The Project Gutenberg EBook of Der Sprung aus dem Fenster, by Karl Otten This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.org Title: Der Sprung aus dem Fenster Author: Karl Otten Release Date: December 30, 2010 [EBook #34785] Language: German *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER SPRUNG AUS DEM FENSTER *** Produced by Jens Sadowski Karl Otten Der Sprung aus dem Fenster Kurt Wolff Verlag, Leipzig Bücherei »Der jüngste Tag«, Band 55 Gedruckt bei Dietsch & Brückner · Weimar Inhalt Der Sprung aus dem Fenster Die Siebenschläfer Das Pferd Die Heimkehr Der Sprung aus dem Fenster Wahllos kopulierten sich Fehler und Vorzüge in dem Charakter des Herrn B. Um jeden Preis suchte er zu widerlegen, daß er dem Durchschnitt angehöre; aber das Wort Mittelmäßigkeit stand oft wie eine Fassade vor ihn hingemauert; oft umringte es ihn wie eine Mauer, längs der er rundlief; oft klang es wie der Ruf Manitobas überlaut und einzig in seiner Brust, so daß er zitternd wie ein gehetzter Hase hin und herriet, wie zu vermeiden sei, daß es offenbar werde. So sprach er denn bei allem mit. Erfindungen deutete er an in ihrer ganzen tragisch-revolutionären Größe, wenn sie überraschend auf den Markt niederkamen, Kunst, Politik, Dichtung fielen seinem gelehrigen Eifer zum Opfer. Insgeheim schrieb er Artikel für die Jägerzeitung, das freie Echo, Kunst dem Volke, der neue Staatsmann. Aber es war, als gehöre sein Name zum Text. Und doch kam es ihm ledig gerade auf die Unterscheidung, auf den Beweis seiner Existenz an. War es ihm in der Wirtschaft nicht gelungen, bei seinen Freunden den Eindruck eines Philosophen zu erregen, so behandelte er sie ungnädig, gab keine Antwort oder lehnte jede Erklärung mit verletzender Ironie ab. Den Kellner dagegen beschenkte er mit reichem Trinkgeld, guten Ermahnungen und Händedrücken. In der Elektrischen oder im ersten Halbschlaf fiel ihm der Plan zu einem Zyklus Preisgesängen auf die Freiheit des Geistes ein. Er dichtete, so dünkte ihm, die ganze Nacht -- ja er raffte sich aus den Decken auf und schrieb beim Kerzenlicht eine Stunde frierend Ekstasen aus sich ab. Der Morgen war Büro, Schreibmaschinen, der Mittagstisch die versalzene Erkenntnis: Genies gehen eher zugrunde, notorisch häufiger als schlechte Köchinnen. Ihm fehlte nichts als Mut zuzugeben, daß Schwächen in der Überzahl sogar immer noch Leben sind und ein Bekenntnis fordern. Er ahnte wohl dergleichen, suchte aber krampfhaft sein Denken rückwärts zu drängen, um den Punkt zu ergründen, wo eigentlich der Fehler seiner Konstitution liege. Aber es fielen ihm keine Beweise, keine Erinnerungen, keine Daten ein. Auch sonst keine Ideen. Reichtum des Geistes konnte aus Sprichwörtern nicht gesogen werden. Haltlosen Banalitäten schraubte er sich nach, beseelt von Feuereifer das Perpetuum mobile aus dem Bauch der Dummheit zu reißen. Führte ihm der Zufall einen Menschen vor die Klinge, der Geduld und Einfalt besaß, sich belehren zu lassen, oder die pensionslüsterne Tochter eines guten Freundes, nannte er sie zwar insgeheim Philister und Schmarotzer am Geiste, sprühte jedoch zugleich von Witz und Einfalt, blendete sich selbst mit gelehrter Skepsis und zynischen Analysen. Lärmende Freude ließ ihn hochgeschwellt, Wind unter allen Flügeln, Einsamkeit der Straßennacht groß und Sterne ewig empfinden. Er rannte hier- und dorthin. Kein Ausweg, der Unerträglichkeit des Ichs, Dingen, Menschen, Mittagsmählern, dem Licht, der Finsternis zu entkommen. Ihm war, als sei er eingespannt zwischen zwei Krallen, die ihn dehnten in allen Lagen; die Widerstände seines Daseins bohrten sich in seine Seele. Alle hatten Namen, Namen, die lockende Möglichkeiten klangvoll bargen, Tausenden auch gaben. Ja ihn selbst auch beschenkten nicht nur in seiner Jugend. Er sehnte sich ja danach, mit seiner Wirtin, den Kollegen, den Trambahnschaffnern und Kellnern, den Arbeitern und Direktoren in Frieden zu leben. Sein höchster Traum war: Frieden predigen und als leuchtendes Vorbild mit weißen Händen sich über die Stirne fahren, um das Lächeln zu überschatten, das immerdar auf seinen Lippen schweben, seinen Augen von aller Lippen offenbar werden sollte. Aber es kam nie dazu. Das Lächeln hatte er verlernt, er lachte dröhnend, und die Falten um sein Kinn schaukelten. Und dieses Gelächter zwackte ihn genau wie das hölzerne Sofa, wie das unausgesetzte Bimmeln der Glocken von allen Türmen, Schulen, Milchwagen. »Könnte ich doch einmal selbst Glocken läuten, von morgens bis abends, die ganze Nacht, damit ich mich beruhige und freue, daß andere darunter leiden.« Seine Unruhe war nicht zu bändigen, obwohl er doch allen Grund gehabt hätte, zufrieden zu sein. Er hatte alle Pläne bisher verwirklicht und das Wahrscheinliche wahr gemacht, das Bizarre gemieden und vergessen. Es trieb ihn um und um. Er flüsterte vor sich hin, er munkelte in eine Ecke starrend und ratschte mit den Füßen über die Diele. Seine Worte hatten keinen Sinn sichtbarer Verknüpfung. Es waren Worte, die Lawinen dunklen Mißgeschicks ihm auspreßten. »Unglaublich -- unglaublich -- gräßlich -- heraus -- nur heraus -- furchtbar.« Und dazu stieß er tiefe Seufzer aus, Ekel verzerrte seine Lippen. Alle Dinge sprangen ihm an die Kehle. Aber er kam ihnen zuvor und schleuderte sie in eine Flut von Abscheu und Verachtung. Wenn die Stunde jedoch gekommen war, stand er auf, reckte sich, nahm sein Frühstück, ging ins Büro, ins Gasthaus, ging auf die Straße und legte sich zu Bett. Jedes wenn die Stunde gekommen war. Aber Ekel, Wut und Verzweiflung waren an keine Stunde gebunden. Sie waren die Zeit selber, denn sie liefen unter ihm fort und hoben ihn plötzlich auf und schüttelten ihn aufkochend zur Rechten zur Linken. Auch daran hatte er sich gewöhnt und gewisse Mittel ergriffen, um »das Ärgste zu vermeiden«. Man konnte den Dienst wechseln, die Stadt, die Wohnung, oder in Urlaub fahren. Der Anzug war unansehnlich, noch gut fürs Haus oder Büro. Man kaufte einen neuen. Der Wechsel war ein Schlafmittel und machte doch lebendig neuen Interessen. Dann brauchte man nicht nachzudenken, sondern flatterte, plätscherte. In ungeahnter Fülle spendete Schicksal Erfolge, Scherze, Schauspiele. Das Neue kitzelte einen neuen, unberührten Punkt der Nerven und führte neues Licht auf alte Farben. Die leuchteten dann ganz prächtig auf, das alte Grau war verschwunden. Bis es eines Tages aufschwelte und alles in den Fingerspitzen juckte. Bis seine Augen sich wieder öffneten, nachgebend einer unbekannten Hand, bis er in den Ecken stand und vor sich hinknurrte. Er war überzeugt, daß es nur ihm so ergehe, daß nur bei ihm Genialität und bizarres Kleinbürgertum sich so mische, daß kein Charakter dagegen aufblühen könne. Es war sein Irrtum, daß es nur ihn so schlage, daß er sich dieses Leidens schämte als einer Minderwertigkeit, gegen die er nicht genügend Energie verwende. Er wußte nicht, daß es alle Menschen anwandelt, daß sie, wenn auch nur für ganz kurze Blicke, fremde Augen öffnen und ihre Haut sich spannt vor Entsetzen. Hätte er's gewußt, er wäre beruhigt gewesen, hätte sich ausgesprochen, womöglich gelacht. So mit den Händen über den feuchten Tisch hin »dieses Etwas« hinabgewischt. So jedoch stand er bis zum Hals im Sumpf. Und dieser Sumpf wuchs. Er merkte die Luft über seinem Schädel weniger werden und doch schwerer. Und eine tolle Wut packte ihn, daß unten Räder rollten, Stimmen tosten, Klaviere schepperten und er dastehn mußte und nur fluchen konnte, seufzen, verzweifeln. Er öffnete die Türe und trat auf den Balkon. Dieser Balkon war sein Stolz; er führte seine Gäste gerne auf ihn hinaus vor diese Tiefe. »Da sehen Sie erst, wie hoch ich über allen wohne,« lachte er üppig mit runder Armbewegung, den Bauch gegen das Gitter pressend. Er öffnete die Tür mit schlaffer Hand; sie gab lautlos nach (sonst gehorchte sie nur ächzend mächtigem Druck). Zu Boden starrend wehte er vor, als sauge ihn ein Ventilator an, der Schwung eines großen Rades, glühend groß wie die Sonne, die drüben brannte. Bis an das gußeiserne Gitter preßte ihn der saugende Mund, vornüber neigte er sich mit vorgestreckten Schwimmerarmen, die jeden Halt fahren ließen. Seine Blicke sanken auf die Tiefe, das Blut rollte wie