropften die Farben
      alle Abend, ehe Silber und Blau kam.
   Kamerad, Ihr Jungenhaar zackte schwarze drohende
      Felsen über den gepfeilten Brauen.
   Sie haßten den blassen Schimmel der schlaffen Hausdächer.
   Wir kannten uns nicht.

Ich rannte gefräßig umher, blond unter Papierlaternen zum Lärmplatz.
Gläserne Lichterkränze. Greise Zauberclowns schrien in goldene
Papp-Trompeten.

Ich nahm meine dunkle Schwester, zarte Knöchel, in die feuchte
Ringkämpferbude.

   Damals liebte ich sie so.
   O wären wir ausgerückt!
   Wir saßen in verdorrten Halbgärten. Soldaten
      tranken aus Bierseideln.
   Wir sahen durch grüne Stuhllehnen auf hölzerne
      Karussels.
   Vor alten Frauen in Würfelzelten zerfransten sich
      gegossene Glasvasen.
   Wir griffen unsere Hand zum letztenmal. Wir
      warteten.
   O vielleicht stand das feurige Licht gleich an unserer
      Haut: uns allen!

   O wir wußten alles. Die grüne Farbe glänzte am
      Wirtshausstaket
   (Einmal gab es wohl Zeiten, da grünten die Frühlinge
      so fett).
   Es war alles für uns und für die anderen gemacht,
   Aber früher waren die Tage dumpf und grau, und
      dies galt als Pracht.
   Wir sahen uns an, hinter ihren Augen braun und
      im vierzehnten Jahr
   Schwamm Hingabe, wie Blutstropfen rollte ihr
   Lächeln zum Hals, weil das neue Licht um uns war.

   Die Buden kreischten, eine Tombola knarrt, rote
      Dienstmädchen träumen selig und taub,
   Wir wußten, so war früher ein Fest, bald stehn hier
      Häuser in steinernem Staub.
   Warum sieht niemand das Licht? Um uns ist das
      Licht. Die Erde stößt leuchtende Brunnen empor,
   Glutlöcher im Himmel, brennende Riesenschornsteine
      von Glas, Lichtsturzstufen herab wie eines
      Wasserfalls strahlendes Rohr.
   Wie Pilze klein verwittern grünliche Buden um
      Limonadenlicht und lärmfarbenes Früchte-Eis.

Wir beide waren sprießende Wälder, wimmelnde Erdteile in Himmel und Licht,
um unsere Glieder floß das helle Meer. Wir waren uns fremd. Wir wirbelten
tief durch blaue Lichtkugeln im Kreis.

O neue Zeit! Zukunft! Preiselbeerrote Feierlichkeit! O Preis!




DAS LICHT


Vom gelben Himmel rollte ein funkelnder Treibriemen durch Yokohama: heut
abend sind die bunten Leuchtstraßen matt.

Schmale Sterne der hellen Nacht gehn hinter Fabriken auf.

Europa tanzt wie ein brauner Hund vorm Mond. Gelbe Menschen kommen in
schwarzen Röcken wie aus einem Jungfrauenbad.

Paris, wilder Lanzenschein, wenn das Gitter des Luxembourg aus dem Garten
der Erde aufsprüht:

Einsiedler kochen Gold auf dem heiligen Berg, die Menschen schaukeln in
großen Betten, von Afrika wehen weiße Tücher durch Palmenufer her.

O helle Himmelssäge hinein nach London, wie ein Bergwerk liegt die Stadt
unterm fallenden Licht, Diamanten über den Gitterluken der Bank von
England, o roter Tower in Whitechapels Schweiß, sechstausend Mann morgens
fünf in den Docks, drüben die Felsen des Kaplands, Nigger brechen in die
Knie.

Es floß aufkochend flammengrün durch Petersburg, Kiew, Nischny, Odessa,

Mondgoldene Kathedralen im Schlamm, unter Euch Moskau bebt wie ein roter
Menschenwald von vielen Glocken, o runde Dächerblüten,

Mauern weich wie Bärte hinauf für die Menschen, Hoch von Spitzen und Kugeln
grünes Fliehen über kupfernen Tag.

Boston, Chicago, über nackte Arme und Zylinderhüte hin zischt das Licht wie
Riesenfunken von elektrischen Schnellbahnen,

Über San Franciscos Hotelgebirge leicht und hoch hinüber, durch Kulistädte,
Ghettos, Spiegelschein in Fahrstuhlschachte, o Nimbus, Seligkeit, Frühling.

Halt!

Still und grell durch die donnernden Eisenschatten der Brücke New York.

                   *       *       *       *       *

Wir liefen unbekannt durch die weit klappernde Friedrichstraße.

Berlin, hinter schmalen grauen Asphaltgassen flog das rote brennende
Fenster himmelsoben zu uns her, o unsere Herzen!

Nachmittags halb fünf, ein Wind ging kurz herüber, häuserleuchtend. Die
Zeit war neu.

