Blockade-Brecher

By K. E. Selow-Serman

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Title: Blockade-Brecher

Author: K. E. Selow-Serman

Release date: August 8, 2024 [eBook #74211]

Language: German

Original publication: Berlin: Verlag von August Scherl G. m. b. H, 1917

Credits: Peter Becker, Martin Oswald and the Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net (The digitized holdings of the Staatsbibliothek zu Berlin are available to all interested parties worldwide free of charge for non-commercial use.)


*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK BLOCKADE-BRECHER ***





Anmerkungen zur Transkription:

Die Rechtschreibung und Zeichensetzung des Originals wurde weitgehend
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Blockade-Brecher

[Illustration]




  Alle Rechte, auch das der Uebersetzung, vorbehalten.
  Copyright 1917 by August Scherl G. m. b. H., Berlin.




                   Blockade-Brecher

                         Von

                  K. E. Selow-Serman

                    [Illustration]

                  =Mit zwei Karten=




     Druck und Verlag von August Scherl G. m. b. H.
                       Berlin




Inhalt


                                               Seite
  Der Munitionsdampfer                             7
  Durch die Bewachungslinien                      14
  Hilfe in der Not                                23
  Durch die Blockade                              33
  Am Ziel                                         41
  Bei den Afrikanern                              54
  Entdeckt                                        75
  In die Freiheit                                 86




Der Munitionsdampfer


Ui .. ui .. ui .. uiiiii .. Wie grelles Jauchzen klingt es über dem
Wasser auf. Ein schlanker, schwarzer Schatten schiebt sich aus der
Nebelwand heraus, einzelne Kommandoworte, das Rasseln eines
Maschinentelegraphen, Stampfen der Maschinen: ein Torpedoboot. In
langsamer Fahrt strebt es der Ausfahrt zu, hinaus, auf Vorposten. Einen
Augenblick kaum ist es zu sehen, dann taucht es im Nebel unter, und nur
das durchdringende Gellen der Sirene verrät, wohin es sich wendet. Kaum
ist das Torpedoboot verschwunden, als stärkeres Rauschen des Wassers das
Nahen eines größeren Fahrzeuges kündet. In wuchtender Masse kommt es
heran. Schornstein, Masten und Schiffswand zeigen gleichförmige graue
Farbe, auf Vor- und Achterdeck stehen kleinere Geschütze. Ein
Handelsdampfer, der offenbar Kriegszwecken dient. Ein Sperrbrecher, wie
auch der Name: »Sp. 173« verrät. Als Sicherung gegen Minengefahr läuft
er in minenverdächtigen Seegebieten seinem Schiffsverbande voraus. Ein
gefahrvolles Handwerk, bei dessen Ausübung jede Sekunde das Ende bringen
kann. Hat England doch zu tausenden Minen in der Nordsee ausgestreut.
Mangelhaftes Material läßt sie sich bald losreißen. Unentschärft, wie es
wohl englische Absicht ist, treiben sie dann in der Strömung, Feinden,
Neutralen und eigenen Schiffen gleich gefährlich. Unsichtbar lauert der
Tod, nur wenige Meter unter der Oberfläche. Dann fährt der Sperrbrecher
voraus, bereit sich zu opfern. Wer denkt daran! Vergnügtes Lachen tönt
zu der kleinen Pinasse herunter, die eben noch im letzten Augenblick dem
grauen Riesen ausbiegen kann: »Ji sünd woll mall, us hier vor den Bug to
loopen. Ji willt us woll den Kollisionsrum indrücken!«

Dem Bootsführer, der eben den Mund zu einem kräftigen Fluche öffnet,
schneidet jäh die ungeheuerliche Zumutung, dem Koloß mit seiner
Nußschale den Kollisionsraum eindrücken zu wollen, den Faden ab. Ein
beifälliges Grinsen, ein wohlwollendes Nicken. Er hat hart Ruder gelegt,
um nicht doch noch zu Schaden zu kommen.

Acht Glas. Von allen, im Hafen liegenden Schiffen klingen die kurz
aufeinanderfolgenden vier scharfen Doppelschläge. Der Nebel gerät
allmählich in Bewegung. Einzelne Fetzen lösen sich ab, dünner und dünner
wird der Schleier, bis er sich ganz verzieht. Fahl spiegelt sich die im
Osten hochkommende Sonne auf dem dunklen Wasser, das unter Oelflecken
schwach opalisiert.

Polternd rollt ein Güterzug heran. Ein schriller Pfiff, dann hält er
querab von einem Dampfer, der dort festgemacht hat. Schwarz wächst der
Schiffskörper aus der Kaimauer heraus, schwarz ist der Schornstein, der
sich mitschiffs aus den Aufbauten erhebt. Weder von Heck noch Masten
flattert Tuch, das Nationalität oder Reederei anzeigt. Ein richtiger
gewöhnlicher Trampdampfer von über 3000 Tonnen, wie sie zu hunderten die
Meere durchfurchen. Reine Frachtenträger, die wohl unheimliche Mengen
von Lasten in ihrem Inneren aufzunehmen vermögen, die ihrer Besatzung
aber nur die notdürftige Bequemlichkeit gewähren.

An den Luks rattern die Winden, Ladebäume schwenken nach Land zu. Berge
von Kisten türmen sich bereits auf der Kaimauer, und immer neue noch
werden aus dem eben eingetroffenen Zuge entladen. Hunderte fleißiger
Hände regen sich. Mit großer Behutsamkeit gleiten die schweren Frachten,
deren Aeußeres schon verrät, daß sie wertvolles Gut bergen und für
längeren Seetransport gebaut sind, aus den Wagen. Der Angelpunkt der
Arbeit, die da vor sich geht, scheinen drei Männer zu sein, die, mit
einem dicken Bündel Papiere in der Hand, aufmerksam jedem Griffe, der
getan wird, folgen: Zwei Feuerwerker der Marine und ein Zivilist. Durch
die Art seines Auftretens und die von ihm erteilten Befehle läßt sich
allerdings unschwer erraten, daß auch er Seemann ist. Tatsächlich ist er
der zweite Offizier des Dampfers »Marie«, der querab vor ihm liegt. Er
ist für Ladung und sachgemäßes Stauen verantwortlich. Alle Augenblicke,
fast ohne Unterbrechung hallt seine Stimme zum Schiff hinauf, wo die
Leute an den Ladeluks stehen. »Zum Deubel! Wie oft soll ich euch denn
sagen, daß ihr vorsichtiger heißen und fieren sollt! Ihr ladet doch
keine Kartoffelsäcke. Wollt ihr denn durchaus, daß euch der ganze
Zinnober um die Ohren fliegt?« Beschwichtigend wendet sich der alte
Oberfeuerwerker ihm zu: »Lassen Sie man, Steuermann! Die Kisten können
schon einen gehörigen Ruck vertragen. Wir schicken doch nicht zum
erstenmal Munition ins Ausland.«

Die Arbeit geht weiter. Eine Segeltuchbahn liegt auf der Kaimauer. Eine
Kiste nach der andern wird auf die Schlinge gelegt, bis das Gewicht
erreicht ist. Dann senkt sich die am Ladebaum entlangführende Stahlleine
herab und faßt die Schlinge. Ein Hochheben der Hand; die Winde holt die
Leine steif, ein leichtes Rucken. Ratternd rollt sie dem Stahlläufer um
die Trommel, die Last schwebt Sekunden später hoch und verschwindet,
vorsichtig geführt, im Schiffsbauch.

Mehr und mehr lichtet sich der Raum auf der Kaimauer. Granaten, Zünder,
Maschinengewehre, Gewehre, Patronen, Lafettenräder, in Zinkkisten
verpackte Bekleidungsstücke, Lebensmittel, Dauerproviant verschiedenster
Art, kurz alles, was ein Expeditionskorps bedarf, wird übergenommen. Und
noch ist der Zug nicht entladen. Während so von Land aus eine Kiste nach
der andern in das Schiff gefiert wird, schiebt sich von der Wasserseite
ein ungeheueres Gebilde heran. Ein schwimmender Kran von Abmessungen,
wie sie nur die modernste Technik herzustellen vermag. Ueber eisernem
Unterbau erhebt sich turmartig ein stählernes Gitterwerk. Ein
wagerechter Arm aus dem gleichen Material wächst in rechtem Winkel aus
ihm heraus. Vorsichtig, mit dicken Rohr- und Korkfedern vor dem
vierkantigen, breitschäumenden Bug legt er sich an den Dampfer heran.
Von geschickter Hand geworfen, fliegen Leinen herüber, schwere Trossen
werden nachgeholt, und Minuten darauf liegt das Ungetüm ruhig an dem
Dampfer, dessen Rumpf es weit überragt. Mühelos, spielend heben sich vom
Unterbau gewichtige Rohre. Wie leichte Hölzer handhabt der Kran die
Lasten der schweren Geschütze. Und spielend fast, so genau und
geräuschlos hält der stählerne Arm genau über den Luks. Wie vorher die
Granaten, so verschwinden jetzt die Kanonen, eine nach der andern, tief
im untersten Laderaum. Wie gewaltig das Gewicht ist, das der Kran hier
einlädt, zeigt sofort das Tiefereintauchen des Schiffs. Viel braucht es
nicht mehr, um die Tiefladelinie zu erreichen. Von der roten
Schiffsbodenfarbe ist nichts mehr zu sehen, längst auch ist die Schraube
unter der Oberfläche verschwunden.

Im Wohnraum des Kapitäns sitzen zwei Männer in eifriger Unterhaltung.
Der eine trägt die Uniform der Schutztruppe, der andere, wie der
Offizier, der an Land die Ladung beaufsichtigt, Zivil. Eine schlanke,
kräftige Gestalt mit hellblondem Haar und blauen Augen, mit energischem,
tiefgebräuntem Gesicht: Kapitän Sörensen, der Führer der »Marie«.
Aufmerksam folgt er den Ausführungen des Offiziers, ein leichtes Nicken
ab und zu nur verrät, daß er die vorgebrachten Ansichten völlig teilt.
Er scheint kein Freund vieler Worte. Eben als er sich zu einer
Erwiderung anschickt, öffnet sich die Tür, und ein Korvettenkapitän
tritt ein:

»Na, mein lieber Sörensen, da wäre der Kriegsrat ja beisammen. Das
letzte Geschütz ist soeben übergenommen, wie mir der Ladeoffizier sagt,
ist er in höchstens zwei Stunden fertig. Den Teil des Unternehmens
hätten wir ja nun geschafft!«

Hier fällt der Schutztruppler ein: »Es wäre ja glänzend, wenn der
Durchbruch gelänge. Was werden unsere Leute nur für Augen machen, wenn
Sie mit Ihrer kostbaren Ladung drüben ankommen!« ... Der Seeoffizier
läßt ihn nicht aussprechen:

»Ach was, wenn! Unser Sörensen wird’s schon schaffen. Glück gehört ja
allerdings ein ganzer Berg dazu! Na, was meinen Sie?«

Sörensen hat sich bisher mit keinem Wort an der Unterhaltung beteiligt.
Jetzt lacht er:

»Wir werden’s schon machen. Wenn ich nur erst die englischen Sperrlinien
nördlich von Schottland hinter mir habe, im Atlantik fassen sie mich so
leicht nicht mehr. Und lieber versäufe ich das Schiff, bevor ich den
Engländern die Ladung in die Hände fallen lasse.«

Der Schutztruppenoffizier unterbricht ihn erregt:

»Um Gottes willen, das wollen wir doch nicht hoffen! Die Möglichkeit der
Verteidigung unserer letzten Kolonie hängt von dem Gelingen Ihrer Fahrt
ab. Die ganze Welt staunt ja schon, daß Oberst von Lettow-Vorbeck sich
bei der ungeheuren Uebermacht, die von allen Seiten gegen ihn andrängt,
und den unbeschränkten Mitteln, die dem Gegner zur Verfügung stehen,
noch hält. Wenn Sie aber erst da sind, Herr Kapitän, dann ist er aus dem
Aergsten heraus.«

Der Korvettenkapitän, der eine Zeitlang stumm dagesessen und auf der
Karte den einzuschlagenden Weg verfolgt hat, wendet sich jetzt den
beiden anderen wieder zu:

»Die Jahreszeit ist ja jetzt so günstig wie möglich. Wir stehen dicht
vor dem Neumond, die Nächte sind lang und dunkel; vor allem da oben sind
die Tage noch kürzer als hier. Vielleicht kommt Ihnen Nebel noch zu
Hilfe oder schlechtes Wetter, bei dem die englischen Patrouillenschiffe
nicht gern zur See fahren! Aber wir wollen keine Worte weiter verlieren.
Je eher Sie in See gehen, desto besser. Wir wissen schon, warum wir für
diese Aufgabe gerade Sie ausgesucht haben.«

Fast verlegen wehrt Sörensen ab: »Da wollen wir lieber kein Aufhebens
von machen. Unter den deutschen Seeleuten sind hunderte, die es ebenso
machen würden wie ich und« ... Der Erste Offizier ist eingetreten:

»Herr Kapitän! Die Ladung ist über.«

Sörensen erhebt sich. »Die Herren entschuldigen mich wohl einige
Minuten. Ich will dann gleich seeklar machen lassen.«

Querab von der Tür steht an der Reeling ein älterer Seemann mit grauem
Haar und Bart. Unschlüssig, ob er den herankommenden Führer des Schiffes
ansprechen solle, blickt er Kapitän Sörensen entgegen. Der überhebt ihn
aber sofort der Sorge:

»Na Eilers, wollen Sie denn nun wirklich mit? Haben Sie sich denn auch
überlegt, daß Sie alter Mann nun in den Krieg gehen? Lassen Sie das doch
lieber die Jungen besorgen. Sind genug da, die gern mit Ihnen tauschen
würden!«

Der Angesprochene schüttelt verneinend den Kopf:

»Ach, Käpten! Ich bin ja so froh, daß Sie mich mitnehmen!«

»Glauben Sie denn wirklich, daß Sie Ihren Jungen drüben wiedersehen
werden?«

Der Alte, der zuerst etwas erschreckt dreinblickte, beruhigt sich. »Ich
weiß doch bestimmt, daß ich ihn zu sehen kriege. Ich hab’ ja man bloß
den Einzigen, und der Junge ist sicher mit dem Leben davongekommen. So
’ne richtige Wasserratte ist er und zäh wie man einer. Wenn die
Engländer ihn auf der »Königsberg« nicht totgeschossen haben, finde ich
ihn sicher!«

»Wie lang dient er denn? Ist er schon Obermatrose?« Der Alte lacht: »So
wiet is he noch nich! Er war ja eben Siebzehn, als er eintrat!«

»Na, denn fahren Sie in Gottes Namen nur mit. Sie sind ja ein
seebefahrener Mann, und den können wir hier an Bord immer gebrauchen!«
Eilers will danken, fast unwirsch aber wehrt ihm der Kapitän. »Ach
lassen Sie man den Snak, ist doch selbstverständlich. Nu machen Sie nur,
daß Sie ins Logis kommen!«

Seit Stunden schon brennen die Feuer unter den Kesseln. Dichte
Rauchwolken quellen aus dem Schornstein. Das Oberdeck ist aufgeklart,
die Leinen sind klar zum Loswerfen. Zwei Schlepper liegen längsseit, um
die »Marie« sicher hinauszubringen. Der Schutztruppenoffizier und der
Korvettenkapitän sind inzwischen aus dem Wohnraum an Deck getreten.
Kurze Worte werden noch gewechselt, dann geleitet sie Sörensen über die
Stelling an Land. Ein fester Händedruck, ein »glückliche Fahrt«, dann
ist es so weit. Harte Fäuste fassen zu und fahren die Stelling ab. Alles
ist klar.

»Maschine Achtung!« »Vorleinen los!« »Los die Achterleinen.« »Langsam
voraus!«

Die Schleppleinen straffen sich, Schrauben peitschen das Wasser, breit
und breiter wird der Zwischenraum zwischen Land und Schiff. Langsam
gleitet die »Marie« der Ausfahrt zu.




Durch die Bewachungslinien


Wie ein schmaler, bläulichdunkler Streifen zeichnet sich eine Zeitlang
die deutsche Küste noch im Dunst des Wintertages ab, bis sie allmählich
unter der Kimm verschwindet. Mit voller Fahrt strebt der Dampfer »Marie«
nordwärts. An Backbord taucht in weiter Ferne Helgoland auf. Die schöne
rote Sandsteinfarbe scheint vom Dunst aufgesogen, schwarz und steil
springt das Land aus der See. Das Tauschobjekt für ein schönes Stück
Ostafrika. Wie wertvoll aber der »Hosenknopf«, wie die Engländer früher
so verächtlich das Felseneiland nannten, war, hat der Weltkrieg so recht
bewiesen. Die Insel in englischen Händen hätte die vollständige
Unterbindung jeder Operation der deutschen Flotte zur Folge gehabt, ein
Durchbruch wie der jetzt geplante wäre ein nahezu aussichtsloses
Unternehmen gewesen. Mußte es dann doch den Engländern ein leichtes
sein, die Bewachungslinien zur Abriegelung der Häfen in der deutschen
Bucht zu beiden Seiten der Insel nach dem Festland hinüberzuziehen. Dazu
hätte es noch nicht einmal vieler Schiffe bedurft. Jetzt müssen sie ihre
Sperrlinien hunderte von Seemeilen weit draußen, von Schottland nach
Norwegen und Island legen, zahlreiche Schiffe jeder Art, vom riesigen
Hilfskreuzer bis hinab zum bewaffneten Fischdampfer müssen Tag und Nacht
die Kreuzer und Zerstörer, deren Zahl bei weitem für diese Aufgabe nicht
ausreicht, unterstützen.

Die Dämmerung bricht herein. Die grünen Wasser der Nordsee färben sich
dunkler, bis sie allmählich tiefschwarze Farbe annehmen. Fahl leuchtend
rauschen die weißen Schaumkronen der Wellen heran, mit dumpfen Schlägen
prallt die See gegen die Bordwand, in Stagen und Wanten singt der
auffrischende Westwind. Ruhig setzt der deutsche Dampfer seine Fahrt
fort. Weit vorgeschoben noch stehen die deutschen Vorpostenboote, nicht
ungesehen käme der Feind. Und wieder vergeht in gleichförmiger Stille
eine Stunde. In dem dustern Grau des Winterabends blinkt ein Licht. Eine
Sekunde kaum leuchtet es, verschwindet. Unmittelbar folgt ein zweites,
in kurzen Zwischenräumen weitere. Lang ... kurz ... kurz ... lang: Ein
Fahrzeug der äußersten deutschen Bewachungslinie, das die »Marie«
gesichtet und sie sofort als Frachtdampfer erkannt hat. Kaum fünfhundert
Meter ab liegt das kleine Schiff, das in der Dünung nach beiden Seiten
stark überholt. Klein, unscheinbar, mit zwei Masten und einem
Schornstein. Ein ehemaliger Fischdampfer, der sich unter seiner
schützenden grauen Farbe kaum in schattenhaften Umrissen vom nebligen
Hintergrund abhebt. Längst ist er vom Zeitpunkt, zu dem der
Blockadebrecher passieren will, verständigt und fordert nun durch Morsen
das verabredete Gegensignal. Minuten später liegt das Vorpostenboot
achteraus und versinkt wieder im Dunkel der Nacht. Das letzte deutsche
Schiff, das der Besatzung für lange Zeit, vielleicht für immer, vor
Augen kommt.

Bis hierher reicht der Schutz der deutschen Flotte. Von jetzt ab heißt
es für Kapitän Sörensen, sich allein weiterhelfen, dem Glück und dem
seemännischen Geschick des Führers und der Leute vertrauend. Jede
Stunde steigert die Gefahren. Feindliche U-Boote, Kreuzer und
Patrouillenschiffe können auftauchen. Ihnen gegenüber ist der deutsche
Dampfer, sobald er als solcher erkannt ist, verloren. Es kommt nur
darauf an, die feindlichen Fahrzeuge nach Möglichkeit zu umgehen.

Es ist Neumondzeit. Kein Stern schimmert durch die nachtschwarzen
Wolken, die in wilder Fahrt vor dem Wind nach Osten jagen. Trotzdem
suchen mit scharfen Nachtgläsern bewaffnete Augen nach allen Seiten das
Dunkel zu durchforschen. Kein Schimmer, nicht der kleinste Lichtschein
dringt aus dem Schiff. Weder Positions- noch Dampferlaternen brennen,
der blinde Zufall nur könnte den Feind auf die Spur bringen. Zwar sind
die englischen Bewachungslinien noch weit, einzelne Kreuzerverbände aber
können hier streifen. Auch sie fahren abgeblendet, um den deutschen
U-Booten nicht zum Opfer zu fallen. Ein Flüstern ... eine ausgestreckte
Hand ... da ... an Backbord ... ein schwarzer Schatten ... ein Schiff
... ein Feind ... nein, es ist nichts, eintönig nur rauscht die See,
schrill pfeift der Wind.

Noch dämmert der Morgen nicht, als sich auf dem Bootsdeck beim
Schornstein ein eigenartiges Treiben entwickelt. Zwei mit Farbtopf und
Pinsel bewaffnete Matrosen klettern am Schornstein hoch, und nach einer
halben Stunde emsiger Arbeit unterbricht ein grellroter Ring das
eintönige Schwarz. Es ist kein leichtes Stück, das Werk in See
auszuführen, Kernworte in niederdeutscher Sprache feuern aber die
»Künstler« und ihre Gehilfen, die von Deck aus die leiterartigen Gerüste
halten, zu Glanzleistungen an. In kurzer Zeit schon ist die Farbe auf
dem Ringe unter der Hitze, die der Schornstein ausströmt, getrocknet.
Jetzt folgt die Feinmalerei. Soll das Schiff die Abzeichen der
Robinsonline tragen, dann muß auf das rote Feld noch zu beiden Seiten
ein weißer Stern. An Backbord sitzt der Matrose Gert, ihm gegenüber an
Steuerbord Otten. Die beiden sind Ostfriesen; zusammen sind sie
aufgewachsen, haben gleichzeitig auf demselben Schiff ihren Dienst in
der Marine getan und sind einträglich und vergnügt an Bord der »Marie«
gekommen. Ein edler Wettstreit herrscht zwischen ihnen. Gert ist zuerst
mit seinem Stern fertig. Prüfend betrachtet er sein Werk und meint zu
Otten, der eben den letzten Strich zieht: »Wenn John Bull min’ Sid süt,
denn holt bei us nich an.« Otten ist zwar auch von der vorzüglichen
Ausführung der Arbeit überzeugt, hat aber doch ernste Bedenken, daß das
Kunstwerk einen »zu sauberen« Eindruck macht. »Un so en richtigen
Collier mut en beeten sudelig sin!«

Stundenlang verfolgt das Schiff seinen Kurs nordwärts, ohne ein
verdächtiges Fahrzeug zu sichten. An Steuerbord sind dicht unter der
Küste einige dänische Motorfischer emsig beim Schollenfang beschäftigt.
Sie kümmern sich gar nicht um den Dampfer, der weit ab von ihnen
vorbeizieht. Das Wetter ist klar, frei und offen liegt die See, bis auf
zehn Seemeilen sichtig. Gegen zwei Uhr nachmittag meldet der Ausguck
backbord voraus Rauchwolken. Beim schärferen Zusehen sind auch bald die
eben über die Kimm tauchenden hohen Masten eines Schiffes zu erkennen,
das anscheinend mit schneller Fahrt südwärts steuert. Ein Augenblick
kurzer Ueberlegung, ein rascher Entschluß. Was da über der Kimm
herauskommt, kann nur der Feind sein. Drei Schornsteine, aus denen in
schweren Wolken dunkler Qualm dringt, heben sich ab: ein englischer
Hilfskreuzer! Und schnurgerade führt ihn sein Kurs dem deutschen Dampfer
entgegen. Jetzt heißt es ausweichen, was nur die Maschine hergibt.
Einige Ruderkommandos, ein Rattern am Maschinentelegraphen. Ein leises
Zittern geht durch das Schiff, als die Schraube schneller und schneller
zu wirbeln beginnt. Höher kämmt das weiße Bugwasser die Bordwände längs.
Mit hoher Fahrt strebt der deutsche Dampfer jetzt dem Skagerrak zu, als
wenn er, von England kommend, quer über die Nordsee einen dänischen oder
schwedischen Hafen anzusteuern beabsichtige.

Der Hilfskreuzer ist inzwischen weiter heraufgekommen. Anscheinend ist
es ein Cunarder, der im Dienste der britischen Admiralität fährt. An
Gegenwehr ist gar nicht zu denken. Was sollte die »Marie« den
15-Zentimeter-Geschützen, die der drüben an Bord führt, entgegensetzen?
Das einzige Heil liegt nur in der Flucht. Nicht eine Sekunde wird der
nahende Gegner aus den Augen gelassen. Er hat eine Fahrt im Leibe, die
dem deutschen Dampfer nur zu sehr überlegen ist. Zusehends wächst er aus
dem Wasser heraus, wird größer und deutlicher. Und gerade jetzt, in
diesem Augenblicke, der der ganzen Fahrt ein jähes Ende zu bereiten
droht, die in dieser Jahreszeit so seltene Sichtigkeit! Die Sonne steht
zwar schon ziemlich tief im Westen, bis zur völligen Dunkelheit aber mag
noch eine halbe Stunde vergehen. Und was kann in der Zeit nicht alles
geschehen! ...

Eine Zeitlang scheint es, als ob der Hilfskreuzer den Trampdampfer, der
die Abzeichen einer englischen Reederei trägt und seinem Kurs nach von
England kommt, nicht beachten wolle. Ruhig setzt er seinen Weg fort.
Dann aber, als er achteraus liegt, flattern drüben Signale hoch. Auf die
vorläufig noch große Entfernung sind sie nicht abzulesen, zweifellos
aber bedeuten sie das peinliche »J. D.«, den Befehl zum sofortigen
Stoppen. Das entspricht nun allerdings nicht ganz den Absichten
Sörensens. Wieder schrillt der Maschinentelegraph, noch stärker wird das
Zittern, höher steigt die Umdrehungszahl der Schiffsschraube. Unten in
Heiz- und Maschinenräumen wissen sie genau, was jetzt von ihnen abhängt.
Stählerne Muskeln krampfen sich, zum Platzen gespannt treten die Adern
hervor, in Strömen fließt der Schweiß. Schneller und schneller jagt der
deutsche Dampfer durch die grüne See. Ob es gelingen wird?

Starr blicken sie hinein in die rotflammende Sonne, zählen zum so- und
sovielten Male die Minuten, in denen das schützende Dunkel endlich
hereinbrechen muß, bis sich geblendet die Augen abwenden. Ein
unterdrückter Ruf des Wachoffiziers, ein freudestrahlendes Gesicht
wendet sich Sörensen zu. »Er folgt uns nicht!« Der Kapitän schüttelt den
Kopf. Er weiß, welch überlegene Geschwindigkeit in dem englischen
Hilfskreuzer steckt und daß es ihm, wenn er auch nur den geringsten
Verdacht schöpft, ein leichtes ist, die Entfernung aufzuholen. Fast
scheint es einen Augenblick, als ob die drei Schornsteine kürzer würden
und der Engländer wieder langsam unter der Kimm verschwände. Er hält
seinen südlichen Kurs durch.

Es scheint nur. Plötzlich aber verkürzen sich die Umrisse des Cunarders,
er dreht dem deutschen Dampfer nach. Sie haben Verdacht geschöpft, die
Jagd beginnt. Fünf Minuten verstreichen ... langsam nähert sich der
untere Sonnenrand dem Wasser, setzt auf .... Noch ist die Entfernung zu
groß, als daß der Engländer von seinen Geschützen Gebrauch machen
könnte, aber von Minute zu Minute bringt ihn die überlegene
Geschwindigkeit näher heran ....

