Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik

By Immanuel Kant

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Träume der Metaphysik, by Immanuel Kant

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Title: Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik

Author: Immanuel Kant

Release Date: May 10, 2011 [EBook #36076]

Language: German


*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK TRÄUME EINES GEISTERSEHERS ***




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  [ Anmerkungen zur Transkription:

    Der Text stammt aus: Vorkritische Schriften. Band II. Hg. v.
    Artur Buchenau. Berlin: Bruno Cassirer 1912 (= Immanuel Kants
    Werke II). S. 329-390 u. 481-484 (Lesarten).

    Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden übernommen;
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  Träume eines Geistersehers,
  erläutert
  durch
  Träume der Metaphysik.


                velut aegri somnia, vanae
  Finguntur species.

  HORAT.


  =Königsberg=
  bei Johann Jacob Kanter
  1766




Ein Vorbericht,

der sehr wenig vor die Ausführung verspricht.


Das Schattenreich ist das Paradies der Phantasten. Hier finden sie ein
unbegrenztes Land, wo sie sich nach Belieben anbauen können.
Hypochondrische Dünste, Ammenmärchen und Klosterwunder lassen es ihnen
an Bauzeug nicht ermangeln. Die Philosophen zeichnen den Grundriß und
ändern ihn wiederum oder verwerfen ihn, wie ihre Gewohnheit ist. Nur das
heilige Rom hat daselbst einträgliche Provinzen; die zwei Kronen des
unsichtbaren Reichs stützen die dritte, als das hinfällige Diadem seiner
irdischen Hoheit, und die Schlüssel, welche die beide Pforten der andern
Welt auftun, öffnen zugleich sympathetisch die Kasten der gegenwärtigen.
Dergleichen Rechtsame des Geisterreichs, insofern es durch die Gründe
der Staatsklugheit bewiesen ist, erheben sich weit über alle ohnmächtige
Einwürfe der Schulweisen, und ihr Gebrauch oder Mißbrauch ist schon zu
ehrwürdig, als daß er sich einer so verworfenen Prüfung auszusetzen
nötig hätte. Allein die gemeine Erzählungen, die so viel Glauben finden
und wenigstens so schlecht bestritten sind, weswegen laufen die so
ungenützt oder ungeahndet umher und schleichen sich selbst in die
Lehrverfassungen ein, ob sie gleich den Beweis vom Vorteil hergenommen
(_argumentum ab utili_) nicht vor sich haben, welcher der überzeugendste
unter allen ist? Welcher Philosoph hat nicht einmal zwischen den
Beteurungen eines vernünftigen und fest überredeten Augenzeugen und der
inneren Gegenwehr eines unüberwindlichen Zweifels die einfältigste Figur
gemacht, die man sich vorstellen kann? Soll er die Richtigkeit aller
solcher Geistererscheinungen gänzlich ableugnen? Was kann er vor Gründe
anführen, sie zu widerlegen?

Soll er auch nur eine einzige dieser Erzählungen als wahrscheinlich
einräumen? Wie wichtig wäre ein solches Geständnis, und in welche
erstaunliche Folgen sieht man hinaus, wenn auch nur =eine= solche
Begebenheit als bewiesen vorausgesetzet werden könnte! Es ist wohl noch
ein dritter Fall übrig, nämlich sich mit dergleichen vorwitzigen oder
=müßigen= Fragen gar nicht zu bemengen und sich an das =Nützliche= zu
halten. Weil dieser Anschlag aber vernünftig ist, so ist er jederzeit
von gründlichen Gelehrten durch die Mehrheit der Stimmen verworfen
worden.

Da es ebensowohl ein dummes Vorurteil ist, von vielem, das mit einigem
Schein der Wahrheit erzählt wird, ohne Grund =nichts= zu glauben, als
von dem, was das gemeine Gerüchte sagt, ohne Prüfung =alles= zu glauben,
so ließ sich der Verfasser dieser Schrift, um dem ersten Vorurteile
auszuweichen, zum Teil von dem letzteren fortschleppen. Er bekennet mit
einer gewissen Demütigung, daß er so treuherzig war, der Wahrheit
einiger Erzählungen von der erwähnten Art nachzuspüren. Er fand -- -- --
wie gemeiniglich, wo man nichts zu suchen hat -- -- -- er fand nichts.
Nun ist dieses wohl an sich selbst schon eine hinlängliche Ursache, ein
Buch zu schreiben; allein es kam noch dasjenige hinzu, was bescheidenen
Verfassern schon mehrmalen Bücher abgedrungen hat, das ungestüme
Anhalten bekannter und unbekannter Freunde. Überdem war ein großes Werk
gekauft und, welches noch schlimmer ist, gelesen worden, und diese Mühe
sollte nicht verloren sein. Daraus entstand nun die gegenwärtige
Abhandlung, welche, wie man sich schmeichelt, den Leser nach der
Beschaffenheit der Sache völlig befriedigen soll, indem er das
Vornehmste nicht verstehen, das andere nicht glauben, das übrige aber
belachen wird.




Der erste Teil,

welcher dogmatisch ist.


Erstes Hauptstück. _Ein verwickelter metaphysischer Knoten, den man nach
Belieben auflösen oder abhauen kann._

Wenn alles dasjenige, was von Geistern der Schulknabe herbetet, der
große Haufe erzählt und der Philosoph demonstriert, zusammengenommen
wird, so scheinet es keinen kleinen Teil von unserem Wissen auszumachen.
Nichtsdestoweniger getraue ich mich zu behaupten, daß, wenn es jemand
einfiele, sich bei der Frage etwas zu verweilen, was denn das eigentlich
vor ein Ding sei, wovon man unter dem Namen eines =Geistes= so viel zu
verstehen glaubt, er alle diese Vielwisser in die beschwerlichste
Verlegenheit versetzen würde. Das methodische Geschwätz der hohen
Schulen ist oftmals nur ein Einverständnis, durch veränderliche
Wortbedeutungen einer schwer zu lösenden Frage auszuweichen, weil das
bequeme und mehrenteils vernünftige: =Ich weiß nicht=, auf Akademien
nicht leichtlich gehöret wird. Gewisse neuere Weltweisen, wie sie sich
gerne nennen lassen, kommen sehr leicht über diese Frage hinweg. Ein
Geist, heißt es, ist ein Wesen, welches Vernunft hat. So ist es denn
also keine Wundergabe, Geister zu sehen; denn wer Menschen sieht, der
sieht Wesen, die Vernunft haben. Allein, fährt man fort, dieses Wesen,
was im Menschen Vernunft hat, ist nur ein Teil vom Menschen, und dieser
Teil, der ihn belebt, ist ein Geist. Wohlan denn: ehe ihr also beweiset,
daß nur ein geistiges Wesen Vernunft haben könne, so sorget doch, daß
ich zuvörderst verstehe, was ich mir unter einem geistigen Wesen vor
einen Begriff zu machen habe. Diese Selbsttäuschung, ob sie gleich grob
genug ist, um mit halboffenen Augen bemerkt zu werden, ist doch von sehr
begreiflichem Ursprunge. Denn wovon man frühzeitig als ein Kind sehr
viel weiß, davon ist man sicher, späterhin und im Alter nichts zu
wissen, und der Mann der Gründlichkeit wird zuletzt höchstens der
Sophiste seines Jugendwahnes.

Ich weiß also nicht, ob es Geister gebe, ja, was noch mehr ist, ich weiß
nicht einmal, was das Wort =Geist= bedeute. Da ich es indessen oft
selbst gebraucht oder andere habe brauchen hören, so muß doch etwas
darunter verstanden werden, es mag nun dieses Etwas ein Hirngespinst
oder was Wirkliches sein. Um diese versteckte Bedeutung auszuwickeln, so
halte ich meinen schlecht verstandenen Begriff an allerlei Fälle der
Anwendung und dadurch, daß ich bemerke, auf welchen er trifft und
welchem er zuwider ist, verhoffe ich, dessen verborgenen Sinn zu
entfalten.(1)

  (1) Wenn der Begriff eines Geistes von unsern eignen Erfahrungsbegriffen
  abgesondert wäre, so würde das Verfahren, ihn deutlich zu
  machen leicht sein, indem man nur diejenigen Merkmale anzuzeigen
  hätte, welche uns die Sinne an dieser Art Wesen offenbareten,
  und wodurch wir sie von materiellen Dingen unterscheiden.
  Nun aber wird von Geistern geredet, selbst alsdenn, wenn
  man zweifelt, ob es gar dergleichen Wesen gebe. Also kann der
  Begriff von der geistigen Natur nicht als ein von der Erfahrung
  abstrahierter behandelt werden. Fragt ihr aber: Wie ist man denn zu
  diesem Begriff überhaupt gekommen, wenn es nicht durch Abstraktion
  geschehen ist? Ich antworte: Viele Begriffe entspringen durch geheime
  und dunkele Schlüsse bei Gelegenheit der Erfahrungen und pflanzen sich
  nachher auf andere fort ohne Bewußtsein der Erfahrung selbst oder des
  Schlusses, welcher den Begriff über dieselbe errichtet hat. Solche
  Begriffe kann man =erschlichene= nennen. Dergleichen sind viele, die
  zum Teil nichts als ein Wahn der Einbildung, zum Teil auch wahr sind,
  indem auch dunkele Schlüsse nicht immer irren. Der Redegebrauch und
  die Verbindung eines Ausdrucks mit verschiedenen Erzählungen, in denen
  jederzeit einerlei Hauptmerkmal anzutreffen ist, geben ihm eine
  bestimmte Bedeutung, welche folglich nur dadurch kann entfaltet
  werden, daß man diesen versteckten Sinn durch eine Vergleichung mit
  allerlei Fällen der Anwendung, die mit ihm einstimmig sind oder ihm
  widerstreiten, aus seiner Dunkelheit hervorzieht.

Nehmet etwa einen Raum von einem Kubikfuß und setzet, es sei etwas, das
diesen Raum erfüllt, d. i. dem Eindringen jedes andern Dinges
widerstehet, so wird niemand das Wesen, was auf solche Weise im Raum
ist, =geistig= nennen. Es würde offenbar =materiell= heißen, weil es
ausgedehnt, undurchdringlich und wie alles Körperliche der Teilbarkeit
und den Gesetzen des Stoßes unterworfen ist. Bis dahin sind wir noch auf
dem gebähnten Gleise anderer Philosophen. Allein denket euch ein
einfaches Wesen und gebet ihm zugleich Vernunft; wird dies alsdenn die
Bedeutung des Wortes =Geist= gerade ausfüllen? Damit ich dieses
entdecke, so will ich die Vernunft dem besagten einfachen Wesen als eine
=innere= Eigenschaft lassen, vor jetzo es aber nur in =äußeren=
Verhältnissen betrachten. Und nunmehro frage ich: wenn ich diese
einfache Substanz in jenen Raum vom Kubikfuß, der voll Materie ist,
setzen will, wird alsdenn ein einfaches Element derselben den Platz
räumen müssen, damit ihn dieser Geist erfülle? Meinet ihr, ja? Wohlan,
so wird der gedachte Raum, um einen zweiten Geist einzunehmen, ein
zweites Elementarteilchen verlieren müssen, und so wird endlich, wenn
man fortfährt, ein Kubikfuß Raum von Geistern erfüllet sein, deren
Klumpe ebensowohl durch Undurchdringlichkeit widerstehet, als wenn er
voll Materie wäre, und ebenso wie diese der Gesetze des Stoßes fähig
sein muß. Nun würden aber dergleichen Substanzen, ob sie gleich in sich
Vernunftkraft haben mögen, doch äußerlich von den Elementen der Materie
gar nicht unterschieden sein, bei denen man auch nur die Kräfte ihrer
äußeren Gegenwart kennet und, was zu ihren inneren Eigenschaften gehören
mag, gar nicht weiß. Es ist also außer Zweifel, daß eine solche Art
einfacher Substanzen nicht geistige Wesen heißen würden, davon Klumpen
zusammengeballet werden könnten. Ihr werdet also den Begriff eines
Geistes nur beibehalten können, wenn ihr euch Wesen gedenkt, die sogar
in einem von Materie erfüllten Raume gegenwärtig sein können;(2) Wesen
also, welche die Eigenschaft der Undurchdringlichkeit nicht an sich
haben, und deren so viele, als man auch will, vereinigt niemals ein
solides Ganze ausmachen. Einfache Wesen von dieser Art werden
immaterielle Wesen und, wenn sie Vernunft haben, Geister genannt werden.
Einfache Substanzen aber, deren Zusammensetzung ein undurchdringliches
und ausgedehntes Ganze gibt, werden materielle Einheiten, ihr Ganzes
aber Materie heißen. Entweder der Name eines Geistes ist ein Wort ohne
allen Sinn, oder seine Bedeutung ist die angezeigte.

  (2) Man wird hier leichtlich gewahr, daß ich nur von Geistern, die als
  Teile zum Weltganzen gehören und nicht von dem unendlichen Geiste
  rede, der der Urheber und Erhalter desselben ist. Denn der Begriff von
  der geistigen Natur des letzteren ist leicht, weil er lediglich
  negativ ist und darin besteht, daß man die Eigenschaften der Materie
  an ihm verneinet, die einer unendlichen und schlechterdings
  notwendigen Substanz widerstreiten. Dagegen bei einer geistigen
  Substanz, die mit der Materie in Vereinigung sein soll, wie z. E. der
  menschlichen Seele, äußert sich die Schwierigkeit, daß ich eine
  wechselseitige Verknüpfung derselben mit körperlichen Wesen zu einem
  Ganzen denken und dennoch die einzige bekannte Art der Verbindung,
  welche unter materiellen Wesen stattfindet, aufheben soll.

Von der Erklärung, was der Begriff eines Geistes enthalte, ist der
Schritt noch ungemein weit zu dem Satze, daß solche Naturen wirklich, ja
auch nur möglich seien. Man findet in den Schriften der Philosophen
recht gute Beweise, darauf man sich verlassen kann, daß alles, was da
denkt, einfach sein müsse, daß eine jede vernünftigdenkende Substanz
eine Einheit der Natur sei, und das unteilbare Ich nicht könne in einem
Ganzen von viel verbundenen Dingen verteilt sein. Meine Seele wird also
eine einfache Substanz sein. Aber es bleibt durch diesen Beweis noch
immer unausgemacht, ob sie von der Art derjenigen sei, die in dem Raume
vereinigt ein ausgedehntes und undurchdringliches Ganze geben und also
materiell oder ob sie immateriell und folglich ein Geist sei, ja sogar,
ob eine solche Art Wesen als diejenige, so man =geistige= nennet, nur
möglich sei.

Und hiebei kann ich nicht umhin, vor übereilte Entscheidungen zu warnen,
welche in den tiefsten und dunkelsten Fragen sich am leichtesten
eindringen. Was nämlich zu den gemeinen Erfahrungsbegriffen gehört, das
pflegt man gemeiniglich so anzusehen, als ob man auch seine Möglichkeit
einsehe. Dagegen was von ihnen abweicht und durch keine Erfahrung, auch
nicht einmal der Analogie nach, verständlich gemacht werden kann, davon
kann man sich freilich keinen Begriff machen, und darum pflegt man es
gerne als unmöglich sofort zu verwerfen. Alle Materie widerstehet in dem
Raume ihrer Gegenwart und heißt darum undurchdringlich. Daß dieses
geschehe, lehrt die Erfahrung, und die Abstraktion von dieser Erfahrung
bringt in uns auch den allgemeinen Begriff der Materie hervor. Dieser
Widerstand aber, den Etwas in dem Raume seiner Gegenwart leistet, ist
auf solche Weise wohl =erkannt=, allein darum nicht =begriffen=. Denn es
ist derselbe, sowie alles, was einer Tätigkeit entgegenwirkt, eine wahre
Kraft, und da ihre Richtung derjenigen entgegensteht, wornach die
fortgezogne Linien der =Annäherung= zielen, so ist sie eine Kraft der
=Zurückstoßung=, welche der Materie und folglich auch ihren Elementen
muß beigeleget werden. Nun wird sich ein jeder Vernünftiger bald
bescheiden, daß hier die menschliche Einsicht zu Ende sei. Denn nur
durch die Erfahrung kann man innewerden, daß Dinge der Welt, welche wir
=materiell= nennen, eine solche Kraft haben, niemals aber die
Möglichkeit derselben begreifen. Wenn ich nun Substanzen anderer Art
setze, die mit andern Kräften im Raume gegenwärtig sind, als mit jener
=treibenden= Kraft, deren Folge die Undurchdringlichkeit ist, so kann
ich freilich eine Tätigkeit derselben, welche keine Analogie mit meinen
Erfahrungsvorstellungen hat, gar nicht _in concreto_ denken, und indem
ich ihnen die Eigenschaft nehme, den Raum, in dem sie wirken, zu
=erfüllen=, so stehet mir ein Begriff ab, wodurch mir sonsten die Dinge
denklich sind, welche in meine Sinne fallen, und es muß daraus notwendig
eine Art von Undenklichkeit entspringen. Allein diese kann darum nicht
als eine erkannte Unmöglichkeit angesehen werden, eben darum weil das
Gegenteil seiner Möglichkeit nach gleichfalls uneingesehen bleiben wird,
obzwar dessen Wirklichkeit in die Sinne fällt.

Man kann demnach die Möglichkeit immaterieller Wesen annehmen ohne
Besorgnis widerlegt zu werden, wiewohl auch ohne Hoffnung, diese
Möglichkeit durch Vernunftgründe beweisen zu können. Solche geistige
Naturen würden im Raume gegenwärtig sein, sodaß derselbe demungeachtet
vor körperliche Wesen immer durchdringlich bliebe, weil ihre Gegenwart
wohl eine =Wirksamkeit= im Raume, aber nicht dessen =Erfüllung=, d. i.
einen Widerstand als den Grund der Solidität enthielte. Nimmt man nun
eine solche =einfache= geistige Substanz an, so würde man unbeschadet
ihrer Unteilbarkeit sagen können, daß der Ort ihrer unmittelbaren
Gegenwart nicht ein Punkt, sondern selbst ein Raum sei. Denn um die
Analogie zu Hülfe zu rufen, so müssen notwendig selbst die einfachen
Elemente der Körper ein jegliches ein Räumchen in dem Körper erfüllen,
der ein proportionierter Teil seiner ganzen Ausdehnung ist, weil Punkte
gar nicht Teile, sondern Grenzen des Raumes sind. Da diese Erfüllung des
Raumes vermittelst einer wirksamen Kraft (der Zurückstoßung) geschieht
und also nur einen Umfang der größeren Tätigkeit, nicht aber eine
Vielheit der Bestandteile des wirksamen Subjekts anzeigt, so
widerstreitet sie gar nicht der einfachen Natur desselben, obgleich
freilich die Möglichkeit hievon nicht weiter kann deutlich gemacht
werden, welches niemals bei den ersten Verhältnissen der Ursachen und
Wirkungen angeht. Ebenso wird mir zum wenigsten keine erweisliche
Unmöglichkeit entgegenstehen, obschon die Sache selbst unbegreiflich
bleibt, wenn ich behaupte, daß eine geistige Substanz, ob sie gleich
einfach ist, dennoch einen Raum =einnehme=, (d. i. in ihm unmittelbar
tätig sein könne), ohne ihn zu =erfüllen=, (d. i. materiellen Substanzen
darin Widerstand zu leisten). Auch würde eine solche immaterielle
Substanz nicht ausgedehnt genannt werden müssen, so wenig wie es die
Einheiten der Materie sind; denn nur dasjenige, was abgesondert von
allem und =vor sich= allein existierend einen Raum einnimmt, ist
=ausgedehnt=; die Substanzen aber, welche Elemente der Materie sind,
nehmen einen Raum nur durch die =äußere= Wirkung in andere ein, vor sich
besonders aber, wo keine andre Dinge in Verknüpfung mit ihnen gedacht
werden, und da in ihnen selbst auch nichts außereinander Befindliches
anzutreffen ist, enthalten sie keinen Raum. Dieses gilt von
Körperelementen. Dieses würde auch von geistigen Naturen gelten. Die
Grenzen der Ausdehnung bestimmen die Figur. An ihnen würde also keine
Figur gedacht werden können. Dieses sind schwer einzusehende Gründe der
vermuteten Möglichkeit immaterieller Wesen in dem Weltganzen. Wer im
Besitze leichterer Mittel ist, die zu dieser Einsicht führen können, der
versage seinen Unterricht einem Lehrbegierigen nicht, vor dessen Augen
im Fortschritt der Untersuchung sich öfters Alpen erheben, wo andere
einen ebenen und gemächlichen Fußsteig vor sich sehen, den sie
fortwandern oder zu wandern glauben.

Gesetzt nun, man hätte bewiesen, die Seele des Menschen sei ein Geist,
(wiewohl aus dem vorigen zu sehen ist, daß ein solcher Beweis noch
niemals geführet worden), so würde die nächste Frage, die man tun
könnte, etwa diese sein: Wo ist der Ort dieser menschlichen Seele in der
Körperwelt? Ich würde antworten: Derjenige Körper, dessen Veränderungen
=meine= Veränderungen sind, dieser Körper ist =mein= Körper, und der Ort
desselben ist zugleich =mein Ort=. Setzet man die Frage weiter fort: Wo
ist denn =dein= Ort (der Seele) in diesem Körper, so würde ich etwas
Verfängliches in dieser Frage vermuten. Denn man bemerkt leicht, daß
darin etwas schon vorausgesetzet werde, was nicht durch Erfahrung
bekannt ist, sondern vielleicht auf eingebildeten Schlüssen beruhet,
nämlich daß mein denkendes Ich in einem Orte sei, der von den Örtern
anderer Teile desjenigen Körpers, der zu meinem Selbst gehöret,
unterschieden wäre. Niemand aber ist sich eines besondern Orts in seinem
Körper unmittelbar bewußt, sondern desjenigen, den er als Mensch in
Ansehung der Welt umher einnimmt. Ich würde mich also an der gemeinen
Erfahrung halten und vorläufig sagen: Wo ich empfinde, da =bin= ich. Ich
bin ebenso unmittelbar in der Fingerspitze wie in dem Kopfe. Ich bin es
selbst, der in der Ferse leidet und welchem das Herz im Affekte klopft.
Ich fühle den schmerzhaften Eindruck nicht an einer Gehirnnerve, wenn
mich mein Leichdorn peinigt, sondern am Ende meiner Zehen. Keine
Erfahrung lehrt mich einige Teile meiner Empfindung von mir vor entfernt
zu halten, mein unteilbares Ich in ein mikroskopisch kleines Plätzchen
des Gehirnes zu versperren, um von da aus den Hebezeug meiner
Körpermaschine in Bewegung zu setzen oder dadurch selbst getroffen zu
werden. Daher würde ich einen strengen Beweis verlangen, um dasjenige
ungereimt zu finden, was die Schullehrer sagten: =Meine Seele ist ganz
im ganzen Körper und ganz in jedem seiner Teile.= Der gesunde Verstand
bemerkt oft die Wahrheit eher, als er die Gründe einsiehet, dadurch er
sie beweisen oder erläutern kann. Der Einwurf würde mich auch nicht
gänzlich irre machen, wenn man sagte, daß ich auf solche Art die Seele
ausgedehnt und durch den ganzen Körper verbreitet gedächte, so ohngefähr
wie sie den Kindern in der =gemalten Welt= abgebildet wird. Denn ich
würde diese Hindernis dadurch wegräumen, daß ich bemerkte, die
unmittelbare Gegenwart in einem ganzen Raume beweise nur eine Sphäre der
äußeren Wirksamkeit, aber nicht eine Vielheit innerer Teile, mithin auch
keine Ausdehnung oder Figur, als welche nur stattfinden, wenn in einem
Wesen =vor sich allein gesetzt= ein Raum ist, d. i. Teile anzutreffen
sind, die sich außerhalb einander befinden. Endlich würde ich entweder
dieses wenige von der geistigen Eigenschaft meiner Seele wissen oder,
wenn man es nicht einwilligte, auch zufrieden sein, davon gar nichts zu
wissen.