Fliegende Zeichen zu uns von runden Himmelsbögen.

Milde Zeichen, Himmelslichter neue Häuser zu bauen Sonnentürme,

Sterndächer, Berlin noch feucht, Gottesstadt, schwebend, gläsern hinauf.

Milde Himmelshand, ruhigste Palmglut, herunter zu uns über
Schornsteinfassaden.

O Südseeblut, getrieben zu unserm Blut.

Aber wartet Ihr noch? Wir sehen uns um, Kamerad, (Wir kennen uns nicht!)
bleich, stehenden Herzschlags, niemand merkt was.

Worauf wartet Ihr noch? Was habt Ihr zu denken?

Halt, Ihr wollt bummeln, schachern, Frauen bepaaren, Ihr werdet essen,
lesen, Nachrichten hören, Ihr zählt Eure Stunden:

Aber die neue Zeit ist da. Ihr saht nicht das Licht durch das feurige
Fenster der Erde!

                   *       *       *       *       *

   Die Menschen schwitzen blind. Die Dächer rollten
      auf in Angst und sanken zurück.
   Die Fenster troffen dunkel trüb,
   Die Häuser blähten grau löckerig Teigwände.
   Menschen, Ihr lagt in den Städten wie gärende
      Wasserpflanzen,
   Der Wind schoß über die Menschen, sie trieben
      scheppernd nach Geld,
   Der Fächer des Himmels, in sieben Gluten, schlug
      auf, sie rückten die schwarzen Hüte, mit zugewachsnem
      Aug, angesoffen und dick.




DIESER NACHMITTAG


An diesem Nachmittag standen alle Kellerfenster offen, das faule Stroh
wurde hinter den Polizeitritten auf die Straße geschmissen und zersank.

   Die Fabriken stießen spinnwebene Fenster auf,
      Sauseluft um eiligen Ölgestank.
   Unter den dumpfen Brückenbögen räkelten sich
      Geschwüre und blaßnacktes Fleisch, Fetzen, Lauslöcher,
      Wunden mit Maden.
   Hinter den Bänken in grell dürren Parks, aus bestaubten
      Büschen krochen Beine hervor auf die
      feinen Promenaden.

   In Paris, rauschend in Hell, in dem Hammerschlag
   New York, in Frisco voll Straßenbahndampf, dem
   harten, schattenlosen Madrid, London, dem gasflammengelben,

   Im Leierkastengeklirr Berlins unter Springbrunnen
      sonnenstaub geklopfter Teppiche, im Neuen Heil
      Berlin, vorbei an den fetten Riesenbrotreihen der
      Straßen
   Brachen bleiche Köpfe empor, Aufbruch unterirdischer
      Riesenpusteln,

Faserhaare dünn über gequetschten Wurmmäulern; brauenlos runde Augen wie
von ertränktem Aas messen die Straßen ab, Fliegen steigen klebrig auf vom
Geruch,

Die Erde erhebt das Haupt der Bleichen, O unsichrer Marsch der Halbtoten,
Nächtigen, ewig Versteckten. Blaßweiße Wurzelmienen, o Letzte, Unterste,
Sarglose, ewig Halbeingegraben in kalten saugenden Dreck, tastender Zug in
spähender Unsicherheit, die Nacht ist nicht da, sie dürfen sehen. Sie
sehen.

                   *       *       *       *       *

Sie sehen.

                   *       *       *       *       *

Der Himmel lief ihnen wie ein dünner Faden blau über die Erde hin. Aber in
der Straße sahen sie den langen aufschießend flammenden Finger des Lichts.

O gab es noch Häuser, schwere Straßen, Schutzleute mit harten Stiefeln? Das
himmlische Licht bergan schmolz mild zur rötlichen Kugel halb hinter
Dächern auf.

   Es war eine Orange, wie in dem vornehmen, betteln
      verboten, Eßwarenverkauf,
   Es war ein wildes Zehnmarkstück wie hinter dem
      Fenster der Wechselbank,
   Ein rotes rundes Glas Bier aus einem Aschingerschank,

Ein Schinken, ein Mund, Weiberbrust, ein Hut mit 'nem Band, ein Loch das
rot klafft,

   Ein weiches buntes Kissen. Ein Vogel im Käfig.
      Eine Tabakpfeife pafft.
   Eine Tür offen zu 'nem menschenleeren Kleiderladen,
   Ein rotes Boot am lauen Fluß zum Baden.
   An diesem Nachmittag sah der arme Mob das Licht.
   Es lief vor ihm her. Die anderen sahen es nicht.

Sie schwankten unsicher hinein in den Strahl, wie ein bleiches Rübenfeld
kraftlos von schlechtem Dung.

