Mnais und Ginevra

By Heinrich Mann

The Project Gutenberg EBook of Mnais und Ginevra, by Heinrich Mann

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Title: Mnais und Ginevra

Author: Heinrich Mann

Release Date: May 12, 2014 [EBook #45635]

Language: German


*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK MNAIS UND GINEVRA ***




Produced by Jens Sadowski








                             Heinrich Mann
                           Mnais und Ginevra


                          München und Leipzig
                        R. Piper & Co., Verlag

Von diesem Buche wurden fünfzig Exemplare auf echtem holländischem Bütten
abgezogen, in Ganzpergament gebunden und vom Verfasser eigenhändig signiert
und numeriert. Preis des Exemplars zehn Mark.




Mnais


Soll ich herabsteigen? Würdest du sehr erschrecken, wenn ich's täte? Ja,
horch, ich bin's, zu der du im geheimen betest, wenn wie jetzt der Mond um
mein Gebüsch herflimmert. Du meinst, ich wüßte nicht um dich, armer Knabe,
und nennst mich deine tote Nymphe. Ich bin keine Göttin und nicht tot,
Mnais bin ich, eine Sikulerin, seit langer, schlimmlanger Zeit in Marmor
gefesselt, einst aber meiner süßen Glieder froh und der Sonne, die
Goldreifen um sie bog, und des Quells, der sie kühl und hart machte, und
des Schattens, der die ausgestreckten mit den Abbildern kleiner Blätter
sprenkelte. Hirtin war ich; und am Grunde des Tales, unter Farnen saß ich,
und meine Hand drückte die Euter des geduldigen Mutterschafes in den
irdenen Krug aus. Nun ward es Abend; klagend riefen die Hirten von den
Kuppen der Berge einander zu; und ich trieb, den Milchkrug hoch auf meinen
blonden Flechten, die Herde heim. Sie umdrängten meine Füße; die Leiber der
alten schaukelten wollig; die jungen erhoben blökend ihre hellen Mäuler zu
mir; und ich war mitten in einem Getrippel wie von vielen Regentropfen, und
in einem warmen, befreundeten Duft. Den Wanderern bot ich einen Trunk aus
meinem Kruge. Der gab mir eine Münze dafür und jener ein Stück Maiskuchen.
Ein Hirte aber, Krupas, der nach Böcken riecht und dem ihr Fell um die
Knöchel zottelt, griff in mein Gewand. Ich riß mich los, wie schon oft, und
sprang über den Steg. Warum aber schüttelte diesmal mich Zorn? Ich reckte
über meine Herde hinweg, denn sie versperrte ihm den Weg, die Hände nach
dem Begehrlichen und rief ihm Schmähungen zu. Er lachte, und gekränkt
drehte ich ihm den Rücken. Am Rande des Olivenfeldes aber hielt ich den Fuß
an und bedachte, daß der Krug, mein schöner, rotgebrannter, mit der
fliegenden Nike, mir vom Kopf gestürzt und zerbrochen war. Hin fiel ich da
und schrie Wehe und verwünschte, die Arme zum Himmel erhoben, den
Verderber. Ach! nicht hat ihn, wie ich's erflehte, der Blitz hingestreckt,
und sicher war er von einer neidischen Gottheit abgesandt -- denn mit dem
Zerbrechen des Kruges begann die Strafe meines harten Geschickes.

Zwischen den sanften Ölbäumen stürzte ich die Erdstufen hinan und klagte es
den guten Gottheiten der Bäume, wieviel ich verloren habe. Auch meinen
Schafen jammerte ich's vor. Der Krug, den der Vater aus Syrakus mitbrachte!
Die Mutter wird mich schlagen, sie wird mich verfluchen! Da trat aus ihrer
Hütte, unter dem weißen, unbekannten Baum hervor, Rhus, die Hexe, und rief:

»Ei, hole dir einen neuen beim Timander!«

Schreiend floh ich; naht ihr doch niemand ohne Bangen; kein Bursche der
Gegend, mag sie immerhin eine schöne Frau sein, tritt in ihren Dienst, aus
Furcht, daß sie ihn verzaubere; und niemals auch bleibt ein fremder Knecht
ihr lange im Hause. Eines Tages fehlt er, und statt seiner ist ein Esel da
oder ein Bock, den vorher niemand gesehen hatte. Sie aber rief mir nach:

»Zum Timander geh', dem Künstler, droben in der Villa des Faustus!«

Warum mußte ich gehen? Groß war die Furcht vor der Mutter. Die Herde
schickte ich heim und am Bergabhang durchschritt ich die Obelisken des
Römers. Zwischen den steilen Cypressen eilte über die steinernen Treppen
das Wasser, schwemmte Nymphen mit, von Tritonen verfolgt, und bespritzte
die grünen Faune, die im Schatten lachten. »Wo ist Timander?« rief ich, und
»Timander!« antwortete hinter den düster glänzenden Laubmauern eine Dryade.
Ich suchte, und ich verlor mich in den langen dunklen Lauben, wo überall
Bilder der Gartengötter mich erschreckten und verspotteten. Der Ausgang
endlich brannte, ja, ihn umstanden rote Flammen, und in wilder Angst
wendete ich den Fuß. Wie aber auch das Ende des nächsten Blätterganges rot
beleckt war, wollte ich laufend hindurch, und laufend und in meinem Herzen
betend, gelangte ich auf eine Wiese, die ganz voll rosigen Himmels hing.
Steinbilder lagen umgestürzt im Grase, und tönerne Krüge und -- ihr Götter!
-- der da glich ganz dem meinen! Nimmst du ihn, Mnais? Nimmst ihn und
schleichst zurück? Ich spähte umher: Da entdeckte ich zwischen den Büschen
ein niedriges Haus und im Dunkel der Tür einen Jüngling, der mich ansah.
Meine Arme sanken herab, die lieben Knie zitterten mir.

Er trat auf die Schwelle; Timander war's; und er sagte lächelnd:

»Nimm dir den Krug, da du ihn dir ja wünschest, und geh nur!«

Ich bückte mich nach dem Kruge; aber anstatt zu gehen, fragte ich:

»Was tust du? Du bist Timander? Und dies ist dein Haus?«

Er lächelte noch; oder war's der rosige Himmel auf seinem Gesicht? ja,
vielleicht war sein Lächeln der Himmel selbst. Und er antwortete:

»Ich suche in dieser Tonerde den Gott.«

Rasch beugte ich mich darüber.

»Drücke deine Hand hinein,« sagte er, und dann:

»Nun wird eine Göttin deine Hand bekommen, und vielleicht werden große
Herren sie mit den Lippen berühren.«

Da ich ihn nur ansah:

»Freut dich's? Was du für Augen hast! Wild und wirr von Freiheit, wie die
Augen einer Waldfrau, die hier eingebrochen wäre. Gewiß bist du eine? So
neugierig stehst du da und so scheu! Rasch muß ich dich festhalten und dir
deinen warmen Abdruck rauben!«

Dabei spähte er in mein Kleid, und ich merkte mit Schrecken, daß sich's vom
Laufen verschoben hatte.

»O laß!« sagte er, und bewegte gleichmütig die Hand, wandte sich, ging
pfeifend hinein und holte ein Brett und Lehm. Beim Kneten sah er her und
weg, her und weg, aber sein Auge war so streng und allein, als sähe es gar
nicht mich, als wäre mein Gesicht, das er doch abbildete, nicht Mnais'
Gesicht. Mir ward es seltsam kalt.

»Laß dein Kleid fallen!« sagte er zwischen den Zähnen, und als ich
erschreckt zauderte, stampfte er mit dem Fuß. Da warf ich, bevor ich's
bedacht hatte, alles von mir. Ich fühlte, wie mir das Blut zu den Augen
stieg, wagte nicht, die Hände davor zu heben und mußte lassen, daß Tränen
kamen. »Was wird er denken!« Aber er sah es gar nicht.

Plötzlich seufzte er tief auf, seine Hände beruhigten sich; lächelnd strich
er sich die Locken aus der Stirn.

»Hüte dich, Mnais,« sagte er, »daß nicht das Auge eines Gottes auf dich
fällt, wenn du nach dem Bade ruhest und schläfst.«

Und da ich erstaunte:

»Denn die Nymphe, die ihn liebt, würde neidisch werden und sich an dir
rächen.«

»So schön findest du mich?« fragte ich und meinte, er müsse mein Herz
pochen sehen. Er betrachtete aber das, was er gemacht hatte. Auf einmal
ward mir der Atem schwer.

»Dich selbst,« sagte ich, »werden gewiß Göttinnen besuchen?« Und ich spähte
in sein Haus, nach dem Herd und der Bank. Er warf irgend etwas mit der
Schulter weg.

»Ich verschmähe sie. Nur Athene: sie, vielleicht, habe ich schon auf meiner
Schwelle erblickt. Aber sie war -- beruhige dich! -- hart und schwer
bekleidet, und die geraden Falten um sie her schaukelten nicht einmal.«

»Liebst du denn ein sterbliches Mädchen?« fragte ich und lachte.

»Ich liebe nur meinen Herrn.«

»Wie? Ein Sklave wärest du?«

»Du meinst wohl, ich wünschte mir's anders? Ein Künstler bin ich, geehrt
und gut bezahlt. Was habt ihr Freien? Ihr frohndet dennoch meinem Herrn, --
der mich nährt und liebt. . . . Da bist du, Crassus!« rief er. »Freund!«
Und er und der Jüngling, der aus der Laube trat, breiteten beide die Arme
aus. Der andere war ein Brauner, Hagerer, mit einem Lorbeerkranz über der
Stirn. Er zeigte auf mich.

