Am Rhein

By Heinrich Hubert Kerp

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Title: Am Rhein


Author: Heinrich Hubert Kerp

Release date: February 5, 2024 [eBook #72878]

Language: German

Original publication: Bielefeld: Velhagen & Klasing, 1908

Credits: Peter Becker, Marc-André Seekamp and the Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net


*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK AM RHEIN ***

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  | Anmerkungen zur Transkription                                    |
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  | Gesperrter Text ist als ¯gesperrt¯ dargestellt, Antiquaschrift   |
  | als ~Antiqua~.                                                   |
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                                                  Land und Leute

                                                   Monographien
                                                   zur Erdkunde




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                       In Verbindung mit Anderen
                      herausgegeben von A. Scobel


                                  10

                               Am Rhein


                                 1908
                         Bielefeld und Leipzig
                     Verlag von Velhagen & Klasing




                               Am Rhein

                              von H. Kerp

               Mit 192 Abbildungen nach photographischen
                  Aufnahmen und einer farbigen Karte
                            Zweite Auflage

                            [Illustration]

                                 1908
                         Bielefeld und Leipzig
                     Verlag von Velhagen & Klasing


                Druck von Fischer & Wittig in Leipzig.




Inhalt.


                                                                   Seite

     I.  Einleitung                                                    3

    II.  Zur geologischen Einführung                                   6

   III.  Das Mainzer Becken, der Rheingau und der Taunus              18

    IV.  Das Rheintal von Rüdesheim bis Coblenz                       48

     V.  Der Hunsrück nebst dem Nahe-, Saar- und Moseltale            78

    VI.  Das Rheintal von Coblenz bis Bonn                           110

   VII.  Der Westerwald nebst dem Sieg- und Lahntale und
         das Siebengebirge                                           130

  VIII.  Die Eifel                                                   157

    IX.  Die Kölner Bucht und das Bergische Land                     164

     X.  Der rheinische Weinbau                                      185


         Literatur                                                   193

         Verzeichnis der Abbildungen                                 194

         Register                                                    197

         Karte der Rheinlande.

[Illustration: Abb. 1. Rolandseck, Nonnenwerth und Siebengebirge.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 123.)]




I. Einleitung.


[Sidenote: Einleitung.]

Am Rhein! Welche Fülle von Vorstellungen, von Gedanken und Empfindungen
wird beim Klange dieses Wortes in uns geweckt! Das Auge schaut
herrliche Landschaftsbilder, die neben dem Schönsten auf Erden noch in
Schönheit strahlen; das Ohr lauscht den weihevollen Rheinliedern, die
von dem Tiefsten, was die deutsche Brust gefühlt, sprechen, die bald
von klagendem Schmerz, bald von stolzer Siegesfreude erzählen oder
in den Traum der Sage den Übermut eines fröhlichen Lebens mischen;
und der Geist, der die Spuren des Raumes und der Zeit gleich schnell
durchmißt, faßt all das Große und Schöne, das Ernste und Heitere, was
die Vergangenheit brachte, was die Gegenwart bietet und die Zukunft zu
erhoffen läßt, zusammen und weiht den Strom, der Deutschlands Stolz
und seines Landes Schönheit ist, zu einem Sinnbild, das alle deutschen
Lande und alle deutschen Bruderstämme mit dem Bande ewiger Einigkeit
und Treue umfaßt. Das ist der Rhein, und das bedeutet sein Name, und
so wird auch sein Name überall, nicht bloß im deutschen Vaterlande,
sondern auch in der übrigen Welt verstanden und gedeutet. Darum lockt
er die Menschen, führt fröhlich sie von Ort zu Ort, von Stadt zu Stadt
und läßt traurig sie weiter ziehen. Für Tausende und Millionen aber
bleibt er ein ewiger Traum, der nie sich erfüllen ließ, ein Traum, der
selbst bei anderen Völkern lebt, zu denen die Wellen der geheimnisvoll
plaudernden Myth’ und Sage, der laut redenden Geschichte schlugen und
des schönen Rheinlands begeisternde Kunde drang. Davon ein Beispiel!

Es war am Empfangsabende des Internationalen Geologen-Kongresses
zu Petersburg im Jahre 1897. In einem großen Restaurant in der
Demidowstraße hatten sich die Teilnehmer aus aller Herren Ländern
eingefunden. Das war für viele ein frohes Wiedersehen! Das
Stimmengewirr der zahlreichen Gruppen, die sich an den Tischen und
dem reichgedeckten Büfett gebildet hatten, durchdrang die gastlichen
Räume. Im frohen Austausch der Reiseerinnerungen und der weiteren
Reisepläne und im Auffrischen früherer Lebensbeziehungen vergingen
schnell, nur zu schnell, die schönen Stunden. Meine älteren deutschen
Reisefreunde wollten sich nun, gegen Mitternacht, verabschieden, und
den protestierenden jungen russischen Herren, die in liebenswürdiger
Weise uns an unserem Tische Gesellschaft geleistet hatten, wurde ich
als jüngster zurückgelassen, als das Opfer einer angenehmen Pflicht.
Wir rückten die Stühle näher zusammen und plauderten weiter. Ich
pries die gastliche Aufnahme, die uns in Rußland bereitet wurde, und
meine frohgestimmten Tischgenossen wollten wissen, in welchem Teile
Deutschlands ich wohne. Und als ich sagte: „Ich wohne am Rhein!“ da
riefen alle wie aus einem Munde: „O, so erzählen Sie uns vom Rhein!“
Und ich erzählte von meinem Heimatlande mit der Begeisterung, die der
Vater Rhein mir in das Herz gelegt hat, und mit dem Feuer, das ich
in den Augen der jungen Russen auflodern sah. Ich pries den stolzen
Strom mit seinen grünen Wellen, die Berge, die, rebenbekränzt, die
alten Burgen tragen, die rheinischen Städte, deren gewaltige Dome im
Rheine sich spiegeln, die freundlichen Dörfchen, die überall, manche
umschattet von Obsthainen, die Ufer des Stromes säumen, und auch die
rheinischen Mädchen und Frauen, die den fremden Wanderer von der hohen
Burgruine herab grüßen, wenn er muß scheiden aus solchem Paradies. Als
die Begeisterung überquoll, da erklangen Rheinlieder, fern am Strande
der Newá, beim lustigen Klang der Gläser, die mit kaukasischem Wein
gefüllt waren.

Wir saßen noch lange. Als wir endlich schieden, da fühlten auch die
jungen Russen etwas von jener Sehnsuchtsstimmung nach dem Vater Rhein,
die jeden Rheinländer erfaßt, wenn er in anderen Erdenländern weilt.
So oft ich noch von einer weiten Reise zurückkehrte, war es mir beim
Anblicke des stolzen Stromes, wenn wieder die Türme des Kölner Doms vor
mir erschienen und der Zug polternd über die Rheinbrücke fuhr, als
hätte ich etwas Verlorenes wieder gewonnen. Und nach meiner Ankunft in
Bonn war gewöhnlich mein erster Gang an den Rhein und auf den Alten
Zoll, wo ich die Sieben Berge grüßen konnte. Am ersten freien und
schönen Nachmittage aber fuhr ich auf einem der stolzen Rheindampfer
stromaufwärts, als müßte ich mich überzeugen, ob all die Herrlichkeit
noch da wäre.

[Illustration: Abb. 2. Das Kölner Dombild. Altargemälde von Meister
Stephan. (Zu Seite 5 u. 171.)]

Diese einleitenden Worte mögen dem freundlichen Leser sagen, mit
welch freudigen Gefühlen ich der Aufforderung, für die Sammlung
geographischer Monographien die Bearbeitung des Rheins und des
Rheinischen Schiefergebirges zu übernehmen, nachgekommen bin. War ich
doch durch den Stoff ausgezeichnet vor allen anderen! Durfte ich doch
den Strom schildern und preisen, um den zwischen den Völkern so oft
und so heiß gestritten worden ist, der durch die Weihe der Geschichte
für jeden Deutschen zum heiligen Strom geworden ist, so daß der Klang
seines Namens heute das Losungswort, das Triumphgeschrei deutscher
Einigkeit, Freiheit und Stärke bedeutet.

[Illustration: Abb. 3. Frankfurt im 17. Jahrhundert (nach Merian). (Zu
Seite 20.)]

Wie ich an jenem Abende in Petersburg in einer frohen Stunde den
jungen Russen -- es waren Studenten der Bergakademie und Anthropologen
-- von der Herrlichkeit des Rheines erzählen durfte, so möchte ich
auch dem freundlichen Leser von Land und Leuten am Rhein wenn auch
kein vollständiges, so doch ein in seiner Eigenart ausgeprägtes Bild
zu geben versuchen. Es ist das Bild einer ruhmreichen Vergangenheit
und einer nicht weniger glanzvollen Gegenwart, ein Bild, dessen
einzelne Züge durch Sage und Dichtung so verklärt sind, daß uns Wonne
umgibt fast überall, wohin wir schauen. Wir sehen in den Städten die
herrlichen Dome ragen, und andachtsvoll betreten wir die Stätten,
wo hochvollendete Kunstschöpfungen zu Thronen des Himmlischen und
Göttlichen wurden. Wir durchwandern die einzelnen Blütezeiten der
rheinischen Kunst, im Geiste und in der Wirklichkeit. Aus den
Gräbern steigt das glänzende Bild der römischen Kultur mit seinen
Lagern, Kastellen, Brücken, Straßen, Wasserleitungen, Tempeln und
reichgeschmückten Landhäusern; wir schauen das Bild der Frankenzeit
mit seinen Königshöfen oder Pfalzen und den ältesten christlichen
Gotteshäusern; reicher, in staunenerregender Fülle entfaltet sich
uns der Kulturschmuck des eigentlichen Mittelalters, der Zeit, die
die herrlichen Dome schuf, die von dem gemütvollen romanischen
Baustile nach interessanten Übergängen fortwanderte zur stolzen,
himmelanstrebenden Gotik, die auch die prächtigen Burgen auf die
Rebenhöhen setzte und die reichgeschmückten Rathäuser in den Städten
baute, die ferner durch Künstlerhand wertvolle Skulpturen und
geschätzte Malereien (Abb. 2) entstehen ließ; endlich, nach einer Zeit
traurigen Verfalls, sehen wir, in einer glücklichen Gegenwart, eine
neue Blütezeit der Kultur anbrechen, eine Zeit, die mit Verständnis
das Alte durchforscht und wie ein Schatz hütet und wahrt, die
zugleich neue Züge dem Gesamtbilde zufügt und es besonders mit den
menschenbeglückenden Wunderwerken der neuzeitlichen Technik ausstattet.
Einem kräftig pulsierenden Leben sind diese Neuschöpfungen menschlichen
Könnens vornehmlich gewidmet, einem Leben, in dem ein rühriges Streben
mit rheinischem Frohsinn so glücklich sich paart, wie es wohl auch in
den früheren Kulturzeiten, die das rheinische Land schaute, gewesen
ist und in dem sonnigen Lande der Reben auch nicht anders sein kann.
Dorthin mögen die freundlichen Leser froh mit mir wandern, möge auch
der rheinische Dichter Karl Simrock zurück uns winken mit den launigen
Worten:

  „An den Rhein, an den Rhein, zieh’ nicht an den Rhein,
  Mein Sohn, ich rate dir gut!“

[Illustration: Abb. 4. Frankfurt, von Sachsenhausen gesehen.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 20.)]

Von der alten Kaiserstadt Frankfurt am Main und vom alten goldenen
Mainz soll die Wanderung uns führen durch die Rebengefilde des
Rheingaues, durch das herrliche Rheintal selbst und durch die nicht
minder schönen Nebentäler der Nahe, der Saar, der Mosel, der Lahn,
der Ahr, der Sieg und der Wupper, sowie durch die schönsten Gegenden
des Rheinischen Schiefergebirges, durch das jene Täler tiefe Furchen
gezogen haben, bis hin nach Düsseldorf, der jung strahlenden Kunststadt
am Rhein, und nach Aachen, der alten Kaiserstadt.

[Illustration: Abb. 5. Der Kaisersaal im Römer zu Frankfurt.

Nach einer Photographie von Ludwig Klement in Frankfurt. (Zu Seite 20.)]




II. Zur geologischen Einführung.


[Sidenote: Geologische Einführung.]

Zwar bedarf es nicht unbedingt der Führung eines Naturforschers, um die
Schönheit, mit der die Oberfläche der Erde geschmückt ist, zu empfinden
und zu genießen. Anderseits bin ich auch nicht der umgekehrten
Ansicht, daß beim Genießen des Schönen der Verstand fernzuhalten sei
als ein Störenfried, der manche Empfindungen, naive des Volkes, die
aber von der Poesie geliebt werden, verscheuchen könnte. Herz und
Verstand vertragen sich in den meisten Menschen recht gut miteinander,
und für Empfindungen, die beim Fragen nach verborgenen Ursachen
flüchten, melden im Herzen sich andere, die sicheren Ursprung haben
und unser Gefühlsleben noch wärmer anhauchen. Auch die Geologie oder
Erdgeschichte, die manches Überlieferte, so auch den Drachen, der einst
am Drachenfels hauste, zur Fabel macht und manches Teufelswerk in der
Natur einer phantasieärmeren Wirklichkeit zurückgibt, entschädigt uns
reichlich, indem sie uns in dem Antlitz der Erde lebensvolle Züge
zeigt, die wir vorher nicht kannten, nicht sahen und nicht suchten. Es
wird uns, als wenn ein Marmorbild zu leben begänne. Der starre Fels, er
haucht Leben, indem er uns sagt, wie er geworden, seine Schichten, so
innig sie verbunden sind, entfliehen in verschiedene, weit voneinander
entfernte Zeiten, das verbrannte Gestein des Kraters beginnt zu glühen,
und Kiese und Sande, Lehm und Ton, die so wohl gebettet sind, beginnen
zu wandern und werden ein Spiel der Fluten. Durch die unermeßlichen
Räume der Zeiten eilt der Geist, die Phantasie beginnt großartige
Bilder der Vergangenheit zu gestalten, zu denen der Verstand die
Grundlinien eines Planes fand, und unser Herz wird erfüllt von jenem
Empfinden, das dem Werden alles Großen sich beugt.

[Sidenote: Die Variskischen Alpen.]

Wenn wir so auch das Antlitz unseres schönen Rheinlandes, wie es aussah
in früheren Erd-Epochen, im Geiste zu gestalten suchen, geleitet von
namhaften geologischen Forschern, so schauen wir ein riesenhaftes
Gebirge, ein Hochgebirge, das an die heutigen Alpen erinnert. Von
dem Ostende der mittelfranzösischen Gebirgsscholle zog es sich in
einem gewaltigen Bogen über Vogesen und Schwarzwald, durch Süd-,
West- und Mitteldeutschland, um den Nordrand Böhmens herum bis zu
den Karpathen hin. Nicht bloß diese Hauptrichtung hatte es mit den
ebenfalls bogenförmig verlaufenden Alpen gemein. Es war wie diese
auch ein einseitig aufgebautes Kettengebirge, das auf der konvexen
Südseite, wo die höchsten Gipfel lagen, eine kristallinische Hauptzone,
auf der konkaven Nordseite eine breite Zone mächtig entwickelter
Sedimentgesteine besaß. Von dieser letzteren Zone des früheren
mitteleuropäischen Hochgebirges, das Sueß nach dem Lande der alten
Varisker, dem heutigen Vogtlande, Variskische Alpen genannt hat, ist
das Rheinische Schiefergebirge, durch welches später der Rhein und
seine Nebenflüsse ihre tiefen Furchen gezogen haben, der Rest eines
kleinen Gliedes, ein recht armseliger Rest; denn nur das Fundament, der
Sockel der einstigen Hochgebirgsfalten, blieb unserer Zeit erhalten,
genug noch, um daraus die Schönheit des heutigen Rheinlandes zu
gestalten.

[Illustration: Abb. 6. Der Römer und der Gerechtigkeitsbrunnen zu
Frankfurt. (Zu Seite 21.)]

Der alte Hochgebirgssockel, als den wir also das Rheinische
Schiefergebirge betrachten müssen, baut sich, wie schon der Name
andeutet, aus schiefrigem Gestein auf. Die schiefrige Struktur des
Gesteins sagt uns schon, daß es eine Meeresablagerung, ein echtes
Sedimentgestein, ist. Wo der abgelagerte Schlamm sehr tonreich war,
entstand der eigentliche Schiefer, dessen reinste Form der schwarzblaue
Dachschiefer, wie er z. B. bei Caub gewonnen wird, ist; wo er stärker
mit Sand gemischt war, bildete sich ein Gestein, das wegen seiner
grauen Färbung Grauwacke genannt wird. Schiefer und Grauwacke sind die
beiden Hauptgesteinsarten Rheinlands; aber zahlreiche andere Gesteine,
Kalk, Sandsteine, ältere und jüngere Eruptivgesteine usw. kommen in
ihm noch vor, und indem wir ihre Altersfolge festzustellen suchen,
lernen wir die Wandlungen kennen, die dieses Gebiet durchgemacht hat,
wie es sich hob und senkte, wie seine Oberflächenformen entstanden und
verschwanden, welchen Lauf die Gewässer nahmen und schließlich das
heutige Bild schufen.

[Sidenote: Urzeit. Devon.]

Die ältesten Sedimentgesteine der Erde, die sich nach der Urzeit, nach
der Bildung einer festen Erdkruste um einen feurigen Kern, in den
Zeitperioden des Cambrium und des Silur als Ablagerungen eines Urmeeres
gebildet haben und die ersten deutlichen Spuren und Reste organischen
Lebens enthalten, treten nur im Hohen Venn und in den Ardennen, und
zwar verhältnismäßig spärlich zutage. Die älteste Kruste der Erde,
die aus den sogenannten Urgesteinen der Gneis- und Granitgruppe
gebildet wird, erscheint im ganzen Gebiete nirgendwo an der Oberfläche.
Daß diese Unterlage aber nicht fehlt, wird durch die zahlreichen
Einschlüsse von archäischen Gesteinen, von Granit, Diorit, Gneis,
Granulit, Glimmerschiefer usw. in den vulkanischen Tuffen, Basalten und
Laven des Laacher Sees, des Siebengebirges usw. bewiesen. Es kann nur
angenommen werden, daß sie bei den vulkanischen Ausbrüchen aus großer
Tiefe abgerissen und mit an die Oberfläche gefördert wurden. Im Hohen
Venn zeigte sich bei einem Bahnbau, daß dort Granit sogar bis nahe an
die Oberfläche reicht.

[Illustration: Abb. 7. Haus Frauenstein und Salzhaus am Römerberg in
Frankfurt.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin.

(Zu Seite 21.)]

[Sidenote: Devonische Gesteine.]

Die Hauptgesteinsmasse des Rheinischen Schiefergebirges entstand in
der Erd-Epoche, die der silurischen Zeit folgte und den Namen Devon
erhalten hat. Dieselbe wurde benannt nach der englischen Grafschaft
Devonshire, weil sie dort vom englischen Geologen Murchison zum ersten
Male als ein selbständiges Glied der Erdrinde nachgewiesen wurde.
Bei der geologischen Erforschung des Rheinischen Schiefergebirges
zeigte sich, daß sie in diesem Gebiete viel vollständer entwickelt
ist. Sie könnte also zutreffender als Rheinische Formation bezeichnet
werden. Das Devon wird in drei Unterglieder, in das Unter-, Mittel-
und Oberdevon, eingeteilt. Von diesen ist das älteste Glied, das
Unterdevon, am mächtigsten entwickelt. Ihm gehören die Tonschiefer
und Grauwacken, ferner der noch ältere Taunusquarzit, der besonders
im Taunus und Hunsrück eine wichtige Rolle spielt, und als älteste
Gesteine die Phyllite und Sericite an. Letztere, die eine schmale Zone
am Südfuße des Taunus und des Hunsrück bilden, werden von einigen
Forschern auch für älter als devonisch gehalten. Im Vergleich zum
Unterdevon hat das Mitteldevon, wie ein Blick auf die geologische
Karte[A] uns sagt, nur eine geringe Verbreitung. Die Eifelkalke,
die bei Gerolstein als prächtige Dolomitfelsen aufragen, und die
Lenneschiefer, die zwischen der Sieg und der Ruhr verbreitet sind
und also den Boden des Bergischen Landes bilden, gehören ihr an. Das
Oberdevon ist noch viel weniger verbreitet. Schichten desselben kommen
nur in einer Kalkmulde bei Prüm in der Eifel, zwischen der Wupper und
der unteren Ruhr im Bergischen Lande, bei Aachen und in der Lahn- und
Dillgegend vor.

[Illustration: Abb. 8. Der Dom in Frankfurt.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 21.)]

Obschon die unterdevonischen Schichten die ungeheure Mächtigkeit
von etwa 3300 ~m~ besitzen, sind sie, wie aus den Versteinerungen,
die sie enthalten, als den Spuren früherer Lebewesen, geschlossen
werden konnte, in einem ziemlich seichten Meere, das mit unserer
Nordsee verglichen werden kann, abgelagert worden. Es sind jedoch nur
wenige versteinerungsreiche Bänke bekannt geworden. Um so reicher ist
die Ausbeute des Paläontologen in den mitteldevonischen Kalken und
Schiefern, die sich als Tiefseebildungen zu erkennen geben. Diese
Schichten, besonders die Kalke der Eifel, enthalten eine solche Fülle
von Versteinerungen, daß man, wie Rauff sich ausdrückt, „streckenweise
keinen Stein aufheben kann, der nicht zugleich Versteinerung wäre,
und daß beispielsweise in der Umgebung von Gerolstein, ohne jede
Übertreibung gesprochen, die Straßen tatsächlich mit Korallen und
Stromatoporen beschottert werden“. Auch die oberdevonischen Schichten
enthalten stellenweise einen großen Reichtum von Versteinerungen. Außer
zahllosen Muscheln aus der Klasse der Brachiopoden oder Armfüßler,
Korallen, Seesternen, Seelilien und krebsartigen Tieren treten im
Devon zum ersten Male auch Fische und Ammoniten auf. Die Fische hatten
sämtlich ein knorpeliges Skelett gleich den Haifischen und Stören der
Gegenwart, weshalb von ihnen nur wenig erhalten ist.

Als sich die devonischen Schichten ablagerten, fanden gleichzeitig
viele submarine Ausbrüche von vulkanischem Gestein, von Diabasen und
Aschen statt; die Schalsteine der nassauischen Gegenden haben diesen
Ursprung. In Verbindung mit Kalksteinen bewirkten sie sekundär die
Entstehung von Eisenerzen, besonders von Roteisensteinen, so daß im
Nassauischen und in Westfalen ein bedeutender Eisenbergbau begonnen
werden konnte.

[Illustration: Abb. 9. Goethe-Haus in Frankfurt.

Nach Luib, Der Taunus. Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung in
Frankfurt a. M. (Zu Seite 22.)]

[Sidenote: Die Steinkohlenzeit.]

Auf die devonische Zeit folgte die Karbon- oder Steinkohlenzeit.
Sie schuf die Ablagerungen, die das Rheinische Schiefergebirge im
Norden, Osten und Südwesten säumen, im Norden in langer Ausdehnung von
Valenciennes in Frankreich bis nach Marsberg in Westfalen, von da am
Ostrande des Devon nach Süden herumgreifend bis über Wetzlar hinaus,
im Südwesten auf kleinerem Raume an der Saar und oberen Nahe. Wir
unterscheiden ein Unterkarbon und ein Oberkarbon oder das produktive,
d. h. von Kohlenflözen erfüllte Steinkohlengebirge. Jenes ist in
Belgien als Tiefseebildung in einer ungeheuren Mächtigkeit, östlich vom
Rhein aber als Flachseebildung entwickelt, letzteres haben wir überall
als die Ablagerung eines sehr seichten Meeres, in dessen Buchten sich
ein ungemein üppiges Pflanzenleben entfalten konnte, aufzufassen.

[Illustration: Abb. 10. Goethe-Denkmal in Frankfurt.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 22.)]

[Sidenote: Entstehung der Gebirge.]

Schon die bandartige Ablagerung der karbonischen Schichten an den
Rändern des Rheinischen Schiefergebirges sagt uns, daß dieses zu
jener Zeit anfing, sich aus den Fluten des Meeres herauszuheben,
zusammen mit dem gewaltigen Hochgebirge, den Variskischen Alpen,
von denen wir eingangs sprachen. Dies führt uns zu der Frage, wie
wir uns die Entstehung der riesigen Gebirge, die in früherer Zeit
hervorragten und wieder verschwunden sind oder, jüngeren Ursprungs,
noch heute die Oberfläche der Erde schmücken, zu denken haben. Manche
Theorien sind hierüber aufgestellt worden. Die Katastrophentheorie,
der auch noch Humboldt huldigte, ist längst abgelöst worden von
der Kontraktionstheorie, die von Lyell begründet und von Heim und
Sueß weiter ausgebildet wurde und den großartigsten Vorgang der
Gebirgsbildung, die Entstehung der riesigen Ketten- oder Faltengebirge,
als Wirkung eines langsameren, aber allmählich immer stärker werdenden
Seitenschubs erklärt. Die fortschreitende Abkühlung der Erde ist
die letzte Ursache dieses Vorgangs, bei dem die oberen Erdschichten
immer stärker in Falten gelegt und zu Falten aufgebogen werden.
Im Rheinischen Schiefergebirge sind die einstigen Falten zum Teil
nachgewiesen worden. Sie bildeten zahlreiche Gebirgszüge, die, wie am
Oberflächenbilde stellenweise noch heute sichtbar ist, von Südwesten
nach Nordosten strichen. Namentlich drei große Faltenbewegungen wurden
wirksam. Zuerst wurde das Hohe Venn aufgebogen, dann folgte die
Auffaltung des Taunus und Hunsrück und daran schloß sich unmittelbar
die Aufwölbung der Eifelfalte. Jede dieser Hauptfalten war von
zahlreichen Nebenfalten begleitet. Der Druck kam vorwiegend von
Südwesten; doch sind auch Wirkungen einer quer hierzu gerichteten
Druckbewegung, besonders in der Eifel, zu erkennen. Die karbonischen
Schichten bei Aachen sind noch mitgefaltet worden, ein Beweis, daß bei
ihrer Ablagerung die Faltenbewegung noch nicht begonnen hatte, die des
Saargebiets dagegen nicht mehr. Die Forschungen haben ergeben, daß
sich an der Stelle, wo das Saarkohlengebirge abgelagert wurde, eine
wohl 5000 ~m~ tiefe Senke zwischen dem Hunsrück im Nordosten und einer
anderen Hochgebirgskette im Südwesten befand. Die Gewässer, die von
den beiden Gebirgen mit wildem Sturze herniederflossen, führten große
Massen Quarz und Schiefergeröll mit sich fort und füllten allmählich
die Senke aus. Ein großer Teil des Steinkohlengebirges, das so
entstand, wurde in der dann folgenden Permzeit von den Ablagerungen
des Rotliegenden überdeckt. Der ganze Ost- und Südrand des Rheinischen
Schiefergebirges war in dieser Zeit wieder unter den Meeresspiegel
geraten, bis zur Mosel hin, wo noch kleine Reste des Rotliegenden,
die der Reisende auf der Fahrt von Trier nach Coblenz auf der ersten
Strecke schaut, erhalten sind.

[Sidenote: Die späteren Erd-Epochen.]

In der nächsten Erd-Epoche, der Triaszeit, dauerte das Tiefersinken des
Gebietes fort. Immer weiter dehnte sich in dem früheren Gebirgslande
wieder die Herrschaft des Meeres aus, und mit neuen Ablagerungen
bedeckte dieses den alten Gebirgsrumpf. Auch das Jurameer flutete
wahrscheinlich noch über weiten Gebieten. In der nachfolgenden
Kreidezeit dagegen war der größte Teil des Rheinischen Schiefergebirges
wieder trockengelegt. In der Tertiärzeit gab es noch eine seichte
Meeresbucht, das sogenannte Mainzer Becken, mit einem reichen
Tierleben. Dann folgten zahlreiche Süßwasserbildungen, Geröll-, Sand-,
Ton- und Braunkohlenablagerungen, auf seiner Oberfläche, besonders
auf den eingesunkenen Schollen des Neuwieder und Limburger Beckens,
sowie des Mainzer Beckens im Süden und der Kölner Bucht im Norden,
begannen ferner die zahlreichen vulkanischen Ausbrüche, die bis in das
Diluvium fortdauerten und die Vulkanberge der Eifel, die Basaltkuppen
des Westerwaldes und vor allem die schöne Berggruppe des Siebengebirges
schufen.

Wir verfolgten die Landbildungen, die auf dem Raume des Rheinischen
Schiefergebirges in den verschiedenen Erd-Epochen vor sich gingen, und
es bleibt uns noch die andere Aufgabe, auch die Vorgänge zu verfolgen,
durch die das mächtige Hochgebirge und auch manche der später auf
seinem Sockel wieder abgelagerten Erdschichten wieder zerstört und
abgetragen wurden. Hierbei wird sich vor unseren Augen zum Schlusse das
jetzige Oberflächenbild des Rheinischen Schiefergebirges gestalten.

Wie alle Gebirge, besonders die hoch gehobenen Faltengebirge, die mit
starkem Gefälle fließende Gewässer hinabsenden, so unterlagen auch
die alten Faltenzüge des jetzigen Rheinischen Schiefergebirges gleich
nach ihrer Aufrichtung einer starken Zerstörung und Abtragung. Wieviel
letztere bisher betragen hat, darüber sind erst wenige Berechnungen
gemacht worden. Cornet und Briort veranschlagen in ihren Arbeiten über
das belgische Karbon das Maß der Abtragung bei Namur auf 5000–6000
~m~. Dies gibt uns eine annähernde Vorstellung, mit welchen Kräften
und Leistungen wir bei der Zerstörung der Gebirge zu rechnen haben.
Auch der Vergleich mit den viel jüngeren Alpen dürfte geeignet sein,
eine anschauliche Vorstellung hierüber zu geben. Von ihrer stolzen
Höhe büßten sie nach den Berechnungen von Professor Heim in Zürich in
einem verhältnismäßig noch kleinen Zeitabschnitte ein Drittel ein,
und für das heute noch 4280 ~m~ hohe Finsteraarhorn, den höchsten
Berg der Berner Alpen, betrug die Höhenabnahme mindestens 1000 ~m~ an
Sedimentgestein und eine nicht bestimmbare Höhe an kristallinischem
Schiefer.

[Illustration: Abb. 11. Die Börse in Frankfurt.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 23.)]

Die schnelle Zerstörung, welche das alpenartige Gebirge jedenfalls in
der ersten Zeit nach seiner Auffaltung erfahren hatte, verlangsamte
sich, als schon in der Permzeit das ganze Gebiet sich zu senken begann.
Aber eine andere Zerstörungsweise setzte mit diesem Zeitpunkte ein.
Das Meer umbrandete das Gebirge und überflutete es teilweise, wie die
Ablagerungen des Rotliegenden, des Buntsandsteins und noch jüngerer
Erdschichten beweisen. Das gewaltige Zerstörungswerk der Meeresbrandung
können wir an heutigen Küsten beobachten. Sie hobelt gleichsam das Land
allmählich gleichmäßig ab, so daß, wenn sich später das Meer wieder
zurückzieht, eine fast ebene Fläche zum Vorschein kommt. Besonders
dürfte das Buntsandsteinmeer die Abnagung und Einebnung weiter Gebiete
des Rheinischen Schiefergebirges bewirkt haben.

[Sidenote: Ausbildung der heutigen Formen.]

Als die Schwankungen der Meeresgrenzen aufhörten und das Rheinische
Schiefergebirge in seinem heutigen Umfange wieder als trockenes Land
heraustrat, wurde seine Oberfläche von neuem modelliert, und zwar
um so stärker, je höher sie gehoben wurde. Sie schmückte sich mit
neuer Schönheit, indem weiches Gestein fortgeschwemmt wurde, härteres
aber stehen blieb, und indem die heutigen Gewässer ihre Täler tief
eingruben. Die zahlreichen Bergrücken, welche den sonst einförmigen
Hochflächen des Rheinischen Schiefergebirges heute noch aufgesetzt
sind, wie die Taunuskette, der Soon-, Idar-, Hoch- und Errwald auf
dem Hunsrück, der Kondelwald, die Schneifel u. a. auf der Eifel usw.
sind nur Reste härterer Gesteinsschichten, stellen aber durchaus
nicht mehr die früheren Faltenzüge dar. Sie bestehen aus dem harten
Quarzit, der der Verwitterung besser als die Schiefer-, Grauwacke- und
Sandsteinschichten widerstand. Die Hauptachse der Taunus-Hunsrückfalte,
die früher eine ununterbrochene Gebirgskette darstellte, lag z. B.
südlich von der jetzigen höchsten Erhebungslinie und wird durch
die dort auftretende schmale Zone der stark abgetragenen Phyllite
und Sericite bezeichnet. Auch die Porphyr- und Melaphyrfelsen der
Nahegegend, ferner die überaus zahlreichen Vulkanberge, besonders
Basaltkuppen der Eifel, des Westerwaldes und des Siebengebirges, sowie
die Kalkfelsen bei Gerolstein in der Eifel verdanken ihr jetziges
stattliches Hervortreten meist nur dem Umstande, daß sie von der sie
umgebenden weicheren Gesteinshülle allmählich entblößt wurden.

[Illustration: Abb. 12. Eschenheimer Turm in Frankfurt.

Nach Luib, Der Taunus. Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung in
Frankfurt. (Zu Seite 23.)]

[Sidenote: Bildung der Flußtäler.]

Die heutige Talbildung des Rheinischen Schiefergebirges hat ihren
Anfang wohl erst gegen Ende der Tertiärzeit, in der Pliocänzeit,
genommen. Allmählich haben der Rhein und seine Nebenflüsse, die Mosel,
die Lahn, die Nahe, die Sieg, die Ahr und die Wupper, ihr Bett bis
zur jetzigen Tiefe ausgenagt und dadurch die große Gebirgsscholle
in mehrere kleinere zerlegt. In bedeutender Höhe der Täler finden
wir die Spuren ihres früheren Laufes. Am deutlichsten sind die alten
Flußterrassen im Rheintal ausgebildet, doch fehlen sie auch im Tal
der Mosel und in den Tälern der anderen Flüsse nicht. Im Rheintal ist
eine Hoch- und eine Niederterrasse nachzuweisen. Jene liegt etwas
nördlich von Coblenz in einer Höhe von 245, bei Linz von 200, auf der
Erpeler Ley von 150 und auf dem kleinen Krater des Rodderberges bei
Rolandseck von 130 ~m~ über dem jetzigen Rheinspiegel; sie setzt sich
mit abnehmender Höhe auch durch die Kölner Bucht als Schotterfläche
der Ville, ja bis nach Cleve und Nimwegen hin fort. Diese Hochterrasse
zu beiden Seiten des Tales ist der Rest des ehemaligen, sehr breiten
Strombettes. In dieses begann sich der Rhein später tiefer einzugraben.
Er zog hierbei von selbst seine Wassermasse enger zusammen. Tiefer
sank sein Spiegel, seine steilen Uferwände wurden immer höher und
wuchsen allmählich zu Bergen, auf denen in der Höhe die aus mächtigen
Schottermassen bestehende Terrasse zurückblieb. Außer dieser obersten
Hauptterrasse kommen an den Talwänden auch kleinere Hängeterrassen vor.
Die Niederterrasse, eine untere Hauptterrasse, liegt in einer Höhe von
20–30 ~m~ über dem jetzigen Wasserspiegel und bezeichnet wieder ein
längeres Verweilen des Stromes in seinem Bette. Dann begann er, sich
sein heutiges Bett zu graben.

[Illustration: Abb. 13. Das Opernhaus in Frankfurt.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 23.)]

[Illustration: Abb. 14. Der Palmengarten in Frankfurt.

Nach Luib, Der Taunus. Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung in
Frankfurt. (Zu Seite 23.)]

[Illustration: Abb. 15. Im Palmenhause des Frankfurter Palmengartens.
(Zu Seite 23.)]

Zu diesem tiefen Einnagen kann der Strom, wie schon erwähnt wurde, nur
durch eine langsame Aufwärtsbewegung des Rheinischen Schiefergebirges
veranlaßt worden sein. Diese Aufwärtsbewegung war keine gleichmäßige,
sondern ging bald langsam, bald schneller vor sich. Es hätte sonst
eine Terrassenbildung nicht stattfinden können. Die Tatsache, daß die
Quelle bzw. der Oberlauf der außerhalb des Rheinischen Schiefergebirges
entspringenden Flüsse, der Saar, der Mosel, des Rheines (sein Lauf
durch die Oberrheinische Tiefebene) jetzt tiefer liegen als die
höchsten Spuren der alten Stromläufe, könnte auch so erklärt werden,
daß jene außerhalb gelegenen Gebiete später eingesunken und die
genannten Gewässer gezwungen worden seien, ihr Wasser aufzustauen,
um schließlich über die Hochflächen des Rheinischen Schiefergebirges
einen Abfluß zu finden. Die gleichzeitige Annahme von Spalten in
letzterem erleichtert diese Erklärungsweise, nach der das Rheintal und
seine Nebentäler nur als einfache Erosions-, d. h. Ausnagungstäler
aufzufassen seien. Führen wir aber, wie es oben geschah, ihre
bedeutende Vertiefung auf ein späteres langsames Emporsteigen des
Rheinischen Schiefergebirges zurück -- und hierzu sind wir gezwungen,
um den beiden Tatsachen, der früheren teilweisen Überflutung des
Gebiets durch das Tertiärmeer und der Terrassenbildung gerecht zu
werden --, so haben wir eine kompliziertere Talbildung vor uns, die
man die vorausgehende nennt. Diese Bezeichnung will andeuten, daß
der Beginn der Talbildung der Gebirgserhebung vorausgegangen war,
wenn sie auch durch diese erst zum schnellern Fortschreiten angeregt
wurde. Wir brauchen in diesem Falle keine großen Spaltenbildungen,
die den Gewässern den Weg wiesen, anzunehmen. Solche konnten sicher
bisher auch nur auf wenigen Strecken des Rheintales und seiner
Nebentäler nachgewiesen werden. Einem Gebirgsspalt folgt der Rhein z.
B. auf der Strecke von Braubach unterhalb Boppard bis Coblenz. Die
Deutung der Täler des Rheinischen Schiefergebirges als vorausgehende
Talbildungen schließt aber durchaus nicht aus, daß die außerhalb
entspringenden Gewässer, also Rhein, Mosel und Saar, in früherer Zeit
vor Eintritt in das Gebiet ihr Wasser seeartig aufgestaut haben,
wofür besonders hinsichtlich des Rheinlaufs, der das Mainzer Becken
und einen großen Teil der Oberrheinischen Tiefebene füllte, Beweise
vorhanden sind. Diese Aufstauung mußte sogar in dem Maße stattfinden,
als die Talvertiefung hinter der Aufwärtsbewegung des Rheinischen
Schiefergebirges zurückblieb. Auch die eingesunkenen oder in der
Aufwärtsbewegung zurückgebliebenen Schollen innerhalb des Gebietes, wie
das Limburger und Neuwieder Becken und die Kölner Bucht, blieben noch
lange Zeit von Wasserfluten bedeckt, bis sie sich mit dem Fortschreiten
der Talbildung allmählich entleerten. Der Rhein und seine Nebenflüsse
begannen ihre Talbildung in den überlagernden, aber wieder abgetragenen
Schichten und setzten sie ohne Rücksicht auf den Gebirgsbau der
unterlagernden Schichten fort, so daß man auch von epigenetischen
oder aufgelagerten Tälern sprechen kann. Von der Pliocänzeit bis zur
Diluvialzeit, und zwar bis etwa zu den letzten Abschnitten der Eiszeit,
in der auch schon der Mensch am Rheine wohnte, war beinahe diese ganze
Erosionsarbeit der Flüsse geschehen; denn der aus der letztgenannten
Zeitepoche stammende feinerdige Löß bekleidet vielfach die Gehänge der
Täler, besonders des Rheintales, fast bis zur Niederterrasse herab.

[Illustration: Abb. 16. Kurfürstliches Schloß in Mainz. (Zu Seite 29.)]

[Illustration: Abb. 17. Innere Ansicht der Stadthalle in Mainz. (Zu
Seite 30.)]

[Illustration: Abb. 18. Mainz.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 23.)]

[Footnote A: Geologische Übersichtskarte der Rheinprovinz und der
Provinz Westfalen, bearbeitet von H. v. Decken. -- Geologische
Übersicht von Mitteleuropa in Andrees Handatlas, ~V.~ Aufl. S. 37 38.]




III. Das Mainzer Becken, der Rheingau und der Taunus.


Die nördlichen Gegenden der Oberrheinischen Tiefebene, deren unterster
Schlußteil das fruchtbare Mainzer Becken bildet, „behaupten,“ so sagt
Kutzen, „vor den meisten Abschnitten unseres Vaterlandes, ja vor den
meisten Flußtalstücken unseres ganzen Erdteils den Vorrang. Während
zweier Jahrtausende waren sie ein Hauptschauplatz weltgeschichtlicher
Ereignisse und insbesondere auch der Entwicklung des deutschen Volkes;
denn gerade hier tummelten sich von jeher die Eroberer und Völker, von
den Zeiten Ariovists und Cäsars bis zu dem Cäsar der Neufranken und
seinen Gegnern. Kelten und Germanen, Römer und Hunnen, Schweden und
Spanier, Russen und Franzosen versuchten sich hier gegeneinander und
düngten mit ihrem Blute das Land, das, oft verwüstet, immer wieder
zu neuer Blüte sich erhob. Hier gingen bei weitem die Mehrzahl der
großen weltgeschichtlichen Völkerzüge über den Rhein und ließen ihre
Spuren zurück, wie auch das herrliche Land selbst stets der Zankapfel
der Völker war. An diesen Rheinufern blühten die Reiche der Burgunder
und Nibelungen auf und später Deutschlands schöne Pfalzgrafschaft. An
ihnen wuchsen jene Städte des Reiches, die Blüte deutschen Lebens,
in deren Mauern entscheidende Reichs- und Kirchenversammlungen
gehalten, Kaiser gewählt, gekrönt und in die Gruft gesenkt, Künste und
Wissenschaften gepflegt, bedeutsame, ja auf die ganze Zivilisation
umgestaltend einwirkende Erfindungen, z. B. die Buchdruckerkunst in
Straßburg und Mainz, gemacht und Handelsgeschäfte im großartigsten
Maßstabe gehandhabt wurden. Noch stehen als Zeugen einer gewaltigen
Vergangenheit die hohen Dome und ragen mit ihren Türmen und Zinnen
ehrfurchtgebietend ins weite Land hinein, von Berghöhen schauen ernste
Ruinen zur Ebene herab und reden von dunklen Sagen uralter, kaum
zu ergründender Tage oder von jener großen Zeit, wo die Gaue des
Oberrheins noch der Mittelpunkt des Deutschen Reiches waren, wo sich
alle Macht und Kraft, aller Reichtum, alle Kunst des germanischen
Volkes hier konzentriert hatte. Das alles ist anders geworden; aber das
schöne Land ist geblieben, um so inniger umschweben jene Erinnerungen
den Wanderer und erhöhen sein Interesse für dasselbe.“

[Illustration: Abb. 19. Der Dom in Mainz, vom Markt gesehen. (Zu Seite
30.)]

[Illustration: Abb. 20. Der nördliche Kreuzarm des Mainzer Domes. (Zu
Seite 30.)]

[Sidenote: Frankfurts Lage.]

Unter den oberrheinischen Städten, die die Wiege großer Zeitereignisse
waren und in der deutschen Geschichte eine bedeutende Rolle spielten,
ragen noch heute besonders zwei hervor: Frankfurt am Main und
Mainz. Zwar liegt Frankfurt, wo wir unsere Wanderungen durch das
Land am Rhein beginnen wollen, abseits von diesem Strome. Aber
an allen Vorteilen, die derselbe als Völkerstraße darbietet, hat
die Stadt teilnehmen können, und so kann sie doch, obschon nur am
Unterlaufe eines bedeutenden Nebenflusses, des Mains, gelegen, als
eine Rheinstadt gelten. Die eigentliche Fortsetzung des großen
Grabens der Oberrheinischen Tiefebene, dem der Rheinstrom folgt,
bildet nicht das enge Rheintal, sondern die fruchtbare Landschaft
der Wetterau, die sich nördlich von Frankfurt ausdehnt. Von dort aus
öffnen sich bequeme Verbindungen nach Norden nach dem Hessenlande und
nach Nordosten nach Thüringen hin und dadurch nach dem nördlichen
und nordöstlichen Deutschland. So bildet Frankfurt die Brücke vom
Rhein, der großen Verkehrsader des südwestlichen Deutschland, zu
dem übrigen Deutschland, und dieser wichtigen Lage verdankt es die
hervorragende Rolle, die es in der Vergangenheit spielen konnte und
auch in der Gegenwart auf dem Gebiete des Handels und Verkehrs zu
behaupten vermag. Durch diese Gunst übertrifft seine Lage selbst die
des benachbarten Mainz, das von der von Süden nach Norden laufenden
Verkehrsstraße durch den Rheinstrom getrennt ist. Warum gerade die
durch Frankfurts Lage bezeichnete Stelle am Main für eine Niederlassung
bevorzugt wurde, lag in örtlichen geographischen Verhältnissen
begründet. Es war nicht bloß das zufällige Vorhandensein einer Furt,
die der Stadt den Namen „~Villa Franconofurd~“: Furt der Franken
gab, entscheidend. Ausläufer des Vogelsberges, die nur bei Frankfurt
bis an den Main heranstreichen, und eine kleine Bodenerhebung auf
dem linken Mainufer sicherten auch eine bequeme Benutzung dieser
Furt, während an anderen Flußstellen ein mehr oder weniger breites
Überschwemmungsgebiet Hindernisse bereitete. Am Mainufer, von wo aus
Frankfurt noch immer sein eigenartigstes Gesamtbild (Abb. 4) mit den
beiderseitigen Gebäudereihen, mit dem stattlichen, alles überragenden
Dom und den niedrig den Fluß überspannenden Brücken entfaltet, wird
uns die Situation, die die Gründung der Niederlassung veranlaßte,
klar. Recht bedeutend senken sich von der verkehrreichen Zeil aus die
zum Main hinführenden, meist sehr engen Gäßchen. In dem Flusse aber
schwimmen noch heute mehrere kleine Inseln, auf denen jetzt die alte
Mainbrücke ruht, die Furtstelle bezeichnend, wo die fränkischen Heere
den Main zu überschreiten pflegten. Die königliche Pfalz, die in der
Frankenzeit zu Frankfurt errichtet wurde, wird zuerst im Jahre 793
als Winteraufenthalt Karls des Großen erwähnt. Ludwig der Fromme ließ
daselbst 822 eine neue Kaiserpfalz, ~aula regia~, erbauen, vermutlich
an der Stelle, die jetzt der sog. Saalhof einnimmt. Dadurch wuchs das
Ansehen der Stadt bedeutend, 876, beim Tode Ludwigs des Deutschen, galt
sie als Hauptstadt des ostfränkischen Reiches. Von der fränkischen Zeit
an wurden in Frankfurt die deutschen Kaiser gewählt, und die Goldene
Bulle Karls ~IV.~ bestimmte, daß die Bartholomäuskirche, d. i. der Dom,
als Wahlstätte dienen sollte. Später mußte auch Aachen seinen Rang als
Krönungsstadt an Frankfurt abtreten. So wurde die freie Reichsstadt,
die durch Messen zugleich als Handelsplatz mächtig aufblühte, die
wichtigste Stadt im Deutschen Reiche, der erst später Wien als
ständiger Kaisersitz den Rang ablief (Abb. 3).

[Illustration: Abb. 21. Gutenberg-Denkmal in Mainz. (Zu Seite 31.)]

[Sidenote: Frankfurts Vergangenheit.]

Wir begrüßen es dankbar, daß Frankfurt die Stätten der Erinnerung
an seine frühere Größe und Bedeutung so treu bewahrt hat, daß wir
heute noch aus dem Kaisersaal (Abb. 5) auf den Römerberg, den
wichtigsten Platz im alten Stadtteil, hinabschauen können, wie es
der neugewählte Kaiser tat, wenn er sich nach beendetem Festmahl
auf dem Balkon der festlich versammelten Volksmenge zeigte. In dem
angrenzenden Wahlzimmer, das die Kurfürsten zu ihren Vorberatungen
benutzten, während der eigentliche Wahlakt in der Wahlkapelle des Domes
stattfand, hält noch heute der Magistrat der Stadt Frankfurt seine
Sitzungen ab. Der Kaisersaal wurde 1411 vollendet und 1838 bis 1853 neu
hergestellt. Er ist mit dem überlebensgroßen Bilde Karls des Großen,
den Brustbildern der übrigen Karolinger und den großen Kaiserbildern
von Konrad ~I.~ (911 bis 918) bis Franz ~II.~ (1792 bis 1806), mit dem
die Herrlichkeit des alten Deutschen Reiches aufhörte, geschmückt. Das
Wahlzimmer wurde 1731 bis 1732 umgebaut. 1896 bis 1898 wurde das Haus
zum Römer (Abb. 6), das diese historisch denkwürdigen Räume enthält,
nebst zwei angrenzenden Häusern mit einer neuen, etwas zu gleichartigen
spätgotischen Fassade in hoher Giebelform versehen. Die drei Häuser
liegen in einer Gruppe von zwölf Häusern, die man heute insgesamt mit
dem Namen „Römer“ zu bezeichnen pflegt. Von den übrigen, zum Teil
sehr eigenartigen Gebäuden verdienen besonders das Haus Frauenstein,
das eine bemalte Fassade im Stil des achtzehnten Jahrhunderts hat,
und das neben ihm an der Ecke der Wedelgasse gelegene Salzhaus (Abb.
7), dessen schmaler Giebel ganz aus Holz geschnitzt ist, genannt zu
werden. Vom Römerberg, auf dem, wohl auf die Kaiserwahl hindeutend, der
Justitiabrunnen steht, lenken wir unsere Schritte durch eine Straße,
die den Namen Markt führt, zum Dom hin. Es ist ein historischer Weg,
den wir schreiten. Im Geiste sehen wir den Zug der Kurfürsten sich
zur Wahlkapelle im Dom bewegen und grüßen den neuen Kaiser, dem die
festliche Menge zujubelte. Dieses Zurückschweifen in vergangene Zeiten
wird uns leicht, ja zum Bedürfnis beim Anblick der altertümlichen
Häuser, die links und rechts vom Markt noch stehen blieben als stumme
Zeugen jener Geschehnisse, dort rechts das Eckhaus „Zum großen
Engel“, das aus dem Jahr 1562 stammt und halb im gotischen, halb im
Renaissancestil erbaut ist, links ein burgartiges Gebäude, genannt
das „Steinerne Haus“, das schon 1464 errichtet wurde und mit Fries,
Ecktürmchen und Madonnenstatue geschmückt ist, dann wieder rechts der
Tuchgaden, wo die Frankfurter Metzgerzunft, alter Überlieferung gemäß,
dem nach der Krönung vorüberziehenden Kaiser den Ehrentrunk darbringen
durfte.