Wollte man diesen Gedanken die Unbegreiflichkeit oder, welches bei den
meisten vor einerlei gilt, ihre Unmöglichkeit vorrücken, so könnte ich
es auch geschehen lassen. Alsdenn würde ich mich zu den Füßen dieser
Weisen niederlassen, um sie also reden zu hören: Die Seele des Menschen
hat ihren Sitz im Gehirne, und ein unbeschreiblich kleiner Platz in
demselben ist ihr Aufenthalt.(3) Daselbst empfindet sie wie die Spinne
im Mittelpunkte ihres Gewebes. Die Nerven des Gehirnes stoßen oder
erschüttern sie, dadurch verursachen sie aber, daß nicht dieser
unmittelbare Eindruck, sondern der, so auf ganz entlegene Teile des
Körpers geschieht, jedoch als ein außerhalb dem Gehirne gegenwärtiges
Objekt vorgestellet wird. Aus diesem Sitze bewegt sie auch die Seile und
Hebel der ganzen Maschine und verursacht willkürliche Bewegungen nach
ihrem Belieben. Dergleichen Sätze lassen sich nur sehr seichte oder gar
nicht beweisen und, weil die Natur der Seele im Grunde nicht bekannt
gnug ist, auch nur ebenso schwach widerlegen. Ich würde also mich in
keine Schulgezänke einlassen, wo gemeiniglich beide Teile alsdenn am
meisten zu sagen haben, wenn sie von ihrem Gegenstande gar nichts
verstehen; sondern ich würde lediglich den Folgerungen nachgehen, auf
die mich eine Lehre von dieser Art leiten kann. Weil also nach denen mir
angepriesenen Sätzen meine Seele, in der Art wie sie im Raume
gegenwärtig ist, von jedem Element der Materie nicht unterschieden wäre,
und die Verstandeskraft eine innere Eigenschaft ist, welche ich in
diesen Elementen doch nicht wahrnehmen könnte, wenngleich selbige in
ihnen allen angetroffen würde, so könnte kein tauglicher Grund
angeführet werden, weswegen nicht meine Seele eine von den Substanzen
sei, welche die Materie ausmachen, und warum nicht ihre besondere
Erscheinungen lediglich von dem Orte herrühren sollten, den sie in einer
künstlichen Maschine, wie der tierische Körper ist, einnimmt, wo die
Nervenvereinigung der inneren Fähigkeit des Denkens und der Willkür
zustatten kommt. Alsdenn aber würde man kein eigentümliches Merkmal der
Seele mehr mit Sicherheit erkennen, welches sie von dem rohen
Grundstoffe der körperlichen Naturen unterschiede, und LEIBNIZENS
scherzhafter Einfall, nach welchem wir vielleicht im Kaffee Atomen
verschluckten, woraus Menschenseelen werden sollen, wäre nicht mehr ein
Gedanke zum Lachen. Würde aber auf solchen Fall dieses denkende Ich
nicht dem gemeinen Schicksale materieller Naturen unterworfen sein und,
wie es durch den Zufall aus dem Chaos aller Elemente gezogen worden, um
eine tierische Maschine zu beleben, warum sollte es, nachdem diese
zufällige Vereinigung aufgehört hat, nicht auch künftig dahin wiederum
zurückkehren? Es ist bisweilen nötig, den Denker, der auf unrechtem Wege
ist, durch die Folgen zu erschrecken, damit er aufmerksamer auf die
Grundsätze werde, durch welche er sich gleichsam träumend hat fortführen
lassen.

  (3) Man hat Beispiele von Verletzungen, dadurch ein guter Teil des
  Gehirns verloren worden, ohne daß es dem Menschen das Leben oder die
  Gedanken gekostet hat. Nach der gemeinen Vorstellung, die ich hier
  anführe, würde ein Atomus desselben haben dürfen entführt oder aus der
  Stelle gerückt werden, um in einem Augenblick den Menschen zu
  entseelen. Die herrschende Meinung, der Seele einen Platz im Gehirne
  anzuweisen, scheinet hauptsächlich ihren Ursprung darin zu haben, daß
  man bei starkem Nachsinnen deutlich fühlt, daß die Gehirnnerven
  angestrengt werden. Allein wenn dieser Schluß richtig wäre, so würde
  er auch noch andere Örter der Seele beweisen. In der Bangigkeit oder
  der Freude scheint die Empfindung ihren Sitz im Herzen zu haben. Viele
  Affekten, ja die mehresten, äußern ihre Hauptstärke im Zwerchfell. Das
  Mitleiden bewegt die Eingeweide, und andre Instinkte äußern ihren
  Ursprung und Empfindsamkeit in andern Organen. Die Ursache, die da
  macht, daß man die =nachdenkende= Seele vornehmlich im Gehirne zu
  empfinden glaubt, ist vielleicht diese. Alles Nachsinnen erfordert die
  Vermittelung der =Zeichen= vor die zu erweckende Ideen, um in deren
  Begleitung und Unterstützung diesen den erforderlichen Grad Klarheit
  zu geben. Die Zeichen unserer Vorstellungen aber sind vornehmlich
  solche, die entweder durchs Gehör oder das Gesicht empfangen sind,
  welche beide Sinne durch die Eindrücke im Gehirne bewegt werden, indem
  ihre Organen auch diesem Teile am nächsten liegen. Wenn nun die
  Erweckung dieser Zeichen, welche =Cartesius= _ideas materiales_ nennt,
  eigentlich eine Reizung der Nerven zu einer ähnlichen Bewegung mit
  derjenigen ist, welche die Empfindung ehedem hervorbrachte, so wird
  das Gewebe des Gehirns im Nachdenken vornehmlich genötiget werden, mit
  vormaligen Eindrücken harmonisch zu beben und dadurch ermüdet werden.
  Denn wenn das Denken zugleich affektvoll ist, so empfindet man nicht
  allein Anstrengungen des Gehirnes, sondern zugleich Angriffe der
  reizbaren Teile, welche sonst mit den Vorstellungen der in
  Leidenschaft versetzten Seele in Sympathie stehen.

Ich gestehe, daß ich sehr geneigt sei, das Dasein immaterieller Naturen
in der Welt zu behaupten und meine Seele selbst in die Klasse dieser
Wesen zu versetzen.(4) Alsdenn aber, wie geheimnisvoll wird nicht die
Gemeinschaft zwischen einem Geiste und einem Körper? Aber wie natürlich
ist nicht zugleich diese Unbegreiflichkeit, da unsere Begriffe äußerer
Handlungen von denen der Materie abgezogen worden und jederzeit mit den
Bedingungen des Druckes oder Stoßes verbunden sind, die hier nicht
stattfinden? Denn wie sollte wohl eine immaterielle Substanz der Materie
im Wege liegen, damit diese in ihrer Bewegung auf einen Geist stoße, und
wie können körperliche Dinge Wirkungen auf ein fremdes Wesen ausüben,
das ihnen nicht Undurchdringlichkeit entgegenstellet, oder welches sie
auf keine Weise hindert, sich in demselben Raume, darin es gegenwärtig
ist, zugleich zu befinden? Es scheinet, ein geistiges Wesen sei der
Materie innigst gegenwärtig, mit der es verbunden ist und wirke nicht
auf diejenige Kräfte der Elemente, womit diese untereinander in
Verhältnissen sind, sondern auf das innere Principium ihres Zustandes.
Denn eine jede Substanz, selbst ein einfaches Element der Materie muß
doch irgend eine innere Tätigkeit als den Grund der äußerlichen
Wirksamkeit haben, wenn ich gleich nicht anzugeben weiß, worin solche
bestehe.(5) Andererseits würde bei solchen Grundsätzen die Seele auch in
diesen innern Bestimmungen als Wirkungen den Zustand des Universum
anschauend erkennen, der die Ursache derselben ist. Welche Notwendigkeit
aber verursache, daß ein Geist und ein Körper zusammen Eines ausmache,
und welche Gründe bei gewissen Zerstörungen diese Einheit wiederum
aufheben, diese Fragen übersteigen nebst verschiedenen andern sehr weit
meine Einsicht, und wie wenig ich auch sonst dreiste bin, meine
Verstandesfähigkeit an den Geheimnissen der Natur zu messen, so bin ich
gleichwohl zuversichtlich gnug, keinen noch so fürchterlich
ausgerüsteten Gegner zu scheuen, (wenn ich sonsten einige Neigung zum
Streiten hätte), um in diesem Falle mit ihm den Versuch der Gegengründe
im =Widerlegen= zu machen, der bei den Gelehrten eigentlich die
Geschicklichkeit ist, einander das Nichtwissen zu demonstrieren.

  (4) Der Grund hievon, der mir selbst sehr dunkel ist und
  wahrscheinlicherweise auch wohl so bleiben wird, trifft zugleich auf
  das empfindende Wesen in den Tieren. Was in der Welt ein Principium
  des =Lebens= enthält, scheint immaterieller Natur zu sein. Denn alles
  =Leben= beruhet auf dem inneren Vermögen, sich selbst nach =Willkür=
  zu bestimmen. Da hingegen das wesentliche Merkmal der Materie in der
  Erfüllung des Raumes durch eine notwendige Kraft bestehet, die durch
  äußere Gegenwirkung beschränkt ist; daher der Zustand alles dessen,
  was materiell ist, äußerlich =abhangend= und =gezwungen= ist,
  diejenige Naturen aber, die =selbst tätig= und aus ihrer innern Kraft
  wirksam den Grund des Lebens enthalten sollen, kurz diejenige, deren
  eigene Willkür sich von selber zu bestimmen und zu verändern vermögend
  ist, schwerlich materieller Natur sein können. Man kann
  vernünftigerweise nicht verlangen, daß eine so unbekannte Art Wesen,
  die man mehrenteils nur hypothetisch erkennt, in den Abteilungen ihrer
  verschiedenen Gattungen sollte begriffen werden; zum wenigsten sind
  diejenige immaterielle Wesen, die den Grund des tierischen Lebens
  enthalten, von denenjenigen unterschieden, die in ihrer
  Selbsttätigkeit Vernunft begreifen und Geister genannt werden.

  (5) =Leibniz= sagte, dieser innere Grund aller seiner äußeren
  Verhältnisse und ihrer Veränderungen sei eine =Vorstellungskraft=, und
  spätere Philosophen empfingen diesen unausgeführten Gedanken mit
  Gelächter. Sie hätten aber nicht übel getan, wenn sie vorhero bei sich
  überlegt hätten, ob denn eine Substanz, wie ein einfacher Teil der
  Materie ist, ohne allem inneren Zustande möglich sei, und wenn sie
  denn diesen etwa nicht ausschließen wollten, so würde ihnen obgelegen
  haben, irgend einen andern möglichen innern Zustand zu ersinnen als
  den der Vorstellungen und der Tätigkeiten, die von ihnen abhängend
  sind. Jedermann sieht von selber, daß, wenn man auch den einfachen
  Elementarteilen der Materie ein Vermögen dunkler Vorstellungen
  zugesteht, daraus noch keine Vorstellungskraft der Materie selbst
  erfolge, weil viel Substanzen von solcher Art, in einem Ganzen
  verbunden, doch niemals eine denkende Einheit ausmachen können.


Zweites Hauptstück. _Ein Fragment der geheimen Philosophie, die
Gemeinschaft mit der Geisterwelt zu eröffnen._

Der Initiat hat schon den groben und an den äußerlichen Sinnen klebenden
Verstand zu höhern und abgezogenen Begriffen gewöhnt, und nun kann er
geistige und von körperlichen Zeuge enthüllete Gestalten in derjenigen
Dämmerung sehen, womit das schwache Licht der Metaphysik das Reich der
Schatten sichtbar macht. Wir wollen daher nach der beschwerlichen
Vorbereitung, welche überstanden ist, uns auf den gefährlichen Weg
wagen.

    Ibant obscuri sola sub nocte per umbras,
    Perque domos Ditis vacuas et inania regna.

    VIRGILIUS.

Die =tote= Materie, welche den Weltraum erfüllet, ist ihrer
eigentümlichen Natur nach im Stande der Trägheit und der Beharrlichkeit
in einerlei Zustande, sie hat Solidität, Ausdehnung und Figur, und ihre
Erscheinungen, die auf allen diesen Gründen beruhen, lassen eine
=physische= Erklärung zu, die zugleich mathematisch ist und zusammen
=mechanisch= genannt wird. Wenn man andererseits seine Achtsamkeit auf
diejenige Art Wesen richtet, welche den Grund des =Lebens= in dem
Weltganzen enthalten, die um deswillen nicht von der Art sind, daß sie
als Bestandteile den Klumpen und die Ausdehnung der leblosen Materie
vermehren, noch von ihr nach den Gesetzen der Berührung und des Stoßes
leiden, sondern vielmehr durch innere Tätigkeit sich selbst und überdem
den toten Stoff der Natur rege machen, so wird man, wo nicht mit der
Deutlichkeit einer Demonstration, doch wenigstens mit der Vorempfindung
eines nicht ungeübten Verstandes sich von dem Dasein immaterieller Wesen
überredet finden, deren besondere Wirkungsgesetze =pneumatisch= und,
soferne die körperliche Wesen Mittelursachen ihrer Wirkungen in der
materiellen Welt sind, =organisch= genannt werden. Da diese immaterielle
Wesen selbsttätige Prinzipien sind, mithin Substanzen und vor sich
bestehende Naturen, so ist diejenige Folge, auf die man zunächst gerät,
diese, daß sie untereinander, unmittelbar vereinigt, vielleicht ein
großes Ganze ausmachen mögen, welches man die immaterielle Welt (_mundus
intelligibilis_) nennen kann. Denn mit welchem Grunde der
Wahrscheinlichkeit wollte man wohl behaupten, daß dergleichen Wesen von
einander ähnlicher Natur nur vermittelst anderer (körperlichen Dinge)
von fremder Beschaffenheit in Gemeinschaft stehen könnten, indem dieses
letztere noch viel rätselhafter als das erste ist?

Diese =immaterielle= Welt kann also als ein vor sich bestehendes Ganze
angesehen werden, deren Teile untereinander in wechselseitiger
Verknüpfung und Gemeinschaft stehen, auch ohne Vermittelung körperlicher
Dinge, sodaß dieses letztere Verhältnis zufällig ist und nur einigen
zukommen darf, ja, wo sie auch angetroffen wird, nicht hindert, daß
nicht eben die immaterielle Wesen, welche durch die Vermittelung der
Materie ineinander wirken, außer diesem noch in einer besondern und
durchgängigen Verbindung stehen und jederzeit untereinander als
immaterielle Wesen wechselseitige Einflüsse ausüben, sodaß das
Verhältnis derselben vermittelst der Materie nur zufällig und auf einer
besonderen göttlichen Anstalt beruhet, jene hingegen natürlich und
unauflöslich ist.

Indem man denn auf solche Weise alle Prinzipien des Lebens in der ganzen
Natur als so viel unkörperliche Substanzen untereinander in
Gemeinschaft, aber auch zum Teil mit der Materie vereinigt
zusammennimmt, so gedenkt man sich ein großes Ganze der immateriellen
Welt, eine unermeßliche, aber unbekannte Stufenfolge von Wesen und
tätigen Naturen, durch welche der tote Stoff der Körperwelt allein
belebt wird. Bis auf welche Glieder aber der Natur Leben ausgebreitet
sei, und welche diejenigen Grade desselben seien, die zunächst an die
völlige Leblosigkeit grenzen, ist vielleicht unmöglich, jemals mit
Sicherheit auszumachen. Der =Hylozoismus= belebt alles, der
Materialismus dagegen, wenn er genau erwogen wird, tötet alles.
MAUPERTUIS maß den organischen Nahrungsteilchen aller Tiere den
niedrigsten Grad Leben bei; andere Philosophen sehen an ihnen nichts als
tote Klumpen, welche nur dienen, den Hebezeug der tierischen Maschinen
zu vergrößern. Das ungezweifelte Merkmal des Lebens an dem, was in
unsere äußere Sinne fällt, ist wohl die freie Bewegung, die da blicken
läßt, daß sie aus Willkür entsprungen sei; allein der Schluß ist nicht
sicher, daß, wo dieses Merkmal nicht angetroffen wird, auch kein Grad
des Lebens befindlich sei. BOERHAAVE sagt an einem Orte: =Das Tier ist
eine Pflanze, die ihre Wurzel im Magen= (inwendig) =hat.= Vielleicht
könnte ein anderer ebenso ungetadelt mit diesen Begriffen spielen und
sagen: =Die Pflanze ist ein Tier, das seinen Magen in der Wurzel=
(äußerlich) =hat.= Daher auch den letzteren die Organen der
willkürlichen Bewegung und mit ihnen die äußerliche Merkmale des Lebens
fehlen können, die doch den ersteren notwendig sind, weil ein Wesen,
welches die Werkzeuge seiner Ernährung in sich hat, sich selbst seiner
Bedürfnis gemäß muß bewegen können, dasjenige aber, an welchem dieselbe
außerhalb und in dem Elemente seiner Unterhaltung eingesenkt sind, schon
gnugsam durch äußere Kräfte erhalten wird und, wenn es gleich ein
Principium des inneren Lebens in der Vegetation enthält, doch keine
organische Einrichtung zur äußerlichen willkürlichen Tätigkeit bedarf.
Ich verlange nichts von allem diesen auf Beweisgründe; denn außerdem,
daß ich sehr wenig zum Vorteil von dergleichen Mutmaßungen würde zu
sagen haben, so haben sie noch als bestäubte veraltete Grillen den Spott
der Mode wider sich. Die Alten glaubten nämlich dreierlei Art vom Leben
annehmen zu können, das =pflanzenartige=, das =tierische= und das
=vernünftige=. Wenn sie die drei immaterielle Prinzipien derselben in
dem Menschen vereinigten, so möchten sie wohl unrecht haben, wenn sie
aber solche unter die dreierlei Gattungen der wachsenden und
ihresgleichen erzeugenden Geschöpfe verteileten, so sagten sie freilich
wohl etwas Unerweisliches, aber darum noch nicht Ungereimtes,
vornehmlich in dem Urteile desjenigen, der das besondere Leben der von
einigen Tieren abgetrenneten Teile, die Irritabilität, diese so wohl
erwiesene, aber auch zugleich so unerklärliche Eigenschaft der Fasern
eines tierischen Körpers und einiger Gewächse, und endlich die nahe
Verwandtschaft der Polypen und anderer Zoophyten mit den Gewächsen in
Betracht ziehen wollte. Übrigens ist die Berufung auf immaterielle
Prinzipien eine Zuflucht der faulen Philosophie und darum auch die
Erklärungsart in diesem Geschmacke nach aller Möglichkeit zu vermeiden,
damit diejenigen Gründe der Welterscheinungen, welche auf den
Bewegungsgesetzen der bloßen Materie beruhen, und welche auch einzig und
allein der Begreiflichkeit fähig sind, in ihrem ganzen Umfange erkannt
werden. Gleichwohl bin ich überzeugt, daß STAHL, welcher die tierische
Veränderungen gerne organisch erklärt, oftmals der Wahrheit näher sei,
als HOFMANN, BOERHAAVE u. a. m., welche die immaterielle Kräfte aus dem
Zusammenhange lassen, sich an die mechanische Gründe halten und hierin
einer mehr philosophischen Methode folgen, die wohl bisweilen fehlt,
aber mehrmalen zutrifft, und die auch allein in der Wissenschaft von
nützlicher Anwendung ist, wenn anderseits von dem Einflusse der Wesen
von unkörperlicher Natur höchstens nur erkannt werden kann, daß er da
sei, niemals aber, wie er zugehe und wie weit sich seine Wirksamkeit
erstrecke.