»Sie hat,« erklärte ihm Timander, »einen Krug von mir gekauft und mir ihr
Bild dafür gelassen.« Dann gingen sie beide begierig um das Bild herum,
eine lange Weile; und ich stand und dachte beklommen, wie ich entkomme. Wie
in einen Brand war ich einst auf diese Wiese gestürzt; und nun war der
Himmel erloschen und die Luft so matt.

»Dürstet dich nicht, Freund?« sagte Timander. »Mir hat die Arbeit Durst
gemacht. Nimm, Mnais, deinen Krug, geh' hinein und mische uns Wein!«

Ich brachte ihnen den Trunk; mir war's, wie wenn die Mutter mich hart
gescholten hätte. Demütig blieb ich stehen.

»Sieh doch,« sagte sein Freund, »sie hat eine Flöte am Halse hängen: eine
Hirtenflöte. Befiehl ihr doch, daß sie uns ein Lied spielt.«

»Spiele,« sagte gleichgiltig Timander und streckte sich aus. Ich spielte,
indeß sie plauderten und sich kühlten, bis sie im Eifer ihres Lachens
einander die Arme um die Schultern legten: da schlich ich mich, immer noch
spielend, in die Laube und, kaum ihren Blicken entrückt, rannte ich, von
Angst brennend, durch den Garten, aus dem die Götter fort waren, und
hinaus, hinweg, wo irgend ein Versteck wäre.

In einem Felsspalt nächtigte ich, denn nicht wollte ich der Mutter meine
Augen zeigen, und vor Tag stieg ich in den Quell Argenos und bat ihn, er
solle mich schön machen, schöner als Bilder, schöner als Timanders Freunde.
Er lachte, Argenos, hell, wie er immer lacht. Mit seinem Spiegel tröstete
er mich. Und wie ich in die Villa des Faustus zurückkehrte, standen die
lieben Götter alle wieder da. In den hohen Hecken schwebte die Morgenröte;
tausend zwitschernde Stimmen regten sich darin, und ein seliger Tau fiel.
Das Gras küßte mir die Füße. »Ich will ihm die Füße küssen,« dachte ich,
»und ihn so aus dem Schlafe wecken.« Nun fand ich die Wiese, nun lugte ich
ins Haus. Wie? Leer war's. Bangend betrat ich's, zauderte, strich mit dem
Finger über ein Stück Ton, das von seiner Hand die Rundung hatte, legte die
Wange auf seine Bank. Da schreckte lautes Gähnen mich auf. Timander kam
über die Wiese. Er schwankte, blickte fahl, und die Rosen zerblätterten in
seinem zerzausten Gelock.

»Was willst du?« fragte er mit schwerer Zunge.

Und da ich erschreckt verharrte: »Es gibt keinen Krug mehr. Hast du ihn
wieder zerbrochen? Aber ich brauche dich nicht: das da ist fertig.«

Er zeigte nach meinem Bild.

»Geh!«

Und er warf sich auf die Bank. Schon hörte ich ihn im Schlaf atmen, kehrte
zurück und neigte mich über ihn. Welch süße Brust! Wie Eros' Finger die
kleinen Schatten weich eingesenkt hatte in die Wange das schönen Jünglings,
unter seine Augen! Aber sein Mund erschreckte mich: er war wie von einem
satten Tier. Feucht war er in den Winkeln, feucht von Küssen! Ich tastete
über seine Haut, und die Spuren von Küssen traten heraus, auf der Stirn,
auf der Schulter: überall. Ich schluchzte, schüttelte mich und sah: sah all
mein Mißgeschick. »Du Verlorener!« klagte ich.

»Mögest du sterben! Dein Grab werden sie Mnais lassen. Du aber gehörst
ihnen!«

Wieder floh ich; und im Tal, wo sonst meine Schafe weideten und nun die
harte Sonne mit sich allein war, rang ich die Hände. »Was ist aus dir
geworden, Mnais? Verloren bist du! Er hat dich krank gemacht und will dich
nicht heilen. Ohne ihn aber stirbst du. Nicht lange mehr soll dein Leib
duften und blühn. Deine Haut wird welken, deine Glieder abmagern, und
unfruchtbar und Göttern und Menschen zur Unlust, schleichst du dahin. Dem
Unglück gebar dich die Mutter!« Und da ein Adler nach Beute kreiste: »O,
nimm diese! Sie sind unnütz!« rief ich, reckte mich auf einem Stein und bot
ihm, in die Luft hinauf, meine beiden Brüste.

Hirten erspähten mich, stiegen herab und umkreisten mich, spotteten und
boten sich mir zur Liebe an. Krupas war unter ihnen der Dreisteste. Nackt
über seinen Fellen und meckernd beugte er sich herüber und wollte mir das
Kleid fortziehen. Heute aber erschreckte mich nicht sein Bocksgeruch: ich
nahm nur meine Flöte an die Lippen und ging, ohne ihrer aller zu achten,
spielend aus dem Tal. Ich weiß nicht, was ich spielte; mir selbst war's
unbekannt; und doch flog ich darin fort, als entführte ein Gott mich in
seinem Mantel: mich, die nicht mehr Mnais war, und die Häuser und Wege und
Geschöpfe, die ich kannte, lägen klein dort unten -- und auch das Herz, das
mein gewesen war, dort unten . . . Als ich mich umsah, stand ich im Dorf,
und um mich her waren alle Nachbarn. Auch die Mutter erblickte ich und
wunderte mich, daß sie mich nicht schmähe, sondern lächle, als machte ich
ihr Scheu. Es murmelten aber Stimmen:

»Mnais ist wohl einem Gotte begegnet. Laßt sie allein.«

Sie wichen zurück. Als Krupas vorbeikam, sah ich seine Stirn so voller
Falten, wie wenn sich im Tempel der innerste Vorhang bewegt.

Da stieg ich, immer spielend, zum Vorgebirge hinauf, wo der Himmelsrand
lang und hell ist zwischen zwei singenden Pinien und Pan auf das Meer hinab
lacht.

»Du lachst, Pan,« sagte ich, »Mit dir lacht das Meer und die Erde; und ihr
habt wohl recht, denn zu vielem Guten taugt alles Geschaffene. Nur Mnais
ist glücklos und schlecht. Lache ihrer und nimm ihre Flöte.« Ich hängte sie
ihm um, bekränzte ihn frisch und ging.

Über den blauen Wäldern begann, als es Abend ward, das weiße Haus des
Faustus zu glänzen. Immer mußte ich hinaufsehen, und alle Wege führten ihm
entgegen. Nun unterschied ich Säulen und nun Rosengewinde. Wie ich aber am
Gartentor ankam, war auch die letzte der hohen Marmortreppen von Laub
verschlungen. Umsonst suchte ich sie wieder, am Ende aller Lauben, von den
Schultern der Brunnenreiher, aus den Kronen der Bäume, die ich bestieg.
Entrückt ist er, liegt den Freunden im Arm und weiß nichts von Mnais. In
einem Dickicht schlief ich ein, obwohl aus dem Finstern mich Augen
anfunkelten; erwachte beim Grauen und horchte: aber nur Ratten pfiffen
zwischen nassem Gestein. Er kam nicht! Er kam nicht in der Nacht, nicht am
Morgen und bis zum Abend nicht. »Sie haben ihn mir geraubt für immer!« Aber
im Dunkeln fand ich ihn neben einer Steinbank hingestreckt; Füchse berochen
ihn; -- und ich kniete nieder, legte seinen Kopf mir in den Schoß und
behütete, den Fledermäusen wehrend seinen Schlaf.

So trieb ich's; im Dämmern erst kam ich; und nur dem Schlafenden, nur dem
trunken Heimtastenden näherte ich mich. Einst sah ich ihn, der unter dem
Handrücken hervorblinzelte, und um ihn her auf der mondblauen Wiese war ein
Ring tanzender Nymphen, deren harte kleine Vogelstimmen ihn neckten und
lockten. Das Herz entsank mir. Aber ungestüm brachte Zorn es mir zurück und
ich stürzte vor. Da entflohen die Nackten mit Gekreisch, und bewußtlos sank
Timander an diese Brust.

Eines Abends dann: nichts ahnend trete ich auf die Lichtung vor sein Haus,
da steht er mit vielen Freunden, alle stumm, und hoch auf dem Gerüst, hell
und schön, ich selbst: ja wirklich, die Form der Mnais, halb aus dem Marmor
getreten. Schon hatte ein Ach mich verraten und sie holten mich
Erschrockene herbei.

»Willst du einen Krug?« fragte Timander mich, »du hast mir Glück gebracht.
Die Freunde loben dein Bild und verlangen es von mir in Stein. Ich
gehorche. Gehorche auch du und lege dein Kleid ab.«

»Vor uns allen?« sagte Crassus. »Man sieht, Timander, daß dir die Frauen
mit nichts gefällig sein können als mit ihrem Umriß. Was sie sonst etwa
noch zu verschenken haben, gönnst du jedem.«

Ich aber, meiner Schande mir bewußt, streifte mit einer Begeisterung, die
mir schwindlich machte, das Leinen von meinen Gliedern . . . So stand ich
und bot mich preis. »So will ich stehen bleiben,« dachte ich; »will mich
nie mehr rühren. Mnais lebt nur noch in der Hand des Timander, die an ihrem
Nacken feilt und dabei ihre Brust umspannt.« Ja, ich fühlte in meinem
Fleisch den Druck, die Wärme, den Schlag seiner Hand, die den Marmor
bearbeitete. Noch oft geschah mir's so, und jedesmal war ich nachher an
allen Gliedern wund durch seinen Hammer und glücklich: von einem
aufzehrenden, bösen Glück, nach dessen Heilung ich weinte, Tage und Nächte
mit Tränen vollweinte, deren er nicht achtete.