Die Sonne ist verschwunden, graue Schatten ziehen von allen Seiten
herauf. Die scharfen Umrisse der beiden Schiffe scheinen sich aufzulösen
und mit der Dämmerung in eins zu verschwimmen. Auf dem Hilfskreuzer
blitzt es auf, eine Reihe von Sekunden später kommt aus weiter
Entfernung der kurze Knall eines Schusses herüber. Der Engländer sieht
sein Ziel in der rettenden Dunkelheit verschwinden und versucht nun das
letzte Mittel, es zum Halten zu bringen. Das Aufschlagen der Granate ist
nicht mehr zu sehen, und von Sekunde zu Sekunde vertieft sich die
Dunkelheit der schnell hereinbrechenden Winternacht. – Der Verfolger
ist außer Sicht....

Mit Hartruder dreht Sörensen auf Nordkurs, um im Gegner die Ansicht zu
erwecken, daß es sich um ein harmloses Handelsschiff handelt, das dem
Aufgebrachtwerden und dem Verschleppen nach Kirkwall entgehen will. Weit
entfernt an Backbord achteraus erhellt sich die Nacht, Scheinwerferkegel
huschen über das Wasser und suchen den Flüchtling in östlicher Richtung.
Abgeblendet in tiefstem Dunkel jagt der inzwischen unbehelligt nach
Norden.

Die letzte Stunde hat harte Arbeit von den Kesseln und in den Bunkern
gefordert. Alles, was an Deck entbehrlich ist, das dienstfreie
Maschinenpersonal, das sich von der letzten Wache kaum umgezogen hat,
ist sofort, als der Verfolger auftauchte, wieder an die Arbeit gegangen.
Jetzt muß aus dem Schiff herausgeholt werden, was Kessel und Maschine
hergeben wollen, oder alles ist verloren, und es bleibt nur noch die
Versenkung des Schiffes übrig. Ein gefüllter Kohleneimer nach dem andern
kommt aus den Bunkern in den Heizraum, derbe Fäuste fassen sie, und
durch die offenen Feuertüren sausen die Kohlen in mächtigem Schwunge auf
die rotweiße Glut, die sich höher und höher türmt. Die Maschine vermag
die Ueberfülle des Dampfes nicht zu verarbeiten. Längst ist der Zeiger
des Dampfdruckmessers über den roten Polizeistrich hinausgewandert, jede
Sekunde kann einer der auf diesen Ueberdruck nicht gebauten Kessel in
die Luft fliegen. Zischend strömt der überschüssige Dampf aus den
Sicherheitsventilen. Unentwegt wird weiter gearbeitet. Immer noch steht
der Zeiger des Maschinentelegraphen auf äußerster Kraft, und der Befehl
von der Brücke lautet, das letzte aus der Maschine herauszuholen. Die
schweren Eisenteile wirbeln mit einer Geschwindigkeit, wie sie das gute
Schiff sicher noch nicht gekannt hat, seit es die Bauwerft verließ.
Dann, nach einer Stunde, kommt die erlösende Nachricht, daß der
Verfolger abgeschüttelt ist und der Befehl, mit den Umdrehungen
herunterzugehen. Mit der größten Spannung sieht alles an Bord dem
heranbrechenden Morgen entgegen. Hoffentlich hat der Engländer nicht
andere Schiffe alarmiert.

Im Osten dämmert der Tag. An Steuerbord steigen dunkle Felsen aus der
See hoch, weiß brandet der Gischt an starren Granitwänden. Eine Stunde
später ist der Tag da. In hellem Sonnenglanze, weithin sichtbar liegt
die See. Die gute Sichtigkeit ist zwar eine große Gefahr für das ganze
Unternehmen, weil feindliche Kreuzer das deutsche Schiff nur zu leicht
entdecken können, andererseits aber liegt an Steuerbord das neutrale
Land, dessen Hoheitsgebiet leicht erreichbar ist, wenn eine verdächtige
Rauchwolke auftaucht. Freilich ist es besser, wenn kein Feind in Sicht
kommt; hat der Weltkrieg doch schon zur Genüge bewiesen, welch
merkwürdige Begriffe von neutralen Grenzen England hat.

Nichts ist zu sehen, einsam steuert der Dampfer seinen Kurs weiter.
Gegen Mittag kommt die norwegische Küste aus Sicht. An Backbord voraus
tauchen die Masten und weißen Flächen eines großen Seglers auf, der
anscheinend von Kirkwall einem norwegischen Hafen zustrebt. Die Kurse
der Schiffe kreuzen einander. Beim Näherkommen setzt die Bark die
blaugelbe Flagge Schwedens. Wie lange mögen die Engländer wohl den armen
Teufel widerrechtlich festgehalten haben! In schlanker Fahrt, leicht
überliegend zieht das schöne Schiff unter der Last seiner schneeweißen
Segel vorbei, um nach einer Stunde unter der Kimm unterzutauchen.

Eintönig in gleichmäßigem Takt stampft die Maschine, in gleichen
Umdrehungen mahlt die Schraube durch die See. Meile um Meile wird
zurückgelegt, immer weiter ruckt der Zeiger aus dem Patentlog, immer
näher kommt die gefährlichste Zone.

Ein Schuß! ... Ein scharfer Knall zerreißt das gleichmäßige Rauschen der
See. Mit einem Satz stürzen Kapitän und Wachoffizier nach der Nock der
Brücke, von wo der Schall herüberdringt. Scharf, doppelt angestrengt
spähen die Augen über die einsame See ... Da! ... ein grauer Turm ...
niedrig, kaum über das leichtbewegte Wasser herausragend der
Schiffskörper ... noch ist keine Zeit zu weiterer Überlegung, als es
drüben, kaum fünf Seemeilen ab, aufblitzt. Heulend fegt die Granate
dicht am Bug vorbei ... Flucht ist unmöglich. .. Es heißt dem bitteren
Befehle folgen ...




Hilfe in der Not


Der Maschinentelegraph schrillt, die Umdrehungen der Schraube werden
geringer, die Maschine stoppt. Eine Weile noch bleibt das Schiff in
Fahrt, die Bugwelle wird kleiner, das Schraubenwasser verliert sich, und
zischend entweicht der überschüssige Dampf durch den Schornstein. Leicht
schlingert der gestoppte Dampfer in der Dünung. Scharfe Befehle hallen
von der Brücke über das Schiff. Drüben liegt der Feind, vor dem ein
Entkommen nicht mehr möglich ist, Schiff und Ladung aber sollen und
dürfen ihm nicht in die Hände fallen. Der Gegner darf nicht einmal
wissen, welch kostbares Gut das angehaltene Schiff barg, welch kühne
Pläne es hatte. An verschiedenen Stellen, besonders im Maschinenraum und
im Wellentunnel werden Sprengpatronen angebracht. Es bedarf nur noch des
Befehls, um sie anzuschlagen.

Während dieser Vorbereitungen geht auf dem U-Boot, das sich vorsichtig
nähert und dann wieder, noch in sicherer Entfernung, stoppt, ein neues
Signal hoch: Schicken Sie sofort ein Boot mit den Schiffspapieren. Noch
ist der Wachoffzier beim Durchblättern des Signalbuches, als der
Kapitän, der das U-Boot aufmerksam betrachtet hat, einen lauten Ruf
ausstößt. Erschreckt fährt der Offizier hoch. »Schmeißen Sie Ihr Buch
ruhig in die Ecke, kommen Sie schleunigst und sehen Sie mal hin! Das ist
doch ein deutsches U-Boot!« Ungläubig starrt der Angerufene seinen
Vorgesetzten an, wie mechanisch wiederholt er die vernommenen letzten
Worte: »ein deutsches U-Boot?« Dann halb stammelnd, als ob er die
Tragweite des eben Gehörten nicht recht begriffe, stößt er hervor: »Ja
... aber Herr Kapitän, was wollen wir denn dann eigentlich?«

Mit einem Schlage springt die Stimmung an Bord, die eine Sekunde vorher
noch äußerst gedrückt war, um. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die
Nachricht durch das ganze Schiff: »Ein deutsches U-Boot!« Auf der Back
und auf dem Vorschiff winken die Leute mit ihren Mützen, stürzen dann
mit freudigen Gesichtern auf das Bootsdeck, wo sofort eines der Boote
soeben zu Wasser gefiert wird.

Das U-Boot hat inzwischen die Fahrt auf den Dampfer zu wieder
aufgenommen. Kaum drei Seemeilen mehr liegt es ab, deutlich sind alle
Einzelheiten zu erkennen. Auf dem Turm stehen zwei Offiziere, die
unentwegt den Dampfer mit ihren Doppelgläsern im Auge behalten, am
Geschütz sind drei Leute klar zum Feuern. Das Rohr ist auf das Ziel
eingestellt, die Abzugsleine eingehakt. Mit weißen Buchstaben leuchtet
vorn am Bug die Nummer des Bootes aus der grauen Schiffswand heraus, die
deutsche Kriegsflagge flattert über dem Turm. Auf dem Dampfer ist die
Aufmerksamkeit übrigens nicht minder scharf wie drüben. Noch ist die
Bezeichnung nicht genau zu erkennen, dann aber nach wenigen Minuten
rufen drei Stimmen fast gleichzeitig: »U 157!«

Das Boot ist zu Wasser gefiert, das Seefallrepp gleitet über die
Reeling. Eben schickt sich der Erste Offizier an, mit den
Schiffspapieren unter dem Arm die schmale Leiter herunterzuklettern, als
Sörensen auch schon neben ihm steht. »Bleiben Sie mit den Papieren nur
ruhig hier, ich will selbst hinüberfahren. Der Kommandant ist ein guter
Bekannter von mir, der mir es auch trotz unseres Schornsteines glauben
wird, daß wir keine Engländer sind.«

Das Boot stößt ab. In gleichmäßigem Takte tauchen die Riemen ins Wasser,
kräftige Fäuste holen scharf durch, um denen drüben zu zeigen, daß der
Dampfer seine Bootsbesatzung in Trimm hat. Das gute Pullen scheint den
U-Boots-Leuten, die dem kleinen Fahrzeug jetzt mit langsamer Fahrt
entgegenkommen, auch etwas ganz Ungewöhnliches zu sein. Drüben stecken
sie die Köpfe zusammen und tauschen wohl ihre Gedanken über diese
eingefahrene Bootsbesatzung aus, die so sehr gegen die Bilder, die sich
sonst beim Anhalten englischer Dampfer zeigen, absticht. Rasch aber
findet das Rätsel seine Lösung. Im Augenblick, als das Boot anlegt, tönt
vom Turm eine Stimme herunter: »Mensch, Sörensen, sind Sie das oder ist
das Ihr Geist? Sie haben doch nicht bei den Engländern angemustert?«

Die Hand des an Deck gestiegenen Kommandanten holt den Kapitän in
kräftigem Schwung auf das Schiff herauf. Er kann so schnell gar
nicht antworten, wie die Fragen hageln. In vertraulichem Gespräch
ist aber rasch alles erörtert, was zu wissen nötig ist. Wenn der
U-Boots-Kommandant auch das Ziel nicht kennt, dem der so merkwürdig
vermummte Dampfer zustrebt, so bedarf es für ihn doch keiner langen
Erklärung. Muß er sich doch selbst sagen, daß es sich hier wieder um
eines jener kühnen Husarenstückchen handelt, wie sie in der deutschen
Marine ja nicht selten sind. Und den Mann, der nach festem Händedruck
wieder seinem Schiff zufährt, kennt er genau. Er weiß, daß dort die
richtige Persönlichkeit auf dem richtigen Fleck steht. Minuten später
ist das Boot geheißt, weißes Schraubenwasser quillt auf, der Dampfer
setzt sich in Bewegung. Ein letzter Flaggengruß noch hüben und drüben,
größer wird die Entfernung, und nach einer halben Stunde haben sich die
beiden Schiffe aus Sicht verloren.

Es ist, als hätte das U-Boot auch das gute Wetter mit sich genommen. Die
bisher so klare Kimm verschwimmt in grauem Dunste, dichte Wolken
beziehen den Himmel, ein trüber Wintertag senkt sich über die See. Kaum
ist die Sonne verschwunden, als sich die Kälte der nördlichen Breite
auch schon doppelt unangenehm fühlbar macht. Feucht dringt sie bis auf
die Haut, nur kräftige Bewegung vermag das unangenehme Gefühl zu
vertreiben. Immer näher schiebt sich von allen Seiten der Dunst heran.
Nur wenige hundert Meter bleibt es sichtig. Im Frieden würde jetzt die
Schiffsglocke ununterbrochen läuten, warnend würde die Dampfpfeife ihre
tiefen Töne in den Nebel hineinbrüllen, aus dem andere Fahrzeuge wohl
antworten würden.

Jetzt heißt es, unbeobachtet und ungestört diese Breiten passieren. Kein
Schiff darf auf die Spur gelenkt werden und auch nur ahnen, daß hier ein
Dampfer die Sperrlinien durchbrechen will. Sörensen kann es nur recht
sein, wenn das Wetter noch dicker wird. Diese Tarnkappe ist ein noch
besserer und wertvollerer Schutz als die Nacht mit ihrer Dunkelheit. Die
nächsten achtundvierzig Stunden bedeuten den Höhepunkt der Gefahr. Seit
der Erklärung der Nordsee als Kriegsgebiet seitens England im November
1914 versuchen seine Kreuzer, Zerstörer und sonstigen Bewachungsschiffe,
einen Gürtel vor den nördlichen Eingang zur Nordsee zu legen, um
deutschen Schiffen das Auslaufen zu verwehren und die Neutralen unter
scharfer Kontrolle zu halten. Bei klarem Wetter ist ein Durchkommen hier
so gut wie ausgeschlossen, nur Nebel und schweres Wetter können dieses
jedem Völkerrecht hohnsprechende Vorgehen zunichte machen. Um so
vergnügter ist die Besatzung des Dampfers. Die Aussichten für das
glückliche Durchschlüpfen sind um so günstiger, als vollkommene
Windstille herrscht, die darauf schließen läßt, daß das diesige Wetter
anhalten wird.

Längst ist die Dunkelheit hereingebrochen. Vom Himmel ist nichts zu
sehen, dicke Wolken decken alles. Der Ausguck ist doppelt besetzt. Vorn
auf der Back, zu beiden Seiten und am Heck versuchen die Augen, den
dichten Schleier, der die Nacht stockduster macht, zu durchdringen.
Aufmerksam lauschen die Ohren, ob nicht irgend ein Geräusch zu vernehmen
ist. Nur das Stampfen der Maschinen und das Rauschen der See an den
Bordwänden ist hörbar, oder ab und zu die Laute der hoch über der
Nebeldecke nach Süden ziehenden Seevögel. Kaum ein Auge schließt sich in
dieser Nacht. Jeden Augenblick kann ein feindliches Schiff auftauchen.
Dann heißt es, schleunigst in das rettende Dunkel entweichen oder, wenn
es zu spät ist, die äußersten Folgen ziehen. Stunde um Stunde wird der
Ausguck abgelöst. Nur das Maschinenpersonal hat sich in den Kleidern zu
kurzer Ruhe auf die Koje gelegt. Ihr Körper muß unbedingt Ruhe haben,
sollen die Leute den schweren Dienst weiter versehen können. Die
angespannten Nerven arbeiten unaufhörlich weiter, auch gaukeln die
wildesten Bilder herauf ... ein dumpfer Sirenenton ... ein Blitz ... ein
schmetternder Schlag ... in gleichmäßigem Takte stampft die Maschine,
bis endlich der tiefe Schlaf der Erschöpfung die Müden aufnimmt. Wenige
Stunden später geht es wieder in den Heizraum und die Maschinen hinunter
zu harter, alle Kräfte beanspruchender Arbeit.

Ganz unmerkbar lichtet sich die Dunkelheit, und die grauen
Nebelschleier, die im Duster der Nacht verschwunden zu sein schienen,
werden wieder sichtbar. In dicken Massen, als wenn sie aus dem Wasser
hochstiegen, liegen sie auf der von der Dünung leicht bewegten
Oberfläche. Stellenweise scheint sich der dichte Schleier mitunter
lichten zu wollen, es ist aber nur Täuschung.

Kapitän Sörensen läßt sich durch das sonst so gefährliche Wetter nicht
behindern. Mit voller Fahrt zieht sein Schiff auf Westkurs weiter. Heißt
es doch die gute Gelegenheit rücksichtslos und bis zum Aeußersten
auszunutzen.

Seit Stunden schon fährt das Schiff zwischen Schottland und Norwegen,
dem Gebiete, in dem die englische Admiralität mit Hilfe des Aufgebots
ihrer Schiffe jegliches unbeobachtete Durchfahren zu verhindern
versucht. Auch in diesem Augenblick sind sicherlich zahlreiche Fahrzeuge
in See und pendeln unablässig die ihnen zugewiesenen Strecken auf und
ab. Bei diesem Nebel aber muß es schon der blinde Zufall sein, der sie
auf die Spur der Deutschen brächte. Während die Oberfläche vom Schiff
aus wenigstens auf hundert Meter noch sichtbar ist, ist schon der obere
Teil des Schornsteins von einem dünnen Schleier umwallt. Er wird
dichter, je höher es geht und um die Masten brauen die Schwaden schon so
sehr, daß die Stengen wie in Wolken verdämmern.

Nichts ist zu hören. Wieder nur stampfen wie während der Nacht die
Maschinen in gleichmäßigem Takte, schlagen die Kesselspeisepumpen,
dringt ab und zu das Geräusch schließender Feuertüren unter den Kesseln
herauf. Jeden anderen Laut scheint der Nebel aufzusaugen. Kapitän
Sörensen ist die ganze Nacht nicht von der Brücke gekommen. Nur gegen
Morgen hat es für ihn auf einem Stuhl hinter dem Schutzkleide der Brücke
kurzen Schlummer gegeben. Die Gefahr läßt ihn keine Ruhe finden.
Unablässig geht er von einer Nock der Brücke zur anderen, spornt die
Ausguckmannschaften zur scharfen Aufmerksamkeit an, dann wieder wirft er
einen Blick auf die im Kartenhaus ausgebreitete Karte und rechnet und
wägt, wie lange es noch dauern kann, bis die Gefahr sich verringert.
Wenn das Wetter nur noch den Tag über so bleibt, ist er morgen früh im
Ozean, wo die Wahrscheinlichkeit, angehalten zu werden, fast gänzlich
geschwunden ist.

Bis kurz vor Mittag ereignet sich nichts. Gerade als die Ablösung an
Deck kommt und der Wachhabende seinem Nachfolger den Dienst übergibt,
kommt es plötzlich ganz unvermittelt aus dem Nebel heran. Zwei kurze,
abgehackte Töne ... Eine Sirene! Noch ist der zweite Ton nicht
verklungen, als auch schon der Befehl nach der Maschine hinunter kommt:
»Stopp!« Einige Handgriffe, der Dampf ist abgestellt. Sofort hört das
Stampfen der Maschinen auf, und in tiefem Schweigen schlingert der
Dampfer in der Dünung. Kein Laut, der seine Anwesenheit verraten könnte,
dringt nach außen.

Gespannt, mit äußerster Aufmerksamkeit lauscht alles in den Nebel
hinaus, späht, ob sich nicht im nächsten Augenblick ein dunkler Körper
aus dem grauen Brodem heranschiebt ... Da ... wieder kommt es heran,
deutlicher diesmal. Mehrere, in der Länge abgestufte, durchdringende
Sirenentöne ... Ein Signal anscheinend, das von einem an Backbord nur
wenige hundert Meter entfernten Schiff herrührt.

»Steuerbord 20, langsame Fahrt voraus!«

Leicht folgt das Schiff dem Ruder, dreht nordwärts und entfernt sich aus
der gefährlichen Nachbarschaft. Fünf Minuten verstreichen ... da ...
wieder klingen Töne heran, diesmal direkt voraus. Auch dort steht der
Feind, der auf den Anruf jetzt antwortet. Wieder ein Kommando, und mit
Backbordruder läuft der Dampfer mitten zwischen den beiden
signalisierenden Schiffen hindurch. Eine Weile noch sind die
unangenehmen Töne zu vernehmen, dann werden sie allmählich schwächer,
bis sie ganz in der Ferne ersterben. Die Gefahr ist vorbei. Freilich,
ein bloßer Zufall nur, daß es so glimpflich abging. Kam der Ton nur fünf
Minuten später, dann lief der deutsche Dampfer schnurgerade dem Feind in
die Arme.

Gegen Mittag des nächsten Tages lichtet sich der Nebel. Längst liegt die
Gefahrzone hinter den deutschen Seeleuten, in denen die langlaufende
Dünung des Atlantik ein Gefühl der Erleichterung hervorruft. In großer
Entfernung an Backbord muß Schottland liegen. Noch werden auf der Brücke
die Gedanken darüber ausgetauscht, was die letzten Tage brachten und daß
das Gröbste wohl überstanden sei, als Rauchwolken von Süden her gemeldet
werden. Sie rühren anscheinend von einem niedrigen Fahrzeug mit mehreren
Schornsteinen her! Ein Zerstörer, der in schneller Fahrt auf den Dampfer
zuhält. Ein Engländer! Noch ist er einige Seemeilen ab, als an einer
seiner Signalleinen die Aufforderung hochgeht: Setzen Sie Ihr
Unterscheidungssignal. Sörensen hat den Anruf längst erwartet. Die
Flaggen sind angesteckt, und im nächsten Augenblick flattern die
Unterscheidungsbuchstaben des englischen Trampdampfers vor dem Winde
aus. Der Zerstörer ist querab und stoppt. Bange Sekunden verstreichen.
Genügt ihm diese Beantwortung der Frage oder hält er das Schiff zur
Untersuchung an? Der nächste Augenblick muß die Entscheidung
bringen.

Während alles atemlos fast auf den Zerstörer hinüberblickt, schrillt
dort plötzlich der Maschinentelegraph. Einige kurze Kommandos ertönen,
dann dreht das Schiff mit voller Fahrt ab und hält mit äußerster Kraft
auf einen großen Dampfer zu, der eben von Westen herankommt. Ein
Norweger. Im Ablaufen noch setzt der Engländer das Signal: Bleiben Sie
gestoppt liegen.

Was nun? Anscheinend hat der Zerstörer, wie sein letzter Befehl zeigt,
doch Verdacht geschöpft. Daß er den Neutralen nicht durchschlüpfen
lassen will und ihn zuerst untersucht, bedeutet nur kurzen
Aufschub.

Die Stimmung ist recht ungemütlich. Nur ein Zufall kann die Gefahr
abwenden. Kommen die Engländer an Bord, dann ist alles verloren. Und
eine halbe Stunde später scheint sich das Geschick erfüllen zu wollen.
Ein Prisenkommando begibt sich auf den Norweger, der Zerstörer dreht und
kommt mit voller Fahrt heran. Nicht eine Sekunde lassen ihn die Gläser
aus dem Gesichtsfelde. Jetzt ist er schon so nahe, daß alle Einzelheiten
an Deck deutlich zu erkennen sind. Mehrere Offiziere und Mannschaften
auf der Brücke, am Heck Leute, die plaudernd beisammen stehen. Kaum
tausend Meter ist er ab ... eine weiße Sprengwolke, in die
bräunlich-gelber Qualm sich mischt, erhebt sich mitschiffs, rötlicher
Feuerschein strahlt auf, einzelne Schiffsteile wirbeln in der Luft ...
ein dumpfer Krach ... entgeistert, wie gebannt starren die Augen
hinüber, das Hirn kann den Vorgang, der sich hier in so unmittelbarer
Nähe mit unheimlicher Schnelligkeit abgespielt hat, noch nicht fassen.
Drüben, fast in greifbarer Nähe, lag Sekunden vorher der Feind, drohte
wieder einmal Vernichtung. Die ganze Mühe, alle Pläne und Hoffnungen
vergeblich, das ganze wertvolle Material, das dazu dienen sollte, unsere
letzte Kolonie gegen die Engländer zu verteidigen, verloren auf dem
Grund des Atlantik. Und jetzt! .. Dunkel und träge dringt das Öl zur
Oberfläche herauf, deckt dort, wo eben der Zerstörer noch schlingerte,
die Dünung, wächst und breitet sich weiter ... Kein Lebewesen ... nichts
... mit Mann und Maus in die Tiefe gegangen. Eine Mine? ... Halb
unbewußt hat der Wachoffizier das Wort fallen lassen ... hier, so weit
draußen? ...

Eine ausgestreckte Hand deutet achteraus, ein Ruf ... ein U-Boot! ...
weit ab schon jagt es dahin ... kaum noch ist der Turm, von dem im
Scheine der tiefstehenden Sonne die deutsche Kriegsflagge weht, zu
erkennen ... jetzt stoppt es in der Nähe des Norwegers ...
Flaggensignale steigen auf ...

Die Maschinen stampfen, wirbelnd mahlt die Schraube die blauen Wasser
des Atlantik, das Schiff ist in voller Fahrt. Weit zurück liegen die
durchbrochenen Sperrlinien. Frei ist die Bahn ...




Durch die Blockade


Die Biskaya mit ihren Stürmen liegt hinter dem deutschen Dampfer. Zwei
Tage lang schien es, als wollte die grobe See alle Aufbauten
hinwegfegen. Zu Bergen hatte der über den Atlantik brausende
Südweststurm das Wasser aufgepeitscht und gegen das schwerbeladene
Schiff anrollen lassen. Nur mit kleiner Fahrt konnte es dagegen
ankämpfen. Gischt und Wasserdampf erfüllten die Luft, bis zum oberen
Rand war der Schornstein grau vom Salz. Dazu die Kälte des Winters, die
den Aufenthalt an Oberdeck besonders unangenehm machte. Trotz des
Ölzeuges gab es keinen trockenen Faden am Leibe.

Querab von der spanischen Küste läuft zwar noch hohe Dünung, von Tag zu
Tag aber wird die See ruhiger und die Luft milder und wärmer. In der
Biskaya waren nur wenige Schiffe gesichtet worden. Sie hatten mit Sturm
und See zu kämpfen, wie die deutschen Seeleute und keine Zeit, sich um
anderes als ihr eigenes Schiff zu bekümmern. Jetzt ist es anders
geworden. Die Straße nach dem Mittelmeer ist eine der belebtesten.
Frachtdampfer aller Art ziehen in mehr oder weniger großen Abständen
vorbei, dann wieder taucht ein Lazarettschiff auf, ein riesiger
Cunarder, der bis auf das letzte Plätzchen gefüllt scheint. Weit über
See leuchtet der unter der Reeling die Schiffswand längs laufende breite
grüne Streifen, darunter an mehreren Stellen das Rote Kreuz.

Querab von der Einfahrt in die Straße von Gibraltar kommt aus dem
Mittelmeer ein großer Hilfskreuzer heraus. Das mächtige Fahrzeug, ein
früherer White-Star-Dampfer, trägt Kriegsschiffarbe. Grau sind die hohen
Bordwände, Schornsteine und Masten, selbst das sonst so friedlich
anmutende Weiß der Aufbauten ist unter dem deckenden Grau verschwunden.
Auf Vor- und Achterdeck ragen die langen Rohre der Mittelartillerie über
die Reeling hinaus, kleinere Geschütze stehen auf Back und Heck und auf
dem Bootsdeck. Darüber auf besonders eingebauten Gerüsten sind riesige
Scheinwerfer angebracht. Mit hoher Fahrt kreuzt er nur wenige Seemeilen
entfernt den Kurs. Er kümmert sich ebensowenig wie die andern Fahrzeuge
um den Trampdampfer; muß er sich doch sagen, daß das Schiff von Norden,
also von England kommt und dort bereits die Kontrolle passiert hat.
Dreimal senkt sich am Flaggenstock der »Marie« die Flagge. Drüben
antworten sie. Sie können ja allerdings nicht hören, daß der Matrose,
der eben die Flagge dippt, ihnen grinsend zuruft: »Junge, Junge, wenn du
ne Ahnung harst, wo wi hen wüllt! Denn schust die woll bannig fix
umdreih’n.« Der Engländer hat nun wirklich keine »Ahnung«. Ruhig setzt
er seinen Weg fort und ist in einer halben Stunde bereits unter der Kimm
verschwunden.