So würde denn also die immaterielle Welt zuerst alle erschaffene
Intelligenzen, deren einige mit der Materie zu einer Person verbunden
sind, andere aber nicht, in sich befassen, überdem die empfindende
Subjekte in allen Tierarten und endlich alle Prinzipien des Lebens,
welche sonst noch in der Natur wo sein mögen, ob dieses sich gleich
durch keine äußerliche Kennzeichen der willkürlichen Bewegung
offenbarete. Alle diese immaterielle Naturen, sage ich, sie mögen nun
ihre Einflüsse in der Körperwelt ausüben oder nicht, alle vernünftige
Wesen, deren zufälliger Zustand tierisch ist, es sei hier auf der Erde
oder in andern Himmelskörpern, sie mögen den rohen Zeug der Materie
jetzt oder künftig beleben oder ehedem belebt haben, würden nach diesen
Begriffen in einer ihrer Natur gemäßen Gemeinschaft stehen, die nicht
auf den Bedingungen beruht, wodurch die Verhältnis der Körper
eingeschränkt ist, und wo die Entfernung der Örter oder der Zeitalter,
welche in der sichtbaren Welt die große Kluft ausmacht, die alle
Gemeinschaft aufhebt, verschwindet. Die menschliche Seele würde daher
schon in dem gegenwärtigen Leben als verknüpft mit zweien Welten
zugleich müssen angesehen werden, von welchen sie, soferne sie zu
persönlicher Einheit mit einem Körper verbunden ist, die materielle
allein klar empfindet, dagegen als ein Glied der Geisterwelt die reine
Einflüsse immaterieller Naturen empfängt und erteilet, sodaß, sobald
jene Verbindung aufgehört hat, die Gemeinschaft, darin sie jederzeit mit
geistigen Naturen stehet, allein übrig bleibt und sich ihrem Bewußtsein
zum klaren Anschauen eröffnen müßte.(6)

  (6) Wenn man von dem Himmel als dem Sitze der Seligen redet, so setzt
  die gemeine Vorstellung ihn gerne über sich, hoch in dem unermeßlichen
  Weltraume. Man bedenket aber nicht, daß unsre Erde, aus diesen
  Gegenden gesehen, auch als einer von den Sternen des Himmels
  erscheine, und daß die Bewohner anderer Welten mit ebenso gutem Grunde
  nach uns hin zeigen könnten und sagen: Sehet da den Wohnplatz ewiger
  Freuden und einen himmlischen Aufenthalt, welcher zubereitet ist, uns
  dereinst zu empfangen. Ein wunderlicher Wahn nämlich macht, daß der
  hohe Flug, den die Hoffnung nimmt, immer mit dem Begriffe des Steigens
  verbunden ist, ohne zu bedenken, daß, so hoch man auch gestiegen ist,
  man doch wieder sinken müsse, um allenfalls in einer andern Welt
  festen Fuß zu fassen. Nach den angeführten Begriffen aber würde der
  Himmel eigentlich die Geisterwelt sein oder, wenn man will, der selige
  Teil derselben, und diese würde man weder über sich noch unter sich zu
  suchen haben, weil ein solches immaterielle Ganze nicht nach den
  Entfernungen oder Naheiten gegen körperliche Dinge, sondern in
  geistigen Verknüpfungen seiner Teile untereinander vorgestellt werden
  muß, wenigstens die Glieder derselben sich nur nach solchen
  Verhältnissen ihrer selbst bewußt sind.

Es wird mir nachgerade beschwerlich, immer die behutsame Sprache der
Vernunft zu führen. Warum sollte es mir nicht auch erlaubt sein, im
akademischen Tone zu reden, der entscheidender ist und sowohl den
Verfasser als den Leser des Nachdenkens überhebt, welches über lang oder
kurz beide nur zu einer verdrießlichen Unentschlossenheit führen muß. Es
ist demnach so gut als demonstriert, oder es könnte leichtlich bewiesen
werden, wenn man weitläuftig sein wollte oder noch besser, es wird
künftig, ich weiß nicht wo oder wenn, noch bewiesen werden, daß die
menschliche Seele auch in diesem Leben in einer unauflöslich verknüpften
Gemeinschaft mit allen immateriellen Naturen der Geisterwelt stehe, daß
sie wechselweise in diese wirke und von ihnen Eindrücke empfange, deren
sie sich aber als Mensch nicht bewußt ist, solange alles wohl steht.
Andererseits ist es auch wahrscheinlich, daß die geistige Naturen
unmittelbar keine sinnliche Empfindung von der Körperwelt mit Bewußtsein
haben können, weil sie mit keinem Teil der Materie zu einer Person
verbunden sind, um sich vermittelst desselben ihres Orts in dem
materiellen Weltganzen und durch künstliche Organen der Verhältnis der
ausgedehnten Wesen gegen sich und gegen einander bewußt zu werden, daß
sie aber wohl in die Seelen der Menschen als Wesen von einerlei Natur
einfließen können und auch wirklich jederzeit mit ihnen in
wechselseitiger Gemeinschaft stehen, doch so, daß in der Mitteilung der
Vorstellungen diejenige, welche die Seele als ein von der Körperwelt
abhängendes Wesen in sich enthält, nicht in andere geistige Wesen und
die Begriffe der letzteren, als anschauende Vorstellungen von
immateriellen Dingen, nicht in das klare Bewußtsein des Menschen
übergehen können, wenigstens nicht in ihrer eigentlichen Beschaffenheit,
weil die Materialien zu beiderlei Ideen von verschiedener Art sind.

Es würde schön sein, wenn eine dergleichen systematische Verfassung der
Geisterwelt, als wir sie vorstellen, nicht lediglich aus dem Begriffe
von der geistigen Natur überhaupt, der gar zu sehr hypothetisch ist,
sondern aus irgendeiner wirklichen und allgemein zugestandenen
Beobachtung könnte geschlossen, oder auch nur wahrscheinlich vermutet
werden. Daher wage ich es auf die Nachsicht des Lesers, einen Versuch
von dieser Art hier einzuschalten, der zwar etwas außer meinem Wege
liegt und auch von der Evidenz weit gnug entfernet ist, gleichwohl aber
zu nicht unangenehmen Vermutungen Anlaß zu geben scheinet.

                   *       *       *       *       *

Unter den Kräften, die das menschliche Herz bewegen, scheinen einige der
mächtigsten außerhalb demselben zu liegen, die also nicht etwa als bloße
Mittel sich auf die Eigennützigkeit und Privatbedürfnis als auf ein
Ziel, das =innerhalb= dem Menschen selbst liegt, beziehen, sondern
welche machen, daß die Tendenzen unserer Regungen den Brennpunkt ihrer
Vereinigung =außer uns= in andere vernünftige Wesen versetzen; woraus
ein Streit zweier Kräfte entspringt, nämlich der Eigenheit, die alles
auf sich beziehet, und der Gemeinnützigkeit, dadurch das Gemüt gegen
andere außer sich getrieben oder gezogen wird. Ich halte mich bei dem
Triebe nicht auf, vermöge dessen wir so stark und so allgemein am
Urteile anderer hängen und fremde Billigung oder Beifall zur Vollendung
des unsrigen vor uns selbst so nötig zu sein erachten, woraus,
wenngleich bisweilen ein übelverstandener Ehrenwahn entspringt, dennoch
selbst in der uneigennützigsten und wahrhaftesten Gemütsart ein geheimer
Zug verspürt wird, dasjenige, was man vor sich selbst als =gut= oder
=wahr= erkennt, mit dem Urteil anderer zu vergleichen, um beide
einstimmig zu machen, imgleichen eine jede menschliche Seele auf dem
Erkenntniswege gleichsam anzuhalten, wenn sie einen andern Fußsteig zu
gehen scheint, als den wir eingeschlagen haben, welches alles vielleicht
eine empfundene Abhängigkeit unserer eigenen Urteile vom =allgemeinen
menschlichen Verstande= ist und ein Mittel wird, dem Ganzen denkender
Wesen eine Art von Vernunfteinheit zu verschaffen.

Ich übergehe aber diese sonst nicht unerhebliche Betrachtung und halte
mich vor jetzt an eine andere, welche einleuchtender und beträchtlicher
ist, so viel es unsere Absicht betrifft. Wenn wir äußere Dinge auf
unsere Bedürfnis beziehen, so können wir dieses nicht tun, ohne uns
zugleich durch eine gewisse Empfindung gebunden und eingeschränkt zu
fühlen, die uns merken läßt, daß in uns gleichsam ein fremder Wille
wirksam sei, und unser eigen Belieben die Bedingung von äußerer
Beistimmung nötig habe. Eine geheime Macht nötiget uns, unsere Absicht
zugleich auf anderer Wohl oder nach fremder Willkür zu richten, ob
dieses gleich öfters ungern geschieht und der eigennützigen Neigung
stark widerstreitet, und der Punkt, wohin die Richtungslinien unserer
Triebe zusammenlaufen, ist also nicht bloß in uns, sondern es sind noch
Kräfte, die uns bewegen, in dem Wollen anderer außer uns. Daher
entspringen die sittlichen Antriebe, die uns oft wider den Dank des
Eigennutzes fortreißen, das starke Gesetz der Schuldigkeit und das
schwächere der Gütigkeit, deren jede uns manche Aufopferung abdringt,
und obgleich beide dann und wann durch eigennützige Neigungen überwogen
werden, doch nirgend in der menschlichen Natur ermangeln, ihre
Wirklichkeit zu äußern. Dadurch sehen wir uns in den geheimsten
Beweggründen abhängig von der =Regel des allgemeinen Willens=, und es
entspringt daraus in der Welt aller denkenden Naturen eine =moralische
Einheit= und systematische Verfassung nach bloß geistigen Gesetzen. Will
man diese in uns empfundene Nötigung unseres Willens zur Einstimmung mit
dem allgemeinen Willen das =sittliche Gefühl= nennen, so redet man davon
nur als von einer Erscheinung dessen, was in uns wirklich vorgeht, ohne
die Ursachen derselben auszumachen. So nannte NEWTON das sichere Gesetz
der Bestrebungen aller Materie, sich einander zu nähern die
=Gravitation= derselben, indem er seine mathematische Demonstrationen
nicht in eine verdrießliche Teilnehmung an philosophischen
Streitigkeiten verflechten wollte, die sich über die Ursache derselben
eräugnen könnten. Gleichwohl trug er kein Bedenken, diese Gravitation
als eine wahre Wirkung einer allgemeinen Tätigkeit der Materie
ineinander zu behandeln und gab ihr daher auch den Namen der
=Anziehung=. Sollte es nicht möglich sein, die Erscheinung der
sittlichen Antriebe in den denkenden Naturen, wie solche sich
aufeinander wechselsweise beziehen, gleichfalls als die Folge einer
wahrhaftig tätigen Kraft, dadurch geistige Naturen ineinander
einfließen, vorzustellen, sodaß das sittliche Gefühl diese =empfundene
Abhängigkeit= des Privatwillens vom allgemeinen Willen wäre und eine
Folge der natürlichen und allgemeinen Wechselwirkung, dadurch die
immaterielle Welt ihre sittliche Einheit erlangt, indem sie sich nach
den Gesetzen dieses ihr eigenen Zusammenhanges zu einem System von
geistiger Vollkommenheit bildet? Wenn man diesen Gedanken so viel
Scheinbarkeit zugesteht als erforderlich ist, um die Mühe zu verdienen,
sie an ihren Folgen zu messen, so wird man vielleicht durch den Reiz
derselben unvermerkt in einige Parteilichkeit gegen sie verflochten
werden. Denn es scheinen in diesem Falle die Unregelmäßigkeiten
mehrenteils zu verschwinden, die sonsten bei dem Widerspruch der
moralischen und physischen Verhältnisse der Menschen hier auf der Erde
so befremdlich in die Augen fallen. Alle Moralität der Handlungen kann
nach der Ordnung der Natur niemals ihre vollständige Wirkung in dem
leiblichen Leben des Menschen haben, wohl aber in der Geisterwelt nach
pneumatischen Gesetzen. Die wahre Absichten, die geheime Beweggründe
vieler aus Ohnmacht fruchtlosen Bestrebungen, der Sieg über sich selbst,
oder auch bisweilen die verborgene Tücke bei scheinbarlich guten
Handlungen sind mehrenteils vor den physischen Erfolg in dem
körperlichen Zustande verloren, sie würden aber auf solche Weise in der
immateriellen Welt als fruchtbare Gründe angesehen werden müssen und in
Ansehung ihrer nach pneumatischen Gesetzen zufolge der Verknüpfung des
Privatwillens und des allgemeinen Willens, d. i. der Einheit und des
Ganzen der Geisterwelt, eine der sittlichen Beschaffenheit der freien
Willkür angemessene Wirkung ausüben oder auch gegenseitig empfangen.
Denn weil das Sittliche der Tat den inneren Zustand des Geistes
betrifft, so kann es auch natürlicherweise nur in der unmittelbaren
Gemeinschaft der Geister die der ganzen Moralität adäquate Wirkung nach
sich ziehen. Dadurch würde es nun geschehen, daß die Seele des Menschen
schon in diesem Leben dem sittlichen Zustande zufolge ihre Stelle unter
den geistigen Substanzen des Universum einnehmen müßte, so wie nach den
Gesetzen der Bewegung die Materien des Weltraums sich in solche Ordnung
gegeneinander setzen, die ihren Körperkräften gemäß ist.(7) Wenn denn
endlich durch den Tod die Gemeinschaft der Seele mit der Körperwelt
aufgehoben worden, so würde das Leben in der andern Welt nur eine
natürliche Fortsetzung derjenigen Verknüpfung sein, darin sie mit ihr
schon in diesem Leben gestanden war, und die gesamte Folgen der hier
ausgeübten Sittlichkeit würden sich dort in denen Wirkungen wieder
finden, die ein mit der ganzen Geisterwelt in unauflöslicher
Gemeinschaft stehendes Wesen schon vorher daselbst nach pneumatischen
Gesetzen ausgeübt hat. Die Gegenwart und die Zukunft würden also
gleichsam aus einem Stücke sein und ein stetiges Ganze ausmachen, selbst
nach der =Ordnung der Natur=. Dieser letztere Umstand ist von besonderer
Erheblichkeit. Denn in einer Vermutung nach bloßen Gründen der Vernunft
ist es eine große Schwierigkeit, wenn man, um den Übelstand zu heben,
der aus der unvollendeten Harmonie zwischen der Moralität und ihren
Folgen in dieser Welt entspringt, zu einem außerordentlichen göttlichen
Willen seine Zuflucht nehmen muß, weil, so wahrscheinlich auch das
Urteil über denselben nach unseren Begriffen von der göttlichen Weisheit
sein mag, immer ein starker Verdacht übrig bleibt, daß die schwache
Begriffe unseres Verstandes vielleicht auf den Höchsten sehr verkehrt
übertragen worden, da des Menschen Obliegenheit nur ist, von dem
göttlichen Willen zu urteilen aus der Wohlgereimtheit, die er wirklich
in der Welt wahrnimmt, oder welche er nach der Regel der Analogie gemäß
der Naturordnung darin vermuten kann, nicht aber nach dem Entwurfe
seiner eigenen Weisheit, den er zugleich dem göttlichen Willen zur
Vorschrift macht, befugt ist, neue und willkürliche Anordnungen in der
gegenwärtigen oder künftigen Welt zu ersinnen.

  (7) Die aus dem Grunde der Moralität entspringende Wechselwirkungen
  des Menschen und der Geisterwelt nach den Gesetzen des pneumatischen
  Einflusses könnte man darin setzen, daß daraus natürlicherweise eine
  nähere Gemeinschaft einer guten oder bösen Seele mit guten und bösen
  Geistern entspringe, und jene dadurch sich selbst dem Teile der
  geistigen Republik zugeselleten, der ihrer sittlichen Beschaffenheit
  gemäß ist, mit der Teilnehmung an allen Folgen, die daraus nach der
  Ordnung der Natur entstehen mögen.

                   *       *       *       *       *

Wir lenken nunmehr unsere Betrachtung wiederum in den vorigen Weg ein
und nähern uns dem Ziele, welches wir uns vorgesetzt hatten. Wenn es
sich mit der Geisterwelt und dem Anteile, den unsere Seele an ihr hat,
so verhält, wie der Abriß, den wir erteilten, ihn vorstellt, so scheinet
fast nichts befremdlicher zu sein, als daß die Geistergemeinschaft nicht
eine ganz allgemeine und gewöhnliche Sache ist, und das Außerordentliche
betrifft fast mehr die Seltenheit der Erscheinungen, als die Möglichkeit
derselben. Diese Schwierigkeit läßt sich indessen ziemlich gut heben und
ist zum Teil auch schon gehoben worden. Denn die Vorstellung, die die
Seele des Menschen von sich selbst als einem Geiste durch ein
immaterielles Anschauen hat, indem sie sich in Verhältnis gegen Wesen
von ähnlicher Natur betrachtet, ist von derjenigen ganz verschieden, da
ihr Bewußtsein sich selbst als einen =Menschen= vorstellt durch ein
Bild, das seinen Ursprung aus dem Eindrucke körperlicher Organen hat,
und welches in Verhältnis gegen keine andere als materielle Dinge
vorgestellt wird. Es ist demnach zwar einerlei Subjekt, was der
sichtbaren und unsichtbaren Welt zugleich als ein Glied angehört, aber
nicht ebendieselbe Person, weil die Vorstellungen der einen ihrer
verschiedenen Beschaffenheit wegen keine begleitende Ideen von denen der
andern Welt sind und daher, was ich als Geist denke, von mir als Mensch
nicht erinnert wird, und umgekehrt mein Zustand als eines Menschen in
die Vorstellung meiner selbst als eines Geistes gar nicht hineinkommt.
Übrigens mögen die Vorstellungen von der Geisterwelt so klar und
anschauend sein, wie man will,(8) so ist dieses doch nicht hinlänglich,
um mich deren als Mensch bewußt zu werden; wie denn sogar die
Vorstellung seiner selbst (d. i. der Seele) als eines Geistes wohl durch
Schlüsse erworben wird, bei keinem Menschen aber ein anschauender und
Erfahrungsbegriff ist.

  (8) Man kann dieses durch eine gewisse Art von zwiefacher
  Persönlichkeit, die der Seele selbst in Ansehung dieses Lebens
  zukommt, erläutern. Gewisse Philosophen glauben, sich ohne den
  mindesten besorglichen Einspruch auf den Zustand des festen Schlafes
  berufen zu können, wenn sie die Wirklichkeit dunkeler Vorstellungen
  beweisen wollen, da sich doch nichts weiter hievon mit Sicherheit
  sagen läßt, als daß wir uns im Wachen keiner von denenjenigen
  erinnern, die wir im festen Schlafe etwa mochten gehabt haben, und
  daraus nur soviel folgt, daß sie beim Erwachen nicht klar vorgestellt
  worden, nicht aber, daß sie auch damals, als wir schliefen, dunkel
  waren. Ich vermute vielmehr, daß dieselbe klärer und ausgebreiteter
  sein mögen, als selbst die kläresten im Wachen, weil dieses bei der
  völligen Ruhe äußerer Sinne von einem so tätigen Wesen als die Seele
  ist, zu erwarten ist, wiewohl, da der Körper des Menschen zu der Zeit
  nicht mit empfunden ist, beim Erwachen die begleitende Idee desselben
  ermangelt, welche den vorigen Zustand der Gedanken als zu
  ebenderselben Person gehörig zum Bewußtsein verhelfen könnte. Die
  Handlungen einiger Schlafwanderer, welche bisweilen in solchem
  Zustande mehr Verstand als sonsten zeigen, ob sie gleich nichts davon
  beim Erwachen erinnern, bestätigen die Möglichkeit dessen, was ich vom
  festen Schlafe vermute. Die Träume dagegen, das ist, die Vorstellungen
  des Schlafenden, deren er sich beim Erwachen erinnert, gehören nicht
  hieher. Denn alsdenn schläft der Mensch nicht völlig; er empfindet in
  einem gewissen Grade klar und webt seine Geisteshandlungen in die
  Eindrücke der äußeren Sinne. Daher er sich ihrer zum Teil nachhero
  erinnert, aber auch an ihnen lauter wilde und abgeschmackte Chimären
  antrifft, wie sie es denn notwendig sein müssen, da in ihnen Ideen der
  Phantasie und die der äußeren Empfindung untereinander geworfen
  werden.

Diese Ungleichartigkeit der geistigen Vorstellungen und derer, die zum
leiblichen Leben des Menschen gehören, darf indessen nicht als eine so
große Hindernis angesehen werden, daß sie alle Möglichkeit aufhebe, sich
bisweilen der Einflüsse von seiten der Geisterwelt sogar in diesem Leben
bewußt zu werden. Denn sie können in das persönliche Bewußtsein des
Menschen zwar nicht unmittelbar, aber doch so übergehen, daß sie nach
dem Gesetz der vergesellschafteten Begriffe diejenige Bilder rege
machen, die mit ihnen verwandt sind und analogische Vorstellungen
unserer Sinne erwecken, die wohl nicht der geistige Begriff selber, aber
doch deren Symbolen sind. Denn es ist doch immer ebendieselbe Substanz,
die zu dieser Welt sowohl als zu der andern wie ein Glied gehöret, und
beiderlei Art von Vorstellungen gehören zu demselben Subjekte und sind
miteinander verknüpft. Die Möglichkeit hievon können wir einigermaßen
dadurch faßlich machen, wenn wir betrachten, wie unsere höhere
Vernunftbegriffe, welche sich den geistigen ziemlich nähern,
gewöhnlichermaßen gleichsam ein körperlich Kleid annehmen, um sich in
Klarheit zu setzen. Daher die moralische Eigenschaften der Gottheit
unter den Vorstellungen des Zorns, der Eifersucht, der Barmherzigkeit,
der Rache, u. d. g. vorgestellt werden; daher personifizieren Dichter
die Tugenden, Laster oder andere Eigenschaften der Natur, doch so, daß
die wahre Idee des Verstandes hindurchscheinet; so stellt der Geometra
die Zeit durch eine Linie vor, obgleich Raum und Zeit nur eine
Übereinkunft in Verhältnissen haben und also wohl der Analogie nach,
niemals aber der Qualität nach miteinander übereintreffen; daher nimmt
die Vorstellung der göttlichen Ewigkeit selbst bei Philosophen den
Schein einer unendlichen Zeit an, so sehr wie man sich auch hütet, beide
zu vermengen, und eine große Ursache, weswegen die Mathematiker
gemeiniglich abgeneigt sind, die Leibnizische Monaden einzuräumen, ist
wohl diese, daß sie nicht umhin können, sich an ihnen kleine Klümpchen
vorzustellen. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, daß geistige
Empfindungen in das Bewußtsein übergehen könnten, wenn sie Phantaseien
erregen, die mit ihnen verwandt sind. Auf diese Art würden Ideen, die
durch einen geistigen Einfluß mitgeteilt sind, sich in die Zeichen
derjenigen =Sprache= einkleiden, die der Mensch sonsten im Gebrauch hat,
die empfundene Gegenwart eines Geistes in das Bild einer =menschlichen
Figur=, Ordnung und Schönheit der immateriellen Welt in Phantasien, die
unsere Sinne sonst im Leben vergnügen, u. s. w.