Eine andere ward ihrer inne: Rhus, die Zauberin. Sie rief mich an, wie ich
vorüberkam. Ich wollte laufen, aber ich hörte:

»Du liebst den Timander!«

Und da mußte ich stehen bleiben.

»Ich wußte es,« sagte Rhus. »Als ich dich zu ihm schickte, war mir bekannt,
welches Geschick dir die Götter bestimmten. Willst du nun, daß er dich
liebt?«

Ich drehte mich nach ihr um; aber sehen konnte ich sie nicht, wegen der
hervorbrechenden Tränen.

»Dann geh' und bring' mir ein trächtiges Schaf.«

Ich holte es eilends. Als ich zurück war, lagen die Erdstufen mit den
Ölbäumen im Abendschatten. Die Pforte zu Rhus' Gärtchen war aus einem
einzigen Brett, das ächzte wie in einem bösen Traum; und ungewiß, wie
weiße, tote Augen, blickten die Beeren des unbekannten Baumes herüber: ja,
wie Augen von Erdrosselten. Das Haus, hoch und schmal, hatte als Rückwand
den Felsen, war grau wie er, und steingrau umarmte es der tückische Baum.
Ganz in Fels und Baum stak das Haus; aus dem Fenster sah der Ast, der zur
Tür hineinwuchs; und deutlich gewahrte ich, daß aus seinem bleichen,
schlaffen Laub ein Gesicht sich neigte, das alte Gesicht der steingrauen
Dryade.

»Rhus!« rief ich in Angst, aber sie kam nicht.

»Rhus!«

Da sprach ihre Stimme von oben aus dem Ast:

»Erhebe deine Hand!«

Ich tat es; meiner Hand schauderte, denn klebrig und kalt waren die weißen
Früchte, kalt auch und biegsam wie Schlangen die Blätter, und über meinem
Scheitel, im Laub, umspannte meine Hand ein Gefäß.

»Verschütte nichts!« sagte Rhus' Stimme.

Behutsam hob ich's herab; es war voll fast bis zum Rand, glänzte dunkel und
duftete herb.

»Gib es ihm zu trinken,« sagte Rhus' Stimme. »Er wird sterben, aber vorher
wird er dich lieben . . . Zittere nicht! Denn was du verschüttest, ist
Liebe, die du nie schmecken wirst . . . Sein Tod macht dir Angst? Du
stürbest lieber selbst? So stirb! Und dein Lohn soll sein, daß er dich
liebt, sein Leben lang nur dich, ob auch längst Mnais' Adern erstarrten und
in ihren lieben Augen kein Licht mehr wohnt.«

»Was wird geschehen?« fragte ich, und Kälte überzog mich. »Muß ich denn
wirklich den Tod erleiden?«

Rhus' Stimme erwiderte:

»Schweig' und folge! Wo nicht, verschütte immerhin den Saft! Die Erde
trinkt ihn und Timanders Liebe ist begraben.«

»Was soll ich tun, Rhus?«

»Steige hinab ins Haus, stütze den Kopf an die Wurzeln des Baumes und dann
trinke!«

Da setzte ich den Fuß an und ging Schritt vor Schritt dem Hause zu. Meine
beiden Hände waren um die Schale und meine Augen fest auf ihr, daß kein
Tropfen herausfalle; aber in meinen Ohren waren auf einmal lauter Stimmen,
von Tieren, von sanften Frauen, die aus den Ölbäumen herausgetreten waren.

»Mnais,« sagten ein Nachtvogel, der meine Wange streifte, und ein Zweig,
der mich an der Schulter berührte, »Mnais, verschütte den Saft und behalte
dein süßes Leben!«

Und mir zu Füßen flüsterte es:

»Ich bin nur ein kleines Gras und dein Fuß kann mich töten. Ist er aber an
mir vorbeigegangen, dann lebt noch immer Pans Atem in mir und glücklicher
bin ich dann als Mnais, die starb und von Timander geliebt wird.«

Ich aber verschloß meine Ohren und stieg, den purpurnen Himmel und die
warme Erde meidend, von der Schwelle ins Haus hinab, Stufe nach Stufe, in
mein Grab; und am Ende meiner erhobenen Arme, bedächtig, daß ich nicht
ausgleite, und sorgsam, daß kein Tropfen zu Boden falle, trug ich meinen
Tod vor mir her. Die Wurzeln des unbekannten Baumes waren schlüpfrig wie
Eis; und als ich ihnen rückwärts meinen Hals zubog, schlossen sie sich
darum wie Zangen. Ich erschrak, hatte Furcht, meine Hände möchten zittern,
und trank; trank und starb.

Und ich erwachte und sah zu meinen Füßen Timander. Über sein Gesicht, zu
mir erhoben, floß der Mond. Er floß auch auf Wiesen und Hecken und von der
Schwelle seines Hauses: lautlos und bleich. Timander dachte, lautlos:

»Nur dich lieb ich auf Erden! Was sind mir die Freunde! Ich möchte frei
sein, um mit dir mich zu verbergen.«

Und ich antwortete ihm mit meinen Gedanken:

»Ich habe dich lieb, Timander!«

Er dachte wieder und ich verstand ihn:

»Mnais ist verschwunden, Niemand hat sie gesehen. Ein Gott, sagt man, hat
sie entrückt. Ich kenne den Gott: er bewegt meinen Meißel. Ihre süße Seele
ist nun in meinem Werk: drum kann sie nicht mehr unter den Menschen
umhergehen.«

Da bemerkte ich, daß seine Hände meine Knie umfaßten und daß ich's gar
nicht fühlte; sah seinen Mund auf mich zukommen und empfand nicht seinen
Druck; und erkannte, daß ich steinern sei. In mir entstand ein Quell von
Tränen, deren keine einzige hinausdurfte, und unter den Tränen antworteten
ihm meine Gedanken:

»Es war gut, Timander, daß ich für dich starb.«

                   *       *       *       *       *

Soll ich herabsteigen? Zu dir, Knabe, der in jeder Nacht, trotz den
Wächtern, trotz den eisernen Stacheln sich über die Gartenmauer wagt, um im
Geheimem während der Mond um mein Gebüsch her flimmert, zu mir zu beten? Du
liebst mich, und mich liebte Timander. Glaube nicht, du seist der erste.
Wohl seufzte Mnais, solange sie ihrer süßen Glieder sich freute, umsonst
nach des Timander Herzen; seit sie aber als Stein verwittert, fiel ihr
seins zu und das anderer Männer und deins. Willst du davon hören? Du,
dessen im Monde schmachtendes Gesicht ein wenig dem des Timander gleicht?
Vielleicht kennen sich eure Seelen. Ich will dir erzählen, und es wird mir,
quäle ich dich ein wenig, scheinen, als quälte ich den Timander.

Kein treuerer Liebhaber hat einer Sterblichen gelebt. Er wachte zu meinen
Füßen und schlief im Grase, in das er mich bettete, auf meiner Brust. Nicht
ermüdete ihn die Kälte meiner harten Glieder; sondern tief in den
unbeweglichen erriet und fühlte er die Schauer von Mnais' wandelbarer
Seele: und doch war sie ihm einstmals nichts als eine scheu und neugierig
vorgeneigte Fremde gewesen, eben nur vom Wert der Tonerde, in die sie ihre
Hand drückte. Begreifst du's? Ich nicht. Nur eine mitleidige Lust machte
mir der Fall des Stolzen; und glücklicher liebte ich ihn, da ich seiner in
meinem Herzen ein wenig spotten, ihn ein wenig verachten durfte.

»Du starbst für mich?« fragte er und suchte in meinen erblichenen Augen.
»Sag' es mir, meine tote Nymphe!«

Aber ich verschloß mein Herz, damit es nicht denke:

»Es ist gut, Timander, daß ich für dich starb.«

Seine Freunde kamen, seine Herren, und wollten ihn zurückholen. Einst
überraschte Crassus ihn, wie er sein Gesicht an Mnais' Herzen geborgen
hatte, trat unhörbar im Grase herbei und schlug ihn. Timander fuhr herum.

»Vor dieser!« rief er schrill und fuchtelte.

»Sie sieht nicht;« und Crassus verhöhnte ihn für seine Liebe zum fühllosen
Stein. Dann umschlang er meinen Geliebten und bat. Timander setzte sich auf
meinen Sockel und schloß die Augen. Er widerstand wie eine Frau. Crassus
ward zornig, ging fort und drohte ihm mit Faustus dem Herrn. Der kam: ein
fetter Alter, auf zwei Sklaven gestützt, der laut atmete und übel roch. Er
zwinkerte dem Crassus zu und sagte, ich gefalle ihm, er wolle mich hinauf
nach dem Hause tragen lasen. Vergeblich warf Timander sich ihm zu Füßen.

»Ich will dich freilassen,« sagte Faustus. »Aber dein Werk gehört mir.«

Als er fort war, fragte Timander mich:

»Soll ich dich zerschlagen?«

»Tu's, Lieber,« sagte ich. Er aber:

»Faustus würde befehlen, mich mit Ruten zu peitschen.«

Und er ließ es. Ihr Zärtlichen duldet wohl nicht gern Schmerz? Ei sieh! Ihr
möchtet, daß man für euch stürbe, zum zweitenmal stürbe; aber die
Rutenstreiche, die es euch kosten würde, reuen euch!