   Aus zerschlissenen Winkeln in den Städten der
      Welt brach göttlicher Glockenschwung.
   O seliges Fliegen: Pustblumen im Hauch, die Stengel
      gefesselt und kahl,
   Die zitternden Heere zerlumpten Leibs reckten
      gedunsene Köpfe zum himmlischen Strahl.
   Um die ganze Erdkugel schwang tief durch die
      Winkel wie ein Klingelblitz das Licht.
   Der Mob auf dem bewachsenen Ball hob hoch sein
      Kellergesicht.
   Sie hatten wie sterbende Asseln wimmelnd im fauligen
      Dunkel gelegen,
   Sie stürzten heraus, als gäbs Kinderfest, gelbe Luftballons
      mit buntem Bonbonregen.
   Alle morschen Füße über die Meere hin stiegen
      zum Marsch, schmutzige Tücher wehten, da
      dehnten sich Arme, schwach und zerknüllt.

Sie schluchzten faltig und heiser, Riesenstimmen schrien über die Erde: die
Zeit ist erfüllt!

Sie hatten wie Tote am Dunkel gesogen, sie warteten auf das Wunder und
waren stinkend verreckt.

   Aber heut hatte ihnen das Licht süß bis in den
      Magen geleckt.

Sie drängten eng durch die Straßen zum Himmel. Über Omnibushöhen lief das
Wunder auf die Köpfe hin. Die vollen Straßenbahnen schoben in schallenden
Scherbendeich.

                   *       *       *       *       *

Sie marschierten rund über die Erde. Nun gab es ewig Musik und warmes Essen
und das tausendjährige Reich!




DIE FEINDLICHE ERDE


   Der Eiter der Erde lag in den Häusern. Unter
      hellen Lichtern saßen schmatzende Jobber.

In Nebenzimmern ragten gelangweilt lange schwarze Strümpfe, trägzuckende
Schenkel über schwere geile Rücken.

   Hintern tanzten vor polierten Klavieren, dunkle
      Langhaare geigten.
   Kluge hielten in seidnen Salons Vorträge, daß alles
      auf Erden immer gleich bleibe.
   Weiche Bartlose sprachen unter sich von dem Ekel
      am Weibe.
   In steinernen Museen schritten sanft die ausgeschlafenen
      Kenner.
   In heißen Redaktionen schrieb man die Lebensläufe
      berühmter Männer.

Die Zimmer der Stadt wölbten sich wie ein ungeheurer fetter Bauch, die
Dachkuppeln lagen krumm strähnig über der breiten flachen Stirne.

Hinter den Fenstern saßen schnaufend träge Menschen steil wie dicke
Riesenfinger.

   Die Häuser glotzten wie die Freßzähne an einem
      ungeheuren, gähnenden Jahrmarkts-Ringer.
   Die Erde faulte länglich auf zur wimmelnden himmlischen
      Birne.
   Der Himmel rollte herum dunkel funkelnd im
      schwarzen hohlen Oval.
   Das Licht war eingesogen in stampfende Kessel
      und Telegraphenstrahl.
   Der Lampenschein strich klein durch die Straßen
      wie Wurmaugen nachts im Korn.
   Das Licht war fort von der kleinen Erde, niemand
      saß in der Sonne oder blickte zum mondlichen
      Horn.

Die Trägheit schlug an die Ufer, faulende Riesenalgen wanden sich erdenrund
um die Schimmelgrüne.

Drunten im Trüben schrieben wimmelnde Menschen noch eilige servile
Telegramme, Briefe, Denunziationen voll Ranküne.

Tänzerinnen, Barone, Agenten, Geheimräte, Schutzleute, Ehefrauen,
Studenten, Hauswirte freuten sich auf ihre dampfende Nacht.

   Aber der arme Mob schaute das Wunder und war
      zur neuen Zeit aufgewacht.
   Die böse gestörte Wut zitterte über die verregneten
      Telegraphenstangen,

Als die mürben Armen ohne Essen und Trinken zum göttlichen Himmel
marschierten, wurden sie mit hartreißenden Flintenkugeln empfangen.




SIEG DER TRÄGHEIT


   Die armen Buckel, demütige Schultern, zogen selig
      zur neuen Zeit und wußten nur dies.

Die Erdschale blätterte zitternd vor ihnen ab, ein Schlammgeschwür schwoll
auf, klebrige Barrikaden liefen ins Dunkel um, weich drohende Saugnäpfe wie
ein gieriger Blutegelfries.

Die armen Menschenköpfe und Leiber stießen an die mächtige Mauer von
grauzitterndem Brei,

Ein Schleim floß wie fette Aale nächtlich um sie und vergurgelte ihr
Geschrei.

   Das schwarze Gebirg von langsamem Leim schloß
      hinter ihnen sein triefendes Tor,
   Durch träge Blasen klatschten strudelnde Glieder
      wie versinkendes Stroh im Moor.
   Schwankend bebt es herab und fließt zäh ab. Ein
      schwarzes Loch dreht sich schluckend und faul,
   Eine kalte Riesenfresse wälzt auf, Bergfalten um
      ein zahnloses saugendes Maul.
   Die Menschenwälder zappelnd zum Tod trieben
      erstickt mit sausendem Kreis hinab in den dunklen
      Schlauch.
   O Aufstand zum Licht! o Erdengesicht! O Endnacht
      im trägen riesigen Bauch!