eine Spielkugel in den Kopf, warf den Körper aus dem Gleichgewicht. Er ließ ihn gleiten, befreite sich von ihm, er fühlte, daß er falle, wabbernd in breiten Flugflächen wie ein Blatt; denn er schien sehr leicht, schien ein Nichts zu sein an Gewicht. Ja, ein wirkliches Nichts, denn die Droschken rutschten gelassen weiter, die Menschen krabbelten, schwarze und helle Mäuse ihrer Wege, kein Knall, kein Schrei: ein Nichts war abgestürzt! Und er hatte doch vollkommen durchfühlt, daß er sich löse vom Balkon, vom Zimmer, das ihn bisher beherbergt; daß ihn die Welt ausgespieen hatte, damit er stürze, sein eigener Wille ihn hinausgedrängt aus der Tür -- er hatte den Schlag des Todes aufs Pflaster durch alle Knochen schmetternd gespürt, aufatmend sein Blut verspritzt in den grauen Staub der Straße für eine große heilige Sache, die alles Bittere erfordert, weil es so leicht ist. Er kroch zurück, glitt auf den Boden des Balkons, und seine Augen füllten sich mit Tränen, er weinte in langen Strömen, unfaßbares Leid, unfaßbares Glück. Und ihm war, als schwebe er mit dem Balkon in reine Höhe, die er nur ertragen konnte, weil sein Körper abgestürzt, zu Staub zerschmettert war. Mit Schluchzen und Stößen senkte aufs neue Besinnung bleiernes Erwachen in den noch Lebenden. Lächelnd stand er auf, reckte sich, klopfte den Staub von der Hose. Und als er sich umsah, Häuser, Himmel, Wolken, Türme, das Licht wie immerdar, legte er die Hand an die Stirne, als suche er sich, vergebens, eines Vorfalles zu erinnern. Die Siebenschläfer Mitten in der Krönungsfeier trat Dezius, der Kaiser, auf einen Diener zu und riß ihm das Amulett in Form eines Kreuzes vom Hals. Der bändigte ruhig seiner zornverquollenen Augen giftige Blicke; auch als der Kaiser ihn zu töten befahl, lächelte er erhaben. Wie alle Schwächlinge hatte Dezius insgeheim lange Jahre darüber nachgesonnen, wie sich Geltung verschaffen, Ansehen, Furcht und Gehorsam. Mit großem Pomp drohte er als erste Regierungshandlung grausamsten Tod allen Feinden des Reiches. Auch heischte Tradition diese Form. Und dann: nur Mächtige haben Feinde. Also redete und wütete der Kaiser gegen die Feinde, vor allem die Erbfeinde, die Christen. Lauter denn je dröhnten ihre Stimmen von Gleichheit und Brüderlichkeit aus den Kanälen unter der Stadt empor. Der Kaiser, selbst Frucht eines Aufstandes, rückte wie ein Rasender durch alle Provinzen seines Reiches gegen diese Revolution. Und es gelang ihm in kurzer Zeit, tausende einfältiger Menschen zur ewigen Seligkeit und Verklärung zu steigern, mit Wunderkraft zu begaben; ihre Namen rauchten wie Sonnenstaub Verklärung über die Mietskasernen und Markthallen und Zirkusstaden; klangen wie ein Programm, sich zu schließen so fest, daß die Heiligen zwischen den Schultern der Brüder eingeklemmt ihren Platz nicht zu lassen brauchten. Der Kaiser wurde grau und mager. Er unternahm viele Bauten, Politiken, Feldzüge; aber alle Untertanen erkannten aus jeder seiner Verordnungen, wie stark Blutschuld isoliert, wie fremd er der Zeit, taub der neuen Stimme der Bruderliebe war. Ein omnipotenter Knockabout, dessen Späße lebensgefährlich, dumm und boshaft waren. Man kam nicht auf die Idee, ihm das Genick zu brechen; so sehr war seine Zeit erfüllt, die neue schon vorgeeilt. Man verstand nicht recht, wie er noch möglich sein konnte und duldete seine Metzeleien, weil noch eine Schuld zu sühnen blieb. Andererseits die Überzeugung herrschte, daß geringe Erregung, etwa ein scheuendes Pferd, ein Schnupfen oder ein Ziegelstein genüge, um diese Warze zu ekrasieren. Die Bewegung zog weite, unwahrscheinliche Kreise. Im Herzen, an einer Stelle ihres Lebens waren alle bereits Christen, deren Blut noch Fühlung hatte. Die Abneigung gegen das starre Gesetz, die verlogene Geste bezahlter Götter, gegen endlose Kriege, wo doch alle Menschen einander lieben und nichts so sehr konnten als Vereinigung zur Verherrlichung der Ideen des Menschensohnes, die gräßliche Völlerei der Reichen, die weniger Menschen aber mehr Gelder wurden und das Mark aus den Rücken der Armen sogen, bis beide seelenlos in Räude faulten. Die Richter, Offiziere, Zuhälter der staatlichen Ordnung, an ihrer Spitze der Kaiser: Eitelkeit, Phrasen, Blutdurst, billige Zirkusmache! Sahen sie nicht in den Herzen leuchtende Klarheit, unabwendbar das Ziel prästabiliert? Der Boden schwankte unter ihren lächerlichen Thronen. Sie fühlten nach nacktrauschenden Festen, nach Blut und Eisenschlachten, marmorhallenden Schwindelzeremonien im Grabkuppelchen morschknochiger Angst und Verlassenheit ganz unvermittelt: Das Absolute des guten, liebenden Herzens in einmaliger, einfacher Armut triumphieren über ihre tägliche blutige Gemeinheit. Gleichwohl bekehrten sie sich nicht; sie konnten als das andere Prinzip nicht, ihnen fehlten gewisse Organe, und der Überschuß an Sophistik verhätschelte alle Regungen ihres dünnen Gemütes in Heuchelei und Argwohn. Mit schmal geknifften Lippen sahen sie die Freiwilligen der Idee sich zur Parole des Martertodes melden. Sie winkten dem Henker mit dem spitzen Zeigefinger; ließen den und jenen gleich niederstoßen (aber es geschah auch, daß der Henker mit dem Opfer niederkniete, alle den Tod erflehend): Obwohl jede Provinzstadt einen Zirkus erbauen mußte, hatte man nicht genügend hungrige Bestien für alle Christen. Den Rest sperrte man ins Gefängnis bis zum Tage der Spiele. In einer Provinzstadt trafen so sieben christliche Jünglinge im Gefängnis zusammen, die einander vorher nie gesehen hatten. Wie von einem Brand, einem Wort, das gesprochen sein muß, von der Wahrheit selbst, die Herz und Muskel zersprengt, wenn sie nicht erfüllt wird, von Sicherheit des Lebens, die wie seliger Wahnsinn alle Gefahr der Lächerlichkeit und Scham überspielt, vernichtet, getrieben und aufgerufen hatten sie bekannt. Jetzt kauerten sie gebückt auf dem Stroh am Lehmboden, Schulter an Schulter, und hielten glückschweigend einander bei der Hand, eine Kette stärksten Willens, der Gott selbst beschwört in Erscheinung niederzuflammen. Wie Liebende wiegten sie einander mit Blicken singend. »Ich staune,« hub einer an, »und große Freude höhlt mich aus, daß wir viele und doch einer sind. Rings sind alle Zellen voll, in jeder Zelle pocht mein Herz, in meinem Herzen beten alle Brüder. Mein einziger Zweifel war, daß der Richter mich nicht ernst nehmen und ich mich wie ein Tier in den Rachen eines vergeblichen, eingequälten Ungeheuers werfen würde. Ich war einsam, ein Hirte auf den Abhängen der Gebirge. Vielleicht riefen die Tiere, Wolken, Steine des Herrn Wort in mir wach. Ich vertraute ihm, überwand meinen Schreck und Ihr belohnt mich herrlich, da ich bei Euch sein darf. Alles ist von uns abgefallen, weil alles Zweifel und Schranke war gegen den Sieg des Geistes. Wir können nur noch sterben. Das ist jetzt das wahre Glück, zu erkennen, daß nichts, auch dieser Leib nicht einen Wert hat. Wir sinken in die Unsterblichkeit, in die einzige Idee, in die wahre Zeit. Wie danke ich Gott, daß ich Euch anschauen darf; Ihr meine anderen Ichs; wir ein siebenfaches Ich. Alle Löwen, alle Kaiser, alle Henker, Richter, Soldaten, Götter und Gesetze, alle Bestechung und Lüge macht unser Tod reif; sie faulen tiefer, sie kippen unter den Stößen unserer letzten Atemzüge. Wir sterben nicht irgendeinen Tod wie ein Krug zerbricht, weil ihn die Magd von der Bank stieß. Unser Tod erhellt das wahre Leben über alles Sein. Wir werden in den Herzen derer, die zurückbleiben, auferstehen, in den Herzen der Freunde wie der Feinde. Die Schwankenden werden fest in Mut und Feuer, die Spötter verstummen, die Zweifler glauben. Hätten wir in Frieden den Glauben an den Geist und den göttlichen Sohn des Menschen wirken können, wären wir vielleicht eingeschlafen und zum Haufen geworfen, wo alles Unkraut in der Grube dorrt. Jetzt aber ist Krieg, nicht gegen die Trakier, Gallier, Numider, nein, gegen den Geist, gegen die Liebe, gegen uns, die Menschen. So voll war ich der Liebe zur Menschheit, zu den Armen, Unterdrückten und Verblendeten, daß es begeistert aus mir schrie, als mich der Richter fragte, ob ich Christ sei. Die Stimme der Welt, die Erinnerung an Weib und Kind, Haus, Geld und Leben erblindete, verstummte in mir: gleichgültig alles vor dem Tode für die Idee der Liebe. Ich weiß, daß sie von meinem Tod erst recht leben wird. Sie ist über uns eine starke Kraft, in sie flieht unser schwaches Leben, sie lebt von unserem Glauben, bis sie Übermacht hat über die Tyrannen, die Welt, die Trägheit der Herzen. Es ist dieser Tod nicht ein Ende, vielmehr der Anfang. Erst durch den Tod für seine Idee, die auch die Idee aller Menschen war, lebte Christus in unseren Herzen, in aller Herzen, lebte er überhaupt. In Einsamkeit und Fremde rang ich mit mir wie Christus um die Erkenntnis jener Liebe, die auch den letzten Hund in sich verschließt, die alle Handlung ablehnt, die nicht von jenem Geist durchwärmt getrieben wird, aus der vollen Kraft des Einzigen. An mir liegt nichts! Am Menschen liegt nichts! Die Idee, der Glaube, die Liebe! Aber auch sie sind erst, wenn Du und Du und jeder, jeder einzeln einsam, einzig hindurch durch alle Verworrenheit und Zweifel ins Angesicht der Ewigkeit sich schwinden fühlt, abscheiden aus aller Lust und Unlust, aus allen Schalen. Dann bleibt der Tod nur wie ein Schritt durch ein Tor in blaues Lieht.