So stand ich nun, auf der Seite, wo das ruhelose Meer sie bespült, am
Gipfel der weißen Treppen, umschwankt von Rosenketten, umwirbelt von
Weihrauch und umdunstet von Wein, von Gewürzen und gesalbten Knabenleibern.
Aglaë, eine Flötenspielerin, die ich Lebende gekannt und wegen ihrer
Feilheit beschimpft hatte, lehnte sich an mich, an diesen jungfräulichen
Leib, und ließ sich von Trunkenen küssen. Nur wenn am fahlen Morgen alle im
Schlafe röchelten, konnte Timander, ein Freigelassener, der die Freiheit
fürchtete, über sie fort bis vor meine Knie kriechen. Eine Dirne riß ihn
um, dem die Lider sanken; -- und über dem üblen Atem jeder sterbenden Orgie
verharrte Mnais, den windigen Morgen auf ihren spiegelnden Hüften, hoch und
allein.

Noch immer sah ich meine Glieder rein und glatt; und jene welkten,
verschwanden, wechselten. Timander war nicht wie sie und nicht wie ich. Alt
war er und jung zugleich. Ihm hingen nun graue Strähnen im blonden Haar,
und sein müdes Gesicht war das eines Knaben, der zu lange gewacht hat. Er
konnte noch schmollen, lispeln, schelmische Streiche ausdenken; und die
Fremden, Neuen verachteten ihn dafür. Nur Mnais verstand ihn. Einst kam ein
Mächtiger, dem Bewaffnete voranschritten; und Timander stürzte aufgeregt
herbei.

»Crassus, du bist's?« -- atemlos vor Glück.

»Auch du noch da?« sagte kalt der Mächtige. Keinen Lorbeerkranz mehr trug
er; aber in seinen verwitternden Falten, im Winken seines Fingers selbst
war der Ruhm. Timander ließ die Arme sinken.

»Du bist gewichtig geworden, Crassus,« sagte er, schüchtern spottend, »und
nicht jünger. Altern wir denn wirklich? Diese hier« -- und er zeigte auf
mich -- »bleibt doch dieselbe!«

»Noch immer der Narr,« erwiderte Crassus, »der Spieler!«

Timander aber:

»Spielt nicht auch ihr? Ich habe nie verstanden, wie ihr euch ernst nehmen
konntet! Weißt du wohl noch, als ich einmal zu euch gesprochen habe wie ein
Tribun, weil ihr einen unschuldigen Sklaven gekreuzigt hattet? Ihr wolltet
mir zürnen. Ich hoffe, du zürnst mir nicht mehr. Ist nicht alles nur Ton,
worin wir spielend nach Göttern suchen?'«

Crassus blickte auf mich. Dann nickte er dem Timander zu.

»Eins gelang dir. Treibe es in deiner Art und lebe wohl!«

Er sprach zu ihm gnädig und mit Ungeduld, wie zu einer Frau, die man nicht
mehr begehrt; und er wandte sich weg.

Ich aber, die den Timander alt und verlasen sah, gedachte in meinem Herzen
meiner verlorenen, warmen und süßen Glieder, die von der Sonne in Gold
gebogen, vom Quell kühl und hart gemacht, vom Schatten mit den Abbildern
kleiner Blätter gesprenkelt wurden; und erschauerte in neuer Angst, weil
sie so lange schon vermodert waren im Hause der Rhus, und bald nun auch
Timander in Staub fallen sollte. »Armer!« dachte ich. »Besser in Stein
gekerkert fortdauern, als mit dem Fleisch das süße Leben lassen müssen!«
Timander aber nahm das Kinn aus der Hand, steckte sie in die Brustfalten
seines Kleides und trat vor mich hin.

»Dennoch,« sagte er, aufgerichtet, »bin ich's, der dich machte!«

Auf seltene Art aber starb er und schöner als die meisten. Denn als
Barbaren uns überfielen, die anderen alle in verzweifelter Gier, die Neigen
des letzten Festes noch im Hals, durch Schwerter dahinsanken wie sonst
durch Kelche, und um mich her Blut dampfte statt Wollust: da lehnte sich
mit ausgebreiteten Armen an Mnais, die ein Wilder bedrohte, Timander -- und
ließ sich durchbohren und vergoß sein Blut über Mnais Timander. Bist du
zurückgekehrt, Timander? Stehst vor meinem Gebüsch, um das der Mond
flimmert? Lange erwarte ich dich. Timander, ich habe dich lieb, und es war
gut, daß ich für dich starb!

Nicht lieblich waren, seit du mir entschwandest, meine Tage. Ich ward übers
Meer gefahren und trauerte in einer Ebene unter den Resten von meines Herrn
Reichtümern, versank, indes ich meinen Bauch verwittern und meine Hüften
rauh und grün werden sah, Zoll um Zoll in Gras und Sand. Ein Mensch in
einer braunen Toga, mit einem Strick um den Leib, zog mich hervor, und als
er viele seinesgleichen herbeigeholt hatte, betrachteten sie mich mit
gierigem Haß, schmähten und steinigten mich. Dann berieten sie, zerrten
mich in eine Stadt unter viel Volk, hängten mich in Ketten auf und lasen
mir mein Urteil von Pergamenten. Die Zauberin Diana nannten sie mich. Der
mich hervorgezogen hatte, ein abgezehrter Junger, war der Vergiftetste, in
seiner Bosheit Häßlichste. Er zerbrach meinen Arm. Des Nachts aber, in die
einsame Grube, wohinein sie mich geworfen hatten, brachte er mir meinen Arm
zurück, küßte mich und legte sich, mit den Zähnen klappernd, zu mir . . .
Aber jenes Volk behauptete, ich sei sein Unglück, und es trug mich auf das
Gebiet seiner Nachbarn und scharrte mich darin ein.

Wie lange wohl meine lieben Augen begraben geblieben sind? Als wieder die
Erde von ihnen abfiel, erblickte ich sehr bunte, laute Menschen, und ihr
Herr, Einer im goldenen Brustpanzer mit einer schreienden Medusa darauf,
umarmte mich und rief lärmend, er wolle sich mir vermählen. Wo wir
vorbeikamen, waren Altäre erbaut, kniete Volk und schwangen erzene Klänge
durch die Luft. In einem Saal, beim Mahl, wo es nach ganzen Schweinen
stank, die vergoldet waren, dachte ich der weißen Säulen des Faustus,
zwischen denen einst Weihrauchkreise zu mir aufstiegen, und des gemessenen
Crassus und des anmutigen Timander -- und Verachtung entrückte mich diesen,
die mich lieben wollten.

Sie starben; und andere führten die Nymphe, die Diana, die Waldfrau oder
Aphrodite in ihre Galerien, ihre Gärten, maßen sie durch Gläser, zeichneten
sie, verkauften sie und schwärmten sie an; -- und immer war's doch nur
Mnais, eine Hirtin, die scheu und demütig sich über die Hand des Timander
beugt, des Jünglings, den sie lieben wird.

                   *       *       *       *       *

Soll ich herabsteigen? Würdest du sehr erschrecken, wenn ich's täte? Ach,
der Mond verrinnt; schon bespült er nur noch den Rand der runden Steinbank
um mich her, und meiner Nische und des Gebüsches, das von Morgenluft zu
rascheln beginnt. Gähnend würde der Wächter nahen, würde uns überraschen
und dich fangen, Knabe. Drum flieh, eh' es Tag ist, damit du zur Nacht
wiederkommen kannst. Mnais erwartet dich. O, sie fürchtet nicht, daß du
ausbleibst. Von der Art des Timander bist du, und nicht wird ein Mädchen,
das noch seiner warmen Glieder sich freut, dich mir wegnehmen. Deiner toten
Nymphe gehörst du. Laß immerhin deinen liebenden Atem meine kalten Glieder
bestreichen. . . . Aber du hörst mich wohl nicht mehr? Erstirbt schon, da
die Vögel erwachen, meine Stimme? Schon zweifelst du wohl, daß ich's war,
die so lange zu dir sprach? Aber ich war's, Mnais, eine sizilische Hirtin,
die den Timander liebte, die er liebte, und die von vielen geliebt ward.
Hörst du? Aglaë, die Flötenspielerin, spottete einst, als wir, noch
unerwachsen, unserer Väter Schafe hüteten, meiner zu schmalen Glieder,
meines langen Halse. Längst ist sie bei den Schatten; Mnais aber liebst du,
Knabe. Soll ich herabsteigen? Nein, flieh, lebe wohl, setze behutsam die
Sohlen auf den Kies; -- und eilst du an der schrägen Wiese vorbei, auf der
in den geröteten Himmel Pegasus die Flügel breitet, dann hüte dich, ihm zu
nahe zu kommen, damit er dich nicht ergreift und mit sich reißt. Denn dies
ist die Stunde, da er auffliegt.




Ginevra degli Amieri


I.

Ich bin erwacht und fürchte mich fast, die Augen zu öffnen, und fühle ein
fremdes, weites Dunkel um mich her. Messer Faustos Atem? Nichts -- nur eine
betäubende Stille, wie der lange Nachhall langsamer, unhörbarer Schritte
. . . Warum sind meine Hände gefaltet? Ich schlafe nie auf dem Rücken und
mit gefalteten Händen. Leise die Lider gelöst: das Fenster bei meinem Bett,
es ist fort. Wo bin ich!