Diese Art der Erscheinungen kann gleichwohl nicht etwas Gemeines und
Gewöhnliches sein, sondern sich nur bei Personen eräugnen, deren
Organen(9) eine ungewöhnlich große Reizbarkeit haben, die Bilder der
Phantasie dem innern Zustande der Seele gemäß durch harmonische Bewegung
mehr zu verstärken, als gewöhnlicherweise bei gesunden Menschen
geschieht und auch geschehen soll. Solche seltsame Personen würden in
gewissen Augenblicken mit der Apparenz mancher Gegenstände als außer
ihnen angefochten sein, welche sie vor eine Gegenwart von geistigen
Naturen halten würden, die auf ihre körperliche Sinne fiele, obgleich
hiebei nur ein Blendwerk der Einbildung vorgeht, doch so, daß die
Ursache davon ein wahrhafter geistiger Einfluß ist, der nicht
unmittelbar empfunden werden kann, sondern sich nur durch verwandte
Bilder der Phantasie, welche den Schein der Empfindungen annehmen, zum
Bewußtsein offenbaret.

  (9) Ich verstehe hierunter nicht die Organen der äußeren Empfindung,
  sondern das Sensorium der Seele, wie man es nennt, d. i. denjenigen
  Teil des Gehirnes, dessen Bewegung die mancherlei Bilder und
  Vorstellungen der denkenden Seele zu begleiten pflegt, wie die
  Philosophen davor halten.

Die Erziehungsbegriffe oder auch mancherlei sonst eingeschlichene Wahn
würden hiebei ihre Rolle spielen, wo Verblendung mit Wahrheit untermengt
wird, und eine wirkliche geistige Empfindung zwar zum Grunde liegt, die
doch in Schattenbilder der sinnlichen Dinge umgeschaffen worden. Man
wird aber auch zugeben, daß die Eigenschaft, auf solche Weise die
Eindrücke der Geisterwelt in diesem Leben zum klaren Anschauen
auszuwickeln, schwerlich wozu nützen könne; weil dabei die geistige
Empfindung notwendig so genau in das Hirngespenst der Einbildung verwebt
wird, daß es unmöglich sein muß, in derselben das Wahre von den groben
Blendwerken, die es umgeben, zu unterscheiden. Imgleichen würde ein
solcher Zustand, da er ein verändertes Gleichgewicht in den Nerven
voraussetzt, welche sogar durch die Wirksamkeit der bloß geistig
empfindenden Seele in unnatürliche Bewegung versetzet werden, eine
wirkliche Krankheit anzeigen. Endlich würde es gar nicht befremdlich
sein, an einem Geisterseher zugleich einen Phantasten anzutreffen, zum
wenigsten in Ansehung der begleitenden Bilder von diesen seinen
Erscheinungen, weil Vorstellungen, die ihrer Natur nach fremd und mit
denen im leiblichen Zustande des Menschen unvereinbar sind, sich
hervordrängen, und übelgepaarte Bilder in die äußere Empfindung
hereinziehen, wodurch wilde Chimären und wunderliche Fratzen ausgeheckt
werden, die in langem Geschleppe den betrogenen Sinnen vorgaukeln, ob
sie gleich einen wahren geistigen Einfluß zum Grunde haben mögen.

Nunmehro kann man nicht verlegen sein, von denen Gespenstererzählungen,
die den Philosophen so oft in den Weg kommen, imgleichen allerlei
Geistereinflüssen, von denen hie oder da die Rede geht, scheinbare
Vernunftgründe anzugeben. Abgeschiedene Seelen und reine Geister können
zwar niemals unsern äußeren Sinnen gegenwärtig sein, noch sonst mit der
Materie in Gemeinschaft stehen, aber wohl auf den Geist des Menschen,
der mit ihnen zu einer großen Republik gehört, wirken, so, daß die
Vorstellungen, welche sie in ihm erwecken, sich nach dem Gesetze seiner
Phantasei in verwandte Bilder einkleiden und die Apparenz der ihnen
gemäßen Gegenstände als außer ihm erregen. Diese Täuschung kann einen
jeden Sinn betreffen, und so sehr dieselbe auch mit ungereimten
Hirngespinsten untermengt wäre, so dürfte man sich dieses nicht abhalten
lassen, hierunter geistige Einflüsse zu vermuten. Ich würde der
Scharfsichtigkeit des Lesers zu nahe treten, wenn ich mich bei der
Anwendung dieser Erklärungsart noch aufhalten wollte. Denn metaphysische
Hypothesen haben eine so ungemeine Biegsamkeit an sich, daß man sehr
ungeschickt sein müßte, wenn man die gegenwärtige nicht einer jeden
Erzählung bequemen könnte, sogar ehe man ihre Wahrhaftigkeit untersucht
hat, welches in vielen Fällen unmöglich und in noch mehreren sehr
unhöflich ist.

Wenn indessen die Vorteile und Nachteile in einander gerechnet werden,
die demjenigen erwachsen können, der nicht allein vor die sichtbare
Welt, sondern auch vor die unsichtbare in gewissem Grade organisiert
ist, (wofern es jemals einen solchen gegeben hat), so scheint ein
Geschenk von dieser Art demjenigen gleich zu sein, womit JUNO den
TIRESIAS beehrte, die ihn zuvor blind machte, damit sie ihm die Gabe zu
weissagen erteilen könnte. Denn nach den obigen Sätzen zu urteilen, kann
die anschauende Kenntnis der =andern= Welt allhier nur erlangt werden,
indem man etwas von demjenigen Verstande einbüßt, welchen man vor die
=gegenwärtige= nötig hat. Ich weiß auch nicht, ob selbst gewisse
Philosophen gänzlich von dieser harten Bedingung frei sein sollten,
welche so fleißig und vertieft ihre metaphysische Gläser nach jenen
entlegenen Gegenden hinrichten und Wunderdinge von daher zu erzählen
wissen, zum wenigsten mißgönne ich ihnen keine von ihren Entdeckungen;
nur besorge ich, daß ihnen irgendein Mann von gutem Verstande und wenig
Feinigkeit ebendasselbe dürfte zu verstehen geben, was dem TYCHO DE
BRAHE sein Kutscher antwortete, als jener meinte, zur Nachtzeit nach den
Sternen den kürzesten Weg fahren zu können: =Guter Herr, auf den Himmel
mögt Ihr Euch wohl verstehen, hier aber auf der Erde seid Ihr ein Narr.=


Drittes Hauptstück. _Antikabbala. Ein Fragment der gemeinen Philosophie,
die Gemeinschaft mit der Geisterwelt aufzuheben._

ARISTOTELES sagt irgendwo: =Wenn wir wachen, so haben wir eine
gemeinschaftliche Welt, träumen wir aber, so hat ein jeder seine eigne.=
Mich dünkt, man sollte wohl den letzteren Satz umkehren und sagen
können: wenn von verschiedenen Menschen ein jeglicher seine eigene Welt
hat, so ist zu vermuten, daß sie träumen. Auf diesen Fuß, wenn wir die
=Luftbaumeister= der mancherlei Gedankenwelten betrachten, deren
jeglicher die seinige mit Ausschließung anderer ruhig bewohnt,
denjenigen etwa, welcher die Ordnung der Dinge, so wie sie von WOLFFEN
aus wenig Bauzeug der Erfahrung, aber mehr erschlichenen Begriffen
gezimmert oder die, so von CRUSIUS durch die magische Kraft einiger
Sprüche vom =Denklichen= und =Undenklichen= aus Nichts hervorgebracht
worden, bewohnet, so werden wir uns bei dem Widerspruche ihrer Visionen
gedulden, bis diese Herren ausgeträumet haben. Denn wenn sie einmal, so
Gott will, völlig wachen, d. i. zu einem Blicke, der die Einstimmung mit
anderem Menschenverstande nicht ausschließt, die Augen auftun werden, so
wird niemand von ihnen etwas sehen, was nicht jedem andern gleichfalls
bei dem Lichte ihrer Beweistümer augenscheinlich und gewiß erscheinen
sollte, und die Philosophen werden zu derselbigen Zeit eine
gemeinschaftliche Welt bewohnen, dergleichen die Größenlehrer schon
längst innegehabt haben, welche wichtige Begebenheit nicht lange mehr
anstehen kann, woferne gewissen Zeichen und Vorbedeutungen zu trauen
ist, die seit einiger Zeit über dem Horizonte der Wissenschaften
erschienen sind.

In gewisser Verwandtschaft mit den =Träumern= der =Vernunft= stehen die
Träumer der =Empfindung=, und unter dieselbe werden gemeiniglich
diejenige, so bisweilen mit Geistern zu tun haben, gezählt und zwar aus
dem nämlichen Grunde wie die vorigen, weil sie etwas sehen, was kein
anderer gesunder Mensch sieht, und ihre eigene Gemeinschaft mit Wesen
haben, die sich niemanden sonst offenbaren, so gute Sinne er auch haben
mag. Es ist auch die Benennung der Träumereien, wenn man voraussetzt,
daß die gedachte Erscheinungen auf bloße Hirngespenster auslaufen,
insoferne passend, als die eine so gut wie die andere selbst ausgeheckte
Bilder sind, die gleichwohl als wahre Gegenstände die Sinne betrügen;
allein wenn man sich einbildet, daß beide Täuschungen übrigens in ihrer
Entstehungsart sich ähnlich gnug wären, um die Quelle der einen auch zur
Erklärung der andern zureichend zu finden, so betrügt man sich sehr.
Derjenige, der im Wachen sich in Erdichtungen und Chimären, welche seine
stets fruchtbare Einbildung ausheckt, dermaßen vertieft, daß er auf die
Empfindung der Sinne wenig achthat, die ihm jetzt am meisten angelegen
sind, wird mit Recht ein =wachender Träumer= genannt. Denn es dürfen nur
die Empfindungen der Sinne noch etwas mehr in ihrer Stärke nachlassen,
so wird er schlafen, und die vorige Chimären werden wahre Träume sein.
Die Ursache, weswegen sie es nicht schon im Wachen sind, ist diese, weil
er sie zu der Zeit als =in sich=, andere Gegenstände aber, die er
empfindet, als =außer sich= vorstellt, folglich jene zu Wirkungen seiner
eignen Tätigkeit, diese aber zu demjenigen zählet, was er von außen
empfängt und erleidet. Denn hiebei kommt es alles auf das Verhältnis an,
darin die Gegenstände auf ihn selbst als einen Menschen, folglich auch
auf seinen Körper gedacht werden. Daher können die nämliche Bilder ihn
im Wachen wohl sehr beschäftigen, aber nicht betrügen, so klar sie auch
sein mögen. Denn ob er gleich alsdenn eine Vorstellung von sich selbst
und seinem Körper auch im Gehirne hat, gegen die er seine phantastische
Bilder in Verhältnis setzt, so macht doch die wirkliche Empfindung
seines Körpers durch äußere Sinne gegen jene Chimären einen Kontrast
oder Abstechung, um jene als von sich ausgeheckt, diese aber als
empfunden anzusehen. Schlummert er hiebei ein, so erlischt die
empfundene Vorstellung seines Körpers, und es bleibt bloß die
selbstgedichtete übrig, gegen welche die andre Chimären als in äußerer
Verhältnis gedacht werden und auch, solange man schläft, den Träumenden
betrügen müssen, weil keine Empfindung da ist, die in Vergleichung mit
jener das Urbild vom Schattenbilde, nämlich das Äußere vom Innern,
unterscheiden ließe.

Von wachenden Träumern sind demnach die Geisterseher nicht bloß dem
Grade, sondern der Art nach gänzlich unterschieden. Denn diese
referieren im Wachen und oft bei der größten Lebhaftigkeit anderer
Empfindungen gewisse Gegenstände unter die äußerliche Stellen der andern
Dinge, die sie wirklich um sich wahrnehmen, und die Frage ist hie nur,
wie es zugehe, daß sie das Blendwerk ihrer Einbildung außer sich
versetzen und zwar in Verhältnis auf ihren Körper, den sie auch durch
äußere Sinne empfinden. Die große Klarheit ihres Hirngespinstes kann
hievon nicht die Ursache sein; denn es kommt hier auf den Ort an, wohin
es als ein Gegenstand versetzt ist, und daher verlange ich, daß man
zeige, wie die Seele ein solches Bild, was sie doch als =in= sich
enthalten vorstellen sollte, in ein ganz ander Verhältnis, nämlich in
einen Ort =äußerlich= und unter die Gegenstände versetze, die sich ihrer
wirklichen Empfindung darbieten. Auch werde ich mich durch die Anführung
anderer Fälle, die einige Ähnlichkeit mit solcher Täuschung haben und
etwa im fieberhaften Zustande vorfallen, nicht abfertigen lassen; denn
gesund oder krank, wie der Zustand des Betrogenen auch sein mag, so will
man nicht wissen, ob dergleichen auch sonsten geschehe, sondern wie
dieser Betrug möglich sei.

Wir finden aber bei dem Gebrauch der äußeren Sinne, daß über die
Klarheit, darin die Gegenstände vorgestellt werden, man in der
Empfindung auch ihren Ort mit begreife, vielleicht nicht allemal mit
gleicher Richtigkeit, dennoch als eine notwendige Bedingung der
Empfindung, ohne welche es unmöglich wäre, die Dinge als außer uns
vorzustellen. Hiebei wird es sehr wahrscheinlich, daß unsere Seele das
empfundene Objekt dahin in ihrer Vorstellung versetze, wo die
verschiedene Richtungslinien des Eindrucks, die dasselbe gemacht hat,
wenn sie fortgezogen werden, zusammenstoßen. Daher sieht man einen
strahlenden Punkt an demjenigen Orte, wo die von dem Auge in der
Richtung des Einfalls der Lichtstrahlen zurückgezogene Linien sich
schneiden. Dieser Punkt, welchen man den Sehepunkt nennt, ist zwar in
der Wirkung der =Zerstreuungspunkt=, aber in der Vorstellung der
=Sammlungspunkt= der Direktionslinien, nach welchen die Empfindung
eingedrückt wird (_focus imaginarius_). So bestimmt man selbst durch ein
einziges Auge einem sichtbaren Objekte den Ort, wie unter andern
geschieht, wenn das Spektrum eines Körpers vermittelst eines
Hohlspiegels in der Luft gesehen wird, gerade da, wo die Strahlen,
welche aus einem Punkte des Objekts ausfließen, sich schneiden, ehe sie
ins Auge fallen.(10)

  (10) So wird das Urteil, welches wir von dem scheinbaren Orte naher
  Gegenstände fällen, in der Sehekunst gemeiniglich vorgestellt, und es
  stimmt auch sehr gut mit der Erfahrung. Indessen treffen ebendieselbe
  Lichtstrahlen, die aus einem Punkte auslaufen, vermöge der Brechung in
  den Augenfeuchtigkeiten nicht divergierend auf den Sehenerven, sondern
  vereinigen sich daselbst in einem Punkte. Daher, wenn die Empfindung
  lediglich in diesem Nerven vorgeht, der _focus imaginarius_ nicht
  außer dem Körper, sondern im Boden des Auges gesetzt werden müßte,
  welches eine Schwierigkeit macht, die ich jetzt nicht auflösen kann,
  und die mit den obigen Sätzen sowohl als mit der Erfahrung unvereinbar
  scheint.

Vielleicht kann man ebenso bei den Eindrücken des Schalles, weil dessen
Stöße auch nach geraden Linien geschehen, annehmen, daß die Empfindung
desselben zugleich mit der Vorstellung eines _foci imaginarii_ begleitet
sei, der dahin gesetzt wird, wo die gerade Linien des in Bebung
gesetzten Nervengebäudes, im Gehirne äußerlich fortgezogen,
zusammenstoßen. Denn man bemerkt die Gegend und Weite eines schallenden
Objekts einigermaßen, wenn der Schall gleich leise ist und hinter uns
geschieht, obschon die gerade Linien, die von da gezogen werden können,
eben nicht die Eröffnung des Ohrs treffen, sondern auf andere Stellen
des Haupts fallen, sodaß man glauben muß, die Richtungslinien der
Erschütterung werden in der Vorstellung der Seele äußerlich fortgezogen
und das schallende Objekt in den Punkt ihres Zusammenstoßes versetzt.
Ebendasselbe kann, wie mich dünkt, auch von den übrigen drei Sinnen
gesagt werden, welche sich darin von dem Gesichte und dem Gehör
unterscheiden, daß der Gegenstand der Empfindung mit den Organen in
unmittelbarer Berührung stehet, und die Richtungslinien des sinnlichen
Reizes daher in diesen Organen selbst ihren Punkt der Vereinigung haben.

Um dieses auf die Bilder der Einbildung anzuwenden, so erlaube man mir
dasjenige, was CARTESIUS annahm und die mehresten Philosophen nach ihm
billigten, zum Grunde zu legen: nämlich daß alle Vorstellungen der
Einbildungskraft zugleich mit gewissen Bewegungen in dem Nervengewebe
oder Nervengeiste des Gehirns begleitet sind, welche man _ideas
materiales_ nennt, d. i. vielleicht mit der Erschütterung oder Bebung
des feinen Elements, welches von ihnen abgesondert wird, und die
derjenigen Bewegung ähnlich ist, welche der sinnliche Eindruck machen
könnte, wovon er die Kopie ist. Nun verlange ich aber, mir einzuräumen,
daß der vornehmste Unterscheid der Nervenbewegung in den Phantasien von
der in der Empfindung darin bestehe, daß die Richtungslinien der
Bewegung bei jenem sich innerhalb dem Gehirne, bei diesem aber außerhalb
schneiden; daher, weil der _focus imaginarius_, darin das Objekt
vorgestellt wird, bei den klaren Empfindungen des Wachens außer mir, der
von den Phantasien aber, die ich zu der Zeit etwa habe, in mir gesetzt
wird, ich, solange ich wache, nicht fehlen kann, die Einbildungen als
meine eigene Hirngespinste von dem Eindruck der Sinne zu unterscheiden.

Wenn man dieses einräumt, so dünkt mich, daß ich über diejenige Art von
Störung des Gemüts, die man den Wahnsinn und im höhern Grade die
Verrückung nennt, etwas Begreifliches zur Ursache anführen könne. Das
Eigentümliche dieser Krankheit bestehet darin, daß der verworrene Mensch
bloße Gegenstände seiner Einbildung außer sich versetzt und als wirklich
vor ihm gegenwärtige Dinge ansieht. Nun habe ich gesagt, daß nach der
gewöhnlichen Ordnung die Direktionslinien der Bewegung, die in dem
Gehirne als materielle Hülfsmittel die Phantasie begleiten, sich
innerhalb demselben durchschneiden müssen, und mithin der Ort, darin er
sich seines Bildes bewußt ist, zur Zeit des Wachens in ihm selbst
gedacht werde. Wenn ich also setze, daß durch irgendeinen Zufall oder
Krankheit gewisse Organen des Gehirnes so verzogen und aus ihrem
gehörigen Gleichgewicht gebracht seien, daß die Bewegung der Nerven, die
mit einigen Phantasien harmonisch beben, nach solchen Richtungslinien
geschieht, welche fortgezogen sich außerhalb dem Gehirne durchkreuzen
würden, so ist der _focus imaginarius_ außerhalb dem denkenden Subjekt
gesetzt,(11) und das Bild, welches ein Werk der bloßen Einbildung ist,
wird als ein Gegenstand vorgestellt, der den äußeren Sinnen gegenwärtig
wäre. Die Bestürzung über die vermeinte Erscheinung einer Sache, die
nach der natürlichen Ordnung nicht zugegen sein sollte, wird, obschon
auch anfangs ein solches Schattenbild der Phantasie nur schwach wäre,
bald die Aufmerksamkeit rege machen und der Scheinempfindung eine so
große Lebhaftigkeit geben, die den betrogenen Menschen an der
Wahrhaftigkeit nicht zweifeln läßt. Dieser Betrug kann einen jeden
äußeren Sinn betreffen; denn von jeglichen haben wir kopierte Bilder in
der Einbildung, und die Verrückung des Nervengewebes kann die Ursache
werden, den _focum imaginarium_ dahin zu versetzen, von wo der sinnliche
Eindruck eines wirklich vorhandenen körperlichen Gegenstandes kommen
würde. Es ist alsdenn kein Wunder, wenn der Phantast manches sehr
deutlich zu sehen oder zu hören glaubt, was niemand außer ihm wahrnimmt,
imgleichen wenn diese Hirngespenster ihm erscheinen und plötzlich
verschwinden, oder indem sie etwa einem Sinne, z. E. dem Gesichte,
vorgaukeln, durch keinen andern, wie z. E. das Gefühl, können empfunden
werden und daher durchdringlich scheinen. Die gemeine Geistererzählungen
laufen so sehr auf dergleichen Bestimmungen hinaus, daß sie den Verdacht
ungemein rechtfertigen, sie könnten wohl aus einer solchen Quelle
entsprungen sein. Und so ist auch der gangbare Begriff von =geistigen
Wesen=, den wir oben aus dem gemeinen Redegebrauche herauswickelten,
dieser Täuschung sehr gemäß und verleugnet seinen Ursprung nicht, weil
die Eigenschaft einer durchdringlichen Gegenwart im Raume das
wesentliche Merkmal dieses Begriffes ausmachen soll.

  (11) Man könnte als eine entfernte Ähnlichkeit mit dem angeführten
  Zufalle die Beschaffenheit der Trunkenen anführen, die in diesem
  Zustande mit beiden Augen doppelt sehen, darum weil durch die
  Anschwellung der Blutgefäße eine Hindernis entspringt, die Augenachsen
  so zu richten, daß ihre verlängerte Linien sich im Punkte, worin das
  Objekt ist, schneiden. Ebenso mag die Verziehung der Hirngefäße, die
  vielleicht nur vorübergehend ist und, solange sie dauert, nur einige
  Nerven betrifft, dazu dienen, daß gewisse Bilder der Phantasie selbst
  im Wachen als außer uns erscheinen. Eine sehr gemeine Erfahrung kann
  mit dieser Täuschung verglichen werden. Wenn man nach vollbrachten
  Schlafe mit einer Gemächlichkeit, die einem Schlummer nahekommt und
  gleichsam mit gebrochnen Augen die mancherlei Fäden der Bettvorhänge
  oder des Bezuges oder die kleinen Flecken einer nahen Wand ansieht, so
  macht man sich daraus leichtlich Figuren von Menschengesichtern und
  dergleichen. Das Blendwerk hört auf, sobald man will und die
  Aufmerksamkeit anstrengt. Hier ist die Versetzung des _foci
  imaginarii_ der Phantasien der Willkür einigermaßen unterworfen, da
  sie bei der Verrückung durch keine Willkür kann gehindert werden.