Kamerad, und wissen Sie noch, wie die blanke Polizei auf dicken
Maschinenstiefeln aus den Nebenstraßen fiel?

Trafalgar Square war dunkel und hell wie ein schreiender Rohrteich, im
Londoner Mittagswind.

In Berlin stampften Schüsse heiß ins Geschrei, die graugrüne Schloßkuppel
lag lieblich über dem leeren langen Platz.

Wiehern in den Newski Prospekt, im Winterfrost drückten sie den Mob tot!

Und wissen Sie noch, daß schnelle Gefängnisse mit Wärtern und Prügelstrafen
gebaut wurden?

In Japan Köpfe ab. Über Rußland standen frische Galgenbäume.

In New York die Faust vom dritten Grad den Angeklagten so lang ins Gesicht,
Hunger und Heißfolterdurst, bis sie lieber im elektrischen Stuhl von
Sing-Sing starben.

Aber Madrid, o Gefängnisse von Monjuich, blutstöhnend. Man schraubte
eiserne Wechselstromhelme an die Schläfen zum Irrsinn. Und allen quetschte
man Tag für Tag die Hoden langsam zusammen.

   Der erste Blutstropfen hatte dick und schwarz die
      Erde erreicht.
   Das himmlische Licht war verschwunden schräg
      zuckend über die spitzen Dächer hin.
   Der Abend stieg wie Schnalzen aus dem Fett der
      geilen Städte.
   Die bleichen Lampen bissen Schatten um Herren
      mit Mappen unterm schwitzenden Arm,
   Dünne Frauen hoben vor ihnen die Röcke hoch.

   O kleine Erde, was hast du vergessen!
   Du feindliche hast das Licht Gottes gefressen.
   Die Sterne wehren dein gieriges Kreisen mit
      strahlendem Dorn,
   Aus deinen Wunden bricht in Blutsäulen der himmlische
      Zorn.
   Deine Städte und Berge rollen taumelnd im nächtlichen
      Rund,
   Bis unter deinen dumpfen Menschen gesiegt hat
      der geistige Bund.




DER MENSCH


Im heißen Rotsommer, über dem staubschäumenden Drehen der rollenden Erde,
unter hockenden Bauern, stumpfen Soldaten, beim rasselnden Drängen der
runden Städte

Sprang der Mensch in die Höh.

O schwebende Säule, helle Säulen der Beine und Arme, feste strahlende Säule
des Leibs, leuchtende Kugel des Kopfes!

                   *       *       *       *       *

Er schwebte still, sein Atemzug bestrahlte die treibende Erde.

Aus seinem runden Auge ging die Sonne heraus und herein. Er schloß die
gebogenen Lider, der Mond zog auf und unter. Der leise Schwung seiner Hände
warf wie eine blitzende Peitschenschnur den Kreis der Sterne.

Um die kleine Erde floß der Lärm so still wie die Nässe an Veilchenbünden
unter der Glasglocke.

   Die törichte Erde zitterte in ihrem blinden Lauf.

   Der Mensch lächelte wie feurige gläserne Höhlen
      durch die Welt,
   Der Himmel schoß in Kometenstreif durch ihn,
      Mensch, feurig durchscheinender!
   In ihm siedete auf und nieder das Denken, glühende
      Kugeln.
   Das Denken floß in brennendem Schaum um ihn,
   Das lohende Denken zuckt durch ihn,
   Schimmernder Puls des Himmels, Mensch!
   O Blut Gottes, flammendes getriebnes Riesenmeer
      im hellen Kristall.
   Mensch, blankes Rohr: Weltkugeln, brennende
      Riesenaugen schwimmen wie kleine hitzende
      Spiegel durch ihn,

Mensch, seine Öffnungen sind schlürfende Münder, er schluckt und speit die
blauen, herüberschlagenden Wellen des heißen Himmels.

   Der Mensch liegt auf dem strahlenden Boden des
      Himmels,
   Sein Atemzug stößt die Erde sanft wie eine kleine
      Glaskugel auf dem schimmernden Springbrunnen
   O weiß scheinende Säulen, durch die das Denken
      im Blutfunkeln auf und nieder rinnt.

Er hebt die lichten Säulen des Leibs: er wirft um sich wildes Ausschwirren
von runden Horizonten hell wie die Kreise von Schneeflocken

   Blitzende Dreiecke schießen aus seinem Kopf um
      die Sterne des Himmels,

Er schleudert die mächtigen verschlungenen göttlichen Kurven umher in der
Welt, sie kehren zu ihm zurück, wie dem dunklen Krieger, der den Bumerang
schnellt.