Das, worauf ich gelegen habe, ist umgefallen, wie ich so hastig aufsprang.
Was ist es? Kein Bett: eine Bahre! . . . Die Ungeheuer! Sie erheben sich
grau aus der Nacht und blicken von Turmhöhe aus weißen Augen. Ach, es sind
Pfeiler, und aus langen Fenstern kommen eckige, weiße Stücke Mondes darauf.
Hilf Himmel, ich bin im Dom! Und bin, nun weiß ich's wieder, gestorben!

. . . Es klirrte etwas, deucht mich, als ich vor Schrecken nochmals auf die
Bahre sank. Meine Spangen! Aber es sind nur die mit den Amethysten. Er hat
sich gehütet, mir die anderen mitzugeben, die mit den Karfunkeln. Habe ich
etwa mein Kreuz am Hals? Nein! Das große Edelsteinkreuz! Das ist zu stark!
Ich will . . . Jesus, ich bin im Zorn ausgeschritten und wage mich nun
nicht mehr zurück. Wie ich mich fürchte! Ich hätte nie gedacht, ich würde
zu diesen Toten gehören -- die wiederkehren, Einen Schritt noch, Ginevra?
Hilfe! . . . Eine Gestalt, ich sah sie deutlich, flog durch die Luft auf
mich zu . . . Nein, es ist der Kruzifixus an der Kanzel; und er hält ganz
still. Nur die Dunkelheit bewegt alles.

Aber die Kniee sind mir unsicher geworden; ich will mich setzen, unter
seine gekreuzten Füße, auf das Ende der Bank.

Ich habe, was mir geschieht, verdient, o Herr. Das ist wohl wahr; denn ich
lästerte dich! Aber gib auch du zu, die Liebe ist hart! Warum mußte ich
Raniero lieben, da es doch Sünde und ganz unnütz war? Du weißt, auch wenn
du mich am Leben gelassen hättest, ich würde mich doch ihm nie gewährt
haben. Obwohl andere dergleichen tun: und du strafst sie weniger schwer als
mich, die so tugendhaft war . . . Willst du mir wohl sagen, was dies alles
sollte?

Ich warte.

Im irdischen Leben heißt's immer: Das werden wir jenseits erfahren; und:
Darüber reden wir droben. Nun sprich! . . . Ich wußte wohl, du würdest
nichts vorbringen können zu deiner Rechtfertigung. Du hast mir zu viel
auferlegt, du darfst dich nicht wundern, daß ich versagte. Hatte ich doch
genug an Messer Fausto, meinem Mann, und seinen Schlägen, und daß er mir
meine Tugend nicht glaubte! Immer: »Du liebst ihn!« Ich sagte: »Nein!
Schlage mich, aber ich liebe ihn nicht!« Wäre das Nein wenigstens die
Wahrheit gewesen! Leider war es Ja . . . Er darauf: »Mich liebst du auch
nicht! Was liebst du denn?« Und ich: »Ich liebe dich, wie ich es dir
schulde, -- und liebe auch die Stirnkettchen, die Messer Ugos hübscher Sohn
verfertigt.« »Ihn, den Sohn liebst du!« »Nein! Ich habe ihn niemals
gesehen!« Und so war es. Aber ich hatte mit Absicht von Messer Ugos Sohn
gesprochen, verführt durch einen seltsamen Kitzel, weil ich wußte, nun
werde Messer Fausto mich nochmals schlagen. Denn er schlug mich, sobald ich
nur den Namen irgendeines Mannes aussprach. Warum aber tat ich es, mußte es
tun, und drängte mich heran zum Schmerz? Das erkläre, Herr, warum du so
viel Leiden bestimmtest für eine Unschuldige!

»Ich will dir die Ketten für die Stirn kaufen,« sagte Messer Fausto, als er
vom Schlagen müde war. »Damit du mir keine Hörner daransetzest. Du mußt
gerecht sein: ich tue, was ich kann.« Ich antwortete: »Gewiß. Ich werde es
niemals tun.« Und ich wollte es auch nicht. Damit in der Frühe, wenn ich
zur Heiligsten Annunziata ging, die Madonna Eletta den Finger ausstreckte
und sagte: »Seht die Heuchlerin! Sie hat mich mit dem Gino ins Gerede
gebracht, und sie selbst schläft mit dem Raniero!« -- Es ist schon wahr,
daß ich es von ihr gar nicht wußte. Aber was wußte denn sie von mir? Und
redete doch, hinter meinem Rücken. Wäre es wahr gewesen, was sie sagte, ich
hätte mich so schwarz gefühlt wie die Mohrin hinter mir, Herr, die meinen
Gobbo, den Papagei, trug. So aber hing mein Brokat (und um den beneidete
sie mich doch nur) über den Malen, die mein Mann mir geschlagen hatte, und
ich war eine Gerechte. Und Don Vinante, mein Beichtvater, wußte es wohl,
und außer Messer Fausto, meinem Mann, den die Eifersucht irr machte,
zweifelte keiner an meiner Tugend, und allen, die sündigten, durfte ich
mitten ins Gesicht sehen. Und wenn Raniero im Hof der Kirche stand und
falsche Seufzer ausstieß, ging ich hoch vorbei, den Blick gradaus, und
hatte einen großen, starren Genuß: »Du wirst dennoch nie erfahren, daß ich
dich liebe! Die Liebe ist hart; aber ich bleibe standhaft, du gewinnst
nichts. Du bist böse, bist dazu eingesetzt, mich zu verderben. Ich hasse
dich! . . . Ja, das dachte ich, o Herr. War das nicht recht und löblich?

Zu Hause mußte ich mich dann wieder sehr quälen. Warum? Heißt das gerecht?
Für so viel guten Willen? Ich nahm meine große Puppe aus der Truhe und
drückte sie ans Herz. »Verzeih,« sagte ich zu ihr, »daß ich dich schon zwei
Jahre nicht mehr ansah!« Du weißt, Herr, ich hatte sie noch nicht zwei
Jahre weggelegt; und sie war vom Fest in Venedig und war mitten auf der
Piazza ausgestellt gewesen in der Tracht, wonach alle Frauen das ganze Jahr
sich richten sollten. Mein Vater besuchte gerade die Filiale seiner Bank,
und er kaufte die große Puppe für eine Menge Geld. Ich machte alle Mädchen
neidisch mit ihr und liebte sie darum sehr . . . Nun aber war alles anders,
an die neidischen Mädchen dachte ich nicht mehr; wie ich die Puppe an mich
zog, fühlte ich's, als würfe sie mir beide Arme um den Hals; mir ward ganz
heiß, ich herzte sie immer und sagte: »Du kommst nicht aus Venedig vom
Markt, du sollst von Raniero kommen! Ich habe dich von ihm, du bist sein
Kind, hörst du, das will ich, das soll sein!« Und dann sprang die Angst vor
der Sünde in mir auf, und ich warf die Puppe mit dem Gesicht auf die Erde,
und mich mit dem Gesicht aufs Bett, daß wir einander nicht mehr sähen, und
jammerte in das Kissen hinein: »Nein, ich will nicht, ich will kein Kind
von ihm!« Und klagte bis in die Nacht. Und Messer Fausto, mein Mann, kam
und schlug mich wieder -- und hatte auch recht. Ich schrie wohl, damit er
aufhörte: »Warum haben wir keine Kinder!« Aber ich wußte doch, das sei
Gottes Sache.

Was sollte ich tun? Muß man denn einen Menschen lieben, wie diesen Raniero?
Einen gewöhnlichen Angestellten in der Bank meines Vaters. Einen, der die
Geschäfte versäumt, auf den Wiesen am Mugnone im Grase steht, stundenlang,
wie ein Storch, und dann, ganz blaß, bis vor mein Haus schleicht? Einen,
der schon längst fortgeschickt wäre, wenn ich nicht für ihn gebeten hätte,
oder vielmehr für die alte Mutter, die von ihm lebt. Denn das tat ich,
Herr, und war es nicht fromm und barmherzig von mir, für meinen Feind zu
bitten? Nun erkläre mir aber: wenn mein Bruder sich so anstellen würde in
unserem Bankhaus, ich würde ihn verachten! Und diesen muß ich lieben! Soll
er doch verdienen und eine Frau nehmen, wie es sich geziemt. Aber auf mich
hat er es abgesehen! Und fordert meinen Mann zum Zweikampf heraus. Denn das
hat er getan, Herr, und es ist eine solche Albernheit, daß sogar du gelacht
haben mußt: wenn du Art und Figur Messer Faustos bedenkst.

Und dann hat er ihn auch noch verschont! Herr, du magst sagen, was du
willst, aber es ist natürlich, daß ich wünschte, nun möchte es einmal um
sein. Messer Fausto hatte mich blau geschlagen; ich wünschte, mögen sie
sich gegenseitig umbringen. Dann aber: Nein, nur Raniero! Denn ich kann es
dir schwören, Herr, bei deinen eigenen Wunden: nicht Messer Fausto wollte
ich tot sehen! Er kam auch zurück; es war nichts geschehen; und ich kriegte
Ohrgehänge und eine Straußenfeder mit lauter Edelsteinen geziert, die
konnte ich zur Kirche tragen. Aber alle wußten schon, wenn sie meine
Geschenke erblickten, dann war ich geschlagen worden . . . Und da dachte
ich, das ist wahr: Warum hat Raniero nicht lieber zwei Kerle geschickt, die
ihn anfallen? Und ich habe sogar den Don Vinante beredet, daß er in seiner
Unschuld etwas angerichtet hat, daß Messer Fausto vor San Frediano hinaus
mußte. Und das ließ ich dem Raniero berichten durch einen Bettler, der
nicht sagen durfte, wer ihn schickte, und ließ ihn in verdeckten Worten zu
einem Streich auffordern.