Südlich von Madeira wird der Schiffsverkehr spärlicher. Nur selten
zeigen sich jetzt Rauchwolken; das Wetter ist herrlich geworden. Ein
wolkenloser Himmel lacht über der vom Passat leicht bewegten See, die
ein märchenhaftes sattes Blau zeigt. Tümmler spielen vor dem Bug des
Schiffes, fliegende Fische jagen in Schwärmen vor ihm auf. Ein
idyllisches Bild tiefsten Friedens. Eine halbe Tagereise von den
Kanarischen Inseln kommt von Süden her ein großer Dampfer der
Union-Castle-Line entgegen. Auf ganz nahe Entfernung ziehen die Schiffe
aneinander vorbei. Schon in größerem Abstand leuchtet die riesige
Bugwelle, die durch eine anscheinend ungewöhnlich hohe Fahrt erzeugt
wird. Merkwürdigerweise dauert es aber eine geraume Weile, bis der
Engländer heran ist. Dann freilich löst sich zur großen Heiterkeit der
deutschen Seeleute das Rätsel. Die Bugwelle ist nichts weiter als ein
ungeheurer englischer Bluff, säuberlich aufgemalt und bestimmt, U-Boote
über die Geschwindigkeit des Schiffes irre zu führen. Sie soll eine
höhere Fahrt vortäuschen und die Deutschen veranlassen, ihren Schuß zu
weit vorzuhalten. Englische Seeherrschaft! –

Glühendheiß brennt die Tropensonne herunter. Längst schon sind die
Sonnensegel gesetzt. Noch vor vierzehn Tagen lag der deutsche
Blockadebrecher im hohen Norden, wo die Spritzer, die über die Reeling
schlugen, sofort zu Eis gefroren. Langsam fiel, je mehr die deutschen
Seeleute nach Süden kamen, eine Hülle nach der anderen. Längst sind
Mäntel und Schals verstaut und die leichten weißen Tropenanzüge
hervorgeholt. Unten im Heizraum, besonders aber in der Maschine ist die
Temperatur fast bis ins Unerträgliche gestiegen. Nur mit dünner Hose und
Holzpantinen bekleidet, ein Schweißtuch um den Hals gewickelt, arbeiten
die Leute unentwegt. Sind doch die Breiten erreicht, in denen auf der
anderen Seite Afrikas die Kolonie liegt, für deren Verteidigung die
Ladung der »Marie« unumgänglich notwendig ist. Allerdings droht
unmittelbar vor dem Ziel noch große Gefahr. England hat die enge
Blockade der Küste erklärt, nicht das kleinste Fahrzeug soll unbehelligt
von einem Hafen zum andern gelangen. Ununterbrochen streifen die Kreuzer
die Küste herauf und herunter. Das kann einen deutschen Seemann nicht
schrecken. Ist das schwierigste Stück, der Durchbruch durch die
Sperrlinien im Norden glücklich gelungen, dann muß es schon mit dem
Teufel zugehen, wenn es deutschem Seemannsgeist nicht glücken sollte,
den Engländern auch hier ein Schnippchen zu schlagen. Es ist nicht so
leicht, eine Blockade wirksam zu gestalten, wenn deutsche Schiffe sie
brechen wollen. Mit englischer Großmäuligkeit allein ist es sicher nicht
getan.

Einzelne von Süden kommende Dampfer gleiten vorbei. Nur Masten und
Schornsteine erscheinen oft über der Kimm, um nach wenigen Minuten
wieder zu verschwinden, oder eine verwehte Rauchfahne zeigt, daß in der
Ferne ein Dampfer seinen Weg zieht. Ruhig hält Sörensen seinen Kurs
durch; wird hier doch niemand ein deutsches Handelsschiff vermuten. Auch
feindliche Kriegsfahrzeuge dürften sich um den harmlosen Trampdampfer,
der wahrscheinlich nach dem Kap oder nach Australien geht, wenig
bekümmern. Kameruns Küste mußte längst durch schurkischen Verrat der
Dualaneger dem übermächtigen Ansturm von allen Seiten weichen. Was sich
an feindlichen Kriegsfahrzeugen jetzt noch hier herumtreibt, können
höchstens kleinere oder ältere Kriegsschiffe sein, die der Vierverband
kreuzen läßt.

Der nächste Tag schon bringt eine Begegnung mit einem würdigen Vertreter
des Feindes. Auf der Höhe von Dakkar taucht von Süden kommend ein
Fahrzeug auf, dessen Takelage von weitem schon verrät, daß es sich um
ein Kriegsschiff handelt. Eine geraume Weile vergeht, bis es ganz über
der Kimm steht; nach einer halben Stunde erst ist es auszumachen. Ein
uralter Pott mit hohen Masten und einem dünnen Schornstein. Kaum eine
Seemeile ab schiebt er sich vorbei. An seiner Gaffel hängt fast
bewegungslos ein Lappen. Die Nationalität wäre gar nicht auszumachen,
wenn nicht die roten Pompons auf den Mützen verrieten, daß hier ein
Vertreter der »Grande Nation« herumschwabbert, die sich zu Kriegszeiten
nur, wenn es unbedingt sein muß, auf die See wagt. Ebenso dreckig wie
die Flagge ist das ganze Schiff. Große Rostflecke am Rumpf und
Schmutzbahnen unter den Ausgüssen verraten, daß Kommandant und Offiziere
sich um das Aussehen des Schiffes nicht bekümmern und daß es ihnen
völlig gleichgültig ist, welchen Eindruck es macht ... Eine
unappetitliche Gesellschaft treibt sich drüben an Bord herum.

Nach den Außenlinien kann es sich nur um das französische Kanonenboot
»Surprise« handeln, das da in träger Fahrt vorbeizieht. Das kann nicht
gefährlich werden. So unordentlich wie außen, sieht es sicherlich auch
im Innern des Schiffes aus. Kessel und Maschinen sind wahrscheinlich so
heruntergewirtschaftet, daß sie der »Surprise« alles eher als eine
»überraschende« Schnelligkeit zu geben vermögen. Auf dem Papier zwar ist
sie der »Marie« an Geschwindigkeit überlegen. Wenn sie aber die
angegebene Fahrt wirklich je gelaufen hat, so ist das doch lange her.
Sollte sie sich zur Verfolgung aufmachen, dann würde der deutsche
Dampfer ihr sicherlich bald aus Sicht kommen können. Drüben kümmert sich
aber kein Mensch um das Schiff, das da fast in Rufweite vorbeizieht.

Die Linie wird passiert, die Fahrt führt allmählich wieder in
gemäßigtere Breiten. Weit aus Sicht wird die Südspitze Afrikas gerundet,
dann wieder geht es nordwärts auf das Ziel zu, fern vom Land ab, um
nicht etwa von Kriegsschiffen gesichtet zu werden, die zufällig vom
Blockadegebiet nach Kapstadt oder umgekehrt fahren sollten. Nichts aber
zeigt sich, und unbehindert kann der Dampfer seinen Weg fortsetzen.

Fast zwei Monate sind verstrichen, seit das Schiff aus dem deutschen
Hafen auslief. Das Ziel liegt nah. Jetzt heißt es, wie damals im Gebiet
der Sperrlinien, äußerste Vorsicht beobachten, um nicht im letzten
Augenblick noch das ganze Unternehmen zu gefährden.

Querab, nicht viel mehr als hundert Seemeilen, liegt deutsches Land,
zählt die so lange schon von der Heimat abgeschnittene und nur auf die
eigene Kraft angewiesene kleine Schar wohl schon die Tage und Stunden,
bis die so wertvolle Ladung eintrifft. Wieviele Augen mögen nach See zu
spähen, ob der Ersehnte nicht bald auftaucht. Mit blendendem Glanze
strahlt die heiße afrikanische Sonne auf das tiefblaue Wasser des
Indischen Ozeans. Leichte Dünung verläuft auf weißem Sande oder brandet
donnernd gegen kahle, zerrissene Korallenriffe. Einsam, verlassen liegt
die See. In weiter Ferne nur tauchen dann und wann die Umrisse eines
Blockadekreuzers auf. Das deutsche Schiff, auf das sie warten, kommt
nicht. Und doch ist seine Ankunft nötig, wird dringender von Tag zu Tag,
soll die letzte Kolonie sich halten...

Mit Westkurs dreht Sörensen auf Land zu. Kaum dreißig Seemeilen entfernt
liegt die Küste, dazwischen aber die englischen Schiffe! In wenigen
Stunden kann das Wagestück gelingen. Scharfer Ausguck späht von den
Masten. Unter möglichst geringer Rauchentwicklung, damit nicht die aus
dem Schornstein strömenden Wolken zum Verräter werden, schiebt sich der
Dampfer näher und näher an Land heran. Hoch türmt sich unter den Kesseln
die rote Glut, heißt es doch in dem Augenblicke, wo ein feindliches
Schiff gesichtet wird, abdrehen und mit äußerster Geschwindigkeit wieder
nach See zu laufen. Zwei Stunden noch, und die Küste muß in Sicht
kommen.

»Schiff ein Strich Steuerbord!« Noch ist der Ruf vom Ausguck des
vorderen Mastes nicht verhallt, als das Schiff auch schon mit Backbord
Hartruder und äußerster Kraft dreht und von Land abhält. Im nächsten
Augenblick meldet der Ausguck zwei Masten, drei Schornsteine. Also ein
Kriegsschiff! Es kann sich nur um einen englischen Kreuzer der
Städteklasse handeln, der seinen Patrouillendienst im Blockadegebiet
versieht. Welchen Kurs läuft er?

Eine kurze Spanne Zeit verrinnt, dann kann der Ausguck aus der Neigung
der Masten und dem bei der Windstille südwärts stehenden Rauch
feststellen, daß der Kreuzer nach Norden fährt.

»Stopp!« Längst ist einer der Offiziere zum Ausguck heraufgestiegen. Mit
äußerster Spannung starrt alles zum Mast empor und wartet auf die
Meldung, die die Entscheidung bringt, ob der Durchbruch heute noch
möglich ist. Wenige Stunden nur noch ist’s Tag; die Einfahrt ist nicht
so leicht zu finden. Zahlreiche Riffe liegen unter der Küste, keinerlei
Seezeichen oder Leuchtfeuer weisen den gefährlichen Weg. An ein
Einlaufen zur Nachtzeit ist nicht zu denken. Es bleibt nur übrig, wieder
weit in See hinauszugehen und am nächsten Tage den Versuch erneut zu
wagen. Hält der Kreuzer seinen nördlichen Kurs durch, dann ist die Luft
rein. Ist doch damit zu rechnen, daß er allein ist, da er zur Sicherung
des ihm zugewiesenen Gebietes vollauf genügt. Der nächste Augenblick
bringt eine böse Überraschung. »Kreuzer stoppt, geht anscheinend vor
Anker!« Wahrscheinlich will das Schiff in Sicht von Land liegen bleiben,
um da die Nacht abzuwarten. Was nun?

Ein Blick auf die Karte zeigt, daß der Weg zur Einfahrt in die Sudibucht
kaum fünfzehn Seemeilen am Feinde vorbeiführt. Kapitän Sörensen schwankt
nicht lange. Der Kreuzer hat sicherlich keine Ahnung, daß ein deutscher
Blockadebrecher so dicht bei ihm steht. Wie gewöhnlich werden nach
Abstellen von Kessel und Maschinen Offiziere und Mannschaften sich vor
der heißen Sonne zu bergen trachten und ein schattiges Plätzchen
aufsuchen. Nur auf die Wachsamkeit des Brückenpersonals kommt es an. Ist
sie mangelhaft, dann kann das Wagnis glücken, und gerade damit rechnet
der Kapitän.

Die Feuer sind gereinigt, gleichmäßig hoch liegt die Glut unter den
Kesseln, so daß der Dampfer rauchlos fahren kann, solange der Kreuzer in
Sicht ist. Wie ein dumpfes Zittern geht es unter der hohen Spannung des
nicht verbrauchten Dampfes durch den ganzen Schiffskörper. Der
Maschinentelegraph schlägt an. »Äußerste Kraft voraus!« ... Wirbelnd
dreht sich die Schraube, weißer Gischt quillt am Heck hoch ... in
rasender Hast blitzen die schweren Eisenteile der Maschine, gleiten die
Schieber in den Kulissen auf und ab ... in einer Minute schon hat das
Schiff äußerste Fahrt aufgenommen und jagt auf Land zu... Näher und
näher kommt der Kreuzer ... liegt querab ... gehen drüben Signale hoch,
blitzt ein Schuß auf? ... Nichts rührt sich... Voraus die Küste ...
Brandung .. Palmen... Dicht an Backbord ragen nur eben aus der See
leicht umspülte Korallenriffe ... eine Bucht öffnet sich ... an beiden
Seiten Land... Das Ziel... Die Blockade ist durchbrochen.




Am Ziel


»Donnerwetter, haben Sie einen Dusel gehabt, so ungeschoren hier
hereinzukommen! Uns haben die Hosen geflattert, als wir Sie so dicht am
Engländer vorbeijagen sahen!« meint Kapitän Schaap nach den ersten
Worten der Begrüßung. Er hat lange Zeit einen kleinen Dampfer hier an
der Küste gefahren und kennt jedes Loch wie seine Westentasche. Er ist
der »Marie« in einem kleinen Boote entgegengefahren, um sie durch die
gefährliche Einfahrt so weit aufwärts zu bringen, daß sie gegen Sicht
von See aus geschützt ist und auch ohne besondere große Vorbereitungen
löschen kann. Das blaue Wasser des Ozeans, das bei den geringeren
Wassertiefen bereits eine zartgrüne Farbe angenommen hatte, macht jetzt
trübem Braun Platz. Die Regenzeit herrscht noch, es gießt täglich
mehrere Stunden vom Himmel herunter, alle Flußläufe führen Wasser, das
in starkem Strom Schwemmland mit sich nach See zu reißt.

Von beiden Seiten tritt das Land näher heran. Bis weit in das Wasser
stehen an einzelnen Stellen üppige Mangrovebüsche, die in ihrer
tropischen Fülle kaum einen Durchblick gestatten; dahinter breitet sich
die Höhen hinan Urwald. Eine undurchdringliche grüne Mauer, durch die
sich Lianen und Schlinggewächse ziehen, und durch deren Dunkel
sicherlich noch kein Sonnenstrahl gedrungen ist. Den Boden bildet ein
wirres Durcheinander gefallener Stämme, aus deren Moder in
unerschöpflicher Fülle neues Leben emporsprießt. Die Erde hier trocknet
nie aus und wehrt sich erfolgreich gegen jeden Eindringling.

Hart arbeitet die Schraube gegen die Strömung an, die hier mehrere
Meilen läuft. Der Dampfer muß unbedingt noch vor Anbruch der Nacht
seinen Liegeplatz erreichen, um sich nicht am nächsten Tage durch
aufsteigenden Rauch den Engländern, die draußen kreuzen und die Küste
scharf beobachten, zu verraten. Eine vorspringende Huck wird gerundet.
An Steuerbord öffnet sich der Busch, helle Häuser, Negerhütten, mit
Stroh und Schilf gedeckt, treten an das Wasser heran, wo eine
Aufschüttung das Anlegen von Leichtern ermöglicht: Ssudi. Querab rasselt
zuerst der Steuerbord-, dann der Backbordanker in den Grund. Zweimal
noch wird Kette gesteckt, bis genügend von ihr aus ist, dann liegt der
Dampfer still.

Mit einem Schlage, fast ohne Uebergang, bricht die Tropennacht herein.
Kaum hundert Meter ab liegt das Land. Nichts ist zu sehen, tiefe
Dunkelheit lagert gleichmäßig über der Bucht und den Ufern. An Land
flackert ein kleines offenes Feuer. Mehrere Gestalten zeigen sich
mitunter in seinem Scheine, huschen hin und her und verschwinden im
Innern einer Hütte.

Tiefe Stille breitet sich nach den Aufregungen des Tages. Kein Laut
unterbricht sie. Das eintönige Rauschen des Flusses nur, der sich am Bug
teilt, ist zu hören. Nach mehr als zwei Monaten die erste Nacht, in der
das Stampfen der Maschine verstummt, in der nicht von Bord aus
unablässig die Dunkelheit durchforscht werden muß. Kein Spähen nach dem
Feinde. Wohltuende, völlige Entspannung aller Nerven. Auch heute liegt
der Dampfer dicht abgeblendet, kein Lichtschimmer dringt nach außen.
Diesmal freilich gilt die Vorsicht weniger dem Gegner als den Moskitos,
die zu Tausenden längs des Flusses schwirren. Zum erstenmal auch seit
langem sitzt die Mannschaft, bis auf die paar Leute, die in Heizraum,
Maschine und an Oberdeck Wache halten, zusammen auf der Back. Helle
Freude herrscht überall über die gelungene Fahrt. Besonders
schmeichelhafte Urteile werden über den Engländer gefällt, der so
liebenswürdig war, ihr Schiff ungestört seines Weges ziehen zu lassen.
Was die nächsten Tage und Monate bringen werden, wie sich das weitere
Schicksal der »Marie« gestalten wird, bekümmert sie heute nicht. Ist’s
bisher gut gegangen, wird es auch ferner glücken.

Bedeutend ernster ist die Stimmung unter den Offizieren, die im Salon
versammelt sind. Der gefährlichste Teil des Auftrages ist allerdings
ausgeführt, und was der geglückte Durchbruch bedeutet, welchen Einfluß
die Ladung auf den Fortgang der Operationen haben wird, das erzählt
ihnen jetzt Kapitän Schaap, der die Nacht über an Bord bleibt. Seit
Stunden schon ist die Meldung über das unbemerkte Einlaufen abgegangen.
Welche Freude mag sie auslösen! Freilich noch lange nicht ist die Gefahr
geschwunden, immer noch ist es möglich, daß die Engländer den Dampfer
nachträglich aufspüren. Wie leicht kann es ihm dann gehen wie dem
Dampfer, der ein Jahr vorher schon mit ähnlicher Ladung unter Kapitän
Christiansen die Blockade brach. Auch er war glücklich in die weiter
nördlich gelegene Mansa-Bucht hereingekommen. Dabei aber spürte ihn der
englische Kreuzer »Hyacinth« auf und eröffnete das Feuer auf ihn.
Stundenlang wurde er beschossen, bis er brennend sank. Ein glückliches
Geschick ließ ihn allerdings so wegsacken, daß keine Explosion erfolgte
und die Ladung geborgen werden konnte. Unendlich mühselig war die
Arbeit, monatelang dauerte es, bis die letzte Kiste an Land geschafft
war.

Vor allem gelten die Besprechungen dem Löschen der Ladung. So leicht und
selbstverständlich die Befrachtung mit Hilfe der zahlreichen
Einrichtungen in der Heimat durchzuführen war, so schwer gestaltet sich
hier das Löschen, wo jede Hafeneinrichtung fehlt und wo menschlicher
Geist für die Maschinen Ersatz suchen muß. Glücklicherweise ist ein Teil
der Besatzung der »Königsberg« dazu bestimmt, mit Hand anzulegen und hat
auch bereits Vorbereitungen getroffen.

Frühzeitig begibt sich alles zur Ruhe. Der morgige Tag erfordert alle
Kräfte. Draußen kreuzt der Feind, jede Stunde kann die Entdeckung
bringen. Was dem Schiff selbst geschieht, ist zunächst gleichgültig, die
Ladung aber muß in Sicherheit gebracht und so schnell wie möglich aus
der gefährlichen Nähe des Gegners weg an die Front geschafft werden.
Vorn und achtern in den Logis ist längst alles zur Ruhe gegangen. Auch
im Salon verstummt allmählich das Gespräch. Einer nach dem andern sucht
seine Kammer auf. Das Licht erlischt. Kein Laut mehr. Nur das
gleichmäßige Auf und Ab der Wache klingt durch die Nacht.

Die ersten Sonnenstrahlen schießen im Osten hoch. Der nachtdunkle Himmel
erhellt sich, wird grau, heller und heller, geht für Sekunden in
flammendes Rot über, bis die Sonne über den dichtbewaldeten Höhen
erscheint. Die bläulichen Morgennebel, die über Fluß und Wald lagern,
scheinen in sich zu zerfließen. Eine Weile noch haften sie am Grün, dann
verschwinden sie und geben den Blick frei. Das Leben erwacht. Längst
sind die Ladeluken geöffnet, der Dampf für die Winden wird zur Probe
angelassen. Ratternd beginnen sie sich zu drehen, die Ladebäume neigen
sich zum Hieven. Gleichzeitig fast mit den Vorbereitungen an Bord stoßen
von Land mehrere Leichter ab. Von Weitem schon klingen fröhliche Zurufe
herüber. Leute der »Königsberg« kommen mit zahlreichen Eingeborenen, um
mit Hand anzulegen beim Löschen der Ladung.

Längst bevor der Tag graut, ist der alte Eilers an Deck gekommen. Schon
am Abend hat ihm Kapitän Sörensen mitgeteilt, daß Mannschaften der
»Königsberg« hier an Land seien und morgen an Bord kämen. Seither hat er
auch nicht einen Augenblick Ruhe gefunden. Während die andern im tiefen
Schlummer der Erschöpfung noch gleichmäßig atmen, hat er sich erhoben
und ist an Deck gehuscht. Ob sein Junge dabei sein wird? Sicher ist, daß
er von den Kameraden Näheres über sein Schicksal erfährt. Seit dem
Anbruch des Tages spähen seine Blicke ununterbrochen hinüber nach Land.
Er sieht die vielen Gestalten der deutschen Seeleute, die dort an den
Prähmen herumhantieren, aber die Entfernung ist zu groß, um die
Gesichter erkennen zu können. Sie gleichen einander vorläufig alle. Dann
endlich, viel zu langsam für seine Ungeduld, setzen sie ab und kommen
bei der Strömung heran. Näher und näher. Jetzt sind Gesichter
auszumachen. Tiefbraun, sonnenverbrannt. Die Stimmung unter ihnen
scheint überaus vergnügt; leicht begreiflich. Gibt’s hier doch wieder
seemännische Arbeit nach dem langen Einerlei der letzten Monate. Nicht
eine Sekunde läßt sie der Alte aus den Augen, auf jedem einzelnen
Gesicht haftet sein suchender Blick. Vorn der Junge, der könnte es wohl
sein, wenn er nicht so breit und kräftig wäre, aber das Gesicht? ...
Zitternd, als wenn ihm der Laut nicht aus der Kehle wollte, klingt es
von der Reeling zum Boote hinunter: »Willem!« ... Und ein zweitesmal,
lauter, kräftiger, als hätte er nun die Befangenheit überwunden. Mit
einem Ruck fährt der Junge hoch, erstaunt sucht sein Blick nach dem, der
ihn gerufen. Ein kurzes Stutzen, ein jauchzender Laut: »Vadder! Wo kumst
du her? Büst du dat würklich?« Und ebenso die Antwort: »Jo, Junge, jo,
ick bünt! Oh, wat’n Glück, dat ick di wedder seg!« ...

Leinen fliegen hinunter auf die Leichter, sofort werden sie belegt, und
nach Minuten sind die plumpen Fahrzeuge längsseit festgemacht. Der
erste, der sich über die Reeling schwingt, ist der junge Eilers. Mit
einem Satz ist er bei seinem Vater. Keine Umarmung. Nur fest umschließen
sich die Hände, als wollten sie sich niemals loslassen. Lange blickt der
Alte dem Sohn in die Augen, dann gibt er ihn frei. Kein Wort weiter wird
gewechselt. Der Junge ist noch derselbe, wie er von ihm ging, nur
gehärtet noch durch die fast zwanzig Monate Krieg. Kein Kind mehr; der
da vor ihm steht, ist ein Mann geworden, mit dem er wohl zufrieden sein
kann. Die Arbeit ruft. Was die beiden einander sich zu sagen haben, soll
bis zum Abend aufgeschoben werden.

Die Winden rattern, eine Kiste nach der andern wird geheißt, schwebt
Sekunden über dem Deck und gleitet in die Leichter, die bald gefüllt
nach Land zu streben, um anderen, leeren, Platz zu machen. Glühendheiß
brennt die Tropensonne herunter. Längst arbeiten die Leute nur mit
Troiern und Hosen bekleidet, während der Tropenhelm mit dem
Nackenschleier sie gegen die sengenden Strahlen schützt. Unaufhörlich
rinnt der Schweiß vom Körper. Ein flüchtiges Wischen mit dem
braungebrannten Unterarm, und angespannt geht die Arbeit weiter. Sie
wissen alle, worum es sich handelt. Nicht eine Sekunde darf verloren
gehen, bis zum Aeußersten muß das Tageslicht ausgenutzt werden. Kaum daß
die Leute sich Zeit zum Mittagessen gönnen. Lange schon haben sie
handfeste deutsche Kost entbehrt und mit dem vorlieb nehmen müssen, was
das Land ihnen bot. Noch aber ist der letzte Bissen nicht hinunter, als
alle Hände schon wieder zugreifen. Hoch oben im Ausguck sitzt ein
Matrose. Er lugt nach der Ausfahrt, um das Nahen eines Feindes zu
melden. Zum Glück aber zeigt sich nichts, und ungehindert nimmt die
Arbeit ihren Fortgang.

Der Abend naht, und mit einem Schlage macht die Dunkelheit dem Treiben
ein Ende. Ein Teil der »Königsberg«-Mannschaft bleibt die Nacht über an
Bord, um beim Morgengrauen gleich zur Stelle zu sein ... Sie sitzen an
Deck, hauen in die langentbehrten Speckerbsen ein und suchen dann den
Moskitos durch mächtiges Qualmen entgegenzuwirken.

Auf der Back hat sich um Eilers und seinen Jungen eine kleine Gruppe
gebildet. Während des Tages haben die beiden kaum Gelegenheit gehabt,
ein Wort zu wechseln. Jetzt tauschen sie, leise flüsternd, die Gedanken
aus, die sie bewegen. Wie es mit dem Krieg geht, fragt der Junge, wie es
in dem kleinen Häuschen zu Hause in Krautsand an der unteren Elbe
aussieht, wer von den Freunden hinauszog und wer geblieben ist. Dann muß
der Sohn dem Vater erzählen. Von seinen Erlebnissen, seit er Anfang Mai
1914 auf der »Königsberg« die Heimat verließ. Große Reden kann er nicht
führen. Schlicht, wie sich eben alles in ihm abgespielt hat, berichtet
er. Merkt nicht, wie das Gespräch um ihn mehr und mehr verstummt, wie
sie alle an seinen Lippen hängen, gerührt von der Erzählung, die gerade
so, wie der Junge sie wiedergibt, ein Bild des Heldentums der auf sich
selbst angewiesenen und dem sicheren Tode geweihten Auslandskreuzer
ist:

»Daß wir Anfang Mai von Wilhelmshaven abfuhren, weißt du ja, Vadder, und
meinen Brief aus Port Said werdet ihr wohl noch bekommen haben. Dann
ging die Geschichte los. Wir waren eben auf unserer Station in Tanga
angekommen. Es war Ende Juli, als die Depeschen von zu Hause kamen, daß
es wohl bald Krieg geben würde. Zuerst wollten wir das gar nicht
glauben, dann aber nahmen wir soviel Kohlen und hatten auch einen ganzen
Haufen von an Deck stehen, daß wir uns selbst sagen mußten, es würde
doch ernst werden. Dann gingen wir in See, um feindliche Handelsschiffe
zu jagen. Na, es hat auch gar nicht lange gedauert. Am 6. August hatten
wir schon den ersten gekitscht. Ein großer Kerl war es, ein Engländer,
hieß »City of Winchester«. Paar Tage behielten wir ihn bei uns, dann
haben wir ihn doch versäuft, wir konnten uns nicht länger mit ihm
besacken. Vater, das machte wohl Spaß. Das Schönste kam aber, als wir
den englischen Kreuzer »Pegasus« zu fassen kriegten. Dieser Kerl hatte
die offenen Städte an der Küste beschossen, wo sie sich doch gar nicht
verteidigen konnten. Ein paar Tage haben wir den Burschen umsonst
gesucht. An der Küste war er nicht mehr, er konnte nur in Sansibar sein.
Wir also möglichst vorsichtig heran. Es war Sonntag morgen und noch
pickeduster. Weit draußen trafen wir ein englisches Wachschiff. Drei
Schüsse, und es sackte weg. Eben ging die Sonne hoch, da meldet auch
schon der Ausguck, daß im Hafen, von dem wir ungefähr sechs Seemeilen ab
waren, unser Kreuzer liegt. Bis auf achtzig Hektometer, weißt du, Vater,
das sind acht Kilometer, gingen wir heran, und dann haben wir
herausgejagt aus unseren Kanonen, was nur heraus wollte. Und ich kann
dir sagen: das war fein! In einer Viertelstunde brannte der Pott
lichterloh und sackte weg. Wir sahen bloß noch, wie die Boote haste was
kannste nach Land pullten. Den haben wir ja fein hingekriegt!