« Jedem war, als strömten diese Worte aus seiner eigenen Seele. Sie enthielten alles, was sie zu sagen wußten, je hätten sagen können. Schweigend genossen sie jetzt das große Glück, nicht einsam zu sein vor dem Tode. Sie waren ihrer Sieben eine Allmacht. Sieben Tage und Nächte warteten sie geschlossen auf das Ende. Ihre Kraft nahm nicht ab, sie dachten nicht, sie wußten nicht. Sie saßen und warteten. Am Morgen des siebenten Tages zog der Wärter sie aus der Zelle. In einer Schar von Brüdern und Schwestern trieb man sie zum Zirkus, der im Schatten heller Pinien vor der Stadt erbaut war. Alle Wege strömten über von Volk. Lautes Geschrei begrüßte die Gefangenen, Abschiedsrufe und Wehrufe und Wehklagen. (Aber es duldete, sah stumpf und grausam gleichgültig zu, daß die Behörden, die doch alle verachteten, Opfer aus ihrer Mitte rissen und von wilden Tieren zerfleischen ließen.) Die Soldaten drängten voran, da sie einen Aufstand befürchteten. Oder es ihnen Freude machte, die Wehrlosen zu quälen. Die sieben Freunde schritten Hand in Hand nebeneinander. Manchmal, wenn sie Bekannte in der Menge sahen, riefen sie ihr Glück freudig in die erschreckten Gesichter, die sich verlegen abwandten. Ihnen war, als hörten sie schon das Gebrüll der Löwen, als öffne sich ihre Brust, die Seele auszulassen, die sich an der Brust des Ewigen bergen wollte. In ihrer Erregung schritten sie hastiger aus, an die Spitze des Zuges, sie begannen zu laufen, das Volk wich zurück, öffnete eine Gasse -- es hob sie über die Köpfe hinweg ein leichter Wind des Himmels, über die Dächer, durch den Wald. Als sie das Klirren der Legionäre hinter sich hörten, Pfeile ihnen nachschwirrten, fühlten sie voll Schrecken, daß sie auf unwiderstehlicher Flucht waren. Sie sahen einander an und stürmten weiter, die Verfolger trabten mit lautem Geschrei hinterdrein. Schweiß vor Anstrengung und Verzweiflung troff über ihre Gesichter, und die Haare klebten kalt an ihren Schädeln. Sie konnten ihren Beinen nicht Halt gebieten, eine unwiderstehliche Kraft riß sie nach vorne wider ihren Willen. Mit steigendem Entsetzen fühlte jeder, wie er sich gegen die heiligsten Entschlüsse gleichsam vor der Seligkeit rettete, wie sie ihren liebsten, brennendsten Wunsch zu sterben für die Unsterblichkeit der Idee Gottes aufgaben und wie Feiglinge im Schoße der Welt, die sie verachteten, Sicherheit suchten. Im Berg zu ihrer Rechten klaffte ein Spalt. Sie schlüpften hinein und hinter dem letzten ward es Nacht, durch die sie noch ihre Verfolger vorbeistürmen hörten. Glücklich, einander nicht anschauen zu brauchen, legten sie sich nieder und schliefen ein vor Erschöpfung und Trauer. Als sie erwachten aus unendlichen Träumen, war es lichter Tag um sie her. Sie sprangen vom Boden auf und waren einig, sich sofort dem Richter zu stellen, damit der Tod Flucht und Schande von ihnen nehme und ihnen endlich die Pforte des Paradieses öffne. Eilends verließen sie ihre Höhle. Sie wanderten lange durch einen Wald, den kein Weg aufteilte. Sie verhehlten einander ihre Unruhe, denn keiner kannte die Gegend und die Stadt schien vom Erdboden verschwunden. Sie änderten ihren Kurs und gelangten auf eine wüste Stätte voller Ruinen und Trümmer von Säulen, Tempeln, Kasernen und Gerichtsgebäuden. Fern am Rande der Vernichtung sahen sie müde Rauch wirbeln. Sie atmeten auf und hielten auf dieses Zeichen zu. Da lagerten einige armselige Hütten um ein Kreuz. Menschen saßen vor den Türen und blickten in den Abend. Sie standen auf, als die Sieben sich näherten. Man verstand einander zuerst nicht. Aber die Leute gaben ihnen freundlich Brot und Käse und zeigten ihnen den Weg zur Stadt. Diese Stadt aber kannten sie nicht. Sie schien neu, niedriger, kleiner als ihre Vaterstadt. Sie fragten nach dem Richter Glädonius, der sie zum Tod verurteilt hatte. Niemand hatte von ihm gehört. Sie fragten nach dem Gouverneur Procius, dem Feldherrn Caronius, nach allen Beamten, allen Großen der Stadt, allen Philosophen und Dichtern. Nie hatten die Leute dieser Stadt ihre Namen vernommen. Offenbar war ein Furchtbares geschehen in ihrer Abwesenheit, ein Erdbeben, eine Feuersbrunst, Kriege schienen in einer Nacht, einem Schlaf die Erde umgestürzt und alle Menschen verändert und ihr Gedächtnis ausgelöscht zu haben. Endlich führte man sie in ein weißes, gedecktes Haus, über dessen Tür das Zeichen des Kreuzes gemalt war und der Gekreuzigte aus Stein gemeißelt in einer Nische stand. In diesem kühlen Hause empfing sie ein alter Mann mit großen Augen und faltig-knochigem Gesicht. »Wir bitten Dich, uns vor den Richter zu führen. Wir sind Christen und den Soldaten des Kaisers entflohen. Wir sind bereit, jetzt sofort zu sterben. Wir wollen jetzt Zeugnis ablegen.« »Wir sind alle Christen, meine Brüder,« meinte vorsichtig der Greis, »weshalb seid Ihr den Soldaten entflohen? Und wenn Ihr ein Verbrechen begangen habt, so sollt Ihr es büßen. Sagt mir, was Ihr begangen habt!« »Wir sind Christen und wollen Zeugnis ablegen für den Glauben an die Gleichheit der Menschen, die Unsterblichkeit der Seele, die Liebe, die alle Welt erlöst, und für den Sohn des Menschen. Wenn auch Du Christ bist, um so besser, so wollen wir zusammen gehen und bekennen. Vielleicht, daß wir zusammen sterben können.« Der Alte erschrak, und während er zugleich zitternd einen Schritt zurückwich, sah er die Sieben genauer an. In ihren hageren Gesichtern glühten Augen schwarz wie geronnenes Blut, Glanz und Modergeruch strömte aus ihren schimmligen Gewändern und wüsten Bärten. Ein heller Schein wölbte gleichsam eine Kuppel über sie. Da stürzte der Alte in die Knie und rief entsetzt um Hilfe, denn er fürchtete sich vor diesen sieben Männern, die vom Tode auferstanden waren und wie die Richter des jüngsten Tages verschlossen und hartnäckig nach dem Sinn fragten. Volk drängte herbei und umringte sie mit Ausrufen der Verwunderung, Neugierde und Ehrfurcht. »Von welchem Kaiser redet Ihr? Welchem Richter, welches Jahr schreibt Ihr? Wir sind alle Christen und leben doch. Wir leben doch alle trotz unseres Glaubens. Keiner tötet uns, keiner verfolgt uns. Ihr redet von längst vergangenen, finsteren Zeiten.« »Wir meinen den Kaiser Dezius, der unsere Freunde und Geschwister wie uns selber einfing für die Löwen im Zirkus. Gestern sind wir entflohen, wir wurden hinweg geführt und verbrachten eine Nacht im Schlaf in einer Höhle.« Wie Schläge fiel die Wahrheit über sie her: Dezius ist seit zweihundert Jahren tot, alle Götter sind tot, alle Tempel und Altäre der Heiden zerstört. Es gibt keine Heiden mehr. Die Heiden werden bekehrt oder verbrannt. Kaiser und Heer, das ganze Volk, alle sind Christen, vereint in der wahren Kirche Christi. Wenn Ihr also rechtgläubige Christen seid, so seid ohne Furcht. »Euer Glaube, für den Ihr nicht mehr zu sterben braucht, beseelt uns alle. Niemand denkt daran, für diese Tatsache sich töten zu lassen oder in ihr etwas Erstaunliches zu sehen. Aber erzählt, wie es Euch erging in Eurem Leben. Wie lebten die Menschen damals, wie starben sie?