Da sieh nun, Herr, wie weit du es mit mir getrieben hast! Eine
Gattenmörderin und auf dem Rade, so hätte ich enden können! Wenn ich nicht
deine Mutter angefleht hätte, als Messer Fausto vor der Stadt und in
Leibesgefahr war: die hat das Schlimmste verhütet. Ich aber schwur damals
in der Not, es möge daraus werden, was immer, Schande und Tod: -- ich wolle
doch, so lange ich lebe, dem Raniero nicht angehören. »Die Liebe hat mich
so elend gemacht; ich will mich an ihr rächen!« Ich war von Sinnen, und die
beiden Tauben, die vor meinem Fenster einander liebkosten, die ergriff und
erwürgte ich! Und als ich's tat fühlte ich meine eigene Kehle unsichtbar
umklammert und schloß die Augen und mußte mich an die Fensterbank stützen,
ich wäre sonst umgefallen.

Wie nun Messer Fausto zurückkehrte und es der heilige Samstag vor Ostern
war und aus dem Tor des Domes der Festhall kam wie eine Wolke mit Engeln
darauf, da sprach es hinter meinen gesenkten Lidern, und, Herr, ich konnte
nichts dafür: »Sie feiern ihn, der die Liebe ist und sich hat kreuzigen
lassen. Er will, daß auch ich lieben und dafür sterben soll. Und ich
sträube mich nicht. Aber ruchlos und abscheulich ist's, daß er aufersteht
und auch das von mir erheischt. Wer glücklich tot ist, der sollte es
bleiben dürfen und endlich in Sicherheit sein vor der Liebe und dem, der
die Liebe ist!«

Mit diesen Gedanken war ich dicht vor das Tor gelangt, und plötzlich
erweiterte es sich wie ein Mund, ich fühlte seinen Atem auf meiner Stirn
brennen, und eine ungeheure Stimme, eine Orgelstimme, schrie: »Du sollst
sterben und wiederkehren vor allen anderen und zugleich mit mir. Schon
morgen sollst du wiederkehren, sollst sehen, wie alle meinem Auferstehen
zujauchzen, das du gelästert hast. Bei deinem aber soll dich frieren, und
du sollst große Reue haben!«

Alle müssen es gehört haben, so laut ward es geschrien! Warst du das, Herr?
Wohl; denn du hast's wahrgemacht. Dann erkläre mir aber, was eine Frau zu
bereuen hat, die ihren Mann nicht betrügen und seine Geschenke nicht
verlieren und von den Leuten nicht mit Fingern gezeigt werden wollte.
Sollte ich etwa Schande und Armut auf mich laden, weil es irgendeinem
Menschen einfiel, mich zu lieben? Zwar liebte auch ich ihn. Warum aber
bestimmtest du dies so? Und vergingst dich dadurch gegen die bürgerlichen
Regeln? . . . Heute ist Ostern, und wir sind beide auferstanden; nun
erkläre diese Dinge!

Aber du schweigst. Du hältst nur den Kopf auf die Schulter geneigt und
siehst mich kaum, so tief sind deine Lider herabgelassen Hörst du's
wenigstens, wenn ich gegen deine Füße klopfe? Ach nein; du seufzest nur und
legst den Kopf auf die andere Schulter. Mich hast du hierher bestellt, und
du selbst schläfst lieber noch etwas!

Wie ich verlassen bin und abgeschieden von allem, allem. Mich friert; ich
habe keinen Mantel und nichts, wohinein ich mich hüllen kann; nur das
große, weiße Leinentuch von meiner Bahre.«


II.

»Nun bin ich draußen, und weiß nicht, wie ich herkam. Ich strich so lange
an den Wänden entlang im Dom, bis ich auf einmal herausschlüpfte. Die
Stelle könnte ich nicht wiederfinden. Ich begreife nicht, was mit mir
geschieht, und mir ist sehr bange. Habe ich nicht eben noch unserem Herrn
getrotzt? Jetzt sehe ich wohl, wie alles unsicher ist und voll von
Geheimnissen. Ist denn dies der Domplatz, auf dem am Mittag die Weißen und
die Schwarzen einander Hohnreden zurufen und die Händler die Bänder und
Kuchen feilbieten? Über den mit stolz gesenkten Augen die anständigen
Frauen wandeln? Jetzt ist Ginevra bange, wenn sie auf diese Quadern
hinabstiege, sie möchten unter ihren Füßen weggleiten, wie Wasser.

Wagen mußt du's, du willst dich doch nicht auf die Stufen legen, wie eine
Bettlerin. Trägt es mich? O! Es regt sich um San Giovanni her, auf den
alten Gräbern! . . . War's nicht's? Ich habe Furcht, ich, die selbst eine
Tote bin! Aber die in jenen Särgen sind Heiden . . . So also ist denen
zumute, die wiederkehren. Alles erschreckt sie, und sie wissen nicht, wozu
sie kamen. Ich fühle in mir ein helles, kaltes Licht, das wacht in der Welt
allein. Vom Turm schlägt es ein Uhr. Allein, ohne Zweck, und wer weiß, wie
lange. Erlösche ich nicht, zergehe ich nicht? Bin ich nicht bloß am
Mondlicht entzündet? Ich will in eine dunkle Gasse huschen, vielleicht
ist's dann aus.

Du bist noch da, Ginevra. Immer an der Mauer hin; -- dort geht eine Tür
auf. Wenn sie mich sehen! Da schau, es ist das Haus Messer Tibaldos, und
wer schleicht heraus? Messer Gino, -- und durch den Türspalt lugt Madonna
Eletta. Ist nicht Messer Tibaldo nach Pisa? Also hatte ich recht mit Messer
Gino und Madonna Eletta? Ich dachte es gar nicht. Und er, er läuft vor mir
davon! Ach ja, ein Geist. Was ein Geist alles sieht! . . . Da bin ich vor
Messer Faustos Haus. Es ist doch mein Haus, soll ich nicht klopfen dürfen?
Wie lange es währt! Mich friert. Mach auf! O! seine Nachtmütze.«

»Wer klopft?«

»Ginevra, Euer Weib.«

»Wer?«

»Ginevra degli Amieri.«

»Um Gottes willen, entweiche! Verschone mich! Ich schlug dich, ja; aber es
war mein Recht, denn ich war dein Mann. Du darfst mich dafür nicht
heimsuchen! Ich will Messen lesen lassen, damit du Ruhe bekommst.«

»Er hat das Fenster zugeworfen. Wie seine Stimme vor Angst sich brach!
Hätte er mich nicht einlassen sollen? Ich mag ein Geist sein, aber hat er
nicht auch meine Seele geheiratet? Wohl nicht. Wozu aber muß eine Tote
umhergehen? . . . Ich will's bei meinen Eltern versuchen; es ist nicht
weit.

Schon rühren sie sich. Ein Licht wandert durchs Haus. Die Mutter schläft
wieder einmal nicht und wirtschaftet umher. Ihr ist's wohl leid, daß ich
tot bin. Nun ist der Vater am Fenster, Vater!«

»Du schlechte Tochter! Warum erschrickst du deine arme Mutter. Du mußt wohl
sehr sündig sein und hast darum keine Ruhe gefunden. Morgen sollen die
Teufel gebannt werden aus dir. Aber tu deinen Eltern nichts an! Geh doch zu
deinem Mann! Wir haben dich ihm gegeben und Geld genug dazu, so daß wir dir
nichts mehr schulden!«

»Er hat den Laden angezogen und den Riegel vorgelegt. Die Mutter stand
hinter ihm und rang die Hände. Wie ihr das schrecklich sein muß, daß ihr
Kind, ihr so gehegtes, nun zu den Bösewichtern und irrenden Seelen in die
Nacht hinausgescheucht ist! Aber auch der Vater hat recht; er hat für mich
bezahlt, und ich habe keine Forderung an ihn. So allein ist man: ich wußte
das nicht. Ich dachte, sie könnten mich schlagen, aber ich würde immer ein
Bett haben. Sonst sperrten sie mich ein. Jetzt öffnet mir niemand . . .

O, wo bin ich? Dort schleichen sie schon, die Bösewichter, dort unter dem
Schwebebogen. Sie schleichen hinter einem, den eine Frau umschlingt. Sie
küßt ihn: da greifen sie ihn. Die Frau hält ihn fest, damit sie ihn töten
können. O, auch das war Liebe? Ich will schreien: Hilfe! Nun werden Sie
mich -- töten? Sie können's ja nicht mehr. Sie sehen mich: alle laufen
davon. Ich habe einen Menschen gerettet. War ich dazu gesandt? Guter
Mensch, höre! O, auch er läuft. Ich war ihm so dankbar, ich weiß nicht
wofür. Aber er läuft vor mir weg.

Und nun? Was ist dies für ein Haus? Kennst du es, Ginevra? Du gingst mit
Messer Fausto, deinem Manne vorbei, und er behauptete, du habest
hinaufgesehen, und versprach dir Schlimmes. Du hattest es nicht; aber
seither wußtest du, wo Messer Raniero wohnt, Übrigens, jetzt wüßtest du es
ohnedies; die Toten kennen alle Plätze . . . Dahin also sollte ich. Sonst
habe ich keine Zuflucht und keine Bestimmung. Ich will klopfen.«


III.