   In fliegenden Leuchtnetzen aufglühend und löschend
      wie Pulsschlag schwebt der Mensch,
   Er löscht und zündet, wenn das Denken durch ihn
      rinnt,
   Er wiegt auf seinem strahlenden Leib den Schwung,
      der wiederkehrt,

Er dreht den flammenden Kopf und malt um sich die abgesandten, die sinkend
hinglühenden Linien auf schwarze Nacht:

Kugeln dunstleuchtend brechen gekrümmt auf wie Blumenblätter, zackige
Ebenen im Feuerschein rollen zu schrägen Kegeln schimmernd ein, spitze
Pyramidennadeln steigen aus gelben Funken wie Sonnenlichter.

                   *       *       *       *       *

Der Mensch in Strahlenglorie hebt aus der Nacht seine Fackelglieder und
gießt seine Hände weiß über die Erde aus,

   Die hellen Zahlen, o sprühende Streifen wie geschmolznes
      Metall.

   Aber wenn es die heiße Erde beströmt (sie wölbt
      sich gebäumt),
   Schwirrt es nicht später zurück? dünn und verstreut
      hinauf, beschwert mit Erdraum:

Tiergeblöke. Duft von den grünen Bäumen, bunt auftanzender Blumenstaub,
Sonnenfarben im Regenfall. Lange Töne Musik.

   O Erde! Der Mensch schwebt zu seiner Erde hinab,
   Gottes Blutstropfen fror im eisigen Draußen dunkel
      und spitz.
   Sein Schnitt dringt in die Erde, und hinter ihm
      zischt die blaue Luft wie Wolkenschwung von
      tausend Geschützen.
   Der Mensch drang in die Erde, die blaue Eishülle
      seines Willens umstrahlt ihn noch.

   Der Mensch drang in die Erde wühlend und scharf
      wie ein Keim, der zum Schoß feindlich saust,
   Die Erde barst klaffend, die Berge stoben zu grünem
      Staub, die grauen Türme der Städte tanzten in
      seiner Faust.
   Er stieg aus den dunklen Höhlen, um ihn bebte
      Trümmersturz und qualmender Brand.
   Er schritt durch wehende Menschenrotten. Das
      himmlische Licht war verborgen. Er blieb unerkannt.




DIE STIMME


   O Mund, der nun spricht, hinschwingend in durchsichtigen
      Stößen über die gewölbten Meere.

   O Licht im Menschen an allen Orten der Erde, in
      den Städten fliegen Stimmen auf wie silberne
      Speere.

O Trägheit der kreisenden Kugel, du kämpftest gegen Gott mit fletschenden
Tierlegionen, Urwäldern, Säbeln, Schüssen, bösem Mißverstand, Mord,
Epidemien:

   Aber der Lichtmensch sprüht aus der Todeskruste
      heraus. In den Fabriken heulen Ventile über die
      Erde hin. Er hat seine Stimme in tausend Posaunen
      geschrien.

                   *       *       *       *       *

   Eine Stimme schnellte hoch, glasschwirrend ein
      harter Stahlpfeil, der in Glut blank zerknallt.

Eine Stimme über Amerika, unter schweißigen Negern, die demütig das Weiße
der Augen drehen; unter deutschen Flüchtlingen, bärtig zerpreßten Bettlern,
unter hungernden Juden, die das glitschige Ghetto finster zusammenballt.

   Eine Stimme unter den entkräfteten Arbeitern, drei
      Millionen, die alle Jahr einsam absterben nach
      neuen Fabriksystemen,
   Eine Stimme unter zerfressenen Frauen im bunten
      Hemd, denen die Bordellmeister das Geld abnehmen.
   Unter starren Chinesen im Hungergeruch, die Tag
      und Nacht feine Wäsche waschen,
   Eine Stimme über den Broadways, wo Arbeitslose
      nach fortgeworfenen Speiseresten haschen.

Eine Stimme schwang zart wie der dünne steigende Schrei des Dampfs eh die
vieltönigen Wasserblasen aufkochen,

Sie sprang wie Windsand in stumme Münder hinein, sie glitt wie Flötenkraft
müden Schleppern über geduckte Knochen.

   Durch steilschwarze Stuben schwebten Sonne und
      Mond, die Sterne zogen durch stinkende Tapeten
      aus rissigen Flecken.
   O vielleicht geht das himmlische Wunderlicht auf,
      bevor alle zu Aas verrecken!
   Eine Stimme flog und sog sich voll aus schmutziger
      Werkstättenzeit,
   Die Wut und die Hoffnung kreisten wie Blut, und
      der Haß, der naß bespeit.
   Eine Stimme haucht schwarz über schlechtes Papier
      aus bankrottierten Druckermaschinen,
   Eine Stimme las das Flüsterwort: Streik! in den
      roten Schächten der Coloradominen.
   Sie liegt wie heißer Rauch auf schaukelnden Häfen;
      mißtrauischen Kneipen; im verhungerten Dorf;
      wenn der geplünderte Bauer sät;

In Städten schreit sie Signalgeklirr über wirre Versammlungen hin, wo
Polizei die Türen bespäht.