Dann kamen aber bald böse Zeiten. Wir konnten schlecht Kohlen bekommen
und waren schließlich in den Rufidji-Fluß hineingelaufen, wo einer von
unseren Kohlendampfern lag. Ein halbes Dutzend Engländer ungefähr war
uns auf dem Hals, und dort fanden sie uns. Herankommen an uns konnten
sie nicht, weil sie zu tief gingen, aber sie wollten uns auch nicht
wieder herauslassen; so haben sie einen von unseren Dampfern und einen
Engländer in der Mündung versenkt. Da lagen wir nun fest. Es gab wohl
noch ein paar andere Auswege nach See zu, aber da konnten wir nicht
hinkommen, da es zu seicht war. Lange blieb uns auch gar nicht Zeit
dazu. Sie hatten bald ein paar Kanonenboote mit Haubitzen von England
geholt, die uns nun auf den Pelz rücken wollten. Das kannst du mir aber
glauben, ganz leicht haben wir sie nicht an uns herangelassen.

Wir waren so weit heraufgegangen, wie nur möglich, und lagen ganz schön
versteckt hinter den Palmen, als die Schießerei losging. Die großen
Schiffe hatten ja öfters schon von See aus auf uns gefeuert, aber die
Granaten waren alle über uns weggeflogen. Hättest mal sehen sollen, wie
der Schlick hochging, wenn ein dicker Brummer mitten hineinflog.

Mit unseren Kanonen konnten wir auch nicht viel machen. Da haben wir sie
an einer Seite abmontiert und an Land geschleppt. Das war eine Arbeit!
Soweit wie möglich haben wir sie ja auseinandergenommen, dann ging es
tagelang durch den Schlick und den Urwald nach der Mündung, ohne daß die
Engländer etwas merkten. Bis zum Bauch sackten wir oft ein, aber es
mußte geschafft werden, und unsere Offiziere haben uns fix
herangekriegt. Immer wieder rissen wir uns hoch und keuchten weiter. Das
schlimmste waren die Nächte in dem Gestrüpp. Kaum daß wir ein Plätzchen
hatten, wo wir uns hinlegen konnten. Und dann die verfluchten Moskitos!
Unser Doktor hatte uns aber ordentlich Chinin mitgegeben, und das aßen
wir. Nach ein paar Tagen hatten wir aber auch unsere Kanonen schon
aufgebaut, und als die Engländer wieder herankamen, ging’s los. Die
haben ja Augen gemacht, als wir in ihrem Rücken zu ballern anfingen.
Damit haben sie nicht gerechnet.

Dann nahmen sie uns auch von See wieder unter Feuer. Das war ja wohl
nicht ganz so schön. Die Granaten von den großen und kleinen Schiffen
heulten nur so um uns herum. Äste, Zweige, ganze Baumkronen kamen von
oben herunter. Trotzdem haben wir uns lange gehalten. Bis wir nicht mehr
konnten. Darfst aber nicht glauben, daß vielleicht einer von uns schlapp
gemacht hätte! Das gab es nicht! Die Tage wird wohl keiner von uns
vergessen. Mitunter hatten wir achtundvierzig Stunden nichts zu essen.
Nachts fand keiner durch den Urwald, nur die Neger, die die Wege genau
kannten, brachten uns das Nötigste. Freilich, fett konnten wir dabei
nicht werden. Aber wir freuten uns trotzdem, daß wir den Engländern doch
ihre Geschichte mächtig versalzen haben. Als sie dann landeten und wir
auch nicht recht mehr Granaten hatten, haben wir unsere Kanonen abgebaut
und in Sicherheit gebracht. Nachgekommen sind sie uns nicht, dazu hatten
sie viel zu viel Manschetten vor uns.

Böse wurde der Kram, als die englischen Flieger kamen. Einen haben wir
heruntergeknallt, zwei andere aber konnten nachher das Feuer doch so
leiten, daß die arme »Königsberg« einen Treffer nach dem andern
kriegte. Im Juli haben sie uns an zwei Tagen vom frühen Morgen bis in
die Nacht hinein beschossen. Viel ist nicht übrig geblieben. Die
Geschützmannschaften des Vorschiffes waren alle tot, der Kommandant
auf der Brücke schwer verwundet, das ganze Oberdeck brannte. Im
Achterschiff ging die Gebrauchsmunition an den Geschützen hoch, und
schließlich fing alles Feuer. Dann ließ unser schwer verwundeter
Kapitän die Munitionskammern fluten. Zweimal haben sie an Bord noch
geschossen und mit dem letzten Schuß den einen von den beiden Fliegern
heruntergeholt. Dann war es aus. Alles an Oberdeck war tot oder
verwundet, auch der Klaus Mewes von Nachbars ist geblieben. Die noch
lebten, nahmen die Verwundeten mit an Land, und dann hat unser Erster
Offizier mit einem Torpedokopf unser schönes Schiff gesprengt, daß
es in zwei Stücken auseinanderbrach. Die Flaggen wehten noch an den
Masten, und eben vor dem Dusterwerden haben wir sie ganz zerschossen
heruntergeholt und geborgen.

Über acht Monate haben sich die Engländer an uns gequält, und glaub’s
mir, Vater, wenn es nicht so viele gewesen wären, hätten sie uns
überhaupt nicht gekriegt. Nur die Flieger und die Haubitzen haben’s
gemacht. Wir haben aber auch ein paar Gefangene mitgebracht von dem
Flugzeug, das wir vor Weihnachten abgeschossen hatten. Die Kerls mußten
heruntergehen und trieben an Land. Da sind wir fix losgelaufen. Sie
wollten wieder ausrücken, aber wir ihnen nach, in den Modder hinein.
Schön sahen wir ja nicht aus, dafür aber hatte uns unser Oberleutnant
belobt und auch dem Kapitän von uns erzählt.

Dann wurden wir überall hin verteilt: ein paar kamen auf die großen
Seen, andere sind bei der Schutztruppe, und auch wir an Land haben hier
schon allerlei erlebt.«

»Na, Gott sei Dank, daß nur dir nichts passiert ist, mein Jung! Das ist
ja die Hauptsache!«

»Ja, Vadder, jetzt geht’s uns ja tadellos. Wir haben ordentlich
Schakulla gemacht. Weißt du, so sagen die Schwarzen hier, die sich am
liebsten den ganzen Tag den Bauch vollschlagen möchten. Aber es ist man
gut, daß du uns nicht gesehen hast, als wir vom Busch zurückkamen. Das
schlimmste war die Regenzeit. Wochenlang hat es Tag und Nacht gegossen,
daß wir mitunter kaum hundert Meter weit gucken konnten. Wir hatten uns
wohl ein paar Hütten aus Schilf und Stroh gebaut, aber da ging das
Wetter glatt durch. Unser Zeug wurde überhaupt nicht mehr trocken. Wir
hatten es im Gestrüpp und an den Dornen kaputt gerissen und sahen aus,
wie die Vagabunden. Dann hinterher die verfluchten Moskitos! Hungern
haben wir auch manchmal dürfen. Alle paar Tage mußten wir den Hosenbund
enger nähen, sonst wär’ uns die Bux weggesackt. Dann ist’s man schlecht
mit dem Laufen, und das haben wir doch manchmal gemußt!«

»Da kann ich auch einen Ton mitreden«, fällt einer der älteren
Obermatrosen ein, der bisher ruhig neben dem alten Eilers saß und seine
Freude daran hatte, wie der junge Kamerad die Mühseligkeiten im Busch
und das Ende ihres Schiffes beschreibt. »Nu verklar deinem Vater man
auch die Geschichte von unserer Prise!« »Donnerwetter ja, das hätte ich
beinah vergessen! Das war ’n feinen Kram, Vadder, da haben wir die
Engländer belurt! Mit ihren Kanonen konnten sie uns von See aus nichts
tun, dichter heran ließ sie die Sandbank nicht. Und da hatten sie nun
auf einen kleinen Schlepper ein paar Kanonen gestellt und versuchten,
uns mit dem auf den Pelz zu kommen. Wir hatten unser Geschütz an einer
andern Stelle aufgebaut, wovon die Kerls natürlich keine Ahnung hatten.
Als sie nun an uns vorbei waren, haben wir ihnen einige Granaten
hineingepfeffert. Versaufen wollten sie nicht, und in ihrer Angst jagten
sie auf Land zu. Kaum hat unser Bootsmaat das gesehen, als er auch schon
ruft: »Jungs, das ist ja unser alter Dampfer »Adjutant«, den kitschen
wir uns!« Wir raus aus dem Busch, ins Wasser hinein, und in dem
Augenblick, wo er aufläuft, haben wir ihn auch schon geentert. Die
Engländer kamen überhaupt nicht zur Besinnung. Unser Kommandant machte
ja nicht schlechte Augen, als wir mit unserem Schlepper längsseit kamen.
Das schönste war ja, daß das Boot früher einmal uns gehört hatte. Es
hatte auszubrechen versucht und war dabei abgefaßt worden. Sechs Kanonen
mit der ganzen Munition haben wir erbeutet und einen Offizier und
einundzwanzig Mann gefangengenommen.«

Einige Male schon will der ältere dem jungen Eilers in die Rede fallen.
Jetzt, als er geendet hat, wendet er sich an den Vater. »Stimmen tut ja
nun woll die Geschichte, aber der Junge hat ganz zu erzählen vergessen,
daß er der erste oben war und gleich den Führer an der Gurgel zu fassen
kriegte. Und dabei brüllte er, daß die ganze andere Bande vor Schreck
gar nicht mehr an Widerstand dachte. Mit Ihrem Jungen dürfen Sie woll
zufrieden sein, das is ’n fixen Kerl.«

Der Alte strahlt. Er spricht nicht, aber seine Augen leuchten, als er
die Geschichte hört. Ist ja sein Junge, sein Einziger ....




Bei den Afrikanern


Tag für Tag geht es so in rastloser Arbeit dahin. Kaum ist die Sonne
hochgekommen, als auch schon die Dampfwinden zu rattern beginnen. Tiefer
und tiefer müssen die stählernen Läufer in die Laderäume hinuntergefiert
werden, immer höher taucht das Schiff aus dem braunen Flußwasser. Die
großen Leichter stoßen von Land ab, kommen längsseit und füllen sich.
Andere treten an ihre Stelle, ohne Unterbrechung. Sengend brennt die
Sonne, die Luft flimmert und flirrt, in blendendem Glanze strahlt die
Oberfläche des Wassers. Noch nie haben die Schwarzen die Bana Kubas so
schaffen gesehen. Daß die ihr Werk auch während der glühenden Hitze
nicht unterbrechen und sich in den Schatten zurückziehen, um der Ruhe zu
pflegen, ist ihnen noch nicht passiert. Das hetzende, unermüdliche
Vorwärtsstreben, das keine Ermüdung zu kennen scheint, steckt
schließlich aber auch sie an. Wie ein Heuschreckenschwarm stürzen sie
auf die an Land aufgetürmten Kisten. Der ganze Betrieb ist
wohlorganisiert. Aus den Dörfern der Umgebung sind alle Hilfsmittel
aufgeboten, und willig haben sich die Schwarzen dem Befehle gefügt. Der
größte Teil der Ladung geht auf Karren nach der weit ab liegenden Bahn.
Knarrend und ächzend setzen sich die schweren Fahrzeuge in Bewegung und
verschwinden im Dämmer des Waldes, aus dem eine Zeitlang noch das
anfeuernde Geschrei der Treiber herüberdringt. Ein anderer Teil der
Kisten aber wird geöffnet und der Inhalt zu Trägerlasten geteilt. Dann
marschiert die lange Reihe der Schwarzen ab, das schwere Gewicht auf dem
Kopfe balancierend. Das uralte System der Beförderung auf den schmalen
Buschwegen, das sich noch immer bewährt.

Das schwierigste Stück aber ist der Transport der Geschütze. Was zu
Hause der riesige Kran spielend in einem Augenblick bewältigte, dafür
gilt es hier mit Aufbietung aller vorhandenen Kräfte Mittel zu schaffen.
Glücklicherweise stehen Hände genügend zur Verfügung. Sie müssen
ersetzen, was sonst nur Maschinen leisten, und es ist geradezu
verblüffend, wieweit die Erfindungsgabe reicht, die schweren Gewichte zu
bewegen. Zwar geht stets fast ein ganzer Tag darauf, bis eines der Rohre
vom Verlassen des Laderaums auf dem Landwege weiterrollt, aber es wird
geschafft. Ein Glück nur, daß die Engländer nicht ahnen, was sich hier
in so geringer Entfernung trotz ihrer »wirksamen Blockade«
abspielt.

Kapitän Sörensen hat bisher nicht einen Augenblick sein Schiff
verlassen, trotzdem er wiederholt schon von den Besitzern der
umliegenden Pflanzungen eingeladen wurde. Sie alle wollen den Mann
kennenlernen, dessen kühnes Draufgängertum die Mittel herbeigeschafft
hat, die Kolonie auch weiter mit Erfolg gegen die von allen Seiten
herandrängenden Feinde zu verteidigen. Auf der naheliegenden Station
will heute ein Offizier der Schutztruppe eintreffen. Der Ausguck von der
Küstenwache meldet, daß vom Gegner nichts in Sicht sei. Der Kapitän kann
also beruhigt von Bord gehen, da für den heutigen Tag eine Überraschung
von seiten der Engländer ausgeschlossen ist.

Die üppige afrikanische Vegetation umfängt ihn an Land. Längst ist hier
durch die Hand des Europäers der Urwald zurückgedrängt, die Axt hat
Lichtungen geschaffen, um den Boden trocknen zu lassen und die so
gefährlichen Ausdünstungen nach Möglichkeit zu beseitigen.
Eingeborenen-Dörfer, deren Bevölkerung sich allmählich an die Arbeit,
die ihnen reichlichen Unterhalt bietet, gewöhnt hat, liegen im Busch
verstreut. Längst herrscht geordnetes Leben. Überall ein Bild deutschen
Fleißes. Weit dehnen sich die Felder, dann machen sie fast
undurchdringlichem Wald Platz, dazwischen wieder Negerdörfchen mit
Eingeborenenkulturen im kleinsten Maßstabe. Ein gesegnetes Land. Mehr
und mehr wird das Bestreben der Engländer erklärlich, ihre Hand auf
dieses Gebiet zu legen und ihre Gier, sich festzusetzen, um ihre
Kap-Kairo-Bahn dann durch rein englisches Gebiet zu führen. Am liebsten
freilich schluckte es ja ganz Afrika und würfe auch seine braven
Ententegenossen, die Franzosen, hinaus, denen es ja schon bei Faschoda
einen derben Riegel vor den Sudan legte.

Aus tiefem Grün leuchten voraus helle Mauern und Dächer, die Gebäude der
Pflanzung, auf. Mitten in wohlgepflegten Gärten erhebt sich das Wohnhaus
mit der rundherumgeführten überdachten Veranda, darüber hinaus, als
Schutz gegen die sengenden Sonnenstrahlen die ragenden Kronen hoher
Palmen, dichtes Laub der Gummi- und Bananenbäume. Die Ankommenden werden
schon erwartet. Weiß leuchten die Kleider der Europäer von weitem
herüber. Wenige Minuten später begrüßt die Frau des Hauses die Gäste.
Der Krieg mit seinen Schrecken ist bis hierher noch nicht vorgedrungen.
Einige Male war es wohl so, als dränge dumpfer Kanonendonner vom Rufidji
herüber, das war aber auch alles. Eine Anzahl der Plantagenarbeiter ist
in die Schutztruppe eingereiht worden, die militärpflichtigen Weißen
sind längst eingerückt und stehen seit langen Monaten im Felde, trotzdem
geht auf den Plantagen der Betrieb seinen geordneten Gang.

Die Sonne sinkt. Das Grün des Waldes färbt sich dunkler, bläuliche
Abendnebel fallen ein. Es wird ruhig. Das Zirpen der Grillen und die
Laute der Vögel verstummen allmählich. Noch weitere Gäste finden sich
ein. Angestellte der benachbarten Plantagen, ein Missionar und der
Kapitän eines der Dampfer der deutschen Ostafrikalinie, der sein Schiff
in Daressalam liegen hatte und es auf Strand setzte, damit es den
Engländern nicht in die Hände fiele. Ein Rufen draußen, Stimmengewirr.
»Hallo, Fritz, ist der Bana Kuba zu Hause?« Rasche Schritte kommen die
Treppe herauf, eine schlanke Gestalt in Schutztruppenuniform erscheint.
Der letzte erwartete Gast.

Alles ist wie daheim in Deutschland. Die weißgedeckte mit Blumen
geschmückte Tafel, das Geschirr, die blitzenden Gläser. Nur die
zahlreiche schwarze Bedienung verrät, daß die Heimat weit, weit ab ist.
Die Gäste werden einander bekannt gemacht.

Der Schutztruppenoffizier preßt die Hand Sörensens, als wolle er sie gar
nicht mehr loslassen. »Sie glauben gar nicht, Herr Kapitän, welche
Freude Sie uns mit ihrer Ankunft gemacht haben. Wie haben Sie es bloß
fertiggebracht, durch die englischen Linien zu kommen?«

Sörensen versucht sich zu sträuben, schließlich muß er aber doch
berichten. Er macht nicht viel Aufhebens von seiner Fahrt, erzählt in
einfachen Worten, wie sie im eisigen Nordwest herausgingen, berichtet
das Abschütteln des Hilfskreuzers, die Begegnung mit dem vermeintlichen
englischen U-Boot, die Hilfe in der Not und die gänzlich ungestörte
Fahrt, bis der englische Blockadekreuzer hier ums Haar fast die ganze
Unternehmung zum Scheitern gebracht hätte. So einfach und schlicht
schildert er alles, als ob es die selbstverständlichste Sache von der
Welt gewesen wäre, als wenn die ganze See so rein wie im tiefsten
Frieden gelegen hätte. Er erwähnt ja nicht, daß Tage und Nächte kamen,
in denen der bis zum äußersten angestrengte Körper nicht eine Sekunde
Schlaf finden durfte, weil der Führer jederzeit auf seinem Posten sein
mußte, in denen wieder und wieder jede einzelne Minute das Ende bringen
konnte. Er ist bald mit seiner Erzählung zu Ende. Und als wollte er die
Gedanken, die mit ihm soeben die gefährliche Fahrt durch die Linien der
Feinde machten, ablenken, beginnt er von der Heimat zu erzählen. Wie sie
da noch immer nach eineinhalb Jahren wie ein Mann ständen, wie die
Mauern im Osten und Westen, die nicht wankten und wichen, sondern sich
unwiderstehlich weiter vorschöben. Erzählt, wie die U-Boote hinauszögen,
um ein Schiff nach dem andern zu versenken, wie die englische Flotte
sich in die äußersten Winkel der schottischen Buchten verkröche und
nicht herauszukommen wage. Er berichtet von den U-Booten, die in
Gallipoli die englischen Schiffe zum Rückzug zwangen und dadurch den
Kampf dort entschieden. Kurz bevor er die Heimat verließ, seien die
Engländer dort sang- und klanglos im Nebel abgezogen, nachdem
Hunderttausende von ihnen gefallen waren. Was er als alt berichtet, das
scheint den Leuten, die mit ihm an der Tafel sitzen, ein Märchen, zu
schön fast, es zu glauben; und ist doch alles Wahrheit. Hier sitzt
einer, der diese gefährliche Waffe, die Englands ganze Seemacht lähmt,
kennt, der ihr Wirken selbst beobachtet hat, der die kleinen grauen
Gesellen oft von ihren glänzenden Fahrten hat zurückkehren sehen und
ihre Führer kennt. Unaufhörlich muß er sprechen, erzählen, berichten,
bis er sich dann dem Schutztruppler zuwendet.

»Nun möchte ich Ihnen aber auch noch erzählen, wie stolz wir auf Sie
sind. Es sind ja viele Nachrichten zu uns gekommen, und die Engländer
haben das Blaue vom Himmel heruntergeflunkert, um der Welt weiszumachen,
daß es nur noch Wochen dauern könnte, bis auch unsere letzte Kolonie in
ihren Händen sein würde.« Der Schutztruppler lacht, daß die weißen Zähne
nur so aus dem schwarzgebrannten Gesicht leuchten. »Na, so ganz einfach
wollen wir ihnen die Sache doch nicht machen. Haare haben sie ja bisher
schon mächtig lassen müssen!«

»Die glänzendste Geschichte«, fügt Sörensen ein, »war wohl die bei
Tanga. Die Engländer haben ja versucht, die Sache zu verschleiern:
Zuerst kamen etwas unklare Nachrichten zu uns nach Deutschland, die so
schön klangen, daß wir sie gar nicht glauben mochten. Kaum waren sie
aber in den Blättern erschienen, als die Engländer auch schon für sich
selbst eine glänzende Waffentat herauszulügen suchten.«

Der Hausherr, der bisher geschwiegen hat, mischt sich in das
Gespräch.

»Sie glauben gar nicht, Herr Kapitän, wie sehr gerade dieser Sieg unser
Ansehen bei den Eingeborenen gestärkt hat und wie die Schwarzen nachher
mit uns durch dick und dünn gegangen sind.«

»War denn einer von Ihnen dabei?« Lebhaft gibt die Hausfrau Auskunft:
»Aber natürlich, der Herr Hauptmann hier, der hat doch die ganze Sache
mitgemacht, er spricht ja sonst nicht gern, aber wenn wir ihn alle recht
schön bitten, läßt er sich vielleicht erweichen und erzählt.«

Der Offizier der Schutztruppe lächelt und verbeugt sich vor der Dame ihm
gegenüber. »Ja, gnädige Frau, da wird mir wohl nichts anderes übrig
bleiben, als zu berichten. Den meisten von Ihnen sind die Ereignisse ja
schon bekannt, aber Sie, Herr Kapitän, wird die Erzählung vielleicht
interessieren.

Zuerst hatten es die Engländer auf Daressalam abgesehen, um uns
vor allem die Funkenverbindung mit der Heimat abzuschneiden. Zwei
kleine Kreuzer haben ihr Heil vergeblich versucht. Sie erreichten
bloß, daß wir die ganze Anlage abbauten und weiter nach dem Innern
transportierten. Damit war es also nichts. Zum Glück hatte die Marine
ihr Vermessungsschiff, die »Möwe«, bereits vorher versenkt, und auch
das kleine Schwimmdock hatte dran glauben müssen. Das gleiche Manöver
wie in Daressalam wiederholten die Gegner nun in Bagamojo. Auch hier
aber setzten sie bloß durch, daß unsere Dampfer, um nicht von den
Engländern weggeführt zu werden, sich freiwillig auf Strand setzten und
die Maschinen unbrauchbar gemacht wurden. Auch an verschiedenen anderen
Punkten der Küste kam es zu Schießereien, bei denen die Engländer nicht
gerade Lorbeeren ernteten.

Wir waren in der Zwischenzeit nicht müßig gewesen und den Engländern zu
Lande bereits höllisch unangenehm geworden. Während sie ihre Zeit an der
Küste vertrödelten und wohl annahmen, daß wir hilflos in unserer
Abgeschlossenheit lahmgelegt wären und wohl längeren Widerstand gar
nicht leisten könnten, hatten wir den Spieß bereits umgekehrt und waren
ihnen in ihrem eigenen Gebiet auf den Pelz gerückt. Das war ja so’n
Fressen für unsere Askaris. Die Kerls haben sich glänzend gemacht. An
der Ostseite des Viktoriasees drangen wir gegen die Ugandabahn vor, um
Missi zu besetzen, ebenso an der Westseite des Kilimandscharo, gegen die
Zweigbahn, die nach Magadi führt. Die wurde vor allem durch Sprengung
einer Brücke unbrauchbar gemacht.

Eine dritte Abteilung stieß zur gleichen Zeit vom oberen Ende der
Usambarabahn über die Grenze vor und besetzte Tavete, wo sie von seiten
der Engländer nicht den geringsten Widerstand vorfand. Diese letzte
Geschichte nun war den Engländern besonders unangenehm, da sie Angst
hatten, daß wir sie durch Besetzung oder völlige Zerstörung der Bahn von
der Küste abkneifen würden. Sie haben dann schleunigst Verstärkungen von
Indien und anderen Kolonien herangeschafft, um Tanga zu nehmen. Das ist
nämlich der Ausgangspunkt der Usambarabahn, die für unsere Operationen
dort oben den Rückhalt bildete. Wahrscheinlich hofften sie aber auch
längs der Bahn weiter vordringen zu können und uns abzuschneiden.

Geschehen mußte von ihrer Seite unbedingt etwas, um ihr Ansehen bei den
Schwarzen, den Arabern und Indern, die als Händler über das ganze Land
verteilt sitzen, wieder herzustellen. Einen gehörigen Knacks hatte es
schon weg, und unser Vorgehen hatte das englische Prestige bereits stark
vermindert. Dazu kam noch die Furcht und die Wirkung, die unser weiteres
Vordringen auf Indien ausüben mußte. Sie können sich nicht vorstellen,
Herr Kapitän, wie schnell die Eingeborenen ohne Telegraph von solchen
Geschichten Wind bekommen. Na, uns konnte das ja nur recht sein bei der
schamlosen Verletzung der Kongoakte, die doch jeden Krieg zwischen
Europäern und vor allem die Verwendung farbiger Truppen hier
ausschließt. Das Tangaabenteuer sollte den Engländern sehr teuer zu
stehen kommen.

Ich war selbst da. Am 31. Oktober kam plötzlich die Meldung von der
Signalstation, daß eine große Rauchwolke über der Kimm auftauche und
bald darauf die Nachricht, daß ein Schiff sich der Küste nähere. Der
Bursche stoppte, fuhr einige Male hin und her, stoppte neuerlich, lotete
auch wahrscheinlich, kurz und gut, es konnte sich nur um ein Ausmessen
des Fahrwassers handeln. Na, die Herren sollten ja einen guten Empfang
bekommen. Wir zogen von Moschi und anderen Plätzen heran, was an Truppen
nur irgendwie verfügbar war. Die Leute waren noch nicht alle angekommen,
als die Geschichte auch schon losging.

Am 2. November vormittags wurden abermals starke Rauchwolken gemeldet.
Es war ein ganzes Geschwader, das da im Anmarsch schien. Voran ein
Kriegsschiff, ein Kleiner Kreuzer, dahinter mehrere große Transporter.
Alles in allem vierzehn Stück. Die Engländer gingen anscheinend aufs
Ganze. Von unserer Anwesenheit durfte natürlich nichts verraten werden
und der Gegner hatte auch sicher keinen Schimmer, daß uns das Erscheinen
seines Schiffes tags zuvor schon alles mögliche berichtet hatte. Wir
hatten außerhalb der Stadt Stellungen bezogen, hielten uns aber vor den
Blicken der Engländer völlig verborgen.