[Illustration: Abb. 22. Haus „zum Boderam“ am Markt in Mainz. (Zu Seite
31.)]

[Sidenote: Frankfurt.]

An dem Dome (Abb. 8) fällt uns besonders das unverhältnismäßig weit
vorstehende Querschiff auf. Das kurze, dreischiffige Langhaus, ein
gotischer Hallenbau, stammt aus den Jahren 1235 bis 1239. Die übrigen
Teile des Bauwerks sind alle jünger, meist aber, wie auch das Langhaus
selbst, Erneuerungsbauten älterer Gebäudeteile. Schon 870 ließ Ludwig
der Deutsche an derselben Stelle eine Kirche, die er als Salvatorkirche
weihen ließ, erbauen. Dieselbe wurde 1239 nach dem Umbau, von dem das
Burghaus herrührt, dem heiligen Bartholomäus geweiht. Die Wahlkapelle
stammt aus dem Jahre 1355. Am 15. August 1867 wurde der Dom durch
Feuer stark beschädigt. Bei der Wiederherstellung erhielt auch der bis
dahin unvollendete Turm seine eigenartige Bekrönung, eine achtseitige
Kuppel, die in eine Spitze ausläuft, wie es ein alter Entwurf zeigte.

[Illustration: Abb. 23. Gymnasium in Mainz. (Zu Seite 32.)]

Beim Anblick dieser alten Gebäude in der enggebauten Altstadt kommt
uns deutlich zum Bewußtsein, was Frankfurt in politischer Hinsicht dem
früheren Deutschen Reiche gewesen ist. Die Stadt, die die deutschen
Kaiser aus ihren Mauern hervorgehen sah, schenkte dem deutschen Volke
auch den größten Dichter. Im „Großen Hirschgraben“ steht, vom Roßmarkt
schnell zu erreichen, das Goethehaus (Abb. 9). Es ist ein für frühere
Zeiten stattliches Gebäude, aus dem Erdgeschoß, zwei etwas vorgebauten
Stockwerken und einem aufgesetzten Giebelhaus bestehend. Tausende
Besucher aus allen Ländern der Erde durchwandern alljährlich diese
durch einen großen Geist geweihten Räume, in denen der Dichter seine
glückliche Jugendzeit verlebte und die ersten Werke schuf, die ihn
so früh berühmt machten. Aus „Dichtung und Wahrheit“ sind wir mit
den inneren Räumen schon ziemlich vertraut. Es ist das Verdienst des
„Freien Deutschen Hochstifts“, einer wissenschaftlichen Vereinigung,
daß das denkwürdige Haus uns als ein deutsches Nationalheiligtum
erhalten blieb. Dasselbe wurde seit seiner Neugestaltung im Jahre
1884 stilgemäß wie zu Goethes Jugendzeit wieder eingerichtet. Alles
heimelt uns so merkwürdig an. Nun erst glauben wir dem großen Dichter
näher zu sein. Wir schauen in das Antlitz des strengen Vaters und
der ebenso lebensfrohen als lebensklugen Mutter, der Frau Rat, aus
deren Munde wir die Worte zu vernehmen glauben, „daß noch keine
Menschenseele mißvergnügt von ihr weggegangen ist, wes Standes, Alters
und Geschlechtes sie auch gewesen sei“. Sie war der gute Schutzgeist
des Goetheschen Hauses. Es war ein schöner Gedanke, der bei den großen
Festlichkeiten, die bei Gelegenheit des 150. Geburtstages des Dichters
veranstaltet wurden, auftauchte, auch der herrlichen „Frau Rat“ ein
Denkmal zu setzen, nachdem ihrem großen Sohne auf dem benachbarten
Goetheplatze schon 1844 ein solches (Abb. 10) errichtet worden war.
Die Frankfurter Bürgerinnen, die deutschen Frauen griffen ihn mit
Begeisterung auf, im stillen flossen die Mittel und bald kann an seine
Verwirklichung gedacht werden. Durch eine solche Ehrung wird sich die
deutsche Frauenwelt selbst ein Denkmal setzen. Wenn wir den Hof des
Goethehauses durchschreiten, gelangen wir zu einem Neubau, in dem 1897
das Goethemuseum eröffnet wurde.

Das neuere Frankfurt blüht mächtig wieder auf. Die letzte Volkszählung
ergab eine Bevölkerung von rund 340000 Einwohnern. Noch immer ist die
Stadt einer der bedeutendsten Handelsplätze Deutschlands, besonders ein
wichtiger Geldmarkt (Abb. 11). Ein lebhafter Verkehr flutet durch die
Zeil, die Hauptgeschäftsstraße Frankfurts, und prächtige Schauläden
locken unsere Augen. Die Fortsetzung der Zeil bildet nach der einen
Seite hin die Neue Zeil, nach der anderen, vom Roßmarkt ab, die schöne
Kaiserstraße, die zum Hauptbahnhofe hinführt. Prächtig sind auch die
Anlagen, die an Stelle der früheren Festungswerke getreten sind. Ihnen
folgend, gelangen wir an dem schönen Eschenheimer Turm (Abb. 12)
vorbei zu dem großartigen Opernhause (Abb. 13). Mehr lockt den Fremden
wohl noch der berühmte Palmengarten (Abb. 14), der weiter außerhalb
seitwärts von der Bockenheimer Landstraße liegt. Hinter dem großen,
am Eingang gelegenen Blumenparterre, auf dem vom zeitigen Frühjahr an
bis in den späten Herbst hinein ein ununterbrochener Blumenflor in
kunstreichen Zeichnungen und vielfarbigen Mustern einen entzückenden
Anblick darbietet, erhebt sich das im Jahre 1879 in deutschem
Renaissancestil erbaute Gesellschaftshaus, in dem täglich zweimal
Konzerte der Palmengarten-Kapelle stattfinden. Unmittelbar an das
Gesellschaftshaus, nur durch große Glasscheiben getrennt, schließt sich
das Palmenhaus (Abb. 15) an. Eine ideal aufgebaute tropische Landschaft
zeigt sich unserem überraschten Auge. Wir bewundern die stolzen
Palmen, die malerisch hängenden Farnkräuter und nicht weniger den so
frischgrünen eigenartigen Rasen. Wenn sich das abendliche Halbdunkel
in diesen seltsamen Raum schleicht, so fühlen wir uns, traumverloren
auf einer Bank sitzend, in eine andere Welt versetzt, in die bisher nur
die Phantasie uns trug. Plötzlich zuckt das elektrische Licht hell auf,
und ein neuer magischer Zauber durchdringt den Raum. Seltsam stehen die
Pflanzengestalten da, und eigenartige Schattenbilder decken den Boden.
Dieser Tropentraum ist mit das Schönste, das Frankfurt uns mitgibt auf
den weiteren Reiseweg.

[Illustration: Abb. 24. Kreuzaltar in der Peterskirche zu Mainz. (Zu
Seite 32.)]

[Sidenote: Mainz.]

Wo der Main in den Rhein einmündet, an der Innenseite des Knies, das
letzterer an dieser Stelle macht, liegt die alte Stadt Mainz. Ihr
Gesamtbild (Abb. 18) und die Eigenart und Wichtigkeit ihrer Lage
überschauen und erkennen wir am besten, wenn wir auf der stattlichen,
schönen Rheinbrücke stehen, die nach dem gegenüberliegenden Kastell
hinführt. Unter uns rauschen die Wogen des majestätischen Stroms,
der soeben seine Vereinigung mit seinem bedeutendsten Nebenflusse
vollzogen hat. Noch hat sich ihr Wasser nicht vermischt. Neben dem
grünen Rheinwasser ziehen die dunklen Fluten des Mains dahin. Erst wo
der Rhein am Binger Loch sich in ein enges Felsenbett zusammendrängen
muß, findet die eigentliche Vermählung der beiden Gewässer statt.
In herrlicher Lage steigt vor uns das Häuserbild von Mainz, mit der
großen Stadthalle im Vordergrund, auf. Majestätisch, mit beherrschender
Hoheit, reckt sich der Dom aus ihm hervor. Heller Sonnenglanz liegt
auf den Dächern und Türmen der Stadt, auf der weiten Ebene, die rings
sich ausdehnt, und auf den grünen Gehängen des Taunus, dessen Höhen
im Nordwesten emporsteigen, und das ganze Bild mit Häusern, Türmen,
Rebengehängen, Brücken und Schiffen spiegelt sich in den breiten
Wasserflächen der beiden Ströme, über deren leicht bewegte Wellen
überall ein helles Glitzern huscht. Das ist das „Goldene Mainz“, das
in der Römerzeit und im Mittelalter so glanzvoll strahlte, und das
nach seinem Niedergange auch in der Gegenwart neuen Glanz zu entfalten
beginnt.

[Illustration: Abb. 25. Homburg vor der Höhe. Gesamtblick von der
Ellerhöhe aus gesehen.

Nach einer Aufnahme der Neuen Photographischen Gesellschaft in
Steglitz-Berlin. (Zu Seite 35.)]

In der Römerzeit hatte Mainz fast noch eine größere Bedeutung als Köln.
Es konnte wie dieses sich nähren von einer fruchtbaren Umgebung, es
beherrschte weithin nicht bloß das Rheintal, sondern auch das Maintal,
und ein wichtiger Punkt war es ferner deshalb, weil es ziemlich in
der Mitte der langen römisch-germanischen Grenzlinie, wo die beiden
Schenkel derselben in einem stumpfen Winkel zusammenstießen, lag
und einen starken Stützpunkt darstellte, der vor Angriffen durch
zwei breite Stromläufe geschützt war. Bereits die Kelten hatten
die Wichtigkeit dieser Lage erkannt, und eine größere keltische
Niederlassung bestand schon, als Drusus daselbst ein stehendes
Winterlager errichtete. Diese römische Festung war eine der größten
am Rhein. Sie faßte zwei Legionen, also, wenn wir die Auxiliartruppen
hinzurechnen, eine Truppenzahl von etwa 20000 Mann. ~Moguntiacum~
scheint das Hauptquartier des Drusus gewesen zu sein. Denn die
römischen Soldaten setzten daselbst ihrem geliebten Feldherrn ein
Denkmal, das in den Urkunden Drusilek, im Volksmunde aber Eigelstein
genannt wird. Noch ragt die kegelförmige Ruine dieses Römerdenkmals auf
der Zitadelle empor. Vor demselben fand in römischer Zeit alljährlich
als Totenfeier eine Leichenparade statt. In der Nähe steht noch ein
anderes Denkmal, der Ehrenbogen, der dem Germanicus (gest. 19 n. Chr.),
dem Sohn des Drusus, errichtet wurde.

[Illustration: Abb. 26. Das Schloß zu Homburg vor der Höhe.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 35.)]

[Illustration: Abb. 27. Das Saalburg-Kastell. Wiederaufgebaut. Porta
Praetoria. (Zu Seite 36.)]

Eine bedeutende römische Ansiedelung konnte ~Moguntiacum~ erst werden,
als die römische Grenzlinie nach der Eroberung des Taunuslandes
weiter nach Norden vorgeschoben wurde und die Stadt nunmehr auch die
nötige Sicherheit und Ruhe für andere Ansiedler bot. Die Erbauung des
~Castellum Mattiacum~ auf der rechten Seite an der Stelle, wo heute
Kastel liegt, rückte Mainz in die zweite, ja nach Errichtung des Limes
oder Pfahlgrabens (vgl. eine spätere Stelle in diesem Abschnitt)
sogar in die dritte Verteidigungslinie. Über den Rhein wurde eine
feste Brücke geschlagen, deren steinerne Pfeiler auf einem Pfahlrost
ruhten und eine hölzerne Brückenbahn trugen. Als im Jahr 1880 an der
nämlichen Stelle der Bau der neuen festen Rheinbrücke begonnen wurde,
stieß man auf die Eichenpfähle, die von den Römern in den Strom gesenkt
worden waren. Es war ein glücklicher Gedanke, aus diesen Resten ein
geschichtliches Andenken zu gestalten. Es wurde aus ihnen ein Pfeiler
der alten Römerbrücke rekonstruiert, der im Hofe des erzbischöflichen
Schlosses Aufstellung fand. Nach Fundstücken konnte auch festgestellt
werden, daß das großartige Bauwerk während der Regierungszeit des
Kaisers Domitian um das Jahr 89 n. Chr., und zwar durch die vierzehnte
und zweiundzwanzigste Legion aufgeführt wurde. Als im dritten
Jahrhundert die germanischen Stämme der Alemannen und Franken ihre
verheerenden Einfälle in das Römergebiet unternahmen, wurde die Brücke
zum Schutze der Stadt Mainz zum Teil abgebrochen. Unter Diokletian
fand aber ihre Wiederherstellung statt. Ihre endgültige Zerstörung
fällt wohl in die Zeit nach Valentinian.

[Illustration: Abb. 28. Nauheim.

Nach Luib, Der Taunus. Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung in
Frankfurt a. M. (Zu Seite 38.)]

[Illustration: Abb. 29. Kronberg.

Nach Luib, Der Taunus. Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung in
Frankfurt a. M. (Zu Seite 38.)]

Mainz war Sitz des römischen Statthalters von Obergermanien und
daher auch der Verwaltung mit zahlreichen Beamten. Die Zivilisten,
die Händler und der Troß des Heeres wohnten vor der Stadt. Auch die
entlassenen Soldaten, die sog. Veteranen, schlugen daselbst ihr Heim
auf, nachdem sie sich mit eingeborenen Frauen verheiratet hatten. Die
Kolonie, die auf diese Weise heranwuchs, erhielt erst unter Diokletian,
nach 293, Stadtrechte und ward von da ab ~Civitas~ genannt.

[Illustration: Abb. 30. Friedberg.

Nach Luib, Der Taunus. Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung in
Frankfurt a. M. (Zu Seite 38.)]

So fluten die Erzählungen der ältesten Geschichte von Mainz durch
unsern Geist, wie dort unten die Wogen des Stromes sich drängen, die
da kommen und gehen und keine dauernde Gestalt annehmen, oder wie
die Rheinnebel aus dem Strome aufsteigen, die den Glanz des Goldenen
Mainz verdunkeln wollen. Vierhundert Jahre dauerte die Herrlichkeit
der Römerherrschaft, dauerte auch die Herrlichkeit des römischen
Mainz. Die über den Limes, über den Rhein drängenden Germanen legten
es in Trümmer. Aus dem Dunkel der Geschichte taucht dann das Mainz
des Mittelalters, fast glänzender noch als das der Römerzeit, auf.
Zwar melden glaubwürdige Nachrichten, daß die Anfänge des Christentums
bis ins vierte Jahrhundert, bis zum Jahre 368 zurückreichen. Aber
erst im achten Jahrhundert gewann das christliche Mainz wieder eine
beherrschende Stellung in der neu sich bildenden Kulturwelt. Der
heilige Bonifatius (Winfried, gest. 755) erhob das dortige Bistum zu
einem Erzbistum und verlieh dem neuen Erzbischof zugleich das Primat
über ganz Deutschland. Durch das ganze Mittelalter hindurch behielt
die Stadt eine hohe, besonders politische Bedeutung. Ihre zentrale
Lage in dem damaligen Deutschland ermöglichte es den Erzbischöfen von
Mainz, die zugleich zu den sieben Wahl- oder Kurfürsten des Deutschen
Reiches gehörten, enge Beziehungen nach allen Seiten zu unterhalten.
Ihr Einfluß war unter den deutschen Fürsten daher sehr groß. Die Stadt
selbst wußte sich die Rechte einer freien Reichsstadt zu sichern. Im
Jahre 1254 wurde in ihren Mauern der deutsche Städtebund zur Sicherung
des Landfriedens gegründet. Derselbe umfaßte während seiner kurzen
Blütezeit über 100 Städte von Basel bis zum Meere. Mainz war sein
Haupt. Der Handel der Stadt blühte mächtig auf, ihr Reichtum wuchs,
und mit Recht hieß sie das „Goldene Mainz“. Zwei Jahrhunderte dauerte
diese Zeit der Hauptblüte. 1462 verlor Mainz seine meisten Rechte. Die
frühere freie Reichsstadt wurde jetzt den Erzbischöfen untertan, und
über ihr thronte, Gehorsam fordernd, die kurfürstliche Burg.

[Illustration: Abb. 31. Schloß Friedrichshof.

Nach Luib, Der Taunus. Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung in
Frankfurt a. M. (Zu Seite 38.)]

Die strategische Wichtigkeit der Lage von Mainz am Zusammenflusse von
Rhein und Main machte die Stadt zu einem Zankapfel der Völker. In
Kriegszeiten ward sie fast niemals verschont. Im Dreißigjährigen Kriege
eroberten nacheinander die Schweden (1631), die Kaiserlichen (1635)
und die Franzosen (1644) dieselbe. Ihre starken Festungswerke wurden
von letzteren auch 1688 eingenommen, und 1792 wurde sie von ihnen ohne
Kampf zum dritten Male besetzt. Nach der französischen Herrschaft, von
1816 bis 1866, war Mainz deutsche Bundesfestung. Im neuen Deutschen
Reiche hat Mainz zusammen mit Köln die Sicherung der Rheinlinie
übernommen. So ist es noch heute ein Waffenplatz ersten Ranges und
seiner Geschichte treu geblieben bis zur Gegenwart.

[Illustration: Abb. 32. Königstein.

Nach Luib, Der Taunus. Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung in
Frankfurt a. M. (Zu Seite 38.)]

[Illustration: Abb. 33. Soden.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 39.)]

Am Rheinufer hat Mainz sich in jüngster Zeit durch Anlagen bedeutend
verschönert. Die Rampe der prächtigen Brücke, das unterhalb derselben
sich erhebende alte kurfürstliche Schloß (Abb. 16), ein aus rotem
Sandstein aufgeführter, umfangreicher Bau, der schon 1627 begonnen,
aber erst 1754 vollendet wurde, ferner die riesige Stadthalle und die
nach dem Rhein sich öffnenden Torbauten geben der Rheinpromenade
einen malerischen Rahmen und Schmuck. Die Konzerte, die an mehreren
Abenden der Woche in der Stadthalle (Abb. 17) abgehalten werden,
locken besonders in der Sommerzeit zahlreiche Spaziergänger zu der
Rheinpromenade hin. Vielbesucht sind auch die „Neuen Anlagen“, die
weiter oberhalb, am Sicherheitshafen und an der Eisenbahnbrücke, am
Rheinufer auf einer kleinen Anhöhe geschaffen wurden. In umgekehrter
Richtung gelangt der Spaziergänger zu den großen Hafenanlagen von
Mainz, dem Zollhafen, dem Allgemeinen Hafen und einem zweiten
Sicherheitshafen, der zugleich als Floßhafen dient. Gleich Mannheim,
Cöln und Ruhrort ist Mainz heute wieder ein wichtiger Stützpunkt der
Rheinschiffahrt.

[Illustration: Abb. 34. Eppstein im Taunus, vom Malerplatz aus gesehen.

Nach einer Photographie von Ludwig Klement in Frankfurt a. M. (Zu Seite
39.)]

Aus der Rheinpromenade führen uns zahlreiche, quer zum Rhein laufende
Gassen in die unansehnliche, enggebaute, aber doch wieder interessante
Altstadt von Mainz. Bald stehen wir auf dem Markt vor dem ehrwürdigen
Dom (Abb. 19 und 20). Gewaltig ragt der Bau mit den sechs Türmen vor
uns auf, in dessen einzelnen Teilen eine seltsame Stilmischung, die
von so vielen Jahrhunderten erzählen will, zum Ausdruck kommt. Unter
den drei großen romanischen Domen von Mainz, Speier und Worms ist er
der älteste. Schon im Jahr 978 begann der Erzbischof Willigis seinen
Bau, dicht neben einer älteren Kirche. Noch am Tage der Einweihung,
im Jahre 1009, wurde das Werk ein Raub der Flammen. Durch Erzbischof
Bardo wurde der Dom wiederhergestellt. Aber eine gewaltige Feuersbrunst
zerstörte ihn 1081 von neuem. Die hölzerne Decke wurde nun, um die
Feuersgefahr zu vermindern, durch eine steinerne ersetzt. Das Langhaus
erhielt damals seine heutige Form. Dohme nennt es in seiner „Deutschen
Baukunst“ ein „Werk, gewaltig in den Massen, einheitlich in der
Gesamterscheinung, aber einfach, wie es Bauten zu sein pflegen, in
denen der Architekt noch mit den konstruktiven Gedanken ringt“. In den
Kämpfen des Erzbischofs Arnold mit der Bürgerschaft (1155 bis 1160)
wurde der Dom von der letzteren als Festung benutzt. Wieder zerstörte
dann im Jahre 1191 ein Brand seine oberen Bauteile. Mit der Reparatur
wurde eine großartige Erweiterung des Baues verbunden. Das westliche
Querschiff mit dem Hauptchor und der achteckigen Kuppel, sowie der
Kapitelsaal wurden angefügt. Die Zeit der Gotik erdachte für das bis
dahin romanische Bauwerk noch einen herrlichen Schmuck: Sie umgab das
Langhaus mit einem gotischen Kapellenkranze, wodurch dasselbe aus
einem dreischiffigen in einen fünfschiffigen Bau umgewandelt wurde,
schmückte den Dom mit einer glänzenden Fensterarchitektur und mit
Ziergiebeln und gab Türmen und Dächern ein mehr gotisches Gepräge.
Noch viele Wandlungen, zum Teil wieder durch Brandschäden veranlaßt,
hat der wundervolle Bau durchgemacht, der durch alles, was die
Jahrhunderte beigefügt oder in ihrem Sinne verändert haben, eins der
interessantesten Bauwerke für die Geschichte der Baukunst geworden
ist. Aus dem verwüsteten Zustande, in dem ihn die französische Zeit
hinterlassen hat, ist er mit großen Opfern gerettet worden, so daß er
nun wieder in einer Vollendung dasteht, wie ihn keine Zeit seit den
Tagen des höchsten Glanzes gesehen hat.

[Illustration: Abb. 35. Malerisches Motiv von der Burg in Eppstein im
Taunus.

Nach einer Photographie von Ludwig Klement in Frankfurt a. M. (Zu Seite
39.)]

Vom Dome wandern wir weiter zu dem nahe gelegenen Gutenbergplatz,
auf dem seit dem Jahre 1837 ein Denkmal (Abb. 21) des Erfinders der
Buchdruckerkunst steht, das von Thorwaldsen in Rom modelliert wurde.
Zwischen den Jahren 1450 und 1455 stellte Gutenberg in Mainz zuerst
gedruckte Bücher mit Metallbuchstaben her. Wie seine Erfindung nach
mancher Richtung in Dunkel gehüllt ist, so läßt sich auch nicht
bestimmt sagen, ob so viele Häuser in Mainz mit vollem Grund mit der
Ausübung der neuen Kunst in Verbindung gebracht werden.

Mainz besitzt viele historisch oder architektonisch interessante
Gebäude. Hingewiesen sei auf den Holzturm und den Eisenturm, die von
der alten Stadtbefestigung noch übrig geblieben sind, auf das Haus „zum
Boderam“ (Abb. 22) am Markt, auf das alte Gymnasium (Abb. 23), den
ehemaligen Kronberger Hof, der zwischen 1604 und 1626 erbaut wurde,
auf den ehemaligen Knebelschen Hof, der sich durch einen reichen
Renaissance-Erker im inneren Hof auszeichnet, auf die frühgotische St.
Stephanskirche, die als doppelchörige Hallenkirche von 1257 bis 1328
auf einem der höchsten Punkte der Stadt erbaut wurde, sowie auf die
doppeltürmige Peterskirche, die in der französischen Zeit, insbesondere
der heutige Kreuzaltar (Abb. 24), dem Kultus der Göttin der Vernunft
diente. Diese letztere Kirche erhebt sich unmittelbar an dem großen,
baumgeschmückten Schloßplatze, und vor uns liegt das schon erwähnte
kurfürstliche Schloß (Abb. 16), dessen ausgedehnte Räume seit 1842
als römisch-germanisches Zentralmuseum dienen und eine hochbedeutende
Sammlung römischer und germanischer Original-Altertümer enthalten. Beim
Durchwandern der Säle und beim Betrachten der interessanten Fundstücke
wird die ganze Geschichte der Stadt Mainz und des rheinischen Landes
noch einmal in uns wach. Die prächtige, mit schönen Anlagen geschmückte
Kaiserstraße, in die wir durch einen nordwestlichen Ausgang des
Schloßplatzes einbiegen, aber zaubert uns das Bild des neuen Mainz
(90000 Einw.) vor, wie es sich nach dem Hinausschieben des engen
Festungsgürtels zu gestalten begonnen hat. Prächtige Gebäude fesseln
den Blick, und am Ende der Kaiserstraße taucht der Hauptbahnhof vor uns
auf.

[Illustration: Abb. 36. Schloß Biebrich.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 39.)]

[Illustration: Abb. 37. Wiesbaden, vom Neroberg gesehen.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 39.)]

[Sidenote: Umgebung von Mainz.]

Nachdem wir in den beiden Städten Frankfurt und Mainz, die die
Ausgangspunkte unserer Rheinwanderung bilden sollen, Umschau gehalten
haben, wollen wir einen Blick auch in das sie umgebende Land werfen,
um den Boden, auf dem sie erwuchsen, genauer kennen zu lernen. Es ist
ein weites, meist flaches, stellenweise aber hügeliges Land, das sie
umbettet. Fruchtbare Äcker dehnen sich meist vor uns aus; stellenweise
aber trat an die Stelle des Ackerbaues die Gemüsezucht, für deren
Erzeugnisse die beiden Städte eine gute Absatzquelle bilden, so
südwestlich von Mainz, wo auch eine bedeutende Spargelzucht betrieben
wird; große Obstanlagen schaut ferner das Auge, die uns schon verraten,
daß wir uns in der Gegend befinden, wo der beste Apfelwein herkommen
soll; auch Rebenschmuck fehlt nicht der Landschaft, in der hier und
da große, wohlhabende Dörfer auftauchen, und deren Bild endlich
vervollständigt wird durch dunkle Kiefernwaldungen, die zwar selten,
in weiten Abständen voneinander erscheinen und meist die niedrigen
Anhöhen bedecken, diese von weitem schon als Sandhügel kennzeichnend.
Bei schönem, klarem Wetter braucht der Blick nicht bei diesen nahen
Bildern zu verweilen. Er schweift in die nebelige Ferne, wo rings
sich die Linien von höheren Erhebungen abzeichnen. Im Nordwesten
säumt der hohe Zug des Taunus, der „Höhe“, wie man im Lande sagt, den
Horizont, von Norden streichen die Ausläufer des Vogelsberges, der
gewaltigsten Basaltmasse Deutschlands, heran, im Osten grüßen des
Spessart waldbedeckte Höhen, im Südosten erscheinen des Odenwaldes
liebliche Abhänge, im Südwesten läßt das freundliche Bergland der
Pfalz den Blick weiter schweifen, einerseits nach dem hochgewölbten
Donnersberg und anderseits nach dem Soonwald des Hunsrück, und nur
im Süden bleibt der Horizont frei, dem Rheine den Lauf zu diesem
schönen, reichen Lande öffnend. Rings also Höhen und in der Mitte
ein eingesenktes, ein eingesunkenes Land, ein Becken, das nach der
ziemlich in der Mitte gelegenen Stadt Mainz das Mainzer Becken genannt
wird. Diese Bezeichnung drückt nicht bloß, den plastischen Bau der
Landschaft anzeigend, einen geographischen Begriff aus, sondern ist
zugleich ein geologischer Begriff. Das „Tertiärbecken von Mainz“
reiht sich den Tertiärbecken von Wien, von Paris und London mit ihrer
reichen Kulturentwicklung würdig an. Die Süßwasserbildungen, die in dem
seichten Meeresbecken entstanden, sind meist fruchtbare Bodenarten.
Am wichtigsten sind die Mergelschichten, die die glücklichste
Bodenmischung darstellen, indem sie sowohl den nötigen Sandgehalt, der
sie locker macht, als auch den nötigen Tongehalt, der sie wasserhaltig,
und endlich auch einen bedeutenden Kalkgehalt, der sie fruchtbar macht
und ihre schnelle Erwärmung fördert, besitzen. Andere Bodenarten sind
die Taunusschotter, die weniger fruchtbar sind, aber dem Weinbau
genügen, Geschiebelehm, der als Ackerboden wertvoll ist, Sand, der
nur stellenweise dem Anbau dient, und Löß, der wieder von großer
Fruchtbarkeit ist. Der Sand, der bei Mainz und Darmstadt auftritt,
ist echter Flugsand. Dünenzüge sind erkennbar. Auch das Auffinden von
dreikantigen Steinen, deren Form nur durch Windwirkung entstanden
sein kann, beweist den Dünencharakter. Nach oben gehen die Dünenzüge
allmählich zu dem feineren Löß über. Aus diesen Erscheinungen müssen
wir folgern, daß Deutschland im späteren Diluvium teilweise, wenigstens
im nördlichen Teile der Oberrheinischen Tiefebene, Steppencharakter
hatte. Auf den höheren Abhängen schlossen sich an die Steppe
Waldgebiete an; denn im Löß werden neben echten Steppentieren auch
andere Tiere in Überresten gefunden, deren Leichen durch Wasserfluten
angeschwemmt wurden.

[Illustration: Abb. 38. Kaiser Wilhelm-Denkmal in Wiesbaden. (Zu Seite
40.)]

[Sidenote: Das Mainzer Becken.]

Verlassen wir hiermit das Bild früherer Erdzeiten, die noch nicht
lange hinter uns liegen, und wenden wir uns der Betrachtung des
heutigen Bildes der Landschaft zu! Von allen Randgebieten des Mainzer
Beckens lockt uns keines so wie der Rheingau, der sich so sonnig zu
den Füßen des hochragenden Taunuszuges bettet, über den der warme
Hauch der südlichen Winde weht, und wo noch mehr die Glutstrahlen der
Mittagssonne helfen, ein goldenes Weinland, vielleicht das gepriesenste
auf Erden, zu schaffen. Und zu den Vorzügen, die Windeshauch und
Sonnenschein der reich gesegneten Landschaft bringen, gesellt sich
ein dritter, der dieselbe nicht minder berühmt gemacht hat. An vielen
Stellen sprudeln aus dem Erdboden warme Quellen, die schon von den
Römern als Heilquellen benutzt wurden, und die in unserer Zeit das
Land der Reben zum Ziele von Tausenden machen, die entweder Genesung
suchen oder in den zahlreichen, mit allen Annehmlichkeiten des Lebens
ausgestatteten Badeorten nur ein angenehmes und genußreiches Leben
suchen.

[Illustration: Abb. 39. Königliches Theater in Wiesbaden. (Zu Seite
40.)]

Für den Besuch der zahlreichen Badeorte, die am Südabhange des Taunus
oder auf dem Taunus selbst, anmutig in die Täler gebettet, liegen, ist
teils Frankfurt, teils Mainz der geeignetste Ausgangspunkt. Als solcher
kommt für einige auch Höchst (16000 Einw.), die erste Station der
schon 1839 eröffneten Taunusbahn von Frankfurt nach Mainz, wo sich die
großartigen Höchster Farbwerke befinden, in Betracht.

[Sidenote: Homburg vor der Höhe.]

Das vornehmste unter den Taunusbädern ist Homburg vor der Höhe (10000
Einw.) (Abb. 25), das in jüngster Zeit auch ein Lieblingsaufenthalt
des deutschen Kaisers Wilhelm ~II.~ geworden ist. Das dortige Schloß
(Abb. 26), das seit 1866 für die preußische Königsfamilie eingerichtet
ist und bis zu diesem Jahre Residenz der Landgrafen von Hessen-Homburg
war, wurde 1680 bis 1685 von dem Landgrafen Friedrich ~II.~ aufgeführt
und 1820 bis 1840 umgebaut. Das glanzvoll eingerichtete Kurhaus stammt
aus den Jahren 1841 bis 1843, wurde aber 1860 bedeutend vergrößert.
Es enthielt früher auch ein vortrefflich geordnetes Saalburg-Museum
mit zahlreichen Fundstücken von der etwas mehr als eine Stunde
entfernten Saalburg und anderen römischen Taunuskastellen, sowie mit
einem Modell jenes berühmten Kastells, von dem später noch die Rede
sein soll, und eines römischen Wachtturmes. Die wertvolle Sammlung
befindet sich jetzt in der Saalburg selbst. Glänzende Festsäle und die
Gartenterrasse hinter dem Kurhause sind die Sammelplätze der eleganten
Welt. Schöne Promenaden und der große Kurpark laden zu Spaziergängen
ein. Die eisenhaltigen salinischen Trinkquellen, die besonders gegen
Unterleibsleiden wirksam sind, treten an der Brunnenallee schäumend
zutage. Die bedeutendste unter ihnen, die Elisabethquelle, ist
kochsalzreicher als der Kissinger Rakoczy. In ihrer Nähe liegen
inmitten eines herrlichen Blumenflors zwei Trinkhallen, ferner der
Musikpavillon und das Palmenhaus. 1887 bis 1890 wurde in italienischem
Renaissancestil das große, luxuriös ausgestattete Kaiser Wilhelm-Bad
erbaut.

[Illustration: Abb. 40. Das Rathaus in Wiesbaden. (Zu Seite 40.)]

[Sidenote: Die Saalburg.]

Eine elektrische Bahn führt uns bequem von Homburg zu der 420 ~m~ über
dem Meere gelegenen Saalburg. Dort grüßt uns ein lebenswahres Bild der
Römerzeit. Das in seiner ganzen Anlage freigelegte Römerkastell ist
wieder in seiner früheren Gestalt hergestellt worden. Es bildet ein
Rechteck von 221 × 146 ~m~, mit einem Flächeninhalt also von über 32000
~qm~. Die Ecken sind abgerundet. Vier Tore führten in das Kastell.
Auf der Südseite öffnet sich uns die 8,2 ~m~ breite ~Porta decumana~.
Eine 3 ~m~ hohe Mauer und zwei Spitzgräben umgeben die Anlage. Am
11. Oktober des Jahres 1900 wurde durch Kaiser Wilhelm ~II.~, der
ein hohes Interesse für den Wiederaufbau der Saalburg bekundete, der
Grundstein zum Hauptgebäude in der Mitte, zum ~Praetorium~ (Abb. 27),
unter Veranstaltung eines glanzvollen Festes gelegt. Vor diesem Bau,
der als Limes-Museum dient, wurde dem ersten Erbauer der Saalburg, dem
römischen Kaiser Antoninus Pius, ein Denkmal errichtet.

[Sidenote: Der Limes.]

Die Saalburg bildete ein Glied der 542 ~km~ langen Befestigungslinie,
mit welcher die Römer den unterjochten Teil Germaniens umzogen, um das
Land vor den Einfällen der übrigen germanischen Stämme zu schützen,
des Pfahlgrabens oder Limes. Derselbe begann bei Kehlheim an der
Donau, lief als rätischer Limes von dort nach Lorch bei Stuttgart
und als obergermanischer Limes über Miltenberg am Main, über den
Taunus und über Ems und endete am Rhein bei Rheinbrohl. Er bestand
aus einer Grenzmarkierung, aus einem Erddamm mit aufgesetzter Mauer
und davorliegendem Graben und aus etwas zurückliegenden Wachttürmen
und Kastellen. Die Grenzmarkierung bestand entweder nur aus Steinen
oder streckenweise auch aus Palisadenreihen. Ursprünglich war wohl nur
diese Anlage, die man einen ~limes perpetuus~ nannte, vorhanden. Die
Palisaden bildeten ein Annäherungshindernis und für die Patrouillen
einen Schutz. Als später der Erdwall angelegt wurde, verlor die
Grenzmarkierung ihre Bedeutung. Die Wachttürme waren anfangs Holz-,
später Steintürme. Sie lagen gewöhnlich 30 ~m~ hinter dem Erdwall
und etwa 750 ~m~, also auf Signalweite, voneinander. Kastelle waren
überall dort angelegt, wo ein Flußlauf die Befestigungslinie kreuzte.
Am rätischen Limes waren sie, weil dort die Bodenform eine günstige
war, selten, um so zahlreicher am obergermanischen. Bisher sind etwa
70 Kastelle bekannt. Die größten hatten einen Innenraum von etwa 60000
~qm~ und eine Besatzung von 1000 Mann, die mittleren waren 20000 bis
35000 ~qm~ groß und mit 500 Mann belegt, die kleinsten maßen nur 5000
bis 8000 ~qm~ und hatten nur eine kleine Besatzung. Alle hatten die
Aufgabe, Flußtäler und Straßen zu sperren. Sie waren also Sperrforts
und als solche festungsmäßig mit Türmen versehen und mit Ballisten,
d. h. Wurfgeschützen ausgerüstet. Die Besatzung mußte imstande
sein, kleine Feindesscharen zurückzuweisen, größere aber so lange
aufzuhalten, bis die Legionen herankamen.

[Illustration: Abb. 41. Das Kurhaus in Wiesbaden.

Nach einer Photographie von Hofphotograph Karl Schipper in Wiesbaden.
(Zu Seite 40.)]

Auf das Verhalten der unruhigen, kriegs- und wanderlustigen
germanischen Volksstämme übte die Anlage des römischen Pfahlgrabens
eine bedeutende Wirkung aus. Der Grenzverkehr wurde scharf überwacht,
und bewaffnete Überschreitung der Grenzlinie war verwehrt. Die
Bewegung des germanischen Volkes wurde dadurch vorläufig zum
Stillstand gebracht. Da es aber für die in starker Vermehrung
begriffene Bevölkerung an weiteren Weideplätzen bald fehlte, waren die
Westgermanen gezwungen, von der Viehzucht zum Ackerbau überzugehen
und feste Siedelungen anzulegen. So nahm die Not den zum Nomadenleben
neigenden Germanen in eine harte und um so nützlichere Schule. Erst als
seßhafter Ackerbauer konnte er die zivilisatorischen Elemente in sich
aufnehmen und verbreiten (Mommsen).

[Sidenote: Kronberg. Altkönig. Feldberg.]

Von der Saalburg aus würde uns der Pfahlgraben zum Fuße des Feldbergs,
der höchsten Erhebung (880 ~m~ hoch) des Taunus, hinführen. Es hat
einen gewissen Reiz, so einen Patrouillengang römischer Soldaten
nachzuahmen. Genußreicher ist aber die Besteigung des Feldbergs von
dem westlicher gelegenen Kronberg aus. Darum kehren wir nach Homburg
zurück und statten von dort noch mittelst der Eisenbahn dem Städtchen
Friedberg (Abb. 30) und dem Badeorte Nauheim (Abb. 28) einen Besuch ab.

Nach Kronberg (Cronberg, Abb. 29) führt von Frankfurt eine
Eisenbahnlinie, die bei Rödelheim von der Homburger Bahn abzweigt. Das
Städtchen liegt, umgeben von Obstpflanzungen und Kastanienwäldern,
an einem Hügel und wird von dem im dreizehnten Jahrhundert erbauten
Schloß überragt. Der weit sichtbare Turm bietet eine prächtige Aussicht
dar. Wir schauen hinab auf die zahlreichen zierlichen Landhäuser, die
meist Eigentum Frankfurter Familien sind, zum Teil die Frankfurter
Malerkolonie bildend. Nordöstlich grüßt uns das Schloß Friedrichshof
(Abb. 31), der ehemalige Witwensitz der Kaiserin Friedrich.

[Illustration: Abb. 42. Der Kochbrunnenplatz in Wiesbaden. (Zu Seite
40.)]

Von Kronberg sind viele besuchenswerte Punkte leicht zu erreichen.
Nordwestlich steigen die Burgruine Falkenstein, das Stammschloß
des gewaltigen Erzbischofs Kuno von Trier, sowie die Trümmer der
Bergfestung Königstein (Abb. 32), die 1796 von den Franzosen geschleift
wurde, vor uns auf. Weiter nördlich ragt, in der Richtung auf den
Feldberg zu, die 798 ~m~ hohe Bergkuppe des Altkönig empor. Sein Gipfel
ist von zwei riesenhaften Ringwällen umgeben, die aus vorrömischer Zeit
stammen und wohl von einem keltischen Volke herrühren, das dort seine
Opfer- und seine Zufluchtsstätte in Kriegszeiten hatte. Der äußere
Wall hat einen Umfang von 1389 ~m~, der innere von 982 ~m~. Der Große
Feldberg (880 ~m~), dem sich links der 827 ~m~ hohe Kleine Feldberg
vorlagert, ist ganz von Wald bedeckt. Nur der Gipfel, auf dem drei
Gasthäuser stehen, und von dem man bei hellem Wetter einen ausgedehnten
Rundblick genießt, ist frei. Auf ihm liegt ein riesiger, 12 ~m~ breiter
und 3 ~m~ hoher Quarzblock, der schon in einer Urkunde vom Jahre 812
genannt und 1043 als Brunhildenbett bezeichnet wird.

[Sidenote: Soden. Eppstein. Biebrich.]

Eine dritte Taunusfahrt, die wir von Frankfurt aus unternehmen, führt
uns nach dem kleinen Badeort Soden (Abb. 33). In dem Tale, in welchem
es gebettet ist, entspringen 24 kohlensäurereiche, 9 bis 22 Grad warme
Kochsalzquellen, deren Wasser zusammen mit der milden Luft des Ortes
besonders Kehlkopfleidenden Linderung bringt. Und als eine vierte Tour
sei die nach dem in tiefem Tale gelegenen Eppstein (Abb. 34) empfohlen,
das durch seine alte Burg (Abb. 35) und seine malerischen Fels- und
Waldpartien ein Lieblingsaufenthalt für Maler geworden ist.

Die übrigen schönen Punkte am Südabhange des Taunus und in dem
Rebengarten des Rheingaues erreichen wir am bequemsten von Mainz
aus. Eine kurze Stromfahrt führt uns zwischen zwei langgestreckten
Rheininseln, der Ingelheimer Aue und der Petersaue, auf der 840 Kaiser
Ludwig der Fromme starb, hindurch, immer im Anblicke der Taunushöhen,
nach der am rechten Rheinufer gelegenen Stadt Biebrich (20000 Einw.),
deren rege Gewerbtätigkeit zahlreiche Fabrikschornsteine ankünden.
Unser Ziel ist das von 1704 bis 1706 im Barockstil erbaute Schloß
(Abb. 36) des früheren Herzogs von Nassau, späteren Großherzogs
von Luxemburg, und in dem Schloßpark bewundern wir die schöne
Kastanienallee, deren alte Bäume sich durch eine ungewöhnliche Größe
auszeichnen, und betrachten, den Geist in die Vergangenheit versenkend,
die kleine Moosburg. Zwar wurde diese erst 1806 aufgeführt, jedoch auf
den Trümmern der alten Kaiserpfalz Biburk, die 874 Ludwig der Deutsche
bewohnte.

[Illustration: Abb. 43. Griechische Kapelle am Neroberg bei Wiesbaden.

(Zu Seite 41.)]

[Sidenote: Wiesbaden.]

Von Biebrich erreichen wir in etwa einer Stunde Wiesbaden (Abb. 37),
das bedeutendste und besuchteste unter den Taunusbädern, wo jährlich
etwa 130000 Kurgäste zusammenströmen. Die Hauptsaison ist im Frühling
und Herbst. Früher als anderswo hält ja der Lenz dort seinen Einzug,
und im Herbst lacht ein heiterer Himmel, wie er in einem Weinlande
lachen muß. Im Sommer aber ist die Temperatur zu warm und schwül, und
manche Kurgäste reisen dann ab nach kühleren Orten. Etwa die Hälfte
der obengenannten Zahl der Kurgäste mag auf Durchreisende entfallen,
die übrigen nehmen längeren Aufenthalt. Die Bequemlichkeiten und
Annehmlichkeiten, die für diese geschaffen worden sind, haben auch
viele Rentner und pensionierte Beamte, besonders höhere Offiziere
angelockt und bestimmt, in Wiesbaden ihren dauernden Wohnsitz zu
nehmen. Dadurch wuchs die Stadt bedeutend an; sie zählt heute über
100000 Einwohner. Prächtige Alleenstraßen durchziehen dieselbe, wie
die mit schattigen Platanenreihen geschmückte Wilhelmsstraße, wie die
Rheinstraße, der Bismarck- und Kaiser Friedrich-Ring und die nach
Biebrich zu führende Adolfsallee; inmitten schmuckvoller Anlagen oder
auf Plätzen erheben sich schöne Denkmäler, wie das der Kaiser Wilhelm
~I.~ (Abb. 38) und Friedrich ~III.~, des Fürsten Bismarck und des
in Wiesbaden verstorbenen nationalen Dichters Gustav Freytag; viele
stattliche und stilvolle Gebäude geben ferner der Stadt Glanz und
Ansehen, wie das Königliche Theater (Abb. 39), das Königliche Schloß,
welches 1883 renoviert wurde, das Rathaus (Abb. 40), das im Jahre 1907
eröffnete prunkvolle neue Kurhaus (Abb. 41), die katholische Kirche,
die Ringkirche u. a. Von den zahlreichen Quellen Wiesbadens ist der
wichtigste Sprudel der Kochbrunnen (Abb. 42), der am Ende der schönen
Trinkhalle entspringt und eine Vereinigung von 15 Quellen darstellt.
Stündlich liefert er 22800 ~l~ sehr kochsalzreiches Wasser. Die
Temperatur desselben beträgt 69° ~C~. Schon Plinius spricht von den
heißen Quellen Wiesbadens, das in Römerzeit, ~Aquae Mattiacorum~, als
Hauptort der später fast ganz romanisierten Mattiaken aus einem Kastell
rasch emporblühte. Er berichtet, daß ihr Wasser, nachdem es geschöpft
wäre, drei Tage warm bliebe. Das Kastell wurde wahrscheinlich schon von
Drusus angelegt. In fränkischer Zeit hieß der Ort Wisibada und bildete
den Hauptort des Königssundragaues.

[Illustration: Abb. 44. Schlangenbad, von der Wilhelmshöhe gesehen.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 41.)]

So sehr uns auch das glanzvolle Badeleben lockt, so angenehm es
sich sitzt am Kurhause inmitten des Blumenflors oder wandert durch
den schattenkühlen Kurpark, mehr noch zieht es uns hinauf auf die
Höhen ringsum, die mit schmucken Villen so reich geschmückt sind.
Das lohnendste Wanderziel bildet der Neroberg, auf dessen Höhe
die fünf vergoldeten Kuppeln der griechischen Kapelle (Abb. 43) im
hellen Sonnenlichte glanzvoll erstrahlen. Wir können einen doppelten
Weg wählen, und jeder verheißt eine genußreiche Wanderung. Wir
folgen entweder dem Nerotal und später dem Philosophenwege oder der
villengeschmückten Kapellenstraße, die uns nicht sofort zum Gasthofe
des Nerobergs, sondern zuerst zur griechischen Kapelle hinführt. Oben
entfaltet sich uns ein schöner Blick auf die Stadt (Abb. 37) und eine
umfassende Aussicht auf das Rheintal; über den Mainzer Dom schweift der
Blick bis zu den Nebellinien ferner Gebirge, bis zur Bergstraße und zum
Melibocus.

[Illustration: Abb. 45. Rauenthal.

Nach einer Photographie von R. Bieleck in Eltville. (Zu Seite 43.)]

[Sidenote: Langenschwalbach. Schlangenbad.]

Nordwestlich von Wiesbaden liegt, schon auf der Hochfläche des Taunus,
dessen hoher, aus Quarzit[B] aufgebauter Rücken nach Norden in ein
fast wagerecht liegendes Plateau übergeht, das Bad Langenschwalbach
(3000 Einw.), gewöhnlich nur Schwalbach genannt. In ein freundliches
Wiesental hat sich das Städtchen, das schon im siebzehnten und
achtzehnten Jahrhundert als ein Luxusbad ersten Ranges glänzte,
gebettet. Merian beschrieb die dortigen kalten Quellen, von denen die
bedeutendsten der Stahlbrunnen und der Weinbrunnen sind, im Jahre 1665
mit folgenden Worten:

 „Das Wasser ist sehr kalt, von Farben vberauß schön, hell, wie ein
 Crystall durchscheinend, zu trinken gar lieblich (wiewohl es einem
 anfangs seltzsam vorkompt), am Geruch stark wie ein newer verjährter
 Wein, also, daß man bißweilen meynet, man wollt’ nießen.“

Etwa 5000 Kurgäste, in der Mehrzahl weiblichen Geschlechtes, beleben
in der Saison den sonst so stillen Ort, besonders Bleichsüchtige
und Nervenleidende. Indem wir wieder herniedersteigen von dem
Taunusplateau, führt uns der Weg nach dem kleinen, nur aus etwa 50
Häusern bestehenden Badeorte Schlangenbad (Abb. 44), der in einem
Waldtal ein so reizendes Plätzchen gefunden hat. Seine Quellen gehören
zu den erdig-mineralischen Mineralwässern und liefern ein klares,
völlig geruchloses Wasser von 29 bis 32° ~C~, das besonders bei
Hautkrankheiten und Nervenschwäche heilbringend wirkt.