« Und die Sieben bekannten ihren Glauben in aller Einfalt und Glut. Ihr Leben war ihnen, da sie den Sieg sahen, entschwunden und sie wußten nichts anderes zu berichten, als daß sich alle unterordneten in Liebe unter das erlebte Gebot Christi, daß Leben, Eigentum und irdische Ehre nichts galten im Hinblick auf die Ruhe des Herzens und Erfüllung der Liebe. Aber es erhob sich von neuem und die nächsten Tage fort ein Fragen nach dem Wie und Wo, dem Aussehen und Gebaren der Menschen in ihren Tagen. Man bestaunte sie wie wilde Tiere trotz aller Scheu. Die aber vermochten in ihrer Errettung nichts Sonderbares oder Unglaubliches mehr zu sehen. Wohl aber sahen sie viele Dinge in ihrem neuen Leben, die sie mit wachsender Trauer erfüllten, weil sie ihrem Verständnis fremd und ihrem Glauben tot, unlebendig erschienen. Es war ihnen, als seien sie am Leben geblieben, um zu erfahren, daß die Welt gestorben sei. Und sie äußerten laut ihre Mißbilligung und tadelten die hohen Herren der Kirche, die Beamten und Besitzer der Äcker und Häuser. Nach außen waren alle Christen, fromm hielten sie alle Gebote, die sich seltsam rasch vermehrt hatten. Ihre Herzen aber entbehrten alles fühlenden Wissens, aller Geduld, aller Wärme. Man beorderte sie vor ein Konzilium, das sie höflich und salbungsvoll behandelte, ihnen aber eindringlich diese Reden gegen die bestehende Ordnung verwies und sie vor den Folgen einer Irrlehre warnte. Bald stellten sich bei den Sieben auch die Zeichen ihres furchtbaren Alters ein. Sie holten ihr Leben nach. In wenigen Tagen bekamen sie das Aussehen uralter Bäume, die mit Moos und Flechten bewachsen einsam in stillen Tälern trauern, in schwarze Schatten gehüllt. Sie ließen nicht ab, laut und lauter ihre Stimmen zu erheben. Sie zogen wie die gerettete, unbeugsame Wahrheit durch Städte und Dörfer und predigten voll Eifer die Reinheit des armen Lebens, das sich der Ewigkeit verdungen. Viele hörten auf sie, heimlich kamen manche und empfingen Händedruck und Trost, die Masse des Volkes geriet in Wallung: Zeichen und Wunder, neuer Eifer, neuer Drang gegen Himmel schloß die Menge in Ehrfurcht und Glauben aneinander. Viele aber lachten hinter ihrem Rücken, nannten sie komische Käuze und die Geschichte des hundertjährigen Schlafes eine dumme Legende. Die Behörden der Kirche aber ergrimmten mehr und mehr über diese unliebsamen Heiligen und riefen die Wächter des Staates zu Hilfe. Die gingen vor nach den Buchstaben des Gesetzes und stellten die Sieben vor Gericht. Man hatte sie dabei ertappt, daß sie Früchte von Feldern und Brot stahlen. Sie erklärten zu ihrer Verteidigung, daß unter Christen, die doch Brüder seien, alles Eigentum gemeinsam sei, in Wahrheit also fortfalle, und vermochten die schwierige Deutung der Beamten nicht einzusehen. Man sperrte sie ins Gefängnis. Mittlerweile aber hatten ihre Anhänger, die sich die freien Brüder im Geiste nannten, Zulauf erhalten und dann versucht, das Gefängnis zu stürmen. Die sieben Schläfer aber weigerten sich hartnäckig, ihnen zu folgen auf der Flucht. Sie fühlten, daß sie sich dem Ziele näherten. Da überließ man sie ihrem Schicksal. Der Gouverneur gab endlich den Befehl, sie im Gefängnis zu erdrosseln. Das Pferd Ohne sich Gewalt anzutun, in freier, geordneter Haltung verließ Johannes das Haus seiner Geliebten, bei der er die erste Nacht verbracht hatte. Wie ein Gewitter plötzlich den Unvorbereiteten in Einsamkeit überfällt. Nachdem er in Traum und Tag Jahre hindurch alle Sprüche, Wünsche, Verschwörungen vergeblich abgelebt, öffnete sich auf das Zeichen, geheimnisvoll seinem Finger entschlüpfend, der Berg Sesam. Ihn enttäuschte fast, niederschmetterte diese Überraschung: Weder war es nötig gewesen eigenes Gewissen zu morden oder Warnungen von Vater, Mutter, Arzt und Priester zu betäuben, noch des Mädchens zu zerbrechen, ihre Natur zu zersetzen. Obwohl an ihrer Unschuld, ihrem Vorurteil nicht zu zweifeln war. Aus Lust, Glut, Überkraft erstickte er alle Hemmungen, lösten sich alle Bildung, Geschichte, Erziehung in Atmosphäre überwältigter Liebe, der auch Dora alle Romantik willig unterwarf. So hatte sich diese erste Nacht beiden ergeben mit der Selbstverständlichkeit einer Traumhandlung, deren Logik in Freiheit von jeder Form der Gesellschaft ruhte. Diese Nacht ruhte die Ewigkeit. -- Sie stand zwischen den Zeiten, zwischen allen Schicksalen, lautloses Intervall. Befreit von den Menschen, gesprengt Ordnung, Gesetz, Gewalt der Eltern; es gab Sieger und Besiegte, klares Los. Spielend gestalteten Hand und Mund mit gefährlicher Kühnheit alle Schwierigkeit, alle Eifersucht zu Bildern, ohne Bosheit heimlicher Angst seine Worte und Blicke klar einen Wald, in dem sie sich gerne verliefen. Voll Glück verlor er Gewalt über Glieder und Gedanken, er zauberte jeden Augenblick als Vollendung des Genusses, eder das Ziel, hinter dem Abschied nichts Böses mehr enthielt. Atemlose Stärke durchpulste ihn: Ich kann Böses tun, ich bin gütig. So hatte er sich ihrer, die ihm schon gehörte, mit sanfter Schamlosigkeit bemächtigt, der in stummen Minuten, wenn Atem und Blick im Takt gingen, lächelndes Erstaunen den Ton eines Sommerspieles gab, das ein verstecktes Tuch oder ein Ball lustig bewegt. Auch als der späte Tag sie in langem Schweigen ließ, das ernst und nachdenklich ihr Mund und Blick versperrte, regte sich in ihm weder Ungeduld, noch zwang er sich ab größte Zärtlichkeit. Wie Spiegelschein blitzte ihre Trauer seinem Aug vorüber, daß ein Stich durchs Herz fast Tränen austrieb. Hurtig kleidete er sich an und verließ sie, balancierend auf den Zehenspitzen, ohne umzublicken, vorsichtig ihren Schlaf nicht zu stören. Sie aber schlief nicht, sie lag wach, er wußte, daß ihre Augen weit offen ihn, nur ihn schauten, daß sie sich mit Tränen füllten, weil er ging. Gleichwohl ließ sie ihn gehen, um besser weinen zu können. Er wollte keine Tränen, keine Reue, keine Scham; er fürchtete seine Verlegenheit, daß sie dalag, und er ging. Johannes aber stand, von leichtem Schwindel gebändigt, auf der Straße, über die grauer Himmel kühlen Wind blies. Er schüttelte sich und atmete mit Wucht aufs neue. Morgenkälte schmolz Zweifel über seine Haltung schnell hinweg. Häusern, Menschen, Fenstern, Zäunen, den kahlen Pflasterbäumen sah er streng und bissig entgegen und hindurch in fernes Land der Zukunft, das willig seinem neuen Geiste sich entschleierte. Die Schilder der Läden, Maggi, Pilo, Palmona -- er wußte, was sie bedeuteten, Aufrufe, Wegweiser zum geheimnisvollen Endziel, das nur er kannte. Imaginäre Kraft seiner Augen durchbohrte Berge und Mauern, dicht, greifbar wesentlich schwante der neue Johannes über den Wolken, Hülle auf Hülle fiel in seinem Innern. Klar ward ihm Wahrheit, Kern all seiner Wege: Gleichgültig wie man lebt, wofür, welchem Beruf -- den ewigen Wert seiner Existenz wird jede Form aufnehmen, jede Phase Gärung und Fruchtbarkeit kraft ihrer einzigen Art, Taten zeugen, die Europa erschüttern. Sein großes Seelen-Ich, aus Wunsch und Eifersucht erblühtes, stand vor ihm auf der Straße feuchtem Pflaster. Ahnung eines reichen, unbeirrbar sieghaften, eines Condottieres, in dem aller Glanz, Esprit, Ehrgeiz und Ruhm des Jahrhunderts knirschend, reflektiert, beflügelte langsam seine Seele zu höheren, überirdischen Regionen. Häuser und Kirchen, Schlote und Fabriken, Banken, Universität; die ganze Stadt mit allen Menschen, Berufen und Geschäften, mit Gelehrsamkeit, Tugend, Dummheit und Elend wogte unkenntlich zu seinen Füßen, krauses Gewölk eines Teppichs den Augen eines Trunkenen. Auch diese Nacht, das Mädchen, seine bürgerliche nur menschliche Natur lag »da unten«. Vergessen, überwunden, lächerlich. Denn allzulange schon hatte er gemußt: Glauben, hören, überzeugt werden von Büchern und Gegnern. Zu lange schon hatte er gebückt Predigt und Prügel von Mensch, Gott und Erfahrung, dieser Bestie hinter allem Objekt, hingenommen. Verstand fehlte nicht (hieß es), aber man muß seine Phantasie, die schlimmen Instinkte eindämmen, ausrotten, ihm einbläuen, daß nur gilt wer lernt, überall lernt, hört was gesagt wird. So war die Klugheit aller anderen ebenso Macht wie eigene Lähmung, Dummheit und Null. Die Frau war nur die Summe dieser Widerstände, das wandelnde Gleichnis seiner Unterlegenheit. Er identifizierte