Es ist auch sehr wahrscheinlich, daß die Erziehungsbegriffe von
Geistergestalten dem kranken Kopfe die Materialien zu den täuschenden
Einbildungen geben, und daß ein von allen solchen Vorurteilen leeres
Gehirn, wenn ihm gleich eine Verkehrtheit anwandelte, wohl nicht so
leicht Bilder von solcher Art aushecken würde. Ferner siehet man daraus
auch, daß, da die Krankheit des Phantasten nicht eigentlich den
Verstand, sondern die Täuschung der Sinne betrifft, der Unglückliche
seine Blendwerke durch kein Vernünfteln heben könne, weil die wahre oder
scheinbare Empfindung der Sinne selbst vor allem Urteil des Verstandes
vorhergeht und eine unmittelbare Evidenz hat, die alle andre Überredung
weit übertrifft.

Die Folge, die sich aus diesen Betrachtungen ergibt, hat dieses
Ungelegene an sich, daß sie die tiefe Vermutungen des vorigen
Hauptstücks entbehrlich macht, und daß der Leser, so bereitwillig er
auch sein mochte, denen idealischen Entwürfen desselben einigen Beifall
einzuräumen, dennoch den Begriff vorziehen wird, welcher mehr
Gemächlichkeit und Kürze im Entscheiden bei sich führet und sich einen
allgemeineren Beifall versprechen kann. Denn außer dem, daß es einer
vernünftigen Denkungsart gemäßer zu sein scheint, die Gründe der
Erklärung aus dem Stoffe herzunehmen, den die Erfahrung uns darbietet,
als sich in schwindlichten Begriffen einer halb dichtenden, halb
schließenden Vernunft zu verlieren, so äußert sich noch dazu auf dieser
Seite einiger Anlaß zum Gespötte, welches, es mag nun gegründet sein
oder nicht, ein kräftigeres Mittel ist als irgend ein anderes, eitele
Nachforschungen zurückzuhalten. Denn auf eine ernsthafte Art über die
Hirngespenster der Phantasten Auslegungen machen zu wollen, gibt schon
eine schlimme Vermutung, und die Philosophie setzt sich in Verdacht,
welche sich in so schlechter Gesellschaft betreffen läßt. Zwar habe ich
oben den Wahnsinn in dergleichen Erscheinung nicht bestritten, vielmehr
ihn, zwar nicht als die Ursache einer eingebildeten Geistergemeinschaft,
doch als eine natürliche Folge derselben damit verknüpfet; allein was
vor eine Torheit gibt es doch, die nicht mit einer bodenlosen
Weltweisheit könnte in Einstimmung gebracht werden? Daher verdenke ich
es dem Leser keinesweges, wenn er, anstatt die Geisterseher vor
Halbbürger der andern Welt anzusehen, sie kurz und gut als Kandidaten
des Hospitals abfertigt und sich dadurch alles weiteren Nachforschens
überhebt. Wenn nun aber alles auf solchen Fuß genommen wird, so muß auch
die Art, dergleichen Adepten des Geisterreichs zu behandeln, von
derjenigen nach den obigen Begriffen sehr verschieden sein, und da man
es sonst nötig fand, bisweilen einige derselben zu =brennen=, so wird es
jetzt gnug sein, sie nur zu =purgieren=. Auch wäre es bei dieser Lage
der Sachen eben nicht nötig gewesen, so weit auszuholen und in dem
fieberhaften Gehirne betrogener Schwärmer durch Hülfe der Metaphysik
Geheimnisse aufzusuchen. Der scharfsichtige HUDIBRAS hätte uns allein
das Rätsel auflösen können; denn nach seiner Meinung: =wenn ein
hypochondrischer Wind in den Eingeweiden tobet, so kommt es darauf an,
welche Richtung er nimmt, geht er abwärts, so wird daraus ein F--,
steigt er aber aufwärts, so ist es eine Erscheinung oder eine heilige
Eingebung=.


Viertes Hauptstück. _Theoretischer Schluß aus den gesamten Betrachtungen
des ersten Teils._

Die Trüglichkeit einer Wage, die nach bürgerlichen Gesetzen ein Maß der
Handlung sein soll, wird entdeckt, wenn man Ware und Gewichte ihre
Schalen vertauschen läßt, und die Parteilichkeit der Verstandeswage
offenbaret sich durch ebendenselben Kunstgriff, ohne welchen man auch in
philosophischen Urteilen nimmermehr ein einstimmiges Fazit aus den
verglichenen Abwiegungen herausbekommen kann. Ich habe meine Seele von
Vorurteilen gereinigt, ich habe eine jede blinde Ergebenheit vertilgt,
welche sich jemals einschlich, um manchem eingebildeten Wissen in mir
Eingang zu verschaffen. Jetzo ist mir nichts angelegen, nichts
ehrwürdig, als was durch den Weg der Aufrichtigkeit in einem ruhigen und
vor alle Gründe zugänglichem Gemüte Platz nimmt; es mag mein voriges
Urteil bestätigen oder aufheben, mich bestimmen oder unentschieden
lassen. Wo ich etwas antreffe, das mich belehrt, da eigne ich es mir zu.
Das Urteil desjenigen, der meine Gründe widerlegt, ist mein Urteil,
nachdem ich es vorerst =gegen= die Schale der Selbstliebe und nachher in
derselben gegen meine vermeintliche Gründe abgewogen und in ihm einen
größeren Gehalt gefunden habe. Sonst betrachtete ich den allgemeinen
menschlichen Verstand bloß aus dem Standpunkte des meinigen: jetzt setze
ich mich in die Stelle einer fremden und äußeren Vernunft und beobachte
meine Urteile samt ihren geheimsten Anlässen aus dem Gesichtspunkte
anderer. Die Vergleichung beider Beobachtungen gibt zwar starke
Parallaxen, aber sie ist auch das einzige Mittel, den optischen Betrug
zu verhüten und die Begriffe an die wahre Stellen zu setzen, darin sie
in Ansehung der Erkenntnisvermögen der menschlichen Natur stehen. Man
wird sagen, daß dieses eine sehr ernsthafte Sprache sei vor eine so
gleichgültige Aufgabe, als wir abhandeln, die mehr ein Spielwerk als
eine ernstliche Beschäftigung genannt zu werden verdient, und man hat
nicht unrecht, so zu urteilen. Allein ob man zwar über eine Kleinigkeit
keine große Zurüstung machen darf, so kann man sie doch gar wohl bei
Gelegenheit derselben machen, und die entbehrliche Behutsamkeit beim
Entscheiden in Kleinigkeiten kann zum Beispiele in wichtigen Fällen
dienen. Ich finde nicht, daß irgendeine Anhänglichkeit, oder sonst eine
vor der Prüfung eingeschlichene Neigung meinem Gemüte die Lenksamkeit
nach allerlei Gründen vor oder dawider benehme, eine einzige
ausgenommen. Die Verstandeswage ist doch nicht ganz unparteiisch, und
der eine Arm derselben, der die Aufschrift führet: =Hoffnung der
Zukunft=, hat einen mechanischen Vorteil, welcher macht, daß auch
leichte Gründe, welche in die ihm angehörige Schale fallen, die
Spekulationen von an sich größeren Gewichte auf der andern Seite in die
Höhe ziehen. Dieses ist die einzige Unrichtigkeit, die ich nicht wohl
heben kann, und die ich in der Tat auch niemals heben will. Nun gestehe
ich, daß alle Erzählungen vom Erscheinen abgeschiedener Seelen oder von
Geistereinflüssen und alle Theorien von der mutmaßlichen Natur geistiger
Wesen und ihrer Verknüpfung mit uns nur in der Schale der Hoffnung
merklich wiegen; dagegen in der der Spekulation aus lauter Luft zu
bestehen scheinen. Wenn die Ausmittelung der aufgegebenen Frage nicht
mit einer vorher schon entschiedenen Neigung in Sympathie stände,
welcher Vernünftige würde wohl unschlüssig sein, ob er mehr Möglichkeit
darin finden sollte, eine Art Wesen anzunehmen, die mit allem, was ihm
die Sinne lehren, gar nichts Ähnliches haben, als einige angebliche
Erfahrungen dem Selbstbetruge und der Erdichtung beizumessen, die in
mehreren Fällen nicht ungewöhnlich sind.

Ja, dieses scheint auch überhaupt von der Beglaubigung der
Geistererzählungen, welche so allgemeinen Eingang finden, die vornehmste
Ursache zu sein, und selbst die erste Täuschungen von vermeinten
Erscheinungen abgeschiedener Menschen sind vermutlich aus der
schmeichelhaften Hoffnung entsprungen, daß man noch auf irgendeine Art
nach dem Tode übrig sei, da denn bei nächtlichen Schatten oftmals der
Wahn die Sinne betrog und aus zweideutigen Gestalten Blendwerke schuf,
die der vorhergehenden Meinung gemäß waren, woraus denn endlich die
Philosophen Anlaß nahmen, die Vernunftidee von Geistern auszudenken und
sie in Lehrverfassung zu bringen. Man sieht es auch wohl meinem
anmaßlichen Lehrbegriff von der Geistergemeinschaft an, daß er
ebendieselbe Richtung nehme, in den die gemeine Neigung einschlägt. Denn
die Sätze vereinbaren sich sehr merklich nur dahin, um einen Begriff zu
geben, wie der Geist des Menschen aus dieser Welt =herausgehe=,(12)
d. i. vom Zustande nach dem Tode; wie er aber =hineinkomme=, d. i. von
der Zeugung und Fortpflanzung, davon erwähne ich nichts; ja sogar nicht
einmal, wie er in dieser Welt =gegenwärtig= sei, d. i. wie eine
immaterielle Natur in einem Körper und durch denselben wirksam sein
könne; alles um einer sehr gültigen Ursache willen, welche diese ist,
daß ich hievon insgesamt nichts verstehe und folglich mich wohl hätte
bescheiden können, ebenso unwissend in Ansehung des künftigen Zustandes
zu sein, wofern nicht die Parteilichkeit einer Lieblingsmeinung denen
Gründen, die sich darboten, so schwach sie auch sein mochten, zur
Empfehlung gedienet hätte.

  (12) Das Sinnbild der alten Ägypter vor die Seele war ein Papillon,
  und die griechische Benennung bedeutete ebendasselbe. Man siehet
  leicht, daß die Hoffnung, welche aus dem Tode nur eine Verwandlung
  macht, eine solche Idee samt ihren Zeichen veranlaßt habe. Indessen
  hebt dieses keinesweges das Zutrauen zu der Richtigkeit der hieraus
  entsprungenen Begriffe. Unsere innere Empfindung und die darauf
  gegründete Urteile des =Vernunftähnlichen= führen, solange sie
  unverderbt sind, ebendahin, wo die Vernunft hinleiten würde, wenn sie
  erleuchteter und ausgebreiteter wäre.

Ebendieselbe Unwissenheit macht auch, daß ich mich nicht unterstehe, so
gänzlich alle Wahrheit an den mancherlei Geistererzählungen abzuleugnen,
doch mit dem gewöhnlichen, obgleich wunderlichen Vorbehalt, eine jede
einzelne derselben in Zweifel zu ziehen, allen zusammengenommen aber
einigen Glauben beizumessen. Dem Leser bleibt das Urteil frei; was mich
aber anlangt, so ist zum wenigsten der Ausschlag auf die Seite der
Gründe des zweiten Hauptstücks bei mir groß gnug, mich bei Anhörung der
mancherlei befremdlichen Erzählungen dieser Art ernsthaft und
unentschieden zu erhalten. Indessen da es niemals an Gründen der
Rechtfertigung fehlt, wenn das Gemüt vorher eingenommen ist, so will ich
dem Leser mit keiner weiteren Verteidigung dieser Denkungsart
beschwerlich fallen.

Da ich mich jetzt beim Schlusse der Theorie von Geistern befinde, so
unterstehe ich mir noch zu sagen, daß diese Betrachtung, wenn sie von
dem Leser gehörig genutzt wird, alle philosophische Einsicht von
dergleichen Wesen vollende, und daß man davon vielleicht künftighin noch
allerlei =meinen=, niemals aber mehr =wissen= könne. Dieses Vorgeben
klingt ziemlich ruhmredig. Denn es ist gewiß kein den Sinnen bekannter
Gegenstand der Natur, von dem man sagen könnte, man habe ihn durch
Beobachtung oder Vernunft jemals =erschöpft=, wenn es auch ein
Wassertropfen, ein Sandkorn oder etwas noch Einfacheres wäre; so
unermeßlich ist die Mannigfaltigkeit desjenigen, was die Natur in ihren
geringsten Teilen einem so eingeschränkten Verstande wie der menschliche
ist zur Auflösung darbietet. Allein mit dem philosophischen Lehrbegriff
von geistigen Wesen ist es ganz anders bewandt. Er kann vollendet sein,
aber im =negativen= Verstande, indem er nämlich die Grenzen unserer
Einsicht mit Sicherheit festsetzt und uns überzeugt, daß die
verschiedene Erscheinungen des =Lebens= in der Natur und deren Gesetze
alles seien, was uns zu erkennen vergönnet ist, das Principium dieses
Lebens aber, d. i. die geistige Natur, welche man nicht kennet, sondern
vermutet, niemals positiv könne gedacht werden, weil keine Data hiezu in
unseren gesamten Empfindungen anzutreffen seien, und daß man sich mit
Verneinungen behelfen müsse, um etwas von allem Sinnlichen so sehr
Unterschiedenes zu denken, daß aber selbst die Möglichkeit solcher
Verneinungen weder auf Erfahrung, noch auf Schlüssen, sondern auf einer
Erdichtung beruhe, zu der eine von allen Hülfsmitteln entblößte Vernunft
ihre Zuflucht nimmt. Auf diesen Fuß kann die Pneumatologie der Menschen
ein Lehrbegriff ihrer notwendigen Unwissenheit in Absicht auf eine
vermutete Art Wesen genannt werden und als ein solcher der Aufgabe
leichtlich adaequat sein.

Nunmehro lege ich die ganze Materie von Geistern, ein weitläuftig Stück
der Metaphysik, als abgemacht und vollendet beiseite. Sie geht mich
künftig nichts mehr an. Indem ich den Plan meiner Nachforschung auf
diese Art besser zusammenziehe und mich einiger gänzlich vergeblichen
Untersuchungen entschlage, so hoffe ich meine geringe Verstandesfähigkeit
auf die übrige Gegenstände vorteilhafter anlegen zu können.
Es ist mehrenteils umsonst, das kleine Maß seiner Kraft auf alle
windichte Entwürfe ausdehnen zu wollen. Daher gebeut die Klugheit sowohl
in diesem als in andern Fällen, den Zuschnitt der Entwürfe den Kräften
angemessen zu machen und, wenn man das Große nicht füglich erreichen
kann, sich auf das Mittelmäßige einzuschränken.




Der zweite Teil,

welcher historisch ist.


Erstes Hauptstück. _Eine Erzählung, deren Wahrheit der beliebigen
Erkundigung des Lesers empfohlen wird._

    Sit mihi fas audita loqui. -- -- --

    VIRG.

Die Philosophie, deren Eigendünkel macht, daß sie sich selbst allen
eiteln Fragen bloßstellet, siehet sich oft bei dem Anlasse gewisser
Erzählungen in schlimmer Verlegenheit, wenn sie entweder an einigem in
denselben ungestraft nicht =zweifeln= oder manches davon unausgelacht
nicht =glauben= darf. Beide Beschwerlichkeiten finden sich in gewisser
Maße bei den herumgehenden Geistergeschichten zusammen, die erste bei
Anhörung desjenigen, der sie beteurt, und die zweite in Betracht derer,
auf die man sie weiter bringt. In der Tat ist auch kein Vorwurf dem
Philosophen bitterer, als der der Leichtgläubigkeit und der Ergebenheit
in den gemeinen Wahn, und da diejenigen, welche sich darauf verstehen,
gutes Kaufs klug zu scheinen, ihr spöttisches Gelächter auf alles
werfen, was die Unwissenden und die Weisen gewissermaßen gleichmacht,
indem es beiden unbegreiflich ist, so ist kein Wunder, daß die so häufig
vorgegebene Erscheinungen großen Eingang finden, öffentlich aber
entweder abgeleugnet oder doch verhehlet werden. Man kann sich daher
darauf verlassen, daß niemals eine Akademie der Wissenschaften diese
Materie zur Preisfrage machen werde; nicht als wenn die Glieder
derselben gänzlich von aller Ergebenheit in die gedachte Meinung frei
wären, sondern weil die Regel der Klugheit denen Fragen, welche der
Vorwitz und die eitle Wißbegierde ohne Unterscheid aufwirft, mit Recht
Schranken setzet. Und so werden die Erzählungen von dieser Art wohl
jederzeit nur heimliche Gläubige haben, öffentlich aber durch die
herrschende Mode des Unglaubens verworfen werden.

Da mir indessen diese ganze Frage weder wichtig noch vorbereitet gnug
scheint, um über dieselbe etwas zu entscheiden, so trage ich kein
Bedenken, hier eine Nachricht der erwähnten Art anzuführen und sie mit
völliger Gleichgültigkeit dem geneigten oder ungeneigten Urteile der
Leser preiszugeben.

Es lebt zu Stockholm ein gewisser Herr SWEDENBORG ohne Amt oder
Bedienung von seinem ziemlich ansehnlichen Vermögen. Seine ganze
Beschäftigung besteht darin, daß er, wie er selbst sagt, schon seit mehr
als zwanzig Jahren mit Geistern und abgeschiedenen Seelen im genauesten
Umgange stehet, von ihnen Nachrichten aus der andern Welt einholet und
ihnen dagegen welche aus der gegenwärtigen erteilt, große Bände über
seine Entdeckungen abfaßt und bisweilen nach London reiset, um die
Ausgabe derselben zu besorgen. Er ist eben nicht zurückhaltend mit
seinen Geheimnissen, spricht mit jedermann frei davon, scheint
vollkommen von dem, was er vorgibt, überredet zu sein ohne einigen
Anschein eines angelegten Betruges oder Charlatanerei. So wie er, wenn
man ihm selbst glauben darf, der Erzgeisterseher unter allen
Geistersehern ist, so ist er auch sicherlich der Erzphantast unter allen
Phantasten, man mag ihn nun aus der Beschreibung derer, welche ihn
kennen oder aus seinen Schriften beurteilen. Doch kann dieser Umstand
diejenige, welche den Geistereinflüssen sonst günstig sind, nicht
abhalten, hinter solcher Phantasterei noch etwas Wahres zu vermuten.
Weil indessen das Kreditiv aller Bevollmächtigten aus der andern Welt in
den Beweistümern besteht, die sie durch gewisse Proben in der
gegenwärtigen von ihrem außerordentlichen Beruf ablegen, so muß ich von
demjenigen, was zur Beglaubigung der außerordentlichen Eigenschaft des
gedachten Mannes herumgetragen wird, wenigstens dasjenige anführen, was
noch bei den meisten einigen Glauben findet.

Gegen das Ende des Jahres 1761 wurde Herr SWEDENBORG zu einer Fürstin
gerufen, deren großer Verstand und Einsicht es beinahe unmöglich machen
sollte, in dergleichen Fällen hintergangen zu werden. Die Veranlassung
dazu gab das allgemeine Gerüchte von denen vorgegebenen Visionen dieses
Mannes. Nach einigen Fragen, die mehr darauf abzielten, sich mit seinen
Einbildungen zu belustigen, als wirkliche Nachrichten aus der andern
Welt zu vernehmen, verabschiedete ihn die Fürstin, indem sie ihm vorher
einen geheimen Auftrag tat, der in seine Geistergemeinschaft einschlug.
Nach einigen Tagen erschien Herr SWEDENBORG mit der Antwort, welche von
der Art war, daß solche die Fürstin ihrem eigenen Geständnisse nach in
das größeste Erstaunen versetzte, indem sie solche wahr befand und ihm
gleichwohl solche von keinem lebendigen Menschen konnte erteilt sein.
Diese Erzählung ist aus dem Berichte eines Gesandten an dem dortigen
Hofe, der damals zugegen war, an einen andern fremden Gesandten in
Kopenhagen gezogen worden, stimmt auch genau mit dem, was die besondere
Nachfrage darüber hat erkundigen können, zusammen.

Folgende Erzählungen haben keine andere Gewährleistung als die gemeine
Sage, deren Beweis sehr mißlich ist. Madame MARTEVILLE, die Witwe eines
holländischen Envoyé an dem schwedischen Hofe, wurde von den Angehörigen
eines Goldschmiedes um die Bezahlung des Rückstandes vor ein
verfertigtes Silberservice gemahnet. Die Dame, welche die regelmäßige
Wirtschaft ihres verstorbenen Gemahls kannte, war überzeugt, daß diese
Schuld schon bei seinem Leben abgemacht sein müßte; allein sie fand in
seinen hinterlassenen Papieren gar keinen Beweis. Das Frauenzimmer ist
vorzüglich geneigt, den Erzählungen der Wahrsagerei, der Traumdeutung
und allerlei anderer wunderbarer Dinge Glauben beizumessen. Sie
entdeckte daher ihr Anliegen dem Herrn SWEDENBORG mit dem Ersuchen, wenn
es wahr wäre, was man von ihm sagte, daß er mit abgeschiedenen Seelen im
Umgange stehe, ihr aus der andern Welt von ihrem verstorbenen Gemahl
Nachricht zu verschaffen, wie es mit der gedachten Anforderung bewandt
sei. Herr SWEDENBORG versprach solches zu tun und stellte der Dame nach
wenig Tagen in ihrem Hause den Bericht ab, daß er die verlangte
Kundschaft eingezogen habe, daß in einem Schrank, den er anzeigte und
der ihrer Meinung nach völlig ausgeräumt war, sich noch ein verborgenes
Fach befinde, welches die erforderliche Quittungen enthielte. Man suchte
sofort seiner Beschreibung zufolge und fand nebst der geheimen
holländischen Correspondence die Quittungen, wodurch alle gemachte
Ansprüche völlig getilgt wurden.