Von einem der Kriegsschiffe stieß sofort nach dem Ankern eine Pinasse
mit der Parlamentärflagge ab, kam in den Hafen und forderte in bekannter
englischer Bescheidenheit nicht mehr und nicht weniger als die
bedingungslose Uebergabe der Stadt. Die Antwort war selbstverständlich
ein glattes »Nein«. Sie waren sogar so gnädig gewesen, uns eine Frist zu
bewilligen. Unsere Weigerung muß ihnen wohl gänzlich unerwartet gekommen
sein! Wahrscheinlich hatten sie sich eingebildet, daß wir,
eingeschüchtert durch die große Menge der Schiffe, uns auf Gnade oder
Ungnade ergeben würden. Sie saßen also ruhig auf ihren Schiffen, wir
vergnügt in unseren Stellungen an Land; sie warteten und wir
warteten.

Nach einer Weile wurde lebhaft signalisiert. Schon dachten wir, daß es
jetzt mit Gewalt versucht werden sollte und trafen unsere Maßregeln;
aber es war wieder nichts. Nach einiger Zeit ging zu unserem Staunen der
ganze Schwarm Anker auf nach See zu und kam bald aus Sicht. Gegen
Mitternacht aber kam plötzlich die Meldung von der östlich der Stadt
direkt an der Küste liegenden Pflanzung Moehn, daß die Engländer
landeten. Sie hatten sich vorsichtig der Küste genähert, die Boote zu
Wasser gelassen, und versuchten nun mit den gelandeten Truppen, die etwa
eineinhalb Bataillone Weiße und Farbige betragen mochten, die Stadt zu
überrumpeln, indem sie quer durch die Pflanzung heranrückten. Die Sache
dauerte gar nicht lange. Wahrscheinlich hatten sie wohl ein paar von
diesen verfluchten indischen Halunken mit sich, die als Händler ins Land
kommen, die Eingeborene in jeder Beziehung übervorteilen und aussaugen
und dann, wenn sie ihr Schäflein im Trockenen haben, mit ihrem Raub
wieder abziehen. Viel war ja nicht zu sehen, weil die Nacht dunkel war,
so viel aber konnten wir doch erkennen, daß sie auf einen so herzlichen
Empfang, wie wir ihnen da zuteil werden ließen, nicht gerechnet hatten.
Im Gegenangriff gingen wir vor und trieben sie ans Wasser zurück. An dem
Tage blieb es ruhig. Wir mußten aber damit rechnen, daß der Feind seine
Absicht nur vorübergehend aufgegeben hatte und jetzt wohl über einen
neuen Angriffsplan beriet.

Bei uns waren ununterbrochen neue Verstärkungen und Geschütze
eingetroffen, so daß wir den kommenden Ereignissen recht ruhig
entgegensehen konnten. Unser Kommandeur, Oberstleutnant von
Lettow-Vorbeck übernahm den Befehl über unsere Streitmacht. Sie müssen
nun nicht etwa glauben, daß wir Gott weiß wie viel hier zusammenhatten.
Was sich in den nächsten Tagen abspielen sollte, das haben ganze
tausend Mann vollbracht. Einige Kompagnien Schutztruppe, Abteilungen
der Polizeitruppe, fast nur Schwarze, zu denen wehrpflichtige
eingezogene Deutsche und einige Mannschaften vom Vermessungsschiff
»Möwe« traten. Im ganzen waren es rund zweihundertfünfzig Europäer und
siebenhundertfünfzig Schwarze.

Am 4. frühmorgens erschienen zunächst die Kriegsschiffe vor der Stadt
und schossen hinein, was der Deubel wollte. Sogar 15-Zentimeter-Granaten
waren dabei. Gegen das Feuer der Schiffsgeschütze konnten wir natürlich
nichts ausrichten. Es hatte auch gar keinen Zweck, es mit unsern kleinen
Feldkanonen zu beantworten, weil wir dadurch höchstens unsere
Anwesenheit verraten hätten. Wie das erste Mal, kamen auch diesmal die
Transporter näher, und die Leute wurden ausgeschifft. Nur ein kleiner
Unterschied war jetzt dabei: Es waren bedeutend mehr, fast an
zehntausend Mann. Hauptsächlich Inder. Wie wir nachher feststellten:
Acht Regimenter Infanterie und Artillerie. An weißen Truppen hatten sie
außer Marinemannschaften acht Kompagnien des North Lancashire-Regiments,
also eine Übermacht, die den Engländern von vornherein schon den Erfolg
sichern konnte. Das große Aufgebot bewies, wie sie uns fürchteten. Wir
ließen sie auch diesmal wieder ruhig landen. Teilweise gelangten sie bis
in die Stadt hinein, wo ihr Hauptziel der Bahnhof war. In der
Zwischenzeit funkten die Kriegsschiffe ununterbrochen weiter. Heftige
Kämpfe entspannen sich bald in der Nähe der Landungsbrücken und an dem
dicht an der See liegenden Hospital. Wir hatten ihnen das Vordringen
natürlich nicht ganz leicht gemacht, und als weitere Verstärkungen für
uns eintrafen, nahmen wir sie hauptsächlich mit Maschinengewehr dermaßen
in die Klemme, daß sie bald nicht aus noch ein wußten. Wir pfefferten
auf die Kerle los, die auf dem verhältnismäßig schmalen Strich angesetzt
waren, daß sie reihenweise sanken. Darauf waren sie wohl nicht im
entferntesten gefaßt. Sonst hätten sie den Deubel getan, so geschlossen
in dichter Masse anzurücken. Überdies muß auch wohl die Führung versagt
haben.

Sie taten, was sie konnten, hoben an einer Stelle sogar Schützengräben
aus. Das half ihnen aber nichts. Durch das Buschwerk gedeckt, gelang
es uns, ihnen in die Flanke zu kommen und die Maschinengewehre zur
vollsten Wirkung zu bringen. Eine Weile noch versuchten sie, sich zu
halten, immer wieder aber drängten wir vor; unsere Geschütze und
Maschinengewehre machten tadellose Arbeit. Sie wichen, gingen mehr und
mehr zurück, bis wir sie gegen Abend gänzlich geworfen und auf eine
kleine, schmale Stelle in der Richtung auf Ras Casone an der Küste
gedrängt hatten.

Hier kam es am nächsten Tage noch zu mehreren kleinen Gefechten, das
Schicksal war aber längst entschieden. Die Inder waren überhaupt nicht
mehr zu halten. Gänzlich demoralisiert waren sie, unfähig, überhaupt
noch Widerstand zu leisten. Wo immer wir auf sie stießen, hoben sie die
Hände hoch, schrien und wollten sich ergeben. In der brutalsten Weise
wurden sie von den Engländern mit Gewalt in die Boote gejagt und auf die
Schiffe zurückgebracht. Diese Truppen waren für England vorläufig
sicherlich gänzlich ausgeschaltet. Der Rest der Europäer schiffte sich
am gleichen Abend in großer Eile ein. Unsere Geschütze nahmen es jetzt
sogar mit den Kriegsschiffen, die nicht weit vom Land auf der Außenreede
lagen, auf. Der Kreuzer »Fox« bekam ein tüchtiges Loch, im Hafen wurde
ein Transportschiff in Brand geschossen und zum Überfluß dann noch durch
zwei andere Fahrzeuge, die eiligst flüchteten, gerammt. Es sah wirklich
heiter aus, wie ängstlich sie sich bemühten, aus dem Bereich unserer
Geschütze zu kommen.

Wie schwer die Verluste waren, die der Gegner erlitten hatte, konnten
wir beim Absuchen der Plätze, an denen der Kampf mit besonderer
Heftigkeit getobt hatte, feststellen. Auf dem Festplatz der
Eingeborenen, dem sogenannten Ngomaplatz, wo unsere Maschinengewehre
besonders gutes Schußfeld gehabt hatten, sah es furchtbar aus. Die
Leichen lagen zu Haufen. Hier allein konnten wir über hundert Weiße
zählen, die Farbigen gar nicht mit eingerechnet. Ebenso war es dort,
wo die Engländer ihre Schützengräben ausgehoben und längeren Widerstand
zu leisten versucht hatten. Überall lagen die Verwundeten umher, eine
ganze Anzahl Schwerverletzter war darunter. Zwei Oberstleutnants und
mehrere andere Offiziere konnten wir feststellen. Die Gesamtverluste
betrugen nach unserer ersten Schätzung eintausendzweihundertfünfzig
Mann. Verwundet und gefallen waren hundertfünfzig Weiße und
siebenhundertfünfzig Inder, der Rest war gefangen.

Dank des Angriffsplanes, den unser Kommandeur, Oberstleutnant von
Lettow-Vorbeck, gemacht hatte, waren unsere Verluste glücklicherweise
nur gering, in gar keinem Verhältnis zu denen der Engländer. Wollten wir
alle verwundeten Engländer verbinden und weiter in Behandlung behalten,
so wäre wahrscheinlich ein großer Teil unseres Sanitätsmaterials, das
wir doch für uns selbst bitter benötigten, draufgegangen. Man konnte ja
nicht wissen, wie lange der Krieg dauern würde.

Wie überraschend den Engländern diese Niederlage gekommen war, bewies
der nächste Tag. Da leiteten sie nämlich Unterhandlungen ein, um doch
wenigstens einigermaßen eine Übersicht über die Zahl ihrer Toten, die
Verwundeten und deren Schicksal zu bekommen. Auf den Schiffen mußte
überdies eine heillose Verwirrung herrschen. Die Hals über Kopf in die
Boote geflüchteten oder mit Gewalt hineingeprügelten Menschen hatten
sich natürlich nicht mehr Zeit genommen, auf die eigenen Schiffe zu
klettern, sondern waren eben zu demjenigen fahrbaren Untersatz gepullt,
der gerade am nächsten lag. Von Land aus konnten wir beobachten, wie die
Kerle ohne jede Ordnung unter Zurücklassung von Waffen und Gepäck, wie
die Katzen an den Schiffswänden hochkletterten. Schade, daß wir nicht
ein paar fünfzehn Zentimeter hatten, um da hineinzufunken. Das hätte ja
einen schönen Schlamassel gegeben!

Durch uns erfuhren also die Engländer zunächst mal die Höhe ihrer
Verluste. Die Gefangenen und leichter Verletzten behielten wir
selbstverständlich. Konnten wir unserer Bevölkerung im Innern doch gar
keinen besseren Beweis des glänzenden Sieges bei Tanga geben, als durch
diese lebenden Zeugen. Dagegen gingen wir bereitwilligst auf die Bitte
ein, den Engländern die Mitnahme ihrer Schwerverwundeten zu
gestatten.

Die größte Freude machte unsern Leuten das Sammeln der Beute. Dabei
stellte es sich erst heraus, wie umfangreich die Kämpfe waren, und in
wie übereilter Flucht uns der Gegner das Feld überlassen hatte. Wir
zählten allein acht Maschinengewehre, ungefähr fünfhundert Gewehre, eine
halbe Million Patronen und Ausrüstungsstücke jeder Art. Das sind
Ziffern, die Ihnen, Herr Kapitän, nach europäischem Maßstabe lächerlich
gering vorkommen müssen. Sie dürfen aber nicht vergessen, daß das, was
drüben ein Gefecht gewesen wäre, hier eine Schlacht bedeutete und zwar
die größte, die bisher auf dem Boden unserer afrikanischen Kolonien
geschlagen worden war. Der Stoß, den das englische Ansehen hier erhielt,
wirkt noch heute auf das schwerste nach und hat nicht zum wenigsten dazu
beigetragen, daß unsere Askaris zu uns ein felsenfestes Vertrauen faßten
und in den späteren Gefechten wie die Deubels drauf losgingen. Der eine
Sieg hier hat Unternehmungen reifen lassen, die denen in der Heimat an
Schneid sicher nicht nachstehen.

Eine recht angenehme Ueberraschung gab es für uns einige Tage nach dem
Abzug der Engländer bei Ras Casone. Dort fanden wir nämlich einen
angetriebenen Leichter, den der »Pegasus« seinerzeit gestohlen hatte.
Die Engländer waren aber so liebenswürdig gewesen, ihn uns bis oben
hinauf zu füllen. Da gab es über tausend wollene Decken, Material für
Telegraphenlinien, dreißig Feldtelephonapparate, Hacken und Spaten,
kurz, alles Sachen, die wir sehr gut gebrauchen konnten und die uns
später noch gute Dienste leisten sollten.«

Das Klirren und Klappern der Teller ist längst verstummt, die Mahlzeit
ist beendet. Die Boys öffnen die Türen, die nach der Veranda führen.
Bequeme Korbstühle sind dort aufgestellt, ein paar kleine Tischchen, auf
denen bereits Getränke und Zigarren warten. Es dauert eine Weile, bis
alles in angeregtem Geplauder seinen Platz gefunden hat und der
Hauptmann der Schutztruppe in seiner Erzählung fortfahren
kann.

»Bei uns waren fünfzehn Deutsche gefallen, darunter unser alter
Afrikaner, Hauptmann von Prince. Ein schwerer Verlust für unsere
Kolonie, in der er einen großen Teil seines Lebens zugebracht hatte.
Sein Adjutant, Leutnant von Hoffmann, hatte neben ihm den Tod gefunden.
Am 7. fand eine feierliche Totenfeier für die Gefallenen statt, nachdem
die englischen Schiffe am Abend zuvor mit Nordkurs in See gegangen
waren. Fünfzehn brave Deutsche haben wir in die afrikanische Erde
gesenkt, für die sie so wacker kämpften und gefallen sind. Seither ist
ihnen noch so manch einer gefolgt.«

Einen Augenblick herrscht Schweigen. Ein jeder denkt an die Freunde, die
er im Felde weiß, die vielen Bekannten, die ihre Treue zum Vaterland
bereits mit ihrem Blute bezahlt haben. ... Durch das Dunkel huschen die
weißgekleideten Gestalten der Dienerschaft über den Kies ... leise
rauscht der Wind durch die Kronen der Palmen und Brotbäume ... Das
Zirpen der Heimchen dringt herauf, Glühwürmer schweben durch die Nacht
... wie aus weiter Ferne klingt das Kreischen einer aufgeschreckten
Affenschar herüber. Schwer, wie traumverloren gleitet der Blick über den
rauschenden Wald ... ein schönes Land, für das es sich schon lohnt, zu
sterben ... Dann, als ob er sich von der Erinnerung an die toten
Kameraden losrisse, wendet sich der Offizier wieder seiner Erzählung
zu.

»Während wir in Tanga gegen zehnfache Übermacht siegten, hatten unsere
Truppen nordwestlich des Kilimandscharo ein größeres Gefecht mit den
Engländern, deren Vorgehen zweifellos in Verbindung mit dem Angriff auf
Tanga stand. Dreihundertfünfzig Europäer – es mögen wohl schon Buren
gewesen sein, da wir bereits früher dort südafrikanische Truppen
festgestellt hatten – eine europäische reitende Batterie, eine
Kompagnie freiwilliger Europäer aus Indien und acht Kompagnien von zwei
indischen Eingeborenen-Regimentern griffen unsere Stellungen am
Longidoberge an, wo die Engländer bereits Ende September empfindlich
zurückgeschlagen worden waren. Bis tief in die Dunkelheit hinein,
ungefähr fünfzehn Stunden dauerte der Kampf. Auch hier machten unsere
Maschinengewehre, besonders unter den Reitern, ganze Arbeit. Der Gegner
zog sich fluchtartig zurück und ließ fünfunddreißig tote Inder und
einige Europäer am Platze. Eine ganze Reihe bereits geschlossener
Massengräber verriet uns aber, daß das nicht sämtliche Verluste gewesen
waren. Auch hier gab es, wie bei Tanga, reiche Beute: Pferde, Munition
und Gewehre fielen in unsere Hände. Der englische Vorstoß auf deutsches
Gebiet war auch hier völlig mißglückt.

Aber nicht nur an der Küste und an der Nordgrenze kam es zu Kämpfen. Von
der Westseite rückten die Belgier beim Kiwusee und die Engländer weiter
südlich zwischen Tanganjika- und Nyassasee vor. Alle Versuche aber, auf
deutsch-ostafrikanischen Boden einzudringen, konnten von unseren Leuten,
die natürlich überall in verschwindender Minderzahl waren, energisch
zurückgewiesen werden. Dabei müssen Sie eines immer im Auge behalten,
daß wir nur diejenigen Leute zum Militärdienst eingezogen hatten, die
auf den Plantagen und in den Kontoren abkömmlich waren. Der ganze
Betrieb in der Kolonie ging und geht seinen normalen Gang
weiter.

Ein besonderes Kapitel für sich waren die Kämpfe, die sich auf den Seen
abspielten. Unsere paar kleinen Dampfer hatten ein hartes Leben, aber
sie wehrten sich bis zum äußersten gegen eine überwältigende Uebermacht,
gegen die es schließlich kein Aufkommen geben konnte. Es war für uns ein
großes Glück, daß wir die Besatzung von der »Möwe« freibekamen und daß
es uns außerdem noch gelungen war, den auf der Heimreise befindlichen
Ablösungstransport des in der Südsee stationierten Vermessungsschiffes
»Planet« hierher zu lenken. Das bedeutete einen äußerst wertvollen
Zuwachs für die Schutztruppe, durch den auch der so empfindliche Mangel
an Unterführern ausgeglichen werden konnte.

Schon am 14. August ging die Schießerei auf dem Nyassasee los. Ein
englischer Dampfer, der mit zwei Geschützen bewaffnet war, überraschte
unseren kleinen Dampfer »Hermann von Wißmann« im Sphinxhafen. Kapitän
und Steuermann hatten gar keine Ahnung, daß der Krieg ausgebrochen war.
Sie wurden gefangen genommen und die Maschine des Schiffes unbrauchbar
gemacht. Der kleine Dampfer hatte übrigens nur einen alten Böller an
Bord, der wohl zum Salutschießen, aber nicht zur Verteidigung geeignet
war; er konnte sich gar nicht wehren. Die Engländer freilich haben sich
nicht gescheut, aus der Geschichte einen ungeheuren Seesieg zu
machen.

Im September konnten wir auf dem Viktoriasee dafür den Spieß umkehren.
Unser kleiner Dampfer »Muansa« von vierundzwanzig Tonnen, also nicht
viel größer ungefähr als die Barkasse eines Großkampfschiffes, griff den
englischen Dampfer »Sybell« an, der hundertfünfzig Soldaten und mehrere
Geschütze an der Karungabucht landen wollte. Wir hatten die »Muansa«
durch eine kleine Kanone zum Hilfskreuzer umgebaut. Ihre Granaten fegten
als Volltreffer in die »Sybell« hinein. Eine Zeitlang wehrte sie sich,
dann aber dampfte sie schleunigst nach Norden ab. Die Engländer hatten
es anscheinend auf die Zerstörung unserer Funkenstation in Muansa
abgesehen gehabt.

Auf dem Tanganjikasee arbeitete unsere »Flotte« im Verbande mit den
Truppen in glänzender Weise. Die Belgier hatten am Südende des Sees
unsere dortigen Stellungen angegriffen. Es war britisches Gebiet, wohin
wir vorgedrungen waren. Anscheinend hatte der Gegner mit der zufälligen
Ab- – – –[1] und »Kingani« gerechnet. Die »Hedwig« war der erste
Dampfer auf dem See gewesen und schon 1900 da, die »Kingani«, die früher
als Zollkreuzer an der Küste fuhr, hatten wir als Verstärkung zu Beginn
des Krieges mit der Bahn hingebracht. Es waren also nur kleine Dinger.
Eben als die Geschichte im schönsten Gang war, kam die »Hedwig« wieder
zurück, grade zur rechten Zeit, um noch kräftig einzugreifen. Sie
versenkte einen englischen Dampfer und sprengte einen anderen, der zur
Reparatur auf Land gezogen war.

[1] Anmerkung des Bearbeiters: Hier fehlt Text, der nicht mehr
reproduziert werden kann.

Zu Lande hatten wir inzwischen zahlreiche weitere Erfolge. Besonders
übel erging es den Belgiern, die am Kiwusee vorgedrungen waren. Anfang
Oktober waren sie in Stärke von vier Kompagnien herangekommen; sie
erlitten schwere Verluste und mußten zurück. Ein anderer Posten wieder
ergab sich nach einhalbstündigem Gefecht. Die Belgier haben sich nur
Niederlagen geholt, wo immer sie es auch später noch versuchten. Genau
so erging es den Engländern, die von Rhodesien her zwischen Tanganjika-
und Nyassasee vorzudringen suchten. Anfang 1915 hatten wir auch im
Norden bei Jassini einen schönen Erfolg, wo wir vier englische
Kompagnien gefangen nahmen und ihnen außerdem noch einen Verlust von
zweihundert Toten zufügen konnten.

Das sind nur einige Gefechte, die mir gerade so einfallen. In
Wirklichkeit hört der Kampf an den Grenzen im Norden, Osten und Westen
eigentlich nie auf. Ununterbrochen wird gekämpft, und Sie können sich
kaum einen Begriff davon machen, mit welchem Heldenmut die Leute auf
ihrem Posten ausharren, was für Taten da im stillen vollbracht
wurden.

Mit was für einem Gegner wir es zu tun haben, das konnten wir gleich zu
Beginn des Krieges bemerken. Völkerrecht und England sind Begriffe, die
sich heute noch ebenso wenig vertragen wie seit jeher. Nur einige kleine
Proben: Sie beschossen wiederholt ohne irgend welche Warnung oder
Aufforderung zur Uebergabe offene Städte, wie Bagamojo und Kilwa,
schreckten nicht einmal vor gemeinem Diebstahl zurück, plünderten und
zerstörten verlassene Pflanzungen und enblödeten sich nicht, den armen
Schwarzen ihr Geld und die paar Ziegen, die doch ihr ganzes Vermögen
ausmachen, wegzunehmen.

Die Krone der Gemeinheit haben sie sich wohl in Daressalam geleistet. Am
21. Oktober beschoß ein englisches Kriegsschiff die im Creek liegenden
deutschen Dampfer »Feldmarschall« und »König«, die dabei erheblich
beschädigt wurden. Nun kam im November der Kreuzer »Fox«, um sich von
der Betriebsunfähigkeit der beiden Schiffe zu überzeugen. Nach Abmachung
mit dem stellvertretenden Gouverneur sollte nur eine englische Pinasse
in den Hafen hineinfahren; statt dessen kamen sie mit drei Pinassen, die
mit Maschinengewehren bewaffnet waren. Die eine legte im Hafen Bojen,
die anderen gingen an den Dampfern längsseit, sprengten die Maschinen
und führten die Besatzungen gefangen fort. Hinterher haben sie die
offene Stadt, wiederholt sogar, mit 30,5 cm Granaten beschossen. Der
Schaden war natürlich beträchtlich.

Nun stellen Sie sich mal diesen Kampf vor mit den wenigen Leuten, die
wir zur Verfügung haben, mit den geringen Hilfsmitteln. Wer hat denn
daran gedacht, daß der europäische Krieg nach Afrika übergreifen würde,
daß man die Achtung vor den Europäern, die allein den wenigen
ermöglicht, Millionen in Schach zu halten, so leichtsinnig aufs Spiel
setzen würde? Mit unseren paar Menschen verteidigen wir ein Gebiet, das
größer ist als Deutschland. Und über die ganze Grenze dringt von allen
Seiten der Feind. Von Norden und Südwesten die Engländer, vom Westen die
Belgier, die See ist blockiert, und im Süden dicht bei uns hier haben
sich die Portugiesen endlich breitschlagen lassen, gegen uns vorzugehen.
Sie sollen bereits Verstärkungen aus Europa erhalten haben. Das alles
konnte uns nicht mürbe kriegen, uns nicht in die Enge treiben. So bietet
England jetzt also noch die südafrikanischen Kolonien gegen uns auf, und
wir haben bereits bestimmte Nachrichten, daß zwei Infanterie- und eine
berittene Brigade, mit allen Hilfsmitteln des modernen Krieges
ausgerüstet, sich im Norden sammeln.

Wir hielten und waren sicher, auch weiter gegen noch größere Übermacht
zu halten. Von Tag zu Tag aber wurden unsere Vorräte geringer. Noch mehr
als früher begannen wir mit der Munition zu sparen, weil wir uns sagten,
daß jeder Schuß unbedingt ein Treffer sein müßte. Und dennoch war bald
der Zeitpunkt abzusehen, an dem die letzte Patrone verschossen, an dem
keine Granate mehr für die Geschütze vorhanden sein würde.

Vor einem Jahr hat uns der tüchtige Christiansen Luft geschafft. Jetzt
aber, wo Sie da sind, sehen wir dem kommenden Kampfe mit neuem Vertrauen
entgegen, und wenn wir heute mit Stolz sagen können, die beste und
wertvollste Kolonie ist in unseren Händen, und wir haben die
Möglichkeit, sie auch weiter noch zu verteidigen und so Gott will, auch
uns zu erhalten, dann, Kapitän Sörensen, dürfen Sie einen großen Teil
des Verdienstes für sich in Anspruch nehmen.«




Entdeckt


Es ist Spätnachmittag. Unter brausendem Hurra der Mannschaft stößt ein
beladener Prahm vom Schiff ab und hält auf Land zu. Die schwere rastlose
Arbeit der letzten Wochen, die ohne Unterbrechung vom frühen
Morgengrauen bis in die Dunkelheit hinein geleistet wurde, ist beendet;
die Aufgabe, die Kapitän Sörensen vor mehreren Monaten übernommen hatte,
ist ausgeführt. Unter dem Schwarz der Bordwände taucht der rote
Bodenanstrich aus dem Wasser, ein aufwärtsstehender Schraubenflügel ist
deutlich zu sehen. Die Ladebäume werden aufgetoppt, das Rattern der
Dampfwinden ist verstummt. Eine Weile noch zischt der Dampf wie verloren
aus den Zuleitungsrohren, dann verraten nur noch die Schrammen und
Kratzer an den Bordwänden unter den Luken, welch hartes Arbeiten hier
gewesen ist.

War es neben der Tüchtigkeit der Schiffsführung schon ein besonderer
Glückszufall, daß beim Durchbrechen der Sperrlinien und während der
Fahrt kein feindliches Schiff das Unternehmen zum Scheitern brachte,
dann bedeutete es vollends eine ganz unerwartete, große Gunst des
Schicksals, daß die »Marie« hier, sozusagen unter den Augen der
Engländer, so lange unbehelligt liegen und, was das Wichtigste ist, ihre
ganze wertvolle Ladung löschen konnte. Jede Minute aber muß die
Entdeckung bringen. Vor dem nicht weit nördlich liegenden Lindi ankern
sicher häufig englische Schiffe. Bei den zahlreichen zweifelhaften
Elementen unter den indischen Händlern ist es sehr leicht möglich, daß
das hier im Lande arbeitende englische Gold seine Wirkung tut und sich
ein Verräter findet. Wird der Dampfer aber entdeckt, dann gibt es kein
Entrinnen mehr. Es heißt daher, so schnell wie möglich auslaufen und die
hohe See gewinnen. Wohin es gehen soll, wird sich draußen schon finden;
groß ist die Wahl ja nicht. Für die Heimfahrt langen die Kohlen nicht,
ein abermaliger Durchbruch durch die Sperrlinien wäre überdies jetzt, wo
der Sommer mit seinen langen Tagen und Nächten naht, ein fast
aussichtsloses Wagestück. Es muß also ein neutraler Hafen gewonnen
werden: Holländisch-Indien, das noch am nächsten liegt und mit seinen
zahlreichen Häfen auf Sumatra und Java schon irgendwo Unterschlupf
gewähren wird. Fünf Mann der Besatzung gehen von Bord, um in den Reihen
der Schutztruppe an der Verteidigung der Kolonie mitzuwirken. Sie werden
durch stämmige Suahelis ersetzt.

Der Proviant ist wieder aufgefüllt, Frischwasser an Bord genommen. Dann
wird von den in den letzten Wochen so lieb gewordenen Menschen Abschied
genommen. Hüben wie drüben ist die Zukunft ungewiß. Dort dringt von
allen Seiten der Feind heran, wer weiß, wie lange Widerstand noch
möglich sein wird, hier geht es hinaus in See, wo der Gegner jeden
Augenblick auftauchen kann. Auf Gnade und Ungnade ist ihm das wehrlose
Schiff preisgegeben.