[Illustration: Abb. 46. Eltville.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 43.)]

[Illustration: Abb. 47. Der Marcobrunnen.

Nach einer Photographie von R. Bieleck in Eltville. (Zu Seite 43.)]

[Sidenote: Der Rheingau.]

Nach kurzer Wanderung von Schlangenbad weiter talwärts nehmen uns
sonnige Rebengelände auf. Der gepriesene Rheingau lacht mit seiner
Weinfülle uns entgegen. Vielleicht schon zur Merowingerzeit wurde
dieses Land in einen Rebengarten verwandelt. Seit alters führt es
seinen inhaltsvollen Namen, der es so innig mit dem Rheine vermählt.
Von allen Gauen am stolzen Strom wurde nur einer nach diesem benannt,
der Rheingau, der auf der rechten Seite des Rheintales bis Lorch
reichte und dieses alte Weinstädtchen noch mit umfaßte. Ursprünglich
war er ein königliches Gebiet, das 961 und 983 von den Ottonen an
Mainz überlassen wurde. Ein bis zur Undurchdringlichkeit verwachsener
Baumverhau umgab dasselbe damals und schloß es wie eine Festung ab.
Den heutigen Umfang erhielt der Weinbau im dreizehnten Jahrhundert.
Als die Rheingaugrafen 1279 verdrängt worden waren, setzten die
Mainzer Erzbischöfe einen Statthalter (Vicedom) ein, der aber bis zum
Jahre 1527 den Rheingauer Landtag befragen mußte. Erst als der große
Bauernaufstand niedergeschlagen war, begann die unmittelbare Herrschaft
der Mainzer Erzbischöfe. Viele Jahrhunderte hindurch ist nun schon der
Weinbau im Rheingau die Quelle des Wohlstandes. Vorübergehend kamen
zwar Zeiten, in denen die Einkünfte aus demselben zu wünschen ließen.
So wirkte das Verschwinden der zahlreichen kleinen Herrschaften in
Deutschland ungünstig ein; denn die Fürstenhöfe waren früher die
besten Absatzquellen. Daß damals die Rheingauwinzer ihren herrlichen
Wein selbst trinken mußten, war an sich ja eine schöne Sache; aber die
Taschen blieben dabei leer, und der Kopf wurde hitzig. In unserer Zeit
hat der wachsende Wohlstand den Rheingauer Weinen neue, zahlkräftige
Kunden gebracht. (Näheres über Weinpreise der besseren Marken siehe in
dem letzten Abschnitte über den rheinischen Weinbau.)

[Illustration: Abb. 48. Kloster Eberbach.

Nach einer Photographie von R. Bieleck in Eltville. (Zu Seite 43.)]

[Illustration: Abb. 49. Kelterraum in Eberbach.

Nach einer Photographie von R. Bieleck in Eltville. (Zu Seite 43.)]

[Sidenote: Rheingauwanderung.]

Die Wanderung durch die Rebengefilde des Rheingaues ist, da das Herz
von vornherein schon so frohgestimmt ist, etwas gar Schönes. Sonnig,
meist schattenlos ist zwar der Weg, der uns von Schlangenbad über
Rauenthal (Abb. 45) nach dem lieblich am Rhein gelegenen Städtchen
Eltville oder Elfeld (4000 Einw.) (Abb. 46), von dort über Erbach am
Marcobrunnen (Abb. 47) vorbei nach Hattenheim, dann nach der einst
so berühmten Benediktinerabtei Eberbach (Abb. 48), wo wir uns in dem
schönen Kelterraum (Abb. 49), dem früheren Refektorium, gern der
weinkundigen Mönche, die dem Steinberger zu seinem berühmten Namen
verhalfen, erinnern, weiter über Hallgarten am Schloß Vollrads vorbei
nach Schloß Johannisberg (Abb. 50), wo der König der Weine und der Wein
der Könige gezogen wird, und schließlich über Geisenheim (4000 Einw.)
(Abb. 52), wo sich die Königliche Lehranstalt für Obst-, Wein- und
Gartenbau befindet, nach dem weinberühmten Städtchen Rüdesheim (5000
Einw.) (Abb. 51). Östrich und Winkel, nicht weniger bekannte Weinorte,
ließen wir bei dieser Wanderung abseits am Rheine liegen. Wohlgepflegte
Weinberge schaute überall unser Auge, und berühmte Namen klangen an
unser Ohr, die ein Gefühl der Hoheit dieses Landes in uns weckten. Doch
wenn es auch einem gewöhnlichen Sterblichen nicht vergönnt ist, von den
edelsten Weinen des Rheingaus in Fülle zu trinken oder auch nur davon
zu kosten, auch das andere Gewächs läuft wie Feuer durch unsere Adern,
und wenn wir in diesem Weinglück, in der Begeisterung, die eine solche
Wonne dem Menschen gibt, hinaufsteigen zum Niederwald, dann öffnet
sich beim Anblick des Germaniadenkmals das Herz zu jenem weihevollen
Empfinden, das alle deutschen Brüder, das ganze deutsche Vaterland
hineinziehen möchte in dieses Glück, in dieses Glück am Rhein.

[Illustration: Abb. 50. Schloß und Dorf Johannisberg.

Nach einer Photographie von R. Bieleck in Eltville. (Zu Seite 43.)]

[Sidenote: Das Nationaldenkmal.]

Das Germaniadenkmal (Abb. 53) wurde am 28. September 1883 im Beisein
des Kaisers Wilhelm I. und vieler deutscher Fürsten enthüllt. Sechs
Jahre war an ihm gearbeitet worden, die Bausumme betrug 1⅒ Millionen
Mark. Als im Jahre 1877 am 16. August der Grundstein zu dem Denkmal
gelegt wurde, begleitete Kaiser Wilhelm ~I.~ die ersten Hammerschläge
mit den Worten:

 „Wie mein Königlicher Vater einst dem deutschen Volke vor dem Denkmal
 zu Berlin zurief, so rufe ich heute von dieser bedeutungsvollen Stelle
 den deutschen Völkern zu: Den Gefallenen zum Gedächtnis, den Lebenden
 zur Anerkennung, den künftigen Geschlechtern zur Nachahmung!“

[Illustration: Abb. 51. Rüdesheim, vom Rochusberg gesehen. (Zu Seite
43.)]

[Illustration: Abb. 52. Geisenheim. (Zu Seite 43.)]

Die Gestalt der Germania wurde nach einem Entwurfe des Professors
Schilling in Dresden gegossen. Sie mißt 10,60 ~m~, mit dem Sockel, der
mit den sinnreichen Darstellungen: „Krieg“, „Friede“, „Des Kriegers
Abschied“ und „Des Kriegers Heimkehr“ geschmückt ist, aber 34 ~m~.

[Illustration: Abb. 53. Nationaldenkmal auf dem Niederwald. (Zu Seite
44.)]

[Illustration: Abb. 54. Bingen und der Niederwald. (Zu Seite 46.)]

[Sidenote: Blick vom Nationaldenkmal. Der Mäuseturm.]

Der Blick vom Denkmal entfaltet ein ebenso reiches als prächtiges Bild.
Er reicht über den ganzen Rheingau und die Taunuskette, schweift zu der
weiß schimmernden Rochuskapelle und zur Burg Klopp, die, überragt von
dem Scharlachkopf, über dem Städtchen Bingen (10000 Einw.) (Abb. 54)
thront, folgt dem Laufe der Nahe, die aus einer Bergspalte zu kommen
scheint und zwischen Bingen und Bingerbrück in den Rhein mündet (Abb.
55), mißt den breiten Strom, der aus der weiten Ebene kommt und nun
westwärts in enger Talspalte, im Binger Loch (Abb. 57), verschwindet,
und grüßt den Mäuseturm (Abb. 56), der auf einer kleinen Rheininsel
so schmuck emporsteigt, fast schlanker noch als der hohe Turm der
Burgruine Ehrenfels (Abb. 56), die aus der rechten Talwand herausragt.
Die beiden Bauten wurden einst errichtet, um die Schiffahrt, die an
dieser Stelle auch durch Felsenriffe behindert war, bis die preußische
Regierung umfangreiche Sprengungen vornehmen ließ, sperren zu können.
Mäuseturm heißt soviel als Turm zum „Mûsen“, d. h. Ausschauen. Er wurde
von dem Erzbischof Willigis von Mainz erbaut. Das Volk aber knüpfte an
ihn die grausame Sage, daß dort der geizige Erzbischof Hatto, weil er
dem Volk das Brot verteuerte, von Mäusen zur Strafe aufgefressen worden
sei.

[Footnote B: Über den geologischen Bau des Taunus-Hunsrück vgl.
Abschnitt ~V~.]




IV. Das Rheintal von Rüdesheim bis Coblenz.


[Sidenote: Eine Rheinfahrt.]

Rheinfahrt! Welch froher, einziger Sinn liegt in diesem Worte! An
wonnige Reisetage werden wir erinnert, an Tage, wo wir die herrliche
Schönheit des Rheintals zum erstenmal schauten und mit den schönen
Bildern der Landschaft auch die Poesie des deutschen Rheinstroms in
unser Herz einziehen ließen. Die hoch und steil aufragenden Bergwände
zu beiden Seiten des Tales, die Burgen auf den rebenbekränzten Bergen,
die freundlichen Dörfchen und Städtchen am reichen Strand, vor uns die
blitzende Flut des majestätischen Stromes, dessen Wellen plätschernd
den Kiel des Schiffes umkosen, um uns Scharen froher Menschen, die wie
wir trunkenen Auges in die Landschaft schauen, und in der Hand das
Glas, gefüllt mit lieblich duftendem Rheinwein: das sind die Bilder,
die, gepaart mit frohen Augenblicken, immer wieder im Erinnern vor uns
auftauchen.

Mittag ist’s. Lustig scheint die Sonne auf die steile Bergwand des
Niederwaldes, des Weines Geister in den Rebenstöcken weckend. Von dem
Aufstieg zum Niederwalddenkmal -- sauer war er uns geworden -- sind wir
vor einer Stunde zurückgekehrt. Zu einem kleinen Frühstück fanden wir
eben noch Zeit, und nun stehen wir, zusammen mit zahlreichen Touristen,
die wie wir froh ihr Ränzlein auf den Rücken schnallten, in Rüdesheim
am sonnigen Strand, um die Ankunft des Dampfschiffes abzuwarten. Wir
wandeln auf und ab. Plötzlich Bewegung in der Menge. „Das Schiff ist in
Sicht!“ so tönt ein Rufen, und alle Blicke wenden sich südwärts, wo der
Rhein, breit wie ein See, heranflutet. Stolz wie ein Schwan durchfurcht
es die Wellen. „Lohengrin“ ist’s! eins der schönsten Schiffe der
Köln-Düsseldorfer Dampfschiffahrtsgesellschaft.

[Illustration: Abb. 55. Nahemündung, Bingen, Scharlachkopf und
Bingerbrück. (Zu Seite 46.)]

[Sidenote: Burg Rheinstein.]

In voller Fahrt! Der Windhauch des Schiffes, das in Bingen noch viele
Reisende aufnahm, fächelt auf dem Oberdeck Kühlung uns zu. Neben
uns sitzt eine holländische Familie, dort stehen zwei Engländer, in
modefarbene Anzüge gekleidet, und aus einer anderen Gruppe klingen
französische Laute an unser Ohr. Ein Stelldichein der Nationen Europas!
Vater Rhein kennt sie alle; denn er plaudert eine lange Geschichte.
Aber ob ehemals Freund oder Feind, gastlich sind sie alle geladen, und
allen lacht des Landes Schönheit. Wir fahren in engem Tale. Als wären
wir in einem norwegischen Fjorde, so schauen wir vor uns und hinter uns
in eine riesige Schlucht. Aber anders ist das Bild der hochragenden
Bergwände. Fast ebenso schroff steigen sie an manchen Stellen empor.
Aber überall hat des Menschen Hand sie berührt, überall hat sie die
Rebe gepflanzt, war es auch noch so mühsam, die Terrassen zu ebnen
und fruchtbares Erdreich auf den nackten Fels zu tragen. Frühere
Geschlechter, schon in römischer Zeit, versuchten’s, und die heutigen
Winzer wissen nicht anders, als das mühevolle Werk zu erhalten und noch
vollendeter zu gestalten. Leisteten doch noch Kühneres die Vorfahren!
Dort auf Bergeshöhe gar ein stolzer Bau! Mauern, zinnengekrönte Türme!
Eine alte Ritterburg! Faitz-, Vauts- oder Voigtsberg nannte sie die
Geschichte, zum erstenmal im Jahre 1279. Wer ihr Erbauer war,
meldet sie nicht. „Burg Rheinstein“ (Abb. 58) ist ihr jetziger Name.
Der stolze Bau sah den Glanz der Ritterzeit, erprobte seiner Mauern
Stärke in manchem Kampfe, bis ihn die Raubscharen der Franzosen 1689
in Schutt und Asche legten. Verschwundene Herrlichkeit! Doch mit dem
Gestein, das, von der Fuge getrennt, in Trümmer fällt, stirbt nicht
des Menschen Geist. Das glänzende Bild früherer Zeiten lebt in ihm
weiter, und nun sucht er es zu gestalten, in altem oder noch schönerem
Glanze. So fanden auch viele Burgen am Rhein ihre Wiedererbauer. Burg
Rheinstein ließ Prinz Friedrich von Preußen, dessen Grab sich in der
Burgkapelle befindet, neu aufführen. In der neuen Gestalt bringt sie
die Bauweise und Anlage der mittelalterlichen Burgen vortrefflich zur
Anschauung. Aus dem Rittersaal, dem Prachtraum des Herrenhauses oder
Pallas, schauten die Ritter und Burgfräulein hinab in das Rheintal.
Luftiger noch wohnte der Wächter, der auf dem höchsten Turme, dem
mächtigen Bergfried saß, der bei einer Belagerung der Burg im Falle der
Gefahr die letzte Verteidigungsstellung bildete. Zu den notwendigen
Bestandteilen einer Burg gehörten noch Torburg, Küche und Brunnen.
Nach der Angriffsseite ragte die mächtige Schildmauer auf. Nur eine
Zugbrücke, die gewöhnlich über einen tiefen Abgrund führte, stellte
die Verbindung mit der Außenwelt her. War sie hinaufgezogen, so konnte
niemand in die Burgfeste eindringen. Hinter seinen Mauern konnte der
Ritter jedem Feinde Trotz bieten. Aus diesem Gefühl der Sicherheit
wuchs der kühne Geist des Rittertums hervor.

[Illustration: Abb. 56. Der Mäuseturm und Burg Ehrenfels. (Zu Seite
48.)]

[Sidenote: Falkenburg. Sooneck. Heimburg.]

Weiter geht die Fahrt. Da ist kein Auge, das nicht die neuen Bilder
mit Spannung erwartet und freudig grüßt. Im Reisehandbuch und auf der
Karte wird aufmerksam die Fahrt verfolgt. Sollen doch die schönen
Bilder weiter leben, zusammen mit ihren berühmten Namen! Längst liegt
Aßmannshausen (Abb. 59) hinter uns, und auch Burg Rheinstein auf der
anderen, der linken Rheinseite entschwindet jetzt unseren Blicken. Die
lange Häuserreihe des Ortes Trechtingshausen, überragt von den Ruinen
der Falkenburg (Abb. 60), einer der Raubburgen, die der rheinische
Städtebund 1252 zerstören ließ, gleitet vorüber.

[Illustration: Abb. 57. Das Rheinknie bei Bingen. (Zu Seite 48.)]

Dann steigt, über dem Eingang einer engen Bergschlucht, der schlanke
Turm der prächtigen Burg Sooneck (Abb. 61) empor. Auch sie erstand
durch Fürstengunst aus ihren Trümmern. Der „Prinz von Preußen“, der
spätere Kaiser Wilhelm ~I.~, erwarb sie zusammen mit seinem Bruder
Prinz Karl von Preußen und ließ sie von 1834 ab neu herstellen. Ihr
erster Erbauer war der Erzbischof Willigis von Mainz, der zu Anfang
des elften Jahrhunderts lebte. Aber später wurde sie, gleich der
Falkenburg, ein Räubernest, und König Rudolf von Habsburg ließ sie
zerstören. Neu erstand sie aus ihrem Schutt, bis spätere Zeiten sie
wieder zerstörten. Daß die Burg Sooneck auch in unserer Zeit in neuer
Pracht hergestellt wurde, verdankt sie der prächtigen Aussicht, die
sie darbietet. „Seeartig erscheint von den Zinnen der Burg aus in
ruhiger Majestät der Spiegel des Stromes, grüne Inseln spiegeln sich
in seinem Bette, und die üppigen Weingelände von Lorch (Abb. 62)
und Trechtingshausen scheinen sich auf den Strommauern fortsetzen
zu wollen. Wild starren über den Weinbergen, die rechts den edlen
Bodentaler liefern, die Felsklippen empor; ein Bergpfad durchzieht
die finstere Schlucht der Burg zu Füßen; er führt auf des Soonwaldes
wildreiche Höhen, wo der Eber noch den Boden aufwühlt und der Hirsch
mit den gewaltigen Stangen den Buchenwald durchästet“ (Mehlis).

[Illustration: Abb. 58. Schloß Rheinstein. (Zu Seite 50.)]

[Sidenote: Lorch.]

Bis südlich von Lorch (Abb. 62), das schmuck auf dem rechten Ufer
bald vor uns auftaucht, während links das langgestreckte Dorf
Niederheimbach und die Heimburg grüßen, bauen sich die Talwände aus
Taunusquarzit auf. Es war ein mühevolles Werk, das der Rheinstrom
beim Einsägen in dieses harte Gestein auszuführen hatte. Noch hat er
es nicht ganz vollendet, noch lauern überall Quarzriffe unter seinem
Wasserspiegel, besonders bei niedrigem Wasserstande die Schiffahrt sehr
gefährdend. An vielen Stellen mußten, wie am Binger Loch, umfangreiche
Sprengungen vorgenommen werden, um diese überhaupt möglich zu machen.
Auf der folgenden Strecke, auf der der Rhein den Hunsrückschiefer
zu durchfurchen hatte, war das Werk wohl leichter. Aber manche
harte Felsbänke durchsetzen auch dort den Strom und lassen ihn wild
aufbrausen, so am Wilden Gefährt bei Bacharach, ferner bei Caub, wo
die Pfalz, eine kleine Burg, auf einem Felsen mitten im Strom erbaut
ist, sowie besonders auf der Strecke zwischen dem Kammereck und der
Lorelei. Mit dem Eintritt in den Hunsrückschiefer geht zugleich eine
große Veränderung in dem Gepräge der Landschaft vor sich. Während
der Quarzit eine ziemlich gleichmäßig zusammengesetzte Gesteinsmasse
bildet, ist der Schiefer in seinen einzelnen Lagen oft sehr verschieden
beschaffen und von ungleicher Härte. Infolgedessen sind die Formen, die
die Verwitterung und die gewaltsame Zerstörung durch den Strom und der
einmündenden Bäche entstehen ließen, mannigfaltiger, und malerischer
ist das Bild der Felswände, die ihre wuchtige Gesamterscheinung durch
einen reichen Wechsel zwischen beleuchteten kleinen Vorsprüngen und
dunkeln Klüften beleben können.

[Illustration: Abb. 59. Aßmannshausen. (Zu Seite 50.)]

Zwischen trotzigen Schieferwänden geht also die Fahrt weiter. Schon
gleich die Ruinen der hinter dem Städtchen Lorch aufragenden Burg
Nollich zeigen sich uns auf zackigem Schieferberge. Ein scharfer
Felsgrat tritt aus dessen südwestlichem Abhange heraus, die
Teufelsleiter genannt. Ein Ritter von Lorch soll einst an dieser
Stelle hinaufgeritten sein, um durch diese kühne Tat die Hand eines
Edelfräuleins zu erringen. Lorch selbst ist ein sehr alter Ort. Schon
844 wird es als Lorecha erwähnt. Im Mittelalter wohnten daselbst
viele Adlige, die, nach dem Wortlaut einer Urkunde, ein „Leben wie
im Paradiese“ führten. Auch heute hat Lorch noch manche historisch
interessante Gebäude. Die aus dem dreizehnten bis fünfzehnten
Jahrhundert stammende Martinskirche, die sich durch ihr herrliches
Geläute auszeichnet, enthält mehrere bemerkenswerte Grabdenkmäler, so
das Denkmal des Ritters Johann Hilchen von Lorch, eines Waffengenossen
Sickingens, der „in den Zügen gegen den Erbfeind, den Dürcken,
und den König zu Francreich in den Jahren 1543 und 1544 oberster
Veltmarschalck“ war. Auch das fünfstöckige Wohnhaus dieses Ritters
wird in Lorch noch gezeigt.

[Sidenote: Wispertal. Fürstenberg. Bacharach.]

Bei Lorch mündet das Wispertal in das Rheintal. Kalte Winde führt es
diesem zu, Bergwinde, die die im Rheintale aufsteigende warme Luft zu
ersetzen suchen und dem Weinbau viel Schaden zufügen.

[Illustration: Abb. 60. Die Falkenburg (Schloß Reichenstein). (Zu Seite
52.)]

Von Lorch und Burg Nollich wenden wir den Blick ab und schauen nach
links auf die gegenüberliegende Bergwand, die den kalten Windhauch
des Wispertales empfängt. Von der Höhe grüßen uns die Ruinen der Burg
Fürstenberg. Einst fuhr ein neugewählter deutscher Kaiser, Adolf von
Nassau war es, hier vorbei, auf dem Wege zur Krönung nach Aachen. Da
gebot die pfälzische Besatzung dieser Burg seinem Schifflein Halt und
forderte trotzig den Rheinzoll. So geschehen im Jahre 1292. Noch sinnen
wir nach über eines solchen Kaisers Herrlichkeit, der seine Kaiserwürde
verzollen mußte, da taucht, schimmernd im Lichtglanze des Tages, das
alte ehrwürdige Städtchen Bacharach (2000 Einw.) (Abb. 63) aus den
Fluten vor uns auf. Malerisch überragen es die roten Sandsteinbogen
einer gotischen Kirchenruine und die weitläufigen Mauertrümmer der oft
und heiß umstrittenen Burg Stahleck. Das Schiff mäßigt die Fahrt, um an
der Landebrücke anzulegen, und in Muße können wir das Bild betrachten,
dessen einzelne Züge so viele historische Erinnerungen in uns wecken.
Die mittelalterlichen Stadtmauern, die von der Burg herabkommen und
noch fast die ganze Stadt umschließen, machen uns schon klar, daß diese
eine lange Geschichte zu erzählen weiß. Im Mittelalter wurde kaum
ein Ort mehr genannt als Bacharach, und auch in der weiten Welt war
es überall bekannt. Kamen doch von dort die herrlichsten Weine, wie
Widtmanns musikalisches Kurzweil aus dem Jahre 1632 uns meldet, worin
es heißt:

    Zu Klingenberg am Main,
    Zu Würzburg an dem Stein,
    Zu Bacharach am Rhein,
    Hab’ ich in meinen Tagen
    Gar oftmals hören sagen,
    Soll’n sein die besten Wein’!

[Illustration: Abb. 61. Schloß Sooneck.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 52.)]

[Sidenote: Bacharach. Stahleck.]

Wohl haben Bacharachs Rebengehänge eine günstige Lage; denn unterhalb
der Stadt macht der Rhein eine Biegung, so daß auf dieser Strecke die
linke Bergwand mehr Sonnenbestrahlung und den warmen Hauch von Süden
empfängt. Aber dennoch ist die Lage nicht so hervorragend günstig, und
es sind nur mittelmäßige Weine, die bei Bacharach und in der Umgegend,
so im Blüchertal, das den beliebten Steeger liefert, wachsen. Der
hohe Ruf der Weine von Bacharach in früherer Zeit hatte einen anderen
Grund. Im Mittelalter war die Stadt der Stapelplatz für die meisten
Weine, die im oberen Rheintal und in dem angrenzenden Rheingau, der
besten Weingegend Deutschlands, wuchsen. Die zahlreichen Felsklippen
im Rhein machten nämlich die Schiffahrt zwischen Bacharach und Bingen
fast unmöglich. Die herrlichen Rheingauer Weine mußten auf Fuhren
nach Bacharach gebracht werden und wurden dort erst auf die Schiffe
verladen. So galten sie als Bacharacher Weine. Die frühere Bedeutung
hat Bacharach mit der Erweiterung der Rheinschiffahrt und dem Ausbau
des Eisenbahnnetzes verlieren müssen. Doch besitzt es noch immer
einige Bedeutung auf dem Gebiete des Weinhandels. Denn in den Tälern
von Steeg, von Oberdiebach und Manubach wächst eine Fülle von Wein.
Im Innern macht Bacharach einen altertümlichen Eindruck. Noch viele
alte Fachwerkbauten, Giebelhäuser mit weit vorstehendem und dadurch
schwerfällig überhängendem Obergeschoß engen die Straßen ein. Ein
altberühmtes Fachwerkhaus mit turmartigem Erker, das aus dem Jahre
1568 stammt, wurde 1897 zum Teil auf Staats- und Provinzialkosten
neu hergestellt. Hinter der spätromanischen Peterskirche steigt auf
einer kleinen Anhöhe der auch als Mauerruine noch schöne Bau der
ehemaligen Wernerskirche vor uns auf. In zierlichem gotischem Stil
war diese 1293 in Form eines Kleeblattes erbaut worden; das Maßwerk
in den Fensteröffnungen, in denen nun der Wind sein Spiel treibt,
veranschaulicht noch die edlen Formen des Baues. Nun hinauf zur Burg
Stahleck! An der Einmündung des breiten Steeger- oder Blüchertales, das
den Zugang zur Hochfläche des Hunsrück bildet und auch von Blücher als
Marschroute auf dem Zuge nach Frankreich gewählt wurde, gelegen, war
sie ein strategisch wichtiger Punkt. Nicht weniger als achtmal wurde
sie im Dreißigjährigen Krieg, zwischen 1620 und 1640, nebst der Stadt
von den Franzosen erobert, die sie auch 1689 zerstörten.

[Sidenote: Die Pfalz. Caub. Oberwesel.]

Von Eindrücken, die frühere oftmalige Einkehr im alten Bacharach
zurückgelassen hatte, durfte ich in Kürze erzählen. Nur zu schnell
setzt sich unser Schiff „Lohengrin“ wieder in Bewegung, und neue Bilder
verdrängen die alten. Die zierliche Pfalz, mitten im Strome gelegen und
von dessen Wogen oft wild umbraust, läßt uns vorübergleiten, und rechts
begleitet uns die lange Häuserreihe von Caub, überragt von der Burg
Gutenfels, die vor kurzem ausgebaut wurde. Am Ufer steht, der Pfalz
gegenüber, seit 1894 ein Denkmal Blüchers (Abb. 65). Es ist die Stelle,
wo dieser mit einem preußischen und einem russischen Armeekorps in
der Neujahrsnacht 1813/14 den Rhein überschritt. Mit Hilfe der Cauber
Schiffer wurde die Pontonbrücke geschlagen, für die die Felsklippe
der Pfalz einen vortrefflichen Stützpunkt darbot. Bei Caub wird der
beste rheinische Dachschiefer gewonnen. In dem schwärzlichen Gestein,
dessen Farbe die Sonnenstrahlen stärker auf sich sammelt, gedeiht auch
vortrefflich die Rebe.

Mit freudigem Staunen wenden wir uns dann dem prächtigen Bilde zu,
das am linken Stromesufer im Rahmen einer der schönsten Landschaften
des Rheintales erscheint, dem mit Kirchtürmen, Ringmauern und
zinnengekrönten Türmen reich geschmückten Städtchen Oberwesel (2800
Einw.) (Abb. 64). Von der Bergeshöhe schaut ernst die in Trümmern
liegende Schönburg hinab auf die freundlichen Gärten im Tale, aus denen
schmuck die zahlreichen Landhäuser Oberwesels herauslugen.

[Illustration: Abb. 62. Lorch.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 52.)]

[Illustration: Abb. 63. Bacharach und Burg Stahleck. (Zu Seite 54.)]

[Sidenote: Die Lorelei.]

Bei Oberwesel beginnt die schönste Strecke des Rheintales. Hinter der
hochragenden Felsmasse des Roßsteins stürmt der Rhein, in seinem Laufe
umbiegend, in die enge Felsenspalte des Kammereck hinein, und bei einer
neuen Biegung des Stromes fällt unser Blick auf eine andere trotzige
Felsklippe, die unmittelbar aus dem Strome, 132 ~m~ über dessen
Spiegel, emporsteigt. Es ist der sagenumwobene Loreleifelsen (Abb.
66). Die zackig auslaufenden Schichten seines schiefrigen Gesteins
steigen zum Strome hin an, so daß man das Gefühl bekommt, als ob der
Bergkoloß im Begriff wäre, sich aus den Fluten herauszuheben. Wer das
Glück hat, beim Sonnenuntergang, wenn die Abendröte die Bergesspitze
golden bemalt, oder im Mondenschein, wenn gespensterhafte Schatten den
schroffen Berg umspielen, den Anblick des Lurleifelsens zu genießen,
der glaubt auf dem hohen Bergesgipfel die schöne Jungfrau, von der
die Sage erzählt, zu schauen. Auch den Schiffer kann er sehen. Zum
Fischfange fährt er hinaus auf den Strom. In dem kühlen, wenig von
der Sonne erwärmten Wasser am Loreleifelsen hält sich mit Vorliebe
der Salm, der beste, schmackhafteste und teuerste aller Rheinfische,
auf. Dort lockt den Fischer ein guter Gewinn, und mancher mag beim
Fischfange die verborgenen Felsklippen nicht genug beachtet haben.
Aber die Sage vergoldet, gleich dem Abendrot, das golden die Spitze
des Loreleifelsens malt, in einem sinnigen Bilde den ernsten Zug des
Fischerlebens. Sie läßt den jungen Fischer lauschen auf das liebliche
Singen, das geheimnisvoll, mit gewalt’ger Melodei, von der umgoldeten
Bergesspitze hernieder klingt.

    Die schönste Jungfrau sitzet
    Dort oben wunderbar,
    Ihr gold’nes Geschmeide blitzet,
    Sie kämmt ihr goldenes Haar.
    Sie kämmt es mit goldenem Kamme
    Und singt ein Lied dabei,
    Das hat eine wundersame,
    Gewalt’ge Melodei.

    Dem Schiffer im kleinen Schiffe
    Ergreift es mit wildem Weh,
    Er schaut nicht die Felsenriffe,
    Er schaut nur hinauf in die Höh’.
    Ich glaube, am Ende verschlingen
    Die Wellen noch Schiffer und Kahn,
    Und das hat mit ihrem Singen
    Die Lorelei getan.

                            (¯Heine.¯)

Die Abstammung des Wortes Lorelei ist nicht völlig aufgeklärt. Die
einen wollen es, an das schöne Echo, das vom Berge widerklingt,
erinnernd, als „lauter Fels“ deuten. In der Bibelübersetzung Luthers
wird „lören“ in dem Sinne von „heulen, laut jammern“ gebracht.
Die Übersetzung „Totengesangfelsen“ würde zu der mit der Lorelei
verknüpften Sage passen.

[Illustration: Abb. 64. Oberwesel.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 56.)]

[Illustration: Abb. 65. Blücherdenkmal in Caub und Burg Gutenfels.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 56.)]

Von den steilen Bergwänden, die sich bis auf 165 ~m~ einander
nähern, während die Breite des Rheines bei Rüdesheim 830 ~m~ beträgt,
eingeengt, mußte der gefesselte Strom mit um so größerer Gewalt sich an
den Felsen brechen, die in seinem Bette aufragten. Bis zu einer Tiefe
von 27 ~m~ hat er dasselbe ausgefurcht. Tiefdunkel sind daher seine
Fluten, in die aber früher hier und da einzelne härtere Felsklippen
höher, gefahrdrohend für die Schiffahrt, hinaufragten, bis Sprengungen
sie beseitigten. Der helle Sonnenschein, der unserer Rheinfahrt lacht,
gibt nicht das rechte Stimmungsbild in diesem engsten, schluchtartigen
Teile des Rheintals. Wenn Gewitterwolken über dem Strome sich ballen
oder die Rheinnebel durch das Tal wallen, wenn aus dem Wolkengrau,
dem weißen Nebelschleier wie schwarze Mauern die trotzigen Bergwände
mit den Trümmerresten der Burgen herausschauen, dann erst entsteht
eine Stimmung, die in diese Landschaft hineinpaßt und uns ein düsteres
Fjordbild von Norwegens felsiger Küste vortäuschen könnte.

[Illustration: Abb. 66. Die Lurlei.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 56.)]

[Illustration: Abb. 67. St. Goar und Rheinfels.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 60.)]

[Sidenote: St. Goar. Rheinfels. Katz und Maus. Die Brüderburgen.]

Unterhalb des Loreleifelsens wird der Rhein wieder breiter, und bei St.
Goarshausen, dem das alte Städtchen St. Goar (Abb. 67) gegenüberliegt,
fand sich sogar Raum genug zur Anlage eines Sicherheitshafens, in
dem die Schiffe zur Winterzeit vor dem Eisgange oder zu anderen
Jahreszeiten vor plötzlich eintretendem Hochwasser Schutz suchen
können. Während über St. Goarshausen der hohe Turm der 1393 erbauten
Burg Katz (Abb. 68) emporragt, ist St. Goar durch die Ruinen der
umfangreichen Burg Rheinfels (Abb. 69), die mehr als 100 Jahre
älter ist, malerisch geschmückt. Die Besitzer dieser beiden Burgen
waren die Grafen von Katzenelnbogen, die eine Stunde landeinwärts
auch die Burg Reichenberg (Abb. 70) besaßen. Spottweise nannten
diese eine andere Burg, die wenig unterhalb von der rechten Talwand
herniederschaut, die Maus. Dann erscheinen auf derselben Seite, nach
einer längeren Strecke, auf wildgerissenen Felsen die Trümmer der
beiden „Brüderburgen“ Liebenstein und Sterrenberg. Eine tiefe Schlucht
trennt die beiden Burgen voneinander, über die die Geschichte wenig
Verbürgtes zu melden weiß. Gesprächiger ist die Sage. Sie erzählt
von zwei Brüdern, die, nachdem sie ihre blinde Schwester bei der
Erbschaftsteilung betrogen haben, selbst miteinander in heftigen Streit
geraten und sich gegenseitig töten. Anders berichtet Horn die Sage.
Zwei Brüder liebten eine Maid -- Gräfin Laura nennt Heine sie -- und
gerieten darüber in Streit.

    „Wehe! Wehe! Blut’ge Brüder!
    Wehe! Wehe! Blut’ges Tal!
    Beide Kämpfer stürzen nieder,
    Einer in des andern Stahl.“

                       (¯Heine.¯)

[Illustration: Abb. 68. St. Goarshausen und Ruine Katz.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 60.)]

[Illustration: Abb. 69. Ruine Rheinfels, mit Durchblick nach St.
Goarshausen.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 60.)]

[Illustration: Abb. 70. Burg Reichenberg bei St. Goarshausen.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 60.)]

[Sidenote: Salzig.]

Gegenüber den beiden Brüderburgen und dem Kloster Bornhofen, einem
vielbesuchten Wallfahrtsort, liegt, umschattet von Hunderten von
Kirschbäumen, das Dörfchen Salzig. Im Frühling entfalten die
Kirschenhaine einen Blütenschmuck, daß das Auge, wie schon Wolfram von
Eschenbach sang, „schier trunken wird ob solcher Pracht“. Im Juni aber,
wenn die Kirschenernte stattfindet, fließt ein reicher Goldsegen in
den berühmten Kirschenort. In kleinen Körbchen wandern die rotbackigen
süßen Früchte auf den Kirschenmarkt nach Coblenz, wo zahlreiche Händler
aus allen Städten des Niederrheins, sowie aus Holland und England sich
einfinden. Bei guter Ernte soll Salzig einen Erlös von 200000 Mark aus
seinen Kirschen machen. Auch die Rheinorte, die weiter unterhalb vom
baumgeschmückten Strand grüßen, wie Camp, das Städtchen Boppard, ferner
Filsen, Osterspay, Ober- und Niederspay, treiben neben dem Weinbau
einen bedeutenden Obstbau. Im Frühling sind diese Ortschaften von dem
weißen Blütenmeer der Kirschbäume, in dem hier und da, wie ein duftiger
Strauß, das liebliche Rosa eines Pfirsichbaumes erscheint, umrahmt.

[Sidenote: Boppard.]

Zwar lacht nicht des Frühlings Blütenpracht bei der Ankunft unseres
Schiffes, des stolzen „Lohengrin“, im gastlichen Boppard (6600 Einw.)
(Abb. 71). Aber der Schmuck der schönen Gärten, die die zahlreichen
Villen umgeben, erfreut unser Auge und lockt mehr noch die, welche mit
ihrem Reisebündel bereit stehen, das Schiff zu verlassen. Genußreiche
Wanderungen werden sie hinauf führen zur Bergeshöhe, wo der Landschaft
Pracht zu ihren Füßen liegt, zum Vierseenplatz, wo sie den sich
krümmenden Rheinlauf vierfach zwischen den Bergen aufblitzen sehen,
oder in das anmutige Mühltal (Abb. 72). So heiter lacht des Lebens,
der Gegenwart frischer Reiz, und fast vergessen wir, den Geist in die
lange Geschichte zu versenken, von der Boppard zu erzählen weiß. Von
den Kelten wurde das alte Bodobriga gegründet. Die Römer errichteten
daselbst ein Wurfmaschinendepot (~balistarii Bodobricae~). Im vierten
Jahrhundert n. Chr. wurde der Ort von ihnen von neuem stark befestigt.
Bedeutende Reste dieser spätrömischen Festungsanlage sind noch
erhalten. Es konnte festgestellt werden, daß dieselbe ein Rechteck
von etwa 300 ~m~ Länge und halber Breite bildete und von einer 3 ~m~
dicken und 8 ~m~ hohen Ringmauer, in der sich vier runde Ecktürme
und 24 halbrunde Mauertürme befanden, umgeben war. Im dreizehnten
Jahrhundert wurde Boppard, das seit dem zwölften Jahrhundert freie
Reichsstadt gewesen war, zusammen mit Oberwesel an den Erzbischof von
Trier verpfändet. Von mittelalterlichen Gebäuden sind besonders die
in der Mitte der Stadt gelegene spätromanische Pfarrkirche, deren
alte Malereien 1894 und 1895 sorgfältig erneuert wurden, die gotische
Karmeliterkirche und die ehemalige kurtriersche Burg, die jetzt als
Amtsgericht dient, zu nennen.

[Illustration: Abb. 71. Boppard und Filsen von „Alte Burg“ aus gesehen.

Nach einer Photographie der Neuen Photographischen Gesellschaft in
Berlin-Steglitz. (Zu Seite 64.)]

[Sidenote: Die Bopparder Hamm. Marksburg.]

Von dem freundlichen Bilde Boppards müssen zu schnell wir wieder
scheiden. Weiter geht die Fahrt, und auf eine hochragende steile
Bergwand, die Bopparder Hamm genannt, steuert unser Schiff los. Quer
ist diese dem Strome vorgelagert, der vor ihr nach Osten umbiegen muß.
Keine Bergwand im ganzen Rheintal, abgesehen vom Rüdesheimer Berg,
hat eine solche günstige Lage nach Süden wie die Bopparder Hamm. Ein
vorzüglicher Wein wächst auf derselben. Bis hoch hinauf ist sie mit
Reben bepflanzt. Beim Vorbeifahren müssen wir den Kopf weit zurück
in den Nacken legen, um zu den obersten Weinbergen hinaufschauen zu
können. Zur rechten Hand begleitet uns dagegen eine kleine Niederung,
die dicht mit Bäumen bepflanzt ist. Der Gegensatz zwischen der
hochragenden, steilen Felswand zur Linken, auf der der Winzer seiner
Rebe nur mit großer Mühe ein Plätzchen erobern konnte und erhalten
kann und den fruchtbaren Talgefilden zur Rechten, wo die Rheinbewohner
mühelos pflanzen und ernten können, verleiht dem Rheintale einen neuen
Zauber. Bis Coblenz hin bleibt ihm dieser Wechsel erhalten. Vor der
Bergwand zur Linken muß der Rhein nach Osten ausweichen. Aber eine
andere Bergwand tritt ihm nun im Osten entgegen. Sie zwingt ihn,
von neuem auszubiegen und wieder die alte Richtung nach Nordwesten
einzuschlagen. Aber der mächtige Strom tut’s nicht ohne Kampf. Er nagt
und frißt nun an der östlichen Bergwand, und an dem linken Ufer, wo er
ruhiger strömt, lagert er einen Niederungssaum ab, der immer breiter
wird. Auf diesem haben die beiden Dörfchen Ober- und Niederspay, die
gleich Salzig und Boppard von zahllosen Obstbäumen umschattet sind, ein
herrliches Plätzchen gefunden. Auf dem bergigen rechten Ufer aber ragt,
beherrschend über das herrliche Tal und den Strom hinwegschauend, über
dem Städtchen Braubach die stattliche Marksburg (Abb. 74) empor.

[Illustration: Abb. 72. Boppard a. Rh. und Blick in das Mühltal.

Nach einer Photographie von Louis Glaser in Leipzig. (Zu Seite 64.)]

[Sidenote: Marksburg. Königsstuhl.]

Die Marksburg, auf hohem Fels, 150 ~m~ über dem Rheinspiegel
gelegen, ist die einzige unzerstörte Burg am Rhein und im ganzen
noch wohl erhalten. Sie kann daher als ein lehrreiches Beispiel des
mittelalterlichen Burgbaues gelten. Der Verein zur Erhaltung deutscher
Burgen, in dessen Besitz die Marksburg vor kurzem übergangen ist,
hat diese wieder in guten Stand setzen lassen. Die Innenräume sind
mit Hausgerät, Waffen usw. wieder so ausgestattet worden wie zur
Ritterzeit. Die Besucher der Burg erhalten also ein anschauliches Bild
von der Stätte, wo einst die Ritter gelebt haben. Wir hatten schon
auf S. 50 die Hauptbestandteile einer mittelalterlichen Burg kennen
gelernt. Wenn die Marksburg wieder vollständig eingerichtet ist,
wird sie uns auch manches aus dem häuslichen Leben der Ritterfamilie
erzählen. Sie hatte es in vielem nicht so gut wie wir in unserer
heutigen Zeit, obgleich eine stolze Burg ihr Heim bildete. Besonders in
dem langen Winter ging es ihr herzlich schlecht. Da war man gezwungen,
in Pelze gehüllt, mit fröstelndem Gefühl an dem nur mangelhaft
geheizten offenen Kamin zu sitzen. Bei schlechter Witterung mußten
auch tagsüber die Fensterläden geschlossen werden, denn die kleinen
trüben Horn- oder Pergamentfensterscheiben boten nicht soviel Schutz
wie unsere hellen Glasscheiben. Alles wohnte enge zusammen, und oft
mußte der Wohnraum auch als Schlafraum dienen. Aus dem winterlichen
Leben der Burgbewohner erklärten sich die sehnsuchtsvollen Klagen
der von Burg zu Burg ziehenden Minnesänger, daß der Winter gar nicht
weichen und der holde Sommer gar nicht nahen wolle. Wie ganz anders
war das Burgleben zur schönen Sommerzeit! Dann war es lustig, vom
hohen Burgerker in das sonnige Tal, auf die Häuser und Gärten und
auf den von Schiffskähnen belebten Strom herniederschauen zu können.
Dann war es auch luftiger und heller in den Zimmern, besonders im
Saale, dem Hauptraume des Palas, dessen Wände und Boden mit bunten
Teppichen geschmückt waren. Das Hauptvergnügen der Burgbewohner waren
die Kampfspiele und die Jagd. Es muß ein herrlicher Anblick gewesen
sein, wenn das Burgtor sich öffnete und der Ritter mit den Edeldamen
und seinen Knappen, alle in farbenprächtiger Kleidung und die Männer in
glänzender Rüstung, hinausritten und die Rosse mit lautem Gepolter über
die heruntergelassene Zugbrücke trabten.

[Illustration: Abb. 73. Der Königsstuhl bei Rhens.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 66.)]

Entschwundene Zeiten! entschwunden für immer! Die Burgen mag man
wiederherstellen, die Menschen, die in ihnen wohnten und die in jene
Zeit paßten, kann man nicht mehr aus den Gräbern rufen. Dies sagt uns
auch der Königsstuhl (Abb. 73), der am Rheinufer bei Rhens, einem
Städtchen auf der linken Rheinseite, verlassen von den Geschlechtern,
die ihn erbauten, dasteht. Er war einst der Ort, wo sich die
deutschen Kurfürsten, um über Reichsangelegenheiten sich zu beraten,
versammelten. 1376 wurde er vom Kaiser Karl ~IV.~ errichtet. Warum er
diesen Platz wählte, das erklärt uns ein Blick auf eine historische
Karte. Gegenüber dem Königsstuhl stießen die Gebiete von vier deutschen
Kurfürsten im Rhein zusammen. Rhens gehörte zu Cöln, Braubach zur
Pfalz, Lahnstein zu Mainz und Stolzenfels zu Trier. Im Laufe der
Jahrhunderte war der berühmte Bau, als seine hohen Gäste nicht mehr
kamen, allmählich fast zur Ruine geworden. Im Jahre 1843 wurde er
mit Benutzung der Trümmer in seiner alten Gestalt wieder hergestellt.
Das achteckige, kanzelartige Bauwerk hat eine Höhe von beinahe 6 ~m~
und einen Durchmesser von 7 ~m~. Eine Freitreppe führt zu seinem Sitze
hinauf.

[Illustration: Abb. 74. Braubach und die Marksburg.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 65.)]

[Sidenote: Lahneck. Stolzenfels. Coblenz.]

Noch einmal entfaltet das Rheintal seine ganze Schönheit dort, wo
von rechts, über den in breiter Niederung liegenden Schwesterstädten
Oberlahnstein (rund 8500 Einw.) und Niederlahnstein (rund 4500 Einw.),
die durch die einmündende Lahn getrennt sind, Burg Lahneck, von links
das stattliche Schloß Stolzenfels von der Höhe herniedergrüßen.
Burg Stolzenfels (Abb. 75 u. 76) ließ in den Jahren 1442 bis 1459
der trierische Erzbischof zur Erhebung des Rheinzolles erbauen. Die
Franzosen zerstörten sie 1689. Der kunstsinnige König Friedrich Wilhelm
~IV.~ ließ als Kronprinz sie von 1836 bis 1842 nach Schinkelschen
Entwürfen wiederherstellen in neuer Pracht. Prächtig hebt sich der
stolze Bau, den man Stolzenfels taufen möchte, wenn er nicht schon so
hieß, von dem waldesdunkeln Hintergrunde ab.

[Illustration: Abb. 75. Capellen und Schloß Stolzenfels.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 68.)]

Nach dem steten Anblick der steilen Rebengehänge des Rheintals, die
doch häufig kahl erscheinen, begrüßen wir die waldgeschmückten Berge
mit doppelter Freude. Solche begleiten uns nun auf beiden Seiten, bis
hinter den Bogen von zwei festen Rheinbrücken links das Häuserbild von
Coblenz (55000 Einw.) (Abb. 78) vor uns auftaucht.

Wir sind am ersten Ziele unserer Rheinfahrt, in Coblenz, angelangt.
Eine lange Reihe prächtiger Gasthöfe heißt am Stromesufer uns
willkommen. Weiter zieht „Lohengrin“, unser Schiff, um auch anderen
Rheinstädten Scharen von frohen Reisenden zuzuführen.

[Illustration: Abb. 76. Stolzenfels und Oberlahnstein.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 68.)]

[Sidenote: Coblenz, Geschichte.]

Die eigenartige Schönheit des Landschaftsbildes von Coblenz beruht
nicht zum wenigsten auf dem Wechsel zwischen waldgeschmückten
Bergkuppen und kahlen Felswänden. Besonders der Gegensatz zwischen
dem hochgewölbten, wohlgerundeten Kühkopf, der bis obenhin in dichtem
Waldkleide prangt und im Süden der Stadt aufsteigt, und zwischen der
schroffen, tief durchfurchten Felswand des Ehrenbreitsteins (Abb.
77), dessen felsiges Gepräge durch die Steinmassen der Festungswerke
noch verstärkt wird, beherrscht die Landschaft.

[Illustration: Abb. 77. Ehrenbreitstein.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 70.)]

[Illustration: Abb. 78. Der Rhein bei Coblenz.

Neue Photographische Gesellschaft in Berlin. (Zu Seite 68.)]

[Sidenote: Coblenz.]