Die dritte Geschichte ist von der Art, daß sich sehr leicht ein
vollständiger Beweis ihrer Richtigkeit oder Unrichtigkeit muß geben
lassen. Es war, wo ich recht berichtet bin, gegen das Ende des 1759ten
Jahres, als Herr SWEDENBORG, aus England kommend, an einem Nachmittage
zu =Gotenburg= ans Land trat. Er wurde denselben Abend zu einer
Gesellschaft bei einem dortigen Kaufmann gezogen und gab ihr nach
einigem Aufenthalt mit allen Zeichen der Bestürzung die Nachricht, daß
eben jetzt in Stockholm im =Südermalm= eine erschreckliche Feuersbrunst
wüte. Nach Verlauf einiger Stunden, binnen welchen er sich dann und wann
entfernte, berichtete er der Gesellschaft, daß das Feuer gehemmet sei,
imgleichen wie weit es um sich gegriffen habe. Ebendenselben Abend
verbreitete sich schon diese wunderliche Nachricht und war den andern
Morgen in der ganzen Stadt herumgetragen; allein nach zwei Tagen
allererst kam der Bericht davon aus Stockholm in Gotenburg an, völlig
einstimmig, wie man sagt, mit SWEDENBORGS Visionen.

Man wird vermutlich fragen, was mich doch immer habe bewegen können, ein
so verachtetes Geschäfte zu übernehmen, als dieses ist, Märchen weiter
zu bringen, die ein Vernünftiger Bedenken trägt, mit Geduld anzuhören,
ja solche gar zum Text philosophischer Untersuchungen zu machen. Allein
da die Philosophie, welche wir voranschickten, ebensowohl ein Märchen
war aus dem =Schlaraffenlande= der Metaphysik, so sehe ich nichts
Unschickliches darin, beide in Verbindung auftreten zu lassen; und warum
sollte es auch eben rühmlicher sein, sich durch das blinde Vertrauen in
die Scheingründe der Vernunft, als durch unbehutsamen Glauben an
betrügliche Erzählungen hintergehen zu lassen?

Torheit und Verstand haben so unkenntlich bezeichnete Grenzen, daß man
schwerlich in dem einen Gebiete lange fortgeht, ohne bisweilen einen
kleinen Streif in das andre zu tun; aber was die Treuherzigkeit anlangt,
die sich bereden läßt, vielen festen Beteurungen selbst wider die
Gegenwehr des Verstandes bisweilen etwas einzuräumen, so scheint sie ein
Rest der alten Stammehrlichkeit zu sein, die freilich auf den jetzigen
Zustand nicht recht paßt und daher oft zur Torheit wird, aber darum doch
eben nicht als ein natürliches Erbstück der Dummheit angesehen werden
muß. Daher überlasse ich es dem Belieben des Lesers, bei der
wunderlichen Erzählung, mit welcher ich mich bemenge, jene zweideutige
Mischung von Vernunft und Leichtgläubigkeit in ihre Elemente aufzulösen
und die Proportion beider Ingredienzien vor meine Denkungsart
auszurechnen. Denn da es bei einer solchen Kritik doch nur um die
Anständigkeit zu tun ist, so halte ich mich gnugsam vor dem Spott
gesichert, dadurch daß ich mit dieser Torheit, wenn man sie so nennen
will, mich gleichwohl in recht guter und zahlreicher Gesellschaft
befinde, welches schon gnug ist, wie FONTENELLE glaubt, um wenigstens
nicht vor unklug gehalten zu werden. Denn es ist zu allen Zeiten so
gewesen und wird auch wohl künftighin so bleiben, daß gewisse
widersinnige Dinge selbst bei Vernünftigen Eingang finden, bloß darum
weil allgemein davon gesprochen wird. Dahin gehören die Sympathie, die
Wünschelrute, die Ahndungen, die Wirkung der Einbildungskraft
schwangerer Frauen, die Einflüsse der Mondwechsel auf Tiere und Pflanzen
u. d. g. Ja, hat nicht vor kurzem das gemeine Landvolk denen Gelehrten
die Spötterei gut vergolten, welche sie gemeiniglich auf dasselbe der
Leichtgläubigkeit wegen zu werfen pflegen? Denn durch vieles Hörensagen
brachten Kinder und Weiber endlich einen großen Teil kluger Männer
dahin, daß sie einen gemeinen Wolf vor eine =Hyäne= hielten, obgleich
jetzo ein jeder Vernünftiger leicht einsieht, daß in den Wäldern von
Frankreich wohl kein afrikanisches Raubtier herumlaufen werde. Die
Schwäche des menschlichen Verstandes in Verbindung mit seiner
Wißbegierde macht, daß man anfänglich Wahrheit und Betrug ohne
Unterschied aufraffet. Aber nach und nach läutern sich die Begriffe, ein
kleiner Teil bleibt, das übrige wird als Auskehricht weggeworfen.

Wem also jene Geistererzählungen eine Sache von Wichtigkeit zu sein
scheinen, der kann immerhin, im Fall er Geld gnug und nichts Besseres zu
tun hat, eine Reise auf eine nähere Erkundigung derselben wagen, so wie
ARTEMIDOR zum Besten der Traumdeutung in Kleinasien herumzog. Es wird
ihm auch die Nachkommenschaft von ähnlicher Denkungsart davor höchlich
verbunden sein, daß er verhütete, damit nicht dereinst ein anderer
PHILOSTRAT aufstände, der nach Verlauf vieler Jahre aus unserm
SWEDENBORG einen neuen APOLLONIUS =von Tyane= machete, wenn das
Hörensagen zu einem förmlichen Beweise wird gereifet sein, und das
ungelegene, obzwar höchstnötige Verhör der Augenzeugen dereinst
unmöglich geworden sein wird.


Zweites Hauptstück. _Ekstatische Reise eines Schwärmers durch die
Geisterwelt._

    Somnia, terrores magicos, miracula, sagas,
    Nocturnos lemures, portentaque Thessala --.

    HORATIUS.

Ich kann es dem behutsamen Leser auf keinerlei Weise übelnehmen, wenn
sich im Fortgange dieser Schrift einiges Bedenken bei ihm gereget hätte
über das Verfahren, das der Verfasser vor gut gefunden hat, darin zu
beobachten. Denn da ich den dogmatischen Teil vor dem historischen und
also die Vernunftgründe vor der Erfahrung voranschickte, so gab ich
Ursache zu dem Argwohn, als wenn ich mit Hinterlist umginge und, da ich
die Geschichte schon vielleicht zum voraus im Kopfe gehabt haben mochte,
mich nur so angestellet hätte, als wüßte ich von nichts, als von reinen,
abgesonderten Betrachtungen, damit ich den Leser, der sich nichts
dergleichen besorgt, am Ende mit einer erfreulichen Bestätigung aus der
Erfahrung überraschen könnte. Und in der Tat ist dieses auch ein
Kunstgriff, dessen die Philosophen sich mehrmalen sehr glücklich bedient
haben. Denn man muß wissen, daß alle Erkenntnis zwei Enden habe, bei
denen man sie fassen kann, das eine _a priori_, das andere _a
posteriori_. Zwar haben verschiedene Naturlehrer neuerer Zeiten
vorgegeben, man müsse es bei dem letzteren anfangen, und glauben den Aal
der Wissenschaft beim Schwanze zu erwischen, indem sie sich gnugsamer
Erfahrungskenntnisse versichern und denn so allmählich zu allgemeinen
und höheren Begriffen hinaufrücken. Allein ob dieses zwar nicht unklug
gehandelt sein möchte, so ist es doch bei weitem nicht gelehrt und
philosophisch gnug; denn man ist auf diese Art bald bei einem =Warum=,
worauf keine Antwort gegeben werden kann, welches einem Philosophen
gerade so viel Ehre macht als einem Kaufmann, der bei einer
Wechselzahlung freundlich bittet, ein andermal wieder anzusprechen.
Daher haben scharfsinnige Männer, um diese Unbequemlichkeit zu
vermeiden, von der entgegengesetzten äußersten Grenze, nämlich dem
obersten Punkte der Metaphysik, angefangen. Es findet sich aber hiebei
eine neue Beschwerlichkeit, nämlich, daß man anfängt, ich weiß nicht
=wo=, und kömmt, ich weiß nicht =wohin=, und daß der Fortgang der Gründe
nicht auf die Erfahrung treffen will, ja, daß es scheinet, die Atomen
des EPIKURS dürften eher, nachdem sie von Ewigkeit her immer gefallen,
einmal von ungefähr zusammenstoßen, um eine Welt zu bilden, als die
allgemeinsten und abstraktesten Begriffe, um sie zu erklären. Da also
der Philosoph wohl sahe, daß seine Vernunftgründe einerseits und die
wirkliche Erfahrung oder Erzählung andererseits, wie ein Paar
Parallellinien wohl ins Undenkliche nebeneinander fortlaufen würden,
ohne jemals zusammenzutreffen, so ist er mit den übrigen, gleich als
wenn sie darüber Abrede genommen hätten, übereingekommen, ein jeder nach
seiner Art den Anfangspunkt zu nehmen und darauf, nicht in der geraden
Linie der Schlußfolge, sondern mit einem unmerklichen =Clinamen= der
Beweisgründe, dadurch daß sie nach dem Ziele gewisser Erfahrungen oder
Zeugnisse verstohlen hinschieleten, die Vernunft so zu lenken, daß sie
gerade dahin treffen mußte, wo der treuherzige Schüler sie nicht
vermutet hatte, nämlich dasjenige zu beweisen, wovon man schon vorher
wußte, daß es sollte bewiesen werden. Diesen Weg nannten sie alsdenn
noch den Weg _a priori_, ob er wohl unvermerkt durch ausgesteckte Stäbe
nach dem Punkte _a posteriori_ gezogen war, wobei aber billigermaßen
der, so die Kunst versteht, den Meister nicht verraten muß. Nach dieser
sinnreichen Lehrart haben verschiedene verdienstvolle Männer auf dem
bloßen Wege der Vernunft sogar Geheimnisse der Religion ertappt, so wie
Romanschreiber die Heldin der Geschichte in entfernete Länder fliehen
lassen, damit sie ihrem Anbeter durch ein glückliches Abenteuer von
ungefähr aufstoße: _et fugit ad salices et se cupit ante videri_. VIRG.
Ich würde mich also bei so gepriesenen Vorgängern in der Tat nicht zu
schämen Ursache haben, wenn ich gleich wirklich ebendasselbe Kunststück
gebraucht hätte, um meiner Schrift zu einem erwünschten Ausgange zu
verhelfen. Allein ich bitte den Leser gar sehr, dergleichen nicht von
mir zu glauben. Was würde es mir auch jetzo helfen, da ich keinen mehr
hintergehen kann, nachdem ich das Geheimnis schon ausgeplaudert habe?
Zudem habe ich das Unglück, daß das Zeugnis, worauf ich stoße und was
meiner philosophischen Hirngeburt so ungemein ähnlich ist, verzweifelt
mißgeschaffen und albern aussieht, sodaß ich viel eher vermuten muß, der
Leser werde um der Verwandtschaft mit solchen Beistimmungen willen meine
Vernunftgründe vor ungereimt, als jene um dieser willen vor vernünftig
halten. Ich sage demnach ohne Umschweif, daß, was solche anzügliche
Vergleichungen anlangt, ich keinen Spaß verstehe, und erkläre kurz und
gut, daß man entweder in SWEDENBORGS Schriften mehr Klugheit und
Wahrheit vermuten müsse, als der erste Anschein blicken läßt, oder daß
es nur so von ohngefähr komme, wenn er mit meinem System zusammentrifft,
wie Dichter bisweilen, wenn sie rasen, weissagen, wie man glaubt, oder
wenigstens wie sie selbst sagen, wenn sie dann und wann mit dem Erfolge
zusammentreffen.

Ich komme zu meinem Zwecke, nämlich zu den Schriften meines Helden. Wenn
manche jetzt vergessene oder dereinst doch namenlose Schriftsteller kein
geringes Verdienst haben, daß sie in der Ausarbeitung großer Werke den
Aufwand ihres Verstandes nicht achteten, so gebühret dem Herren
SWEDENBORG ohne Zweifel die größeste Ehre unter allen. Denn gewiß, seine
Flasche in der Mondenwelt ist ganz voll und weicht keiner einzigen unter
denen, die ARIOSTO dort mit der hier verlornen Vernunft angefüllet
gesehen hat, und die ihre Besitzer dereinst werden wiedersuchen müssen,
so völlig entleert ist das große Werk von einem jeden Tropfen derselben.
Nichtsdestoweniger herrscht darinnen eine so wundersame Übereinkunft mit
demjenigen, was die feineste Ergrübelung der Vernunft über den ähnlichen
Gegenstand herausbringen kann, daß der Leser mir es verzeihen wird, wenn
ich hier diejenige Seltenheit in den Spielen der Einbildung finde, die
so viel andere Sammler in denen Spielen der Natur angetroffen haben, als
wenn sie etwa im fleckichten Marmor die heilige Familie oder in
Bildungen von Tropfstein Mönche, Taufstein und Orgeln, oder sogar wie
der Spötter LISCOW auf einer gefrorenen Fensterscheibe die Zahl des
Tieres und die dreifache Krone entdecken; lauter Dinge, die niemand
sonsten sieht, als dessen Kopf schon vorher damit angefüllet ist.

Das große Werk dieses Schriftstellers enthält acht Quartbände voll
Unsinn, welche er unter dem Titel: _Arcana caelestia_, der Welt als eine
neue Offenbarung vorlegt, und wo seine Erscheinungen mehrenteils auf die
Entdeckung des geheimen Sinnes in den zwei ersten Büchern Mosis und eine
ähnliche Erklärungsart der ganzen H. Schrift angewendet werden. Alle
diese schwärmende Auslegungen gehen mich hier nichts an; man kann aber,
wenn man will, einige Nachrichten von denenselben in des Herrn Doctor
ERNESTI Theol. Bibliothek im ersten Bande aufsuchen. Nur die _audita et
visa_, d. i. was seine eigne Augen sollen gesehen und eigene Ohren
gehört haben, sind alles, was wir vornehmlich aus denen Beilagen zu
seinen Kapiteln ziehen wollen, weil sie allen übrigen Träumereien zum
Grunde liegen und auch ziemlich in das Abenteuer einschlagen, das wir
oben auf dem Luftschiffe der Metaphysik gewagt haben. Der Stil des
Verfassers ist platt. Seine Erzählungen und ihre Zusammenordnung
scheinen in der Tat aus =fanatischem Anschauen= entsprungen zu sein und
geben gar wenig Verdacht, daß spekulative Hirngespinste einer verkehrt
grüblenden Vernunft ihn bewogen haben sollten, dieselbe zu erdichten und
zum Betruge anzulegen. Insoferne haben sie also einige Wichtigkeit und
verdienen wirklich, in einem kleinen Auszuge vorgestellet zu werden,
vielleicht mehr, als so manche Spielwerke hirnloser Vernünftler, welche
unsere Journale anschwellen, weil eine zusammenhängende Täuschung der
Sinne überhaupt ein viel merkwürdiger Phaenomenon ist, als der Betrug
der Vernunft, dessen Gründe bekannt genug sind, und der auch großenteils
durch willkürliche Richtung der Gemütskräfte und etwas mehr Bändigung
eines leeren Vorwitzes könnte verhütet werden, da hingegen jene das
erste Fundament aller Urteile betrifft, dawider, wenn es unrichtig ist,
die Regeln der Logik wenig vermögen! Ich sondere also bei unserm
Verfasser den =Wahnsinn= vom =Wahnwitze= ab und übergehe dasjenige, was
er auf eine verkehrte Weise klügelt, indem er nicht bei seinen
=Visionen= stehen bleibt, ebenso wie man sonst vielfältig bei einem
Philosophen dasjenige, was er =beobachtet=, von dem absondern muß, was
er =vernünftelt=, und sogar =Scheinerfahrungen= mehrenteils lehrreicher
sind, als die =Scheingründe= aus der Vernunft. Indem ich also dem Leser
einige von denen Augenblicken raube, die er sonst vielleicht mit nicht
viel größerem Nutzen auf die Lesung =gründlicher= Schriften von eben der
Materie würde verwandt haben, so sorge ich zugleich vor die Zärtlichkeit
seines Geschmacks, da ich mit Weglassung vieler wilden Chimären die
Quintessenz des Buchs auf wenig Tropfen bringe, wovor ich mir von ihm
ebensoviel Dank verspreche, als ein gewisser Patient glaubte den Ärzten
schuldig zu sein, daß sie ihn nur die Rinde von der Quinquina verzehren
ließen, da sie ihn leichtlich hätten nötigen können, den ganzen Baum
aufzuessen.

Herr SWEDENBORG teilet seine Erscheinungen in drei Arten ein, davon die
=erste= ist, vom Körper befreiet zu werden: ein mittlerer Zustand
zwischen Schlafen und Wachen, worin er Geister gesehen, gehört, ja
gefühlt hat. Dergleichen ist ihm nur drei- oder viermal begegnet. Die
=zweite= ist, vom Geiste weggeführt zu werden, da er etwa auf der Straße
geht, ohne sich zu verwirren, indessen daß er im Geiste in ganz anderen
Gegenden ist und anderwärts Häuser, Menschen, Wälder u. d. g. deutlich
sieht, und dieses wohl einige Stunden lang, bis er sich plötzlich
wiederum an seinem rechten Orte gewahr wird. Dieses ist ihm zwei- bis
dreimal zugestoßen. Die =dritte= Art der Erscheinungen ist die
gewöhnliche, welche er täglich im völligen Wachen hat, und davon auch
hauptsächlich diese seine Erzählungen hergenommen sind.

Alle Menschen stehen seiner Aussage nach in gleich inniglicher
Verbindung mit der Geisterwelt; nur sie empfinden es nicht, und der
Unterscheid zwischen ihm und den andern besteht nur darin, =daß sein
Innerstes aufgetan ist=, von welchem Geschenke er jederzeit mit
Ehrerbietigkeit redet (_datum mihi est ex divina Domini misericordia_).
Man siehet aus dem Zusammenhange, daß diese Gabe darin bestehen soll,
sich derer dunkelen Vorstellungen bewußt zu werden, welche die Seele
durch ihre beständige Verknüpfung mit der Geisterwelt empfängt. Er
unterscheidet daher an dem Menschen das äußere und innere Gedächtnis.
Jenes hat er als eine Person, die zu der sichtbaren Welt gehört, dieses
aber kraft seines Zusammenhanges mit der Geisterwelt. Darauf gründet
sich auch der Unterschied des äußeren und inneren Menschen, und sein
eigener Vorzug besteht darin, daß er schon in diesem Leben als eine
Person sich in der Gesellschaft der Geister sieht und von ihnen auch als
eine solche erkannt wird. In diesem innern Gedächtnis wird auch alles
aufbehalten, was aus dem äußeren verschwunden war, und es geht nichts
von allen Vorstellungen eines Menschen jemals verloren. Nach dem Tode
ist die Erinnerung alles desjenigen, was jemals in seine Seele kam und
was ihm selbst ehedem verborgen blieb, das vollständige Buch seines
Lebens.

Die Gegenwart der Geister trifft zwar nur seinen innern Sinn. Dieses
erregt ihm aber die Apparenz derselben als außer ihm und zwar unter
einer menschlichen Figur. Die Geistersprache ist eine unmittelbare
Mitteilung der Ideen, sie ist aber jederzeit mit der Apparenz derjenigen
Sprache verbunden, die er sonst spricht, und wird vorgestellt als außer
ihm. Ein Geist liest in eines andern Geistes Gedächtnis die
Vorstellungen, die dieser darin mit Klarheit enthält. So sehen die
Geister in SWEDENBORGEN seine Vorstellungen, die er von dieser Welt hat,
mit so klarem Anschauen, daß sie sich dabei selbst hintergehen und sich
öfters einbilden, sie sehen unmittelbar die Sachen, welches doch
unmöglich ist; denn kein reiner Geist hat die mindeste Empfindung von
der körperlichen Welt; allein durch die Gemeinschaft mit andern Seelen
lebender Menschen können sie auch keine Vorstellung davon haben, weil
ihr Innerstes nicht aufgetan ist, d. i. ihr innerer Sinn gänzlich
dunkele Vorstellungen enthält. Daher ist SWEDENBORG das rechte Orakel
der Geister, welche ebenso neugierig sind, in ihm den gegenwärtigen
Zustand der Welt zu beschauen, als er es ist, in ihrem Gedächtnis wie in
einem Spiegel die Wunder der Geisterwelt zu betrachten. Obgleich diese
Geister mit allen andern Seelen lebender Menschen gleichfalls in der
genauesten Verbindung stehen und in dieselbe wirken oder von ihnen
leiden, so wissen sie doch dieses ebensowenig, als es die Menschen
wissen, weil dieser ihr innerer Sinn, welcher zu ihrer geistigen
Persönlichkeit gehört, ganz dunkel ist. Es meinen also die Geister, daß
dasjenige, was aus dem Einflusse der Menschenseelen in ihnen gewirkt
worden, von ihnen allein gedacht sei, so wie auch die Menschen in diesem
Leben nicht anders glauben, als daß alle ihre Gedanken und
Willensregungen aus ihnen selbst entspringen, ob sie gleich in der Tat
oftmals aus der unsichtbaren Welt in sie übergehen. Indessen hat eine
jede menschliche Seele schon in diesem Leben ihre Stelle in der
Geisterwelt und gehört zu einer gewissen Sozietät, die jederzeit ihrem
innern Zustande des Wahren und Guten, d. i. des Verstandes und Willens,
gemäß ist. Es haben aber die Stellen der Geister untereinander nichts
mit dem Raume der körperlichen Welt gemein; daher die Seele eines
Menschen in Indien mit der eines andern in Europa, was die geistige
Lagen betrifft, oft die nächste Nachbaren sein, und dagegen die, so dem
Körper nach in einem Hause wohnen, nach jenen Verhältnissen weit gnug
voneinander entfernet sein können. Stirbt der Mensch, so verändert die
Seele nicht ihre Stelle, sondern empfindet sich nur in derselben, darin
sie in Ansehung anderer Geister schon in diesem Leben war. Übrigens,
obgleich die Verhältnis der Geister untereinander kein wahrer Raum ist,
so hat dieselbe doch bei ihnen die Apparenz desselben, und ihre
Verknüpfungen werden unter der begleitenden Bedingung der Naheiten, ihre
Verschiedenheiten aber als Weiten vorgestellt, so wie die Geister selber
wirklich nicht ausgedehnt sind, einander aber doch die Apparenz einer
menschlichen Figur geben. In diesem eingebildetem Raume ist eine
durchgängige Gemeinschaft der geistigen Naturen. SWEDENBORG spricht mit
abgeschiedenen Seelen, wenn es ihm beliebt, und liest in ihrem
Gedächtnis (Vorstellungskraft) denjenigen Zustand, darin sie sich selbst
beschauen, und siehet diesen ebenso klar als mit leiblichen Augen. Auch
ist die ungeheure Entfernung der vernünftigen Bewohner der Welt in
Absicht auf das geistige Weltganze vor nichts zu halten, und mit einem
Bewohner des Saturns zu reden, ist ihm ebenso leicht, als eine
abgeschiedene Menschenseele zu sprechen. Alles kommt auf das Verhältnis
des innern Zustandes und auf die Verknüpfung an, die sie untereinander
nach ihrer Übereinstimmung im =Wahren= und im =Guten= haben; die
entferntere Geister aber können leichtlich durch Vermittelung anderer in
Gemeinschaft kommen. Daher braucht der Mensch auch nicht in den übrigen
Weltkörpern wirklich gewohnt zu haben, um dieselbe dereinst mit allen
ihren Wundern zu kennen. Seine Seele lieset in dem Gedächtnisse anderer
abgeschiedenen Weltbürger ihre Vorstellungen, die diese von ihrem Leben
und Wohnplatze haben, und siehet darin die Gegenstände so gut wie durch
ein unmittelbares Anschauen.