Alles ist klar. Seit Stunden schon brennen die Feuer unter den Kesseln;
der Anker ist kurzstag gehievt, so daß er jeden Augenblick aus dem
Grunde geholt werden kann. Die Nacht liegt über Land und Fluß. Das mit
der Flut in die Bucht einströmende Wasser gluckst und plätschert an den
Bordwänden längs, dunkel wölbt sich der Himmel. In tiefem Schwarz
breiten sich die Ufer, hinter denen in scharfen Umrissen die bewaldeten
Höhen ragen. Schwacher Lichtschein schimmert aus dem Zollamt in der
Ferne.

»Anker auf!« Polternd gleitet die Kette durch die Klüse auf das
Vorderschiff, in wenigen Minuten ist der Anker aus dem Grund.

»Langsame Fahrt voraus!«

Zum erstenmal seit Wochen wieder mahlt die Schraube das Wasser, und ohne
jeglichen Lichtschein gleitet der Dampfer der Ausfahrt zu. Ein
schwieriges Manöver! Dank der sachkundigen Führung des Kapitäns Schaap
aber, der hier jede Strömung und Untiefe genau kennt, hält das Schiff in
sicherem Fahrwasser. Der Mond geht auf. In bleichem Schimmer leuchtet
das in der Strömung leicht gekräuselte Wasser, klarer tauchen die Höhen
an Land aus dem dunklen Waldmeer heraus. Die Huck, die solange
einigermaßen Schutz gegen Sicht geboten hat, wird gerundet, gerade führt
der Weg nach See zu.

Zwei Uhr morgens. Voraus tauchen Lichter auf. Dicht über dem Wasser
leuchten die roten und grünen Seitenlaternen von zwei Schiffen herüber.
Es können nur kleinere Fahrzeuge sein, die anscheinend in die Bucht
einlaufen wollen. Verraten! Ein unbemerktes Entweichen ist nicht mehr
möglich, jeder Augenblick muß die Entdeckung bringen. Fünfzehnhundert
Meter etwa noch stehen sie ab, als es drüben an mehreren Stellen
zugleich aufblitzt. Heller Knall dringt durch die Nacht, zischend
spritzen kleinkalibrige Geschosse heran. Der Feind. Noch weiß er nicht,
wen er vor sich hat, ob nicht im nächsten Augenblick sein Feuer
beantwortet wird. Nur zu bald haben die beiden Kanonenboote erkannt, daß
ihnen keine Gefahr droht, daß es ihnen trotz der kleinen Geschütze, die
sie an Bord haben, ein leichtes ist, den Wehrlosen vor ihnen zu
vernichten. Sie kommen näher heran, um das Ziel unter sicheres Feuer
nehmen zu können. Ununterbrochen blitzt es auf. Näher und näher heulen
und zischen die 3,5-Zentimeter-Granaten heran, wie Fliegen umsurren sie
das Schiff. Die ersten Schüsse gehen vorbei, bald aber sitzen sie.
Schornsteine und Aufbauten werden getroffen, es kann nicht lange dauern,
bis das Schicksal sich erfüllt ... Da ... ein dumpfer Schlag übertönt
plötzlich das helle Hämmern der englischen Revolverkanonen, ein fahler
Blitz erhellt sekundenlang das tiefe Schwarz unter Land. Wieder leuchtet
es drüben auf, ein drittes- und viertesmal. Die deutsche Batterie an
Land hat die Not des schwer bedrängten Schiffes erkannt und ist ihm zu
Hilfe gekommen.

Die Stimmung, die eine Sekunde vorher mit der sicheren Vernichtung vor
Augen verzweifelt war, schnellt mit einem Ruck wieder empor. Beim
dritten Schuß schon zeigt sich der Erfolg. Sofort verlangsamt sich das
Feuer, vereinzelte Schüsse fallen noch, dann drehen die beiden nach See
und bringen sich in größerer Entfernung in Sicherheit. Die Blitze zeigen
noch, daß der Gegner schießt, längst aber erreichen seine kleinen
Granaten das Ziel nicht mehr. Wie wenn zwei Köter vor dem drohend
geschwungenen Stock ausrücken. In sicherem Abstand machen sie wohl noch
einmal kehrt, kläffen, um ihren Mut zu zeigen, wütend, bringen sich dann
aber schleunigst mit eingezogenem Schwanz in Sicherheit.

Für den Augenblick ist die Gefahr beseitigt. Für den Augenblick nur! Das
Tageslicht aber bringt den beiden Kanonenbooten gewiß Verstärkung, gegen
die auch die Batterie an Land nichts ausrichten kann.

Der Dampfer hat gedreht, um sich stromaufwärts dem Gegner zu entziehen.
Kaum graut der Tag herauf, als das Auftauchen einer Rauchwolke in See
gemeldet wird. Zwei dünne Masten und mehrere Schornsteine verraten, daß
den beiden Kanonenbooten ein Kreuzer zu Hilfe kommt. Um acht Uhr morgens
etwa ist er heran. Signale gehen auf den Schiffen hoch, unmittelbar
hinterher blitzt es auf dem zuletzt angekommenen, das etwa fünf
Kilometer absteht, auf, und der dröhnende Schall eines Schusses kommt
herüber. Weißer Pulverqualm legt sich in dichten Schwaden um das graue
Schiff, zieht im leichten Morgenwind langsam achteraus. Drei, vier
Flammen spritzen gleichzeitig aus der Wolke, heulend fegen die Granaten
heran. Über das Schiff hinweg schlagen sie in das Wasser ein, das sich
zu hohen Säulen hebt. Aber näher, immer näher kommen sie. Dazwischen
schwirren die kleinen Geschosse der beiden Kanonenboote, die sich jetzt,
im Schutz des größeren, wieder heranwagen.

Ein schmetternder Schlag. Rötlicher Feuerschein flammt auf, bräunlich
weiß ballt sich Qualm auf dem Achterdeck. Ein Treffer. Sprengstücke
schwirren umher, das Wasser zischt unter glühenden Splittern, zerrissene
Holz- und Eisenteile wirbeln losgerissen durch die Luft .... Da, wieder
... ein zweiter Volltreffer auf das hilflose Schiff. Die Granate reißt
eine schwere Eisenplatte wie ein Stück Papier aus der Reeling, krümmt
sie zusammen und schmettert sie krachend auf den achtern Aufbau.

Eine Stunde schon dauert die Beschießung und nimmt an Heftigkeit noch
zu. Nicht nur dem Schiff gelten die schweren Geschosse, überall streuen
sie das Land ab. Bald hier, bald da hebt sich aus dunklem Grün weißer
Qualm, wie ein ragender Baum wächst er über die Umgebung hinaus. Der
Wind faßt ihn und reißt Fetzen von ihm herab, die wie graue
Nebelschleier über die Wipfel hinwegziehen. Dort peitschte die
einschlagende Granate den weißen Sand hoch, drüben gräbt sich eine in
den graubraunen Modder des Watts ein, daß die schweren Brocken
klatschend hochjagen. Und näher tasten sie heran .... Ein dritter
Treffer. Diesmal gilt es der Ladewinde am achtersten Luk. Die nächste
Granate schlägt Sekunden darauf in die Wohnräume. Beizender Brandgeruch
quillt aus den Seitenfenstern, das Holz, die Vorhänge, die ganze
Einrichtung brennen.

Die Besatzung hat untätig die Beschießung über sich ergehen lassen
müssen. Vergebens hatte sie versucht, sich in einem Boot an Land in
Sicherheit zu bringen. Kaum ist es gefiert, als es von Geschossen
durchsiebt wird und sinkt. Und noch ist kein Ende abzusehen. Wieder fegt
eine Fünfzehn-Zentimeter-Granate heran und schmettert auf einen schweren
eisernen Ventilator auf. Als formlose Masse fliegt er zehn Meter weit
gegen die Reeling. Andere Treffer durchschlagen die Bordwände über und
unter der Wasserlinie. Wie ein Sieb ist das ganze Achterdeck
durchlöchert, ein grauenvolles Durcheinander von zerrissenen und
verbogenen Eisenteilen.

Zwei Stunden dauert die Beschießung. Dann, mit einem Schlage, verstummt
das Getöse, das ununterbrochen die Luft erfüllte. Als sich die
Pulverschwaden, die in dichten Wolken fast bis zur Höhe der Masten auf
dem Wasser lagern, allmählich verziehen, werden die Gegner, von denen
man während der Beschießung nur den fahlen Blitz der Mündungsfeuer sah,
wieder deutlich erkennbar. Der Kleine Kreuzer, der bisher in einem
Abstand von fünf Kilometer gestanden hatte, hält in voller Fahrt nach
See zu, die beiden Kanonenboote folgen. Drüben glauben sie offenbar, das
Vernichtungswerk gründlich getan zu haben. Was vom deutschen Schiff nach
der Beschießung mit achthundert Fünfzehn-Zentimeter-Granaten und
tausenden kleineren Geschossen noch übrig ist, kann ihrer Ansicht nach
nur zerbeultes und zerschmettertes Eisen sein, über das längst das
Wasser der Bucht hinwegrauscht. Auch von der Besatzung kann längst
nichts mehr leben, was an Bord blieb und nicht die rettende Küste zu
erreichen vermochte. Selbst dort aber haben die englischen Geschosse
alles abgestreut.

Wie es in Wirklichkeit aussieht, wissen sie freilich nicht. Die beiden
Kanonenboote haben bereits am frühen Morgen erlebt, daß die deutschen
Geschütze tüchtig zu beißen verstehen. Die bitteren Erfahrungen, die sie
mit den Deutschen an so manchen anderen Stellen auch gemacht haben,
lassen ihnen Vorsicht als das bessere Teil der Tapferkeit erscheinen. So
dünkt es ihnen also auch jetzt nicht geraten, sich durch einen Vorstoß
von der wirklich erfolgten Vernichtung des Dampfers zu überzeugen. Ihrer
Ansicht nach haben die beobachteten Treffer, die das Ziel dauernd in den
Qualm der berstenden Granaten hüllten, vollauf genügt. Sahen sie doch
selbst zum Schlusse, wie schwelender Rauch und züngelnde Flammen aus dem
Wrack hervorbrachen. Beruhigt gehen sie in See und nach ihrem
Stützpunkt, um dort die Ausführung des erhaltenen Auftrages zu
melden.

Noch haben sich die Nerven von der Beschießung, in der während zweier
qualvoll langer Stunden die Luft vom Heulen der Granaten und dem
berstenden Krachen der aufschlagenden Geschosse erfüllt schien, nicht
beruhigt, als Kapitän Sörensen bereits Leute nach allen Stellen des
Schiffes schickt, um vorerst festzustellen, wie schwer die
Beschädigungen sind und ob überhaupt die Möglichkeit besteht, den
Dampfer hier, wo man nur auf Bordmittel angewiesen ist, wieder instand
zu setzen.

Zum Glück ist von der ganzen Besatzung, so unglaublich es auch scheint,
niemand verletzt. Ein Granatsplitter nur ist einem Matrosen gegen den
Oberschenkel geprellt und hat ein Geldstück in seiner Tasche verbeult,
um dann kraftlos an Deck zu fallen. Das ist aber, bis auf den blauen
Fleck, den der Besitzer der rettenden Münze jedenfalls davongetragen
hat, alles. Desto böser sieht das arme Schiff aus. An mehreren Stellen
ist die Reeling durchschlagen, zackige Eisenfetzen starren binnenbords.
Die achteren Aufbauten mit ihren Unterkunftsräumen sind wie weggeblasen,
die Lukensülls verbogen und durchlöchert. Ein wirrer Haufen von
zerschmettertem Eisen starrt, wie zu einem unlösbaren Ganzen
zusammengeschweißt, vom Oberdeck empor, und mühselig heißt es darüber
hinwegklettern, um nach dem Heck zu gelangen.

Fast alle Boote sind zerschossen und unbrauchbar, die Davits sind
krummgebogen oder gänzlich abrasiert. Die über Deck führende
Ruderleitung ist zerrissen, wirr hängen die Ladebäume an den
Masten.

Stickig dunkler Rauch quillt aus den Wohnräumen der Offiziere und
Mannschaften. Matratzen, Decken und Vorhänge haben Feuer gefangen und
glimmen unter den Trümmern weiter. Schnell werden einige Leute
abgeteilt, um den Brand zu löschen, dann geht es unter Deck. Zum Glück
kann der leitende Maschinist melden, daß Maschine und Kessel nach
oberflächlicher Untersuchung unversehrt sind. Zwar sind einige Splitter
durch die Heizräume und Bunker gedrungen, sie haben aber keinen Schaden,
der den Betrieb stören könnte, angerichtet.

Die meisten Treffer haben die Bordwände des Achterschiffes abbekommen.
An der Backbordseite sind sie an mehreren Stellen glatt durchgeschlagen,
anderwärts wieder eingebeult. Am bösartigsten aber sind einige Treffer
in und unter der Wasserlinie. Hier schwabbert das Wasser langsam durch
ein Leck herein, dort strömt es in dickem Strahl in das Schiffsinnere.
Das Plätschern verrät, daß noch mehr lecke Stellen vorhanden sein müssen
und daß schon erhebliche Mengen in die untersten Räume eingedrungen
sind. Hier vor allem muß eingegriffen werden, um das Schiff nur
überhaupt schwimmend zu erhalten.

Die Lenzpumpen werden angestellt. Ihr taktmäßiges Schlagen und gleich
darauf ein Wasserschwall, der sich aus dem Lenzrohr nach außenbords
ergießt, zeigen, daß sie heil geblieben sind und das Schiff über Wasser
zu halten vermögen. Dann geht es nach kurzer Besprechung an das Dichten
der zahlreichen Leckstellen. Pfropfen aus Holz werden mit Aexten und
Sägen hergerichtet und in die Löcher getrieben, Zementpackungen
davorgelegt, um das Wasser auch sicher abzuschließen. Tag und Nacht
heißt es durcharbeiten, um das Abdichten möglichst schnell zu vollenden.
Die Anwesenheit des Schiffes ist dem Feinde bekannt. Nur Tage kann es
dauern, bis die Engländer erfahren, daß der Dampfer schwimmt, daß Rauch
aus seinem Schornstein steigt; und kommen sie ein zweites Mal, dann ist
es zu Ende. So schnell wie möglich also muß die Bucht verlassen
werden.

Wieder einmal senkt sich die tropische Nacht mit ihrem leuchtenden
Sternenhimmel über die Ssudibucht. Heute gibt es keine Ruhe an Bord.
Dumpfes Hämmern und Pochen dringt aus dem Innern, eine Säge kreischt,
die Pumpen schlagen, in dickem Schwalle fließt das aus den Bilgen
gesogene Wasser. Todmüde sinkt die Mannschaft auf notdürftig
hergerichtete Lagerstätten zum kurzen Schlummer nieder, der erste
Sonnenstrahl aber findet sie schon wieder an der Arbeit.

Was unter Deck nur einigermaßen entbehrlich ist, muß helfen, das
Oberdeck herzurichten, daß es wenigstens so weit gangbar wird, um die
Sicherheit des Schiffes nicht zu beeinträchtigen. Ein schweres Stück
Arbeit ist mit den teilweise ungenügenden Werkzeugen zu vollführen; die
verbogenen Teile sind dort, wo sie den Verkehr stören, zu richten oder,
wo das nicht mehr möglich ist, gänzlich zu beseitigen. Starrende Zacken
werden mit schweren Hämmern zurückgeschlagen oder abgestemmt, zerfetzte
Planken abgesägt. Zerschossene Stagen werden erneuert, andere
nachgesetzt. Was nicht mehr herzustellen ist oder vom Feuer zerstört
wurde, fliegt über Bord.

Fieberhaft wird an allen Stellen gearbeitet. Ein jeder weiß, daß nur
äußerste Anspannung die Rettung bringen kann. Jede Minute ist kostbar.
Gerade nur die Zeit wird erübrigt, um in aller Hast die Mahlzeiten
einzunehmen. Ein verlorener Augenblick kann das »Zu spät« bedeuten ...
und dann scheint es, als ob all die furchtbare Anspannung dennoch
vergeblich gewesen wäre: Der Feind!

Mitten in die Arbeit klingt plötzlich der Ruf, die Engländer! Mehrere
Rauchwolken werden gesichtet, Masten und Schornsteine kommen über die
Kimm hoch, in schneller Fahrt nähert sich der Gegner. Zwei Kreuzer, zwei
Kanonenboote und ein Wachfahrzeug gegen einen wehrlosen deutschen
Frachtdampfer. Das Ende ...

Und wieder, wie vor fünf Tagen, blitzen die Mündungsfeuer, rauscht die
Luft unter den heranjagenden Granaten, wallt der Pulverdampf auf. Salve
auf Salve wird gefeuert ... hoch stiebt an Land der Sand auf ... eine
Lage dicht neben der anderen. Wie eine Wolke breitet sich ein Vorhang
von Staub und Rauch. Prasselnd fahren die Geschosse in das Grün hinein,
brechen Zweige, knicken und zerschmettern Kronen und reißen Lücken in
den Wald.

Der erste Schuß hat der Arbeit ein jähes Ende gemacht. Wozu jetzt noch
die Anstrengung? Was sie mühevoll in fünf Tagen aufgerichtet haben,
schmettert der nächste Treffer doch in Trümmer ... in sein Schicksal
ergeben, starrt jeder auf die Stelle, wo er den nächsten Aufschlag
erwartet ... er kommt nicht. Unaufhörlich feuern sie drüben und setzen
ihre Schießerei fort. Bald auf diesem, dann wieder auf jenem Schiffe
blitzt es auf, ohne Unterbrechung fast fegen die Granaten heran ... über
das Schiff weg ... in den Sand ... als ob eine unsichtbare mächtige Hand
die deutschen Seeleute beschützte ... zweieinhalb Stunden ... nicht ein
einziger Treffer ... nur immer wieder das Getöse in der Luft und der jäh
auseinanderstiebende Sand.

Dann ist die Schlacht geschlagen, der britische Sieg gegen den Sand an
der Sudibucht glorreich vollendet. Stolz ziehen die englischen Schiffe
in Kiellinie seewärts ab ...

Und wieder dröhnen Hämmer auf verbogenes oder zerfetztes Eisen, stemmen
sich zum Zerreißen angespannte Muskeln unter schwere Platten ... ohne
Ruhe ... ohne Pause ... tagelang, bis es geschafft ist.

Auf der Brücke ist Kapitän Sörensen mit seinen Offizieren und Kapitän
Schaap versammelt. Schiffsrat. Jeder Tag, der hier länger verweilt wird,
kann den Gegner zum drittenmal heranbringen. Rauchfahnen zeigen, daß er
auf Wache ist und die Küste weiter blockiert. Die Wahl der Wege ist
nicht groß, nur zwei stehen zur Verfügung. Es heißt, entweder
hierbleiben und das Schiff preisgeben oder den Durchbruch wagen und
versuchen, den Dampfer in Sicherheit zu bringen. Der erste Weg ist
einfach, der zweite ungeheuer schwierig, voll der größten
Gefahren.

Vor der Bucht liegen die englischen Kreuzer und Wachschiffe. Durch sie
hindurch führt der Weg in die Freiheit. Da gibt’s kein Schwanken. Also,
durch! ...




In die Freiheit


Dünner Rauch zieht aus dem Schornstein in die Luft, die unter der
sengenden Tropensonne leicht flimmert. Die Seebrise faßt ihn und führt
ihn landeinwärts, wo er verweht. Ruhig, wie in tiefstem Frieden liegt
die Bucht. Am Ufer der weißleuchtende Sand, in dem sich deutlich noch
die Krater, die englische Granaten hier eingewühlt haben, abzeichnen,
dahinter der tiefgrüne Wald, der sich zu den Anhöhen hinaufzieht.
Wattvögel stelzen über den Schlick, tauchen hier und da den Schnabel
ein, um das Getier, das bei der Ebbe zurückblieb, zu haschen. Hoch oben
kreisen zwei Bussarde. Langsam ziehen sie ihre Kreise, bis sie dann
plötzlich in jähem Sturze herunterschießen auf ihre Beute.

Die Sonne sinkt hinter die Höhenzüge, die im bläulichen Dunst des Abends
herüberschimmern. Die Dämmerung bricht herein, in wenigen Minuten ist
die Nacht da. Der leichte Qualm, der die letzten Stunden kaum sichtbar
aus dem Schornstein zog, verdichtet sich zu schwarzen Wolken, die in
breiter Bahn achteraus treiben.

Bunkertüren klappen, gefüllte Eimer gleiten heraus, werden im Heizraum
umgekippt, rote Glut strahlt aus geöffneten Feuerungen, in hohem Bogen
prasselt eine Schaufel Kohle nach der anderen hinein. Dann wieder fahren
lange Schüreisen über die Roste.

Auf der Brücke liegen Seekarten ausgebreitet. Die beiden Kapitäne sind
über sie gebeugt. Flüsternd tauschen sie noch einmal die Gedanken über
das, was die nächsten Stunden bringen werden, messen mit dem Zirkel
nach, prüfen, überlegen.

Der leitende Maschinist meldet die Maschine betriebsklar, der Erste
Offizier steht mit seinen Leuten klar zum Ankerlichten. Alles ist
bereit.

»Anker lichten!« Zischend strömt der Dampf in die Spillmaschine, der
Anker kommt aus dem Grund, der Maschinentelegraph schrillt. Die Schraube
dreht sich, ein Zittern geht durch das Schiff. Leicht schneidet der Bug
das Wasser, das Schiff gleitet in die Fahrrinne und strebt in tiefer
Dunkelheit der Ausfahrt zu. Kein Lichtschein dringt nach außen, jedes
Geräusch wird vermieden, nur das Klatschen der aus dem Wasser
schlagenden Schraubenflügel ist zu hören.

Überall auf Back, Vorschiff und Brücke spähen die deutschen Seeleute in
die Dunkelheit hinaus. Auf der Back stehen zwei Schatten, die unverwandt
vorausstarren. Der alte Eilers mit seinem Jungen. Während der langen
Monate im Busch hat die Malaria den Sohn gefaßt. Infolge mehrerer
Rückfälle darf er an Stelle eines der fünf an Land Gebliebenen
einspringen.

Gespenstisch leuchtet aus dem tiefen Schwarz ein Streifen weißen Sandes
herüber: das afrikanische Land. Eine Stunde lang dauert die Fahrt in die
Nacht hinein, dann klingt es wie leises Rauschen herüber. Die Brandung.
Das Schiff nähert sich der Ausfahrt. Frischer Seewind streicht über
Deck, die leichte Dünung des Indischen Ozeans, die in die Bucht
hineinsteht, läßt das Wasser stärker gegen die Bordwand klatschen.

»Licht voraus!« Fünf Seemeilen ab schimmern die Laternen eines Schiffes
durch die Nacht. Deutlich hebt sich zuerst ein Licht ab, bis dann
mehrere auszumachen sind. Eine stärker leuchtende Lampe, die an Deck
brennt, gedämpfterer Schein, der aus einigen Seitenfenstern im Vor- und
Achterschiff dringt. Ein feindlicher Kreuzer. Die Lichter verändern ihre
Stellung nicht, das Schiff liegt ruhig vor Anker.

Durch das Sprachrohr geht der Befehl nach Heizraum und Maschine, daß
kein Laut nach außen dringen darf. Flüsternd gibt Kapitän Schaap dem
Rudergänger seine Anweisung. Leicht dreht der Dampfer nach Backbord, um
dem Feind auszuweichen. Weiß leuchtet in nächster Nähe das Wasser,
brandet die See gegen Korallenriffe, die eben nur über die Oberfläche
ragen, hart an das Riff heran klemmt sich das Schiff. Dicht voraus
wieder eine verräterisch brandende Stelle, auch dort sperrt eine Untiefe
den Weg. Mit Steuerbordruder wird sie umgangen ... da ... voraus ein
zweites englisches Schiff ... in nächster Nähe ... ein einziges kleines
Licht nur brennt an Oberdeck ... wie in der Luft hängend ... vom
Schiffskörper ist nichts zu sehen, er scheint eins mit dem Dunkel
....

An Steuerbord die Lichter des Kreuzers, an Backbord Korallenriffe,
voraus das zweite feindliche Schiff. Nur ein Weg steht offen,
unmittelbar an dem soeben gesichteten Gegner vorbei ...

Mit ganz langsamer Fahrt, lautlos schiebt sich der Dampfer heran.
Hundert Meter noch steht er ab ... Der Schornstein ... zwei Masten ...
der Rumpf ... die Brücke ... kein Mensch ..., und näher noch führt der
Weg ... bis auf fünfzig Meter. Dann liegt er querab ... Deutlich treten
drüben die Deckaufbauten hervor, fast greifbar nahe ... jede Sekunde muß
die Entdeckung bringen ... Qualvoll ... Gellt nicht ein Schrei über Deck
... stürzen sie dort nicht aus den Niedergängen hoch ... ist denn keine
Wache auf der Brücke ... kein Posten an Deck? ... nichts....

Langsam, geräuschlos schiebt sich der deutsche Dampfer vorbei ... die
Aufbauten verschwimmen ... Masten und Schornstein verwischen sich ...
der Rumpf scheint zu zerfließen ... mehrere hundert Meter achteraus
liegt das Kanonenboot ... die Gefahr ist vorbei, voraus das schützende
Dunkel .... Wie ein Aufatmen geht es durch die ganze Besatzung.... Die
Maschine steigert ihre Umdrehungen, schneller mahlt die Schraube, immer
größer wird die Entfernung.

Voraus schießt ein greller Lichtkegel in die Nacht hinaus ... ein
dritter Feind, noch gefährlicher als der frühere ... der wacht ...
tastend streift sein Licht über die See ... scheint sich in weiter Ferne
zu verlieren ... sucht ... spürt ... schlägt herum ... näher heran ...
steht fest, als hätte es etwas gefaßt, dann wieder löst es sich ...
jetzt ... jetzt kommt es heran ... bis zum Halse hoch schlägt das Herz
... zum Äußersten gespannt sind die Nerven ... wie gebannt starrt alles
auf die Lichtbahn ... näher ... näher ... es steht ... schlägt um nach
der entgegengesetzten Seite ... erlischt ....

Mit höchster Fahrt jagt der Dampfer in die See hinaus. Die Maschinen
stampfen, das Schiff zittert, in schnellen Schlägen peitschen die
Schraubenflügel das Wasser. Zwei Stunden höchster Spannung noch, dann
ist die Gefahrzone passiert. Kein Lichtstrahl der vor der Bucht
ankernden Schiffe dringt bis hierher.

Der nächste Morgen muß die deutschen Seeleute so weit wie möglich vom
Land ab sehen. Mit unverminderter Kraft jagt der Dampfer dahin. Im Osten
dämmert der Tag. In Sicherheit. Mehr als fünfzig Meilen hat die Nacht
zwischen Küste und Schiff gebracht; wieder einmal ist ein Durchbruch
geglückt.

In märchenhafter Pracht blaut der Indische Ozean. Heiß strahlt die
Tropensonne auf die vom Ostwind leicht bewegte Fläche herab. Nichts
zeigt sich; einsam zieht der deutsche Dampfer seinen Weg nach den
holländisch-indischen Inseln zu. Ein Bild tiefsten Friedens. Und die
Stille und Ruhe in der Natur überträgt sich auch auf die Besatzung.
Furchtbare Tage liegen hinter ihnen: Die aufreibende Arbeit des
Löschens, das vom frühen Morgen bis in die Nacht hinein währte, das
Klarmachen, die Vorbereitungen zum Durchbruch, die Beschießung am 11.
April, die darauf folgende am 16. April und die unendlich mühevolle
Beseitigung der Beschädigungen, um das Schiff wieder nur einigermaßen
seeklar zu bekommen.