                   *       *       *       *       *

   O Münder, daraus die Stimme des Menschen brennt!

   O trockene Lippen, sechzigjährig, trauernd schlaff
      umstoppelt, die sich flach öffnen, weil vor dem
      Tod Einer bekennt.

   O irre rote Zungenglut hinter weißen Negerzähnen,
      die Stimme gurgelt im Glücksgesang.

   O Mund, rundes schallendes Tor, Hall und Lust,
      Volkschoral, daß der Saal mitschwang.

   O bitterer Nähmädchenmund, der nach Gerechtigkeit
      klagt und schrill Groschen und Wiegpfunde
      zählt.

   O faltiger Rednermund, der auf und nieder wie
      Eulenaug geht, und Effekte wählt.

   O Mann im blauen Hemd, der in Fabrikpausen
      hastig Propaganda treibt.

   O sorgfältiger Beamter, der nach allen Poststationen
      Briefe und Werbelisten schreibt.

   O Demütiger, verlegenes Herz, der nur einmal
      einem Guten die Hand drücken mocht.

   O Stummer, der zum erstenmal spricht, und in
      einem Satz sich prasselnd verkocht.

   Eine Stimme flammt über Europas autofahrenden
      Frauen, über krummen schweigsamen Kulis im
      Australischen Strauch.

   O Münder, wie viele warten auf Euch, Ihr schallt,
      und sie öffnen sich auch!

                   *       *       *       *       *

   Auf der runden Erde floß das Meer im Wind über
      den Strand und zurück.

Schlapphutredner im Lichtstrahl, hinter Pulten, bei geheimen
Zusammenkünften, an nassen Kneiptischen, sprachen geläufig wirksam immer
dasselbe Stück.

   Schwindler warben um Geld. Fastende Heilige
      schmuggelten verbotene Zeitungen über die
      Grenzen,
   Gymnasiasten in ihren Aufsätzen wollten zum Zorn
      der Lehrer mit neuem Wissen glänzen.
   Einsame wurden über die runde Erdkugel hin von
      Worten getroffen wie Hafenstädte von aufgefischten
      Flaschenposten.

In allen Häusern drängen Frauenleiber ans Fenster, um das vorbeifliegende
Abendlicht zu kosten.




DIE FRÜHEN


   Die Stimme stieg aus der Erde, sie stieg wie Saft
      der Erde in Menschengebein.

Aus bebenden Ländern trieben sie hoch wie Blasen aus grünem Sumpf, einzeln
und früh. Sie öffneten runde Augen und schauten sich um.

O was sollten sie tun? In ihnen stieg und fiel wie brennendes Blut das
Gedächtnis ans selige Licht. Ein Schein glomm aus der Ferne vor ihrer
rußigen Geburt.

Sie lachten laut über die elektrischen Bogenlampen, über die Cafés, über
die stumpfen genährten Armeen, über die zischelnden Börsenhallen,

Ihre Worte, einzeln und dünn, tropften ab wie Perlengekicher von den
Fenstern der steinernen Parlamente.

O hinauf! Schweben über der satt glucksenden Erde! O aufleuchten feurige
Planetenflüge zwischen den gefletschten Zähnen:

   O glühendes Blut vom Himmel, das um ihre gekrümmten
      Körper rollt,

O schwebender Mensch, Feuermensch, Lichtmensch über den Himmel, Kamerad,
Bruder, Genosse, fern, über der Erde, vor der Erde! Zu ihm!

   Die dunkle Erde wälzt sich über die Augen der
      ganz Armen.
   Sie steigt gebläht vor die Augen der Armen, ein
      feister schwarzer Ball.
   O Dunkelheit, Schatten. Drüben ist das himmlische
      Licht.

   O die Erde wegrollen! Aufreißen die schlammige
      Erdkugel, Löcher eintreiben, Schächte zum Licht!
   Auseinanderballen den Erdklumpen, der feuchte
      Dunkelheit über die Augen schattet!
   Hinein in die Erde, Sturmlauf, Ihr Brüder, an die
      starre gefräßige Mord-Erde,
   O die Erde zersprengen zu Milliarden Staubplaneten
      in Brand,
   Die Erde sprengen mit einem Ruck der göttlichen
      Hand in alle Höhlungen des schimmernden
      Himmels,
   O Gottes brennender Finger sein, der das Träge
      winzig zerstäubt,

O leben im himmlischen Licht, Gemeinsamkeit mit dem göttlichen Menschen des
Himmels, Bruderschaft, zu ihm, Chorgesang einer hellsteigenden
Vielmundstimme durch das Sonnen-Universum!