Ein Hauptbegriff in SWEDENBORGS Phantasterei ist dieser. Die körperliche
Wesen haben keine eigene Subsistenz, sondern bestehen lediglich durch
die Geisterwelt, wiewohl ein jeder Körper nicht durch einen Geist
allein, sondern durch alle zusammengenommen. Daher hat die Erkenntnis
der materiellen Dinge zweierlei Bedeutung, einen äußerlichen Sinn in
Verhältnis der Materie aufeinander und einen innern, insoferne sie als
Wirkungen die Kräfte der Geisterwelt bezeichnen, die ihre Ursachen sind.
So hat der Körper des Menschen eine Verhältnis der Teile untereinander
nach materiellen Gesetzen; aber insoferne er durch den Geist, der in ihm
lebt, erhalten wird, haben seine verschiedene Gliedmaßen und ihre
Funktionen einen bezeichnenden Wert vor diejenige Seelenkräfte, durch
deren Wirkung sie ihre Gestalt, Tätigkeit und Beharrlichkeit haben.
Dieser innere Sinn ist den Menschen unbekannt, und den hat SWEDENBORG,
dessen Innerstes aufgetan ist, den Menschen bekannt machen wollen. Mit
allen andern Dingen der sichtbaren Welt ist es ebenso bewandt; sie
haben, wie gesagt, eine Bedeutung als Sachen, welches wenig ist und eine
andere als Zeichen, welches mehr ist. Dieses ist auch der Ursprung der
neuen Auslegungen, die er von der Schrift hat machen wollen. Denn der
innere Sinn, nämlich die symbolische Beziehung aller darin erzählten
Dinge auf die Geisterwelt, ist, wie er schwärmet, der Kern ihres Werts,
das übrige ist nur die Schale. Was aber wiederum in dieser symbolischen
Verknüpfung körperlicher Dinge als Bilder mit dem innern geistigen
Zustande wichtig ist, besteht darin: Alle Geister stellen sich einander
jederzeit unter dem Anschein ausgedehnter Gestalten vor, und die
Einflüsse aller dieser geistigen Wesen untereinander erregen ihnen
zugleich die Apparenz von noch andern ausgedehnten Wesen und gleichsam
von einer materialen Welt, deren Bilder doch nur Symbolen ihres inneren
Zustandes sind, aber gleichwohl eine so klare und dauerhafte Täuschung
des Sinnes verursachen, daß solche der wirklichen Empfindung solcher
Gegenstände gleich ist. (Ein künftiger Ausleger wird daraus schließen,
daß SWEDENBORG ein Idealist sei, weil er der Materie dieser Welt auch
die eigne Subsistenz abspricht und sie daher vielleicht nur vor eine
zusammenhängende Erscheinung halten mag, welche aus der Verknüpfung der
Geisterwelt entspringt). Er redet also von Gärten, weitläuftigen
Gegenden, Wohnplätzen, Galerien und Arkaden der Geister, die er mit
eigenen Augen in dem kläresten Lichte sähe, und versichert, daß, da er
mit allen seinen Freunden nach ihrem Tode vielfältig gesprochen, er an
denen, die nur kürzlich gestorben, fast jederzeit gefunden hätte, daß
sie sich kaum hätten überreden können, gestorben zu sein, weil sie eine
ähnliche Welt um sich sähen; imgleichen, daß Geistergesellschaften von
einerlei innerem Zustande einerlei Apparenz der Gegend und anderer
daselbst befindlichen Dinge hätten, die Veränderung ihres Zustandes aber
sei mit dem Schein der Veränderung des Orts verbunden. Weil nun
jederzeit, wenn die Geister den Menschenseelen ihre Gedanken mitteilen,
diese mit der Apparenz materieller Dinge verbunden sind, welche im
Grunde nur kraft einer Beziehung auf den geistigen Sinn, doch mit allem
Schein der Wirklichkeit sich demjenigen vormalen, der solche empfängt,
so ist daraus der Vorrat der wilden und unaussprechlich albernen
Gestalten herzuleiten, welche unser Schwärmer bei seinem täglichen
Geisterumgange in aller Klarheit zu sehen glaubt.

Ich habe schon angeführt, daß nach unserm Verfasser die mancherlei
Kräfte und Eigenschaften der Seele mit denen ihrer Regierung
untergeordneten Organen des Körpers in Sympathie stehen. Der ganze
äußere Mensch korrespondiert also dem ganzen innern Menschen, und wenn
daher ein merklicher geistiger Einfluß aus der unsichtbaren Welt eine
oder andere dieser seiner Seelenkräfte vorzüglich trifft, so empfindet
er auch harmonisch die apparente Gegenwart desselben an denen Gliedmaßen
seines äußeren Menschen, die diesen korrespondieren. Dahin bezieht er
nun eine große Mannigfaltigkeit von Empfindungen an seinem Körper, die
jederzeit mit der geistigen Beschauung verbunden sind, deren
Ungereimtheit aber zu groß ist, als daß ich es wagen dürfte, nur eine
einzige derselben anzuführen.

Hieraus kann man sich nun, wofern man es der Mühe wert hält, einen
Begriff von der abenteuerlichsten und seltsamsten Einbildung machen, in
welche sich alle seine Träumereien vereinbaren. So wie nämlich
verschiedene Kräfte und Fähigkeiten diejenige Einheit ausmachen, welche
die Seele oder der innere Mensch ist, so machen auch verschiedene
Geister, (deren Hauptcharaktere sich ebenso aufeinander beziehen, wie
die mancherlei Fähigkeiten eines Geistes untereinander), eine Sozietät
aus, welche die Apparenz eines großen Menschen an sich zeigt, und in
welchem Schattenbilde ein jeder Geist sich an demjenigen Orte und in den
scheinbaren Gliedmaßen sieht, die seiner eigentümlichen Verrichtung in
einem solchen geistigen Körper gemäß sind. Alle Geistersozietäten aber
zusammen und die ganze Welt aller dieser unsichtbaren Wesen erscheinet
zuletzt selbst wiederum in der Apparenz des =größesten Menschen=. Eine
ungeheure und riesenmäßige Phantasie, zu welcher sich vielleicht eine
alte kindische Vorstellung ausgedehnt hat, wenn etwa in Schulen, um dem
Gedächtnis zu Hülfe zu kommen, ein ganzer Weltteil unter dem Bilde einer
sitzenden Jungfrau u. d. g. den Lehrlingen vorgemalt wird. In diesem
unermeßlichen Menschen ist eine durchgängige innigste Gemeinschaft eines
Geistes mit allen und aller mit einem, und wie auch immer die Lage der
lebenden Wesen gegeneinander in dieser Welt oder deren Veränderung
beschaffen sein mag, so haben sie doch eine ganz andere Stelle im
größesten Menschen, welche sie niemals verändern und welche nur dem
Scheine nach ein Ort in einem unermeßlichen Raume, in der Tat aber eine
bestimmte Art ihrer Verhältnisse und Einflüsse ist.

Ich bin es müde, die wilden Hirngespinste des ärgsten Schwärmers unter
allen zu kopieren oder solche bis zu seinen Beschreibungen vom Zustande
nach dem Tode fortzusetzen. Ich habe auch noch andere Bedenklichkeiten.
Denn obgleich ein Natursammler unter den präparierten Stücken tierischer
Zeugungen nicht nur solche, die in natürlicher Form gebildet sind,
sondern auch Mißgeburten in seinem Schranke aufstellt, so muß er doch
behutsam sein, sie nicht jedermann und nicht gar zu deutlich sehen zu
lassen. Denn es könnten unter den Vorwitzigen leichtlich schwangere
Personen sein, bei denen es einen schlimmen Eindruck machen dürfte. Und
da unter meinen Lesern einige in Ansehung der idealen Empfängnis
ebensowohl in andern Umständen sein mögen, so würde mir es leid tun,
wenn sie sich hier etwa woran sollten versehen haben. Indessen, weil ich
sie doch gleich anfangs gewarnet habe, so stehe ich vor nichts und
hoffe, man werde mir die Mondkälber nicht aufbürden, die bei dieser
Veranlassung von ihrer fruchtbaren Einbildung möchten geboren werden.

Übrigens habe ich den Träumereien unseres Verfassers keine eigene
unterschoben, sondern solche durch einen getreuen Auszug dem bequemen
und wirtschaftlichen Leser, (der einem kleinen Vorwitze nicht so leicht
7 Pfund Sterlinge aufopfern möchte), dargeboten. Zwar sind die
unmittelbare Anschauungen mehrenteils von mir weggelassen worden, weil
dergleichen wilde Hirngespinste nur den Nachtschlaf des Lesers stören
würden; auch ist der verworrene Sinn seiner Eröffnungen hin und wieder
in eine etwas gangbare Sprache eingekleidet worden; allein die Hauptzüge
des Abrisses haben dadurch in ihrer Richtigkeit nicht gelitten.
Gleichwohl ist es nur umsonst, es verhehlen zu wollen, weil es jedermann
doch so in die Augen fällt, daß alle diese Arbeit am Ende auf nichts
herauslaufe. Denn da die vorgegebene Privaterscheinungen des Buchs sich
selbst nicht beweisen können, so konnte der Bewegungsgrund, sich mit
ihnen abzugeben, nur in der Vermutung liegen, daß der Verfasser zur
Beglaubigung derselben sich vielleicht auf Vorfälle von der oben
erwähnten Art, die durch lebende Zeugen bestätigt werden könnten,
berufen würde. Dergleichen aber findet man nirgend. Und so ziehen wir
uns mit einiger Beschämung von einem törichten Versuche zurück mit der
vernünftigen, obgleich etwas späten Anmerkung, daß das Klugdenken
mehrenteils eine leichte Sache sei, aber leider nur, nachdem man sich
eine Zeitlang hat hintergehen lassen.

                   *       *       *       *       *

Ich habe einen undankbaren Stoff bearbeitet, den mir die Nachfrage und
Zudringlichkeit vorwitziger und müßiger Freunde unterlegte. Indem ich
diesem Leichtsinn meine Bemühung unterwarf, so habe ich zugleich dessen
Erwartung betrogen und weder dem Neugierigen durch Nachrichten, noch dem
Forschenden durch Vernunftgründe etwas zur Befriedigung ausgerichtet.
Wenn keine andre Absicht diese Arbeit beseelte, so habe ich meine Zeit
verloren; ich habe das Zutrauen des Lesers verloren, dessen Erkundigung
und Wißbegierde ich durch einen langweiligen Umweg zu demselben Punkte
der Unwissenheit geführet habe, aus welchem er herausgegangen war.
Allein ich hatte in der Tat einen Zweck vor Augen, der mir wichtiger
scheint als der, welchen ich vorgab, und diesen meine ich erreicht zu
haben. Die Metaphysik, in welche ich das Schicksal habe verliebt zu
sein, ob ich mich gleich von ihr nur selten einiger Gunstbezeugungen
rühmen kann, leistet zweierlei Vorteile. Der erste ist, denen Aufgaben
ein Gnüge zu tun, die das forschende Gemüt aufwirft, wenn es
verborgenern Eigenschaften der Dinge durch Vernunft nachspähet. Aber
hier täuscht der Ausgang nur gar zu oft die Hoffnung und ist diesmal
auch unsern begierigen Händen entgangen.

    Ter frustra comprensa manus effugit imago
    Par levibus ventis volucrique simillima somno.

    VIRG.

Der andre Vorteil ist der Natur des menschlichen Verstandes mehr
angemessen und besteht darin einzusehen, ob die Aufgabe aus demjenigen,
was man wissen kann, auch bestimmt sei und welches Verhältnis die Frage
zu denen Erfahrungsbegriffen habe, darauf sich alle unsre Urteile
jederzeit stützen müssen. Insoferne ist die Metaphysik eine Wissenschaft
von den =Grenzen der menschlichen Vernunft=, und da ein kleines Land
jederzeit viel Grenze hat, überhaupt auch mehr daran liegt, seine
Besitzungen wohl zu kennen und zu behaupten, als blindlings auf
Eroberungen auszugehen, so ist dieser Nutze der erwähnten Wissenschaft
der unbekannteste und zugleich der wichtigste, wie er denn auch nur
ziemlich spät und nach langer Erfahrung erreichet wird. Ich habe diese
Grenze hier zwar nicht genau bestimmt, aber doch insoweit angezeigt, daß
der Leser bei weiterem Nachdenken finden wird, er könne sich aller
vergeblichen Nachforschung überheben in Ansehung einer Frage, wozu die
Data in einer andern Welt, als in welcher er empfindet, anzutreffen
sind. Ich habe also meine Zeit verloren, damit ich sie gewönne. Ich habe
meinen Leser hintergangen, damit ich ihm nützete, und wenn ich ihm
gleich keine neue Einsicht darbot, so vertilgte ich doch den Wahn und
das eitele Wissen, welches den Verstand aufblähet und in seinem engen
Raume den Platz ausfüllt, den die Lehren der Weisheit und der nützlichen
Unterweisung einnehmen könnten.

Wen die bisherigen Betrachtungen ermüdet haben, ohne ihn zu belehren,
dessen Ungeduld kann sich nunmehro damit aufrichten, was DIOGENES, wie
man sagt, seinen gähnenden Zuhörern zusprach, als er das letzte Blatt
eines langweiligen Buchs sah: =Courage=, meine Herren, =ich sehe Land=.
Vorher wandelten wir wie DEMOKRIT im leeren Raume, wohin uns die
=Schmetterlingsflügel= der Metaphysik gehoben hatten und unterhielten
uns daselbst mit geistigen Gestalten. Jetzt, da die =stiptische= Kraft
der Selbsterkenntnis die seidene Schwingen zusammengezogen hat, sehen
wir uns wieder auf dem niedrigen Boden der Erfahrung und des gemeinen
Verstandes; glücklich, wenn wir denselben als unseren angewiesenen Platz
betrachten, aus welchem wir niemals ungestraft hinausgehen, und der auch
alles enthält, was uns befriedigen kann, solange wir uns am Nützlichen
halten.


Drittes Hauptstück. _Praktischer Schluß aus der ganzen Abhandlung._

Einem jeden Vorwitze nachzuhängen und der Erkenntnissucht keine andre
Grenzen zu verstatten als das Unvermögen, ist ein Eifer, welcher der
=Gelehrsamkeit= nicht übel ansteht. Allein unter unzähligen Aufgaben,
die sich selbst darbieten, diejenige auswählen, deren Auflösung dem
Menschen angelegen ist, ist das Verdienst der =Weisheit=. Wenn die
Wissenschaft ihren Kreis durchlaufen hat, so gelanget sie
natürlicherweise zu dem Punkte eines bescheidenen Mißtrauens und sagt,
unwillig über sich selbst: =Wieviel Dinge gibt es doch, die ich nicht
einsehe!= Aber die durch Erfahrung gereifte Vernunft, welche zur
Weisheit wird, spricht in dem Munde des SOKRATES mitten unter den Waren
eines Jahrmarkts mit heiterer Seele: =Wieviel Dinge gibt es doch, die
ich alle nicht brauche!= Auf solche Art fließen endlich zwei
Bestrebungen von so unähnlicher Natur in eine zusammen, ob sie gleich
anfangs nach sehr verschiedenen Richtungen ausgingen, indem die erste
eitel und unzufrieden, die zweite aber gesetzt und gnügsam ist. Denn um
vernünftig zu wählen, muß man vorher selbst das Entbehrliche, ja das
Unmögliche kennen; aber endlich gelangt die Wissenschaft zu der
Bestimmung der ihr durch die Natur der menschlichen Vernunft gesetzten
Grenzen; alle bodenlose Entwürfe aber, die vielleicht an sich selbst
nicht unwürdig sein mögen, nur daß sie außer der Sphäre des Menschen
liegen, fliehen auf den =Limbus= der Eitelkeit. Alsdenn wird selbst die
Metaphysik dasjenige, wovon sie jetzo noch ziemlich weit entfernet ist,
und was man von ihr am wenigsten vermuten sollte, die =Begleiterin der
Weisheit=. Denn solange die Meinung einer Möglichkeit, zu so entfernten
Einsichten zu gelangen, übrigbleibt, so ruft die =weise Einfalt=
vergeblich, daß solche große Bestrebungen entbehrlich seien. Die
Annehmlichkeit, welche die Erweiterung des Wissens begleitet, wird sehr
leicht den Schein der Pflichtmäßigkeit annehmen und aus jener
vorsetzlichen und überlegten Gnügsamkeit eine =dumme Einfalt= machen,
die sich der Veredelung unserer Natur entgegensetzen will. Die Fragen
von der geistigen Natur, von der Freiheit und Vorherbestimmung, dem
künftigen Zustande u. d. g. bringen anfänglich alle Kräfte des
Verstandes in Bewegung und ziehen den Menschen durch ihre
Vortrefflichkeit in den Wetteifer der Spekulation, welche ohne
Unterschied klügelt und entscheidet, lehret oder widerlegt, wie es die
Scheineinsicht jedesmal mit sich bringt. Wenn diese Nachforschung aber
in Philosophie ausschlägt, die über ihr eigen Verfahren urteilt, und die
nicht die Gegenstände allein, sondern deren Verhältnis zu dem Verstande
des Menschen kennt, so ziehen sich die Grenzen enger zusammen, und die
Marksteine werden gelegt, welche die Nachforschung aus ihrem
eigentümlichen Bezirke niemals mehr ausschweifen lassen. Wir haben
einige Philosophie nötig gehabt, um die Schwierigkeiten zu kennen,
welche einen Begriff umgeben, den man gemeiniglich als sehr bequem und
alltägig behandelt. Etwas mehr Philosophie entfernet dieses Schattenbild
der Einsicht noch mehr und überzeugt uns, daß es gänzlich außer dem
Gesichtskreise der Menschen liege. Denn in den Verhältnissen der Ursache
und Wirkung, der Substanz und der Handlung dient anfänglich die
Philosophie dazu, die verwickelte Erscheinungen aufzulösen und solche
auf einfachere Vorstellungen zu bringen. Ist man aber endlich zu den
Grundverhältnissen gelangt, so hat das Geschäfte der Philosophie ein
Ende, und wie etwas könne eine Ursache sein oder eine Kraft haben, ist
unmöglich jemals durch Vernunft einzusehen, sondern diese Verhältnisse
müssen lediglich aus der Erfahrung genommen werden. Denn unsere
Vernunftregel gehet nur auf die Vergleichung nach der =Identität= und
dem =Widerspruche=. Soferne aber etwas eine Ursache ist, so wird durch
=Etwas= etwas =Anders= gesetzt, und es ist also kein Zusammenhang
vermöge der Einstimmung anzutreffen; wie denn auch, wenn ich
ebendasselbe nicht als eine Ursache ansehen will, niemals ein
Widerspruch entspringt, weil es sich nicht contradicieret, wenn etwas
gesetzt ist, etwas anderes aufzuheben. Daher die Grundbegriffe der Dinge
als Ursachen, die der Kräfte und Handlungen, wenn sie nicht aus der
Erfahrung hergenommen sind, gänzlich willkürlich sind und weder bewiesen
noch widerlegt werden können. Ich weiß wohl, daß das Denken und Wollen
meinen Körper bewege, aber ich kann diese Erscheinung als eine einfache
Erfahrung niemals durch Zergliederung auf eine andere bringen und sie
daher wohl erkennen, aber nicht einsehen. Daß mein Wille meinen Arm
bewegt, ist mir nicht verständlicher, als wenn jemand sagte, daß
derselbe auch den Mond in seinem Kreise zurückhalten könnte; der
Unterschied ist nur dieser, daß ich jenes erfahre, dieses aber niemals
in meine Sinne gekommen ist. Ich erkenne in mir Veränderungen als in
einem Subjekte, was lebt, nämlich Gedanken, Willkür etc. etc., und weil
diese Bestimmungen von anderer Art sind als alles, was zusammengenommen
meinen Begriff vom Körper macht, so denke ich mir billigermaßen ein
unkörperliches und beharrliches Wesen. Ob dieses auch ohne Verbindung
mit dem Körper denken werde, kann vermittelst dieser aus Erfahrung
erkannten Natur niemals geschlossen werden. Ich bin mit meiner Art Wesen
durch Vermittelung körperlicher Gesetze in Verknüpfung, ob ich aber auch
sonst nach andern Gesetzen, welche ich pneumatisch nennen will, ohne die
Vermittelung der Materie in Verbindung stehe oder jemals stehen werde,
kann ich auf keinerlei Weise aus demjenigen schließen, was mir gegeben
ist. Alle solche Urteile, wie diejenige von der Art, wie meine Seele den
Körper bewegt oder mit andern Wesen ihrer Art jetzt oder künftig in
Verhältnis steht, können niemals etwas mehr als Erdichtungen sein und
zwar bei weitem nicht einmal von demjenigen Werte als die in der
Naturwissenschaft, welche man Hypothesen nennt, bei welchen man keine
Grundkräfte ersinnt, sondern diejenige, welche man durch Erfahrung schon
kennt, nur auf eine den Erscheinungen angemessene Art verbindet, und
deren Möglichkeit sich also jederzeit muß können beweisen lassen;
dagegen im ersten Falle selbst neue Fundamentalverhältnisse von Ursache
und Wirkung angenommen werden, in welchen man niemals den mindesten
Begriff ihrer Möglichkeit haben kann und also nur schöpferisch oder
chimärisch, wie man es nennen will, dichtet. Die Begreiflichkeit
verschiedener wahren oder angeblichen Erscheinungen aus dergleichen
angenommenen Grundideen dienet diesen zu gar keinem Vorteile. Denn man
kann leicht von allem Grund angeben, wenn man berechtigt ist,
Tätigkeiten und Wirkungsgesetze zu ersinnen, wie man will. Wir müssen
also warten, bis wir vielleicht in der künftigen Welt durch neue
Erfahrungen und Begriffe von denen uns noch verborgenen Kräften in
unserm denkenden Selbst werden belehrt werden. So haben uns die
Beobachtungen späterer Zeiten, nachdem sie durch Mathematik aufgelöset
worden, die Kraft der Anziehung an der Materie offenbaret, von deren
Möglichkeit, (weil sie eine Grundkraft zu sein scheint), man sich
niemals einigen ferneren Begriff wird machen können. Diejenige, welche,
ohne den Beweis aus der Erfahrung in Händen zu haben, vorher sich eine
solche Eigenschaft hätten ersinnen wollen, würden als Toren mit Recht
verdienet haben, ausgelacht zu werden. Da nun die Vernunftgründe in
dergleichen Fällen weder zur Erfindung noch zur Bestätigung der
Möglichkeit oder Unmöglichkeit von der mindesten Erheblichkeit sind, so
kann man nur den Erfahrungen das Recht der Entscheidung einräumen, so
wie ich es auch der Zeit, welche Erfahrung bringt, überlasse, etwas über
die gepriesene Heilkräfte des Magnets in Zahnkrankheiten auszumachen,
wenn sie ebensoviel Beobachtungen wird vorzeigen können, daß magnetische
Stäbe auf Fleisch und Knochen wirken, als wir schon vor uns haben, daß
es auf Eisen und Stahl geschehe. Wenn aber gewisse angebliche
Erfahrungen sich in kein unter den meisten Menschen einstimmiges Gesetz
der Empfindung bringen lassen und also nur eine Regellosigkeit in den
Zeugnissen der Sinne beweisen würden, (wie es in der Tat mit den
herumgehenden Geistererzählungen bewandt ist), so ist ratsam, sie nur
abzubrechen, weil der Mangel der Einstimmung und Gleichförmigkeit
alsdenn der historischen Erkenntnis alle Beweiskraft nimmt und sie
untauglich macht, als Fundament zu irgendeinem Gesetze der Erfahrung zu
dienen, worüber der Verstand urteilen könnte.