Coblenz’ herrliche Lage ist unbestritten, und jeder, der vom Plateau
des Ehrenbreitsteins und von den andern Höhen hinabschaute auf
die Stadt, auf die beiden sich vermählenden Ströme und auf die
Waldberge ringsum, vermag das Bild dieses Anblicks im Geiste nicht
mehr zu löschen. Auch die Stadt Coblenz selbst schreitet jetzt einer
schnellern Entwicklung entgegen, nachdem ein enger Festungsgürtel
zu lange die Bautätigkeit gehemmt hatte. Besonders nach Süden hin
beginnt sich ein schöner, neuzeitlicher Stadtteil zu entwickeln.
In der Altstadt dagegen ist es düster und enge, besonders in dem
Stadtteil an der Mosel, in dessen Anlage wir den ältesten Kern von
Coblenz unschwer wiedererkennen. Ob das alte ~Confluentes~, benannt
nach dem Zusammenfließen von Rhein und Mosel, das in späterer Zeit
auch ~Castellum Confluens~ oder ~Castrum Confluentes~ oder kurz
~Confluentia~ hieß, nur eine römische Poststation bezeichnete, oder
ob schon frühzeitig ein römisches Bollwerk an diesem wichtigen
Punkte errichtet wurde, kann nicht mehr festgestellt werden. Denn
bedeutende römische Bauwerke sind gar nicht erhalten, und auch auf
die Grundmauern derselben ist man nur selten gestoßen. Wie mächtige
Eichenpfähle, die man im Moselbette fand, bewiesen haben, führte in
der Römerzeit eine Brücke über die Mosel. Durch Chlodwig wurde das
römische Kastell in einen fränkischen Königshof verwandelt. Durch eine
Schenkung des Kaisers Heinrich ~II.~ gelangte dieser mit ausgedehntem
Domänenbesitz (~quaedam nostri iuris curtis nomine confluentia~) im
Jahre 1018 in den Besitz der Erzbischöfe von Trier. Der kleine Ort
wuchs zum Rheine hin, wo schon längst, ursprünglich auf einer Insel,
ein Kirchlein sich erhob. Die Gebeine des heiligen Kastor, der in
Carden an der Mosel gestorben war, wurden darin aufbewahrt. Die
Normannen zerstörten dasselbe im Jahre 822. Die jetzige Kastorkirche,
die älteste und geschichtlich interessanteste Kirche der ganzen
Gegend, stammt aus späterer Zeit, wohl aus dem zwölften Jahrhundert,
mit Bauresten jedoch aus früherer Zeit. Im Innern besitzt sie manche,
kunstgeschichtlich wertvolle Denkmäler. Nach außen wirkt der Bau,
besonders durch seine wenig belebte Umgebung, ziemlich nüchtern. Im
dreizehnten Jahrhundert wurde die immer mehr sich vergrößernde Stadt
mit Mauern und Festungswerken umgeben. So konnte sie Trutz bieten den
Stürmen der Kriegszeiten, und auch Handel und Gewerbe fanden die nötige
Sicherheit, um festen Fuß fassen zu können. Durch den Handelsverkehr
und durch Bündnisse mit anderen rheinischen Städten vermehrte Coblenz
sein Ansehen bedeutend. Es kann als ein Zeichen von Kraft gelten,
daß im vierzehnten Jahrhundert der Bau einer steinernen Moselbrücke,
die heute noch den Fluß mit ihren zahlreichen, gedrungenen Bogen
überspannt, geplant und ausgeführt werden konnte. Im Jahre 1343 war
die Anlage einer Brücke, „also schön als man in tewtcher Nacion soll
finden“, genehmigt worden. Schon im Jahre 1364 war sie fertig; denn
die Geschichte meldet, daß in diesem Jahre Karl ~IV.~ über dieselbe
seinen Einzug in Coblenz hielt. Im fünfzehnten Jahrhundert wurde die
Moselbrücke erneut und in der neuesten Zeit, im Jahre 1884, damit
sie dem anspruchsvolleren neuzeitlichen Verkehr genügen könnte,
verbreitert. Den lebhaften Verkehr der Vorstadt Lützel-Coblenz und
der zahlreichen, in der fruchtbaren Rheinebene gelegenen Orte mit
der Stadt Coblenz hat sie zu vermitteln. Indem wir uns dem Strom der
Fußgänger, unter denen besonders Landleute und Soldaten vorwiegen,
anschließen, fällt unser Blick auf ein unmittelbar am Ausgange der
Moselbrücke stehendes altertümliches Gebäude. Es ist die alte Burg,
die sich die Kurfürsten von Trier errichten ließen. Ihr Bau stammt
aus dem Jahre 1276. Sie war ein Lieblingsaufenthalt des Kurfürsten
Lothar von Metternich, unter dessen Führung sich in ihren Mauern ein
bedeutungsvolles geschichtliches Ereignis, nämlich die Gründung der
katholischen Liga im Jahre 1609 vollzog. Nach der Fertigstellung
des am Rhein gelegenen Residenzschlosses gegen Ende des achtzehnten
Jahrhunderts verlor die alte Burg ihre Bedeutung. Die Neuzeit achtete
nicht die Weihe der Vergangenheit. Bis vor wenigen Jahren wurde in
dem stattlichen Gebäude eine Blechfabrik betrieben. Durch Ankauf
desselben hat die Stadt Coblenz dem unwürdigen Zustande ein Ende
gemacht. Sie will die alte Burg als Museum benutzen und in ihr die
städtische Gemäldesammlung unterbringen. Noch manche altertümliche
und interessante Gebäude besitzt Coblenz, so die aus dem Anfang des
zwölften Jahrhunderts stammende Florinskirche, die 1431 vollendete
Liebfrauen- oder Oberpfarrkirche, die ebenfalls alte, 1609 bis 1617
aber umgebaute Jesuitenkirche, das jetzt als Realgymnasium dienende
Kaufhaus, das im Jahre 1479 als Rathaus erbaut worden war, ferner das
1530 errichtete, mit einem hübschen Erker verzierte Schöffenhaus, in
dem die in der Umgegend gefundenen römischen und fränkischen Altertümer
untergebracht sind, und das ehemalige Deutsche Herrenhaus, das aber
mit Benutzung älterer Gebäudeteile aus dem fünfzehnten und siebzehnten
Jahrhundert umgebaut wurde und nun als Staatsarchiv dient, auf dem
„Deutschen Eck“. Am Rhein wurde vor einigen Jahren ein monumentales
neues Gebäude für die Königliche Regierung errichtet.

[Illustration: Abb. 79. Kaiser Wilhelm-Denkmal in Coblenz. (Zu Seite
75.)]

[Illustration: Abb. 80. Kreuznach, vom Pavillon gesehen.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 88.)]

[Illustration: Abb. 81. Nahebrücke und Schloß Kauzenberg. (Zu Seite
89.)]

Das großartigste, schon einer neueren Zeit angehörende Gebäude von
Coblenz ist das jetzige Königliche Schloß, das frühere Residenzschloß
der Kurfürsten von Trier. Sein Erbauer ist der Kurfürst Clemens
Wenzeslaus, der für dasselbe eine für die damalige Zeit recht
bedeutende Bausumme von 650000 Talern aufwendete. Der langgestreckte
Bau ist sowohl auf der Rhein- als auch auf der Stadtseite, wo sich
der baumbesetzte Schloßplatz ausbreitet, mit einem achtsäuligen,
jonischen Portikus geschmückt. Einen reichen Wandel der Zeiten hat das
Schloß schon miterlebt. Im Jahre 1786 hielt sein Erbauer, der Kurfürst
Clemens Wenzeslaus, seinen feierlichen Einzug. Bis 1794 wohnte er in
ihm. Dann sah es die französischen Machthaber in seinen Gemächern,
die vorher von den französischen Soldaten ausgeplündert worden waren.
Unter preußischer Herrschaft diente es zunächst militärischen Zwecken.
Erst nachdem ihm König Friedrich Wilhelm ~IV.~ durch Stüler eine
neue Einrichtung gegeben hatte, konnte es seinem alten Zwecke wieder
dienen. Bald sollte das Schloß einen königlichen Bewohner erhalten.
Der Prinz von Preußen, der spätere Kaiser Wilhelm ~I.~, bewohnte als
Militärgouverneur von Rheinland-Westfalen dasselbe in den Jahren 1850
bis 1858 mit seiner Gemahlin, der späteren Kaiserin Augusta. Während
dieser Zeit entwarf er, in gemeinsamer Arbeit mit hervorragenden
Offizieren, den Plan zur Reorganisation des preußischen Heeres. Seine
Gemahlin aber gewann den Coblenzer Aufenthalt so lieb, daß sie auch
als Königin und Kaiserin alljährlich im Frühling und im Herbst mehrere
Wochen das Schloß bewohnte. Ihre eigne Schöpfung sind die herrlichen
Rheinanlagen, die sich vom Königlichen Schlosse an, etwa 2½ ~km~ weit,
nach Süden längs des Rheines ziehen. Stände auch nicht das Denkmal
der hochherzigen Kaiserin inmitten der von schönen Promenadenwegen
durchzogenen Gehölzpartien, ein ehrenvolles Denkmal hat sie sich in
der schönen und daher zur Pflege des Schönen immerfort einladenden
Rheinlandschaft selbst gesetzt. Dankbaren Herzens erinnern sich die
Coblenzer der Donnerstag-Nachmittag-Konzerte, bei welchen die Kaiserin
mit Vorliebe unter den Spaziergängern und Konzertbesuchern weilte.
Als Kaiser Wilhelm nach den Emser Verhandlungen, bei Ausbruch des
Krieges von 1870, zusammen mit der Königin in den Anlagen erschien,
da umbrauste ihn die erste jener großartigen Huldigungen des Volkes,
die ihn begleiteten auf der ganzen Reise nach Berlin. Wir lesen die
Inschrift, die auf dieses Ereignis hinweist, und eine innere Stimme
ruft uns hin nach dem Deutschen Eck, wo wir dem Heldenkaiser vor
seinem großartigen Reiterstandbild (Abb. 79) erneut unsere Huldigung
darbringen können. Dasselbe ist wohl das großartigste rein persönliche,
von fast allem symbolischen und von allem historischen Beiwerk frei
gehaltene Denkmal der Welt. Die Rheinprovinz ließ es nach einem
Entwurf von Bruno Schmitz an dieser geschichtlich und landschaftlich
bedeutsamen Stelle, wo Rhein und Mosel ihre Fluten mischen, errichten.
Das 14 ~m~ hohe, in Kupfer getriebene Reiterbild des Kaisers ist von
einem 9 ~m~ hohen Genius, dem Träger der Kaiserkrone, begleitet. 22 ~m~
hoch erhebt sich der Unterbau des Denkmals, und dieser ist von einer
halbkreisförmigen, 18 ~m~ hohen Pfeilerhalle umgeben. Über eine 45 ~m~
breite untere Freitreppe steigen wir zur 1200 ~qm~ großen Hochterrasse
und lesen am Unterbau des Denkmals über einem mächtigen Adlerrelief
die in gotischen Buchstaben geschriebene Widmung „Wilhelm dem Großen“.
Ein Fußrelief zeigt uns, auf den Zusammenfluß von Rhein und Mosel
hindeutend, den Vater Rhein und die aus den Fluten auftauchende
Mosella. Im Jahre 1897 fand die Enthüllung des Denkmals statt, durch
dessen Errichtung an dieser bevorzugten Stelle zugleich ein neuer
schöner Standpunkt zur Betrachtung des herrlichen Landschaftsbildes von
Coblenz gewonnen wurde.

[Illustration: Abb. 82. Der Rheingrafenstein. (Zu Seite 91.)]

[Illustration: Abb. 83. Münster am Stein. (Zu Seite 92.)]

[Illustration: Abb. 84. Die Ebernburg. (Zu Seite 92.)]

Coblenz hat wohl zu allen Zeiten vorwiegend eine strategische Bedeutung
gehabt. Von der Stelle aus, wo es seine Bollwerke errichtete, konnte
dem Rheintal und dem quer zu diesem gerichteten Moseltale zugleich
Schutz geboten werden. Auch das etwas oberhalb sich öffnende Nebental
der Lahn, das die nur etwas verschobene Fortsetzung des Moseltales
bildet, war durch Coblenz geschützt. Riesige Summen sind auf die
Befestigung der meisten der rings um die Stadt aufsteigenden Höhen
verwendet worden, besonders des Ehrenbreitsteins. Dieser Berg trug
schon im Mittelalter eine kurtrierische Landesfestung, die im
Dreißigjährigen Kriege eine bedeutende Rolle spielte und im Jahre
1799 von den Franzosen erst nach einer heldenmütigen Verteidigung
erobert wurde. Die heutigen Festungswerke stammen aus den Jahren 1816
bis 1826. Sie wurden unter Leitung des preußischen Generals von Aster
aufgeführt. Einst galten sie als uneinnehmbar. In der Neuzeit haben
sie jedoch, infolge der großen Verbesserungen des Geschützwesens, ihre
frühere Bedeutung fast ganz eingebüßt. Von benachbarten Bergkuppen
aus können sie, sowie die Feste Asterstein, die sich auf derselben
Rheinseite auf der Pfaffendorfer Höhe erhebt, die auf der linken
Rheinseite gelegene Kartause und die noch nördlich von der Mosel in
der Rheinebene gelegenen Vorwerke leicht zusammengeschossen werden. So
ist Coblenz aus einer Festung ersten Ranges zu einer Festung zweiten
Ranges herabgesunken, die nur noch durch ihre starke Besatzung und als
Kommandositz des ~VIII.~ Armeekorps an ihre frühere hohe strategische
Bedeutung erinnert.

[Illustration: Abb. 85. Hutten-Sickingen-Denkmal auf der Ebernburg.

(Zu Seite 94.)]

Als Kreuzungspunkt zweier großen Talfurchen, der Rhein- und der
Mosel-Lahn-Furche, hat Coblenz eine wichtige Verkehrslage. Schon
ein Blick auf sein Landschaftsbild, auf seine drei Rhein- und zwei
Moselbrücken, unter denen sich im ganzen drei Eisenbahnbrücken
befinden, überzeugt uns hiervon. Die geringe Verschiebung des Lahntales
nach Süden bewirkte aber, daß als besonderer rechtsrheinischer
Verkehrsmittelpunkt neben Coblenz auch die Doppelstadt Ober- und
Niederlahnstein aufblühen konnte, so daß jenem nur die Fortführung
des linksseitigen Rhein- und die Anknüpfung des Moselverkehrs, dieser
dagegen die Fortführung des rechtsseitigen Rhein- und die Anknüpfung
des Lahnverkehrs zufielen. Erhöht wird die Gunst der Lage von Coblenz
durch die unmittelbare Nachbarschaft eines größeren, sehr fruchtbaren
Talbeckens, der gut angebauten Niederung des Neuwieder Beckens. Indem
aber der Rhein die Stadt von dessen rechtsrheinischem und die Mosel
sie von seinem linksrheinischen Teile abschloß, konnte sie nicht
verhindern, daß neben ihr in dem einen Neuwied (fast 20000 Einw.), in
dem anderen Andernach (9000 Einw.) als größere Orte aufblühten, die
besonders für das Gebirgshinterland des Westerwaldes und der Eifel
Bedeutung erlangten. So hatte Coblenz auch mit hemmenden Einflüssen zu
kämpfen, die es ihm erschwerten, ein weites Gebiet wirtschaftlich eng
an sich zu gliedern. Seine Lage ist in Wirklichkeit keine so zentrale
als die von Frankfurt oder Mainz oder selbst als die von Trier.
Immerhin genügt die Gunst der Lage, um der Stadt den Vorrang, der ihr
als Sitz der Provinzial-, Regierungs- und Militärbehörden zugefallen
ist, auch wirtschaftlich zu stützen. Die endlich in Fluß gekommene
Stadterweiterung wird auch mancherlei Gewerben, die bisher in dem engen
Festungsgürtel keinen Raum finden konnten, eine Heimstätte bieten
können. Von Bedeutung ist gegenwärtig nur die Champagnerbereitung,
deren Entwicklung an den lebhaften Weinhandel anknüpfte, den Coblenz
betreibt. Alljährlich finden im Frühling und Herbst bedeutende
Weinversteigerungen statt. Coblenz ist auch ein Mittelpunkt des Obst-
und besonders des Kirschenhandels. Der reiche Kirschensegen der
Orte Salzig am Rhein und Güls an der Mosel geht zum großen Teil zum
Coblenzer Kirschenmarkt, der Anfang bis Mitte Juni abgehalten wird, und
auf dem sich zahlreiche Händler einfinden. Gegenwärtig zählt Coblenz
55000 Einwohner. Zählen wir die Nachbarorte Moselweiß, Ehrenbreitstein
und Pfaffendorf, wo viele Coblenzer Familien Wohnung suchen mußten, die
die eingeengte Stadt ihnen früher nicht zu geben vermochte, so erhalten
wir eine Gesamtbevölkerung von etwa 75000.

[Illustration: Abb. 86. Die Altenbaumburg. (Zu Seite 94.)]




V. Der Hunsrück nebst dem Nahe-, Saar- und Moseltal.


[Sidenote: Der Hunsrück.]

Der Hunsrück ist ein geographisch scharf abgegrenztes Gebiet.
Im Osten trennt ihn die etwa 200 ~m~ tiefe Rheinfurche von dem
Taunus, im Norden zieht die Mosel eine fast ebenso tiefe Furche als
Scheidelinie gegen die Eifel, im Westen bezeichnet der bedeutendste
Zufluß der Mosel, die wasserreiche Saar, die Grenze, und nur im Süden
ist die Abgrenzung des Gebietes nicht so scharf. Im Südosten bildet
die Nahe als ein kleinerer Fluß schon eine viel weniger deutlich
ausgeprägte Grenzlinie, und im Südwesten geht der Hunsrück unmerklich
in das hügelige Gelände des Saarbrückener Steinkohlengebirges über.
Schwieriger ist es, den Hunsrück auch als eine geologische Einheit
abzugrenzen. Mit dem Taunus stimmt er in seinem inneren Bau so überein,
daß der eine als die Fortsetzung des anderen betrachtet werden muß
und die nachfolgenden geologischen Bemerkungen auch für jenen gelten
können. Der von den Geologen mit Vorliebe für den Hunsrück gebrauchte
Name „Linksrheinischer Taunus“ drückt die Zusammengehörigkeit der
beiden Gebiete deutlich aus. Die Rheinfurche ist nichts weiter als
ein großartiger Durchschnitt durch die Taunusfalte des Rheinischen
Schiefergebirges, und einen zweiten Durchschnitt schuf fern im Westen,
wo diese Erdfalte noch nicht völlig verflacht ist, die Saar. Erst eine
kleine Strecke westlich von dieser Talfurche tauchen die Schichten
des Hunsrück unter die lothringische Trias unter. Im Norden kommt
der Moselfurche in geologischer Hinsicht eine ganz andere Bedeutung
zu als der Rheinfurche. Sie trennt die Taunus-Hunsrückfalte von dem
ebenfalls nordöstlich gerichteten Faltensystem der Eifel. In der
Moselsenkung fanden auch nach der Aufrichtung jener Faltengebirge noch
neue Erdbildungen statt. Das Buntsandsteinmeer und in noch jüngerer
Zeit das Jurameer griffen von Westen in dieselbe hinein und ließen
wenigstens im westlichen Teile ihre Bildungen entstehen. Im Osten
aber, in der Verlängerung der Moselfurche, brach das Senkungsfeld des
Neuwieder Beckens ein, das die vier großen Schollen des Rheinischen
Schiefergebirges, Taunus, Hunsrück, Eifel und Westerwald, auf der
Ecke, wo sie zusammenstoßen würden, deutlicher voneinander trennte,
als es Flußtäler vermögen. Im Süden bezeichnet die Diskordanz (=
ungleiche Lagerung) der karbonischen Schichten des Saarbrückener
Steinkohlengebirges und des Rotliegenden, die die Faltenbewegung des
Hunsrück nicht mehr zeigen, also erst nach dieser entstanden sind,
dessen Grenze. Im Gebiet des Rotliegenden fanden, in der Nahegegend,
die vulkanischen Ausbrüche des schwärzlichen Melaphyr- und des
rötlichen Porphyrgesteins statt.

[Illustration: Abb. 87. Kirn und die Kyrburg. (Zu Seite 94.)]

[Sidenote: Der Hunsrück, Entstehung und Namen.]

Über die Herkunft des Namens Hunsrück ist viel herumgestritten
worden, und noch immer scheinen die Geister nicht einig zu sein. Drei
Deutungen streiten miteinander. An „Hundesrücken“ zu denken, legte
der Klang des Wortes nahe. Die Namengebung wäre dann verwandt mit der
des „Katzenbuckel“ im südlichen Odenwald. Aber gerade jene Deutung
wurde viel bekämpft und ihr die Ableitung von „Hünenrücken“ = hoher
Rücken entgegengestellt, bis neuerdings Gymnasialdirektor Back im
„Hochwald- und Hunsrückführer“ wieder für die zuerst genannte Ableitung
eingetreten ist. Er stützt sich hierbei auf das Vorkommen eines alten
Gaunamens, der „Hundesrucha“ hieß. „Dieser Gau umfaßte,“ so schrieb
Back, „den höchsten Teil der Hochfläche in der nordöstlichen Hälfte
unseres Gebirgslandes. Dieser bildet aber einen von Nordosten nach
Südwesten ziehenden Rücken, der nach beiden Enden hin -- im Hochwald
und in der Halfter Heide -- sich erhebt, in der Mitte mäßig eingesenkt
ist. Darin liegt die Erklärung des Namens, indem das Eigentümliche des
Hunderückens die in der Mitte etwas eingesenkte Gestalt ist.“ Diese
Beweisführung erscheint wohl begründet. Dennoch vermag sie nicht alle
Zweifel zu beseitigen. Es kommt darauf an, ob nicht schon der alte
Gauname „Hundesrucha“ eine fehlerhafte Übertragung eines noch älteren
Namens ist, da doch das Bild des eingesenkten Hunderückens ein etwas
eigentümliches ist. In jüngster Zeit ist eine andere Deutung versucht
worden, die davon ausgeht, daß das Wort „~hun~“ die Bedeutung von
schwarzes, dunkel hätte, Hunsrück also „dunkler Rücken“ heißen würde.
Wichtiger als der Streit um die Herkunft des Namens ist die Tatsache,
daß er früher nur einen kleinen Teil des oben umgrenzten Gebietes
bezeichnete, und daß man heute im Lande selbst unter Hunsrück nur die
Hochflächen versteht, die dem eigentlichen Gebirgszuge nach Norden zur
Mosel hin vorgelagert sind, daß dieser selbst aber in seinen einzelnen
Abschnitten und Parallelketten ganz andere Namen führt. Es steigt der
Moselaner, der Coblenzer, der Bopparder hinauf zum Hunsrück, aber der
Bewohner des Nahetals wandert zum Soon-, zum Hoch- und Idarwalde, und
vom Hunsrück spricht er nicht.

[Illustration: Abb. 88. Schloß Dhaun. (Zu Seite 94.)]

[Illustration: Abb. 89. Oberstein. (Zu Seite 94.)]

[Illustration: Abb. 90. Saarburg. (Zu Seite 100.)]

[Illustration: Abb. 91. Die Klause bei Saarburg. (Zu Seite 100.)]

[Sidenote: Der Hunsrück.]

Schon aus dem Gebrauch verschiedener Namen für das vom Geographen
zu einer Einheit erhobene Gebiet können wir folgern, daß dessen
Oberflächenbild ein wechselndes ist, daß es völlig verschiedene
Landschaften in sich schließt. Wir müssen unterscheiden zwischen
waldgeschmückten Bergrücken, die hoch das Land überragen, und zwischen
einförmigen, schwachwelligen Hochflächen, die sich südlich und nördlich
von diesen ausdehnen, schmäler im Süden, breiter im Norden. Es sind
also die nämlichen Gegensätze wie beim Taunus vorhanden. Zwischen den
beiden Gebieten bestehen nur die Unterschiede, daß letzterem bloß im
Norden eine breite Hochfläche vorgelagert ist, nicht aber im Süden,
ferner, daß die Taunuskette höher ist. Landschaftlich kommen diese
Unterschiede sehr zur Wirkung. Wir finden am Südfuße des Hunsrück,
wegen der dort vorgelagerten Hochfläche, kaum einen solch günstigen
Standpunkt, wie ihn die Gegend von Frankfurt für die Betrachtung des
Taunus, um die fortlaufende Linie der unmittelbar aus dem Tieflande
aufsteigenden Höhenkette klar überschauen und verfolgen zu können,
darbietet. Wir müssen ferngelegene Erhebungen, wie den Donnersberg in
der Pfalz, aufsuchen, um ein übersichtliches Gesamtbild zu erhalten.
Fänden wir aber auch in der Nähe einen geeigneten Standpunkt, so würde
das Bild unseren Erwartungen doch wenig entsprechen, weniger weil die
Höhe der Bergzüge des Hunsrück, die doch immerhin durchschnittlich
700 ~m~ beträgt, nicht bedeutend genug wäre, als vielmehr, weil keine
so geschlossene Kette wie die des Taunus vor uns läge. Die Bergzüge
des Hunsrück sind mehrfach unterbrochen und laufen streckenweise
nebeneinander her. Am Rhein steigt zunächst, als unmittelbare
Fortsetzung des Taunus, der Soonwald auf. Es folgt, durch eine
ziemlich tiefe Senke getrennt und mehr nach Nordwesten verschoben,
aber in gleicher Richtung von Nordosten nach Südwesten verlaufend,
der Idarwald, in dem der Idarkopf die Höhe von 745 ~m~ erreicht. Mit
ihm hängt der Rücken des Hochwaldes unmittelbar zusammen. Er ist
die bedeutendste Erhebung des Hunsrück und steigt im Erbeskopf, dem
höchsten Punkt der Rheinprovinz, zu 816 ~m~ an. Das vierte und letzte,
in der Nähe der Saar gelegene Glied des hohen Hunsrück ist der Errwald.
Außerdem sind noch mehrere Parallelzüge vorhanden. Die Hochflächen des
Hunsrück, die schmälere im Süden und die breitere im Norden, liegen
durchschnittlich 400–500 ~m~ hoch. Sie senken sich etwas zur Mosel und
Nahe hin.

[Illustration: Abb. 92. Trier, vom Petersberg gesehen.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 101.)]

[Illustration: Abb. 93. Hauptmarkt, St. Gangolfskirche und Rotes Haus
in Trier.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 101.)]

[Sidenote: Entstehung des Hunsrück.]

Als ein stark abgetragenes Gebirge, das nur noch in seinen Grundresten
stehen geblieben ist, hat der Hunsrück gleich dem Taunus heute ein
ganz anderes Oberflächenbild als früher. Mit seiner Höhe büßte er auch
seine Farbenpracht ein. Die Längsachse der Auffaltung lag auch bei ihm
südlich von dem jetzigen Hauptzuge des Gebirges. Aber die ältesten
Gesteine des Hunsrück, kristallinische Sericite und Phyllite, die bei
der Aufwölbung aus tieferem Erdinnern hervortraten, wurden als die
weicheren stärker abgetragen. Sie bilden eine schmale Zone im südlichen
Hunsrück. Über ihr genaues Alter streitet man sich ebenso wie über das
der alten Gesteinsschichten, die am Südrande des Taunus auftreten.
Ein Teil der Geologen hält wenigstens die Sericite für cambrisch,
während Lossen diese, sowie auch die Phyllite des Hunsrück als
metamorphosierte, d. h. kristallinisch umgewandelte Unterdevongesteine
ansieht. Die härteren Taunusquarzite, die als das nächstfolgende
jüngere Gestein bei der Auffaltung seitwärts in eine Nebenzone gedrängt
worden waren, widerstanden der Verwitterung und den zerstörenden
Kräften des Wassers besser und wurden allmählich Hauptgebirgswall.
Die noch jüngeren Schichten, Hunsrückschiefer und Koblenzschichten,
die noch mehr seitwärts gedrückt worden waren, wurden als weichere
Gesteine stärker und zugleich sehr gleichmäßig abgetragen. So entstand
im Norden, wo diese Gesteinsschichten eine breite Zone einnehmen,
während sie im Süden fehlen, eine weite, schwachwellige Hochfläche, der
eigentliche Hunsrück.

[Illustration: Abb. 94. Die Porta nigra in Trier.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 102.)]

[Illustration: Abb. 95. Der Kaiserpalast in Trier.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 102.)]

[Illustration: Abb. 96. Der Dom und die Liebfrauenkirche in Trier.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 102 u.
104.)]

[Sidenote: Hunsrück-Landschaft.]

Große Formenschönheit entfaltet das Gebirge auf seiner Oberfläche
nirgendwo. Auch die höher hervorragenden Quarzitrücken sind einförmig
gestaltet. Sie steigen sanft an und bilden langgezogene Gewölbe.
Schwache Erhöhungen deuten die Hauptgipfel an, von deren oberster
Spitze sich nirgendwo eine Aussicht auf formenreiche Landschaften
öffnet. Auch fehlt der Blick hinab auf eine kulturreiche Ebene, wie
ihn z. B. im Riesengebirge die Schneekoppe, wie ihn auch die Höhe
des Taunus nach Süden hin bietet. Nur kleine Siedelungen liegen über
die wellige Hochfläche zerstreut. Sie sind entweder an die sanft
ansteigenden Bergabhänge gelehnt, so daß man sie in den Mulden des
Landes kaum zu finden weiß, oder sie liegen freier auf hervorragenden
Punkten, von denen hier und da ein fernes Kirchlein zu uns herüber
winkt. In unserer nächsten Nähe, auf dem breiten Quarzrücken selbst,
sehen wir nichts als Wald. Durch herrlichen Hochwald stiegen wir ja in
dreistündigem Marsche empor, und im Schatten riesiger Buchen und Eichen
hielten wir Rast. Das ist noch echt deutsche Waldespracht, wie wir sie
nur noch in wenigen Teilen des Vaterlandes finden, ein Bild, wie es
vor zwei Jahrtausenden die Vorfahren schauten, die noch den Auerochs
jagten. Auch heute winkt noch im Hunsrück des Weidmanns Heil. Als die
herrlichsten Forsten, als die besten Jagdgründe Rheinlands, gelten die
schönen Waldbestände des Hochwalds, und leidenschaftliche Jäger scheuen
weite Reisen nicht, um in dieser Waldesherrlichkeit Hirsch und Reh,
Wildschwein und Fuchs jagen zu können.

[Sidenote: Ringwälle. Land und Volk.]

In vorhistorischer Zeit dienten einige der waldigen Höhen des Hunsrück
den Bewohnern bei feindlichen Einfällen als Zufluchtsstätten.
Vielleicht waren solche Berge, deren Scheitel mit mächtigen Ringwällen
umgeben wurde, zugleich auch Kultusstätten. Der bekannteste Ringwall
und einer der größten in den Rheinlanden ist der von Otzenhausen, im
Volksmunde einfach der „Ring“ genannt. Er ist meist 25 bis 30 ~m~
hoch, oben noch 5 bis 8 ~m~ breit und umzieht in ovaler Form in fast
2 ~km~ Länge die Spitze des Berges. Im Inneren des so umschlossenen
Schutzgebietes liegt eine Quelle; denn Wasser durfte in dem befestigten
Berglager nicht fehlen.

[Illustration: Abb. 97. Innenansicht des Trierer Domes mit Hochaltar.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 102.)]

Während der Quarzitboden wohl ein guter Waldboden ist, eignet er
sich für den Getreidebau weniger, weil er zu wenig Tongehalt hat und
daher zu sandig ist. So hatte man keine Veranlassung, die herrlichen
Forsten, mit denen die Granitrücken geschmückt sind, auszuroden. Auf
den weiten Hochflächen, besonders des nördlichen Hunsrück, hatte
der Ackerbau Raum genug, sich auszubreiten. Dort bildet der weit
verbreitete Hunsrückschiefer einen recht guten Ackerboden, und wäre
die Höhenlage nicht so bedeutend und das Klima milder, so würde der
Bauer des Hunsrück nicht bloß sein bescheidenes Auskommen finden. So
aber bleibt sein Leben ein steter Kampf, der rührigen Fleiß und ein
sparsames Wirtschaften verlangt. Die Natur des Landes ist der beste
Tugendlehrer. Als ein arbeitsames, fleißiges und genügsames Völkchen
werden die Bewohner des Hunsrück überall geschildert. Sie sind von
alemannischer Abstammung, wie Rottmann an der Sprache nachgewiesen.
Diese ist ein ähnlicher Dialekt, wie er auch im Rheintal von Bingen bis
Coblenz, im Nahetal und Moseltal gesprochen wird, wenn dort auch manche
Änderungen durch stärkere Völkermischung stattgefunden haben. Eine
von den Eigentümlichkeiten des Hunsrücker Dialekts, von dem uns das
hübsche Frühlingslied von P. J. Rottmann eine Probe geben soll, ist das
Übergehen von d und t in r, wenn diese Laute zwischen Vokalen stehen,
z. B. jerer statt jeder.

        Frühlingslied.

      Watt sin euch dehr Brierer,
    Watt sin euch so froh;
    Der Winder is danre,
    Det Friehjohr es doh.

      Eraaser, dehr Bue,
    Verloost auer Huhl!
    Watt weerd et ähm wierer
    Im Freie so wuhl.

      Im Haus hinn’gern Uwe,
    Do iß nit uhs Blatz,
    So drauß in dem Acker,
    Do liht eur Schatz.

      Der Bauer muß schaffe!
    Sei nosert nit faul;
    Et fliegt köh Dauwe
    Gebrote in’t Maul.

      Lang schloofe det Moorjets,
    Datt brängt ähm köh Glick.
    Wo frieher eraußer,
    Wo größer det Stick.

      Et steht in der Biewel,
    Wie jerer aog wöäs,
    Det Brot se verdiene
    Mit Aarwet und Schwäs.

      Dann schmeckt ähm det Esse,
    Dann schmeckt ähm der Schloof,
    So schmeckt et köhn Kienig,
    So schmeckt et köhn Groaf.

      Darum lustig an’t Wirke,
    Uhs Herrgott will’t hohn.
    Dem fleißige Bauer,
    Dem gibt er sei Lohn.

[Sidenote: Simmern. Castellaun. Stromberg.]

Die Römer hatten über den Hunsrück eine Heerstraße angelegt, die von
Bingen über den sogenannten stumpfen Turm, an dem eine Ansiedlung
namens Belginum lag, nach Neumagen an der Mosel und von dort nach Trier
führte. Im Mittelalter war das Städtchen Simmern, wo eine Zeitlang ein
Fürst residierte, der geistige Mittelpunkt des Hunsrück. Schon 1532
bestand dort eine Druckerei, die uns ein berühmtes Werk, das mit vielen
Holzschnitten geschmückte Turnierbuch von Georg Rüxner, hinterlassen
hat. Das nordwestlich von Simmern in dem fruchtbarsten Teile des
Hunsrück gelegene Städtchen Castellaun, dessen Name jedenfalls auf
römischen Ursprung hinweist, besaß gleich Simmern eine Burg, die die
Franzosen im Jahre 1689 auf ihrem Raubzuge zerstörten. Im südlichen
Hunsrück ist Stromberg ein Ort, geschmückt mit den Ruinen zweier
Burgen, der einen Besuch reichlich lohnt. Devonischer Kalk tritt
daselbst auf, der zum Betrieb von Kalksteinbrüchen anregte. Von dort
wandern wir nach Sponheim, dem Stammsitze des bekannten Geschlechts
der Grafen von Sponheim, die auch die Abtei Sponheim gründeten. In
dieser herrschte nicht immer strenge Klosterzucht. Aber einen berühmten
Abt des Klosters, von dessen Gebäuden nichts mehr erhalten ist,
während ein fester Turm der Burg mit seinen 3 ~m~ dicken Mauern den
Stürmen der Zeit noch Trotz bietet, nennt die Geschichte, Trithemius,
benannt nach seinem Heimatorte Trittenheim an der Mosel, wo er 1462
geboren wurde. Er stellte die Klosterzucht wieder her und ragte
unter seinen Zeitgenossen durch seine Gelehrsamkeit hervor. Seine
berühmte Bibliothek wird noch heute in Heidelberg, wohin sie 1611 kam,
aufbewahrt.

[Sidenote: Kreuznach.]

Von Sponheim ist nur noch ein Sprung bis Kreuznach (24000 Einw.)
(Abb. 80), der gastlichen Stadt am Naheflusse, die alljährlich von
mehr als 6000 Kurgästen, die vom Gebrauch der vortrefflichen Solbäder
Heilung erhoffen, besucht wird. Dort wollen wir eine Rundwanderung
um den Hunsrück beginnen, dessen Rheinseite wir früher schon kennen
lernten. Sie wird uns durch das Tal der lieblichen Nahe, die uns mit
schelmischem Blick den Saft der Rebe, den gefährlichen Nahewein,
reicht, hinführen zur Saar, die ernsteres Leben an ihren Ufern schaut
und nur dort, wo die ältere Schwester Mosella die Hand ihr reicht,
Rebenschmuck trägt. Und von dort, vom altersgrauen Trier an, begleiten
uns fast fortwährend rebengeschmückte Berge, bis wir dem Vater Rhein
seine stolzeste Tochter zuführen können.

[Illustration: Abb. 98. Portal der Liebfrauenkirche in Trier.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 104.)]

Kreuznach führt seinen Ursprung auf eine keltische Ansiedlung zurück.
Aber ob die Kelten diesen Ort, wie Hessel meint, schon ~Crucinacum~
nannten, erscheint doch sehr zweifelhaft, da sie hierzu ja hätten
Latein lernen müssen. Auch daß die Römer, die diesen Namen verstanden,
nach ihnen kommen würden, konnten sie nicht gut wissen. Diese bauten,
das ist gewiß, in Kreuznach ein Kastell. Noch stehen in der Nähe
der Eisenbahnbrücke Reste der Umfassungsmauer, die das Volk die
Heidenmauer oder die „heiße Mauer“ nennt. Auch ist in den Feldern
die Vierecksform des römischen Kastells noch an einer Erhöhung des
Erdbodens deutlich zu erkennen. Nachdem dasselbe von den Alemannen
und später, nach seiner Wiederherstellung, von den Franken zerstört
worden war, wurde auf seinen Resten ein fränkischer Königshof, eine
Pfalz, die den Namen Osterburg führte, errichtet. Die Normannen haben
diese, sowie die in ihren Mauern errichtete älteste Kirche Kreuznachs,
die Kilianskirche, so zerstört, daß sie spurlos verschwanden. Weiter
südlich von der alten Heidenmauer entstand das jetzige Kreuznach.
Seinen Namen soll es nach einem Kreuze führen, das ein christlicher
Glaubensbote auf einer Nahe-Insel aus Stein errichtete, und das den
hochgeschwollenen Fluten der Nahe stand hielt, während neben ihm die
Fischerhütten von ihnen fortgerissen wurden. Die große Nahe-Insel ist
die wichtigste Örtlichkeit des neueren Kreuznach. Spielt sich doch
auf ihr das Badeleben ab. Auf der Südspitze der Insel, die gewöhnlich
Bade-Insel oder Badewörth genannt wird, entspringt aus Porphyrfels die
brom- und jodhaltige Elisabethquelle. Eine lange Wandelhalle führt zum
Kurhaus hin, neben dem das vortrefflich eingerichtete Badehaus und das
große Inhalatorium, ein Doppelgradierhaus mit Zwischengang, liegen.
Einen sehr malerischen Anblick bietet die alte, auf den Pfeilern mit
merkwürdigen Häuserbauten besetzte Nahebrücke (Abb. 81) dar, die über
das untere Ende des Badewörths geführt ist und die Altstadt mit der auf
dem linken Ufer gelegenen Neustadt verbindet.

[Illustration: Abb. 99. Die Martyrung der Christen. Deckengemälde in
der Paulinuskirche zu Trier.

Nach einer Photographie von Schaar & Dahle in Trier. (Zu Seite 104.)]

[Illustration: Abb. 100. Die Marienburg.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 105.)]

[Sidenote: Der Kauzenberg. Wanderungen um Kreuznach.]

Für die Nahewanderung aufwärts, von Kreuznach nach Münster a. Stein,
empfiehlt man uns drei Wege, und die Schönheit eines jeden wird uns so
sehr gepriesen, daß wir allen dreien folgen möchten. Der eine führt
hinan zum Kauzenberg (150 ~m~, Abb. 81), an dessen Südabhange der
beste, der feurigste Nahewein wächst, der weltberühmte Kauzenberger.
Oben liegen die Trümmer eines 1689 von den Franzosen zerstörten
Schlosses, das den Grafen von Sponheim gehörte. Der Berg wird daher
auch Schloßberg genannt. Schöne Parkanlagen schmücken denselben.
Von dort führt die Wanderung über die waldige Haardt (Waldberg) zu
der steil aus dem Nahetal aufsteigenden Porphyrwand des Rotenfels.
Eine herrliche Aussicht auf das zu unseren Füßen liegende Münster a.
Stein, auf die breitgewölbte Bergkuppe der Gans (323 ~m~), auf den wie
ein Felsturm steil aus der Nahe aufsteigenden Rheingrafenstein (235
~m~, Abb. 82) und auf die eine vorspringende Bergkuppe schmückende
Ebernburg öffnet sich am Schlusse dieser Wanderung unseren Blicken.
Zu den nämlichen schönen Punkten, die jeder aufsucht, der das Nahetal
besucht, führen die beiden anderen Wanderwege hin. Der eine steigt
auf dem rechten Naheufer zum Kuhberg hinan, von dessen Tempelchen wir
zum Niederwald, zur Rochuskapelle und auf Schloß Johannesberg fern im
Rheintal hinschauen können, und weiter zu der noch höheren Gans, wo wir
inmitten der nämlichen Herrlichkeiten wie auf dem Rotenfels stehen,
zugleich aber eine umfassende Fernsicht nicht bloß zum Rheintal,
sondern auch zum Hunsrück und nach Südwesten zum fernen Donnersberg
genießen. Und nun der dritte Wanderweg! Er führt nicht über Berge,
sondern unten durchs Tal, dessen ganze Anmut und Schönheit entfaltend.
Am südlichen Ende des Badviertels von Kreuznach empfängt uns die
schöne Salinenstraße, wenn wir es nicht vorziehen, zunächst eine
Strecke auf schattigem Promenadenweg am Flusse entlang zu wandern.
Die teils reben-, teils waldgeschmückten Berge, auf der einen Seite
die Haardt, auf der anderen der Kuhberg, begleiten uns. Wir erreichen
die Saline Karlshalle und nach Überschreiten des Flusses die Saline
Theodorshalle, mit der zugleich ein Kurhaus verbunden ist. Die beiden
Salinen gehörten früher dem Großherzog von Hessen, sind aber jetzt
Eigentum der Stadt Kreuznach. Gewaltig ragen die hohen Gradierwerke vor
uns auf. Das Wasser der Salzquellen, die im Nahetale, zum Teil sogar im
Bette des Flusses, heraussprudeln, hat nur einen geringen Salzgehalt
von etwa 1%. Ehe es auf die Siedepfannen geleitet wird, muß es deshalb
oftmals, und zwar siebenmal, denn die beiden Gradierwerke der Karls-
und Theodorshalle bestehen aus je sieben Abteilungen, den Weg über die
Dornenhecken machen. Durch eine einfache Pumpeinrichtung wird es in
die Höhe gehoben und durch Rinnen, die beim weiteren Verzweigen immer
enger werden, so verteilt, daß es fast tropfenweise auf die Dornen
gelangt. Beim langsamen Herabträufeln findet eine starke Verdunstung
statt. Wenn das Wasser siebenmal den Weg gemacht hat, besitzt es einen
Salzgehalt von 7 bis 8%. Auf den großen Siedepfannen, die seitwärts von
den Gradierwerken in einem Gebäude aufgestellt sind, wird es weiter
eingedampft, bis das Salz sich an der Oberfläche in Kristallen, die
sich beim Niedersinken vergrößern, ausscheidet. Schließlich bleibt
die Mutterlauge, eine bräunliche Flüssigkeit, die auch noch andere,
leichter lösliche Salze enthält und besonders für die Badekuren
wertvoll ist, übrig.

[Illustration: Abb. 101. Die Marienburg.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin.

(Zu Seite 106.)]

[Sidenote: Münster a. Stein. Rheingrafenstein.]

Nach zwanzig Minuten haben wir von der Theodorshalle ab, nach einer
einstündigen Wanderung von Kreuznach ab den freundlichen Kurort Münster
a. Stein (Abb. 83) erreicht. Dort stehen wir in der Mitte zwischen den
vier Berggestalten, die wir schon kennen lernten, zwischen der breiten
Porphyrkuppe der Gans, den steil aufsteigenden Porphyrwänden des
Rotenfels und des Rheingrafenstein, und der zierlichen Bergkuppe, die
stolz die Ebernburg (Abb. 84) trägt. Und wohin wir auch schauen mögen,
empor zu diesen Höhen, deren rötliches Gestein oder grünes Waldkleid
sowohl im eigenen Wechsel als auch im Wechsel der Sonnenbeleuchtung
so verschiedenartige und reiche Farbentöne hervorbringen, überall
erscheinen vor unserem Geiste die Bilder und Gestalten der Geschichte,
und die Sage, der Geschichte sinniges Schwesterlein, möchte jedes
Wort mitplaudern und miterzählen in ihrer eigenen Art. Auf dem so jäh
und so trotzig aus dem Bett der Nahe aufsteigenden Rheingrafenstein
hausten einst die Rheingrafen. Sie wurden so genannt, weil sie zu
Karls des Großen Zeiten, als das fränkische Reich in Gaue eingeteilt
wurde, den Rheingau, der von Mainz bis Lorch reichte, erhalten
hatten. Sie verloren später diesen Besitz, und ihre Burg Rheinberg
fiel in Trümmer. Da siedelten sie nach Schloß Stein über, das auf
einem gewaltigen, über 400 Fuß hohen Stein, der unweit Kreuznach
senkrecht aus dem Naheflusse aufsteigt, lag, und seitdem hieß dieser
Fels Rheingrafenstein. Später beerbten die Rheingrafen die Wildgrafen,
die Nachkommen der Rheingaugrafen, und sie wurden dadurch Herren von
mehreren Burgen und vielen Dörfern an der Nahe. So konnten sie auf
ihrem Felsenneste, das die Sage durch den Teufel erbauen läßt, ein
lustiges Leben führen. Im Umkreise, im Banne von Norheim, Treisen und
Hüsselsheim wuchsen gar herrliche Weine. Einst saßen die Rheingrafen
auf ihrem Schlosse beim Wein, und viele andere Ritter waren in ihrer
Runde. Da sagte der Rheingraf, indem er einen riesigen Humpen aus Glas,
der die Form eines Stiefels hatte, emporhob: „Wer diesen Stiefel, ihr
Herren, auf einen Zug leert, dem gehört Dorf Hüsselsheim.“ In der
Runde befand sich aber ein sehr trunkfester Ritter, Boos von Waldeck:
„Gebt mir Brief und Siegel, Herr Rheingraf!“ rief er. Das geschah. Da
nahm der Ritter den Stiefel und trank ihn in einem gewaltigen Zuge
leer. Dann fiel er, noch die Worte herausstoßend: „Ich tat’s für Weib
und Kinder!“ sterbend hin. Nach einem anderen Wortlaut der Sage, der
ein wirkliches Begebnis zugrunde liegen soll, hätte Boos sich ganz
vergnüglich umgeschaut und dann gesagt: „Gebt Ihr mir noch das Dörflein
Roxheim dazu, so leer’ ich den Stiefel zum zweitenmal.“ Ein solch
trunkfester Kumpan sei er gewesen.

[Illustration: Abb. 102. Bernkastel, Burg Landshut und Cues.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 106.)]

[Sidenote: Ebernburg. Oberstein. Die Achatindustrie.]

Eine Fülle von Begebenheiten weckt die Ebernburg (Abb. 84) in unserm
Geiste. Zwei Männer von kühnem Geiste, ein Mann des Schwertes und
ein Mann der Feder, grüßen uns beim Aufstieg zur Ruine, Franz von
Sickingen und Ulrich von Hutten, deren Denkmal (Abb. 85) auf halber
Höhe des Berges steht. Ulrich von Hutten scheint in feuriger Rede
auf Sickingen einzustürmen, der, entflammt von der Rede Sinn, zum
Schwert greift. Der ganze Geist der Reformation mit ihrem geistigen
Ringen und ihren bitteren Kämpfen wird in uns wach. Welche politischen
Zustände, welche Ohnmacht der kaiserlichen Gewalt! Ein einzelner
Ritter vermag Städten und Fürsten den Fehdehandschuh hinzuwerfen.
Kaiser Maximilian spricht des Reiches Acht über Franz von Sickingen,
der mit Götz von Berlichingen und anderen im Bunde ist, aus, aber
bald muß er sich mit dem mächtigen Manne wieder versöhnen. In den
Religionsstreitigkeiten stellte Franz von Sickingen sich auf die Seite
Luthers. Hutten wurde sein Berater, die Triebfeder kühner Taten. Aber
der Versuch, den mächtigen Nachbarn, den Erzbischof von Trier, der von
Köln Hilfe erhielt, zu bezwingen, wurde Sickingens Verderben. Nach der
vergeblichen Belagerung von Trier wurde er selbst in Landshut belagert.
Von einer feindlichen Kugel ward er tödlich verwundet. So starb der
Mann, dessen Kühnheit jeder, ob Freund oder Feind, bewundern muß.