Erde, was erhebst Du Deine mächtige Kugel vor dem Bruder des Menschen!

Kommt nun der Kampf? Und der Kamerad des Menschen zerstört Deine
Finsternisse, und Du zerplatzest in leuchtende stille Trümmerflocken zum
langen gewölbten Himmel?

Aus unreinen Barackenvorstädten schlichen nachts Männer verhüllt durch enge
Keller bei Juwelieren ein, unentdeckt.

Männer in Masken sprangen schreiend am Mittag in die Banken, die Kassierer
flohen erschreckt.

   In Paris wurde die Straßenpolizei aus entschwindenden
      Autos niedergeschossen.
   Im Londoner Hundswinkel belagerten straffe Truppen
      das ärmliche Haus der Genossen.
   (O gekrümmte Whithechapel-Juden, Ihr seid jung,
      Eure Eltern röchelten mit verdrehten Augen in
      hundert Pogromen,

Das eiserne Dach über Euch brach auf, wie ein finsterer Synagogenhimmel,
der entschwebt; das Licht floß zu Euch.)

   Sie lebten nicht weiter, sie wurden verraten, guillotiniert,
      oder krepierten in den Flammen.

O Städte alt in Süddeutschland, bärtige Schullehrer stiegen entrückt wie
assyrische Priester auf den Turm unters Licht, und schossen mit rostigen
Flinten das Menschengeschlecht unten zusammen.

Sie ergaben sich nicht. Sie standen im Licht. Sie kämpften bei Dachbrand,
in den Kleidern Läuse und Kot.

Sie waren allein. Sie hörten die Brüder nicht schrein. O Lichtmensch im
Dunkel. O Krieg, der kam. O Tod!

   Augen wollten Licht nicht sehen. Ohren hörten
      keinen Hall.
   Träge Erde war verstoßen, Feindschaft schuf den
      neuen Ball.
   Die Menschenkugel zersprang.
   O seht den göttlichen Lichtschein um Euch, dann
      dauert der Krieg nicht mehr lang!




DIE ANKUNFT


Ihr, die Ihr diese Zeilen nie lesen werdet. Dürftige Mädchen, die in
ungesehenen Winkeln von Soldaten gebären,

   Fiebrige Mütter, die keine Milch haben, ihre Kinder
      zu nähren.
   Schüler, die mit erhobnem Zeigefinger stramm
      stehen müssen,
   Ihr Fünfzehnjährige mit dunklem Augrand und
      Träumen von Maschinengewehrschüssen,
   Ihr gierige Zuhälter, die den Schlagring verbergt,
      wenn Ihr dem Fremden ins Menschenauge seht,
   Ihr Mob, die Ihr klein seid und zu heißen Riesenmassen
      schwellt, wenn das Wunder durch die
      Straßen geht,

   Ihr, die Ihr nichts wißt, nur daß Euer Leben das
      Letzte ist, Eure Tage sind hungrig und kalt:

   Zu Euch stäuben alle Worte der Welt aus den
      Spalten der Mauern, zu Euch steigen sie wie
      Weinrauch aus dem Dunst des Asphalt.
   Ihr tragt die Kraft des himmlischen Lichts, das über
      Dächer in Euer Bleichblut schien.
   Ihr seid der schallende Mund, der Sturmlauf, das
      Haus auf der neuen gewölbten Erde Berlin.
   Ihr feinere dämliche Gelehrte, die Ihr nie Euch
      entscheidet hinter Bibliothekstischen,

   Ihr Börsenspieler, die mit schwarzem Hut am
      Genick schwitzend witzelt in Sprachgemischen.
   Ihr Generäle, weißbärtig, schlaflos in Stabsquartieren,
      Ihr Soldaten in den Leichenrohren der
      Erde hinter pestigen Aasbarrikaden,

   Und Kamerad, Sie, einsam unter tausend Brüdern
      Kameraden;
   Kamerad, und die Brüder, die mit allem zu Ende sind,
   Dichter, borgende Beamte, unruhige Weltreisende,
      reiche Frauen ohne Kind,

   Weise, höhnische Betrachter, die aus ewigen Gesetzen
      den kommenden Krieg lehren: Japan-Amerika,

   Ihr habt gewartet, nun seid Ihr das Wort und der göttliche
      Mensch. Und das himmlische Licht ist nah.

   Ein Licht flog einst braunhäutig vom Südseegolf
      hoch, doch die Erde war ein wildes verdauendes
      Tier.

   Eure Eltern starben am Licht, sie zeugten Euch
      blind. Aber aus Seuche und Mord stiegt Ihr.

Ihr soget den Tod, und das Licht war die Milch, Ihr seid Säulen von Blut
und sternscheinendem Diamant.

Ihr seid das Licht. Ihr seid der Mensch. Euch schwillt neu die Erde aus
Eurer Hand.