Jetzt erst, wo die Nerven seit langem wieder einmal nicht ständig bis
zum äußersten aufgepeitscht sein müssen, macht sich die furchtbare
Abspannung fühlbar. Bleiern tief schlafen die Leute, die nicht auf Wache
sind, und Kapitän Sörensen gönnt ihnen die Ruhe, die sie nach ihrem
glänzenden Verhalten so wohl verdient haben. Von hier ab ist die Gefahr
verhältnismäßig gering. Es gilt nur noch den Dampfertreck Kap-Indien,
der infolge der Schwierigkeiten der Passage des Suezkanals jetzt mehr
benutzt wird, zu kreuzen; voraussichtlich aber werden feindliche
Kriegsschiffe nicht angetroffen werden. Alles, was auf den
Ausland-Stationen nur irgendwie entbehrlich war, ist jetzt zur Sicherung
der Schiffahrt um England, im Atlantik und im Mittelmeer dahin gezogen
worden.

Ruhig und ohne Zwischenfälle gehen die Tage dahin. Was noch repariert
werden muß, wird jetzt vorgenommen. Das Achterdeck, das besonders schwer
gelitten hat, wird aufgeklart und die Beschädigungen nach außenbords
möglichst verborgen. Die Löcher, die sich dort an einigen Stellen wie
ein Sieb aneinanderreihen, werden notdürftig geflickt und übermalt, um
vorbeifahrenden Schiffen nichts nach außenhin Verdächtiges zu bieten.
Außer den fünf Fünfzehn-Zentimeter-Granaten haben über hundert Treffer
kleineren Kalibers die Bordwände und das Oberdeck beschädigt. Mit
Stemmeisen, Hämmern, Sägen und sonstigem nur irgendwie geeignetem
Handwerkszeug wird gearbeitet. Das Klopfen und Hämmern hört nur auf,
wenn alle Hände gemeinsam zufassen müssen, um schwere Gewichte zu
bewegen. Freilich, der Unterschied zwischen der Arbeit jetzt und dem
atemlosen Hetzen vor wenigen Tagen in der Sudibucht, wo nur die
Schnelligkeit gleichzeitig auch die Rettung bedeuten mußte, ist groß.
Mitten in das Klingen und Hämmern fliegen Scherzworte, die zeigen, wie
vergnügt die Stimmung an Bord ist. –

»Mann über Bord!« Gellend klingt der Ruf vom Achterdeck und wird auf der
Brücke aufgenommen. Mit einem Satz springt der wachhabende Offizier an
die Backbordnock. Achteraus, dort, wo soeben in hohem Schwunge ein Ring
auf die Oberfläche aufklatscht, treibt ein Mann im Wasser. Grell
leuchtet der weiße Ring in der blendenden Sonne.

»Stopp!« »Äußerste Kraft rückwärts!« »Wer ist da über Bord gefallen?«
Vier Stimmen antworten gleichzeitig: »Der alte Eilers.« Eben als der
Name erklingt, springt eine Gestalt unter die an der Backbordreeling
stehenden Leute, die achteraus zeigen. Ein in der Aufregung
halberstickter Schrei: »Mein Vater? ... Wo?« ... Seine Augen folgen den
ausgestreckten Händen, und bevor noch jemand ihn halten kann, saust er
mit einem Satz über die Reeling hinweg, über Bord ... Sekunden später
ist er im Schraubenwasser.

Unter dem Druck der Schraube, die sich mit äußerster Kraft dreht,
wirbelt und strudelt die Oberfläche. Weiß schäumt das Wasser am Heck,
reißt Trichter, in die sich brausend das Wasser stürzt, um sich an
anderen Stellen wieder zu krausen Buckeln zu wölben .... Dreißig Meter
hinter dem Schiff erst kommt der Körper wieder hoch ... auch ihm ist
sofort ein Rettungsring nachgeflogen ... faßt er ihn? ... Wieder wirbelt
es den treibenden Mann hinab ... stößt ihn hoch ... er greift zu ... er
hält ihn ... Sekunden nur sind verflossen seit dem Augenblick, da der
alte Mann über Bord stürzte und sein Sohn ihm nachsprang.

Der Dampfer hat gestoppt und dreht auf die beiden im Wasser Schwimmenden
zu. Das einzige noch heil gebliebene Boot wird schnell besetzt und
gleitet gleich darauf mit langen Schlägen zunächst auf den alten Eilers
zu. Jetzt sind sie dicht bei. Die Riemen werden eingenommen, kräftige
Fäuste packen den Alten und ziehen ihn ins Boot. Er ist sichtlich
erschöpft. Zum Glück hat er gleich den zugeworfenen Ring gefaßt und ist
mit dessen Hilfe noch glimpflich davongekommen. Dann geht es zu dem
näher am Schiff treibenden Jungen hinüber.

Das Boot nähert sich. Die beiden Leute der vordersten Ducht rufen ihn
an. Keine Antwort. Gleichmäßig heben die Wellen den Körper im Ring ...
jetzt sind sie heran ... Ein dünner Blutstreifen sickert aus dem Haar
über das blasse Gesicht. Jede Welle wäscht ihn weg, immer wieder aber
zeigt sich der rote Faden von neuem ... er ist verletzt. Die Schraube
muß ihn gefaßt haben. Vorsichtig wird er ins Boot gezogen. Schwer, wie
leblos gleitet der Körper aus den Händen, die ihn fürsorglich ins Boot
legen, neben den Alten hin. Der hat sich inzwischen auf die achterste
Ducht gesetzt. Unendlich behutsam, wie man es den harten Seemannsfäusten
gar nicht zumutet, bettet er den Kopf des Ohnmächtigen auf seinem
Schoße. Hilfsbereit hat ihm der Bootssteuerer ein Taschentuch gereicht.
Ununterbrochen wischt er das immer neu nachsickernde Blut seinem Jungen
aus der Stirn. Ganz leise, schüchtern fast, als sollten es die anderen
nicht hören, flüstert er ihm ins Ohr: »Willem ... Willem ... min leve
Jung.« ... Er rührt sich nicht ... Die Augen in dem bleichen Gesicht
bleiben geschlossen ... keine Antwort ... und wieder dringlicher jetzt,
ängstlicher ... »Willem ... hörst du mi nich? ... Willem.« ... Bis die
Stimme des Bootssteuerers ihn aufblicken läßt:

»Lassen Sie man, Eilers, den kriegen wir an Bord schon wieder heil, dat
is all nich so schlimm!«

Das Boot ist beim Dampfer längsseit. Die Talljen werden eingehakt,
langsam kommt es hoch. Was überflüssig ist, klettert an Deck. Jetzt ist
es geheißt, wird eingeschwungen und eingesetzt. Die beiden Kapitäne und
der Erste Offizier haben schon von Deck aus gesehen, daß der junge
Eilers anscheinend verletzt und bewußtlos ist. Eine Matratze und Decken
sind bereit gelegt, um sofort Wiederbelebungsversuche anzustellen.
Sorgsam wird der regungslose Körper gebettet, und alles bemüht sich um
ihn. Kein Lebenszeichen .... Eine Viertelstunde vergeht .... wächsern
bleich bleibt das junge Gesicht, das mit einem Male ein seltsam
strenges Aussehen bekommen hat, dicht geschlossen die farblosen,
festaufeinandergepreßten Lippen ..... Nicht einen Blick verliert der
Alte von den Leuten, die sich um seinen Sohn bemühen .... immer
ratloser werden die Augen, hilflos, wie bittend .... bis er die ganze
furchtbare Wahrheit erkennt .... tot .... sein Jung, sein Willem
tot .....

Eine Hand legt sich ihm auf die Schulter, eine milde Stimme, die ihm
Trost zuspricht. Er hebt den Kopf nicht. Als ob das Gesagte gar nicht
von ihm erfaßt würde, schüttelt er wieder und immer wieder den Kopf.
Kein Seufzer; ein so tiefer Gram aber spricht aus den faltigen Zügen,
daß darüber jedes Trostwort verstummt.

Die Nacht mit ihrem Sternenhimmel liegt über dem Dampfer, der
gleichmäßig seinen Weg zieht. Oben auf der Brücke geht der Offizier die
Mittelwache, am Ruder steht der Rudergänger, sieht auf den Kompaß und
dreht ab und zu das Rad, um das Schiff auf dem befohlenen Kurs zu
halten.

An der Seite, querab vom Schornstein liegt die von sorgender Hand
eingenähte Leiche des jungen Eilers. Auf einem Klappstuhl sitzt der
Vater. Gebückt, den Kopf tief in die Hände vergraben, Stunde um
Stunde.

»Eilers!« Der Offizier ist an ihn herangetreten und klopft ihm leise auf
die Schulter. »Eilers, lassen Sie sich nicht unterkriegen! Ist keiner
von uns allen an Bord, der es Ihnen nicht nachfühlen würde, wie schwer
diese Stunden für Sie sind und wieviel lieber Sie Ihr Leben hätten
hingeben wollen für Ihren Jungen. Denken Sie aber daran, wieviel Väter
in Deutschland heute um ihre Söhne trauern, wieviel täglich ihr Leben
hergeben müssen ... Sie haben doch wenigstens Ihren toten Jungen bei
sich, haben ihn in der letzten Stunde seines Lebens noch lachen sehen
dürfen .... Wir alle haben ihn ja gern gemocht und uns gefreut an seinem
frischen, lustigen, vergnügten Wesen. Denken Sie mal, mit welchem
wunderschönen Gedanken der Junge sterben durfte: um seinen Vater zu
retten. Und dann müssen Sie auch bedenken: Er starb ebenso den Tod fürs
Vaterland wie alle drüben .... im Kampf um die Heimat.«

Ein Augenblick ist Stille. Dann spricht der Alte. Schwer, wie gequält
kommen zuerst die Worte: »Ja, ich weiß, Sie meinen es gut mit mir, Sie
und alle ... aber ... is ja mein einziges Kind .... Wir beide sind lange
allein gewesen ... Die Mutter ist ja früh gestorben, und da hab ich mich
mehr um ihn quälen und sorgen müssen als manch anderer Vater. Er war
noch so lüttjet damals, und es ist mir bannig schwer gefallen, ihn bei
fremden Leuten zu lassen, wenn ich dann mit meinem Schiff auf lange
Reisen wegging. Und wenn ich nach vielen Monaten erst binnen kam, da
hätten Sie uns mal sehen sollen! Die ganzen Tage saß er bei mir an Bord.
Ueberall kletterte er herum, jedes Tau und Segel hat er gekannt, bald
besser als ein Vollmatrose. Er wollte ja auch nach See zu, da gab’s kein
Halten. Ja, wenn ich noch so an denke, wie wir seine Schiffskiste
packten und er als Junge mit ’n Hamburger Viermastbark nach der
Westküste abging ..... Und wie er vergnügt als Leichtmatrose wiederkam.
So schlank und rank und immer vergnügt .... und jetzt liegt er da und
muß für mich alten Kerl sterben.«

»Um Sie Eilers? Glauben Sie denn, daß er nicht jedem andern ebenso
nachgesprungen wäre? Der hätte sich keinen Augenblick besonnen! So sind
sie, unsere deutschen Jungs! Ohne Bedenken, wenn es gilt, ihr Leben
herzugeben, ganz gleich, ob für den einzelnen Menschen oder für die
große Sache. Denken Sie doch bloß an unsere Leute in der Flotte und auf
den U-Booten! Glauben Sie denn, daß die sich vor dem Auslaufen große
Gedanken machen, ob sie zurückkommen? Was quälen die sich um das harte
Leben und die Gefahren, die ihnen in jeder Minute das Ende bringen
können! Da denkt sicher keiner dran! Vom Admiral bis hinunter zum
jüngsten Matrosen gehen sie drauf. Ran an den Feind und wenn sie mit ihm
zusammen versinken. Und sehen Sie, so ein Kerl, auf den wir alle stolz
sein dürfen, war Ihr Junge. Um solchen Sohn dürfen Sie nicht trauern.
Das hätte der sicher selbst nicht haben wollen. Um den Tod werden ihn zu
Hause viele beneiden. Einen schöneren konnten Sie selbst ihm nicht
wünschen.« ...

Der Tag bricht an. Sieben Uhr morgens. Die Mannschaft steht um die
Leiche versammelt. Das Schiff hat gestoppt. Wenige schlichte,
ergreifende Worte, ein Vaterunser, unter der deutschen Flagge weg
gleitet die Leiche langsam in die See hinab. Leichte Kreise ziehen,
streben auseinander, verebben ....

Der Maschinentelegraph rasselt, die Maschine stampft, weiter zieht das
Schiff nach Osten.

Der Tod hat einen aus den Reihen der Besatzung weggeholt. Bald aber
tritt das Leben mit seinen Anforderungen wieder in seine Rechte. Der
Vormittag findet alles emsig beschäftigt. Es klingt und klopft, dröhnend
schlagen die Hämmer auf Eisen, Sägen kreischen, Holz splittert. Immer
weiter geht die Fahrt, näher heran rückt der sichere Hafen. Und Tag für
Tag steigt die Sonne in gleicher tropischer Pracht aus dem tiefblauen
Ozean, der bald spiegelglatt, bald unter den Aequatorialwinden leicht
gekräuselt ist, brennt tagsüber auf weißschimmernde Sonnensegel, auf das
Schiff, das noch immer aussieht, als sei es eben mit knapper Not einem
schweren Sturm entgangen, und taucht abends mit roter Glut hinab in die
See.

Ohne Zwischenfälle verrinnen die Tage, werden zu Wochen, bis eines
Morgens Backbord voraus niedrige tiefdunkelblaue scharfumränderte Wolken
sich über der Kimm aus dem Wasser zu erheben scheinen: Land. Näher kommt
der Dampfer heran, deutlicher heben sich jetzt die Bergketten Sumatras
ab. Kapitän Sörensen hält dicht unter Land. Die Möglichkeit ist nicht
ausgeschlossen, daß hier plötzlich ein feindlicher Kreuzer oder ein
Hilfskreuzer auftaucht und der Fahrt, die bisher glatt verlaufen ist,
noch jetzt in letzter Stunde ein vorzeitiges Ende bereitet. Hier ist es
ein leichtes, beim Auftauchen eines verdächtigen Fahrzeuges die
holländische Hoheitsgrenze zu erreichen.

Von der Küste bis hinauf zu den Bergen, deren Kuppen und Kämme oft in
den Wolken zu verschwimmen scheinen, ist das ganze Land ein ungeheurer
Wald, aus dem sich nur an einzelnen Stellen dicht am Wasser typische
Baumformen abheben. Mitunter, selten allerdings nur, schmiegen sich,
halb verdeckt unter dichtem Grün, braune Dächer von Eingeborenenhütten.
Kleine Fischerboote mit Auslegern und viereckigen Mattensegeln kreuzen
unter Land. Malaiische Fischer. Nachts leuchtet es dann bald hier bald
da auf den Bergen gelblichrot auf. Waldbrände, die auf Sumatra nie
aufhören. Primitive Eingeborenensitte, die durch Feuer Kulturland
schaffen will. Der Urwald widersteht Axt und Säge. Einem kleinen Fleck
nur ist die Flamme zugedacht, gierig aber frißt sie sich bei der
ausreichenden Nahrung weiter, wochen-, monatelang, brennt, schwelt und
glimmt, bis tropischer Regen und die Feuchtigkeit des Waldes sie
ersticken.

Die Ostspitze Sumatras ist erreicht, und mit nördlichem Kurs geht es in
die Sundastraße hinein. Voraus an Steuerbord kommen die grünen Berge
Javas in Sicht. Sechsunddreißig Stunden noch trennen die Deutschen von
dem Ziel, dem sie nun seit bald drei Wochen zustreben. Über dem Wasser
liegt leichter Dunst, der die Kimm verschwimmen macht. An Backbord
achteraus schimmert ein kleines festes Feuer der Küste von Sumatra
herüber, voraus an Steuerbord ein Blinkfeuer Javas. Zwischen beiden
führt die Straße.

Und wieder verstreicht Stunde um Stunde, geht die Fahrt ohne Störung
weiter. Mitternacht. Die abgelöste Wache ist eben zur Koje gegangen, als
an Backbord voraus ein Licht aufschimmert. Gleich darauf wird ein
zweites gemeldet. Sie stehen dicht beisammen. Anscheinend fährt dort
einer der holländischen Küstendampfer, die den Verkehr von den kleinen
Küstenplätzen Javas und Sumatras nach den großen Ausfuhrhäfen
vermitteln. Noch liegt er nicht querab, als plötzlich aus der dunklen
Nacht grelles Scheinwerferlicht heranflutet. Wie ein wildes Tier, das
sich mit einem Satz auf die Beute stürzt, schießt es jäh auf das
Fahrzeug zu und hält es fest. Weiße Signalsterne steigen hoch in das
Dunkel, senken sich in weitem Bogen auf das Wasser, erlöschen. Ein
Kriegsschiff hält dort den Küstenfahrer, der ihm verdächtig scheint, an.
Deutlich tritt in dem hellen Lichtkreis jeder Aufbau des Dampfers
einzeln hervor. Ein kaum tausend Tonnen großes Schiff, das die ihm
bevorstehende Untersuchung ruhig herankommen läßt. Die Holländer sind an
die Anmaßung englischer Seepolizei bereits gewöhnt.

Wie mit einem Schlage leuchten jetzt auf dem Kriegsschiff, das bisher
abgeblendet lag, Lichter auf; gleichzeitig aber auch an zwei anderen
Stellen unmittelbar voraus. Auch dort stehen Feinde. Schon beim
Aufblitzen des Scheinwerfers hat der deutsche Dampfer gestoppt, um sich
nicht durch das Aufleuchten der Bugwelle und des Schraubenwassers zu
verraten. Kein Lichtschein dringt nach außen, in tiefem Dunkel liegt das
Schiff, vom Gegner unbemerkt. Die Lichter voraus ziehen quer über die
Straße hinweg nach dem angehaltenen Schiff zu. Dort mögen sie sich
stundenlang beschäftigen.

Mit langsamer Fahrt halten die Deutschen auf das an Steuerbord liegende
Land zu. Auf hoher See wäre ein Entrinnen unmöglich gewesen. Die
überlegene Geschwindigkeit der Kriegsschiffe hätte jeden Versuch schon
vereitelt. Hier aber, so nahe am Ziel denkt keiner daran, einem Befehl
zum Stoppen Folge zu leisten. Lieber wollten sie ihr Schiff auf Strand
setzen. Achtet der Engländer auch die Hoheitsgrenze nicht, ihnen an Land
zu folgen, dürfte ihm doch nicht rätlich scheinen.

Es ereignet sich aber nichts. Die drei Kreuzer sind so eifrig an der
Arbeit, daß sie für nichts anderes Sinn haben. Mehr und mehr
verschwimmen die Lichter, kommen aus Sicht. Die Straße ist
frei.

Im Osten dämmert der Tag. Flammendes Rot leuchtet durch die Dunstwolken,
die über den Bergen Javas liegen. Die Sonne steigt. Blitzend schießen
ihre Strahlen durch den Schleier hindurch über grüne Wälder, auf die
blauleuchtende See.

Voraus steigen Rauchwolken in die Luft, Masten, Schornsteine,
Schiffskörper heben sich vom dunklen Hintergrunde, Schuppen und
Hafenbauten tauchen aus dem Grün.

Im Morgengrauen steigt am Heck die deutsche Flagge hoch. Zwischen den
Wellenbrechern hindurch, vorbei an einem holländischen Kriegsfahrzeug
gleitet der Blockadebrecher in den Hafen von Tanjonk Priok hinein. Ein
großer englischer Frachtdampfer, der sich, mit Zucker voll beladen, eben
auszulaufen anschickte, hat schleunigst, als er die schwarzweißroten
Streifen am Flaggenstock auswehen sieht, den Anker wieder in Grund
geworfen. Hier, nach fast zwei Jahren Krieg, die deutsche Flagge? Das
kann nur ein verkappter deutscher Hilfskreuzer sein. Längst schon sind
ja die Taten der nach der Heimat zurückgekehrten »Möwe« nach
Holländisch-Indien gedrungen. Wer weiß, ob hier nicht ein zweiter Vogel
dieser Gattung naht. Da ist Vorsicht der bessere Teil.

Während vom Engländer ängstliche Gesichter nach dem so plötzlich
aufgetauchten deutschen Schiffe hinüberstarren, ist das ruhig an ihnen
vorbeigeglitten. Gleich darauf rasselt polternd die Ankerkette in die
Klüse. Einen Augenblick noch wirbelt braunes Wasser durch die
rückwärtsschlagende Schraube am Heck hoch, dann liegt die »Marie«
zwischen den zwei deutschen Dampfern »Hohenfels« und »Uhlenfels«, an
deren Schornstein das schwarze Kreuz der deutschen Hansalinie Bremen
sich abhebt, still.

Schienen die beiden Deutschen einen Augenblick vorher noch in tiefem
Schlaf befangen, so ändert sich jetzt rasch ihr Aussehen. Erregte Rufe
schallen herüber, Leute stürzen aus den Niedergängen an die Reeling: Ein
deutscher Dampfer! Fast unmöglich dünkt es ihnen. Und wie sieht er aus!
Das Achterschiff zerstört, Decksaufbauten und Schornstein beschädigt, wo
mag der wohl herkommen und welch schweres Wetter mag ihm so zugesetzt
haben?

Noch sind kaum zehn Minuten vergangen, als von allen Seiten auch schon
Boote herannahen. Deutsche, die ihre Landsleute begrüßen und Näheres
hören wollen. An Bord darf noch niemand, da das Schiff noch nicht
einklariert ist. Die vollbesetzten Ruder- und Segelboote aber umringen
die »Marie«, und lebhafte Rufe klingen zu den an der Reeling Stehenden
hinauf. Im Januar aus Deutschland abgefahren? Von englischen Kreuzern
beschossen? Unglaubliches Staunen malt sich auf allen Gesichtern. Nur zu
bald aber weicht es jubelnder Freude und ehrlichem Stolz über die
glänzende Leistung, die Kameraden da vollbracht haben. Das erste Schiff
liegt hier, dessen Besatzung erzählen kann, wie es wirklich in der
Heimat aussieht, die Feldgraue ausziehen sah und die Siege in der Heimat
mitfeiern durfte. Vergessen sind die qualvoll langen Monate, während
deren man hier auf die Nachrichten angewiesen war, die Reuter in die
Welt zu setzen beliebte.

Vom Pier naht in schneller Fahrt die Barkasse des Hafenmeisters. In
wenigen Minuten ist sie längsseit und legt an dem inzwischen gefierten
Fallrepp an. An Oberdeck empfängt Kapitän Sörensen den holländischen
Beamten, dessen Blicke voll Mißtrauen das Fahrzeug mustern. Gott weiß,
welche Geheimnisse und fürchterliche Absichten hier lauern, welch
schreckliche Gefahr wieder einmal der holländischen Neutralität
droht.

Vorsichtig begiebt sich der Hafenmeister nach dem Vorschiff. Stehen dort
nicht unter Segeltuch verborgen Geschütze? Nichts Verdächtiges. Sein
Mißtrauen erhält aber erst recht Nahrung, als er nach dem Achterdeck
geht und dort die noch nicht beseitigten Verwüstungen bemerkt. Von
Geschützen aber auch hier keine Spur. Was mag das unheimliche Fahrzeug
in seinen Laderäumen bergen? Ob nicht dort die Kanonen und Torpedorohre
lauern?

Kaum hat er den Wunsch ausgesprochen, als auch ohne das geringste Zögern
die Luks geöffnet sind. Mit seinem Gefolge klettert der Holländer die
Steigeisen hinunter. Gähnende Leere überall. Die Sache wird immer
rätselhafter.

»Wo kommen Sie her?«

»Aus Deutsch-Ostafrika.« Ratloses Staunen verrät, daß dem Hafenmeister
die ganze Angelegenheit immer schleierhafter wird.

»Ihre Ladung?«

»Ladung? Die haben wir längst gelöscht. Geschütze, Munition, Gewehre und
anderes Kriegsmaterial. Aus Deutschland nach Deutsch-Ostafrika.«

Jetzt erst ermannt sich der Hafenmeister: »Aha, also wie die »Möwe«
ausgebrochen! Ja, aber wie sind Sie denn durch die Blockadelinien an der
afrikanischen Küste gekommen, wie über die Ozeane, die von englischen
Kriegsschiffen wimmeln? Ihr Wort in allen Ehren, Herr Kapitän, aber das
ist unmöglich!«

Nun endlich lüftet Kapitän Sörensen den Schleier. In wenigen Worten
erzählt er von seiner Fahrt, von der zweimaligen Beschießung und vom
Durchbruch durch die feindlichen Schiffe. Immer größer werden die Augen
des Zuhörers, immer fassungsloser das Staunen, das sich auf seinem
Gesicht ausdrückt.

»Unmöglich, Herr Hafenmeister? Nein, gehen Sie ruhig an Land und
erzählen Sie dort, was Sie hier gesehen und gehört haben, und dann mögen
Sie gleich noch eines hinzufügen: das Wort »unmöglich« kennt der
deutsche Seemann nicht!«




Meldung der Manila Weekly Times

vom 3. April 1917.


Wir können unseren Lesern heute von einem unerhörten Wagestück deutscher
Seeleute berichten. Kapitän Sörensen und die beiden Matrosen Iversen und
Toft von dem in Batavia internierten deutschen Dampfer »Marie«
beschlossen zu fliehen und zu versuchen, auf dem Wege über die
Philippinen die Heimat zu erreichen. Mit den beiden Seeleuten Wells und
Willer unternahmen sie es, die 1500 Seemeilen lange Fahrt nach Mindanao
in einem nur sieben Meter langen offenen Segelboot anzutreten. Sechzig
Tage lang kämpften die tapferen Männer mit Sturm und schwerem Seegang,
der ihr gebrechliches Fahrzeug jeden Augenblick zu vernichten drohte,
und während der ganzen sechzig Tage stand das Wasser stets knietief in
dem Boote. In den beiden letzten Wochen gingen die Lebensmittelvorräte
aus, so daß die Deutschen, als sie endlich in Celebes ankamen, dem
Hungertode nahe waren. Trotzdem hielt es sie nicht. Nach einigen Wochen
Erholung in Celebes wagten sie im gleichen kleinen seeuntüchtigen Boote
die Weiterfahrt nach den Philippinen, und das Unglaubliche gelang. Nach
unendlichen Mühseligkeiten glückte auch dieses Wagestück, und unversehrt
liefen die wackeren Seeleute gestern in Manila ein.

[Illustration: Uebersichtskarte der Fahrt des Dampfers »Marie«]

[Illustration: Deutsch-Ostafrika mit der Sudi-Bucht, dem Landungsplatz
des Dampfers »Marie«]




Verlag August Scherl G. m. b. H., Berlin


Deutsche Taten zur See


Kapitänleutnant v. Möllers letzte Fahrt.

Von =K. E. Selow-Serman=. Deutsche Helden zur See! Zu siebent in einem
winzigen Segelschiffchen von Java bis Arabien! Eine neunzig Tage
währende Fahrt voller Mühen und Gefahren. Dann, auf dem Marsch der
bedrohten Heimat entgegen, in der Wüste hingemordet, von Beduinen, die
mit englischem Gelde bestochen waren. Eine schmucklose Erzählung, aber
ein unvergängliches Denkmal für die Braven, die ihre heilige
Vaterlandsliebe mit dem Tode besiegelt haben. – Preis 1 Mark. Gebunden
2 Mark.


Emden.

Von =Kapitänleutnant Hellmuth von Mücke=. Selbsterlebtes von den
sagenhaften Fahrten des ruhmreichen Schiffes, das monatelang der
Schrecken des seegewaltigen England und seiner Verbündeten war. – Preis
1 Mark. Gebunden 2 Mark.


Ayesha.

Von =Kapitänleutnant Hellmuth v. Mücke=. Packend schildert der Verfasser
seine abenteuerliche Fahrt über den Indischen Ozean und den gefahrvollen
Zug von Hodeida durch die arabische Wüste. – Preis 1 Mark. Gebunden 2
Mark.