Nachdem wir noch die 1¼ Stunde entfernte Altenbaumburg (Abb. 86)
besucht haben, scheiden wir von Münster a. Stein, das ebenfalls
bedeutende Solquellen hat, und wo ebenfalls alljährlich zahlreiche
Kurgäste Heilung suchen, angelockt wohl auch von der Schönheit der
Landschaft. Noch viele landschaftlich schöne Punkte oder geschichtlich
bemerkenswerte Orte besitzt das Nahetal, wie Sobernheim und Kirn (Abb.
87 u. 88). Wir können überall nicht weilen und halten erst wieder in
Oberstein (Abb. 89) Rast. Ein Wunderbau ist die dortige Felsenkirche.
Die Sage erzählt, daß ein Ritter sie erbauen ließ zur Sühne für den
Mord seines Bruders, den er dort von der Felswand hinabgestoßen hatte.
Noch mehr ist Oberstein durch seine schönen Achatwaren bekannt.
Es teilt diesen Ruhm mit dem in der Nähe im Tale des Idarbaches
gelegenen Städtchen Idar; ja die ganze Gegend, ein großer Teil des
Birkenfelder Ländchens, kann Anspruch auf ihn machen. Wir befinden
uns in dem Gebiet der eigenartigen Achatindustrie. Wer kennt nicht
die schönen, buntstreifigen Steine, aus denen allerlei Gebrauchs- und
Schmuckgegenstände, wie Ohrringe, Broschen, Vorstecknadeln, Ringe,
Manschettenknöpfe, Knöpfe auf Spazierstöcke, Briefbeschwerer usw.,
verfertigt werden! In eine goldähnliche Masse, Obersteiner Gold
genannt, werden die Steine gefaßt. Die Sachen schillern in den
schönsten Farben. Als Andenken und Geschenke von der Reise werden sie
gern gekauft. Aber viele, die sich mit ihnen schmücken, ahnen nicht,
wie viel Mühe und Not einer beschwerlichen Arbeit mit ihnen verknüpft
sind. Wir können diese sehen in den zahlreichen Schleifkotten, die
im Tale des Idarbaches liegen, in denen die Steine zerschnitten
und dann von Arbeitern, die langgestreckt auf dem Boden liegen,
geschliffen werden. Wir erkennen sie auch aus den bleichen Gesichtern
der durch die mühselige und ungesunde Arbeit Abgehärmten. Dieses
Bild und dann die glänzende Ausstellung der fertig abgelieferten
Achatwaren in der Gewerbehalle zu Idar: es sind die immer und überall
wiederkehrenden Gegensätze des Lebens. Früher wurden die Achatsteine
in der Gegend selbst aus dem schwärzlichen Melaphyrgestein, in dem
sie sich in Hohlräumen durch Ausscheiden von Kieselsäure gebildet
hatten, gebrochen. Seitdem aus anderen Ländern, besonders aus Afrika
und Südamerika, schönere Steine zu mäßigen Preisen bezogen werden
können, ist der Betrieb der einheimischen Achatgruben fast ganz
eingestellt worden. Eine wichtige Erfindung für die Achatindustrie
war das künstliche Färben der Steine. Seit dem Jahre 1830 wird diese
Kunst geübt, doch soll sie schon den Alten bekannt gewesen sein. Sie
beruht auf der verschiedenen Porosität des Steins. Durch Behandlung
mit Honigwasser und Kochen in Salzsäure können einzelne Streifen
schwarz, mit Kupfervitriol und Ammoniak blau, mit Eisenchlorid und
Schwefelzyankalium rot gefärbt werden.

[Illustration: Abb. 103. Blick auf Traben-Trarbach und die Gräfinburg
an der Mosel. (Zu Seite 106.)]

[Illustration: Abb. 104. Carden an der Mosel.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 108.)]

[Sidenote: St. Johann. Saarbrücken. Spicherer Höhen.]

Wir nehmen Abschied von dem freundlich in dem Nebentälchen gebetteten
Städtchen Idar. In Oberstein werfen wir noch einen Blick auf die
beiden Burgruinen, die die senkrecht aufstrebenden Melaphyrfelsen
malerisch krönen, und noch eine Felsennelke, die in Büscheln die
Felswände schmückt, stecken wir uns ins Knopfloch. Dann müssen wir
scheiden von diesem Glanzpunkte des Nahetales. Schnell führt uns die
Eisenbahn über das Hügelgelände des Saarbrückener Steinkohlengebirges
und vorbei an Neunkirchen mit seinen rußigen Häusern, wo qualmende
Schlote die großen Fabrikanlagen des Freiherrn von Stumm verraten, nach
den beiden Schwesterstädten St. Johann (25000 Einw.) und Saarbrücken
(28000 Einw.). Es ist ein ungleiches Geschwisterpaar, das in der fernen
Südecke der Rheinprovinz an den Saarufern erblüht ist. Saarbrücken,
bis 1793 Residenz der Fürsten von Nassau-Saarbrücken, ist eine alte
Stadt und von etwas hügeligen Straßen durchzogen. St. Johann breitet
sich als eine vollständig neuzeitliche Stadt, die ihren Aufschwung der
Eisenbahn verdankt, mit seinen prächtigen Geschäftsstraßen in der Ebene
aus. Durch eine Brücke sind die beiden Städte miteinander verbunden.
Der Fremde sucht in Saarbrücken an erster Stelle die Stätten, die durch
den deutsch-französischen Krieg vom Jahre 1870/71 denkwürdig geworden
sind. Er betrachtet die Gemälde, mit denen Kaiser Wilhelm ~I.~ den
Rathaussaal ausschmücken ließ -- es war dies der kaiserliche Dank für
die aufopfernde Pflege der ersten Verwundeten des Krieges durch die
Bürger der Stadt --, er wandert auf den kleinen Kirchhof im Ehrental,
wo die an den Wunden Gestorbenen, Deutsche und Franzosen, zur letzten
Ruhe gebettet wurden, von Grab zu Grab, und der staubigen Landstraße
folgt er zu dem früheren Wirtshaus „Zur goldenen Bremme“, wo der erste
Franzose gefangen genommen wurde, um dann den mühseligen Aufstieg zu
den Spicherer Höhen zu machen und dort oben die zahlreichen Denkmäler
der Gefallenen zu besuchen. Eine blutgetränkte Stätte, geweiht durch
den Heldentod von Tausenden von deutschen Kriegern! Das Abendrot
leuchtet über die stillen Gräber hin, und die letzten Strahlen der
untergehenden Sonne decken auch das weite deutsche Land, das zu unseren
Füßen liegt, zur Ruhe, zur Ruhe des Friedens, der aus dem Herzensblut
der Tapferen uns erwuchs, zusammen mit des Vaterlandes Kraft und Stärke.

[Illustration: Abb. 105. Cochem, von der Kapelle gesehen.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 106.)]

[Illustration: Abb. 106. Zell an der Mosel. (Zu Seite 106.)]

[Illustration: Abb. 107. Die Ehrenburg bei Brodenbach.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 108.)]

[Sidenote: Das Steinkohlengebirge. Neunkirchen.]

Das Steinkohlengebirge an der Saar lagerte sich nicht in einer tiefen
Senke ab. Im Norden der Hunsrück und im Süden ein anderer hoher
Gebirgswall, der aber jetzt verschwunden ist, faßten die Senke ein
und führten ihr durch die Gewässer den Gebirgsschutt zu. Die Geologen
behaupten, daß die Senke wohl 5000 ~m~ tief war. Ein neues Gebirge
entstand in ihr. In den Buchten des tiefen Meeresbeckens entfaltete
sich ein üppiges Pflanzenleben, und von diesem wurden die reichen
Kohlenschätze, die heute der Mensch ausbeutet, mit unter die neu sich
bildenden Erdschichten gebettet. Über ein Gebiet von etwa 100 ~km~
Länge und 30 ~km~ Breite reichen die Kohlenflöze des Saarbrückener
Steinkohlengebirges. Vier Milliarden Tonnen sollen die Kohlenvorräte,
die da aufgespeichert wurden, betragen. Es entwickelte sich ein
bedeutender Kohlenbergbau, dessen Hauptgebiet zwischen Neunkirchen und
der Saar liegt. Die meisten der im Betrieb befindlichen Kohlengruben
sind Eigentum des preußischen Staates. Das Kohlenvorkommen rief eine
hohe Blüte der Eisenindustrie, die ihre Eisenerze aus Lothringen und
Luxemburg beziehen kann, hervor. Außer Neunkirchen wurden besonders
Malstatt-Burbach (40000 Einw.) und Völklingen Hauptsitze dieser
Industrie.

[Illustration: Abb. 108. Beilstein. (Zu Seite 108.)]

[Illustration: Abb. 109. Burg Cochem.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 109.)]

[Illustration: Abb. 110. Zeltingen.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 110.)]

[Sidenote: Saarwanderung.]

Die Fahrt durch das Saartal von St. Johann nach Trier führt uns
zuerst durch das fabrikreiche Bild der zuletzt genannten Orte. Dann
entfaltet das Tal seine liebliche Anmut. Mit fruchtbaren Äckern und
Wiesen ist es freundlich geschmückt. Waldige Höhen begleiten uns zu
beiden Seiten. Wir grüßen die alte Festung Saarlouis (800 Einw.) und
das Ackerbaustädtchen Merzig (7500 Einw.), das in breiterer Talmulde,
umgeben von einem Kranze von Obstpflanzungen, die das Tal und die
ansteigenden Höhen beschatten, umgeben ist. Enger wird dann das Tal und
höher werden die Berge. Denn zwischen Merzig und Saarburg hat die Saar
den Durchbruch durch den harten Quarzitrücken des Hunsrück erzwingen
müssen. Die Landstraße muß in Serpentinen die Berge hinauf- und
herunterklettern, und für den Eisenbahnreisenden verschwindet plötzlich
das heitere Grün der Landschaft bei der Einfahrt in einen dunkeln
Tunnel. Wir erreichen das verborgen in waldigem Talgrunde liegende,
durch die große Steingutfabrik von Villeroi & Boch aber weltbekannte
Mettlach, und weiter geht’s nach Saarburg, der Perle des Saartales.
Wir steigen empor zur steilen Felswand der Klause (Abb. 91), wo der
blinde König Johann von Böhmen sein stilles Grab gefunden hat, und bald
grüßen uns die Rebenberge, die sich um das alte Städtchen Saarburg
gruppieren. An die Stelle des Quarzits ist der Schieferfels getreten.
Ernst schauen die Reste der alten Saarburg (Abb. 90), deren erster Bau
schon aus dem zehnten Jahrhundert stammt, hinüber zu den Rebenhöhen,
die im warmen Sonnenlichte glänzen, und hinab in das wonnige Tal, wo
in Schlangenbiegungen die Saar durch grüne Wiesenauen zieht. Nur der
untere Teil des Städtchens Saarburg spiegelt sich in dem Flusse, der
obere jedoch erhebt sich zur luftigen Bergeshöhe. In der Unterstadt
lenkt plötzlich ein tosendes Geräusch unsere Schritte, und bald stehen
wir vor dem wildstürzenden, schäumenden Wasserfall des Leukbaches.
Auf dem Wege von Saarburg nach Trier treffen wir, dem Flußlauf
folgend, die besten Weinbergslagen der Saar an, so den Scharzhofberg
und den Wiltinger Berg. Eine bekannte Marke ist auch der „Wawerner
Herrenberger“.

Einst hatte die Saar, welche bei Conz in die Mosel mündet, auf ihrer
untersten Strecke einen ganz anderen Lauf. Sie machte mehrere große
Biegungen, die sie später abzuschneiden vermochte. Zuerst zog sie
unterhalb Saarburg auf der rechten Seite eine Schleife. Dann bog sie
noch weiter nach Westen aus, und zuletzt beschrieb sie einen sehr
großen Bogen, über Oberemmel und Niedermennig, wieder nach Osten. Sie
mündete aber ungefähr an der nämlichen Stelle wie heute.

[Sidenote: Trier.]

Es öffnen sich nun die Berge, und der helle Spiegel der Mosel blitzt
vor uns auf. Mosella fließt, wo sie zuerst uns grüßt, nachdem sie
schon weit gewandert durchs lothringische Land, in ziemlich breitem
Tal. Ostwärts erbreitet sich dieses noch mehr, und nach kurzer Strecke
hat es sich zu einem lieblichen Talkessel gestaltet, der von sanften,
sonnigen Abhängen umschlossen ist. Das ist die Stelle, wo die Römer
in ihrer südlichen Heimat zu weilen glaubten, wo sie an die sonnigen
Gefilde Italiens erinnert wurden und sich im alten Trier (fast 50000
Einw., Abb. 92), dessen Türme bald im Bilde der anmutigen Landschaft
auftauchen, ein zweites Rom -- so darf man fast sagen -- schufen.

Eine Inschrift, die am Roten Hause (Abb. 93), dem früheren
Versammlungshause der Ratsherrn, das sich am Hauptmarkt von Trier
erhebt, angebracht ist, sagt:

  „~Ante Romam Treveris stetit annis MCCC.~“
  „Vor Rom stand Trier 1300 Jahre.“

[Illustration: Abb. 111. Bertrich. (Zu Seite 110.)]

[Sidenote: Triers Vergangenheit.]

Es ist nur die mittelalterliche Sage von der Gründung Triers durch
Trebeta, den Sohn des assyrischen Königs Ninus, die dieser Inschrift
zugrunde liegt. Über das wirkliche Alter der Stadt weiß man nichts.
Sicher ist nur, daß sich an ihrer Stelle schon eine größere keltische
Niederlassung, der Hauptort der gallischen Treverer, befand, als Cäsar
im Jahre 56 v. Chr. auch diesen Volksstamm unterwarf, der damals
bereits zu einer höheren Kultur als die germanischen Stämme gelangt
war. Die Gründung der römischen ~Colonia Augusta Treverorum~ fällt
wahrscheinlich erst in die Zeit des Kaisers Augustus. Ihre Lage machte
sie zu einem wichtigen militärischen Stützpunkte. Weit genug von der
germanischen Grenze entfernt, um vor plötzlichen Überfällen gesichert
zu sein, lag sie wieder nahe genug, um ein Heer bereit halten zu
können. Die Kolonie war zugleich ein wichtiger Verkehrsmittelpunkt,
in welchem das westöstlich verlaufende Moseltal von der südnördlich
gerichteten Verkehrslinie des Saar- und Kylltales durchschnitten wird,
und Fruchtbarkeit zeichnete die umliegenden Gebiete wie noch heute
aus. Sie mußte besonders in den Zeiten als Wohnsitz bevorzugt werden,
in denen die Germanen ihre verheerenden Einfälle in das römische
Gebiet begannen. „In Trier und im Mosellande konnte man damals, wie
Boos schreibt, eines so selten gewordenen Glückes genießen. Die
heitere, rebenumsäumte Tallandschaft stimmt noch heute jedes Gemüt
fröhlich. Sie erweckt das Gefühl des Behagens und der Wohlfahrt, das
über den Weinländern in der Luft zu schweben scheint (Goethe). Der
Südländer vergaß, daß er im unfreundlichen Norden weilte, und die
ruhige Schönheit der Gegend gab der Dichtung des Ausonius einen höheren
Schwung.“

Als die Germanen im dritten Jahrhundert plündernd das Moseltal
durchzogen, bedrohten sie auch Trier. Ja es schien, als wenn damals
schon die Römerherrschaft am Rhein ihrem Ansturm völlig erliegen müßte.
Diokletian, dem Wiederhersteller des römischen Staates, gelang es
aber, die Gefahr abzuwenden, indem er seinem Mitkaiser Maximinian die
Verwaltung des Westens übertrug. Constantius Chlorus und Constantin
der Große setzten dessen Werk fort. Um das linksrheinische Land gegen
die Angriffe der Germanen besser zu schützen, wurden Burgen gebaut
und die Städte stärker befestigt. Das Material für die Befestigungen
nahm man, wie Boos schreibt, wo man es nur bekommen konnte. Selbst die
Grabsteine früherer Geschlechter wurden als Quadern benutzt, besonders
für die Fundamente. Sie enthalten die herrlichsten, instruktivsten
Darstellungen aus dem häuslichen Leben der Bewohner des Mosellandes für
das zweite Jahrhundert. Auch Trier, das im Jahre 286 zur Residenz der
in Gallien residierenden Cäsaren oder Kaiser erhoben wurde, erhielt
eine neue Befestigung und die Stadt wurde bedeutend erweitert. Sie
dehnte sich jetzt von der Porta Nigra (Abb. 94), dem mächtigen Torbau,
der schon aus einer früheren Zeit stammte, bis zur heutigen Vorstadt
St. Matthias aus. Die feste Brücke, die noch heute auf römischen
Pfeilern ruht, lag damals genau gegenüber der Mitte der Stadt. Die sie
fortsetzende Hauptstraße halbierte das römische Trier und führte an den
bedeutendsten Gebäuden, den Thermen von St. Barbara, dem Kaiserpalast
(Abb. 95), dem Amphitheater und unweit der Basilika vorbei. Wie Trier
sich zu einer glänzenden Residenzstadt entfaltete, so schmückte sich
die Umgegend mit prächtigen römischen Villen. Von den Berglehnen und
aus dem Grün der Moselufer schimmerten diese, und Menschen wohnten in
ihnen, die den Lebensgenuß durch die Kunst zu veredeln verstanden.
Ein schöner Mosaikboden in einer römischen Villa wurde z. B. bei dem
Orte Nennig, der an der Eisenbahnlinie von Trier nach Diedenhofen
liegt, aufgedeckt. Er ist 10 ~m~ breit und 15 ~m~ lang und zeigt in
der Mitte die große Darstellung eines Gladiatorenkampfes, während den
Rand kleinere Medaillonbilder schmücken. Ein berühmtes Denkmal aus der
Römerzeit ist auch die Igeler Säule, ein 23 ~m~ hoher und unten 5 ~m~
breiter, als Grabdenkmal errichteter Sandsteinbau, dessen Flächen mit
häuslichen und mythologischen Szenen geschmückt sind.

[Illustration: Abb. 112. Andernach.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 113.)]

[Sidenote: Trier.]

Schon zur Römerzeit fand das Christentum in Trier Eingang und daselbst
einen festen Stützpunkt. Erster Bischof von Trier wurde Agricius von
Antiochien im Jahre 328. Später wurde das Bistum in ein Erzbistum
verwandelt. Die Trierer Erzbischöfe waren vielfach zugleich sehr
wehrhafte Herren. Die Erneuerung des jetzigen Bistums erfolgte im
Jahre 1802. Das mittelalterliche christliche Trier hat uns ebenso wie
das römische heidnische bedeutende Bauwerke hinterlassen. Besonders
die Kirchen der Stadt ragen als Kunstwerke hervor. Zum Teil sind sie
aus römischen Bauten hervorgegangen, so der Dom (Abb. 96 u. 97) und
die Basilika. Der römische Bau, aus dem der Dom entstand, stammte
wahrscheinlich aus der Zeit Valentinians ~I.~ (364 bis 375). Er
hatte eine quadratische Form und füllte die ganze Breite des jetzigen
Gebäudes aus. Von den vier mächtigen Granitsäulen, die sein Inneres
trugen, liegt eine in ihrer ungetümen Gestalt vor dem Eingange des
Doms. Der Bau wurde nach den Zerstörungen, welche die Franken und nach
ihnen die Normannen anrichteten, erneuert, bei der zweiten Renovierung
durch den Erzbischof Poppo (1016 bis 1047) zugleich um ein Drittel
verlängert und mit einer Apsis versehen. Der Erzbischof Hillin (1152
bis 1169) fügte noch die zweite östliche Apsis hinzu. Im dreizehnten
Jahrhundert erhielten die Schiffe Kreuzgewölbe. Zuletzt, im siebzehnten
Jahrhundert, wurde noch die kreisrunde, mit einer Kuppel überwölbte
Schatzkammer angebaut. Was die verschiedenen Bauperioden geschaffen
haben, bis wohin der ältere Bau reichte und wo eine jüngere Zeit mit
ihrer Tätigkeit einsetzte, ist schon an dem Baustoff zu erkennen.
Am römischen Bau wurden roter Sandstein und Ziegel, am Popponischen
dagegen Kalkstein und Ziegel verwandt. An Pracht steht zwar der Trierer
Dom hinter den anderen großen rheinischen Domen zurück. Aber das hohe
Alter gibt ihm eine besondere Weihe, sowohl für den Gläubigen als auch
für den Kunstfreund.

[Illustration: Abb. 113. Remagen.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 115.)]

Vom Dom lenken wir unsere Schritte zu der unmittelbar an ihn stoßenden
Liebfrauenkirche (Abb. 96 u. 98). Mit einem freudigen Erstaunen
richten wir im Innern den Blick in die Höhe, empor zu den zwölf
schlanken Säulen, die das Innere tragen. Es ist ein Rundbau, der von
einem Kreuzgewölbe durchschnitten ist. Man wird wohl selten einen Bau
finden, in dem eine solche Harmonie, ein solches Ebenmaß der Formen
herrscht, wie in dieser Trierer Liebfrauenkirche, die für das schönste
Bauwerk der Frühgotik gilt. Von den übrigen Kirchen Triers verdienen
noch die Basilika, von der wir schon sagten, daß sie gleich dem Dom
aus römischer Zeit stammt, vermutlich aus der Zeit Constantins des
Großen (306 bis 337), sowie die mit schönen Deckengemälden (Abb. 99)
geschmückte St. Paulinuskirche und die St. Matthiaskirche, von denen
die eine nördlich, die andere südlich von der Stadt liegt, unser
Interesse. Nachdem wir noch dem reichhaltigen Provinzialmuseum, das
besonders reich an römischen Fundstücken ist, einen Besuch abgestattet
haben, scheiden wir von Trier, wo so herrlicher Wein uns labte, um auch
anderen schönen Punkten im Moseltal einen flüchtigen Wandergruß zu
bringen.

[Sidenote: Das Moseltal.]

Es fehlt der Raum, um das Moseltal, das so viele herrliche Schönheiten
entfaltet, in gleicher Ausführlichkeit wie das Rheintal zu behandeln.
Wir müssen uns darauf beschränken, die Eigenart dieses größten
Nebentales gegenüber dem Haupt-, dem Rheintale, zu zeigen und zu
begründen. Übereinstimmend ist der reiche Rebenschmuck der Bergwände,
die ebenfalls aus schiefrigem Gestein bestehen; gleich ist auch die
große Zahl der Burgen, die malerisch die Berge krönen; sehr ähnlich
ferner das Bild der Ortschaften, die an den Fluß sich betten, und deren
schiefergraue Dächer im Sonnenschein hell aufblitzen. Und doch wie
verschieden ist das Gesamtbild! Weniger großartig ist das Moseltal,
wie auch sein Fluß sich mit dem stolzen Rheinstrom nicht messen kann.
Aber ein reicherer Wechsel des landschaftlichen Bildes ist ihm eigen.
Schon die viel zahlreicheren Biegungen, die die Mosel macht, bewirken
dies; denn bei jeder Biegung öffnet sich dem Auge ein neues, oft
völlig anderes Bild, während sich im Rheintal jeder Blick ins Endlose
verlängert. Am wenigsten ist die unterste Strecke des rheinischen
Mosellaufs, von Cochem ab, durch Biegungen gegliedert, am reichsten das
mittlere Drittel zwischen Bernkastel und Cochem. Dort macht der Fluß
vielstundenlange Umwege, um fast zur nämlichen Stelle zurückzukehren.
Am meisten nähert er sich selbst wieder nach der großen Schleife von
Zell an der Stelle, wo die auf hohem Felskamm gelegene Marienburg (Abb.
100) zur Betrachtung des eigenartigen Landschaftsbildes mit einem
doppelten Flußlaufe einladet.

[Illustration: Abb. 114. Die Apollinariskirche in Remagen. (Zu Seite
117.)]

[Sidenote: Die Marienburg. Von Bernkastel bis Cochem.]

Wir verlassen in Bullay das Moselschiff und steigen auf steilem Pfad
zwischen Weinbergen hinan. Rückwärts schauend, erblicken wir tief
unter uns den Fluß, der sich in Schlangenbiegungen hinter den Bergen
verliert, und grüßen das Schifflein, das langsam die Welle durchfurcht.
Bald haben wir die Gebäude der Marienburg (Abb. 101) erreicht. Es
sind die Ruinen eines sagenhaften Schlosses, an dessen Stelle 1146
ein Frauenkloster gegründet wurde. Das malerische Chor der damals
erbauten Kirche ist noch ziemlich gut erhalten. Wir wandeln zwischen
den Trümmern und durchschreiten den in Gartenanlagen umgewandelten
Burg- oder Klosterhof. Auf der andern Seite der Marienburg bleiben wir
überrascht stehen. Auch dort zu unsern Füßen ein großer Flußlauf, die
Mosel!

  „Oftmals bewunderst du selbst im Stromlauf die eigene Rückkehr“

so sang schon der römische Dichter Ausonius, der auch die Mosel und den
Hunsrück bereiste. Im Burggarten lassen wir uns nieder und erquicken
uns am kühlen Wein. So sitzen wir lange. Aber immer wieder lockt es
uns, hinauszutreten und die herrliche Landschaft, das Doppelbild,
auf der einen Seite das Bild der Eifelhöhen, auf der andern das der
Hunsrückberge, zu betrachten, bis das Schifflein kommt, das wir vorher
verließen. Dann springen wir hurtig hinunter und setzen in Pünderich
die Fahrt fort.

[Illustration: Abb. 115. Altenahr. (Zu Seite 118.)]

Daß auch in wirtschaftlicher Hinsicht das Moseltal durch die großen
Biegungen mehr gegliedert wird, erkennen wir an dem Aufblühen
zahlreicher Städtchen und Flecken, z. B. von Bernkastel (4500 Einw.)
(Abb. 102), Traben-Trarbach (5500 Einw.) (Abb. 103), Zell (Abb. 106)
und Cochem (Abb. 105), die sämtlich auf der mittleren Moselstrecke
liegen, während zwischen Cochem bis Coblenz kaum noch ein Ort von der
Bedeutung dieser Städtchen folgt. Auch die obere Strecke, zwischen
Trier und Bernkastel, kann sich in dieser Hinsicht nicht mit der
mittleren messen. In früherer Zeit hatte dort die Mosel einen andern
Lauf. Sie folgte in mehr gerader Richtung einer Senke, die nördlich
von dem jetzigen Lauf auch heute noch ausgeprägt ist und als ein
ziemlich ebenes Gelände einen Teil der Ansiedelungen an sich zog.
Auf dem mittleren Laufdrittel bildeten sich die genannten Städtchen
zu natürlichen Mittelpunkten der durch die Talbiegungen voneinander
ziemlich abgeschlossenen Landschaften aus. Diese erweitern sich meist
noch durch ein kleines Seitental, auf dessen unterste Strecke die
nämliche Wirtschaftsweise, vor allem der Weinbau, übertragen werden
konnte.

[Illustration: Abb. 116. Neuenahr, von der Thomashöhe gesehen.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 120.)]

[Sidenote: Mosellandschaft und -orte.]

Die zahlreichen Biegungen der Mosel hatten ferner zur Folge, daß, bei
der Hauptrichtung des Flusses nach Nordosten, stets nur die wechselnde
Talseite mit Reben bepflanzt werden konnte. Auf der andern, mit ihren
Abhängen mehr nach Norden gerichteten -- bald ist’s die linke, bald
die rechte -- blieb der Wald bestehen. Meistens sind es Lohhecken,
die diese bekleiden. So entsteht ein Wechsel der Belaubung. Auf
die kahlen und in sehr gleichmäßigem Grün erscheinenden Weinberge
folgen wechselvoller beleuchtete und gefärbte Waldpartien, auf diese
wieder Weinberge und so fort: entschieden ein landschaftlicher Vorzug
gegenüber dem Rheintal, wo auf weiten Strecken die Rebenanlagen bis zur
Ermüdung im Landschaftsbilde immer wiederkehren. Die stärkere Bewaldung
hat auch zur Folge, daß die Moselberge gerundeter erscheinen als die
Berge des Rheintales, dessen schroffe Formen durch die Weinberge nur
wenig gemildert werden.

[Illustration: Abb. 117. Der Rolandsbogen mit Blick auf den Drachenfels.

(Zu Seite 123.)]

Unter den Moselorten sind manche, die auf ein hohes Alter zurückschauen
können, wie Pfalzel (von ~Palatiolum~), wo Adela, die Tochter des
Frankenkönigs Dagobert ~II.~, ein Frauenkloster gründete; Riol (von
~Rigodulum~), wo nach dem Bericht des Tacitus der römische Feldherr
Cerealis die Treverer besiegte; Neumagen (von ~Noviomagus~), wo in der
Nähe der Kirche eine Festung Constantins lag, die der Dichter Ausonius
erwähnt:

      „Drauf sah ich an des Belgerlandes Grenzen
    Die Prachtburg Constantins Neumagen glänzen.“

[Sidenote: Burg Cochem.]

Enkirch, schon 690 als ~Villa Ancaracha~ genannt; Cochem (~Cuchuma~),
das im zehnten Jahrhundert als Reichslehn des Aachener Pfalzgrafen
erwähnt wird; Treis (~Trisvilla~); Carden (~Caradona~) (Abb. 106),
wo im vierten Jahrhundert der heilige Kastor in einer Höhle gelebt
haben soll u. a. Von den zahlreichen Burgen seien als die schönsten
oder in Sage und Geschichte am meisten genannten außer der Marienburg
noch erwähnt die Burgen von Cobern, Burg Thurant bei Alken, die in
einem engen Seitental gelegene Ehrenburg (Abb. 107), die Reichsburg
Beilstein (Abb. 108), die Festung Montroyal auf dem Trabener Berg,
deren Schleifung 1697 durch den Ryswycker Frieden verfügt wurde, und
vor allem die turmreiche, in neuer Schönheit wieder hergestellte Burg
Cochem (Abb. 109). Letztere gehörte von 866 bis 1140 den Pfalzgrafen
bei Rhein und war bis 1294 Reichsburg. Die Franzosen zerstörten den
herrlichen Bau im Jahre 1689. Lange lag sie in Trümmern, bis der
Geheime Kommerzienrat Ravené sie nach alten Plänen und Ansichten
1868 bis 1878 neu aufführen ließ und dadurch dem Moseltal seinen
hervorragendsten Schmuck wiedergab. Andere Moselorte sind noch als
Weinorte berühmt geworden, wie Graach, Erden, Zeltingen (Abb. 110),
Lieser, Winningen usw. In einem Seitental der Mosel liegt inmitten
einer herrlichen Waldespracht das Bad Bertrich (Abb. 111).

[Illustration: Abb. 118. Schloß Drachenburg und Zahnradbahn nach dem
Drachenfels.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 123.)]




VI. Das Rheintal von Coblenz bis Bonn.


[Sidenote: Das Neuwieder Becken.]

Wieder ladet ein stattlicher Dampfer, die „Hansa“, zur Rheinfahrt uns
ein, zur Fahrt von Coblenz nach Bonn, der rheinischen Musenstadt. An
dem Denkmal Wilhelms des Großen gleiten wir vorüber, und der Stadt
Coblenz, ihrer ehrwürdigen Kastorkirche, dem hochragenden Kühkopf und
dem trotzigen Ehrenbreitstein senden wir die letzten Grüße zu. Die
freie Ebene säumt nun auf der linken Seite den Strand des stolzen
Stromes. Etwa eine Stunde weit treten die Höhen zurück, um in dieser
Entfernung nordwärts den Strom zu begleiten. Rechts aber bleiben
sie ihm noch eine Strecke weit so nahe, daß sie sich in seinen
Fluten spiegeln können. Eine grüne Rheininsel, Niederwerth mit dem
gleichnamigen Örtchen, verdeckt den Blick nach Osten, wo sich das
Städtchen Vallendar an den Strom schmiegt. An ihrem Nordende weichen
auch die Höhen auf der rechten Rheinseite zurück, und weicher Strand
begleitet auf beiden Seiten den zu größerer Breite anschwellenden
Strom. Wir blicken frei über die inmitten des Rheinischen
Schiefergebirges eingebrochene Scholle des Neuwieder Beckens. Nordwärts
aber nähern sich wieder die beiderseitigen Höhen, um von neuem den
Rhein zu umklammern.

[Illustration: Abb. 119. Brückenbogen über den Rhein bei Bonn.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Dresden. (Zu Seite 124.)]

Die qualmenden Hochöfen der Kruppschen Concordiahütte ziehen in
der rechtsseitigen Ebene unsern Blick auf sich, und an das rechte
Stromufer drängt sich der Ort Engers, dessen früheres, 1758 erbautes
kurtrierische Schloß seit 1863 als Kriegsschule dient. Links aber wird
das Dorf Urmitz sichtbar, ein den Archäologen wohlbekannter Ort, mit
dem sie sich in jüngster Zeit wieder in erhöhtem Maße beschäftigt haben.

[Illustration: Abb. 120. Zollhäuschen auf der Bonner Rheinbrücke.

Aus der Festschrift der Stadt Bonn. (Zu Seite 125.)]

[Sidenote: Wo waren Cäsars Rheinbrücken? Urmitz.]

Es handelt sich wieder um die Frage, wo Cäsar seine beiden Brücken
über den Rhein geschlagen hat. Es ist eine alte Kampffrage. Nicht
weniger als etwa zwanzig Orte haben sich auf der 320 ~km~ langen
Rheinstrecke von Mainz bis Xanten, wie Nissen schreibt, zur Auswahl
angeboten. „In Engers überschaut der Fremde vom Römerturm die lachende
Landschaft und hält im Gasthof zur Römerbrücke Rast, in Bonn freut
er sich der Huldigung, die 1898 dem ersten rheinischen Brückenbauer
zuteil geworden ist, sieht ein Steinbild, das den großen Imperator
darstellen soll, liest eine Inschrift, die in bedenklichem Latein das
Gedächtnis des Brückenschlages von 55 v. Chr. erneuert.“ Der um die
Altertumsforschung im Rheinland hochverdiente Oberst von Cohausen
verlegte die erste Brücke, die im Jahre 55 v. Chr. geschlagen wurde,
nach Xanten, die zweite, zwei Jahre später erbaute nach Neuwied,
indem er in der Stelle „~paulum supra eum locum quo ante exercitum
traduxerat, facere pontem instituit~“ in Cäsars „~Bellum gallicum~“
den beiden ersten Worten „ein wenig oberhalb“, nämlich von der Stelle
des ersten Brückenbaues, einen sehr dehnbaren Sinn gab. In dem
großen Werke Napoleons ~III.~ über die Feldzüge Cäsars ist Bonn als
Brückenstelle angenommen worden, und hierauf gründet sich die Ehrung
des römischen Feldherrn an der Bonner Rheinbrücke. Andere, wie General
von Peucker und General Wolf, traten für Köln ein, wieder andere,
wie Professor Ritter 1864 und Professor Klein 1888, nahmen die erste
Brücke für Bonn, die zweite für Neuwied in Anspruch. In neuester Zeit
glaubt nun Koenen, der unermüdliche Durchforscher unseres Heimatbodens
nach Spuren der Vergangenheit, wenig unterhalb von Urmitz und dem
Urmitzer Wörth Cäsars Rheinfestung ermittelt und in ihrer Ausdehnung
und Anlage genau festgestellt zu haben. Es handelt sich um eine
Festungsanlage von fast 4 ~km~ Umfang, die auf einer erhöhten, von den
Fluten nicht erreichbaren Bimssandsteinablagerung errichtet war. In
dem Rahmen derselben waren früher schon viele römische und vorrömische
Funde gemacht, u. a. zahlreiche Kesselgruben der Bronze-, Hallstatt-
und La Tène-Zeit, sowie ein großes vorrömisches Gräberfeld, das
Totenwohnungen besonders aus jenen Perioden barg, entdeckt worden. Es
handelt sich also um eine im früheren Völkerleben wichtige Örtlichkeit.
Innerhalb der großen Festungsanlage hat Koenen ferner eins der fünfzig
Drusus-Kastelle von quadratförmiger Gestalt nachgewiesen. Welche
Gründe berechtigten ihn aber, jene als die Cäsarsche Brückenfestung zu
deuten? In dem Füllwerk der Festungsgräben fanden sich Gefäßscherben
aus allen Perioden der vorrömischen Zeit, keine aber, die bis in die
Augusteische Zeit hineinreichen. Die jüngsten Scherben zeigen den
Typus, der in der Zeit der Eroberung Galliens durch Cäsar herrschte.
Im Rheine wurden gegenüber der Mitte des Lagers Reste von Pfählen
gefunden, desgleichen etwas (1270 ~m~) unterhalb, wohin Koenen den Bau
der ersten Brücke verlegt. Die Cäsarsche Brückenfestung hat, nach der
Beweisführung Koenens, bis nach dem unter Augustus erfolgten Bau der
Coblenzer Straße bestanden; denn diese biegt, wo sie jene erreicht,
nach Westen aus. Nach völliger Beruhigung des linken Rheinufers war
eine große Rheinfestung nicht mehr nötig. Das kleine Drusus-Kastell
übernahm an dieser Stelle die Sicherung der Rheingrenze, und jene
wurde aufgegeben. Die Entscheidung der Frage, wo Cäsar über den Rhein
gegangen ist, hat große Wichtigkeit für die Feststellung der alten
Grenzen der germanischen Völkerschaften, in deren Gebiet der Kriegszug
führte. Ob aber Koenens Forschungen dem Streit ein Ende machen werden,
ist noch nicht gewiß. Allgemein scheint man sich aber jetzt der Ansicht
anzuschließen, daß jedenfalls in der Gegend des Neuwieder Beckens, also
zwischen Coblenz und Andernach, die Stellen zu suchen sind, wo Cäsar
den Rhein überschritt.

Der Rheindampfer trägt uns an der interessanten Örtlichkeit, um die
sich jetzt der wissenschaftliche Streit dreht, vorbei. Wir sehen
im Geiste die Cäsarsche Pfahlbrücke, die uns auf der Schulbank
schon so viel Kopfzerbrechen machte. Wo einst römische Legionen
lagerten, sind jetzt zahlreiche Arbeiter tätig im Dienste einer
eigenartigen Industrie. Sie stechen den Bimssand, den einst die
Vulkane der Eifel als Aschenregen entsandten, ab, untermischten ihn
mit Kalkmilch und formen aus der Masse weiße Bimssandsteinziegel,
die bei Bauten im Rheinland jetzt viel Verwendung finden. Die Steine
sind viel leichter als die gewöhnlichen Ziegelsteine und sollen den
Gebäuden eine gleichmäßige Temperatur geben. Durch den Abbau der
Bimssandsteinschichten für die zahlreichen Ziegeleien, die zwischen
Coblenz und Andernach, sowie auch auf der rechten Rheinseite in Betrieb
gesetzt wurden, und die jährlich über hundert Millionen Ziegel fertig
stellen, sind schon viele wertvolle, besonders vorgeschichtliche Funde
gemacht worden -- den Namen Urmitz können wir in den meisten Museen
lesen --, und auch Koenen verdankt ihnen die Entdeckung der Cäsarschen
Rheinfestung und des Drusus-Kastells.

[Sidenote: Weißenturm. Neuwied.]

Am linken Rheinufer folgt der langgestreckte Ort Weißenturm, hinter dem
sich, seitwärts von der Landstraße, auf einer Anhöhe das Denkmal des
französischen Generals Hoche in Gestalt eines Obelisken erhebt. Rechts
aber wird, unterhalb zweier Kruppscher Hüttenwerke, das Stadtbild von
Neuwied (fast 20000 Einwohner) sichtbar. Schon der Name deutet das
junge Alter der betriebsamen Stadt an. Einst lag an ihrer Stelle ein
Ort namens Langendorf. Im Dreißigjährigen Kriege war er völlig verödet.
Da lud 1653 der Graf Friedrich von Wied zahlreiche Ansiedler „ohne
vnterschied der Religion und ohne einigen Pfenning zu zahlen“ zur
Ansiedelung an dieser Stelle, die, inmitten einer fruchtbaren Ebene, am
Ufer des Rheinstromes und am Ausgange des Wiedtales, als eine günstige
gut erspäht war. Und ein blühendes Gemeinwesen ist dort entstanden,
in dem Protestanten, Katholiken, Herrnhuter, Mennoniten und Juden, im
Sinne des Gründers, friedlich nebeneinander wohnen. Auch in der Gegend
von Neuwied sind, bei dem Orte Niederbiber, die Reste eines römischen
Kastells, und zwar eines der größten am Rhein, aufgedeckt worden. Es
maß 255 ~m~ in der Länge und 187 ~m~ in der Breite. Kein römischer
Schriftsteller nennt den Namen dieses Kastells. Bei den Ausgrabungen
wurden manche wertvolle Funde gemacht, die in einem Nebengebäude des
fürstlichen Schlosses zu Neuwied aufbewahrt werden. Als das wertvollste
Fundstück wird uns ein silbernes Kohortenzeichen gezeigt. Von Neuwied,
seinem Schloß und dem schönen Parke, der dieses umgibt, können wir
nicht Abschied nehmen, ohne der gottbegnadeten Dichterin Carmen Sylva,
der Königin von Rumänien, zu gedenken, die dort geboren ist und von
dort die schönen Rheinbilder schaute, die so manche poetische Stimmung
weckte.

[Illustration: Abb. 121. Rheinischer Humor in den Bildhauerarbeiten der
Bonner Rheinbrücke.

Aus der Festschrift der Stadt Bonn. (Zu Seite 125.)]

[Sidenote: Andernach.]

Unterhalb der Stadt Neuwied strömen dem Rhein zwei starke Bäche zu, von
links die muntere Nette, von rechts die Wied. Aber kaum hat er diese,
noch im ruhigen Laufe durch die Ebene, aufgenommen, da nähern sich
wieder die Berge, um von neuem in ein felsiges Bett ihn zu zwingen.
Auf der letzten Uferfläche, die die Berge noch frei ließen, erwuchs
die alte Stadt Andernach (8000 Einwohner) (Abb. 112). Vielleicht
befand sich schon eine keltische Ansiedelung daselbst. Die Römer
hatten mit scharfem Blick den wichtigen Punkt am Eingange des zweiten
engen Abschnittes des Rheintales erspäht und legten eins der fünfzig
Drusus-Kastelle dort an, das sie ~Antunnacum~, ~Antonaco~ nannten.
Dann ward Andernach ein fränkischer Königshof und im Mittelalter
freie Reichsstadt, bis es, durch Gewalt gezwungen, dem Erzbistum Köln
einverleibt wurde. Und von Kriegeswehr spricht auch das heutige Bild
der Stadt noch zu uns. Schon von weitem grüßt uns der hohe, unten
runde, oben achteckige Wartturm, der von 1451 bis 1468 erbaut wurde
und 1880 in seiner schönen Form wiederhergestellt worden ist. Näher
kommend, erblicken wir aber noch viele Gebäude, die das Mittelalter
übrig gelassen hat: die alte Bastei, das Rheintor, die Trümmer des
kurkölnischen Schlosses und am unteren Ende, einsam am Rheinufer
stehend, den alten Kranen, die Stelle bezeichnend, wo schon die Römer
die bei Niedermendig gebrochenen Mühlsteine verluden, und wo auch heute
die im weiten Umkreise gewonnenen vulkanischen Produkte zur Verladung
gelangen. Mauern umgeben noch den größten Teil der Stadt. In dem
altertümlichen Rathause, einem spätgotischen Bau aus dem Jahre 1564,
werden römische und fränkische Altertümer aufbewahrt. Den schönsten
Schmuck Andernachs aber bildet die der heiligen Genoveva geweihte,
viertürmige Pfarrkirche. Sie ist ein spätromanischer Bau aus dem Jahre
1206. Das mit einer Säulchengalerie geschmückte Chor ist jedoch etwas
älter und stammt schon aus dem Jahre 1120. Wie der Besucher Andernachs
von den altertümlichen Gebäuden der eng gebauten Stadt gefesselt wird,
so kehrt er befriedigt auch von dem nördlich, am Eingang des Rheintales
aufsteigenden Kranenberg, auf den seit einigen Jahren eine Zahnradbahn
führt, zurück. Zu seinen Füßen lag das eigenartige Stadtbild von
Andernach; weit schweifte der Blick über die fruchtbaren Gefilde des
Neuwieder Beckens; in der Ferne winkte Coblenz, durch das Silberband
des Rheinstroms mit der Nähe verbunden, und nordwärts konnte er diesen
in seinem engen Tal, das sich am späten Nachmittage allmählich in eine
dunkle Schlucht verwandelt, bis Remagen hin verfolgen.

[Illustration: Abb. 122. Das Bröckemännche der Bonner Rheinbrücke. (Zu
Seite 125.)]

[Sidenote: Hammerstein. Rheineck.]

Die Rheintalstrecke von Andernach bis Bonn kann sich an Schönheit mit
der Strecke von Bingen bis Coblenz nicht messen; nur für den letzten
Abschnitt, in dem die Sieben Berge vor uns auftauchen, gilt dieses
Urteil nicht. Aber der landschaftlichen Reize bleiben noch genug, um
eine genußreiche Stromfahrt zu bereiten. Trotzig ragt auf der rechten
Rheinseite der gewaltige Grauwackenfels vor uns auf, der einst die
stolze Burg Hammerstein trug, in der Kaiser Heinrich ~IV.~ auf der
Flucht vor seinem Sohne Heinrich ~V.~ sich im Jahre 1105 eine Zeitlang
aufhielt. Im Dreißigjährigen Kriege hausten abwechselnd Schweden,
Spanier, Kurkölner und Lothringer in derselben. Schon 1660 wurde sie
auf Veranlassung des Erzbischofs von Köln zerstört, und zwar recht
gründlich; denn nur noch geringe Trümmerreste bedecken die Bergeskuppe.
Günstiger war das Schicksal der Burg Rheineck, die uns von der linken
Talwand grüßt, sobald das Schiff an den beiden freundlichen Rheinorten
Brohl und Rheinbrohl, von denen jener links, dieser rechts das Ufer
säumt, vorübergleitet. Zwar wurde sie zweimal, 1689 von den Franzosen
und 1692 von kurkölnischen Truppen zerstört. Aber der stattliche, 20
~m~ hohe Bergfried hielt trotzig stand und blickt noch heute stolz in
die Fluten des Rheines hinab. Längst, seit 1548, ist das Geschlecht
von Rheineck ausgestorben. Ein Herr von Bethmann-Hollweg ließ jedoch
1832, unter dem Schirm des alten Bergfrieds, einen neuen Bau aufführen
und diesen im Innern durch Steinle mit Fresken schmücken. Auch schräg
gegenüber auf einem Bergabhange der rechten Rheinseite, über dem
Orte Hönningen, der durch seinen Hubertussprudel und den in der Nähe
erbohrten Arienheller Sprudel bekannt geworden ist, erwuchs in neuer
Pracht ein stolzer Bau, Schloß Arenfels oder Argenfels. Sein erster
Erbauer, Heinrich von Ilsenburg, benannte es nach seiner Gemahlin,
einer Gräfin von Are. 1849 kam es in den Besitz des Grafen Westerholt,
der es durch keinen geringeren als den berühmten Kölner Dombaumeister
Ernst Friedrich Zwirner prächtig erneuern ließ.

[Sidenote: Goldene Meile.]

Indem wir unsern Blick auf die beiden Schlösser richteten, bemerkten
wir kaum, welche große Veränderung mit dem Rheintale vor sich ging. Aus
der engen Felsenspalte, die bei Andernach sich schloß, bei Rheinbrohl
aber wieder öffnete, hat der Strom sich glücklich herausgewunden. Nun
kann er wieder zwischen weichen Strand sich betten, nun lachen ihm
wieder grüne Wiesen, mit Obstbäumen besetzte Fluren. Eine kleinere
Ebene hat sich zwischen Rheinbrohl und Hönningen auf der rechten
Rheinseite gelagert, eine größere zwischen Niederbreisig, das Hönningen
gegenüber liegt, und Remagen auf der linken Seite. Jene ist etwa 1
~km~, diese 2 bis 3 ~km~ breit. Die schnellfüßige Ahr, die infolge
ihres eiligen Laufes viel Schlamm und Gerölle mit sich führt, hat die
größere Ebene abgelagert. Durch ihre Anschwemmungen wurde der Rhein
immer mehr nach Osten gedrängt. Indem er aber diese Biegung machte,
wurde er veranlaßt, das rechte, felsige Ufer anzunagen, am linken,
dem toten Ufer dagegen seine Schwemmstoffe abzulagern. So halfen Ahr
und Rhein gemeinsam, die schöne fruchtbare Ebene an der Ahrmündung,
die Goldene Meile genannt, aufzubauen, über die mit Wonne unser Blick
hinüber nach den beiden Städtchen Sinzig (über 3000 Einw.) und Remagen
(3800 Einw.) (Abb. 113) schweift. Am rechten Ufer aber grüßt uns das
alte Städtchen Linz (3600 Einw.).

[Illustration: Abb. 123. Arndt-Denkmal in Bonn. (Zu Seite 126.)]

[Sidenote: Sinzig. Linz.]

Sinzig, das wahrscheinlich das römische ~Sentiacum~ ist, liegt nicht am
Rhein, sondern in halbstündiger Entfernung an dem schon etwas erhöhten
Fuße der linksseitigen Höhen. Malerisch tritt besonders die Kirche
mit ihrem achteckigen Hauptturme, der an der Chorseite von kleinen
Türmchen flankiert ist, hervor. Sie gilt für eine der schönsten
Kirchen am Rhein. In spätromanischem Stile erbaut, zeigt sie noch die
vorherrschende Verwendung der Rundbogen. Der Bau wurde 1220 geweiht.
Das Innere der Kirche ist ausgemalt. Kunsthistorischen Wert hat ein
Flügelbild im nördlichen Kreuzarm, von einem altkölnischen Meister
herrührend, das auf Goldgrund Christi Kreuzigung, seine Himmelfahrt
und den Tod Mariä darstellt. Auch die Stadt Linz, die gleich Andernach
zum Teil noch von Mauern und Türmen umgeben ist, besitzt eine aus dem
Anfang des dreizehnten Jahrhunderts stammende romanische, dem St.
Martin geweihte Kirche, die jedoch in späterer Zeit einen gotischen
Turmhelm und anderen gotischen Schmuck erhielt. Über Linz erhebt sich
der Donatus- oder Kaiserberg, der einen schönen Blick ins Rheintal
und das auf der anderen Seite sich öffnende Ahrtal darbietet. Mehr
locken den Fremden aber noch die großartigen Basaltsteinbrüche bei
Dattenberg -- der Ort ist bekannt durch seinen Rotwein --, ebenso auf
dem Minderberg. Er bewundert dort die Pracht der Basaltsteinsäulen und
ist erstaunt über die schöne, smaragdgrüne Färbung des Wassers, das
sich in den Vertiefungen der Steinbrüche ansammelt und überraschende
Spiegelbilder der infolge langsamer Erkaltung so regelmäßig
gegliederten, bis zu 7 ~m~ langen und 20 ~cm~ dicken Basaltsäulen
zeigt. Der Geologe, der ihn dieses Wunderwerk der Natur schauen läßt,
führt ihn auch zu den Rheinkiesablagerungen, die in bedeutender Höhe
über dem jetzigen Spiegel des Stromes verraten, wo dieser einst seine
Fluten durch das noch nicht so tief ausgenagte Tal bewegte.

[Illustration: Abb. 124. Kriegerdenkmal in Bonn.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin.