sie fast. Weder hatte er gewagt, wie seine Kameraden ins Bordell zu gehn (gerne glaubte er edlere Zaubermacht dem Gelde als solch viehische Vergnügungen), noch erkühnte er sich, eine der hungrigen, wie aus Käfigen entflatterten Studentinnen zu erobern. Im Gedanken waren ihm alle unterlegen, hatte er alle besessen ohne Gewalt; sie ergaben sich seufzend dem Glück, von ihm erlöst zu werden. Die Gegner erbleichten und verwickelten sich in geistlose Tiraden. Aber Wirklichkeit hatte ihn ernüchtert, seiner Ohnmacht ausgeliefert. Ging er auf der Straße, im Hörsaal einer Frau entgegen, überwältigte ihn aus tiefstem Dunkel aufquellende Schamröte, so daß er oft umkehrte, entfloh, fluchend seiner Feigheit. In einem Winkel dennoch trotz Hohn und Schmähung wider sich, Gelegenheit fiebernd herbei lauerte seine Kraft und Überlegenheit, Tugend und Bildung zu beweisen. Jetzt aber war das Maß endlich voll und er strömte aus, alles was ihn gebändigt, geknebelt und zum Spottbild gezwungen hatte. Spielend war ihm ein Sieg gelungen, der ihn mit einem Schlag der größten Freiheit in die Arme warf. Es war Tag, er und die Welt: Man stand endlich am rechten Fleck. Spielend! Er pfiff es fast zwischen den Zähnen und rekelte sich in den Gelenken. »Man kann sie nicht gerade schön nennen. Aber ihre Augen sind doch erhaben voll großen Feuers, voll Klugheit. Gott sei Dank, sie ist nicht schön, aber klug -- schöne Frauen sind dumm -- sonst hätte sie nicht mich gewählt, den Unscheinbaren, dem Verlegenheit Blick und Sprache verschlägt. Es stand ihr doch frei, jeden ihrer zahlreichen Freunde, einen der größer, schöner, eleganter ist als ich, zu gewinnen. Aber sie zog mich den Eleganten vor, weil sie die Klugheit der Schönheit vorzieht.« Er kniff die Augen zusammen wie um Doras Bild besser zu sehen; prüfend zwinkerte er. »Leider ist sie nicht auch schön; ihre Backenknochen ecken vor und die Nase krümmt sich einwärts, sie ist mager und ihrer blassen Farbe nach leidet sie insgeheim; so schulde ich ihr nichts, denn ihre Liebe zu mir beglückt sie. Die anderen! Sie werden mich beneiden, wenngleich sie über uns lächeln. Aber ich brauche nicht mehr den Erdboden anzuflehen, daß er mich verschlinge.« Dennoch strauchelte er noch über Hoffnung und Furcht. Seine Übertreibung überlistete er mit Schlauheit. Seiner Empfindlichkeit schuf die elementare Überlegenheit älterer Semester, ihre größere Erfahrung zorniges Unbehagen. Ihr starres Lächeln, umspült vom rauhen Baß väterlicher Nachsicht, ihr Wahn der Vollendung genügte, seine Stellung zu untergraben. Und wie, wenn Dora sich Hoffnungen hingab, vor denen ihm graute, weil er sich lächerlich und brutal zugleich werden fühlte, aus Instinkt heraus, den er wie vorbestimmtes Schicksal nicht bewältigen, überspringen, fliehen konnte. »Ich muß auch den ersten, zarten Keim eines Anspruches in ihrem Herzen zertreten, ausjäten. Meine Pläne, seit Beginn meiner Gedanken festgelegt, dulden keine Fesselung -- ich muß mich hemmungslos umhertreiben dürfen -- von Pol zu Pol. Toben muß ich durch Chaos von Welten, dazu gehören Frauen, keine Frau. Und wenn sie auch« -- er schlug diesen Satan zu Boden mit der Hand wie eine Wespe, obwohl sein Herz, des braven Sohnes Herz hart aufpochte. Aber lustig förderte er seinen Schritt weiter, glücklich, daß die Ungeborenen Leichen bleiben mußten. In solche Gedanken verstrickt hatte er sich den Straßen überantwortet. Er mußte auf die Trambahn warten, um zurückzufahren. Zufrieden und neugierig lehnte er an der Stange, die das Haltezeichen trug und schaukelte sich träge. Da kam ein Bursche des Wegs. Der zog an einem Strick ein Pferd hinter sich her. Johannes sah, wie das Pferd daherschwebte riesengroß über dem Volk, aus einem Tunnel schwarzer Häuser aufwuchs in Wolken, Atem und Schweiß. Das Pflaster sträubte sich klirrend zwischen den Schienen, die Häuser wackelten, das Tier stieß vor, näher zu ihm, zu ihm. Von Kopf zu Fuß gefror sein Blut zu spitzem Eis, so daß er sich nicht vom Fleck rühren konnte. Der Richter nahte, der ihn wie ein Hölzlein zerbrechen, wie eine Gänseblume zertreten und fortblasen wird. Der Bursche zerrte den Gaul mit wüsten Flüchen, sein Knüppel wirbelte. Man sah, es ging zum Schlachthof. Das Tier in diesem Wesen war uralt in einem Gestrüpp wolliger Filzhaare. Das Tier fühlte, daß es sterben sollte. Sein Gebein, sein rauhes Fell zitterte unter den Schenkeln des Unsichtbaren, den plötzlich alle sahen. So wie er abgebildet ist: »hoch zu Roß wird er reiten durch die Gassen. Sein Atem tötet, sein Blick tötet, sein Mund verschlingt«. Wild kochte Atem aus verknorpelten Nüstern, die am Straßenschmutz rochen. Das Pferd des Todes kroch riesengroß herbei, eine Karawane des Elends, ein Begräbnis vor dem letzten Blick: Alle Leiden des Sterblichen, in dem noch Agonie wühlt, spielen sich ab vor den Fenstern, Gesichtern, Bäumen. Es humpelte jeden Schritt, setzte ihn eigens hin. Sein rechtes Hinterbein war ganz verdreht, eine barocke Säule. Nur die Spitze des Hufes schlurfte auf den Boden. Jeder Schritt auf dem nassen, rohen Pflaster biß und zerrte an Mark und Sehnen. Bei jedem Schritt sträubten sich die letzten Fransen seiner Borstenmähne voll Stroh und Spelz. Blicklos rollten durch die Gespensterhöhlen Augen, wehrlos hin und her der spitze, gramverwüstete Schädel. In dieser Bestie aus Elend, Hunger und Müdigkeit wohnte die sanfte Seele eines sterbenden Engels. Alle mußten ihn sehen, diesen Berg der Verzweiflung mit Flanken, die wie Blasebälge rollten. Ein Gewitter von Schlägen in Kälte, Sturm und Schnee. Jahrelang hatte es nicht mehr auf dem Boden im Stroh schlafen können, weil die Beine zu steif waren, um den großen Leib wieder aufzurichten. Nur Häcksel und feuchtes Gras lagen in dem schmutzigen Sack, den man ihm um den Kopf band. Die Beine waren an all dem Elend schuld -- sie waren von Gicht geschwollen wie rauhe Bäume, an denen noch Astknorren stecken. Die Gicht war schuld, der Fuhrknecht, der in der Kneipe soff, indes es wartete, wartete in Schlamm, im Regen, im Sturm. Die Menschen sind schuld, das Leben, Gott! Jeder Schritt dieser blind unstet scharrenden Beine riß das Tier zusammen, schüttelte es wie ein Bündel Lumpen. Der Schweiß des kalten Todes, dessen Nähe es nicht abschütteln konnte, sickerte aus allen Poren. Im Bogen drückte es den Leib durch. Wie eine Brücke von hier ins Jenseits, das bald ein Metzgerhammer an seiner Stirn aufschlagen würde. Vom Bauch kroch graues Weiß wie Schimmel, Todesblässe auf den Rücken. Die Rippen stießen aus der kantigen Wirbelsäule schneidend aus, als sei das Skelett notdürftig mit Haut bespannt, Trommel, auf der jetzt Tod statt Peitsche und Stiefel den Marsch nach Vorwärts hämmerte. Johannes konnte den Anblick kaum mehr ertragen -- ihm ward übel vor Entsetzen. Hier belangte ihn ganz persönlich ein Unbekanntes -- Verbrechen, Mord, Lüge, Verführung; Kinderchen sah er vor seinen blutbespritzten Händen fliehen, Mädchen errötend umbrechen vor seinen gierigen Lippen, Eltern weinten um ihn, fluchten ihm; Fremdes ging ihn plötzlich heftig an, dringend, unaufschiebbar, es trat ihm auf die Fersen, seit langem, seit jeher -- jetzt erst erkannte er. Und sah neue entsetzliche Einzelheiten, die seine Augen anzogen, hielten, ihn wehrlos machten. Man hatte dem Pferde die Hufeisen abgerissen und an den Eisenhändler um zwei Groschen verkauft. Es schlich auf seinen stumpfen Hufen zum Tod wie ein Schwindsüchtiger auf Pantoffeln, lautlos, ohne das Klappern der Eisen, das auch den alten Gaul noch heroisch scheinen läßt. Und er hielt vor Johannes, der Reiter hielt den Gaul vor ihm. Seine Augen begegneten den toten Augenquallen des Tieres. Er mußte den Blick senken, er unterlag, er erlosch und ward zerknittert, fortgeschmissen wie ein Zeitungsblatt. Wollust, zertreten zu werden! Das Tier aber folgte dem Ruck des Strickes, der um seinen langen Hals geknotet war. Die Borsten aus seinem Schweifbesen spreizten sich wie Schwungfedern zwischen den flachen Mühlsteinen seiner Hinterbatzen. Johannes sah dem hinkenden Gespenst, diesem Galgengerüst des Todes, nach, bis es um die Ecke taumelte, in die Straße versank wie in einen Schlund, der es verdauen würde gleich allen anderen Elenden und Geschlagenen. Er