»Wer ist es?«

»Mich friert, öffnet mir!«

»Wer seid Ihr?«

»Ginevra.«

»Ginevra ist tot. Geht in Frieden.«

»Sie ist tot, drum kommt sie zu Euch. Lebte sie, sie käme nicht . . . Ihr
schweigt?«

»Ich öffne Euch. Tretet ein und folgt mir über die Treppe. Ich hebe das
Licht ganz hoch, und Ihr seht, Madonna Ginevra, dies Haus ist Euer. Meine
alte Mutter ist taub und sie schläft. Wir sind allein.«

»Aber Ihr geht immer rückwärts vor mir her, Messer Raniero, und laßt mich
nicht aus dem Auge. Nun stellt Ihr die Kerze so hin, daß sie mir ins
Gesicht leuchtet, begebt Euch bis ans Ende das Zimmers und verschränkt die
Arme. Ihr habt Furcht vor mir, auch Ihr! O, ich bin müde, und so kalt.«

»Ich fürchte Euch nicht so sehr, als da Ihr lebtet. Arme Ginevra.«

»Was sagt Ihr? Warum bleibt Ihr also dort hinten? Alles flieht mich, weil
ich gestorben bin. Kann ich dafür, daß ich wiederkehre? Ich habe es nicht
gewollt. Wer das gedacht hätte, früher in den wimmelnden Gassen, im lauen
Gedränge der Kirchen, daß Menschennähe so kostbar werden würde!«

»Wollt Ihr mir die Hand reichen, Madonna Ginevra?«

»Eure Hand ist warm, Verzeiht: Ihr seid gut, daß Ihr mich zu Euch einließt.
Draußen war es schlimm. Wie geht es zu, daß Eltern und Gatte mich
fortschicken, Ihr aber, Messer Raniero, öffnet der Toten, die Euch doch
nichts erwidern kann. Ich habe nie gehört, daß jemand umsonst gibt. Was
wollt Ihr?«

»Ich will, Madonna Ginevra, daß Ihr Euch in meinen Stuhl setzt, so, und daß
Eure Blicke alle diese Dinge neu und wohltätig machen. Vielleicht wird sich
leichter leben lassen zwischen den Wänden, die Eure Stimme vernommen haben?
Und dann . . .«

»Warum sprecht Ihr zitternd und werdet so blaß?«

»Und dann laßt es Euch wohl sein im Frieden und kehrt nicht mehr wieder.
Denn lieber will ich Euch missen, als daß Ihr um meinetwillen dieselbe
Strafe erdulden solltet, wie im Pinienwald bei Ravenna jener nackte und
immer gehetzte Geist, der einst eine gegen Liebe grausame Frau war.«

»Das sind Lügen von Messer Giovanni Boccaccio, Ihr müßt ihm nicht glauben.
Was wißt Ihr, ob denen, die wiederkehren, hier nicht doch wohler ist als
drunten, Ihr habt mich ein wenig erwärmt. Dort ist's nicht gut sein. Mich
schaudert; ich will nicht wieder hinab.«

»Ihr wolltet lieber bei mir bleiben? Madonna Ginevra?«

»Wer hat das gesagt, Messer Raniero? Nur daß Ihr den Dichtern nicht alles
glauben müßt, sagte ich. Aber Ihr seid selbst einer, und Ihr stecktet mir
im Hof der heiligsten Annunziata, während Messer Fausto einen unverschämten
Bettler schalt, Verse in die Hand. Warum seid Ihr nicht eifriger im
Geschäft?«

»Ihr habt recht, denn die Verse waren schlecht.«

»Sie waren lügenhaft. Ihr schriebt darin von einer Sklavin, die Euch sehr
teuer sei, und die Ihr dennoch um meinetwillen verstoßet, und die darum
zugrunde gehe. Was für Lügen, Messer Raniero! Erstens, woher solltet Ihr
eine Sklavin haben? Ihr seid der Sohn Messers Guido, der zum Handwerk der
Wolle gehörte. Hättet Ihr noch eine Geliebte gehabt, die Frau eines Nobile,
und sie, mir zu gefallen, verlassen!«

»Was wißt Ihr, Madonna Ginevra, frage nun ich. Was könnt Ihr wissen. Hört
mich an: ich habe Euretwegen so Großes verlassen und verloren, daß niemand
Größers erträumen kann. Bevor ich Euch erblickte, waren mir Taten sicher,
die von Harnischen glänzten, und bemerkte ich in mir, wenn ich lauschte,
das Quellen wundervoller Worte. Keine Frau hatte sich mir verweigert, kein
Reich mir widerstanden; ich war ein nie besiegter Sänger und ein Held, dem
nichts verboten dünkte . . . Das alles endete, als Ihr mir erschient, in
Kleinmut. Ihr waret endlich die, die meine Träume übertraf, vor der ich
sie, wie meine arme Magd, verstecken und vertreiben mußte. Ihr schicktet
mir das Fieber einer Begierde, so übermächtig, daß ich mich davor
fürchtete, sie zu stillen. Ich fühlte mich von einem Fluch geschlagen, lag
keuchend da und verwünschte Gott, weil Ihr am Leben waret! Das, Madonna
Ginevra, ist Liebe! In mir war's übervoll von vielem, das Euch
entgegenschlug, wie ein Herz, das von einer Armbrust flöge, wie ein
Blütenzweig, den eine Hand niedergebeugt hätte und plötzlich schnellen
ließe; -- aber ich war stumm. Und die heißesten Taten, die in mir
geschahen, regten draußen, jenseits meiner Brust, nicht einmal so viel
Staub auf, wie ein Hund, der über die Straße läuft. Manchmal trieb ich ein
verzweifeltes Spiel, mir selbst zum Hohn, und stellte mich tüchtig. So
forderte ich Euren Mann zum Kampf -- und ließ ihn unversehrt. Denn als ich
ihm gegenüberstand, vernichteten mich Zweifel: wer bin ich, und wie darf es
mir einfallen, an Dinge Eures Lebens zu rühren. Wie kann ich gegen Euren
Willen Euren Mann töten. Wie Euch meinen eigenen Tod zumuten, diese
lächerliche Beleidigung! Muß nur einer Eurer Atemzüge langsamer oder
schneller gehn, weil ich Euch liebe? Ich kam mir tot vor, hört Ihr's? ich,
und wie ein kraftloser Schatten. In Schattenspielen raubte ich Euch,
durchjagte mit Euch die Welt, tötete, wessen Atem Euch nur anwehte. Seht
Ihr den Boden dieses Zimmers etwa voll Blut? Und doch habe ich hier in
mancher Nacht gewütet, bis ich selbst, voll Wunden und röchelnd,
dahinsank!«

»Und so, Messer Raniero, habe auch ich ganz in irren Tränen abendelang die
große Puppe geherzt, die ein von Euch empfangenes Lebendiges sein sollte,
habe mich gesträubt und Euch in Sehnsucht gehaßt, bis Messer Fausto mir das
Gesicht aus einem Kissen riß und mich schlug. So haben wir dasselbe Leben
geführt, Messer Raniero. Ich höre Euch zu mit einer Freude, die mich
zerreißt. Ihr seid gewiß noch schlimmer daran gewesen als ich selbst? Ich
wähnte, Euch fechte nichts an, und ihr seiet nur dazu eingesetzt, mich zu
verderben. Und ich habe unsern Herrn gelästert, weil er mir, nur mir die
Liebe auferlegt hatte, für jetzt und ewig; und habe zu meiner Strafe Euch
nochmals wiedersehen müssen, als arme Tote. Aber, nicht wahr, auch im Leben
habt Ihr es recht schlecht, und nicht ich, die schon starb, bin die
Unglücklichere? Sagt mir das! Daß Ihr sehr leidet! Mehr als ich! Dann will
ich Barmherzigkeit an Euch üben und Euch lieb haben!«

»Es ist schön, mit Euch zu leiden, o Ginevra!«

»Ist mir das Leiden noch erlaubt? Einer Toten? Dann gebt es mir! O, Ihr
gebt es mir! Oder ist es Lust? Ich weiß nicht mehr; ich bin eine irrende
Seele.«

»Ihr lebt, Ginevra! Nun die Sonne sich nähert, kann ich es erkennen. Ihr
waret ein Schatten, jetzt aber seid Ihr dabei, erweckt zu werden. Ich weiß
nicht, wer Euch erweckt.«

»Die Liebe, Raniero, erweckt mich.«

»Ihr tragt, Ginevra, auf Euren Wangen, die sich röten, den Abglanz des
Ortes, woher Ihr zurückkehrt. Wie Ihr strahlt! Erzählt doch, was Euch dort
geschah!«

»Seine Stimme kam von jenseits eines Feuers, das irgendwie so köstlich
schien, daß das Herz darin zu baden wünschte; und er befahl mir,
zurückzukehren und sie auf mich zu nehmen, die Liebe. Und sein Urteil klang
wie Verheißung, und sang und harfte. Ich sehe das, Raniero! Gleichzeitig
sehe ich den Himmel und meinen Geliebten!«

»Nun fühle ich euer Herz schlagen, Ginevra, und Euren warmen Atem und
. . . auch das Fleisch Eurer Lippen haben meine gefühlt. Ginevra! So ist es
Leben und grenzenlose Erfüllung und soll nicht mehr schwinden? Ihr werdet
immer in diesem Hause bleiben, kein Mensch wird wissen, daß Ihr auf Erden
seid.«