(Zu Seite 128.)]

[Sidenote: Remagen. Apollinariskirche.]

In Remagen gesellen wir uns den zahlreichen Touristen zu, die dort
den Rheindampfer verlassen. Das Ahrtal mit seinen malerisch sich
türmenden Felsen, mit seinem zum Irrlauf gezwungenen Flusse, mit
seinen Burgruinen auf den Bergen und seinen Dorfidyllen in des Tales
Nischen, mit seinen Geschichten und Sagen, mit seinen heilkräftigen
Quellen ist ihr und unser Ziel. Die Zeit bis zur Abfahrt des Zuges
benutzen wir, um die alte Stadt Remagen und ihre Sehenswürdigkeiten
in Augenschein zu nehmen. In dem Orte haben wir wieder eins der
fünfzig Drusus-Kastelle vor uns. Auf der Peutingerschen Karte, der
Nachbildung einer alten römischen Straßenkarte aus dem Mittelalter,
ist Remagen als ~Rigomagus~ aufgeführt. „Wertvoll für die früheste
Geschichte der Stadt,“ so schreibt Kollbach, „ist ferner ein in der
Nähe aufgefundener römischer Meilenstein, welcher uns nicht nur die
Zeit des Straßenbaues unter den Kaisern Markus Aurelius und Lucius
Verus verkündet, sondern auch genau die Entfernung von hier bis Köln
als 30000 Schritte angibt.“ Interessante römische Funde wurden zu
Remagen beim Bau der jetzigen Landstraße, im Jahre 1763, gemacht.
Dieselben wanderten, weil der Ort damals zur Pfalz gehörte, nach
Mannheim. Neuen Aufschluß über das römische ~Rigomagus~ ergab in
neuester Zeit der 1900 begonnene Neubau der alten Pfarrkirche. Es war
längst bekannt, daß diese inmitten des Drusus-Kastells stand. Durch die
vorgenommenen Nachgrabungen wurde die Nordmauer desselben am Deichweg
freigelegt. Eine gleich gut erhaltene oberirdische Festungsmauer
aus der römischen Zeit ist in der Rheinprovinz kaum noch irgendwo
erhalten. Ein aufgefundener römischer Ziegelstein trug die Aufschrift
~RICOM~, die den Gedanken nahe legt, daß der Name des Kastells nicht
~Rigomagus~, sondern ~Ricomagus~ hieß. Auch auf mächtige Schuttmassen
stieß man bei jener Gelegenheit. Kaum ein zweiter Ort am Rhein hat so
schwere Schicksale, so zahlreiche Belagerungen und Zerstörungen in
Kriegszeiten erdulden müssen wie Remagen. Es wurde 1198 von den Truppen
Philipps von Schwaben verbrannt, 1475 von den Burgundern erobert,
1632 von den Schweden erstürmt, 1633 von den Spaniern zurückerobert,
im selben Jahre aber von den Schweden zusammengeschossen, wobei der
Kirchturm und 200 Häuser zerstört wurden. Kein Wunder, daß nach solchen
schlimmen Zeiten der Ort am Ende des Dreißigjährigen Krieges nur noch
60 Häuser, wohl richtiger gesagt Hütten zählte. Und dennoch blieben uns
noch einige interessante, mittelalterliche Baureste erhalten, so das
1246 geweihte gotische Chor der alten Pfarrkirche und der seltsame,
schon viel gedeutete und doch vielleicht noch nicht richtig erklärte,
reich mit Skulpturen geschmückte Torbogen, der neben dem Pfarrhause
steht. In der Talfurche des Lützerbaches, der in den aussichtsreichen
Viktoriaberg eingeschnitten ist, sind noch Reste einer unterirdischen
römischen Wasserleitung erhalten. So plaudert, wie dieser Bach, fast
jede Örtlichkeit eine Geschichte. Aus der frisch blühenden Gegenwart,
die aber Remagen die frühere Bedeutung noch nicht wiederzugeben
vermochte, stammt die zierliche, von vier schlanken Türmchen flankierte
Apollinariskirche (Abb. 114), die der Graf Fürstenberg-Stammheim 1839
durch den Dombaumeister Zwirner in gotischem Stile aufführen ließ.

[Illustration: Abb. 125. Beethoven-Denkmal in Bonn.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin.

(Zu Seite 128.)]

[Illustration: Abb. 126. Das Münster in Bonn. (Zu Seite 128.)]

[Sidenote: Das Ahrtal.]

Nicht gar zu schnell führt uns der Eisenbahnzug von Remagen durch
das Ahrtal. Wir lassen die wechselnden Bilder an uns vorübergleiten,
und erst dort, wo die neben uns rauschende Ahr in der engsten
Felsenwildnis sich zu verlieren scheint, in deren Mitte malerisch
auf schroffem Felskegel die Burgruine Altenahr vor uns auftaucht,
machen wir halt, um rückwandernd dann des Tales Schönheit voll zu
genießen. Drei völlig verschiedene Talstücke des Ahrlaufes können
wir unterscheiden. Die oberste Strecke entfaltet noch nichts von der
wilden Schönheit, die das Ahrtal so berühmt gemacht hat. Nur wenig
hat der junge Fluß in dem Grauwacke- und Kalkgestein, das er zuerst
durchfließt, sein Bett vertieft. Grüne Wiesen säumen ihn, und die
Talgehänge prangen in dichtem Waldkleide. Erst bei Altenahr, wo die Ahr
in eine mehr schieferartige Grauwacke eintritt, ändert sich plötzlich
das Talbild. Dieses Gestein bot dem mit starkem Gefälle gegen die
Felsen anstürmenden Flusse, der inzwischen auch durch zahlreiche Bäche
seine wilde Kraft verstärkte, nur geringen Widerstand dar. So ward
die Landschaft durch tiefe Furchen zerrissen. Auf eine großartige
Felsenlandschaft schauen wir von der Burg Altenahr, dem Stammsitz
des Grafengeschlechts von Are, deren Bau bis ins zehnte Jahrhundert
zurückreichen soll, oder vom Weißen Kreuz (Abb. 115) herab. Wohl
zehnmal sehen wir die Ahr hinter den schroffen Felswänden, die entweder
mit zierlichem Buschwerk bewachsen oder bis hoch hinauf mit Reben
geschmückt sind, verschwinden und wieder hervorkommen. Bis Walporzheim
reicht der enge Teil des Ahrtales. Noch an vielen Punkten entfaltet
dieses mittlere Talstück seine eigenartige Schönheit. Zuweilen
verbreitert das Tal sich etwas, und ein größerer Rebengarten nimmt uns
auf. Dann aber treten die Berge in malerischen Formen wieder näher
an den Fluß heran und zwingen ihn zu neuen Irrläufen. In dem kühlen
Wassergrunde spielt die Forelle. Die rote Felsennelke schmückt das
Gestein. Hie und da führen von der Landstraße Steinstufen hinauf zu den
Weinbergen. Wir wandern an der vielbesuchten Lochmühle und an dem in
stillem Talfrieden liegenden Mayschoß vorüber und blicken hinauf zu den
geringen Resten der einst auf steiler Felshöhe so trotzig gelegenen
Sassenburg. In breiterem Tal erholt sich die Ahr von ihren Irrläufen.
Dann grüßen wir die Bunte Kuh, einen mit spitzer Nase aus der Bergwand
heraustretenden Fels. Der eigentümliche Name soll von einer Wette
herrühren. Für den Preis einer Kuh erkletterte ein Mädchen den Fels und
wechselte auf der vorspringenden Nase das Strumpfband. Gleich hinter
der Bunten Kuh erreichen wir Walporzheim, den weltberühmten Weinort, wo
im St. Peter gar mancher Zecher des Weines Kraft erfahren hat.

[Illustration: Abb. 127. Inneres des Münsters in Bonn.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 128.)]

[Illustration: Abb. 128. Marktplatz in Bonn.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 128.)]

[Illustration: Abb. 129. Die Universität zu Bonn.

Nach einer Photographie der Neuen Photographischen Gesellschaft in
Berlin-Steglitz. (Zu Seite 130.)]

Bei Walporzheim beginnt das untere, viel breitere Talstück der Ahr.
Das alte Städtchen Ahrweiler (4500 Einw.), der in jüngerem Glanze
aufblühende Badeort Neuenahr (Abb. 116) und der Weinort Bodendorf
sind die bekanntesten Orte auf dieser Strecke. Bei Ahrweiler liegt
auf dem Kalvarienberg das gleichnamige Kloster der Ursulinerinnen.
Wie anders ist auf dieser Strecke das Bild des Tales, wenn man von
einer der Berghöhen herniederschaut! Den schönsten Überblick haben
wir von der Landskrone hinab, die auf der Nordseite so beherrschend
hervortritt. Der Fluß zieht zwischen Wiesen und Feldern dahin, und die
zahlreichen Ortschaften liegen in einem Kranze von Obstbäumen. Die uns
gegenüberliegende Talwand prangt in üppigem Waldschmucke, während auf
der nördlichen, der Mittagssonne zugekehrten die Rebe bis fast zur
Mündung der Ahr hin ihr Plätzchen behauptet.

[Illustration: Abb. 130. Bismarck-Säule bei Bonn.

Nach einer Photographie der Bonner graph. Kunstanstalt (Rud. Schade) in
Bonn.

(Zu Seite 130.)]

[Illustration: Abb. 131. Cistercienserabtei Marienstatt auf dem
Westerwald.

Nach einer Photographie von H. Hardt in Limburg. (Zu Seite 134.)]

[Sidenote: Rheinfahrt.]

Wieder stehen wir am Strande des Rheins, um das Dampfschiff für die
Fahrt von Remagen nach Bonn zu erwarten. Die „Loreley“ ist’s, die auf
den Fluten dort heranschimmert und nun an der Landebrücke anlegt.
Will der Name des schönen Schiffes noch einmal Kunde uns bringen von
dem herrlichen Bilde, das wir auf der Rheinfahrt schauten, von dem
sagenumwobenen Berge und der Nixe, der jener Schiffer vergessen
lauschte, oder will er der Sage liebliche Laute aufs neue wecken in
unserer Brust beim Anblick anderer Bilder herrlichster Art?

[Illustration: Abb. 132. Westerburg. Auf dem Westerwald.

Nach einer Photographie von H. Hardt in Limburg. (Zu Seite 134.)]

[Illustration: Abb. 133. Limburg an der Lahn.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 137.)]

[Sidenote: Rolandseck. Drachenfels. Königswinter.]

Tief steht die Sonne am Himmel. Auf die Talwand zur Linken senkten
sich schon des Abends Schatten, aber die Höhen auf der rechten Seite
des Stroms lecken noch das letzte Licht des sterbenden Tages. So
feurig strahlt der Abendröte Schein, als wollte sie die letzte Stunde
der Rheinfahrt uns vergolden, daß leuchtend der Erinnerung schöne
Bilder wieder auftauchen können noch in späteren Jahren, wenn ein
großes Stück des Lebens hinter uns liegt wie ein Traum. O schönes
Erinnern, das dann auch erzählt von jenem Sonnenuntergang am Rhein! Von
neuem sehen wir, wie die dunkle Bergmasse der so trotzig am rechten
Rheinufer aufragenden Erpeler Ley sich rötlich färbt und von den
sanften Rebengehängen Oberwinters auf der andern Seite die letzten
Sonnenstrahlen forthuschen, wie über Rolandseck von schattendunkler
Bergeswand der Rolandsbogen (Abb. 117) grüßt und vor uns das liebliche
Eiland Nonnenwerth mit seinem altersgrauen Kloster auftaucht, wie
endlich der Drachenfels (Abb. 1) aus den Fluten des Stromes auftaucht,
so trotzig, als wollt’ er ihn wehren, weiter zu ziehen und unser
Schiff fortzutragen aus diesem Lande der Poesie. Und auch der Sage
Laute klingen wieder an unser Ohr. Von Hildegunde erzählen sie, die,
einer falschen Nachricht glaubend, die den Tod ihres geliebten Ritters
meldete, im Kloster zu Nonnenwerth die Klage des Herzens vergessen
wollt’, von Roland, der traurig diese Kunde nach glücklicher Heimkehr
vernahm und droben, wo heute noch der Rolandsbogen steht, sich ein
Schloß baute, um immer hinabschauen zu können auf das Kloster, das die
Liebste barg, und von Siegfried, der den Drachen tötete.

[Illustration: Abb. 134. Inneres des Domes in Limburg an der Lahn.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 138.)]

Doch ein prächtiges Bild, ein stolzer Bau, der aus neuerem Stein
sich auftürmt, scheucht die Bilder der Vergangenheit. In halber
Höhe des Drachenfels erscheint, überragt von der Burgruine, die die
höchste Spitze des Berges so malerisch krönt, das neue, vieltürmige
und zinnenreiche Schloß Drachenburg (Abb. 118 u. 141 bis 143). Und
wie reich das Leben flutet am herrlichen deutschen Rhein, inmitten
dieser, von einer alten Kultur gesegneten Landschaft, das verrät die
vielhundertköpfige Menge, die in Königswinter (Abb. 141) unser Schiff
erwartet. Bis auf den letzten Platz füllt dieses sich, und mit der
Menge zieht rheinische Fröhlichkeit in seine gastlichen Räume ein.
Lustig werden bei der Abfahrt die Tücher geschwenkt, und bald ertönen
die Klänge eines Rheinliedes. Nixen sieht man auf der Loreley und
junge Musensöhne, die in dem Sange die nämliche „gewalt’ge Melodei“
verspüren, die den Schiffer im kleinen Kahne lockte. Und desto froher
stimmen sie, als verklungen der Loreley Zaubergesang, selbst sich
warnend, Simrocks köstliches Lied an:

    An den Rhein, an den Rhein, zieh’ nicht an den Rhein,
      Mein Sohn, ich rate dir gut;
    Da geht dir das Leben zu lieblich ein,
      Da blüht dir zu freudig der Mut.

    Siehst die Mädchen so frank und die Männer so frei,
      Als wär’ es ein adlig Geschlecht;
    Gleich bist du mit glühender Seele dabei:
      So dünkt es dich billig und recht.

    Und zu Schiffe, wie grüßen die Burgen so schön
      Und die Stadt mit dem ewigen Dom;
    In den Bergen, wie klimmst du zu schwindelnden Höh’n
      Und blickst hinab in den Strom.

    Und im Strome da tauchet die Nix’ aus dem Grund,
      Und hast du ihr Lächeln gesehn,
    Und grüßt dich die Lurlei mit bleichem Mund,
      Mein Sohn, so ist es geschehn:

    Dich bezaubert der Laut, dich betöret der Schein,
      Entzücken faßt dich und Graus:
    Nun singst du nur immer: Am Rhein, am Rhein!
      Und kehrst nicht wieder nach Haus.

[Illustration: Abb. 135. Nassau an der Lahn.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 139.)]

[Sidenote: Bonn.]

Wie könnte das rheinische Land schöner gefeiert werden als in diesem
herrlichen Liede! Der es sang, er wohnte in Bonn, der schönen
Musenstadt am Rhein, die nun uns grüßt mit ihren schmucken Villen,
ihren lieblichen Gärten, mit dem trotzigen Alten Zoll und der
schwungvollen neuen Rheinbrücke (Abb. 119). Letztere ist im Jahre 1899
dem Verkehr übergeben worden. Wer über sie wandert, erfreut sich an
dem bildhauerischen Schmuck, der in den beiden Zollhäuschenpaaren
(Abb. 120) zum Ausdruck gelangt ist, an der naiven Darstellung der
rheinischen Sagen, des Studenten- und Volkslebens (Abb. 121). An der
Beueler Torburg der Rheinbrücke lachen wir recht herzlich über das
„Bröckemännche“ (Abb. 122), das durch seine Haltung die Bewohner von
Beuel sehr drastisch dafür straft, daß ihre Gemeinde zum Brückenbau
nichts zusteuerte.

[Illustration: Abb. 136. Denkmal des Freiherrn vom Stein bei Nassau.

Nach einer Photographie von H. Hardt in Limburg. (Zu Seite 139.)]

[Illustration: Abb. 137. Kurhaus und Kurgarten in Ems.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 139.)]

[Sidenote: Bonn. Das Siebengebirge.]

Bonn ist oft verglichen worden mit der ihm geistig so nah verwandten
Musenstadt am Neckar, mit dem nicht weniger gepriesenen Heidelberg.
Die Lage der beiden Städte ist jedoch völlig verschieden. Heidelberg
konnte sich gleichzeitig an einen Flußlauf betten und an eine
hochragende Bergwand lehnen. Bonn sieht sich von den Berggehängen,
die den Rheinstrom bis dorthin malerisch schmückten, verlassen, sieht
sie aber in schön geschwungenen Linien und in nicht zu weiter Ferne
auftauchen, sowohl seitwärts über der Poppelsdorfer Allee, die nach
Südwesten zur Wallfahrtskirche auf dem Kreuzberge hinzeigt, als auch
in südöstlicher Richtung über der breiten Wasserfläche des Rheins, der
des Landes Krone, die Sieben Berge, auf seinem Spiegel trägt. So steht
in dem Landschaftsbilde der beiden schönen Musenstädte die malerische
Nähe, die nichts dem Auge verhüllt, der lockenden Ferne, die das Gemüt
des Beschauers zu sich hinzieht, einander gegenüber. Dieser Gegensatz
muß im Empfinden des Menschen zum Ausdruck kommen: die Nähe wirkt immer
großartig, die Ferne aber entfaltet den Reichtum der Erscheinungen
einer großen Welt, die täglich noch Neues zu zeigen vermag. Die Sieben
Berge, der wie ein Eckpfeiler trotzig aufragende, sagenumwobene
Drachenfels, die Burgruine, die ihn krönt, der Petersberg mit dem
stattlichen Gasthause, der wie ein König alle Berge überragende Ölberg,
dann jenseits des Flusses der zierliche Godesberg mit seiner schlanken
Turmruine, die an die Bergeshöhen, an den Strom gelehnten Ortschaften,
das wechselnde Bild der die Stromfläche belebenden Schiffe, die am
Stromufer aus ihren Gärten auftauchenden Villen, die in schwungvollen
Riesenbogen sich spannende Brücke mit ihrer Verkehrsbewegung, ferne
Kirchtürme und andere Gebäude, so die immer bei klarem Wetter deutlich
hervortretende Kuppe mit der Abtei Siegburg, sowie andere Erscheinungen
in dem weiten Rahmen des Bildes: sie werden heute übersehen und
morgen freudig neu entdeckt von den täglichen Besuchern des Alten
Zoll. Auf diesem berühmten Aussichtspunkte am Bonner Rheinufer steht
das Denkmal Vater Arndts (Abb. 123), und zwei französische Kanonen,
die von Kaiser Wilhelm ~I.~ der Bonner Universität geschenkt wurden,
schauen über die Brüstung des mächtigen Bollwerks hinweg. Was der
Landschaft von Bonn gegenüber der von Heidelberg an großartiger Plastik
fehlt, das ersetzt der zu den Füßen des Alten Zoll vorüberrauschende
Rhein, sowohl durch das natürliche Bild eines im Vergleich zum Neckar
riesenhaften Stromes, als auch durch die geistige Größe, die er in der
Geschichte des deutschen Volkes erlangt hat. So übertrifft die Lage
Bonns diejenige Heidelbergs. Nur das geistige Leben der beiden Städte
hat viele gemeinsame Züge. Die beiden durch eine herrliche Lage im
schönen Rebenlande und ein frisches rheinisches Leben ausgezeichneten
Städte vermögen ihren Musensöhnen eine Geistesnahrung zu geben, die die
andern deutschen Universitäten, nur noch Jena ausgenommen, nicht bieten
können, einen Impuls fürs Leben mit den starken Schwingen, um Großes
zu erreichen. Kam dies nicht oft genug in der Bonner Studentenschaft
zum Ausdruck? Sagte es nicht die Flamme der Begeisterung, die so
mächtig aufloderte, als 1870 die Kunde der Kriegserklärung erscholl
und die Bonner Studenten zu einer großartigen patriotischen Kundgebung
ungerufen zusammen sich fanden, und sagte es nicht vor wenigen Jahren
auch der Aufruf, der von Bonn aus zur Errichtung von Feuersäulen, um
das Andenken des heimgegangenen großen Kanzlers Bismarck zu ehren, in
die deutschen Lande ging und in allen deutschen Städten so begeisterte
Aufnahme fand, daß überall von den Bismarck-Säulen die Flammen der
Begeisterung für den größten deutschen Staatsmann, die Frühlingsfeuer
des jungen Deutschen Reiches auflodern werden! Von den großen
Männern, die dem Lehrkörper der Universität seit ihrer Gründung
im Jahre 1818 angehört haben und sich inmitten der Gedankenwelt der
rheinischen Musenstadt so wohl fühlten, von einem Niebuhr, dem großen
Geschichtsforscher, von einem Arndt, an dessen Denkmale auf dem Alten
Zoll wir die flammenden Worte lesen: „Der Rhein Deutschlands Strom,
nicht Deutschlands Grenze“, von einem Dahlmann, der gleich Arndt von
Deutschlands großer Zukunft träumte, von einem Wilhelm von Schlegel,
von dem rheinischen Poeten Karl Simrock, der in Bonn geboren war,
von Heinrich von Sybel, der zwar nur wenige Jahre in der rheinischen
Musenstadt wirkte, und von andern brauche ich nicht weiter zu reden,
denn die Namen dieser Männer wurzeln fest in der Erinnerung des ganzen
deutschen Volkes. Auf dem alten Friedhofe, wo auch ein Schumann, ferner
die Gemahlin und der zweite Sohn des Dichterfürsten Schiller begraben
liegen, können wir die treu in Ehren gehaltenen Grabstätten jener
großen Männer besuchen. Dort schauen wir auch das schöne, von Küppers
modellierte Kriegerdenkmal (Abb. 124), das uns an eine große Zeit
erinnert, die jene Männer heiß ersehnten. Wenden wir uns dem alten Bonn
zu, so grüßt uns auf dem Münsterplatze das Denkmal Beethovens (Abb.
125), der im Jahre 1770 in Bonn geboren wurde, und dessen Geburtshaus
in der Bonngasse von jedem Verehrer des größten Meisters der Töne
aufgesucht wird. Am Münsterplatze ragt die schöne, leider in ihrem
stimmungsvollen Innern etwas bunt bemalte Münsterkirche (Abb. 126 u.
127) empor, deren älteste Teile am Chor aus dem zwölften Jahrhundert
stammen. Dem Marktplatze (Abb. 128) von Bonn geben das Rathaus und die
alten oder in altertümlichem Stile neu aufgeführten Giebelhäuser, die
zum Teil mit Malereien geschmückt sind, sein eigenartiges Gepräge.
Nach Norden gelangen wir von dort in den Stadtteil, der sich auf dem
Boden des alten römischen Lagers entwickelt. Schöner ist allerdings der
von baumgeschmückten Straßen durchzogene südliche Stadtteil, wo der
Hofgarten, der zwischen der Universität, dem früheren kurfürstlichen
Schlosse (Abb. 129), und dem Rhein sich ausbreitet, wo der Kaiserplatz,
die Poppelsdorfer Allee, die zum Poppelsdorfer Schlosse und dem
Botanischen Garten führt, die Koblenzerstraße, die Rheinallee, die
Gronau mit dem neuen, am Rheinufer erbauten Stadthause und der
Bismarcksäule (Abb. 130) und endlich auf dem Venusberge der Kaiserpark
zu genußreichen Spaziergängen einladen.

[Illustration: Abb. 138. Ems, von der Bäderlei gesehen.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 139).]

[Illustration: Abb. 139. Schloß Altwied.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 142.)]

[Illustration: Abb. 140. Godesberg und das Siebengebirge. (Zu Seite
125.)]




VII. Der Westerwald nebst dem Sieg- und Lahntale und das
Siebengebirge.


[Sidenote: Der Westerwald.]

Mit dem Namen „Westerwald“ wird der Teil des Rheinischen
Schiefergebirges bezeichnet, der im Südosten und Süden von der Lahn,
im Westen vom Rhein und im Norden von der Sieg begrenzt ist. Der Name
soll von Wister-Wald = weißer Wald herkommen und von den Bewohnern
des tiefer gelegenen unteren Westerwald ursprünglich dem höchsten
Teile des Gebirges, von dem der Schnee noch spät im Frühlinge weiß
herabschimmert, beigelegt worden sein. Wenn diese Erklärung richtig
ist, hat früher also nur ein Teil des Gebirges den jetzt für das ganze
Gebiet geltenden Namen geführt, ähnlich wie es beim Hunsrück und der
Eifel der Fall war.

[Illustration: Abb. 141. Königswinter und der Drachenfels.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 123 u.
142.)]

[Illustration: Abb. 142. Schloß Drachenburg am Rhein, Südseite. (Zu
Seite 123 u. 143.)]

[Sidenote: In der Kroppacher Schweiz.]

Für die Durchwanderung des Gebietes können wir verschiedene Routen
wählen. Von Bonn, wo wir auf unserer Rheinfahrt halt machten, gelangen
wir ostwärts über den Rhein fast unmittelbar in das Siegtal. In der
Niederung, durch die die Sieg, zuletzt in sumpfigem Wiesengelände,
zwischen Weidengebüsch dem Rheine zuströmt, grüßt uns die auf einer
niedrigen Bergkuppe gelegene frühere Abtei Siegburg. Zu ihren Füßen
liegt die gleichnamige Stadt. Eine Königliche Geschoßfabrik ist
daselbst in Betrieb. Zur linken Hand, näher zum Rheine, ragen die
qualmenden Schlote der Friedrich Wilhelms-Hütte hervor. Indem wir
weiter nach Osten wandern, rücken bald die Berge von beiden Seiten
näher zusammen, um ein freundliches Wiesental zu umfassen. Meist ist
dieses nicht sehr enge, und die bewaldeten Abhänge steigen weniger
schroff als in den anderen Tälern des Rheinischen Schiefergebirges
empor. An die Stelle des Wilden und Großartigen tritt fast überall
das Anmutige. Von steiler, etwas vorspringender Bergwand grüßt uns
die Burgruine Blankenberg. Durch Weinpflanzungen, fast die einzigen
an der Sieg, steigen wir zu den Burgtrümmern und dem gleichnamigen
Örtchen hinan und lassen den Blick hinab in das Wiesental, durch das
der Fluß in Schlangenbiegungen zieht, und fern zur Rheinniederung,
wo, beleuchtet vom Abendglanze, die Abtei Siegburg noch einmal grüßt,
schweifen. Gastlich ladet uns dann das hübsche Städtchen Eitorf zu
längerem Verweilen in froher Gesellschaft zahlreicher Sommerfrischler
ein. Aber das gesteckte Wanderziel lockt uns weiter. Das Siegtal behält
weiter oberhalb seinen Charakter bei. Wir verlassen es deshalb bei dem
Orte Wissen und biegen in ein spaltartig sich öffnendes Nebentälchen
ein, durch das die Nister die Westerwaldgewässer der Sieg zuführt. In
dem engen Tale war nicht einmal Raum für eine Straße. So folgen wir
einem Pfade, der uns bald auf die eine, bald auf die andere Flußseite
führt und uns über Steine den Weg durch den schnellfließenden,
breiten Bach suchen läßt. In einer Wiesenau verlieren wir gar den
Weg und wandern an verkehrter Stelle an der Talwand empor, bis ein
Landmann uns zurechtweist. Das Tal wird noch immer romantischer,
und die Bewohner erzählen uns mit Stolz von der Kroppacher Schweiz.
Überall schauen Felsklippen aus den waldgeschmückten, steil und
ziemlich hoch aufragenden Talwänden heraus. Das Dorf Kroppach lassen
wir abseits liegen, und unser Weg führt uns durch zahlreiche kleine
Ortschaften, die meist nur eine größere Häusergruppe bilden. Die
Sonne brennt heiß, und uns quält nach dem vielen Hin- und Herwandern,
Auf- und Niedersteigen der Durst. Aber vergebens fragen wir nach
einem Wirtshause. So kommen wir wohl, vom Verlassen des Siegtales an
gerechnet, durch zehn kleine Dörfer und sind froh, mit einem Trunk
Wasser, den die Leute uns reichen, den stärksten Durst löschen zu
können. Ein merkwürdiges deutsches Land, wo keine Wirtshäuser sind
und dabei so nah dem rebenumkränzten Rhein! Nachdem wir nach solchen
so lange vergebens gesucht und gefragt hatten, treten wir beherzt in
eine alleinstehende Mühle ein und fragen nach Bier. Gern hätte uns die
Müllerin einen solchen Labetrunk dargeboten, aber die letzte Flasche im
Keller war schon von anderen durstigen Wanderern getrunken worden. So
lassen wir uns einen dampfenden Kaffee brauen. An süßer Milch und guten
Eiern fehlte es auch nicht, und in der blankgescheuerten Müllerstube
saß es sich gut, besser als in manchem prächtigen Gasthause. Doch
weit ist noch der Weg nach der Cistercienserabtei Marienstatt, und wir
müssen weiter wandern. Durch prächtige Buchen- und Tannenwälder führt
der Weg. Die Abtei Marienstatt (Abb. 131) liegt mit einer schönen
gotischen Kirche bald in wald- und wiesengeschmückter Landschaft vor
uns. Über Feld wandern wir dann nach dem Städtchen Hachenburg, das von
einem alten, fürstlich Saynschen Schloß überragt wird. Dort besteigen
wir die Eisenbahn zur Fahrt nach dem Städtchen Westerburg, über dem,
auf einer Basaltkuppe ebenfalls eine Burg, das fürstlich Leiningensche
Schloß thront (Abb. 132).

[Illustration: Abb. 143. Hochzeitszug eines Kölner Patriziers und einer
englischen Fürstentochter, die Blüte des Kölner Handels versinnbildend.
Wandgemälde im Schloß Drachenburg am Rhein. (Zu Seite 123 u. 143.)]

[Illustration: Abb. 144. Ruine Drachenfels.

Nach einer Photographie von Sophus Williams in Berlin. (Zu Seite 143.)]

[Illustration: Abb. 145. Honnef, vom Leiberg gesehen.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 146.)]

[Illustration: Abb. 146. Der Sänger vom Drachenfels.

(Zu Seite 149.)]

[Sidenote: Im Westerwald.]

In Westerburg befinden wir uns schon auf dem Hohen Westerwald, der
nach Osten noch immer höher ansteigt und in dem kaum hervortretenden
Fuchskauten (657 ~m~) den höchsten Punkt erreicht; nach Westen aber
senkt sich stufenmäßig zum Rheine hin der Untere Westerwald. Jener
liegt durchschnittlich 580 ~m~ hoch, dieser erreicht eine mittlere
Höhe von 430 ~m~ nicht mehr. Im Unteren Westerwald lohnt zwar noch der
Ackerbau; seinen Hauptschmuck bilden aber die prächtigen Waldungen. Die
eintönigen Hochflächen des Hohen Westerwaldes sind vom Wald ziemlich
stark entblößt, und weithin dehnen sich neben Heide und Moor Wiesen
oder Weiden, auf denen die kleinen Westerwälder Rinder grasen, aus. Der
flüchtige Besucher des Landes hält jedoch auch manche Landstriche des
Hohen Westerwaldes für waldreich. Überall erscheinen Nadelholzpartien,
die er für große Wälder hält. Kommt er aber näher, so bemerkt er
staunend, daß der vermeintliche Wald nur aus einigen langen Reihen
Tannen besteht. Er sieht nur eine von den zahlreichen Schutzhecken vor
sich, die fast überall angepflanzt sind, um die Ortschaften, die Äcker
und die Wiesen vor den rauhen Winden zu schützen.

[Illustration: Abb. 147. Klosterruine Heisterbach. (Zu Seite 151.)]

[Illustration: Abb. 148. Daun in der Eifel.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 158.)]

Der Wind ist das Charakteristischste an dem Klima des Hohen
Westerwaldes. „Er weht dort,“ wie Tarnuzzer schreibt, „das ganze Jahr,
fast zu jeder Stunde, selbst an den Tagen drückendster Sonnenschwüle,
die man durch ihn im hohen Westerwald eigentlich nie kennen lernt.
Leise bewegt zieht er zwischen Wäldern und Höhen kräuselnd und kühlend
dahin. Vom Wald, diesen ‚Lungen des Landes‘, kommt seine Frische und
Stärke, die ihn wirksam, ja gewaltig macht, fast wie den Wind von der
See ... Unaussprechlich wohltuend und kühlend, allen Duft des Waldes
und seine unvergleichliche Würze zu einem herübertragend, webt und
webt er in aller Wärme der Sonne und macht dem Wanderer jeden Gang zum
Labsal.“

[Illustration: Abb. 149. Schalkenmehrener Maar.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 158.)]

[Illustration: Abb. 150. Abtei Laach und Laacher See.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 160.)]

[Sidenote: Dornburg und die Eislöcher.]

Auf der Weiterfahrt durch den Westerwald von Westerburg nach Montabaur
versäumen wir nicht, in Frickhofen, dessen Namen man von Freya
ableiten will, auszusteigen, um die Dornburg zu besuchen. Nicht ein
verwünschtes Schloß, in dem Dornröschen schläft, lockt uns dorthin,
sondern eine merkwürdige Naturerscheinung, die berühmten Eislöcher, in
denen sich selbst während der heißesten Sommerzeit Eis bildet. Sobald
wir uns, nach einer Wanderung über eine heißdürre Heide, dem Berge
nähern, weht uns schon ein kalter Lufthauch entgegen. Wirkliches Eis
in heißer Sommerzeit sich bilden zu sehen, und zwar an einer Stelle,
am Fuße einer aus losem Steingeröll bestehenden Schutthalde, auf die
die Sonnenstrahlen beständig scheinen, kommt uns zuerst fast wie
ein Naturwunder vor. Und doch ist die Erscheinung ganz natürlich zu
erklären als Wirkung einer kalten Luftströmung, die unter dem lose den
Abhang des Berges überlagernden Felsgeröll mit starkem Zuge herströmt.
Sobald diese kalte Luft mit der warmen in Berührung kommt, verdunstet
die mitgebrachte Feuchtigkeit sehr schnell, und die neue Kälte, die
hierbei erzeugt wird, reicht zur Eisbildung vollständig hin.

[Illustration: Abb. 151. Kreuzgang der Abteikirche Laach.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 160.)]

[Sidenote: Lahnwanderung.]

An dem freundlichen Städtchen Hadamar vorbei trägt uns die Bahn durch
fruchtbares Hügelland und schöne Wälder hinab in das Lahntal zu der
Stadt Limburg (10000 Einw.) (Abb. 133) mit dem prächtigen Dom, der mit
seinen sieben Türmen malerisch einen Felsvorsprung hoch über dem Flusse
krönt. In Limburg müssen wir Einkehr halten, weil dort die Bahnlinie,
die durch den unteren Westerwald führt, beginnt. Zuerst wollen wir
aber im Lahntal kurze Umschau halten. Die Stadt Limburg war im frühen
Mittelalter Residenz der 1407 ausgestorbenen Grafen des Lahngaues.
Sie fiel dann an Kurtrier. Der Dom ist eine ebenso prachtvolle als
großartige Schöpfung des spätromanischen oder Übergangsstils. Von 1213
bis 1242 wurde an ihm gebaut (Abb. 134).

[Illustration: Abb. 152. Die Urft-Talsperre bei Gemünd. (Zu Seite 164.)]

Aufwärts leitet uns das Lahntal zu manchen landschaftlich schönen
Punkten hin. Das Städtchen Runkel liegt in geringer Entfernung von
Limburg malerisch auf beiden Seiten der Lahn und wird überragt von
einem gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts erbauten Schlosse
der Grafen von Wied. Die weitere Fahrt wird durch die zahlreichen
Flußübergänge und Tunnels sehr abwechslungsreich. Der letzte
durchschneidet den Schloßberg des Städtchens Weilburg (etwa 4000
Einw.), das sich im Rahmen eines schönen Landschaftsbildes dem
Blicke zeigt. Bis 1816 residierten die Fürsten (seit 1806 Herzöge)
von Nassau-Weilburg daselbst. Das Schloß stammt aus dem sechzehnten
Jahrhundert, wurde aber 1721 bedeutend vergrößert und kann, auf steilem
Felsen gelegen, zu den hervorragendsten Schönheiten des Lahntales
gerechnet werden.

Der oberhalb Weilburg gelegene Teil des Lahntales fällt außerhalb des
Rahmens dieser Schrift, und nur noch auf die reichen Erzschätze der
Weilburger Gegend, wo besonders ausgedehnte Lager von Roteisenstein
und Phosphorit vorkommen, sowie des Bezirks von Dillenburg und
Herborn im östlichen Westerwald sei hingewiesen. Ihr Vorkommen ist
an das zahlreiche Auftreten von Diabasen geknüpft. Diese brachen in
der devonischen Zeit als glutflüssige Massen hervor, breiteten sich
deckenartig auf dem alten Meeresgrunde aus und wurden später selbst
wieder von andern Erdschichten bedeckt. Infolgedessen kommen sie meist
linsen- oder lagerartig zwischen Grauwacken, Kalken und Schiefern vor.
Auf die reichen Erzvorkommen des Westerwaldes, die auch die obere
Sieggegend mit ihrem vorzüglichen Spateisenstein umfassen, und die
auf dieselben sich gründenden Industrien hinweisend, sagt Riehl von
dieser Gegend mit poetischem Schwunge: „Die Feuersäulen der Hochöfen
gruppieren sich hier wie zu einem Strahlendiadem rings um den Saum der
Hochflächen.“

[Illustration: Abb. 153. Gerolstein, von der Burg gesehen.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 164.)]

An der untersten Strecke des Lahntales von Limburg bis zur Mündung des
Flusses sind die landschaftlich schönsten Punkte das von dem früheren
Schloß der Grafen von Nassau-Dillenburg überragte Städtchen Diez (4500
Einw.), die auf bewaldeter Basaltkuppe thronende Schauenburg, die
Schloßruine Balduinstein, deren großartige Baureste sich aus enger
Schlucht auf Kalk- und Porphyrfelsen erheben, Burg Nassau (Abb. 135)
und Burg Stein, vor letzterer das im Jahre der Wiedererrichtung des
Deutschen Reiches vollendete Denkmal des Freiherrn vom Stein (Abb.
136), das alte Städtchen Nassau, welches schon 790 als Nasonga erwähnt
wird, und in dessen Schloß der eben genannte große Staatsmann das Licht
der Welt erblickte und wohnte, und endlich Ems (rund 7000 Einw.),
(Abb. 138). Bad Ems ist alljährlich das Ziel von Tausenden, und nicht
immer sind es die Kranken und Schwachen, die dorthin pilgern, um vom
Emser Krähnchen, vom Fürsten- oder vom Kaiserbrunnen zu trinken;
auch herzensfrohe Menschen finden sich unter den Kurgästen, die
eben nur eine Badereise machen wollen, denen es in den freundlichen
Landhäusern zu gut gefällt, die von den Klängen der Kurkapelle gar zu
gern sich locken lassen, die das Promenieren im Kurgarten (Abb. 137)
lieben oder auch an den schönen Spaziergängen über die benachbarten,
waldgeschmückten Höhen immer wieder neues Gefallen finden. Auch
historische Erinnerungen knüpfen sich an Ems. Ein Marmorstandbild
des Kaisers Wilhelm ~I.~ erinnert an die Zeit, in der der Monarch
alljährlich zum Kurgebrauch nach Ems zurückkehrte, und man zeigt uns
die Stelle, wo der greise König den allzu zudringlichen französischen
Gesandten im Juli des Jahres 1870 abwies. Die Hauptbestandteile der
Emser Quellen sind doppeltkohlensaures Natron und Chlornatrium. Ihr
Kurgebrauch wird hauptsächlich bei Erkrankungen der Atmungsorgane,
sowie bei Magen- und Darmkatarrhen verordnet.

[Sidenote: Montabaur und Kannenbäckerland. Westerwalder Tonindustrie.]

Nach diesen Streifzügen durch das Lahntal nach oben und nach unten
sind wir wieder in Limburg angelangt. Zur Fahrt durch den untern
Westerwald besteigen wir von neuem die Eisenbahn, die uns über ein
hügeliges Land, in dem schöne Wälder mit fruchtbaren Äckern wechseln,
zunächst nach Montabaur bringt. Das Städtchen ist der größte Ort des
Westerwaldes, obschon es nur etwa 4000 Einwohner zählt. Es liegt in
sehr waldreicher Gegend. Die im Besitze von Montabaur befindlichen
Waldungen werfen z. B. einen jährlichen Ertrag von etwa 13000 Mark ab.
Der Stolz des Städtchens ist das ehemalige kurfürstlich-trierische
Schloß, das aus einem Walde von Hainbuchen auf einem abgestumpften
Bergkegel emporsteigt. Schattige und felsgeschmückte Wege führen zu
demselben hinan, und auf dem Schloßberge entfaltet sich eine prächtige,
vielgerühmte Aussicht, namentlich auf das malerisch gelegene Städtchen
selbst.

[Illustration: Abb. 154. Kyllburg im Kylltal.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 164.)]

Westlich von Montabaur liegt das sogenannte Kannenbäckerland, wo eine
alte, jetzt wieder frisch blühende Tonindustrie betrieben wird. Um nach
den bedeutendsten Orten dieses Bezirks, nach Ransbach, Grenzhausen
und schließlich nach Höhr, dem wichtigsten, wo eine Keramikschule
besteht, zu gelangen, besteigen wir in Siershahn die Zweigbahn,
die in westlicher Richtung nach Engers führt. Der tertiäre Ton in
dieser Südwestecke des Westerwaldgebietes führt den Namen Pfeifenton
oder Pfeifenerde, weil er früher hauptsächlich zur Verfertigung von
Tonpfeifen benutzt wurde. Er ist wie alle Tonarten aus der Verwitterung
von feldspatreichen Gesteinsarten (Granit, Trachyt, Porphyr usw.)
entstanden und durch Wasserfluten von seiner ursprünglichen Lagerstätte
weggeschwemmt worden. Er besteht aus 53,50% Kieselsäure, 29,63%
Tonerde, 1 bis 3% Eisenoxyd und 1 bis 2% Magnesia. Der Eisengehalt
und der Gehalt an Pflanzen- oder Tierresten geben dem Ton eine
bestimmte Färbung, die bald weißgrau, bald gelblich oder rötlich,
bald bläulich ist. Der Ton des Westerwaldes ist durchweg sehr fein
und gleichartig. Seine Gewinnung oder Werbung geschieht mittels des
Reifenschachtbetriebes. Auf den Ton wird durch die ihn überlagernden
Lehm- und Sandschichten ein etwa 2 ~m~ breiter Schacht getrieben, der
mit starken Holzreifen ausgekleidet wird. Sobald man die zähe Tonmasse
erreicht, hört die Auskleidung mit Holz auf. Man sticht den Ton mit
großen, messerartigen Werkzeugen ab und fördert ihn in Kübeln noch
oben. Allmählich werden die Gruben trichterförmig erweitert. Der zähe
Ton hält zwar eine Zeitlang stand. Allmählich aber rücken die Wände des
Trichters, dem ungeheuren Druck nachgebend, zusammen: der Ton „wächst“.
Die Arbeiter kennen diese Erscheinung ganz genau und verlassen den
Schacht erst, wenn sie durch die Öffnung kaum noch hindurchschlüpfen
können. Die Töpferkunst des Westerwaldes ist schon sehr alt. Sie ist
bis ins vierzehnte Jahrhundert zu verfolgen. Besonders im sechzehnten
Jahrhundert stand das Gewerbe in hoher Blüte. Es lieferte vielfach
auch kunstvollendete Arbeiten, die durch eingeritzte Ornamente
geschmackvoll verziert waren und sich durch eine seltene Schönheit
der Färbung auszeichneten. Die Hauptfarben waren blau und violett
(Blauwerk). Beim Niedergang der Töpferkunst war das Geheimnis der
Farbenmischung verloren gegangen, bis es vor wenigen Jahren durch einen
glücklichen Zufall wieder gefunden wurde. Das neue Aufblühen verdankt
die Westerwalder Tonindustrie hauptsächlich dem guten Ruf der mit
großem Geschick wieder nachgeahmten altdeutschen Ware, die nach der
herrschenden Mode mit Vorliebe auch zur Ausstattung von altdeutschen
Zimmereinrichtungen verwandt wurde. Die Tonpfeifenfabrikanten von Höhr
haben fast den ganzen Handel mit Tonpfeifen in Händen. Namentlich nach
Holland und Amerika findet eine bedeutende Ausfuhr statt.

[Illustration: Abb. 155. Ober- und Niederburg von Manderscheid.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 164.)]

[Sidenote: Wiedtal. Siebengebirge.]

Nachdem wir auf der vorher erwähnten Bahnlinie bei Engers den Rhein
erreicht haben, lockt es uns noch einmal hinein in die Waldespracht
des Westerwaldes. Wir folgen dem tief eingeschnittenen, von
waldgeschmückten Abhängen umrahmten Tale des Wiedbaches, grüßen
Monrepos, das fürstlich Wiedsche Lustschloß, und wandern, nach
herrlichem Rückblick auf das Rheintal, weiter nach Altwied, das von den
efeuumrankten Trümmern der Stammburg (Abb. 139) der Grafen von Wied
überragt wird. Wieder wandern wir dann zurück an den Rhein und, seinem
Laufe folgend, dem schönsten Wanderziele entgegen, das Rheinland uns zu
bieten vermag: zu den Sieben Bergen, die schon auf der Rheinfahrt in
herrlichem Bilde vor uns erschienen.

[Illustration: Abb. 156. Burg Eltz.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 164.)]

Das Siebengebirge (Abb. 1 und 141) wird als die siebengestaltige Krone
in Rheinlands Schönheit gepriesen. Es ist in der Tat ein kleines
Wunderland, in der Sage, Geschichte und Dichtung fast jeden Punkt
verherrlicht haben. Überall ist die Schönheit des Siebengebirges eine
andere. Anders ist sie dort, wo der Drachenfels mit seiner zerklüfteten
Felsgestalt aus den Wogen des Rheines emportaucht, anders dort, wo sich
die Löwenburg oder der Ölberg hoch über die Bergeskrone, hoch über die
Hochflächen des Westerwaldes erheben. Wenigstens den schönsten und
besuchtesten Berg, den Drachenfels, wollen wir besteigen und dabei den
Sagen lauschen, die aus dem Born der grauen Vorzeit fließen.

[Sidenote: Drachenburg und Drachenfels.]

In Königswinter (4000 Einw.) (Abb. 141) landet uns das Dampfschiff. Wir
gesellen uns gern dem frohen Wandervölkchen zu, das auf dem steilen
Pfad, zwar etwas mühselig, aber doch in freudigster Stimmung zum Gipfel
des Drachenfels pilgert. Die Zurückkehrenden sind in noch besserer
Laune. Sie haben oben die Schönheit der Landschaft und wohl auch die
Kraft des Weines in vollem Maße gekostet. So singen sie frohe Rhein-
und Weinlieder, und Efeu- oder Eichenkränze zieren ihre Hüte. Andere
reiten auf einem muntern Pferdchen oder sitzen, etwas bequemer, auf dem
Rücken eines Langohrs, der zu einem roten Sessel eingerichtet ist. Des
Tierrückens ungewohnt, machen die meisten eine possierliche Gestalt,
so daß man sich des Lachens kaum enthalten kann. Aber was tut’s?
Zum Lachen und Scherzen zog ja jeder hinaus. Es gehört zum frohen
rheinischen Leben, zum Wandern am Rhein, und es macht das Herz wieder
so jung und so neu.

[Illustration: Abb. 157. Hof der Burg Eltz.

Nach einer Photographie von Stengel & Co. in Berlin. (Zu Seite 164.)]

[Illustration: Abb. 158. Doppelkirche von Schwarzrheindorf.

Nach einer Photographie von C. Schaf in Bonn. (Zu Seite 165.)]

[Sidenote: Geschichte des Drachenfels.]