wandte sich um und seine Blässe spiegelten die Gesichter der Umstehenden, seine Pein drückte auch sie nieder, seine Scham bäumte auch diese dürren Herzen. Es war, als sei Christus zum Kreuzberg geführt, alle wußten darum, alle entschuldigten sich, auch er machte sich davon, aber wo er auch hielt, das Pferd wippte neben ihm, klappte sein ledernes rindiges Maul auf, bleckte die großen Gelbstummel seiner Zähne. Es grinste und fletschte, sabberte lange Fäden Saftes, es leierte die Sprache des langen sicheren Todes, die er erlernen mußte. Sie hatte ihn aufgeschrien, geweckt aus romantischen Mördereien. Auftauchend aus Gassen und Hinterhäusern trotteten Menschentiere um seine Füße, die Brüder jenes Pferdes. Es sah die Zeichen der Familie auf den Gesichtern, die vorübertanzten. Durch Kleider und Haut mußte sein Blick. Not, Haß, Gier in jeder Falte, knarrten aus Stiefeln, husteten aus morschen Lungen. Die Buckel krümmten sich, schief drehte sich der Hals, das Becken quoll und pries sich an, Beine knickten ein vor Hunger, aus Augen funkelten trübe noch die Tränen durchwachter Nächte. Wie ein Bad ergoß sich Betäubung über ihn und er zählte seine Schritte, um nicht hinzustürzen: Nieder mit mir! Er ging mit, er gehörte zur Bande. Auch er trug die Zeichen des Aussatzes, auch seine Seele, heimlich wundgescheuert, war beschmutzt und erniedrigt. Einst sog er wie Haschisch Jugend, Stolz berauschte ihn. Das Morphium seiner Träume vergiftete jeden Schmerz, jede Wahrheit, jede Gerechtigkeit: Krasse Gesundheit wiegte ihn in Schlaf. Er vergaß das Kolleg, seine Stube, Bücher und Zukunft. Er sah mit den Augen des Pferdes, trabend durch die große Stadt: In Schwefelrauch chaotisches Panorama von Armut, Verfolgung, Dummheit, Vergeblichkeit. Er wehrte sich nicht mehr, es war sinnlos. Sinnlos alles, was sich sträubt, vergeblich trachten zu entkommen. Er pilgerte. Gegen den Abend der wie Sonnenfinsternis trübe von Schnee und Qualm über Dächer und Fassaden troff, schleppte er sich zurück. Seine müden gepeitschten Knochen hielt nur mehr diese Hoffnung: »Auf die Knie vor ihr!« dröhnte sie durch seinen gelähmten Schädel. Seine Lippen murmelten ihren Namen, als er die Treppe emporstieg und demütig anläutete. Die Heimkehr Der Schutzmann, dessen Schlitzaugen Bosheit höherer Waltung funkelten, gestattete nicht, daß der ihm anvertraute Sohn das Haus seiner Eltern bezeichnete. Nein, bei jeder Haustüre machte er halt. Sein runder Mongolenkopf quoll aus robusten Schultern auf, die Hausnummer besser zu erkennen, schüttelte sich; dann ging man weiter, der Polizist nörgelnd über schlechte Beleuchtung, schlechtes Wetter, schlechte Zeiten, der Häftling schweigend. In dessen Brust aufschimmerten diese feuchten Fenster wie Tränen, aus diesen dunklen Türen staunten die Gesichter seiner Jugend -- das Pflaster war noch immer weißer als anderswo und in der Mitte der Straße grün bemoost. Er hatte den grauen Hut bis auf die Nase gezogen und sein größtes Glück war diese Rabenfinsternis. In ihm war alles tot, baufällig; weil er die Luft nicht vertrug; schon gar nicht die Luft seiner Heimat, den Raum vor seinen Füßen, diese Straße, die er als Gymnasiast hinauf, hinab gesprungen war. Gleichwohl sollte das schneller gehn. Er drückte die rechte Schulter vor und fuhr den Tartaren an: »Machen Sie keinen Unfug. Ich kenne doch mein elterliches Haus, was halten Sie denn da vor jeder Laterne? Ich möchte Sie bitten, etwas schneller -- gehen -- pardon -- zu dürfen --« (Wozu das? stotterte es in ihm weiter, dieser Halunke kennt doch keine größere Freude. Meine Aufregung ist ein Genuß, eine Zigarre, der Lohn für seinen Judasschmerz.) »Sie werden doch jetzt zum Schluß keinen Fehler begehen wollen. Ich warne Sie, Klaasen! Die Reise ist ohne Zwischenfall verlaufen, den ganzen Tag haben Sie sich bändigen können. jetzt am Ziel werden Sie frech.« Bleibt stehen, die Laterne zu ihren Häupten ist eingeworfen und flackert. Der Sträfling hat das Gefühl, daß der Tartare ihn fragen wird, ob er diese Laterne eingeworfen habe. Das Protokoll wäre gerecht, aber gleich mit einer Strafe wieder zu beginnen, was würde der Vater -- der andere schaute zuerst die Laterne und dann ihn strenge an. »Ich habe es nicht getan,« sprudelte es aus seinem Munde wider seinen Willen plötzlich los, »kann mich jedenfalls nicht mehr erinnern, schon lange her; der Völler, mit dem ich spielte, kann das auch gewesen sein --« Er hatte blasses Blut bekommen vor lauter Todesangst; aber der andere verstand ihn ganz richtig, viel richtiger. »Weshalb muß man Ihnen erst drohen? Sie sind immer ein unbegreiflicher, leichtsinniger Patron. Woher kommt Ihr ganzes Elend? Doch nur, weil Sie über eine Sekunde nicht hinwegkommen. Statt eine Sekunde den Mund zu halten, zu schweigen und sich Ihr Teil zu denken, fangen Sie an zu krakehlen, zu reden, zu schlagen, machen tolle Streiche und stürzen sich und Ihre Eltern ins Unglück. Seien Sie froh, daß ich es bin -- ein anderer wäre schon zum Präsidenten zurückgegangen und hätte Sie drei Tage dort nachdenken lassen.« Klaasen starrte zur Laterne empor, froh, daß der andere doch nicht ein so ganz glänzender Spitzel war. Natürlich hatte er die Laterne eingeschmissen, von vorn bis hinten mitsamt dem Zylinder und Glühstrumpf. Der Polizist packte ihn beim Arm und zerrte ihn fort. »Jetzt wollen Sie scheint's gar hier festfrieren. Sie spinnen tatsächlich, mein Lieber -- aber ich möchte auch noch zu Bett.« Eine irrsinnige Wut kochte in dem anderen auf. Hier war nichts mehr Gitter, Zelle, Schlüssel, Gewehre, wenn man auf dem Hofe karussellte, hier war seine Heimat, seine Jugend, Recht auf jeden Pflasterstein und Haustritt. »Sie reden von meiner Sekunde. Ich meinte diese Laterne, Sie Fürst aller Spione. Sie brauchen nicht in die Tasche greifen, lassen Sie Ihr Auge vor Ihrer Frau, Ihrem kleinen Sohn funkeln, bevor Sie sie ins Genick schlagen. Hier brauch ich nur zu pfeifen; aus allen Fenstern und noch vom Himmel stürzen meine Legionen zu Pferd und Fuß mir zur Hilfe herbei. Ich sage Ihnen für Ihr ganzes Leben« -- schnaufte, strahlte voll harmloser Mordlust, tiefglücklich zuckt seine blasse Sehnenfaust vor die Schlitzaugen, spreizt die Finger zum Fanggriff -- »Sie hatten bisher nur Kindsköpfe, Quertreiber und Frömmler zu behandeln oder zu enthaupten. Ich werde alle diese Sekunden noch täglich wiederholen. Ich bin glücklich, Ihnen sagen zu dürfen -- hier drei Schritte von meiner endgültigen Freiheit, meinem Elternhaus, meiner Schwester, meinen Büchern -- daß ich mein ganzes Leben als unerhörtes Recht empfinde, als Entscheidung gerade diese Sekunden begangen und Euch, Euch diese Sekunden angetan zu habe.« Der Tartare zuckte die Achseln, grinste freundschaftlich, indem er die Straße hinabspähte, ob keiner zur Hand sei für jeden Fall. Adelbert Klaasen fühlte dieses selbstbewußte Grinsen zu nahe, als daß er hätte ruhig bleiben können; die Jahre, die er es schon ertragen hatte, schnitten mit einmal gleichsam sein Leben aus aller Zukunft. Kein Büro, kein Hof, keine Zelle, kein Baum und Stein, dem nicht dieses höhnisch unschuldsvolle Grinsen der Ewigkeit von Macht und Herrlichkeit aufgeklebt war. Der Wind klirrte mit den Scherben, und er wollte ihn gerade beim Hals packen, den Tartaren, der hier nichts zu suchen hatte, nur die Luft verpestete. Alles war ihm verekelt, finster und lieber wieder eingesperrt, als auch hier noch ohne Mut; er spie aus und sah das Mädchen an, das im Schneeschein vorüberglitt. Und schon gingen beide beinah versöhnt und brüderlich nebeneinander weiter. Da stand das Haus, es fiel vom Himmel gleichsam unverändert. Sein geliebtes und verfluchtes Bild packte, würgte ihn nieder, der totenstarre Blick der unverhängten Fenster, die beiden Steinbalkone. Sollte er nicht weitergehn, vorbei in eins der anderen Häuser -- in irgendeines, gleichgültig welches; nur gerade jetzt und dieses nicht. Denn was er in Fremde, Haft und Verbannung an diesem Augenblick als Erlösung und Gefühl der Bergung empfunden, jubelnd und trostvoll, es war jetzt furchtbare drohende Wirklichkeit. Sein Weg der Schmerzen bis zu diesen Stufen aus blauem Stein war doch Verblendung, Dummheit und Hoffart. Ein Spiel mit der Geduld des Schicksals, das sich täuschen, übertölpeln lassen würde. Aber dieses Hier war grauenhaft und er aufs neue Schuft, Falschspieler und ein geduckter Knabe, dem rote Tinte den Körper ätzt. O Gott, vielleicht gelang es noch vorbei zu schlüpfen, diesen Druck auf den Klingelknopf zu vermeiden für fünf Minuten, für einen Augenblick -- aber der Wärter rief schon mit tadelndem Frohsinn; »Aber wir laufen ja schon vorbei, hier ist ja Nummer zwei. Sieh da, jetzt hast du noch Zeit, mich zu foppen -- kennst du denn dein elterliches Haus nicht mehr?