So wie man einerseits durch etwas tiefere Nachforschung einsehen lernet,
daß die überzeugende und philosophische Einsicht in dem Falle, wovon wir
reden, =unmöglich= sei, so wird man auch andererseits bei einem ruhigen
und vorurteilfreien Gemüte gestehen müssen, daß sie entbehrlich und
=unnötig= sei. Die Eitelkeit der Wissenschaft entschuldigt gerne ihre
Beschäftigung mit dem Vorwande der Wichtigkeit, und so gibt man auch
hier gemeiniglich vor, daß die Vernunfteinsicht von der geistigen Natur
der Seele zu der Überzeugung von dem Dasein nach dem Tode, diese aber
zum Bewegungsgrunde eines tugendhaften Lebens sehr nötig sei; die müßige
Neubegierde aber setzt hinzu, daß die Wahrhaftigkeit der Erscheinungen
abgeschiedener Seelen von allem diesen sogar einen Beweis aus der
Erfahrung abgeben könne. Allein die wahre Weisheit ist die Begleiterin
der Einfalt, und da bei ihr das Herz dem Verstande die Vorschrift gibt,
so macht sie gemeiniglich die große Zurüstungen der Gelehrsamkeit
entbehrlich, und ihre Zwecke bedürfen nicht solcher Mittel, die
nimmermehr in aller Menschen Gewalt sein können. Wie? ist es denn nur
darum gut, tugendhaft zu sein, weil es eine andre Welt gibt, oder werden
die Handlungen nicht vielmehr dereinst belohnt werden, weil sie an sich
selbst gut und tugendhaft waren? Enthält das Herz des Menschen nicht
unmittelbare sittliche Vorschriften, und muß man, um ihn allhier seiner
Bestimmung gemäß zu bewegen, durchaus die Maschinen an eine andere Welt
ansetzen? Kann derjenige wohl redlich, kann er wohl tugendhaft heißen,
welcher sich gern seinen Lieblingslastern ergeben würde, wenn ihn nur
keine künftige Strafe schreckte, und wird man nicht vielmehr sagen
müssen, daß er zwar die Ausübung der Bosheit scheue, die lasterhafte
Gesinnung aber in seiner Seele nähre, daß er den Vorteil der
tugendähnlichen Handlungen liebe, die Tugend selbst aber hasse? Und in
der Tat lehret die Erfahrung auch, daß so viele, welche von der
künftigen Welt belehrt und überzeugt sind, gleichwohl dem Laster und der
Niederträchtigkeit ergeben nur auf Mittel sinnen, den drohenden Folgen
der Zukunft arglistig auszuweichen; aber es hat wohl niemals eine
rechtschaffene Seele gelebt, welche den Gedanken hätte ertragen können,
daß mit dem Tode alles zu Ende sei, und deren edle Gesinnung sich nicht
zur Hoffnung der Zukunft erhoben hätte. Daher scheint es der
menschlichen Natur und der Reinigkeit der Sitten gemäßer zu sein, die
Erwartung der künftigen Welt auf die Empfindungen einer wohlgearteten
Seele, als umgekehrt, ihr Wohlverhalten auf die Hoffnung der andern Welt
zu gründen. So ist auch der =moralische Glaube= bewandt, dessen Einfalt
mancher Spitzfindigkeit des Vernünftelns überhoben sein kann, und
welcher einzig und allein dem Menschen in jeglichem Zustande angemessen
ist, indem er ihn ohne Umschweif zu seinen wahren Zwecken führet. Laßt
uns demnach alle lärmende Lehrverfassungen von so entfernten
Gegenständen der Spekulation und der Sorge müßiger Köpfe überlassen. Sie
sind uns in der Tat gleichgültig, und der augenblickliche Schein der
Gründe vor oder dawider mag vielleicht über den Beifall der Schulen,
schwerlich aber etwas über das künftige Schicksal der Redlichen
entscheiden. Es war auch die menschliche Vernunft nicht gnugsam dazu
beflügelt, daß sie so hohe Wolken teilen sollte, die uns die Geheimnisse
der andern Welt aus den Augen ziehen, und denen Wißbegierigen, die sich
nach derselben so angelegentlich erkundigen, kann man den einfältigen,
aber sehr natürlichen Bescheid geben, daß es wohl am ratsamsten sei,
=wenn sie sich zu gedulden beliebten, bis sie werden dahin kommen=. Da
aber unser Schicksal in der künftigen Welt vermutlich sehr darauf
ankommen mag, wie wir unsern Posten in der gegenwärtigen verwaltet
haben, so schließe ich mit demjenigen, was VOLTAIRE seinen ehrlichen
CANDIDE nach so viel unnützen Schulstreitigkeiten zum Beschlusse sagen
läßt: =Laßt uns unser Glück besorgen, in den Garten gehen und arbeiten!=




Lesarten


Drucke:

Über die Originaldrucke berichtet =Kehrbach= (S. X f. seiner Ausg.), der
erste Herausgeber, der seiner Neu-Ausgabe der »Träume« den eigentlichen
Originaldruck zugrunde gelegt hat, folgendes.

1. Träume | eines Geistersehers, | erläutert | durch | Träume der
Metaphysik. | Titelvignette (einen nackten sitzenden Genius darstellend,
der in der linken Hand eine Leier hält.) | Motto: velut aegri somnia,
vanae | Finguntur species. Hor. Königsberg, | bey Johann Jacob Kanter |
1766. 8, 128 S. (Unten als A1 bezeichnet.)

2. Träume | eines Geistersehers, | erläutert | durch | Träume der
Metaphysik. | Titelvignette (Rosenzweige darstellend). Motto wie A1. |
Riga und Mietau, | bey Johann Friedrich Hartknoch | 1766. 8, 128 S.
(Unten als A2 bezeichnet.)

3. Träume | eines Geistersehers etc.

Die Ausgabe 3. unterscheidet sich in Bezug auf das Titelblatt nur durch
die Titelvignette und den zwischen Ortsangabe und Motto angebrachten
Strich. Die Titelvignette besteht aus einem sitzenden nackten Genius,
der in den Händen einen Blumenstock hält. Der Querstrich zwischen Motto
und Ortsangabe besteht aus aneinandergereihten -- -- -- --, während er
in A2 aus *** besteht. Auch auf der ersten Seite des Textes ist die
Verschiedenheit der beiden Drucke 2. und 3. sofort sichtbar. Die
Randleiste, welche über dem Texte steht, ist in 2. eine andere als in 3.
Ferner, um noch ein Beispiel der in die Augen tretenden Differenz zu
geben, hat 2. auf der letzten Zeile der ersten Seite: »die beyden
Pforten«, 3. dagegen hat wie 1.: »die beyde Pforten«. (Unten als A3
bezeichnet.) Welche Ausgabe von den beiden Hartknochschen die ältere
ist, wird sich schwer nachweisen lassen.

Nach der von Menzer vorgenommenen Vergleichung der beiden Drucke A2 und
A3 (s. Ak. II, 503) ist es wahrscheinlich, daß A3 der zweite, A2 der
dritte Druck ist. A3 wird wohl als Druckvorlage für A2 gedient haben.

4. Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik,
in: I. Kants sämmtliche kleine Schriften. Nach der Zeitfolge geordnet.
Königsberg und Leipzig 1797/8. Bd. II, S. 379-478.

5. Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik,
in: I. Kants vermischte Schriften. Halle (Renger), 1799. (Tieftrunk.)
Bd. II, S. 247-346.

6. Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik,
in: Kants populäre Schriften, hrsg. von Paul Menzer. S. 117-202.

                   *       *       *       *       *

331, 12 v. u. und wenigstens (A)] Wille möchte lesen: »=oder=
wenigstens«. Unnötig. 332, 3 hinaus (A1)] hieraus (A2 A3) 334, 10 v. u.
errichtet (A1)] erreichet (A2. A3). 334, 4 v. u. entfaltet (A3)] A1. A2
haben den Druckfehler: »entfalten«. 336, 24 Entscheidungen (A1)]
Entschließungen (A2. A3). 337, 6 =Zurückstoßung=] erst von Ak. gesperrt.
338, 4 desselben (Wille)] derselben (A) 339, 13 schmerzhaften (A1, A3)]
schmerzhaftesten A2. Danach die andern Hsgg., außer Ak. 340, 4 d. Anm.
ein Atomus (A)] Wille: »=nur= ein Atomus«. Unnötig. 340, 15 v. u. diesen
(T)] dessen (A1-3). 340, 14 v. u. Grad Klarheit (A). So auch Kehrb. Ak.]
T, Ros, H, Vorl. lesen: »Grad der Klarheit«. 340, 11 v. u. Wille möchte
lesen: welche beide Sinne durch die Eindrücke =Stellen= im Gehirne
=bewegen= werden. -- Eher eine Verschlechterung! 342, 1 d. Anm. auch
wohl so (A1)] auch so A2, A3; Voigt, T, Starke, R, H1, H2 (alle nach A2!
Kehrb. und Ak. lesen nach A1). 343, 2 d. Anm. ohne allem inneren
Zustande (A1, A2)] Ak: »ohne allen inneren Zustand«. Die Lesart von A.
entspricht wohl Kants Sprachgebrauch, daher Änderung unangebracht. 344,
1 sola (A1)] fehlt A2, A3. Ebenso in T, H, Ros., die nach A2 gedruckt
haben. Auch bei Kehrbach, obwohl dieser A1, A2, A3 verglichen hat.
Wiederhergestellt ist es in Ak. und Vorl. 344, 14 v. u. immaterielle
(A1)] immateriale (A2) 344, 7 v. u. deren (A)] dessen (Vorl.) Zunächst
wahrscheinlich, aber bei Kant gerade diese lose Beziehung (auf Welt)
beliebt. Änderung daher unnötig. 344, 4 v. u. wo sie auch (A1, A2)] wo
es auch (Ak). Unnötig. 345, 27 Wurzel (A)] Vorl.: »Wurzeln«. Unnötig.
345, 1 v. u. allem diesen A1, T, H, K] allem diesem A2, A3, Ak. 346, 1
auf Beweisgründe] auf Beweisgründen (A1, A2); K: »aus Beweisgründen«.
(In A1 steht irrtümlich »Beweiegründen«.) 347, 20 mir (A)] fehlt in Ak.
(Druckfehler.) 348, 21 ihnen (Wille)] ihr (A) 348, 15 v. u. andere (Ak)]
andern A1 A2 349, 3 die Eigennützigkeit (A1-3)] Vorl.: »Eigennützigkeit«.
Unnötig. 349, 13 vor] von (A) 349, 18 um (A1 A3)] und (A2).
Dieser Sachverhalt von Vorl. nicht erkannt, er schreibt im Text
»und« und bemerkt: Akademie »um«. 350, 2 jede (A)] Kehrbach (in den
Lesarten) »jedes«. Unnötig. In Kehrbachs =Text= steht der Druckfehler:
»jeder«. Danach ist auch Vorl.s Anm. zu der Stelle zu berichtigen. 350,
6 Beweggründen (A1, K)] Bewegungsgründen A2, A3. Voigt, T, Starke, H1,
H2, R lesen mit A2! 350, 14 derselben (A1, A2)] Menzer (in Ak) ändert
in: »desselben«. Erhardt (a. a. O. S. 446) bemerkt dazu mit Recht, daß
sich dieses Wort »ohne Schwierigkeit auf Erscheinungen beziehen lasse«
und daher die Änderung nicht richtig sei. Die Änderung von Ak. also
unangebracht. 350, 15 Materie (A)] Materien? (Menzer). Unnötig. 351, 21
Materien (Ak)] Materie (A1 A2) 351, 26 darin (A1)] darein (A2) 352, 7
v. u. in (A)] fehlt bei T, Ros., H. Der Tieftrunksche Druckfehler ist
von R. und H. übernommen worden. 353, 10 v. u. ob sie gleich (A)] ob sie
sich gleich (K). Unnötig. 353, 9 v. u. bestätigen (Kehrb.)] bestätigt
(A1, A2) 353, 1 v. u. werden (T)] wird (A) 354, 7 vergesellschafteten
(A1)] A2 hat: »vergesellschaftenden«; A3: »vergesellschaftenten«. 354,
10 deren (A)] Vorländer möchte lesen: »dessen«. Beides möglich. 355, 15
zum (A)] dem? Vorl. 356, 5 vorgaukeln] A1, A2 haben den Druckfehler:
»vergaukeln«. 356, 20 dieses (A)] Vorl. liest: »durch dieses«, wodurch
indes der Sinn der Stelle unnötig geändert wird. 357, 10 v. u.
bewohn(e)t (H)] bewohnen (A1, A2) 358, 22 am meisten (A)] am wenigsten
?Vorl. 358, 12 v. u. =sich=] erst in der obigen Ausgabe gesperrt, vgl.
Z. 13 v. u. »=in sich=«. 359, 9 Träumern (A1)] Träumen (A2) 359, 9 v. u.
vielleicht (Wille)] vielleicht bisweilen (A)] Wille vermutet, wohl mit
Recht, daß »bisweilen« nur durch ein Versehen stehen geblieben ist. 360,
2 in der Wirkung (A)] »in der Wirklichkeit« möchte Wille lesen (ihm
folgt Vorl.), weil als Gegensatz folgt: »in der Vorstellung«. Da der
Text von A. einen guten Sinn gibt, Änderung unnötig. 361, 13 f. jenem --
diesem (A)] Ak: jener (Nervenbewegung) -- dieser (Empfindung). Statt
»jener« liest Vorl. jene_n_ (sc. den Phantasien!). Eine Änderung ist
wohl überhaupt nicht notwendig. 361, 27 die (A1, T)] »der« Druckfehler
in A2, A3, Kehrbach gibt vorne S. XXIII das Richtige (die) an, hat aber
S. 36 Z. 12 dann selbst im Text das falsche »der«! 361, 37 denkenden]
A1: »denkendes« (Druckfehler); A2 hat: »denkendem«. 362, 18 A2 hat den
sinnstörenden Druckfehler: »Gesicht«. 363, 4 Es ist ... die
Erziehungsbegriffe von Geistergestalten ... Einbildungen geben (A)]
Vorl. möchte »von Geistergestalten« nach »Einbildungen« setzen. Wohl
nicht nötig. 363, 19 Entwürfen (H)] Einwürfen (A) 365, 25 der eine]
»eine« A1 »ein« A2 und die Ausgaben. Wahrscheinlicher ist einfach »der«
ausgefallen. 365, 6 v. u. der der (A1)] der (A2, A3) 367, 26 negativen
(T)] negativem (A) 367, 4 v. u. der (Ak)] denen (A) 369, 11 denselben
(T)] demselben (A) 370, 11 Swedenborg] in A steht durchweg:
»Schwedenberg«. 370, 18 abfaßt (A1)] abgefaßt (A2) 370, 3 v. u. gerufen
(A1)] berufen (A2, A3) 371, 5 v. u. sich (A1, A3)] sie (A2) 372, 9 eine
(A2)] ein (A1) 372, 23 voranschickten (A1)] voranschicken (A2, A3) 373,
5 dem (Ak)] den (A1, A2) 373, 11 v. u. im (A2)] in (A1) 374, 4
portentaque (T) Thessala (H)] protentaque Tessala (A1, A2) 374, 24
genugsamer (A1)] grausamer (A2 A3) »=grausamer= Erfahrungskenntnisse«!
Diesen offenbaren Druckfehler von A2 drucken Voigt, T, Starke, Ros., H1
und H2 nach! Erst von Kehrb. verbessert. 374, 10 v. u. bei (A1)] auf
(A2, A3). Druckfehler. 375, 19 ob er wohl (A)] H: »ob er gleichwohl«.
Unnötig. 375, 11 v. u. meiner (H)] meine (A1, Ak) 376, 19 derselben
(Wille)] desselben (A1, A2, H) 378, 1 nur (A1, A3)] nun (A2). A2 folgen
die Hsgg. bis auf Kehrb. 378, 3 verwirren (A)] T: »verirren«. Der
Druckfehler ist von R. u. H. übernommen. 379, 10 v. u. Lagen (A1, A3)]
Lage (A2). Die meisten Hsgg. (T, Starke, H1, H2, R) wieder nach A2! 381,
10 erregen (H)] erregt (A1 A2 A3) 381, 17 Subsistenz (A1, A3)] Substanz
(A2). Alle Hsgg. bis auf H2 nach A2! 381, 21 er (A1)] fehlt in A2 382,
23 gemäß sind (Ak)] gemäß ist (A) 382, 9 v. u. allen (T)] allem (A) 383,
25 gangbare (A)] gangbarere Vorl.? Nicht unbedingt nötig. 385, 11 eines
(A3)] einiges (A1) (Druckfehler). 385, 16 f. zusammengezogen] A1 liest:
zusammenzogen (Druckfehler?). 386, 12 des (A1)] der (A2, A3) 386, 7
v. u. ihrem] Zus. H. 386, 6 v. u. Schwierigkeiten (H)] Schwierigkeit (A)
388, 18 neue Erfahrungen und Begriffe] A: »neue Erfahrungen neue
Begriffe«. Das zweite »neue« wahrscheinlich ein Satzfehler für »und«. R.
und Kehrb. lesen: »Erfahrungen über neue Begriffe«; Ak: »neue
Erfahrungen und neue Begriffe«. 389, 1 ist (A)] »ist es« Vorl. Unnötig.
389, 4 als (Kehrb.)] ein (A); als ein (Wille).




  [ Im folgenden werden alle geänderten Textzeilen angeführt, wobei
    jeweils zuerst die Zeile wie im Original, danach die geänderte Zeile
    steht.

  ist, wird sich schwer nachweisen lassen.«
  ist, wird sich schwer nachweisen lassen.

  S. 36 Z. 12 dann selbst im Text des falsche »der«! 361, 37 denkenden]
  S. 36 Z. 12 dann selbst im Text das falsche »der«! 361, 37 denkenden]

  ]






End of the Project Gutenberg EBook of Träume eines Geistersehers, erläutert
durch Träume der Metaphysik, by Immanuel Kant

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both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and Michael
Hart, the owner of the Project Gutenberg-tm trademark.  Contact the
Foundation as set forth in Section 3 below.

1.F.

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effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
public domain works in creating the Project Gutenberg-tm
collection.  Despite these efforts, Project Gutenberg-tm electronic
works, and the medium on which they may be stored, may contain
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property infringement, a defective or damaged disk or other medium, a
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LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
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that arise directly or indirectly from any of the following which you do
or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.


Section  2.  Information about the Mission of Project Gutenberg-tm

Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of computers
including obsolete, old, middle-aged and new computers.  It exists
because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
remain freely available for generations to come.  In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
and the Foundation web page at http://www.pglaf.org.


Section 3.  Information about the Project Gutenberg Literary Archive
Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service.  The Foundation's EIN or federal tax identification
number is 64-6221541.  Its 501(c)(3) letter is posted at
http://pglaf.org/fundraising.  Contributions to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
permitted by U.S. federal laws and your state's laws.

The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
throughout numerous locations.  Its business office is located at
809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email
[email protected].  Email contact links and up to date contact
information can be found at the Foundation's web site and official
page at http://pglaf.org

For additional contact information:
     Dr. Gregory B. Newby
     Chief Executive and Director
     [email protected]


Section 4.  Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment.  Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States.  Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements.  We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance.  To
SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
particular state visit http://pglaf.org

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States.  U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses.  Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations.
To donate, please visit: http://pglaf.org/donate


Section 5.  General Information About Project Gutenberg-tm electronic
works.

Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm
concept of a library of electronic works that could be freely shared
with anyone.  For thirty years, he produced and distributed Project
Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.


Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
unless a copyright notice is included.  Thus, we do not necessarily
keep eBooks in compliance with any particular paper edition.


Most people start at our Web site which has the main PG search facility:

     http://www.gutenberg.org

This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
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