Wir steigen immer höher, anfangs durch Weinberge, später durch Wald
oder zwischen zerklüfteten Felswänden. Schon liegen die Häuser, der
Kirchturm der Stadt Königswinter tief unter uns; die Schiffe auf
dem Rhein werden immer zwerghafter, und der Bergzug auf der andern
Rheinseite scheint tiefer sich zu senken. An jeder Lichtung machen wir
halt, um den herrlichen Blick hinab ins Tal zu genießen. Dann schreiten
wir rüstig weiter. Links pustet die Zahnradbahn, die zum Gipfel des
Drachenfels führt, an uns vorüber und rast zur Tiefe. Rechts begleitet
uns jetzt das Gitter, das die Anlagen der neuen Drachenburg umschließt.
Durch die Eisenstäbe hindurch gucken wir nach den Damhirschen aus,
die in dem lichten Gehölz gewöhnlich sichtbar sind, zuweilen sogar an
das Gitter kommen und aus der Hand des Wanderers ihr Futter nehmen.
Den schönen Blick auf die Burg selbst genießen wir etwas höher. Wie
stolz hebt sich der prächtige, turmreiche und zinnengekrönte Bau
(Abb. 118 und 142) aus der hellen Wiesenmatte und aus den dunkeln
Baumgruppen heraus! Gegen fünf Millionen Mark haben Grundstück und Bau
gekostet. Nun steht sie auf halber Höhe des Drachenfels als ein stolzes
Baudenkmal der Neuzeit da. Der jetzige Besitzer hat das prächtige, mit
schönen Kunstwerken und Gemälden (Abb. 143) ausgeschmückte Schloß der
öffentlichen Besichtigung gegen ein mäßiges Eintrittsgeld freigegeben.
Hoch über uns erscheint der viereckige, halbzerfallene Turm der alten
Drachenburg (Abb. 144), der von dieser fast allein noch übrig geblieben
ist, als das berühmteste Denkzeichen der Landschaft des Siebengebirges.
Was wäre der Drachenfels ohne seine Ruine! Er hätte schier kein Recht
mehr, so trutzig aus den Fluten des Rheines emporzusteigen und sich
als Wächter dort hinzustellen, so kühn und so stolz. Nun stehen wir
vor der schwindelnden Höhe. Aus der fast senkrecht aufsteigenden
Trachytwand wächst das Gemäuer des riesigen Turmes heraus. Bergwand und
Mauer erscheinen zu einem Ganzen verwachsen. Kein mutiger Kletterer
vermag da emporzusteigen. Unangreifbar! Welcher Wert in einstiger
Zeit! Es schuf diese Burg, deren ersten Bau der Kölner Erzbischof
Arnold ~I.~ zwischen 1137 und 1151 ausführen ließ. Als „Trachenfels“,
„Drakinfels“ und „~Mons draconis~“ wird sie in den Lehns-Urkunden
bezeichnet. Sie ging später in den Besitz des Bonner Cassius-Stifts
über. Der Kölner Erzbischof und Kurfürst behielt aber das Recht der
Besatzung für den Kriegsfall. Die Verwaltung der Burg wurde einem
Burggrafen übertragen. Der erste Burggraf, den eine Urkunde aus dem
Jahre 1176 nennt, war Gottfried von Drachenfels. Die Geschichte weiß
uns noch manches von der Drachenburg und den Burggrafen von Drachenfels
zu erzählen, deren rotes Wappenschild ein silberner geflügelter und
flammenspeiender Drache schmückte. Der Ritter Godard erwarb auch die
Pfandschaft am Schloß Wolkenburg, das die benachbarte Bergkuppe krönte.
Später wurden noch andere Schlösser und Herrschaften durch Kauf oder
Heirat erworben. So wuchs das Ansehen der Burggrafen von Drachenfels.
Godards Sohn, Klaus von Drachenfels, wagte dem Kölner Erzbischof offene
Fehde anzusagen; im Kampfe besiegt, mußte er das Land verlassen. Als
er sich mit dem Erzbischof wieder ausgesöhnt hatte, verweigerten ihm
seine Vettern den Eintritt in die väterliche Burg. Am untern Burgweg
kam es zum blutigen Kampfe, und an der Stelle, wo jetzt der zweite
Kucksteiner Hof am Wege zum Drachenfels liegt, ward Klaus von seinem
Vetter Heinrich erschlagen. Um den Mörder zu bestrafen, belagerte der
Kurfürst Hermann die beiden Festen Drachenfels und Wolkenburg, die sich
ihm 1493 ergeben mußten. Aber Heinrich war geflohen. Der Geächtete
wurde später begnadigt und als Burgherr anerkannt. Dem ermordeten Klaus
mußte er in Heisterbach nachträglich ein standesgemäßes Begräbnis mit
Geläut, Messen, Vigilien und Commendacien bereiten lassen, sowie an der
Mordstelle ein ehrlich steinernes Kreuz errichten. Er selbst starb 1530
und fand, wie seine Vorgänger, in Heisterbach seine letzte Ruhestätte.
Sein Grabstein wurde aber später an der Kapelle zu Rhöndorf am
südlichen Fuße des Drachenfels eingemauert. Im truchsessischen Kriege,
1583 bis 1588, wurde die Drachenburg hart belagert. Aber sie hielt
wacker stand, und ihr Verteidiger, Hauptmann Funk, schlug alle Angriffe
des Pfalzgrafen Johann Kasimir auf den Drachenfels und Königswinter
zurück. Im Dreißigjährigen Kriege eroberten 1633 die Schweden die Burg.
Aber noch im selben Jahre wurden sie von den Spaniern vertrieben.
Hiermit hören die Kriegsstürme für die Drachenburg auf. Der Kurfürst
Ferdinand ließ sie nicht mehr von neuem in Verteidigungszustand setzen,
sondern gab sie im Jahre 1642 als Ruine den Freiherrn Walbott von
Bassenheim, Nachkommen von Klau’s Schwester, zu Lehen. Jetzt ist der
Drachenfels Eigentum des preußischen Staates.

[Illustration: Abb. 159. Köln. (Zu Seite 166.)]

[Illustration: Abb. 160. Kölner Rheinbrücke. (Zu Seite 166.)]

[Sidenote: Der Drachenfels.]

Den Spuren der Geschichte, die uns dies alles erzählt, im Geiste
nachfolgend, wandern wir weiter, vorüber an wild zerklüfteten
Trachytwänden. Mächtige Teile des Berges haben einst sich gelöst,
und die abgestürzten Felsmassen türmen sich auf der andern Seite des
Pfades vor uns auf, der sich zu einem Felsentore zu schließen scheint.
Dann öffnet sich das Gehölz, und nach wenigen Schritten stehen wir auf
der ersten Platte des Drachenfels, auf der sich einst der Burggarten
ausbreitete, jetzt das Gasthaus zum Drachenfels erbaut ist. Eine
Gedenksäule erinnert an die Befreiungskriege von 1813 bis 1815. Sie
waren ein Kampf um die deutsche Freiheit, zugleich ein Kampf um den
Rhein, von dem Max von Schenkendorf in seinem schönen Lied vom Rhein
klagend sang:

    Sie hatten ihm geraubt
    Der alten Würden Glanz,
    Von seinem Königshaupt
    Den grünen Rebenkranz.
    In Fesseln war der Held geschlagen,
    Sein Zürnen und sein stolzes Klagen,
    Wir haben’s manche Nacht belauscht,
    Von Geisterschauern hehr umrauscht.

[Illustration: Abb. 161. Rathaus in Köln. (Zu Seite 166.)]

Wenn eine Stelle im Rheinstrom uns sagt, um welch hohen Preis es sich
bei diesen Kämpfen handelte, so ist es der Drachenfels. Zu unsern Füßen
rauscht der herrliche Strom, von zahlreichen Schiffen, von stolzen
Dampfern und schwer beladenen Schleppkähnen, die die Reichtümer des
Landes bergen, belebt. An seinen freundlichen Ufern reiht sich Dorf
an Dorf. Warmgebettet liegt Honnef, das rheinische Nizza (Abb. 145),
vor uns. Dort im Strome schwimmen die beiden Inseln Nonnenwerth, auf
dem ein altes Kloster liegt, und Grafenwerth, und von drüben winkt
der Rolandsbogen. Auf der höchsten Spitze des Drachenfels, die wir
in zwei Minuten erreichen, um unsern Fuß auf das Gemäuer der alten
Drachenburg zu setzen, entfaltet sich der Blick noch herrlicher.
Stromaufwärts sehen wir, wie der Rhein aus seinem engen Felsentale
kommt, stromabwärts, wie er den freien Lauf durch die Ebene beginnt.
An der zierlichen Burgruine Godesberg haftet der Blick, weiter trifft
er das Häusermeer der Stadt Bonn, und dort in der nebeligen Ferne, zu
der uns das schlangenartig gewundene Silberband des Stromes hinführt,
tauchen bei klarem Wetter auch die beiden Türme des Kölner Domes auf.
Ja herrlich ist dieses Land und wonnig, inmitten dieser Herrlichkeit zu
leben!

[Illustration: Abb. 162. Der Kölner Dom, Westansicht.

Nach einer Photographie von Anselm Schmitz in Köln. (Zu Seite 167.)]

[Sidenote: Drachenfelssagen.]

Beim Anblick des alten Burggemäuers fängt unser Geist an nachzusinnen,
und der Sage liebliche Laute klingen an unser Ohr. Sie erzählt uns von
einem gewaltigen Recken, der aus den Niederlanden kam. Siegfried war
sein Name. Er wollte ein Ritter werden. Um sich ein Schwert schmieden
zu können, bat er den Waffenschmied Mimer, der in einer Waldschlucht
des Siebengebirges wohnte, ihn als Gesellen anzunehmen. Und als man
ihn verlachte, da er noch sehr jung war, ergriff er den Hammer und
schwang ihn so gewaltig, daß der Amboß in den Grund sank und alles
Eisen zersprang. Von der letzten Eisenstange jedoch machte er sich ein
Schwert, gar lang und groß, und mit diesem erlegte er den Drachen, der
in einer Höhle des Drachenfelsens hauste. Nach einer andern Erzählweise
hat den Drachen, „welcher beid Menschen und Vieh ganz sehr schedtlich
war, ertödtet ein stolzer Ritter bürtig aus Griechenland. Deshalben
ihm seine menliche und kühne That wider vergolten ward und man gab ihm
denselben Berg mit ein guten Theil daran gelegener Landtschafft und
verheyrathete ihn an die Tochter des Veldöbersten der Quaden, die sich
zu Oberwinter niedergeschlagen hatten“. In dieser Form wird die Sage
anno 1609 von Matthis Quaden von Kinkelbach berichtet. Der Ritter,
bürtig aus Griechenland, war Dietrich von Bern, der Gotenheld, der in
der Wilkinasage und in Eckens Ausfahrt vorkommt. So mischen sich in der
Drachensage der fränkische und der gotische Sagenkreis. Eine dritte
Erzählweise derselben, von Kopisch aufgezeichnet, läßt dem Drachen
durch eine christliche Jungfrau den Untergang bereiten. Sie sollte auf
Geheiß des heidnischen Priesters, der wegen der gefangenen Jungfrau
den Streit zwischen zwei Brüdern, Anführern eines heidnischen Stammes,
befürchtete, dem Drachen geopfert werden. Schnaubend und Feuer und
Schwefel aus dem furchtbaren Rachen blasend, naht sich das schreckliche
Ungetüm dem angstgequälten Mädchen. In ihrer Herzensangst greift die
Jungfrau zu einem Kreuze, das sie auf der Brust trug. Und siehe da! Der
Drachen weicht entsetzt zurück und stürzt rücklings hinab in den tiefen
Abgrund, wo er zerschmettert liegen bleibt. Indem die Sage weiter
erzählt, daß die beiden Brüder mit ihren Stammesangehörigen Christen
wurden, und daß die Jungfrau unten am Rhein ein Kloster gründete, gibt
sie deutlich zu erkennen, daß ihre Entstehung mit der Bekehrung der
Germanen zum Christentum in Zusammenhang zu bringen ist. Symbolisch ist
auch eine vierte Form der Sage, die Simrock mitteilt. Der Drache, der
am Drachenfels hauste, pflegte die Schiffer auf dem Strom anzufallen.
Einst fuhr ein pulverbeladenes Schiff vorbei. Das dem Rachen des
Ungeheuers entströmende Feuer entzündete das Pulver -- und Drache und
Schiff flogen in die Luft. Die Erfindung des Pulvers war es, die auch
dem Raubrittertum ein Ende machte, denn sie gab das Mittel, um die
Felsennester der Schnapphähne, die wie der Drache auf Raub lauerten,
zu zerstören. Wie aber kam es, daß das Bild des Drachen gerade in der
Gegend des Drachenfels in der Phantasie des Volkes so lebendig wurde?
Es gibt noch eine zweite Gegend in Deutschland, wo die Drachensage
Boden gefaßt hat, nämlich die Wormser Gegend. Vielleicht hat der
Gedanke einige Berechtigung, daß die Auffindung von Knochenresten
ausgestorbener Riesentiere, vor allem ungeheurer Schädelformen, in
diesen Gegenden der Phantasie die erste Anregung zur Gestaltung
des Drachentieres gegeben hat. Noch heute wird an der Südseite des
Drachenfels das Loch gezeigt, in dem das Ungeheuer einst gehaust
hat. Wer mit dem Schiff vorbeifährt, vermag den dunklen Punkt des
Drachenloches in der hellgefärbten Felswand deutlich zu erkennen. Und
wer es nicht sieht, dem wird noch vieles in der Poesie des Rheinlands
verborgen bleiben.

[Illustration: Abb. 163. Inneres des Kölner Domes, Blick von Westen
nach Osten. Nach einer Photographie von Anselm Schmitz in Köln. (Zu
Seite 167.)]

[Sidenote: Der Drachenfels.]

Auf dem Plateau des Drachenfels entfaltet sich während der Reisezeit
des Jahres ein fröhliches Leben und Treiben. Zu den zahlreichen
Besuchern, die Eisenbahn und Dampfschiff von den benachbarten Städten,
besonders von Bonn und Köln, bringen, gesellen sich die Scharen der
fremden Besucher. Nur wenige von diesen letzteren versäumen es, dem
Drachenfels einen Besuch abzustatten. Für die von Norden Kommenden ist
der Drachenfels und im weiteren Sinne das Siebengebirge der erste
Punkt, der ihnen den vollen Glanz des Rheintales entfaltet, und für die
in der umgekehrten Richtung Reisenden bildet er das Schlußstück der
herrlichen Rheinreise, und nur mit Wehmut vermögen sie sich loszureißen
von dem schönen Bilde, das das Auge von der Höhe des Drachenfels
schaut. Doch wehmütige Stimmungen dauern am Rhein nicht lange. Im
Kreise der vielhundert frohen Zecher, die an schönen Sommer- oder
Herbsttagen auf dem Drachenfelsplateau beim Drachenblut oder einer
würzigen Bowle sitzen, beim hellen Gläserklang und beim Sang des alten
Barden (Abb. 146), der beliebte Rheinlieder vorträgt, vergessen wir die
Wehmut, das Scheiden, und nur noch der Gedanke des Zurückkehrens nach
diesem wonnigen Lande, nach diesem romantischen Fleckchen Erde liegt
uns im Sinn.

[Illustration: Abb. 164. Köln im 16. Jahrhundert. Nach Braun &
Hohenberg. (Zu Seite 171.)]

[Sidenote: Der Petersberg.]

Noch zu vielen anderen genußreichen Wanderungen ladet das Siebengebirge
ein. Es verbietet der Raum, sie alle auch nur in Kürze zu zeichnen.
Vielbesucht ist auch der Petersberg, dessen breitgewölbte Kuppe in
wuchtiger Gestalt nördlich von Königswinter und in etwas größerer
Entfernung vom Rhein aus dem Rheintale aufsteigt. Seine Rheinaussicht
steht zwar hinter der des Drachenfels weit zurück. Um so schöner
ist der Blick, die sogenannte Gebirgsaussicht, der sich auf andere
Kuppen des Siebengebirges öffnet. Während der Drachenfels aus dem
hellfarbigen, besonders auf der West- und Südwestseite lebhaft
herausleuchtenden Trachytgestein besteht, ist der Petersberg eine
Basaltkuppe. Aber ein dichtes Waldkleid läßt das dunkle Basaltgestein
nirgendwo landschaftlich zur Geltung kommen. So geht dem Petersberg
die wilde Romantik seines bevorzugten Nebenbuhlers ab. Und wie seine
Formen weicher und gerundeter sind, so ist er auch in der Geschichte
weniger eine Kriegs- als vielmehr eine Kultusstätte gewesen. Schon
im zwölften Jahrhundert gründete ein Klausner namens Walter auf dem
Petersberg, der damals Stromberg hieß, eine klösterliche Gemeinschaft.
Die Mönche verlegten aber bald ihren Sitz, und auch andere Mönchsorden
hielten nicht aus. Doch fand, wie Caesarius von Heisterbach berichtet,
noch zuweilen Gottesdienst auf dem Berge statt. Auch heute steht auf
ihm ein Kirchlein, das im Jahre 1762 erbaut wurde, und am Peter- und
Paulsfesttage pilgern viele Andächtige zu diesem hin. Der Petersberg
ist, seitdem er ein prächtiges Hotel und eine Zahnradbahn erhalten hat,
gleich dem Drachenfels, vor dem er den Vorzug schattiger Promenaden
hat, ein vielbesuchter Punkt geworden. Vor dem Hotel fesseln gewaltige,
gerundete Basaltblöcke unser Auge. Vier von ihnen, die übereinander
liegen, scheinen von Menschenhand in diese Lage gebracht zu sein.
Man hält sie deshalb für den Rest eines megalithischen Denkmals aus
vorrömischer Zeit, das den Berg zugleich als eine uralte Kultusstätte
kennzeichnen würde. Im Jahre 1879 wurde auf dem Petersberg auch
ein noch gut erhaltener germanischer Ringwall festgestellt. Als
Zufluchtsstätte bei Kriegszeiten war diese Kuppe des Siebengebirges,
weil sie das größte Plateau besitzt, in der Tat am geeignetsten in der
ganzen Gegend. Eine mittelalterliche Burg hat dagegen auf derselben
nicht gestanden.

[Sidenote: Heisterbach.]

Am Nordfuße des Petersberges liegt in stiller Waldesruhe die Ruine
Heisterbach (Abb. 147), der letzte Rest der herrlichen Abteikirche,
die 1809 abgebrochen wurde. Wie wechselten um uns der Landschaft
Bilder! Auf dem Drachenfels die alte Kriegsfeste, auf dem Petersberg
ein Kirchlein, das nahe der großen Heerstraße des Lebens den Wanderer
zu sich ladet, hier ein stilles, weltentlegenes Fleckchen Erde, das
sich selbst genügen will und einst den frommen Mönchen auch die Welt
war! Gleich jenem Mönch von Heisterbach, der, wie die Sage uns erzählt,
nachgrübelnd sich in der Ewigkeit verlor, so ist es auch uns in dieser
Waldeinsamkeit, als wenn die Weltenuhr stille uns stände. In dem
prächtigen Buchenhochwald umfängt uns Dämmerung am hellen Tage, und
des Mittags Hitze wird zu erquickender Kühle. So schwinden uns die
Stunden-, die Zeitbegriffe.

    Tausend Jahre sind ihm wie ein Tag,
    Und ein Tag wie tausend Jahre!

[Illustration: Abb. 165. Ringstraße in Köln. (Zu Seite 173.)]

Die Erinnerung an den Mönch von Heisterbach, der, aus seinen Träumen
aufwachend, eine neue, um tausend Jahre jüngere Welt um sich sieht und
nur aus einer alten Chronik Kunde von sich selbst vernimmt, begleitet
uns auf allen Schritten; denn der Sinn dieser Sage wurzelt in der
Stimmung der Landschaft. Wer unter frohen Menschen weilen will, wandert
hin zum Drachenfels, wer jedoch von des Lebens Hast und Unruhe genesen
will, der sucht die Waldesstille von Heisterbach auf. Der Waldesodem
haucht neue Kraft in Körper und Geist, und im stillen beginnen wir
die klugen Mönche zu bewundern, die sich diese Waldesherrlichkeit im
Tale wählten und den Rittern gern die luftige Bergeshöhe ließen. Die
Bergeshöhe mit ihrem freien Blick in die Ferne und hinab auf das Leben
und Treiben der geschäftigen Menschheit, das stille Tal mit seiner
Einsamkeit und Ruhe, mit seinem Alleinsein und Alleinfühlen, das sind
die beiden Gegensätze, die, wie in vielen anderen Berglandschaften,
so auch im Siebengebirge zu unserer Empfindung kommen, und die uns
in jeder Örtlichkeit ihren eigenen Zauber finden läßt, je nach dem
Grade, in dem die eine oder die andere Stimmung auf uns wirkt. Die
Idylle des Margaretenhofes am Fuße des Ölberges, sowie des Burghofes
in Zweidrittelhöhe des Drachenfels und die Stille des Forsthauses
an der Löwenburg stimmen unser Herz ähnlich wie die Waldesruhe von
Heisterbach. Aber nicht so ganz ist die Stimme des Lebens dort
verstummt, und wenn wir emporsteigen und auf den genannten Bergkuppen
Umschau halten, so fühlen wir uns Städten und Dörfern, so fern sie auch
liegen, den Menschen näher.

[Illustration: Abb. 166. Denkmal Kaiser Wilhelm ~I.~ in Köln.

Nach einer Photographie der Neuen Photographischen Gesellschaft in
Berlin-Steglitz. (Zu Seite 173.)]

[Sidenote: Das Siebengebirge.]

Es ist vorwiegend das Verdienst des eifrig tätigen
Verschönerungsvereins für das Siebengebirge, daß jede Örtlichkeit
in dieser herrlichen Landschaft bis heute ihre natürliche Eigenart
erhalten hat. Es ist allzeit sein Streben gewesen, die Schönheit des
Siebengebirges aufzuschließen, ohne die Naturstimmung der Landschaft
irgendwie zu beeinträchtigen. Schöne Landstraßen, von denen die eine
rings um das eigentliche Siebengebirge führt, die beiden anderen es vom
Margaretenhof am Ölberg zum Rhein hin durchqueren, lassen alle schönen
Punkte auch zu Wagen leicht erreichen. Aber der Fußgänger braucht
nicht überall ihnen zu folgen. Wo sie schattigen Wald durchschneiden,
zweigen sich wohlgepflegte Waldwege ab, auf denen es sich herrlich
wandert, und der Wanderer fühlt dort sich näher der Natur, den Blumen
und Gräsern, den Bäumen und Sträuchern, dem Kuckuck, dessen Ruf ertönt,
und der Nachtigall, die dicht neben uns plötzlich ihren schmetternden
Schlag anstimmt. Eine andere Sorge des Verschönerungsvereins war
darauf gerichtet, den Betrieb der Steinbrüche, die tiefe Wunden in die
Bergkuppen rissen und einigen die Schönheit völlig zu rauben drohten,
einzuschränken oder durch Ankauf gänzlich zum Stillstand zu bringen.
Durch Bewilligung einer Lotterie zur Erhaltung des Siebengebirges sind
dem Verein die Mittel gewährt worden, seine gemeinnützigen Bestrebungen
in größerem Umfange zu verwirklichen. Durch Ankauf von Gelände soll
auch einer weiteren Besiedelung, besonders auch einer Bebauung mit
Villen vorgebeugt werden. Denn ein verborgenes Heiligtum der Natur sei
diese Landschaft, das nicht ein Opfer werde der menschlichen Habsucht
und nicht entweiht vom Menschenhader. Drum Dank den Männern, die
an der Rettung und Verschönerung des Siebengebirges, der Perle des
Rheinlandes, mitgewirkt haben. Dank auch der preußischen Staatsbehörde,
die durch Genehmigung der Siebengebirgs-Lotterie die Bestrebungen des
Verschönerungsvereins so wirksam unterstützte und für die Erhaltung der
wenigen Ruinen, die vom Kulturschmucke früherer Jahrhunderte in dieser
Landschaft übriggeblieben sind, Sorge trug. Gewaltige Schutzmauern
stützen den alten Bergfried auf dem Drachenfels, und demnächst sollen
auch die geringen Burgreste auf der Löwenburg vor weiterem Verfall
geschützt werden. Von anderen Burgen, so von der Wolkenburg, die
einst, im zwölften Jahrhundert, den Juden bei einer Verfolgung als
Zufluchtsstätte angewiesen wurde, ist kein Stein mehr vorhanden, und
riesige Schutthalden, von früherem Steinbruchbetrieb herrührend,
verunstalten den Berg dieses Namens. So führt derselbe abschreckend
uns vor Augen, was frühere Zeiten gefrevelt haben am schönen Bilde der
Natur, und mächtig hallt die Mahnung der Dichterin Fanny Stockhausen in
uns wider:

    Rheinland, steh’ auf! Laß keinen Stein
    Dir mehr von deinen sieben Bergen brechen,
    Und laß die kühle Prosa nicht hinein
    Dir sprechen!

    Rheinland steh’ auf und halte stand
    Zum Schutze deiner siebenzack’gen Krone,
    Daß sie des unbedachten Frevlers Hand
    Verschone!

    Und standst du auf, ihr Schutz zu sein,
    Muß dir dein herrlich Rettungswerk gelingen;
    Welch einen frohen Dank wird dir dein Rhein
    Dann singen!

[Sidenote: Entstehung des Siebengebirges. Das Siebengebirge zur
Tertiärzeit.]

Wie wir, versunken in die Schönheit des Siebengebirges, freudig dem
plaudernden Quell der Sage und Geschichte lauschten, so wollen wir
gerne auch dem forschenden Geiste folgen, der uns in das Werden dieses
schönen Landes einweihen möchte. Nicht immer standen die sieben Berge
so stolz und so schön. Verhältnismäßig jung ist ihr Alter. Als der
Boden des Rheinischen Schiefergebirges längst gebildet und der größte
Teil desselben emporgetaucht war aus den Wasserfluten des Meeres,
auf dessen Grunde es sich abgelagert hatte, da wälzten sich über die
Gegend des Siebengebirges mächtige Ströme. Große Massen von Ton,
Quarzsand und Kieselgeröll lagerten sie ab, und in Buchten bildeten
sich die Ablagerungen der Braunkohle. Nach dieser, für den menschlichen
Haushalt so wichtig gewordenen Bildung bezeichnet man jene Ablagerung
mit einem allgemein verständlichen Worte als Braunkohlenformation.
Sie gehört der Tertiärzeit an. Im Siebengebirge ist sie besonders
im Nordwesten verbreitet. Nördlich von Königswinter erstreckt sie
sich ostwärts weit in dasselbe hinein, bis über den Wintermühlenhof
hinaus reichend. In der Nähe dieses Hofes treffen wir namentlich Lager
von weißlich gefärbtem Quarzit an. Beim Zerschlagen dieses etwas
schiefrigen Gesteins kommen häufig Abdrücke von Blättern zum Vorschein,
von Lorbeer, ferner von Palmen und Myrte. So sind uns die Spuren einer
einst im Rheinland heimischen Pflanzenwelt erhalten, die heute nur
noch in viel südlicheren Ländern vorkommt. Die Funde beweisen, daß im
Rheingebiet zur Tertiärzeit ein wärmeres Klima herrschte.

[Illustration: Abb. 167. Madonna im Rosenhag.

Dem Meister Stephan von Köln zugeschriebenes Tafelgemälde im
Wallraf-Richartz-Museum zu Köln.

(Zu Seite 173.)]

[Sidenote: Gesteine des Siebengebirges.]

In der Zeit, in der die Braunkohlenlager entstanden, oder etwas
später begann auch die vulkanische Tätigkeit im Siebengebirge. Als
die ältesten vulkanischen Auswurfsmassen sind die trachytischen
Tuffe festgestellt worden, die man eine lange Zeit, weil sie die
anderen überlagern, für die jüngsten hielt. Zwei Tatsachen haben bei
der Beweisführung hauptsächlich die Entscheidung gebracht. In einer
Schlucht im Siebengebirge, die den Namen Hölle führt, erblicken wir an
mehreren Stellen in den senkrecht aufsteigenden, gelblich gefärbten
Tuffwänden Adern einer anderen Gesteinsmasse. Eine von ihnen ist mit
Basalt angefüllt, der von unten emporgequollen sein muß. Es kann keinem
Zweifel unterliegen, daß letzteres erst nach Ablagerung des Tuffs
geschehen sein kann. Dieser ist also älter als der Basalt. Ferner sehen
wir in einer nördlichen Vorkuppe des Siebengebirges, in dem Großen
Weilberg, der sich durch seine schönen Säulenbasalte auszeichnet, daß
die Tuffhülle, in der der Basalt stecken blieb, an der Berührungszone
mit diesem eine rötliche Färbung angenommen hat, eine Folge der Hitze,
die der emporgequollene Basalt entwickelte. Wäre der Trachyttuff
erst nach diesem, also auch nach dessen Erkaltung abgelagert worden,
dann hätte die Feuerwirkung nicht stattfinden können. Hierdurch wird
allerdings wiederum nur bewiesen, daß der Trachyttuff älter als der
Basalt ist, das Altersverhältnis zu dem Trachyt, der im Siebengebirge
ebenfalls sehr viel verbreitet ist, dagegen nicht berührt. Man nimmt
an, daß aus Ausbruchsstellen, die heute nicht mehr nachgewiesen werden
können, zuerst ein starker Auswurf von Trachyttuff stattfand, daß dann
die Trachytgesteine und zuletzt die basaltischen Gesteine hervorquollen.

Der Trachyttuff bedeckte einst wohl das ganze Gebiet des
Siebengebirges. In größerer Mächtigkeit lagert er jetzt noch
bei der Hölle, die sich als eine echte Cañonschlucht durch die
Tuffdecke gebildet hat und mit dem ebenfalls tief eingeschnittenen
Nachtigallental zusammenstößt, ferner am Kühlsbrunnen und an der
Ofenkaule. Der Quarzit am Wintermühlenhof wird vom Trachyttuff
überlagert, ein Beweis, daß die vulkanische Tätigkeit im Siebengebirge
erst nach seiner Ablagerung begann.

[Illustration: Abb. 168. Das Hahnentor in Köln. (Zu Seite 173.)]

Die Trachyte des Siebengebirges sind von verschiedener Beschaffenheit.
Der Trachyt des Drachenfels hat keine Hornblende, dafür Feldspat,
der auch in Form von schönen, großen Sanidinkristallen dem Gestein
eingeschlossen ist. Diese Kristalle, deren Glitzern sofort auffällt,
machen den Drachenfels-Trachyt als Baustein minderwertig. Am Kölner
Dom, bei dessen Bau er verwendet wurde -- der Domsteinbruch befand
sich an der Südwestseite des Drachenfels -- zeigte es sich, daß
die Sanidinkristalle ausgewittert waren, wodurch besonders der
Bildhauerschmuck sehr gelitten hatte. Infolgedessen wurde bei der
Fortführung des Dombaues kein Trachyt mehr verwandt. Aus echtem Trachyt
bestehen auch die Kuppen des Lohrberg, Schallenberg und Geisberg. Am
Kühlsbrunnen im Rhöndorfer Tal kommt ein Trachyt vor, der fast nur
aus Sanidin besteht, aber keine Sanidinkristalle ausschließt. Es ist
dies die einzige Fundstelle eines solchen Trachyts in ganz Nordeuropa.
Von ganz anderer Beschaffenheit ist das trachytische Gestein der
Wolkenburg. Es ist ein Hornblende-Trachyt oder Andesit, benannt nach
den Anden in Südamerika. Die Hornblende bildet oft schöne schwarze
Kristalle. Aus Andesit bestehen außerdem noch die Breiberge, der
Hirschberg, die Rosenau und der Stenzelberg.

Auch der im Siebengebirge vorkommende Basalt ist nicht gleichartig.
Die mächtigsten und die höchsten Kuppen bestehen aus diesem Gestein,
aus echtem Basalt der Ölberg, der Petersberg, der Nonnenstromberg und
zahlreiche nördliche und südliche Vorberge, aus Dolerit, einer Abart
des Basaltes, die Löwenburg.

[Illustration: Abb. 169. Hauptpostamt in Köln. (Zu Seite 173.)]

Es ist eine Eigenart des Siebengebirges, daß die Trachyt- und
Basaltausbrüche nicht in Form von Lavaströmen, die in der Eifel so
zahlreich sind, erfolgten. Nur auf der Oberkasseler Heide nördlich vom
Weilberg wurden Lavaströme nachgewiesen. Im eigentlichen Siebengebirge
dagegen blieben Trachyte und Basalte in der Devon- und Tuffdecke
stecken. Von den schönen Formen der Bergkuppen war damals noch nichts
zu sehen. Allmählich wurde die Tuffhülle von den Gewässern weggetragen.
Es bildeten sich Talfurchen, und stolz traten die bloßgelegten Kuppen
heraus, das Bild der Landschaft mit der Schönheit schmückend, die wir
heute an ihm bewundern.

[Sidenote: Das Siebengebirge.]

Die Zahl der Kuppen ist nicht sieben, wie es der Name „Siebengebirge“
vermuten läßt, sondern viel größer. Die „Sieben Berge“, die man in
der Kölner Gegend, in einer Reihe liegend, mit dem Drachenfels auf
der einen und dem Großen Ölberg auf der anderen Flanke, sieht, und
von denen das Gebirge, von dieser Gegend aus, seinen Namen erhielt,
sind nicht einmal die sieben höchsten, wie folgende Zusammenstellung
der bedeutendsten Kuppen, in der die „Sieben“ durch ein Sternchen
bezeichnet sind, erkennen läßt:

  * Großer Ölberg           464 ~m~
  * Löwenburg               459  „
  * Lohrberg                440  „
  * Nonnenstromberg         337  „
  * Petersberg              334  „
    Geisberg                329  „
  * Wolkenburg              328  „
  * Drachenfels             325  „
    Rosenau                 324  „
    Großer Breiberg         318  „
    Hirschberg              255  „

Wenn wir die Rangordnung nach der Höhe träfen, so würde also der
Drachenfels nicht einmal zu den „Sieben Bergen“ gehören. Doch wenn wir
ihn aus der stolzen Berggemeinschaft herausstoßen wollten, die Wogen
des Rheins würden wild aufbrausen, und die Sage würde fliehen aus
diesem Land, wo nicht der Prosa kaltes Licht, sondern das Farbenreich
der Poesie das Gold der Berge malt.




VIII. Die Eifel.


[Sidenote: Die Eifel.]

Unter „Eifel“ versteht man in geographischem Sinne das Gebirgsland
nördlich von der Mosel und westlich vom Rhein, also den nordwestlichen
Flügel der großen Gebirgsscholle des Rheinischen Schiefergebirges. So
sagen die Geographen und die geographischen Lehrbücher, denen man ja
alles glauben soll. Reist man aber durch die Eifel, so fragt man in
vielen Gegenden vergeblich nach einem Lande, das so heißt, und mancher
ist von einer vieltägigen Eifelreise zurückgekehrt und, nach den
Versicherungen der Bewohner, nicht in der Eifel gewesen. „Die Eifel ist
noch weit,“ so hieß die Rede, und immer war sie noch weit. Eigentlich
haben die Bewohner vollständig recht, wenn sie sich gegen einen Namen
sträuben, der so wenig für das Ganze paßt, nach der Nebenbedeutung, die
ihm von seinem Heimatlande anklebt. Ursprünglich bezeichnete man mit
dem Wort „Eifel“ nur einen kleinen Bezirk im Umkreise der Stadt und
früheren Abtei Prüm. Eine Schenkungsurkunde Pippins aus dem Jahre 762
redet von dem „~pagus Eflinsis~“, dem Eifelgau. Der Name soll von dem
keltischen Worte ~ap~, das dem lateinischen Worte ~aqua~ entspricht und
also Wasser heißt, herkommen. Danach würde Eifel soviel als Wasserland
oder Land der Quellen bedeuten. In der Tat ist die Gegend von Prüm
reich an Gewässern, und etwas nördlicher liegt das Quellgebiet der
meisten größeren Eifelbäche. Im Volke aber lebt dieser ursprüngliche
Sinn des Wortes nicht fort. Unter „Eifel“ versteht es ein rauhes und
ödes Gebirgsland mit langem und kaltem Winter und kurzem Sommer, wo
nur wenig Getreide gezogen werden kann und in manchen Jahren die
Ernte nicht zur vollen Reife gelangt, wo die Bewohner also arm sind,
kurz, wo man nicht gern leben möchte. Arm sind auch in Wirklichkeit
viele Gegenden der Eifel. Die Notstände, welche vor Jahren wiederholt
herrschten und ein Eingreifen des Staates nötig machten, haben die
wirtschaftliche Lage der Bewohner in einem düstern Lichte gezeigt. Dies
erklärt noch mehr, warum man sich in den reicheren Nachbargegenden
der eigentlichen Eifel gegen die Übertragung dieses Namens sträubt.
Indem aber die schreiende Not des armen Eifelvolkes die Blicke der
Behörden und auch weiter Kreise der rheinischen Bevölkerung auf ein
Land lenkte, von dem fast jeder nur unsichere Vorstellungen und unklare
Begriffe hatte, begann sich das Interesse zu regen, die Eifel besser
kennen zu lernen. Es bildete sich der Eifelverein, der besonders unter
der Leitung des verstorbenen Direktors Dronke sowohl in touristischer
als auch in wirtschaftlicher Hinsicht segensreich wirkte, der Bau von
Eisenbahnen erleichterte das Reisen, und so ward die „verschriene
Eifel“ ein Touristenland. Ungeahnte Schönheiten lernte man kennen. Gar
viele lernten die Eifel lieb gewinnen, und viele kehren alljährlich im
Sommer oder Herbst zurück in dieses Land, wo das Auge gebannt ist von
den merkwürdigen Spuren, die die vulkanische Tätigkeit hinterlassen
hat, wo es sich erfreut an des Waldes Pracht und an dem hellen Grün der
Wiesen, und wo der Küchenzettel noch oft die leckere Forelle, die in
den klaren Gewässern spielt, für das Mahl verheißt. Und selbst die öde
Eifelheide mit ihrer Melancholie und mit ihrem Purpurkleide, wenn die
Heide blüht, hat ihre Bewunderer gefunden. In dieser kurzen Darstellung
kann nicht ein vollständiges Bild des weiten Gebietes, das man heute
geographisch Eifel nennt, gezeichnet werden. Es kann nur versucht
werden, die charakteristischsten Züge dieses Bildes wiederzugeben.

[Sidenote: Vulkane der Eifel.]

Für den Wanderer, der das Rheintal als Reiseroute wählt und von ihm
aus die Eifel besuchen will, kommt zunächst die Vordereifel, auch
vulkanische Eifel genannt, in Betracht. Es ist ein eigenartiges Land,
voll von Wunderwerken der Natur, die unser Auge fesseln und unsern
Geist bannen. Wir schauen stolze Bergkuppen, deren Scheitel hoch
gewölbt ist, und echte Kraterberge, die einen vertieften Kraterschlund
umschließen. Wir stehen sinnend vor den kleinen Seen, den Maaren, deren
Wasser den früheren Feuerschlund ausgefüllt hat, und verfolgen den Lauf
des Lavastromes, der einst aus dem Krater als ein zäher Feuerschleim
hervorquoll und sich hinab in die Täler ergoß, so daß die Bäche
vielfach ihre Kraft mit dem harten Gestein messen müssen. Und nicht
nur in der Nähe der vulkanischen Ausbrüche schreitet unser Fuß über
vulkanische Asche, sondern oft auch in weiter Entfernung von diesen.
Alles deutet auf eine umfangreiche einstige vulkanische Tätigkeit
hin. Im Geiste hören wir das dumpfe Dröhnen des Erdbodens. Er zittert
von den Spannungen der Gase, die mit Gewalt einen Ausgang suchen. Die
Wellen der Erdbeben durchlaufen das Land. Wir sehen den Feuerschein
der Krater, der diese Höllenlandschaft einst beleuchtete, umdüstert
von dem qualmenden Rauch und farbig umspielt von den brennenden Gasen,
die dem Kraterschlund entstiegen. Wie Raketen fliegen durch den
Aschenregen glühende Felsbrocken höher empor, prasselnd fallen sie
nieder, und in der Aschenhülle finden wir sie wieder als rundliche,
schwärzlich gefärbte Steinkugeln, Bomben genannt, die bald die Größe
nur eines Taubeneies, bald die eines Menschenkopfes haben. Immer höher
wölbte sich der Aschenkegel. Die Jahrhunderte oder Jahrtausende trugen
ihn wieder zum Teil ab. Der Vulkan stellte seine Tätigkeit ein, sein
Feuerschlund erkaltete. Noch lange aber blieb seine Umgebung eine
Stätte des Todes, bis allmählich die Pflanzenwelt den schwarzen Boden
sich eroberte. Nun lacht überall, wo Totenstarre war, die grüne Farbe
des Lebens, üppige Wälder, Wiesen und Felder schmücken Berg und Tal,
und nur der sinnende Geist des Menschen lebt noch, beim Anblick des
vulkanischen Bodens, in der grauen Vorzeit, in der die Vulkane der
Eifel entstanden.

Es gibt in der Eifel zwei vulkanische Hauptlinien, eine westliche und
eine östliche, auf denen zahlreiche Vulkanberge, sowohl Vulkankuppen
als auch echte Kraterberge und Maare, geordnet sind. Manche Vulkanberge
liegen auch auf Querlinien. Die westliche vulkanische Hauptlinie
beginnt bei Bertrich in der Nähe der Mosel mit der Falkenlei. Sie
streicht in nordnordwestlicher Richtung über Daun und Hillesheim und
endet erst in der Schneifel (= Schnee-Eifel), wo noch der Goldberg
liegt. Zwei wichtige vulkanische Querlinien auf dieser Hauptlinie
sind die von Manderscheid und Gerolstein-Birresborn. In diesen
Gegenden erreicht das westliche Vulkangebiet eine bedeutende Breite.
Am dichtesten drängen sich die Vulkanberge zwischen Daun (Abb. 148),
Gerolstein und Hillesheim zusammen, wo wir ein schönes Bergland vor
uns zu sehen glauben. Als die höchste Kuppe ragt dort der 700 ~m~ hohe
Ernstberg auf. Sehr zahlreich treffen wir die merkwürdigen Kraterseen,
in der Eifel Maare genannt, an. Man hält sie für Vulkane, die früh zur
Ruhe gekommen sind, ehe ihnen als ein feuriger Teig Lava entquoll, die
sich bei anderen Vulkanen entweder zur Kuppe aufwölbte, wenn sie in
der Aschenhülle stecken blieb, oder sich als ein Lavastrom hinabwälzte
in die Täler, ehe sie völlig erstarrte. Sehr verschieden ist das Bild
der Maare. Das Pulvermaar bei Gillenfeld ist von hohen Kraterwänden,
die mit schönen Buchen bewachsen sind, umgeben. Lieblich blinkt uns
der Seenspiegel aus dem Grün der Landschaft entgegen. Ein lachendes
Bild des Lebens dort, wo einst Feuersglut alles Leben auslöschte! Ein
völlig anderes Bild zeigt das Weinfelder Maar. Die düstern Schatten
des Todes gleiten über dasselbe. Kein Leben, kein Pflanzenschmuck,
kein Laut! Todesruhe! In der Nähe von Daun, wo das Weinfelder Maar
liegt, treffen wir noch das Schalkenmehrener (Abb. 149) und Gemündener
Maar an. Von anderen bekannten Maaren im westlichen Vulkangebiete der
Eifel sei noch das Meerfelder Maar bei Manderscheid genannt. Einige von
ihnen, wie das Pulver-, Weinfelder und Gemündener Maar, haben keinen,
wenigstens keinen sichtbaren Zu- und Abfluß. Auf den gleichen Ursprung
wie die Maare führt man auch zahlreiche Kesseltäler der Eifel zurück.

[Illustration: Abb. 170. Vom Kölner Karneval. Der Wagen „Kölner Bauer
mit Jungfrau“ (links) und „Wolkenwagen des Prinzen Karneval“ (rechts)
auf dem Festzuge des Jahres 1901. Nach einer Photographie von Ad.
Fischl jun. in Köln. (Zu Seite 174.)]

Die östliche vulkanische Hauptlinie, die ebenfalls in fast nördlicher
Richtung verläuft, läßt sich von Winningen an der Mosel bis in die
Ahrgegend südlich von Ahrweiler verfolgen. Den Rodderberg, einen
Vulkan mit schwacher Kratermulde, der bei Rolandseck unmittelbar am
Rhein aufsteigt, kann man schon zum Vulkangebiet des Siebengebirges
rechnen. Den Hauptherd der vulkanischen Tätigkeit bildet im östlichen
Vulkangebiete der Laacher See. An seiner Stelle befand sich einst
ein riesiger Kraterschlund. Etwa 40 Lavaströme nahmen von ihm ihren
Ausgang. Ungefähr ebenso groß ist die Zahl der Vulkanberge, die in
der Umgegend des Laacher Sees liegen. Dieser selbst ist von sechs
Kraterbergen malerisch umgeben, von denen der Laacher Roteberg (510
~m~), der Laacherkopf (460 ~m~) und der Krufter Ofen (453 ~m~) die
höchsten sind. Letzterer ist der bekannteste und besuchteste.

[Sidenote: Der Laacher See.]

Durch üppigen Wald steigen wir zum Krufter Ofen hinan. Auf seinem
Gipfel entfaltet sich uns ein prächtiger Rundblick auf die schöne
Landschaft. Hell blinkt der Wasserspiegel des Sees, dunkel umsäumen
ihn die waldigen Berge, und ihr Spiegelbild taucht tief hinab in die
Fluten. Am Südende des Sees, wo der hohe Rahmen der Berge sich etwas
verflacht, ergänzt ein herrliches Bauwerk, die prächtige Abteikirche
des Benediktinerklosters Laach (Abb. 150), die formenschöne Landschaft.
Wenden wir uns aber von diesem Bilde ab zur anderen Seite des Gipfels,
so blicken wir hinab in den früheren Kraterschlund des Krufter Ofen.
Aber kein Bild des Todes ist’s, das wir da schauen. Wald, üppigster
Wald hat die frühere Feuerstätte erobert, und wo einst das düstere
Grauen wohnte, dort lacht jetzt Pflanzengrün. Muntern Schritts eilen
wir hinab, wo der See uns winkt. Er ist kreisrund, 3,3 ~qkm~ groß
und in der Mitte 53 ~m~ tief. Sein Durchmesser beträgt 2732 ~m~, und
zwei Stunden müßten wir wandern, um ihn zu umkreisen. Das zweitgrößte
Eifelmaar, das Pulvermaar, ist nur ⅒ so groß. Wie stimmungsvoll paßt
die Benediktinerabtei Laach zu der Stille der Landschaft, zu der Ruhe
des Sees und dem Schweigen des Waldes! Die schöne Abteikirche, in edlem
romanischen Stile erbaut, stammt aus dem Jahre 1156. Sie ist mit einer
Kuppel und fünf Türmen geschmückt. Die zierliche Vorhalle wurde 1859
neu hergestellt. Die Ornamentik an den Säulenkapitälen ist überaus fein
und sorgfältig ausgeführt (Abb. 151). Der sehr schöne, in romanischem
Stile gehaltene Hochaltar wurde vom Kaiser Wilhelm II. im Jahre 1899
geschenkt.

[Illustration: Abb. 171. Remscheid.

Nach einer Photographie im Verlag von Herm. Krumm in Remscheid. (Zu
Seite 175.)]

Nach kurzem Aufenthalt wandern wir weiter. Der Hohe Gänsehals ist unser
Ziel. Von der Waldespracht des Laacher Sees müssen wir bald Abschied
nehmen. Einförmig liegt das Land in seinem düstern, dunkelgrauen
Ton vor uns. Es ist Aschenboden, über den wir wandern. Hier und da
eine Halde, der die Bewohner von der schwärzlichen Asche entnehmen.
Von zahlreichen kleinen und größeren Bomben ist die Aschenmasse
durchsetzt. Mäßig hohe Berge, Vulkanberge, wölben sich aus der kahl und
daher so tot erscheinenden Landschaft heraus. Auch der Gänsehals, der
dort vor uns aufsteigt, hat nur eine geringe relative Höhe. Dennoch
bietet er als höchster Punkt der Gegend (591 ~m~ hoch) -- und besonders
der auf ihm errichtete Aussichtsturm -- einen umfassenden Rundblick
dar, nach Osten über das waldgeschmückte Gebiet des Laacher Sees,
dessen Spiegel hell aufblitzt, und nach Nordwesten über die stolzen
Basaltkuppen der Hohen Eifel.

[Illustration: Abb. 172. Kaiser Wilhelm-Brücke bei Müngsten.

Nach einer Photographie im Verlage von Herm. Krumm in Remscheid. (Zu
Seite 175.)]

[Sidenote: Gesteine der Eifel.]

Eine große Verbreitung haben in dem östlichen Vulkangebiet der Eifel
die Schlackentuffe. Drei Arten derselben sind zu unterscheiden,
nämlich basaltische, die in der Umgebung fast eines jeden Eifelvulkans
vorkommen, zweitens basaltartige, nämlich Leucitphonolithtuffe, die
eine große Verbreitung westlich vom Laacher See haben, und drittens
trachytische, die namentlich im Brohltal, wo die Traßgewinnung
ein wichtiger Industriezweig geworden ist, verbreitet sind. Als
Auswurfsmasse der Vulkane der östlichen Eifel ist ferner noch der
Bimssand zu nennen. Er ist eine leichte, durchlöcherte Asche von
weißlicher Farbe. Die Vulkanherde im Umkreise des Laacher Sees
bedeckten mit ihm, ehe sie völlig erloschen, meilenweit und viele Meter
hoch das Land. Bis Moselkern, Boppard, Mayen und Brohl lagern die
Bimssandsteinschichten, allein auf der linken Rheinseite ein Gebiet
von etwa 800 ~qkm~ bedeckend. Doch auch auf der rechten Rheinseite
sind sie noch weithin verbreitet. Sie bilden die Grundlage einer
wichtigen Industrie, der Bimssandsteinziegelei. Der Bimssandstein
wird zerkleinert und dann mit Kalkmilch angemengt. Aus dieser Masse
werden große Ziegelsteine geformt, die sich durch ihre Leichtigkeit und
eine geringe Beeinflussung durch den Witterungswechsel auszeichnen.
Namentlich zwischen Andernach und Coblenz, in der Nähe der Orte
Weißenturm und Urmitz, sind große Ziegeleien angelegt worden, die
man auf der Fahrt mit der Eisenbahn sehen kann. Ein schon älterer
Industriezweig ist die Lavagewinnung bei Niedermendig. Schon die
Römer brachen dort ihre Mühlsteine. Da die Lava von einer 15 bis 20
~m~ mächtigen Schicht Sand, Bimsstein und Löß bedeckt ist, mußten die
Steinbrüche unterirdisch angelegt werden. Auch die oberste Schicht der
Lavamasse mußte noch durchbrochen werden, weil sie ein minderwertiges
Gestein liefert. Das darunter anstehende Gestein bildet Pfeiler,
von den Arbeitern Stämme genannt, von 1½ bis 2 ~m~ Stärke. Durch
den jahrhundertelangen Betrieb der Steinbrüche sind große Hohlräume
entstanden. Labyrinthartig verzweigen diese sich im Innern der Erde.
Eine niedrige, fast das ganze Jahr sich gleich bleibende Temperatur
herrscht in ihnen. Viele werden wegen dieser wertvollen Eigenschaft als
Bierkeller benutzt, und ein blühendes Bierbrauereigewerbe, das diese
Gunst ausnutzt, hat sich in Niedermendig entwickelt.

[Illustration: Abb. 173. Solingen.

Nach einer Photographie im Verlag von Jul. Tückmantel & Söhne in
Solingen. (Zu Seite 175.)]

[Sidenote: Hohe Eifel.]