»Nein, alle sollen mich sehen, und wenn wir zur Kirche gehen, mich lästern
und verdammen! Ich trage alles, so will es die Liebe. Ich werde Euch
dienen, und Ihr könnt mich vertreiben, wenn Ihr meiner satt seid, wie Eure
Sklavin.«

»Hört doch, Ginevra, den klingenden Osterhimmel!«

»Mich töten, wie Eure Sklavin.«

»Vernehmt Ihr meine Stimme, Ginevra? O, lehnt nicht Euren Nacken in Eure
verschränkten Hände und haltet nicht Euer goldig überflossenes Gesicht den
Überirdischen hin! Seid nicht mit Ihnen, seid mit mir! Ich ängstige mich!«

»Ich weiß jetzt, warum er wiederkehrte, und ich folge ihm nach. Es ist
schwer und doch selig. Wir kommen wieder, um uns noch einmal kreuzigen zu
lassen; und kämen immer wieder, so oft die schwere und süße Liebe es will.«

»Ihr sinkt um! Ginevra, was ist Euch! Barmherzigkeit! Ihr verspracht sie
mir! Euer Herz steht still. Waren denn, die ich fühlte, seine ersten und
letzten Schläge? Seid Ihr nur gekommen, damit Ihr mich durch Fortgehen noch
elender machen könntet? Hütet Euch, Madonna Ginevra! . . . Wie denn? Ich
war von Sinnen, als ich soeben an ihr zweifelte. Ich wußte wohl, daß sie in
Tod zurückfallen werde. Sie ist mein, weil sie tot ist. Im Leben war sie
meine große Qual, aber ich bin der, dem ihr Schatten hold ist. Sie wird
wiederkehren, sich mir jede Nacht aufs neue beleben. Ich will sie nun
zurücktragen, bis zur Nacht; und will ganz frohen Mutes sein. Auf der
Straße sind Kirchgänger, im leuchtenden, jauchzenden Ostermorgen. Ihr
Mädchen, die ihr zum Dom geht! Ihr habt den gleichen Weg wie eine Frau, die
in diesem Hause wartet. Sie ist geschmückt, wie ihr; und wie glücklich
immer ihr sein mögt, ihr habt euch ihrer nicht zu schämen. Kommt herein und
nehmt sie mit!«




Doppelte Heimat von Heinrich Mann.


Man kann in einem Lande geboren werden, sich dieser Luft verbunden fühlen
wie der Baum im Garten, zwischen sich und den Menschen umher keinen
Unterschied machen: und allmählich steigen dennoch Zeichen herauf, daß man
anders ist als die meisten; daß die Sprache, mit der man aufwuchs, noch
nicht die ist, in der man sein Leben lang sich ausdrücken soll; daß hinter
diesem Land eine zweite Heimat wartet.

Die Knaben Carlos und Nicolàs[1] sind Argentinier, ihr junges Leben hat
argentinischen Inhalt und argentinisches Tempo. Mit ihren Eltern und einem
Gesinde von Gauchos, Neapolitanern, Deutschen und Mulatten bewohnen sie ein
Landgut in der Pampa. Die unabsehbare Ebene gehört ihnen und ihren Ponys.
Sechsjährig, klettern sie aufs Pferd, galoppieren, fallen, werden
geschleift und fangen von vorn an, ohne von Gefahr zu wissen. Sie setzen
ihr Vertrauen in Erde und Getier. Sie fangen Beutelratten, junge Strauße,
Kropfeidechsen, Rehe, und erfüllen die Salons mit Stallgeruch. In den
Sümpfen hat ein Tiger gebrüllt, und sie ruhen nicht, bis sie mit in das
lecke Boot dürfen, worin ein Tartarin sich auf die Jagd macht. Immer in
Bewegung, träumen sie selten, sehnen sich selten. Ihre Phantasie greift
gerade so rasch zu wie ihre Hände. Sie sehen auf dem Fluß ein Dampfschiff
vorbeifahren, und der Ältere nimmt es sich, um es für ein Fangseil dem
jüngeren zu schenken. Einmal im Zuge, schenkt er Land und Herden dazu,
soviel der Bruder mag. Alles, fällt ihm ein, hat er erobert. Stolz auf
seine Taten, besteigt er sein Pferd und reitet, hoch aufgerichtet, die
eingetauschten Riemen über seinem Haupte schwingend, davon.

Nur daß ihm, mit der Besinnung, ein Gefühl kommt, das seine kleinen
Landsleute kaum berührt hätte: Reue. Eine der frühesten Regungen ist's des
anderen, das die Knaben in sich tragen, des unter diesem Himmel fremden
Keimes. Und eines Tages stellt, nach unheimlicher Erwartung, der sich ein,
der diesen Keim in ihnen pflegen soll: der deutsche Hauslehrer. Seine
Mittel sind Musik und Milde, Pedanterie und Wohlanständigkeit. Er
verlangsamt ihr Tempo: nicht nur, wenn er zu Fuß zwischen ihren Ponys geht,
auch indem er ihre Phantasie am Zügel hält. Ihr unbefangenes Verhältnis zur
Welt umgarnt er mit Bedenken. Erfinden, Lügen, das ganz natürlich war, ist
auf einmal zum schlimmsten Laster geworden und betrübt den Lehrer tödlich.
Er hat Furcht, und sie müssen sich hüten; er hat einen schlechten Magen,
und sie müssen Diät halten. Er ist der Schwächere; und eigentlich aus
Generosität willigen sie ein, »gute Deutsche« zu werden. Selbstüberwindung
ist nötig; denn die Fremden werden herzlich verachtet, und man macht sich
lächerlich, wenn man mit Botanisiertrommel, Apotheke und Feldflaschen auf
Märsche auszieht. Manchmal lassen sie den Lehrer fühlen, wie viel sie vor
ihm voraus haben, und daß sie auf ihrem Grund und Boden sind. In eine der
elegantesten Straßen von Buenos Aires mündet eine sehr kotige, und ein
totes Pferd mit gedunsenem Bauch liegt darin. Dem Lehrer, der sich die Nase
zuhält, versetzt Carlos Schrecken dadurch, daß er sich nach einem
Ziegelstein bückt. Den Gestank des Pferdes, wenn es durch einen Wurf zum
Platzen gebracht sein wird, kann sich dieser Fremde gewiß nicht vorstellen!

Aber es kommen ihnen, spielt er Klavier, so weiche Gedanken. Und als ein
alter General, eine gutromantische Mischung aus Eleganz, Burleske und
Grausamkeit, sie zu einem Streich gegen den Lehrer aufstacheln möchte, da
können sie ihn nicht tun; und sie schämen sich vor dem General und schämen
sich, daß sie niemals gute Argentinier werden können. Der unter diesem
Himmel fremde Keim geht mächtig in ihnen auf. Ein verwundetes Pferd, das
nicht sterben kann, stürzt sie in Aufregungen des Mitleids, des Dranges,
seine Qual zu enden, und der Unfähigkeit, das erlösende Beil fallen zu
lassen. Wie Carlos einst von einem Pfirsichbaum mehr Früchte ißt, als der
Lehrer erlaubt hat, entsteht eine Tragödie des schlechten Gewissens.

Die Starknervigkeit und die Unbefangenheit ist gebrochen. Carlos und
Nicolàs sind reif, übers Meer nach ihrer anderen Heimat zu fahren. Sie
werden immer behutsamer empfinden; moderne Ideen werden sie gefangen
nehmen. So sehr sie anfangs sich in Freiheit zurückgesehnt haben, bald
würden sie die kleinen, wilden Pferde dort drüben nicht mehr besteigen, mit
den Menschen wohl noch sprachlich, aber kaum mehr seelisch sich
verständigen können. Mit Mühe werden sie die Brücke suchen zu so fremden
und erstaunlichen Erinnerungen wie das Erdbeben in jener sonderbaren
kleinen Gebirgsstadt mit ihren trägen, verkommenen Bewohnern, oder die
Revolution in der Hauptstadt, als sie des Nachts einem in ihr Haus
geflüchteten Polizisten die Knöpfe abschnitten, damit er nicht erkannt und
von den Dächern herab erschossen werde.

Anders als die hier Landläufigen erhält einen solche Vergangenheit immer.
Carlos und Nicolàs werden schlagfertiger und mit fremdem Akzent sprechen,
bildlicher denken, bunter leben -- und schreibt einer von ihnen ein Buch,
wird er seine deutschen Gedanken und Stimmungen in romanische Knappheit
fassen. Er wird dem Ahnungsvollen der einen Rasse das klar Sinnliche der
anderen verbinden, Groteske und Humor, Phantasie und Seele haben, und wird
ein kleines, sehr unterhaltendes, sehr reizvolles, durch ein ungewöhnliches
Schicksal und seinen eigentümlichen Ausdruck bemerkenswertes Buch
hervorbringen.

[Footnote 1: Rudolf Schmied: Carlos & Nicolàs. Kinderjahre in Argentinien.
München 1906. R. Piper & Co. Inhalt: Die Boleadoras. Der Chinese. Das
Brüderchen. Die Tigerjagd. Herr Dr. Bürstenfeger. Ein Tag mit Herrn Dr.
Bürstenfeger. Die Reise nach Mendoza. Die Stadt Mendoza. In den
Cordilleren. Nach Paraguay. Die Revolution. 3. Tausend. Geh. 2 Mark, geb. 3
Mark.]

               Druck von Oscar Brandstetter in Leipzig.





End of the Project Gutenberg EBook of Mnais und Ginevra, by Heinrich Mann

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