« Sein dicker Finger drückte auf den Knopf, daß das ganze Haus aufschrie. Drei-, viermal. Er lauschte mit gespitztem Ohr dem Schrei der Glocke. Sein pflichttreues Gemüt labte sich am altvertrauten Notschrei -- wie oft hatte er schon mit Mordwonne diesem Zeichen gelauscht, ein Jäger auf dem Anstand, das wütend, angstvoll, überreizt unter dem Finger ungezählter Gefangener aufschrillte, um von ihm überhört zu werden. Stundenlang hatte das Opfer auf den Knopf gedrückt -- aber dieser gelbe Hund schlich hin, stellte den Strom ab und grinste durchs Guckloch -- Tausenden hatte er so mitgespielt und auch jetzt, zu anderem Behufe, versagte die Glocke ihm nicht Beute und kitzlige Sehnsucht. Adelberts Fuß zitterte rasselnd auf dem Stein, dieser Demütigung nicht zu unterliegen, unbändige Freude riß ihm den Hut vom Kopf, schamloseste Trauer, die sein ganzes Innere von Grund auf umleerte, warf ihn an die Mauer, an der entlang er doch nicht fliehen konnte. Auch öffnete sich das winzige Schiebefenster und ein Auge spähte in die Nacht, in sein Gesicht; ganz trocken sagte seine Mutter, daß sie gleich komme, ruhig, allzu gebändigt. Schlüssel klirrten, verdammte Riegel krachten -- wer war eingesperrt? erlöste er? und richtig erschien die Mutter ganz schneeweiß im weißen Glanz des Flurlichtes und hinter ihr schlängelte die rote Spur des Teppichs hinauf zu seiner Stube -- und richtig sagte sie guten Abend und reichte dem Tartaren die kleine harte Hand -- dann erst ihm den Mund -- dann erst rollten ihre Tränen auf seine Backen. Er kuschte sich vor beiden, die beglückt und überzeugt sich trennten. Adelbert ließ nicht ab, dem Wärter Verachtung zu zeigen und lüpfte flüchtig den Hut, eintretend schon als der Herr, der junge Herr, über den jener Recht und Befugnis verloren hatte, dem bittere Beleidigung nur deshalb widerfahren durfte, damit an ihm einst aller Welt die teuflische Bosheit des Systems offenbar werde und die Edlen zum Kampf treibe. Das Haus und seine Insassen schliefen. Er störte trotz der Teppiche, trotz der Liebe, mit der ihn die Mutter geleitete und tröstend anlächelte. Am Ende der ersten Stiege stand vor der Wand ein großer Spiegel, und er sah sich auftauchen, Kopf, Schultern, Beine, auftauchen aus der Unterwelt, der Nacht, und alles schien von ihm abzufallen, hinzuklirren mitsamt der verruchten Welt. Sollte sie sich weiden an seiner Vergangenheit und ihn mit Mist bewerfen -- er stand hier bei seiner Mutter und sah sich ins umflorte Auge, nahm ihren Arm und war rein, erlöst, befreit. Endlich brannten, entbrannte er in Tränen, den müden Kopf bettend auf ihre Schulter. »Ich kehre zurück von wo ich ausgegangen -- es ist noch nichts und niemals ein Mensch verloren. Wie ungerecht, gemein war diese Zeit und ihr Haß gegen diese Unschuldigen. Wie tief und göttlich weht mich hier endlicher Friede meiner ersten Tage an -- o Freunde, kehrt um, zurück und vorwärts in die Arme eurer Mütter -- laßt ab von mir, von eurem großen Wahnsinn.« Die Mutter gab ihn in die Arme der Schwester, die irrlächelnd das spitze Kinn an seinen Stoppeln wetzte. Ihre kleinen Brüste fühlten sich weich durch seinen Mantel ins entwöhnte Blut. Auch hier Erholung, Liebe und Zärtlichkeit -- kein Blick, kein Strich der Hand verletzte sein gieriges Mißtrauen. Er kehrte sich um gegen sich selbst, alles war vergessen, aller Unflat, alle Angst, alle Prügel. Gewandt, lebendig legte er Hut und Mantel ab, setzte den Koffer in die Ecke. Richtete sich auf, die beiden Frauen sahen ihn ernst an, sie lauschten. Ein schwaches Wimmern biß von oben -- man sah sich an und seufzte. Die Schwester stopfte das Tuch vor die Augen, die Mutter faltete die Hände und wehrte alles von sich ab, warf die Last zu Boden. Seine Knie schlotterten, als er zum Schlafzimmer emporstieg, in die Höhle dessen, den er nur als Löwe, funkelnd von Mähne, Zorn und Kraft der väterlichen Pranken gekannt hatte. Seine Knie schlotterten, sein Herz lag im Hinterhalt, -- wer hält mir die Kehle zu? Vor zehn Richtern und Generälen habe ich nicht gezuckt, nicht gewankt! Muß ich hier wie von je her schlottern? Wie Gummi schwankten Treppen und Wände mit ihm. Die beiden Frauen ließen ihn allein gehen. -- Es erleichterte ihn, daß der Tisch mit den ekelhaften Kakteen verschwunden war; ihre saftige, stachlichte Behäbigkeit, die geile Röte ihrer klebrigen Blüten hatten ihn stets gereizt -- jetzt aber stand der Tisch voller Flaschen und Schachteln, die nach Jod und Schwefel stanken. Und er erinnerte sich. Er war krank, man hatte ihm doch geschrieben, daß der Vater krank sei, unheilbar, dem Tod geweiht! Das hatte ihm so unbegreiflich geklungen, daß er es nicht einmal gelesen oder geglaubt hatte. Es war ihm nicht eingegangen. Dieser starke, unbeugsame Richter seiner Jugendtage, Jahre, Ewigkeiten konnte nicht krank werden. Er schob die Tür voll kalter Angst ob bösen Scherzes gegen das Weinen, das laut und flehentlich ihn peitschte -- trat in den Flackerschein des Nachtlichtes. -- Mit großer Stimme schrie es auf in seinem Kopf, in seinem Brustkasten, daß er allein, er, Adelbert Klaasen, schuld an diesem Morde sei. »Mörder!« formte die niedrige Kammer die fieberdürren Lippen. Aus wildem Filzbart greinte ihm gebläht von Schmerz, verklärt von Glück dennoch, vergilbt vom nahen Tod, des Vaters Angesicht zu. Ob dieser ungeheuren Schuld war jede Pose, auch die aufrichtigste, verlorenes Spiel, vergebliche Liebesmüh. Steif, belästigt vom Röcheln, das weißen Schleim auf die blauen Lippen feixte, so lag er da, und der Sohn trat ans Bett des Vaters, nahm seine Hand, die Hand, deren Spuren er noch am Körper zu schmecken glaubte; er knickte ein, fiel vornüber und küßte die Lippen, die gebettet lagen im braunen, weißgestreiften Bart. Der Vater lächelte unter Tränen, konnte nicht sprechen vor Freude, vor Schmerz, trank nur immer wieder mit Fieberaugen sein Bild -- ja, er vergaß sogar, daß er seine Gebrechlichkeit hatte übertreiben wollen, und richtete sich auf im Bett, bat um Licht, um ihn besser betrachten zu können. Und als er die Sprache wiedergefunden, von seinem Herzleiden, den Ärzten, den Medizinen, den Aussichten und Hoffnungen redete, jammerte und querulierte, ließ Adelbert nicht ab von seinen Stelzen. Er wußte: Ich bin vernichtet. Ich habe diesen Mann gehaßt, verflucht und verdammt -- ich war entschlossen ihn für alle Ewigkeit zu hassen; ja, ich wollte sogar jetzt von meinem Haß ablassen, um ihn ganz auf sich zu stellen, da mit er hervorbreche am Tage der Vergeltung, Faust oder Dolchschlag oder Anklage. Und jetzt häuft alle Schuld mein Wille auf mein Haupt. Rede du nur von Medizin und Pillen, von Schmerz und schlaflosen Nächten. Sage es mir doch, damit ich zu Boden stürze: »Du hast mir das Herz gebrochen! Sträfling! Schande meiner alten Tage!