Ihr ruft über die kreisende Erde hin, Euch tönt 'rück Euer riesiger
Menschenmund, Ihr steht herrlich auf sausender Kugel, wie Gottes
Haare im Wind, denn Ihr seid im Erdschein der geistige Bund.

                   *       *       *       *       *

   Kamerad, Sie dürfen nicht schweigen. O wenn
      Sie wüßten, wie wir geliebt werden!

   Jahrtausende mischten Atem und Blut für uns, wir
      sind Sternbrüder auf den himmlischen Erden.

   O wir müssen den Mund auftun und laut reden
      für alle Leute bis zum Morgen.
   Der letzte Reporter ist unser lieber Bruder,
   Der Reklamechef der großen Kaufhäuser ist unser
      Bruder!
   Jeder, der nicht schweigt, ist unser Bruder!

   O zersprengt die Stahlkasematten Eurer Einsamkeit!
   O springt aus den violetten Grotten, wo Eure
      Schatten im Dunkel aus Eurem Blut lebend
      schlürfen!

   Jede Öffnung, die Ihr in Mauern um Euch schlagt,
      sei Euer runder Mund zum Licht!
   Aus jeder vergessenen Spalte der Erdschale stoßt
      den Atemschlag des Geistes in Sonnenstaub!
   Wenn ein Baum der Erde den Saft in die weißen
      Blüten schickt, laßt sie reif platzen, weil Euer
      Mund ihn beschwört!
   O sagt es, wie die geliebte grünschillernde Erdkugel
      über dem Feuerhauch Eures lächelnden
      Mundes auf und ab tanzte!
   O sagt, daß es unser aller Mund ist, der die Erdgebirge
      wie Wolldocken bläst!

Sagt dem besorgten Feldherrn und dem zerzausten Arbeitslosen, der unter den
Brücken schläft, daß aus ihrem Mund der himmlische Brand lächelnd quillt!

Sagt dem abgesetzten Minister und der frierenden Wanderdirne, sie dürfen
nicht sterben, eh hinaus ihr Menschenmund schrillt!

                   *       *       *       *       *

Kamerad, Sie werden in Ihrem Bett einen langen Schlaf tun. O träumen Sie,
wie Frauen Sie betrogen; Ihre Freunde verließen Sie scheel.

Träumen Sie, wie eingeschlossen Sie waren. Träumen Sie den Krieg, das
Bluten der Erde, den millionenstimmigen Mordbefehl,

Träumen Sie Ihre Angst; Ihre Lippen schlossen sich eng, Ihr Atem ging kurz
wie das Blätterbeben an erschreckten Ziergesträuchen.

Schwarzpressender Traum, Vergangenheit, o Schlaf im eisernen Keuchen!

Aber dann wachen Sie auf, und Ihr Wort sprüht ums Rund in Kometen und
Feuerbrand.

Sie sind das Auge. Und der schimmernde Raum. Und Sie bauen das neue
irdische Land.

   Ihr Wort stiebt in Regenbogenschein, und die Nacht
      zerflog, wie im Licht aus den Schornsteinen Ruß.

   O Lichtmensch aus Nacht. Ihre Brüder sind wach.
      Und Ihr Mund laut offen ruft zur Erde den
      ersten göttlichen Gruß.




INHALT:


   Kamerad, Sie sitzen in Ihrem Zimmer allein   5
   Geburt                                       7
   Das Licht                                   13
   Dieser Nachmittag                           17
   Die feindliche Erde                         21
   Sieg der Trägheit                           23
   Der Mensch                                  27
   Die Stimme                                  31
   Die Frühen                                  37
   Die Ankunft                                 41





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Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.


Section  2.  Information about the Mission of Project Gutenberg-tm

Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of computers
including obsolete, old, middle-aged and new computers.  It exists
because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
remain freely available for generations to come.  In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
and the Foundation information page at www.gutenberg.org


Section 3.  Information about the Project Gutenberg Literary Archive
Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service.  The Foundation's EIN or federal tax identification
number is 64-6221541.  Contributions to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
permitted by U.S. federal laws and your state's laws.

The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
throughout numerous locations.  Its business office is located at 809
North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887.  Email
contact links and up to date contact information can be found at the
Foundation's web site and official page at www.gutenberg.org/contact

For additional contact information:
     Dr. Gregory B. Newby
     Chief Executive and Director
     [email protected]

Section 4.  Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment.  Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States.  Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements.  We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance.  To
SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
particular state visit www.gutenberg.org/donate

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States.  U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses.  Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations.
To donate, please visit:  www.gutenberg.org/donate


Section 5.  General Information About Project Gutenberg-tm electronic
works.

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
concept of a library of electronic works that could be freely shared
with anyone.  For forty years, he produced and distributed Project
Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.

Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
unless a copyright notice is included.  Thus, we do not necessarily
keep eBooks in compliance with any particular paper edition.

Most people start at our Web site which has the main PG search facility:

     www.gutenberg.org

This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.