Emden-Ayesha.

Beide Bücher des =Kapitänleutnants Hellmuth v. Mücke= als Geschenkwerk
in einem geschmackvoll gebundenen Bande vereinigt. Preis 3
Mark.


Oberheizer Zenne.

=Der letzte Mann der »Wiesbaden«. Nach Mitteilungen des Oberheizers
Zenne von Kapitänleutnant Freiherrn von Spiegel.= Der einzig
Ueberlebende des Kleinen Kreuzers »Wiesbaden« berichtet durch die Feder
des Verfassers seine Erlebnisse während der Seeschlacht am Skagerrak bis
zum Untergang des Schiffes und seine Errettung nach 40stündigem Treiben
auf den tosenden Wogen. Eine Heldenerzählung von deutschem Todesmut. –
Mit vier Abbildungen. – Preis 1 Mark. Gebunden 2 Mark.


Kriegstagebuch »U 202.«

=Kommandant: Kapitänleutnant Freiherr von Spiegel.= Wahrheitsgetreue,
glänzende Schilderung unserer geheimnisvollen Unterseebootswaffe in
ihrer gefahrvollen Tätigkeit vor dem Feinde. – Preis 1 Mark. Gebunden 2
Mark.


U-Boote im Eismeer.

Von ***. Vom Kreuzerkrieg unserer U-Boote im hohen Norden mit seinen
übermenschlichen Anstrengungen und herrlichen Erfolgen. – Preis 1 Mark.
Gebunden 2 Mark.


U-Boot gegen U-Boot.

Von =Oberleutnant z. S. Heino von Heimburg.= Temperamentvolle Berichte
vom Kriegspfad im Mittelmeer und in den türkischen Gewässern. Das
deutsche U-Boot befreit sich aus dem englischen Netz. Das englische
U-Boot bleibt hängen. Fang eines französischen U-Boots. Stelldichein mit
einem englischen U-Boot. Deutscher Torpedogruß. Kampf mit einem Russen.
Die Explosion der »Ziegelsteine«. Silvesterfeier der Ententebrüder an
Bord des deutschen U-Boots. – Preis 1 Mark. Gebunden 2 Mark.


»V 188«.

=Meine Torpedoboot-Kriegsfahrten.= Der Verfasser, Kapitänleutnant
=Callisen=, Kommandant eines Torpedobootes, schildert seine gefährlichen
Erlebnisse auf den wechselvollen Fahrten in Nord- und Ostsee. – Mit 16
photographischen Aufnahmen. – Preis 1 Mark. Gebunden 2 Mark.


Im Torpedoboot gegen England.

=Kriegserlebnisse= von =Fritz Graf=. Durchbruch durch feindliche Kreuzer
– Rückkehr von New York – In französischer Gefangenschaft – Flucht
und Ankunft in Kiel – Torpedoboot im Vorpostendienst – Beschießung der
Ostküste Englands – Eine Fahrt durch Minenfelder – Fliegerangriff auf
Cuxhaven – Die Kreuzerschlacht am 24. Januar. – Preis 1
Mark.


Unser Seeheld Weddigen.

Eine lebendige Schilderung der kurzen Heldenlaufbahn des unvergeßlichen
Führers von »U 9« und »U 29« nebst Gedichten auf den Seehelden, einem
faksimilierten Schreiben von der Hand Otto Weddigens sowie mit mehreren
Bildnissen und Abbildungen. Von Dr. =Otto Weddigen=. – Preis 1 Mark.
Gebunden 2 Mark.


Die Aushungerung Englands.

=Eine volkswirtschaftliche Untersuchung=. Von =Dr. Gustav Seibt=, Geh.
Regierungsrat. – Die Broschüre stellt auf Grund der englischen
Handels-Statistiken die Niederzwingung Englands durch den U-Boot-Krieg
in sichere Aussicht. Preis 50 Pfennig.


Der Kampf um den Orient


Breslau-Midilli.

=Ein Jahr unter türkischer Flagge. Selbsterlebtes nach Tagebuchblättern
von W. Wath.= Das Buch behandelt die Schicksale unseres Kleinen Kreuzers
»Breslau«, der bei Kriegsbeginn in türkischen Besitz überging. – Mit
vier Abbildungen. – Preis 1 Mark.


Gallipoli.

=Der Kampf um den Orient.= Von einem hohen Offizier aus dem Stabe des
Marschalls Liman von Sanders. Ein vollständiges Bild vom schweren Ringen
um die Dardanellen. – Mit einer Karte. – Preis 1 Mark.


Mit den Türken an der Front.

=E. Serman=, der Kriegsberichterstatter des »Berliner Lokal-Anzeigers«,
schildert seine abenteuerlichen Erlebnisse auf den türkischen
Kriegsschauplätzen. Der ägyptische Feldzug. Im Kaukasus. Um die
Dardanellen. – Preis 1 Mark.


Der Siegeszug durch Serbien.

=Von Wilhelm Hegeler.= Die erste zusammenhängende Darstellung des
serbischen Feldzuges vom Falle Belgrads bis zur weltgeschichtlichen
Zusammenkunft des Deutschen Kaisers mit dem Zaren der Bulgaren. Aus
eigenem Erleben. – Preis 1 Mark.




Deutsche Helden der Luft


Immelmann †. Meine Kampfflüge.

Selbsterlebt und selbsterzählt von Oberleutnant =Max Immelmann=. – Das
mit 28 Originalaufnahmen und Skizzen versehene Buch enthält die
gesammelten Briefe, die unser volkstümlichster Kampfflieger während des
Weltkrieges an seine Mutter geschrieben hat. Alles, was Immelmann
während seiner Ausbildung und im Felde erlebt hat, seine ersten Flüge,
seine abenteuerlichen Fahrten und aufregenden Luftkämpfe, hat er in
seltener Klarheit und packender Anschaulichkeit geschildert. – Preis 1
Mark. Gebunden 2 Mark.


Doppeldecker »C 666«.

=Als Flieger im Westen.= Von =Oberleutnant Heydemarck=. Der Verfasser
gibt aus seinem unmittelbaren, täglichen Erleben uns in der Heimat und
den feldgrauen Kameraden ein Bild von der aufopfernden Tätigkeit unserer
Aufklärungsflieger. – Preis 1 Mark. Gebunden 2 Mark.


»Z 181«. Im Zeppelin gegen Bukarest.

=Von dem Ersten Offizier eines »Z«-Luftschiffes.= Einer unserer jungen
Zeppelin-Offiziere hat als erster die Erlaubnis erhalten, seine
Erlebnisse bei einem erfolgreichen Luftangriff gegen Bukarest zu
erzählen. Er gibt keine Phantasieschilderungen, er schreibt als Fachmann
mit der Lebendigkeit und Anschaulichkeit eines Schriftstellers. Preis 1
Mark. Gebunden 2 Mark.


Als Kampfflieger am Suezkanal.

=Von Leutnant Hans Henkelburg.= Frische, humorgewürzte Schilderung der
Erlebnisse einer Jagdstaffel in Palästina und der Wüste. – Mit 16
Abbildungen. – Preis 1 Mark. Gebunden 2 Mark.


Aus neutraler Feder


Frontberichte eines Neutralen.

=3 Bände. 1. Polen und Karpathen. 2. Galizien und Bukowina. 3.
Ostwärts.= Vom schweizerischen Major Tanner. Das Werk stellt der
deutschen und österreichisch-ungarischen Kriegführung ein glänzendes
Zeugnis aus, das besonders wertvoll ist, weil es ein Neutraler völlig
unparteiisch ablegt. Ueber dreihundertfünfzig prächtige photographische
Eigenaufnahmen ergänzen das fesselnde Wort des Verfassers zu einem
packenden Ganzen. – Jeder Band einzeln 3 Mark, gebunden 4
Mark.


»Barbaren«.

=Eindrücke eines Schweden in Deutschland und an der Front im Osten.= Von
=Arvid Knöppel=. In dem Buche des schwedischen Berichterstatters schreit
jede Seite unsern Gegnern, die uns unaufhörlich in Wort und Schrift mit
Schmutz bewerfen, entgegen: »Ihr seid Verleumder!« Denn immer wieder
offenbart sich dem Landsmann Sven Hedins die dem deutschen Wesen
angeborene durch Erziehung vertiefte Menschenliebe. – Aus dem
Schwedischen. – Preis 1 Mark.




Deutschlands Führer


Feldmarschall von Hindenburg.

Ein Lebensbild von =Bernhard von Hindenburg=. Aus der berufenen Feder
des jüngeren Bruders des Generalfeldmarschalls. =Inhalt=: Einleitung –
Vorgeschichte des Namens Beneckendorff – Die Familie in der Mark – Die
Familie in Preußen; der Name Hindenburg – Die Heimat; Großeltern und
Vater – Die Eltern; Posen, die Geburtsstadt – Das Kind in Pinne – Das
Kind in Glogau – Der Kadett in Wahlstatt – Das Heimatgut Neudeck –
Der Kadett in Berlin – Kriege – Heimat und Leben – Hannover.
Stammtafel I-X. – Mit 44 Bildern. – Preis 1 Mark. Gebunden 2
Mark.


Feldmarschall von Mackensen.

Ein Lebens- und Charakterbild von =Wilhelm Renner=. =Inhalt=: Das
Kindheitsparadies – Auf der hohen Schule – Ideal und Wirklichkeit –
Dennoch ein Leibhusar und sogar auf Kriegspfaden – Auf der Universität
– In raschem Aufstieg – Der Leibhusaren-Kommandeur – Des Kaisers
Flügel-Adjutant – Im Kreise der Familie – Der Kommandierende General
– Im Weltkrieg – Schluß. – Mit 32 Bildern. – Preis 1 Mark. Gebunden
2 Mark.


General Ludendorff.

Der =Generalstabschef Hindenburgs=. Von Dr. =Otto Krack=. Nach
zuverlässigen Quellen bearbeitet. =Inhalt=: Feldmarschall und
Generalstabschef – Die Vorfahren – Eltern und Geschwister – Kindheit
und Jugend – Die militärische Laufbahn – Der Krieg (Ludendorff als
Stratege; Lüttich; Die Lage im Osten; Tannenberg; Der Feldzug in Polen;
Die Kämpfe östlich der Weichsel und die Winterschlacht in Masuren; Die
Sommeroffensive) – Ehre, wem Ehre gebührt – Das dankbare Vaterland –
Schlußwort. – Mit 15 Abbildungen. – Preis 1 Mark. Gebunden 2
Mark.


Generalfeldmarschall von Bülow.

Von Dr. =Otto Krack=. =Inhalt=: Draußen und Daheim – Ein altes
Geschlecht – Die Eltern – Jugenderinnerungen – Das Kriegstagebuch
von 1866 – Erlebnisse im Deutsch-Französischen Krieg – Altona und
Bromberg – Im Generalstab – Vom Regimentskommandeur bis zum
Generalquartiermeister – Der Kommandierende General – Der Weltkrieg
(Mobilmachung; Von Lüttich bis Namur; Der Vormarsch auf Paris; =Die
Schlacht an der Marne=; Die Stellungskämpfe an der Somme) – Schlußwort.
– Mit 31 Bildern und einer Karte. Preis 1 Mark.


Unser Emmich.

Ein Lebensbild. Von =Wilhelm Georg=. =Inhalt=: Vom Kriegsfreiwilligen
bis zum General – Lüttich im Sturm genommen – Der Ehrentag des
Feldartillerie-Regiments Prinz-Regent Luitpold von Bayern
(Magdeburgisches) Nr. 4 – General von Emmich und der Belgierkönig – Im
Schützengrabenkrieg in Frankreich – Das Korps Emmich in Galizien und
Rußland – Der Dank des Generalfeldmarschalls von Mackensen an den
General Emmich – Gedichte. – Mit zehn Bildern, darunter die letzten
Aufnahmen des Generals im Felde und kurz vor seinem Ableben. – Preis 1
Mark.




Bücher von den Fronten


Panzer-Automobile gegen die Walachen.

=Von Lt. d. R. Wilhelm Siemer.= Zum erstenmal hören wir von den
Leistungen unserer neuen Aufklärungs- und Kampfwaffe, von der hohen
Bedeutung ihrer Aufgabe. – Preis 1 Mark.


Mit der Armee v. Falkenhayn gegen die Rumänen.

Von =Karl Rosner=. Die heißen Kämpfe um Siebenbürgen, die schneidige
Bezwingung der Grenzpässe, das unaufhaltsame Vorwärtsdrängen unserer
herrlichen Truppen in der Walachei bis zum Sereth – ein Vorwurf,
geschaffen für Rosners Erzählerkunst. – Preis 1 M.


Vor dem Drahtverhau.

=Bilder aus dem Grabenkriege im Westen.= Von =Karl Rosner=. Der
Meistererzähler gibt die überwältigenden Eindrücke wieder, die er an
unserer Westfront gewonnen hat. Voll strenger Wahrheitsliebe und
dichterisch tief empfunden. In die wildbewegten Kampfszenen hat er
Stimmungsbilder von wunderbarem Reiz eingefügt. – Preis 1
Mark.


Der graue Ritter.

=Bilder vom Kriege in Frankreich und Flandern.= Von =Karl Rosner=. Als
Kriegsberichterstatter führt uns Rosner an die Aisne und vor Ypern; er
schildert die große Herbstschlacht in der Champagne, das Leben unserer
tapferen Feldgrauen in Unterständen und Erdhöhlen, in Etappen und
Quartieren; er gibt uns Kunde von dem unbeugsamen Siegeswillen unserer
grauen Ritter. – Preis 1 Mark.


Sachsen im Felde (Ostfront).

Von =Georg Freiherrn v. Ompteda=, Rittmeister. Der bekannte
Romanschriftsteller stellt seine Landsleute in allen Kriegslagen dar.
Die Skizzen erwecken unsere Freude an dem Lebenshumor der sächsischen
Truppen und an der Erzählerkunst des Dichter-Rittmeisters. – Preis 1
Mark.


Bei unseren Blaujacken und Feldgrauen.

Flandrische Erlebnisse. Von =Wilhelm Hegeler=. Die Erfahrungen, die der
Verfasser als Pfleger unserer verwundeten Blaujacken und Feldgrauen
gesammelt hat. Ergreifende und erhebende Szenen, von sonnigem Humor
bestrahlte Bilder deutschen Heldenmutes. – Preis 1 Mark.


Kameraden vom Isonzo.

Von =Otto König=. Der Autor erzählt in schlichter, fesselnder Art vom
eisernen Feststehen der österreichischen Front gegen den treubrüchigen
Bundesgenossen, von den trefflichen Führern und Truppen, der herzlichen
Kameradschaft und dem stillen Heldentum unserer Treuverbündeten. –
Preis 1 Mark.


Als Adjutant durch Frankreich und Belgien.

Der bekannte Schriftsteller =Otto von Gottberg= erzählt als Mitkämpfer
in packender Darstellung seine Erlebnisse und Abenteuer in Feindesland.
– Preis 1 Mark.




Kriegs-Abenteuer


Rund um die Erde zur Front.

=Dem Flüchtling nacherzählt von Otto Anthes.= Die fesselnde Geschichte
eines Deutschen, dem es nach zwei mißlungenen Fluchtversuchen endlich
glückte, unter schrecklichen Gefahren und Entbehrungen aus russischer
Gefangenschaft durch Sibirien in die Mongolei nach Peking, und von da
über Japan, Amerika, England und Norwegen in die Heimat zu entkommen. –
Mit acht Bildern. – Preis 2 Mark. Gebunden 3 Mark.


Dem Reiche der Knute entflohen.

Dem Flüchtling nacherzählt von =Alexander Geymann=. Voll frischer
Anschaulichkeit, mit keckem Humor berichtet der junge deutsche Kaufmann
über seine waghalsige Flucht aus dem Gefangenenlager Wijatka, seine
mühselige Wanderung nach Archangelsk und seine Fahrt als blinder
Passagier eines norwegischen Dampfers in die Freiheit. – Preis 1 Mark.
Gebunden 2 Mark.


Aus der Hölle empor.

Erlebnisse eines aus russischer Kriegsgefangenschaft Ausgetauschten.

Von =Hans Zuchhold=. Ein in seiner Schlichtheit ergreifender Bericht
über die unsäglichen Leiden, denen unsere verwundeten Kriegsgefangenen
in Rußland preisgegeben sind. – Preis 1 Mark.


Seine Hoheit – der Kohlentrimmer.

Die Kriegsheimfahrt des Herzogs Heinrich Borwin zu Mecklenburg. Von
=Johann zur Plassow=. Der Herzog wird in Amerika vom Ausbruch des
Krieges überrascht. Die Engländer erschweren ihm die Rückkehr durch
Aussetzen eines Fanggeldes von zweitausend Pfund. Mit stählerner
Willenskraft kämpft sich der Herzog durch alle Schwierigkeiten und
Gefahren hindurch und gelangt von New York aus als Kohlentrimmer über
Kirkwall und Kristiania glücklich in die Heimat. – Mit vier Aufnahmen.
– Preis 1 Mark. – Vorzugs-Ausgabe: geheftet 3 Mark, gebunden 4
Mark.


Kriegsgefangen

– =über England entflohen=! Von Lt. d. R. =Robert Neubau=. Der
Verfasser, der in französische Gefangenschaft geraten war, erzählt seine
Schicksale in Feindesland und die ihm mit geradezu indianerhafter List
gelungene Flucht. – Preis 1 Mark. Gebunden 2 Mark.


Fremdenlegionär Kirsch.

=Von Kamerun in den deutschen Schützengraben.= Von =Hans Paasche=. Der
farbenreichen Erzählung der abenteuerlichen Erlebnisse des tapferen
jungen Deutschen in Afrika und Frankreich sind authentische
Photographien und Dokumente beigegeben. Ein fesselndes Buch, wert, dem
heranwachsenden Geschlecht statt der Robinsonade in die Hand gegeben zu
werden. – Preis 1 Mark. Gebunden 2 Mark.


In Friedens- und Kriegszeiten in Kamerun.

Von =Grete Kühnhold=, Schwester des deutschen Frauenvereins vom Roten
Kreuz für die Kolonien. Die Schwester hat den ganzen Krieg in Kamerun
miterlebt. Sie gibt einen anschaulichen Bericht über Leben und Leiden
der Deutschen, über die Stimmung der Eingeborenen und den Verlauf der
kriegerischen Ereignisse. Die Schrift ist ein wertvolles Zeit- und
Kulturdokument. – Preis 50 Pfg.




Bücher aus großer Zeit


500 Jahre Hohenzollern.

=Ein Gedenkbuch zur Regierungsfeier unseres Kaiserhauses.= Prachtwerk,
verfaßt vom Geheimen Archivrat Dr. =Georg Schuster=, Königlichem
Hausarchivar. Kurzgefaßte, in großen Zügen erschöpfende Darstellung des
Lebens und Wirkens der Hohenzollernfürsten. Quartformat. Mit 121
Abbildungen. Einband von Professor =E. Doepler d. J.= – Preis 3 Mark.
Die Prachtausgabe 6 Mark. – Zum Besten unserer Verwundeten überweist
der Verlag von jedem verkauften Buch dem Roten Kreuz 60 Pfennig bzw. 1
Mark 20 Pfennig.


Kaiser Wilhelm II. und die Marine.

Prachtwerk, herausgegeben und glänzend illustriert von Professor =W.
Stöwer=, mit fesselndem Text von Admiralitätsrat =G. Wislicenus=.
Historischer Ueberblick über das Entstehen unserer stolzen Flotte, des
ureigenen Werkes unseres Kaisers. Mit 10 farbigen Vollbildern und 120
Textzeichnungen. – In Leinen gebunden 5 Mark. Vorzugs-Ausgabe 10
Mark.


Singendes Schwert.

Lieder aus großer Zeit von =Joseph v. Lauff=. Sammlung der Kriegslieder
des vaterländischen Dichters, der in glühender Begeisterung unsere
Helden feiert. – In künstlerischem Einband 1 Mark 25 Pf.


Singendes Schwert.

Neue Lieder aus großer Zeit von =Joseph v. Lauff=. Zweiter Teil. – In
künstlerischem Einband 1 Mark 50 Pfennig.


Landsturm.

Kriegsgesänge von =Hans Breunert=. Ein köstliches Sammelbuch frischer,
volkstümlicher Gedichte und Soldatenlieder, teilweise mit Melodie und
Begleitung. – Preis 1 Mark.


Kriegsalbum der »Woche«

Enthält aus der Fülle der photographischen Berichterstattung mehrere
hundert Bilder der heldenhaften Kämpfe unserer verbündeten Armeen und
die amtlichen Meldungen der Heeresleitungen.

=Erster Band= (22. Sonderheft der »Woche«): umfaßt die Zeit vom Beginn
des Krieges bis Ende November 1914. – In künstlerischem Einband 3
Mark.

=Zweiter Band= (23. Sonderheft der »Woche«): umfaßt die Zeit von Anfang
Dezember 1914 bis Ende April 1915. – In künstlerischem Einband 3
Mark.

=Dritter Band= (24. Sonderheft der »Woche«): umfaßt die Zeit von Anfang
Mai bis Ende Oktober 1915. – In künstlerischem Einband 3
Mark.

=Vierter Band= (25. Sonderheft der »Woche«): umfaßt die Zeit von Anfang
November 1915 bis Ende April 1916. – In künstlerischem Einband 3
Mark.

=Fünfter Band= (26. Sonderheft der »Woche«): umfaßt die Zeit von Anfang
Mai 1916 bis Ende Januar 1917. – In künstlerischem Einband 4
Mark.




Romane


Die Opferschale.

Roman von =Ida Boy-Ed=. Ein überzeugendes Zeitbild aus der rauhen
Gegenwart, das uns die vom Weltkriege geleiteten Schicksale eines
sympathischen Familien- und Freundeskreises meisterlich vor Augen führt.
Die großzügige Dichtung setzt der Opferbereitschaft der deutschen Frau
ein bleibendes Denkmal. – Preis 4 Mark. Gebunden 5 Mark.


König und Kärrner.

Roman von =Rudolph Stratz=. Ein Preislied auf den sonnigen Humor der
fröhlichen Pfalz und die quellende Riesenkraft der deutschen
Friedensarbeit. – Preis 4 Mark. Gebunden 5 Mark.


Der große Rachen.

Roman von =Olga Wohlbrück=. Ein moderner Roman, der mit packender
Anschaulichkeit, bezwingender Darstellungskraft und fesselndem Humor die
Spielwut schildert, die Lust und Leidenschaft zum Totalisator, die
Existenzen verschlingt, Familien zugrunde richtet. – Preis 4 Mark.
Gebunden 5 Mark.


Die werdende Macht.

Roman von =Otto von Gottberg=. Die Geschichte der Liebe und jungen Ehe
eines Seeoffiziers. Aus der lebendigen Wirklichkeit vor Ausbruch des
Krieges. Wir lernen alle Typen unserer Kriegsschiffe kennen, den
schweren Dienst an Bord, die Stählung zu den kommenden Heldentaten. –
Preis 3 Mark. Gebunden 4 Mark.


Die das Leben zwingen.

Zwei Erzählungen von =Sophie Kloerss=: »=Niemand hat größere Liebe=«,
eine inhaltschwere Geschichte aus der »Franzosenzeit« Ostpreußens, und
der gediegene Bauernroman »=Der Hoferbe=« von der mecklenburgischen
Wasserkante. – In einem Band. Preis 3 Mark. Gebunden 4 Mark.


Unter den Blutbuchen.

Roman von =Emmi Lewald=. Die Schicksale junger Mädchen in einer
Kleinstadt. Voll Humor und Tragik zugleich, meisterhaft geschildert. –
Preis 3 Mark. Gebunden 4 Mark.


Cornelie Arendt.

=Roman aus Alt-Berlin von Felix Philippi.= Eine spannende Erzählung vom
Menschenglück und Menschenleid aus dem Berlin der sechziger Jahre mit
seinem eigenartigen Zauber trauter Heimlichkeit, verschwiegener Reize
und verträumter Schönheiten. – Preis 3 Mark. Gebunden 4 Mark.


Hotel Gigantic.

Roman von =Felix Philippi=. Das buntbewegte internationale Leben und
Treiben in einer der größten und prunkvollsten Karawansereien der
Schweiz bei Ausbruch des Weltkrieges. Inmitten der Handlung der Kampf
einer verführerisch schönen Spionin gegen einen deutschen Diplomaten,
der mit wichtigen Dokumenten nach Berlin unterwegs ist. – Preis 3 Mark.
Gebunden 4 Mark.


Meine Tante Anna.

Roman von =Hermine Villinger=. Frisch und humorvoll behandelt die
Dichterin süddeutsches Leben in der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Ein
Familienroman im besten Sinne. – Preis 3 Mark. Gebunden 4
Mark.


Der Rosenhof.

Roman von =Lisa Wenger=. Die Geschichte einer Jugendliebe. Nach Leiden
und Freuden, Entfremdung und Trennung endlich die Vereinigung. – Preis
3 Mark – Gebunden 4 Mark.




Liste korrigierter Druckfehler

Seite 16, »..,« hinter »ein Schiff« durch »...« ersetzt (... ein Schiff
... ein Feind ...)

Seite 21, »dunke« durch »dunkle« ersetzt (An Steuerbord steigen dunkle
Felsen aus der See hoch ...)

Seite 31, »umittelbarer« durch »unmittelbarer« ersetzt (... das Hirn
kann den Vorgang, der sich hier in so unmittelbarer Nähe mit
unheimlicher Schnelligkeit abgespielt hat, noch nicht fassen.)

Seite 34, ein Komma eingefügt hinter »Fahrzeug« (Das mächtige Fahrzeug,
ein früherer White-Star-Dampfer, trägt Kriegsschiffarbe.)

Seite 52, unpassendes Anführungszeichen vor »Wir raus« entfernt (»Jungs,
das ist ja unser alter Dampfer »Adjutant«, den kitschen wir uns!« Wir
raus aus dem Busch, ...)

Seite 55, »Krahn« durch »Kran« und »verhandenen« durch »vorhandenen«
ersetzt (Was zu Hause der riesige Kran spielend in einem Augenblick
bewältigte, dafür gilt es hier mit Aufbietung aller vorhandenen Kräfte
Mittel zu schaffen.)

Seite 67, »Unternehmungn« durch »Unternehmungen« ersetzt (Der eine Sieg
hier hat Unternehmungen reifen lassen, ...)

Seite 68, »englichen« durch »englischen« ersetzt (... nachdem die
englischen Schiffe am Abend zuvor mit Nordkurs in See gegangen
waren.)

Seite 71, hier fehlt in der Originalvorlage ein Stück Text, das nicht
mehr reproduziert werden kann. Die Stelle wurde vom Bearbeiter durch
Gedankenstriche und eine Fußnote markiert.

Seite 92, »Seemansfäusten« durch »Seemannsfäusten« ersetzt (... wie man
es den harten Seemannsfäusten gar nicht zumutet, ...)

Seite 94, »den« durch »dem« ersetzt (... um das Schiff auf dem
befohlenen Kurs zu halten.)

Seite 94, »Dan« durch »Dann« ersetzt (Ein Augenblick ist Stille. Dann
spricht der Alte.)

Seite 98, »Sechsundreißig« durch »Sechsunddreißig« ersetzt
(Sechsunddreißig Stunden noch trennen die Deutschen von dem Ziel,
...)

Seite 104, Punkt hinter der Ziffer »3« eingefügt (vom 3. April
1917.)

Seite 105, hinter »hingemordet« Punkt durch Komma ersetzt (... in der
Wüste hingemordet, von Beduinen, die mit englischem Gelde bestochen
waren.)

Seite 112, »der vorigen« durch »des vorigen« ersetzt (... süddeutsches
Leben in der Mitte des vorigen Jahrhunderts.)





*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK BLOCKADE-BRECHER ***


    

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Volunteers and financial support to provide volunteers with the
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remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
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generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
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Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
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Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
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Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up
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Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

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