« Was war all sein Unglück, sein Schicksal, die Verdächtigungen, Fußtritte und Gemeinheiten, Strafen, Verbote, Hohn und erzwungenen Feigheiten seines Lebens, was starke Hoffnung und Glauben an die Mission für die Menschheit, wenn alles darin gipfelte, alles davon ausging und wurzelte: Ich habe meinen Vater ermordet! Daß dieser Vater Schuld auf Schuld wider ihn getürmt, von Grund auf ihn aus allen Bahnen geschleudert hätte zu eigener Wollust, Herrschsucht und Eitelkeit, was war dieser unkontrollierbare, einseitige Verdacht, den ungezählte Geschenke, Sorgen und Opfer wettmachten, gegen diese grenzenlose Schandtat, die mit der Gewalt eines Taifuns aus allen Ritzen des Hauses auf ihn niederpfiff? Vor wessen Auge konnte er ohne zu erröten noch hintreten und von Menschheit, Empörung, Glück und Reinheit reden? Gierig lauerte er drei Tage auf die Worte des Alten. Sie blieben sich gleich. Röntgenstrahlen, Medizin, Ärzte, Tod. Kein Wort von seinem Verbrechen, seiner Schuld, Schurkerei. Niemand ließ einen Blick gegen ihn fallen. Wie glückliche Engel saßen sie um den Tisch unter der heiligen Lampe geselligem Schein. Sie erlosch nicht -- es war keine Täuschung: Alle waren an ihm satt und glücklich. Das hielt er nicht aus. Bleich sprang er vom Abendtisch, forschend grub sich sein Wutblick in die erschreckten Gesichter. Der Alte schlief -- und er war entwaffnet, mußte sich wieder hinsetzen. Mit Bissen guten Fleisches würgte er die wütende Forderung nach dem gerechten Lohn und Aufschrei nach Rache wider sich hinab. Es nützte ihm nichts, auf der Brücke zu stehen, unter der die Züge durchqualmten, ihn einhüllend mit lockendem Rauch. Er sprang nicht hinab. Er stürzte sich nicht in den Fluß. Nicht Gift, Dolch, Revolver vermochten gegen ihn. Wie damals schlich er, die Schuhe in der Hand, auf die schwarzen Straßen und zog mit Gesindel von Kneipe zu Kneipe. Das Grau des Morgens riß den noch eben stocksteif Betrunkenen zu vollstem Bewußtsein auf und er schlich auf Strümpfen in sein Zimmer, erschien frisch und gesund beim Frühstück. Was wollten diese Menschen von ihm mit ihren kleinen, gleichgültigen Sorgen? Sollte er sich im Ernst über die Höhe des Eiffelturmes aufregen, über die Schnelligkeit der elektrischen Bahnen, das Gewicht des Saturn einen Schwindel nennen? Muteten sie ihm im Ernste zu, er solle den Präsidenten für einen Heiligen, seine Minister für Götter, den ganzen Staat und seine blödsinnigen Einrichtungen für Offenbarungen Gottes selbst anerkennen? Und doch wagte er es nicht einmal, den freundlichen, interessiert lächelnden Priester, der den Vater besuchte, nicht zu begrüßen. Er hätte ihm sogar die Stiefel abgeleckt, wenn der Kranke oder die Mutter es von ihm verlangt hätten. Er ging zur Messe, kniete und segnete sich, machte Besuche bei Verwandten und erzählte von vergangenen Tagen. Ein grauer Schleier, ein Ewiges: »Wie freut es mich, Sie wieder zu sehen, gesund und munter« schläferte ihn ein. Wie oft drohte es aus ihm aufzuschreien; glaubt Ihr denn, ich merke Eure Hinterlist nicht? Ihr wollt mich durch Euren Anblick zwingen in die Knie, in den Wahnsinn, in die Gemeinheit. -- ja ich weiß und Ihr wißt, daß ich ein Schuft, ein Mörder, ein Heuchler bin -- ich bekenne es ja -- so laßt ab von Euren Banalitäten, Euren Regen und Mordgeschichten, Eurem Klatsch und Ekel vor Spinnen -- entweiht nicht meine Niedrigkeit und Reue. Ich bereue, ich liebe Euch, ich wedele mit dem Schwanz, tretet, schlagt, pufft mich in die Ecken -- macht mit mir was Ihr wollt -- aber laßt Eure Masken fallen! Er kam betrunken nach Hause, verschwand dann tagelang und streifte durch den Wald. Sein finsterstes Gesicht stieß er jedem freundlichen Wort schnaubend entgegen, aber Blick und Wort des Kranken, der Mutter und Schwester blieben ruhig, mitleidig und voll Verständnis. Ihm fehlte zum Schluß jede Erinnerung, ob das auch früher so war, ob er auch früher schon so verhetzt, verrückt vor Stolz und Mißtrauen gewesen oder ob die Krankheit des Vaters erst den Keim zu dieser weihevollen Laune des alltäglichen Dramas gelegt hatte. Jedenfalls fühlte er die Unmöglichkeit in sich, länger diesem, seinem Untergang zuzuschauen, bei dem er das stärkste, untrügliche Gefühl hatte, selbst dem Tod verschrieben zu sein. Er lag im Bett. Der gepackte Koffer stand neben ihm auf dem Stuhl, Mantel und Hut darüber; auf dem Tisch lag ein Brief: »Erlogen und erstunken von A bis Z. Ich verreise nicht -- ich fliehe beladen mit meiner Schuld, damit er ganz gerechtfertigt, ganz beruhigt von dannen gehen kann. Ihn trifft gar keine Schuld mehr. Denn ich habe ihm das letzte Wort abgeschnitten, das Wort der Todesstunde, das Wort des Vaters, der erst im Tode allmächtig wird und von da aus dich ganz beherrscht, ganz zwingt auf seine Seite überzutreten. Wie groß ist Er in seiner Macht, in der Erhabenheit seiner banalen Entschuldigungen meines Lebens, des Lebens seines Mörders.« Da scholl ein Schrei und Türenschlag zu ihm hinauf -- man lief da unten -- schnell auf und davon! Nur nicht wissen, daß er stirbt, daß er mir verziehen hat und duldet, duldet, daß ich weiterlebe, daß er seinem Mörder Absolution vor Gott und Welt erteilte. Aber die Schwester winkte totenblaß schon in der Türe, zitternd und zähneklappernd folgte er und stand am Bett des Sterbenden, früh genug, um den letzten verdrehten, geraden und dann glasigen Blick der grauen Augen noch zu begreifen. Und als der starke Mann dalag, tot, kalt und hölzern, nicht mehr aufstand, nicht mehr schimpfte noch Zeitung las, nicht mehr stritt, jammerte und rechtete um die Mark, fand Adelbert als erster sein Gleichgewicht. Mit Ruhe und Umsicht leitete er Begräbnis und Besuche, Abrechnungen und Geschäfte, und von Schmerz oder Verwirrung war nichts an ihm zu spüren. Man ließ den Sarg in die rote Erde, es regnete, und man fuhr nach Hause und klappte den Zylinder zusammen. Da erst atmete er auf, als wieder Licht und Sonne in die offenen Zimmer strömten. Er stutzte vor seiner Ruhe. Sie blieb und er konnte wieder arbeiten, Briefe schreiben. Er dankte dem Toten. Und als er die ersten Blumen auf sein Hügelchen pflanzte, wußte Adelbert, daß da unten nicht nur der Vater schlief -- da schlief auch ihre Schuld -- des einen Vaterwahn, des anderen Sohnesrache. Kein Drittes zeugte ihr Bett -- er hatte sich frei gemordet. Und wie er auf der Trambahn nach Hause fuhr, konnte er schon lächeln über die ängstige Geschäftigkeit zweier Schulfreunde, ihn nicht zu sehen. End of Project Gutenberg's Der Sprung aus dem Fenster, by Karl Otten *** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER SPRUNG AUS DEM FENSTER *** ***** This file should be named 34785-8.txt or 34785-8.zip ***** This and all associated files of various formats will be found in: https://www.gutenberg.org/3/4/7/8/34785/ Produced by Jens Sadowski Updated editions will replace the previous one--the old editions will be renamed. Creating the works from public domain print editions means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. 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It exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from people in all walks of life. Volunteers and financial support to provide volunteers with the assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will remain freely available for generations to come. In 2001, the Project Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation web page at https://www.pglaf.org. Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at https://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state's laws. The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered throughout numerous locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email [email protected]. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation's web site and official page at https://pglaf.org For additional contact information: Dr. Gregory B. Newby Chief Executive and Director [email protected] Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide spread public support and donations to carry out its mission of increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine readable form accessible by the widest array of equipment including outdated equipment. Many small donations ($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt status with the IRS. The Foundation is committed to complying with the laws regulating charities and charitable donations in all 50 states of the United States. Compliance requirements are not uniform and it takes a considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up with these requirements. We do not solicit donations in locations where we have not received written confirmation of compliance. 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Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be freely shared with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper edition. Most people start at our Web site which has the main PG search facility: https://www.gutenberg.org This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, including how to make donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.