Von der eigentlichen vulkanischen Vordereifel wollen wir hiermit
Abschied nehmen. An sie schließt sich nach Norden die Hohe Eifel, nach
Nordwesten die Schneifel an, an die sich wieder als viertes Glied
das Hohe Venn (= Sumpfland) gliedert. Diese sind die höchstgelegenen
Gebiete des weiten Gebirgslandes, zu denen die Vordereifel gleichsam
nur das Vorland zum Rhein und zur Mosel hin bildet.

Die jetzigen höchsten Bodenwellen der Eifel entsprechen nicht mehr
ihren früheren Hauptgebirgszügen, die sich bei ihrer Auffaltung
gebildet hatten. Wie bei allen stark abgetragenen Gebirgen haben wir
in ihnen die härteren Reste des Gebirgsbodens zu erblicken. Wieder
war es, wie beim Hunsrück, der harte Quarzit, der der Verwitterung am
meisten widerstand. Aus ihm besteht z. B. der Rücken der Schneifel,
der früher zweifellos von der jetzt etwa 100 ~m~ tiefer gelegenen
Wasserscheide des Losheimer Waldes überragt wurde, ferner ein
Höhenzug, der sich südlich von Gerolstein nach Nordosten auf Kelberg
zu erstreckt, und der Kandelwald, dessen Rücken südlich von Bertrich
in der Nähe der Mosel aufsteigt. Die übrigen Gesteinsschichten, die
in der Eifel viel verbreitet sind, wie Schiefer, Grauwacke, Kalke,
Mergel und Buntsandstein, sind sehr gleichmäßig verwittert, woraus
sich das einförmige Oberflächenbild der meisten Eifelgegenden erklärt.
Die stolzen Bergkuppen, die die Hohe Eifel trägt, sind vulkanischen
Ursprungs, wie die Basaltkuppen der Hohen Acht (760 ~m~), die die
höchste Erhebung der Eifel bildet, des Steinberg (670 ~m~), des
zweigipfligen Kelberg (670 ~m~), des Aremberg (623 ~m~), dessen
mächtige Gestalt an der oberen Ahr aufsteigt, und des Michelsberg
(556 ~m~) bei Münstereifel, der als die bedeutendste Erhebung am
nördlichen Eifelrande einen prächtigen Rundblick über das Vorland,
über die vorgelagerte reiche Ebene bis hin zu den stolzen Kuppen des
Siebengebirges und zu den hohen Türmen des Kölner Doms darbietet.
In der ganzen Eifel beträgt die Zahl der Basaltkuppen 210. Ohne sie
und die Kraterberge würde das Eifelland überall so einförmig wie die
Hochflächen der Schneifel und des Hohen Venn sein, und nur in den
Tälern könnten wir landschaftliche Schönheit suchen. Nur stellenweise
ist das auf weiten Strecken also recht eintönige Oberflächenbild der
Eifel durch Waldesschmuck, der Wechsel und Leben in die Landschaft
bringt, verschönert. Einst war sie fast in allen ihren Teilen
waldreich. Durch törichte Waldverwüstung wurde sie wie so viele Länder
ihres schönen Waldkleides größtenteils beraubt. Größere Reste desselben
sind noch der Losheimer Wald, die Wälder der Schneifel, der herrliche
Kermeter bei Schleiden in der nördlichen Eifel, sowie die Wälder des
Laacher See-Gebiets und am Mittellauf der Kyll. In den höher gelegenen
Gegenden der Eifel hatte die Waldverwüstung eine schlimme Wirkung zur
Folge. Da das Klima für den Anbau zu ungünstig ist, verfielen weite
Strecken Landes dem Zustande der öden Heide. In manchen Eifelkreisen
nimmt das Ödland drei Viertel der Bodenfläche ein.

[Sidenote: Eifellandschaft.]

In trauriger Öde liegt das Land vor uns. Heide, soweit das Auge
reicht! Nur der Naturfreund findet, daß auch dieses Land seine
Schönheit und seinen Zauber hat. Im Spätsommer kleidet sich die
düstere Heide mit ihrem Purpurmantel. Das Heidekraut bildet dann
einen großen Blütenteppich. Dazwischen erscheinen hie und da auch
wohl eine verkrüppelte Kiefer, Fichte, Lärche, Birke oder niedriges
Wacholdergesträuch. Die Ruhe erzählt vom Gottesfrieden in der Natur.
Bunte Falter flattern von Blume zu Blume, das Geräusch von Tausenden
von Bienen summt an unser Ohr, und über den Boden eilen geschäftig
zahlreiche Käfer. Nach dem Menschen suchen und fragen wir nicht in
dieser Einsamkeit. Doch dort steigt ein leichter Rauch auf. Er verrät
eine menschliche Hütte, ein ärmliches Heim, worin die Entbehrung wohnt.
Die Heide vermag nur die Bienen, keine Menschen zu ernähren. Nur für
den Schäfer, der einsam mit seiner Herde dahinzieht, die die wenigen
Grasbüschel sucht, blieb hier noch Raum. Auch er ist inmitten seiner
folgsamen und schweigsamen Herde ein Bild des Friedens und der Ruhe.
Tagaus, tagein zieht er hinaus auf die braune Eifelheide. Doch wenn der
Winter kommt, wenn wild der eisige Schneesturm heult, dann wagt auch er
sich nicht mehr hinaus. Wehe dem Wanderer, der dann den verschneiten
Weg verfehlt und verlassen umherirrt auf der Heide! Mit fahlem Glanze
bricht der Mond durch die schwarzen Wolken durch und bescheint ein
Leichentuch, das den verirrten Wanderer unter sich begrub. Ein Grab im
Schnee!

[Illustration: Abb. 174. Schloß Burg an der Wupper. (Zu Seite 178.)]

[Sidenote: Eifelbilder. Das Vorgebirge.]

Noch manche Schönheiten zeigt uns die Eifel, wenn wir von den
Hochflächen des Landes hinabsteigen in die Täler, die nach allen
Seiten, zum Rhein, zur Mosel und zur Maas hin rinnen. In neuester
Zeit ist besonders der durch den Bau der Urft-Talsperre (Abb. 152)
geschaffene künstliche See bei Gemünd ein beliebtes Reiseziel geworden.
Viel gepriesen wird auch das waldgeschmückte Kylltal, dem auf weiter
Strecke die Eifelbahn folgt. Gerolstein (Abb. 153) und Kyllburg (Abb.
154) gelten als Glanzpunkte der Eifel. Manderscheid (Abb. 155) mit
seinen beiden schöngelegenen Burgen und seinem steil aufragenden
Mosenberg möchte ihnen im Liesertal den Rang streitig machen. Alle drei
Orte werden im Sommer viel besucht. In den großen Gasthöfen, die dort
entstanden sind, nehmen zahlreiche Familien längeren Aufenthalt. Noch
größer ist die Zahl der durchreisenden Touristen, die nur in flüchtiger
Reisestunde die Schönheiten dieser Punkte würdigen können. Locken sie
doch noch so viele andere Schönheiten des Landes. Versteckt im Eltztale
liegt die Burg Eltz (Abb. 156 u. 157), eine der wenigen rheinischen
Burgen, die bei den Raubkriegen der Franzosen der Zerstörung entgingen.
Das Nettetal prangt in der Schönheit seiner Wälder, es grüßt sein
munteres Flüßchen die schön gelegene Stadt Mayen, und weiter unterhalb
mißt dasselbe seine Kraft, wo die viel besuchte Rauscher Mühle liegt,
an einem mächtigen Lavastrom, der in sein Bett hinabgeflossen ist, und
über dessen Felsmassen es in Wasserstürzen hinabrauscht. Freundliche
Bilder entfaltet auch das Brohltal, durch das uns auf der Rückwanderung
vom Laacher See der Weg führt, und Eigenartiges bietet es zugleich.
Wir grüßen die Ruine Olbrück, uns begleiten die hohen Tuffwände,
in denen schon die Römer wühlten, um wertvollen Mörtel für ihre
Bauten, besonders für Wasserbauten, zu gewinnen, und in dem Örtchen
Burgbrohl sehen wir Kohlensäure dem vulkanischen Boden entsteigen,
deren Gewinnung eine neue Industrie ins Leben gerufen hat. Endlich das
Ahrtal! Dort weht schon Rheinluft. Darum folgten wir ihm schon auf
einer früheren Wanderung.




IX. Die Kölner Bucht und das Bergische Land.


Wer von Bonn aus die Rheinfahrt nach Köln fortsetzt, bemerkt, wie die
Höhen, die bis dahin so malerisch die Ufer schmückten, sich immer mehr
von diesen entfernen. Zwischen niedrigen, doch nicht völlig flachen
Ufern wälzt der Strom, der schon oberhalb Bonn zu einer stattlichen
Breite angewachsen war, seine Fluten dahin. Vom obersten Deck des
Dampfers können wir über das Land frei hinwegschauen. Eine schöne
Ebene, die geographisch gewöhnlich als Kölner Bucht bezeichnet wird,
dehnt sich zu beiden Seiten des Stromes aus, begrenzt im Westen und
Osten von niedrigen Höhen, die anfangs von ihm etwa 5, weiter nach
Norden etwa 10 ~km~ entfernt sind.

Von der Fruchtfülle, den wogenden Getreidefluren des Kölner Landes
erhalten wir ein besseres Bild, wenn wir die Reise von Bonn nach Köln
statt zu Schiff mit der Eisenbahn machen. In unmittelbarer Nähe des
Vorgebirges fahren wir vorbei. Ein Kranz von blühenden Ortschaften
säumt dessen Fuß, deren Bewohner einen ausgedehnten Gartenbau, Obst-,
Gemüse- und Blumenzucht betreiben. Wenn im Frühjahr die Obstblüte
beginnt, dann entfaltet dieser östliche Abhang des Vorgebirges, den
man den großen Küchengarten von Köln und Bonn nennen könnte, ein
Bild seltener Pracht und Anmut. Die sanftgeneigten Abhänge sind mit
Tausenden von großen Blütensträußen geschmückt, die bald dichter
stehen und zu einem weißen Blütenmeer verschmelzen, an anderen Stellen
mehr einzeln sich aus dem jungen Grün herausheben. Das ist die Zeit,
wo die Bonner, die Kölner in Scharen besonders nach dem in einer
Einbuchtung des Höhenzuges so sonnig gelegenen Alfter strömen, teils
um sich an der Blütenpracht zu ergötzen, teils auch -- und manche soll
das mehr noch locken -- um den ersten Spargel zu kosten. Auch das
Städtchen Brühl, wo sich ein Kaiserliches Schloß, das 1725 bis 1728
durch den Kölner Kurfürsten Clemens August erbaut wurde, mit großem,
schattigem Park befindet, die von schönen Anlagen umgebene Bahnstation
Kierberg, sowie die Waldpartien der Kranzmaar und von Königsdorf,
westlich von Köln, locken während des ganzen Sommers viele Ausflügler
an, die dem Stadtgewühl entfliehen wollen. So bieten sich auch in
diesem Teile Rheinlands, den Bewohnern der Ebene, noch manche schöne
Punkte, die eines Besuches wert sind, wenn auch der Zauber fehlt, den
rebengeschmückte Berge, sagenumwobene alte Burgen und der stete Anblick
des von Schiffen belebten Stromes dem engen Rheintal verleihen.

[Sidenote: Rheinfahrt von Bonn nach Köln.]

Auf der Fahrt mit dem Dampfschiff von Bonn nach Köln zeigt uns das
ebene Land nur wenige Merkwürdigkeiten. Gleich nach der Abfahrt wird
rechts die Doppelkirche von Schwarzrheindorf (Abb. 158) sichtbar, die
bei den Kunstkennern besonders wegen ihres reizenden Chorrundganges und
ihrer altkölnischen Malereien als ein Baudenkmal von hervorragendem
künstlerischen Werte gilt. Sie wurde 1149 bis 1151 als Grabkirche für
den Erzbischof Arnold ~II.~ von Wied errichtet. Die untere Kirche
war für die Gemeinde, die obere für die Nonnen bestimmt. Leider ist
die Kirche, die zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts nur noch als
Pferdestall und Scheune zu benutzen war, trotz zweimaliger, gründlicher
Restaurierung stark in Verfall geraten, so daß Kunstkenner sich über
ihren heutigen Zustand sehr besorgt äußern.

[Illustration: Abb. 175. Der Altenberger Dom. (Zu Seite 178.)]

Etwa eine Stunde unterhalb Bonn erfolgt die Einmündung der Sieg in den
Rhein. Wir können die Mündungsstelle, die durch Weidengebüsch verdeckt
wird, vom Schiffe aus nicht sehen; aber ein schwärzlicher Streifen in
dem grünen Rheinwasser verrät sie am rechten Ufer. Wenig unterhalb
der Siegmündung liegt der Ort Mondorf. Die zahlreichen, am Rheinufer
zum Trocknen aufgestellten Netze verraten uns schon die Beschäftigung
vieler seiner Bewohner. Ohne auffälligen Wechsel der Uferbilder geht
die Fahrt weiter, an dem langen Dorfe Hersel, das hinter den Nußbäumen
einer Rheininsel hervorlugt, und an dem Fabrikorte Wesseling vorbei.
Vor uns, in der Fahrtrichtung, werden die hohen Türme des Kölner Domes
immer deutlicher sichtbar. Zuerst erschienen sie über dem rechten
Ufer. Plötzlich schauen wir sie zur Linken, dann tauchen sie wieder
rechts auf. Wir haben während der Fahrt die Biegungen des Rheines nicht
verfolgt und sind fast irre geworden, auf welcher Seite des Stromes
eigentlich Köln liege, bis endlich auch das übrige Bild der großen
Stadt links vor uns auftaucht. Wie ein Wächter, den frühere Zeiten
abzulösen vergaßen, reckt sich am Ufer der hohe Bayenturm heraus, die
frühere Zollstelle bezeichnend. Über die neuen Werft- und Hafenanlagen,
die von 1892 bis 1898 angelegt wurden, gleitet dann der Blick. Immer
großartiger gestaltet sich das Gesamtbild (Abb. 159). Links und rechts
fassen hohe Gebäudereihen den breiten Strom ein, über den eine niedrige
Schiffbrücke und eine hohe Gitterbrücke (Abb. 160) hinüberführen nach
Deutz, dem früheren Brückenkopf von Köln. Besonders das linksseitige
Stadtbild, das eigentliche Köln, fesselt den Blick. Aus dem Häusermeer
tauchen zahlreiche Kirchen auf; aber alle überragt riesenhaft der
majestätische Dom, so daß selbst die hohe Gitterbrücke mit ihren
stolzen Türmen zwerghaft in die Tiefe versinkt. Die feste Rheinbrücke
wird zurzeit durch eine breitere, die an der nämlichen Stelle, neben
der alten, errichtet wird, ersetzt, und außer ihr ist noch eine zweite
feste Brücke, die Südbrücke, im Bau begriffen.

[Sidenote: Köln.]

Von der Landestelle des Dampfers, neben der stets belebten
Schiffbrücke, gelangen wir unmittelbar in das alte Köln, zuerst
auf den Heumarkt, auf dem das Denkmal des Königs Friedrich Wilhelm
~III.~ steht, dann auf den Altenmarkt, den ein Denkmal des berühmten
Reitergenerals Jan von Werth aus dem Dreißigjährigen Krieg, der 1651
starb, in Gestalt eines Monumentalbrunnens schmückt. Wie eine heitere
Sage erzählt, soll Jan früher Knecht gewesen und wegen verschmähter
Liebe Kriegsmann geworden sein. Er wurde ein Reitergeneral, die
Bauersmagd aber saß, als er seinen Einzug in Köln hielt, als Apfelweib
am Stadttor. Zwei Figuren am Brunnen, einen kölnischen Bauer und ein
kölnisches Mädchen aus jener Zeit darstellend, deuten auf diese Sage
hin. Ein plattkölnisches Gedicht, von Kramer verfaßt, aus dem der Leser
die Kölner Mundart kennen lernen möge, erzählt sie in folgender Weise:

    „Zo Köln em ahlen Kümpchens-Hof
    Wunt ens nä Boersmann,
    Dä hat en Mäd, de nannt sich Griet,
    Nä Knäch, dä nannt sich Jan.

    Dat Griet, dat wohr en fresche Mäd,
    Grat we vun Milch un Bloot,
    Dä Jan, dat wohr nä starke Boorsch,
    Dem Griet vun Häzen good.

    Ens säht hä: „Sag,“ esu säht hä:
    „Sag, Griet, bin ich derr räch?
    Nemm mich zom Mann, do bes en Mäd,
    Un ich, ich den nä Knäch.“

    Do säht it: „Jan, do bes nä Knäch,
    Und ich en schöne Mäd:
    Ich well nä däft’gen Halfen han
    Med Oes un Köh un Päd.“

    Un als dä Jan dä Kall gehoot,
    Do trock hä en dä Kreeg,
    Schlog immer düchtig en dä Feind,
    Holf wennen manchen Seeg.

    We widder hä no Köllen kom,
    Sos hä op stolzem Päd,
    Dä Jan dä wohr no Feldmarschall,
    Dä große Jan vun Wäht.

    We widder en de Poz hä kom,
    Sos en der Poz dat Griet,
    It sos vör einem Appelkrom,
    Wo it Kruschteien briet.

    Un als dä Jan dat Griet dät sin,
    Leht stell sing Päd hä stonn.
    Un größten it un säht zo im:
    „Grieht! wer et hät gedonn!“

    Un als dat Griet dä Jan dät sin
    Su blänkig usgeroß,
    Do größt it in un säht zo im:
    „Jo! wär et hät gewoßt!“

    Ehr kölsche Mädchen, merkt üch dat,
    Un sit mer nit so friet,
    Gar mäncher hät et leid gedonn,
    Dat lehrt vum Jan un Griet.“

Vom Altmarkt nehmen wir den Weg nach Westen zum Rathause (Abb. 161),
einem interessanten, auf gewaltigem römischen Unterbau ruhenden
Bauwerk, an dem besonders die zierliche, im Renaissancestil erbaute
Vorhalle und der fünfstöckige Turm, der 1407 bis 1414 mit Strafgeldern
der Adelsgeschlechter erbaut wurde, gelobt werden. In der Nähe liegt
auch der Gürzenich, der alte Festsaal der Stadt Köln. Er wurde 1441
bis 1452 als „der Herren Tanzhaus“ errichtet. Sein Bau kostete damals
80000 Gulden. Viele große Feste wurden im Laufe der Jahrhunderte in
ihm gefeiert. In der Zeit des Niederganges Kölns, im siebzehnten und
achtzehnten Jahrhundert, geriet er so in Verfall, daß er nur noch
als Lagerraum benutzt werden konnte, bis ihn in unserer Zeit die neu
aufblühende alte Hansastadt nach gründlicher Wiederherstellung des
Inneren 1857 wieder seiner früheren Bestimmung übergab.

[Illustration: Abb. 176. Barmen.

Nach einer Photographie von W. Fülle in Barmen. (Zu Seite 178.)]

[Sidenote: Köln. Der Dom.]

Weiter westwärts wandernd, gelangen wir zur Hochstraße, der
Hauptgeschäftsstraße Kölns. Sie ist verhältnismäßig schmal, und um so
mehr tritt der lebhafte Verkehr, der sich zu jeder Tageszeit durch sie
bewegt und in den Mittags- und Abendstunden fast zu stocken droht,
in die Erscheinung. Mancher Fremde hat ein solches Verkehrsbild nie
gesehen und ist von ihm überrascht. Wir schließen uns der flutenden
Menge an und ziehen an den glänzenden Geschäftsläden vorüber, bis wir
auf dem Wallrafsplatz plötzlich gebannt stehen bleiben. Wir stehen fast
unmittelbar vor den gewaltigen Domtürmen (Abb. 162), die riesenhaft
sich recken, zugleich durch ihre reiche und kunstvolle Gliederung
überraschend. Nun stehen wir vor dem prächtigen West-, dem Hauptportal:
Links und rechts je ein Riesenturm, 156 ~m~ hoch. Es fehlen uns völlig
die Maßvergleiche, um solche Höhe richtig zu schätzen. Dort der 40 ~m~
hohe Uhrturm des Bahnhofes, welch ein Zwerg! Daneben die gewaltige, zu
24 ~m~ Höhe sich wölbende Bahnhofshalle, wie tief zur Erde gedrückt!
Wir steigen die Stufen hinan, und nun stehen wir im Inneren des
Domes (Abb. 163). Wie gewaltig sind die Säulen, und doch wie schlank
erscheinen sie, mißt das Auge sie mit der Riesenhöhe! In einen Wald
von Säulen, einem herrlichen Buchenwalde vergleichbar, schauen wir
hinein. Nicht jeder Besucher des Gotteshauses mag das Gefühl, das zum
Himmel reißt, in diesem gotischen Stil empfinden. Aber jener Schweizer,
der beim Anblick des Kölner Domes das Bild seiner Heimatberge
wiedererstehen sah, hat es tief empfunden. „Der Dom ist,“ so schrieb
er in seinen Reisebildern[C], „das Märchen vom versteinerten Wald, so
wunderbar, daß man davor wie ein Stein stillstehen und ganz tiefsinnig
werden könnte ... Wie ein Gebirge erschien mir der Dom, wie ein Gebirge
aus Menschenhand und nach den Gesetzen der Kunst. Eine Zacke trägt und
stützt die andere, jede will höher als die andere ... alles strebt
weltflüchtig empor in die Sonne.“

[Illustration: Abb. 177. Die Schwebebahn in Barmen-Elberfeld.

Nach einer Aufnahme von Gebr. Kremer in Barmen. (Zu Seite 178.)]

[Sidenote: Der Kölner Dom.]

Der Grundstein zu diesem herrlichen Bauwerke, zu dem die Nationen der
Erde hinpilgern, um es staunend zu bewundern, wurde am 14. August 1248
durch den Erzbischof Konrad von Hochstaden gelegt. Erst 632 Jahre
später, im Jahre 1880, konnte das Fest seiner Vollendung gefeiert
werden. So sind Jahrhunderte an dem unvollendeten Bau, der wie ein
Trümmerbild einer vergangenen Glanzzeit Kölns und des deutschen Volkes
dastand, ohnmächtig vorübergegangen. Sie hätten nie gewagt, ein
solches Bauwerk zu beginnen, und waren darum auch außerstande, es zu
vollenden. Als der wirtschaftliche Niedergang der einst so blühenden
Hansastadt an seinem Tiefpunkte angelangt, als Deutschlands politische
Ohnmacht am größten und der Rhein abgerissen war vom deutschen Lande,
da war auch die Herrlichkeit des Kölner Domes am tiefsten gesunken,
damals konnte, in der Zeit der Fremdherrschaft, ein französischer
Bischof sogar Napoleon den Vorschlag machen, die Steinmasse, die nur
noch als Heumagazin diente, doch abtragen zu lassen. Dem deutschen
Volke ist diese Schmach erspart geblieben. Als Köln mit dem übrigen
Teil der Rheinprovinz unter preußische Herrschaft kam, da brach
mit der Zugehörigkeit zu einem großen, gut geleiteten Staatswesen,
mit der Entwicklung des Rheinstroms zu einer großen, einheitlichen
Verkehrsstraße auch wieder, erst langsam, dann schneller, eine neue
Zeit der Blüte an. Mit dem neu erwachenden deutschen Volksgefühl
regte sich auch das Gewissen, die großen Aufgaben, die die Väter
hinterlassen hatten, wieder aufzunehmen. Mahnend ragte der Domkran,
der zum Wahrzeichen der Stadt geworden war, auf, und in den Herzen
kunstbegeisterter Männer begann es sich zu regen. Besonders Sulpiz
Boisserée weckte den schlafenden Volksgeist, und er hatte das Glück,
den König Friedrich Wilhelm ~III.~ und mehr noch den damaligen, für
die Kunst begeisterten Kronprinzen für seine Pläne zu gewinnen. 1824
begann man mit Restaurationsarbeiten in bescheidenem Umfange. Der
Baumeister Zwirner war es, der zuerst mit dem kühnen Gedanken eines
völligen Ausbaues in die Öffentlichkeit trat. Seine Begeisterung
hallte in den Herzen aller Kölner, aller Rheinländer, aller Deutschen
mächtig wider. Ein glücklicher Zufall hatte über dem Kölner Dom
gewaltet. 1814 war in Darmstadt der eine, 1816 in Paris der andere
Teil des Originalaufrisses der Westfassade mit den Türmen aufgefunden
worden, desgleichen im selben Jahre in Paris der Originalgrundriß des
südwestlichen Domturmes nebst der östlichen Ansicht. Die Möglichkeit,
den stolzen Bau so auszuführen, wie er vom ersten Baumeister, man
glaubt vom Meister Gerard von Rile, ersonnen war, stärkte den Mut. Am
4. September 1842 wurde im Beisein des Königs Friedrich Wilhelm ~IV.~
feierlichst der Grundstein zum Weiterbau gelegt, für den im ganzen bis
1880 achtzehnundeinhalb Millionen Mark verausgabt wurden. In diesem
Jahre konnte endlich am 15. Oktober, in Anwesenheit des Kaisers Wilhelm
~I.~ und fast sämtlicher deutscher Fürsten, das Fest der Vollendung
gefeiert werden. Es waren zwei Festtage, der Tag der Einweihung und
der folgende Tag des Festzuges, weihevoller Stimmung, die wie ein
Jugendtraum unauslöschlich im Erinnern ruhen.

[Illustration: Abb. 178. Elberfeld.

Nach einer Photographie von W. Fülle in Barmen. (Zu Seite 179.)]

[Illustration: Abb. 179. Die Ruhmeshalle in Barmen.

Nach einer Photographie von W. Disselhoff in Elberfeld. (Zu Seite 180.)]

Der Dom ist ein fünfschiffiges Langhaus, an den sich ein dreischiffiges
Querhaus setzt. An die äußeren Seitenschiffe des Langhauses schließt
sich ein Halbkreis von sieben Kapellen an, während die inneren
Seitenschiffe um den Hochaltar laufen. Der Flächeninhalt des Domes
beträgt 6166 ~qm~ (des St. Peter in Rom 15160 ~qm~). Im südlichen Turme
hängt die aus französischem Geschützmetall gegossene Kaiserglocke, die
500 Zentner wiegt. In der Michaelskapelle bewundern wir das berühmte,
dreiteilige Dombild (Abb. 2), das die Anbetung der heiligen drei Könige
darstellt; es wurde vor 1450 von Stephan Buchener gemalt. Die Reliquien
der heiligen drei Könige werden in der reichen Schatzkammer des Domes
in einem goldenen Reliquienschrein aufbewahrt. Dieser, ein kostbares
Werk romanischer Goldschmiedekunst, das aus der Zeit zwischen 1190 und
1200 stammt, wurde leider 1794 bei der Flucht vor den Franzosen stark
beschädigt und 1807 ungeschickt wiederhergestellt.

Der Kölner Dom stellt die höchste Vollendung der Richtung des gotischen
Baustils dar, die ihre Entwicklung auf französischem Boden fand und
dort besonders in der herrlichen Kirche zu Reims triumphierte. In
Deutschland gibt es drei rheinische Dome, die die französische Gotik
zum Ausdruck bringen, der Freiburger Dom, dessen Turm der schönste
von allen gotischen Türmen ist, der Straßburger Dom, an dem die
Baugrundsätze der Gotik einheitlicher durchgeführt sind, und dessen
Inneres einen reicheren bildhauerischen Schmuck zeigt, und endlich der
Kölner Dom, mit dessen Plan die Gotik unvermittelt in Köln auftritt, da
die ein Jahr früher begonnene Kirche St. Kunibert noch keine Züge des
Kölner Domes zeigt.

[Sidenote: Alt-Köln.]

Noch viele herrliche Kirchen besitzt Köln, deren Kunstbedeutung
ich hier des Raummangels wegen nicht näher darlegen kann. Ein
hervorragender Kunstkenner äußerte sich einmal, daß er sich nicht recht
entscheiden könne, ob er in bezug auf kirchliche Baukunst Rom oder Köln
den Vorzug geben solle. Das ist ein Urteil, das wohl an die Stelle
einer langen Beweisführung treten darf. Als hervorragende Kirchenbauten
Kölns seien deshalb bloß noch die 1172 geweihte Kirche Groß-St. Martin,
die 1049 von Papst Leo ~IX.~ geweihte Kirche St. Maria im Kapitol,
die Kirche St. Pantaleon, die an Stelle eines älteren Gotteshauses
964 bis 980, angeblich mit Benutzung von Resten der Konstantinschen
Rheinbrücke, erbaut wurde, die sehr interessante Kirche St. Gereon, in
deren Krypta man sehr alte Baureste entdeckt hat, und die stattliche,
im dreizehnten Jahrhundert erbaute Apostelkirche, die sich am Neumarkt,
dem größten Platze Kölns, so prächtig mit ihrem schönen Chorbau erhebt.

[Illustration: Abb. 180. Das Rittershaus-Denkmal in Barmen.

Nach einer Photographie von W. Fülle in Barmen. (Zu Seite 180.)]

[Sidenote: Kölns Geschichte.]

Das malerische Bild des mittelalterlichen Köln (Abb. 164) erstand beim
Anblick der schönen Gotteshäuser in unserem Geiste. Viel unbedeutendere
Spuren hat dagegen das römische Köln, die stolze ~Colonia Claudia
Augusta Agrippinensis~, die mit nur wenigen anderen Kolonien das ~ius
italicum~, das römische Recht der Vollbürger besaß, hinterlassen. Im
Jahre 38 v. Chr. war Köln gegründet worden, als der deutsche Volksstamm
der Ubier vom rechten auf das linke Rheinufer übersiedelte. Der Ort
erhielt durch die Errichtung der ~Ara Ubiorum~ (Altar der Ubier) eine
hohe religiöse Bedeutung. Die Gründung der römischen Kolonie, die eine
sogenannte Veteranenkolonie war, erfolgte 51 n. Chr. Wenn auch keine
bedeutenden Baureste von jenem römischen Köln mehr vorhanden sind,
so haben doch die Ausgrabungen genügenden Aufschluß über dasselbe
gegeben. Die römische Stadtmauer lief in etwa rechteckiger Form vom
Domplatze über die Burgmauer, die St. Apern- und Gertrudenstraße, den
Mauritiussteinweg, die Alte Mauer am Bach, Blaubach, die Hochpforte und
die Hochstraße. Sie war in bestimmten Abständen von Türmen nach Art des
erhaltenen Römerturmes flankiert und von Toren durchbrochen, von denen
die Porta Paphia, deren Reste an der Westseite des Domes festgestellt
wurden, wohl das stattlichste war. Es fehlte nicht an monumentalen
Bauten, Verwaltungsgebäuden, Termen und Tempeln, wie zahlreiche, im
Wallraf-Richartz-Museum aufgestellte Überbleibsel aus dem bildsamen
Jurakalkstein beweisen. Ein Jupiter- und ein Merkurtempel sind durch
Inschriften bezeugt. Auch ansehnliche Privatbauten waren vorhanden, wie
sich aus Resten kunstreicher Mosaiken und Wandmalereien und aus Funden
von Zentralheizungen und Badeeinrichtungen ergibt. Eine großartige
Wasserleitung führte klares Gebirgswasser aus der Eifel herbei. Der
sogenannte Römergang, den man noch heute besichtigen kann, war eine
aus Tuffstein sauber ausgeführte Kloake zur Wegführung der Abwässer.
Die meisten Privathäuser hat man sich als Fachwerkbauten zu denken.
Von römischer Kultur zeugt auch die Art der Götterverehrung und der
Ehrung der Toten. An den Hauptstraßen vor den alten Toren sind große
Gräberfelder aufgedeckt worden. Dort reihte sich zu beiden Seiten der
Straße Grab an Grab. In den beiden ersten Jahrhunderten der römischen
Herrschaft wog die Verbrennung, in den beiden letzten die Bestattung
vor. Schöne Erbbegräbnisse sind in Weiden und jüngst in Effern
aufgedeckt worden. In der Regierungszeit Konstantins des Großen erhielt
Köln auch eine feste Rheinbrücke, die später von den Normannen zerstört
wurde.

Das römische Köln sank nach vierhundertjähriger Dauer in Trümmer, und
ein fränkisches trat an seine Stelle. Die Ausbreitung des Christentums
gab diesem sein politisches und, durch die große Zahl der Kirchen,
auch sein äußeres Gepräge; auf Handel und Gewerbe aber stützte sich
seine Machtstellung. Trotz der steten Streitigkeiten zwischen der
Stadt und den Erzbischöfen, die später ihre Residenz nach Brühl und
bald nach Bonn verlegten, sowie zwischen den Adelsgeschlechtern und
den Zünften blühte Köln immer mehr auf. Es war eins der angesehensten
Mitglieder des Hansabundes und machte eine Zeitlang Lübeck den ersten
Rang streitig. Dem Umstande, daß sich in ihm die westöstlichen Wege des
Landverkehrs mit der Schiffahrtslinie des Stromes kreuzten, verdankte
es hauptsächlich sein mächtiges Emporblühen im Mittelalter, einem
Umstande, der auch die neue Blüte in unserer Zeit wieder hauptsächlich
bedingt.

Der Niedergang Kölns begann mit dem sechzehnten Jahrhundert und wurde
vorwiegend durch die Verschiebung der Welthandelswege hervorgerufen.
Es war ein tiefes Herabsteigen von der stolzen Höhe des Reichtums und
des Ansehens. Es leerte sich die Stadt von Menschen, und ihr äußeres
Gepräge wurde ärmlich. Von 150000 sank die Einwohnerzahl auf 40000.
Ein Viertel der inneren Stadt war in Weinberge umgewandelt worden.
Von dem Weine, der in diesen gezogen wurde, sagt ein Bericht, daß er
„weder geeignet zum Verführen (= Verhandeln) noch zum Aufbewahren“ war.
Scharen von Bettlern umlagerten den ruinenhaft aufragenden Dom. In den
Straßen wuchs lustig das Gras. Das war nicht mehr die Stadt, von der es
im Mittelalter hieß:

    ~Coellen eyn kroin,
    Boven allen stedden schoin.~

[Sidenote: Neu-Köln. Kölner Karneval.]

Im Vergleich hierzu das glanzvolle Bild des heutigen Köln: Die
Wandlung ist fast nicht zu begreifen. Die Einwohnerzahl ist auf
über 450000 gestiegen. Überall treten uns die Zeichen einer
kraftvollen Entwicklung entgegen. Die Altstadt hat ihr Bild völlig
verändert und verändert es täglich noch mehr. Die Stadterweiterung
schuf die prächtige Neustadt. Die Ringstraße (Abb. 165), auf der
das Reiterstandbild Kaiser Wilhelms ~I.~ (Abb. 166) aufgestellt
wurde, gehört zu den schönsten Straßenanlagen der Welt. Von anderen
Sehenswürdigkeiten Kölns seien noch das Wallraf-Richartz-Museum, wo
man unter den Werken der Altkölnischen Malerschule besonders auf das
aus dem fünfzehnten Jahrhundert stammende Bild Madonna im Rosenhag
(Abb. 167) achten möge, das in Knackfuß’ Deutscher Kunstgeschichte „das
lieblichste Werk dieser Zeit“ genannt wird, ferner die alten Torburgen
(Abb. 168), die ebenfalls Museumszwecken dienen, das Bismarck- und das
Moltkedenkmal, das neue Hauptpostgebäude (Abb. 169), der Zoologische
Garten, die Flora, der Volksgarten und der große Stadtwald zu nennen.

[Illustration: Abb. 181. Rathaus und Jan Wellem-Denkmal in Düsseldorf.

Nach einer Photographie von C. Heise in Düsseldorf. (Zu Seite 182.)]

Wir können die Erörterung über Köln nicht gut ohne ein Erinnern an den
Kölner Karneval schließen. Lange Zeit hatte dieses alte Volksfest,
bei dem der rheinische Frohsinn am ungestümsten hervorbricht, infolge
der Ungunst wirtschaftlicher und politischer Verhältnisse geschlafen.
Als anfangs der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts eine Wendung
zum Bessern sich fühlbar machte, da erwachte es von neuem, um sich
bis heute zu behaupten. Im Jahre 1823 wurde der Kölner Karneval in
seiner heutigen Form ins Leben gerufen. Es bildete sich die Große
Karnevalsgesellschaft, und die Veranstaltung eines Festzuges am Montag
wurde ins Programm aufgenommen. Viele kleinere Karnevalsgesellschaften
entstanden noch später und entstehen noch jedes Jahr; aber die „Große“
steht doch im Mittelpunkt des ganzen Festes. Schon mit Neujahr beginnen
die karnevalistischen Sitzungen. Es gilt, den größten Menschenfeind,
den Griesgram, der sich während des Jahres überall eingenistet hat, im
Herzen aufzuspüren und mit den Waffen des Witzes und ulkigen Spottes
zu bekämpfen. Die besten Redner werden in „de Bütt“ geschickt. Gelingt
ihnen ein treffender Witz über irgendein Ereignis des Jahres oder des
Lebens überhaupt, so lohnt tosender Beifall die Rede. Von Mund zu
Mund pflanzt sich das neue Schlagwort fort, das bald auf allen Lippen
ist, mit dem man jeden Bekannten begrüßt. Im ganzen öffentlichen
Leben und ebenso im Familienleben ist zu erkennen, daß Köln unter dem
Zeichen des Karnevals steht. Auch der bunte Schaufensterschmuck vieler
Geschäfte sagt es uns. Allmählich rückt die Zeit des eigentlichen
Karnevals heran. Drei Tage, Sonntag, Montag und Dienstag vor Beginn der
Fastenzeit, dauert der Festestrubel. Alle Leute, jung und alt, reich
und arm, geben sich einer tollen Freude hin. Schon Donnerstag vorher
ist die sogenannte Weiberfastnacht, besonders von den Marktfrauen
des Altenmarkt, gefeiert worden. Der große Festzug, der am Montage
durch die Stadt zieht, lockt viele Tausende von auswärts an. Auf dem
Neumarkt, von wo er ausgeht, und in den Straßen, die er passiert, wogt
eine ungeheure Menschenmenge, die in den späteren Tagesstunden einen
ohrenbetäubenden Lärm macht. In dem Zuge kehren einzelne, historisch
gewordene Gruppen alljährlich wieder, so der Köllsche Boor (Abb. 170),
Till Eulenspiegel, die Kölner Funken, Alaaf Köln und Prinz Karneval,
dessen Wagen sich gewöhnlich durch seine reiche Pracht auszeichnet.
Die übrigen Wagen stellen gewöhnlich irgendeinen leitenden Gedanken,
die große Idee des Fastnachtszuges dar. Fremde, die zum erstenmal den
wilden Fastnachtstrubel sehen, können sich eine solche Volksstimmung
anfangs gar nicht erklären. Dieselbe setzt eben rheinischen Frohsinn
und einen dem echten Kölner angeborenen Mutterwitz voraus. Am besten
hat den Kölner Karneval Goethe begriffen, der dem Großen Rat mit den
Verschen antwortete:

    Auch dem Weisen fügt behäglich
    Sich die Torheit wohl zur Hand,
    Und so ist es ganz verträglich,
    Wenn er sich mit euch verband ...

    Löblich wird ein tolles Streben,
    Wenn es kurz ist und mit Sinn;
    Heiterkeit zum Erdenleben
    Sei dem flücht’gen Rausch Gewinn!

       *       *       *       *       *

[Sidenote: Das Bergische Land.]

Wir scheiden von Köln, um noch in dem schönen Bergischen Lande
kurze Umschau zu halten. Nicht bloß die Schönheit der Natur und
Erinnerungsstätten der Vergangenheiten locken uns dorthin. Fast mehr
noch treibt es uns, die Wunderbauten zu schauen, die ein tüchtiges
Geschlecht in jüngster Zeit dort errichtet hat.

Unter dem Bergischen Land versteht man das Gebiet, das von der
Wupper, die etwa 12 ~km~ unterhalb Köln rechts in den Rhein mündet,
bewässert wird. Nach Südosten geht dasselbe in das Oberbergische, das
seine Bäche zur Sieg sendet, und nach Osten in das Sauerland über.
Dieser letztere Name, der soviel als Süderland heißt und wohl von den
nördlicher wohnenden Münsterländern stammt, wird in den geographischen
Lehrbüchern meist zur Bezeichnung des ganzen Gebietes, das im Süden
von der Sieg, im Nordosten und Norden von der Ruhr und im Westen von
der Rheinebene umgrenzt wird, gebraucht. Die Bewohner des Bergischen
Landes aber spotten über eine Verallgemeinerung des Namens Sauerland
und sagen sehr richtig, das Sauerland wäre eine ganz andere Gegend als
ihr schönes Bergisches Land. Wer im Wuppergebiet von Sauerland spricht,
wird ausgelacht. Ich meine, man müsse sich darüber freuen, daß das Volk
den Namen der Heimat hoch hält und nicht in der Eifel, im Hunsrück, im
Sauerland wohnen will, selbst wenn es gedruckt so in geographischen
Lehrbüchern steht.

[Sidenote: Remscheid. Solingen.]

Der Name „Bergisches Land“ ist eine wirklich zutreffende Bezeichnung.
Der stete Wechsel zwischen Berg und Tal gibt dem Gebiete sein
eigenartiges Gepräge. Die zahlreichen Täler und Tälchen sind meist
tief, viele schluchtenartig eingeschnitten. Wald, Wiese und Äcker
wechseln miteinander ab, und überall liegen Gruppen von Häusern, bald
in die Talmulden gebettet, bald die luftige Höhe erkletternd. Aus dem
steten Wechsel der Bodenform, des Pflanzenkleides und der reichen
Besiedelung entsteht das eigenartige Gesamtbild des Bergischen Landes,
das so völlig verschieden ist von den eintönigen und menschenleeren
Hochflächen des Hunsrück und der Eifel. Es kehrt überall wieder,
gleichviel in welchem Teile wir das Bergische Land durchstreifen,
aber niemals wirkt es ermüdend, immer überraschen die Einzelheiten,
die Wendungen der Tälchen, die Staffage der Höhen, besonders die
malerischen Gruppierungen der zierlichen und freundlichen Häuschen, die
meist mit Schiefer gedeckt und auf der Wetterseite auch mit Schiefer
bekleidet sind. Für eine der schönsten Aussichten, von manchen für
die schönste im ganzen Bergischen Lande wird der Rundblick gehalten,
den man von den Anlagen in Remscheid (Abb. 171), das in dem von der
Wupper auf drei Seiten umflossenen Viereck liegt, genießt: „Nach
Norden[D] umgibt uns ein reicher Kranz von Ortschaften. Überall lugen
die Häusergruppen und die Kirchtürme aus Berg und Tal, zwischen den
dunkleren Waldflecken und den helleren Acker- und Wiesenflächen hervor.
Nach Nordosten schauen wir hinab in das Moosbach- und das Wuppertal,
die wie dunkle Schluchten erscheinen. Hoch ragt der Bogen der berühmten
Kaiser Wilhelm-Brücke bei Müngsten (Abb. 172), die mit 170 ~m~
Spannung, bei einer Länge von 500 ~m~ und einer Höhe von 107 ~m~, sich
hoch über die Schlucht des Wuppertales wölbt, der Bahn von Remscheid
nach Solingen einen Weg bietend. In der Ferne tauchen die zerstreuten
Häusergruppen von Solingen (Abb. 173) auf. Über die westlichen und
südwestlichen Höhen öffnet sich der Blick auf die Rheinebene. Von
Düsseldorf bis Köln, dessen Domtürme deutlich hervortreten, können
wir diese überblicken, und fern im Süden tauchen gar die Kuppen des
Siebengebirges und der Eifel empor. Nach Osten endlich breitet sich das
ausgedehnte, von dem Wasserturm hoch überragte Häuserbild von Remscheid
vor uns aus.“

[Illustration: Abb. 182. Städtische Kunsthalle und Bismarck-Denkmal in
Düsseldorf.

Nach einer Photographie von C. Heise in Düsseldorf. (Zu Seite 182.)]

[Sidenote: Remscheid und Solingen.]

Die beiden Städte Remscheid (65000 Einw.) und Solingen (50000 Einw.)
sind die Hauptsitze der so berühmten Eisen- und Stahlindustrie des
Bergischen Landes. In Solingen soll die Kunst, Schwerter zu schmieden,
der Überlieferung gemäß, durch den Grafen Adolf ~IV.~ von Berg, der sie
auf dem zweiten Kreuzzug in Damaskus kennen gelernt hatte, eingebürgert
worden sein. Die Grafen von Berg taten viel für die junge Industrie.
Graf Adolf Wilhelm verlieh ihr viele Vorrechte, er erhob Solingen zur
Stadt und befreite sie von allen Abgaben. Schon im Mittelalter waren
die Solinger Klingen sehr berühmt und auf den Handelsplätzen fast der
ganzen Erde eine gesuchte Ware. Erst 1809 wurden die Vorrechte der
Solinger Waffenschmiede, der Härter, Schleifer, Messermacher, Kreuz-
und Knopfschmiede, aufgehoben. Der freie Wettbewerb, der damit begann,
hat der Industrie nicht geschadet. Dieselbe fußt jetzt auf einer
jahrhundertelangen Schulung, auf einer gleichsam übererbten Fertigkeit
und Tüchtigkeit, und zugleich wird ihr Betrieb sehr begünstigt durch
die Natur des Bergischen Landes, durch dessen Reichtum an sprudelnden
Bächen. Da das nach Osten ansteigende, also dem vom Atlantischen Ozean
kommenden Wolkenzuge zugekehrte Land eine bedeutende Regenmenge,
jährlich 900 bis 1000 ~mm~, empfängt, sind die Bäche nicht bloß
zahlreich, sondern fast während des ganzen Jahres auch wasserreich.
Ferner zeichnen sie sich durch ein bedeutendes Gefälle aus. So konnten
überall in den schluchtenartigen Tälchen unzählige Schleifkotten
angelegt werden. In diesen verrichten die Schleifer ihre harte und
mühselige Arbeit. Die Schmiedemeister hatten keine Veranlassung, sich
in den tiefen Tälern anzusiedeln; sie bevorzugten die Bergeshöhe.
Von blumigen Gärtchen meist umgeben, liegen dort ihre Wohnungen und
Werkstätten. Laute Hammerschläge hallen von allen Seiten an unser Ohr,
und wenn der Abend dunkelt, leuchten ringsumher, auf allen Höhen, die
flackernden Feuer auf, die dunkeln Männergestalten, die den Hammer
schwingen, grell beleuchtend. Durch die Gunst der Verhältnisse hat die
Solinger Industrie, die außer allerlei Hieb- und Stichwaffen und den
verschiedensten Arten von Messern auch Gabeln, Scheren, Korkzieher,
Sporen und Bügeln für Geld-, Zigarren- und Reisetaschen liefert, ihren
alten Ruf bis heute bewahren können. „Alles,“ so sagte einmal etwas gar
selbstbewußt ein Engländer, „können wir in England besser machen als in
Deutschland, nur nicht Solinger Klingen.“

Auch in Remscheid wurde ursprünglich hauptsächlich das Schmieden von
Schwertern betrieben. Graf Adolf ~VII.~ von Berg (1256 bis 1295) führte
die Schmiedekunst daselbst ein, indem er zahlreiche französische
Kolonisten, im ganzen etwa 2000 Familien, in sein Land zog. Später
erhielten diese noch einen bedeutenden Zuwachs von französischen
Hugenotten. Letztere waren intelligente Leute, die auch die Herstellung
von anderen Eisen- und Stahlwaren versuchten und viele neue Artikel,
wie Handwerkszeuge, Schlösser, Hausgeräte usw. in die Remscheider
Industrie einführten. Diese wurde dadurch immer vielseitiger. Das
Schmieden von Waffen trat allmählich ganz in den Hintergrund. Die Art
der Eisen- und Stahlwaren, mit deren Verfertigung man sich vorwiegend
beschäftigte, bedingte auch eine Änderung der Betriebsweise. Während
in Solingen sich eine immer weitergehende Arbeitsteilung ausbildete,
trat in Remscheid zu dem Kleinbetrieb in Werkstätten der Großbetrieb
in Fabriken. Indem sich die Remscheider Industrie in stärkerem Maße
auf die Maschinenarbeit stützen konnte, erlangte sie eine bedeutende
Ausdehnung. Der Wert ihrer Erzeugnisse wird auf jährlich 35 bis 40
Millionen Mark geschätzt.

[Sidenote: Siedelungsweise. Talsperren.]

Die beiden Städte Solingen und Remscheid sind weit auseinander gebaut;
nur ein kleiner Teil der Häuser schart sich dichter zusammen. Wir
erkannten, daß die alte Eisen- und Stahlindustrie diese zerstreute
Besiedelungsweise bedingte. Wir finden dieselbe jedoch auch in den
übrigen Teilen des Bergischen Landes, wo jene Industrie sich nicht
verbreitete. Sie ist also eine allgemeine Landessitte, die das
Bergische Land mit dem größten Teile Westfalens und mit anderen
Gegenden Deutschlands teilt. Die Siedelungsweise der Einzelhöfe
hat keltischen Ursprung, das Wohnen in Dorfschaften, sogenannten
Gewanndörfern, wie wir es im größten Teile Rheinlands antreffen, ist
germanische Sitte. Man muß annehmen, daß dort, wo die alte keltische
Besiedelung bestehen blieb, die Einwanderung der germanischen Stämme
sich allmählich und auf friedlichem Wege vollzog, dagegen dort, wo die
germanische Besiedelungsweise eingeführt wurde, die Verdrängung der
keltischen Völker auf gewaltsamem Wege stattfand.

[Illustration: Abb. 183. Königl. Kunstakademie in Düsseldorf.

Nach einer Photographie von C. Heise in Düsseldorf. (Zu Seite 182.)]

Wie in der Solinger und Remscheider Gegend zahlreiche Schleifkotten in
den Tälern angelegt wurden, so entstanden in andern Gegenden an diesen
noch mancherlei gewerbliche Betriebe, welche die Wasserkraft ausbeuten,
wie Spinnereien, Webereien, Tuchfabriken usw. Für das Bergische Land
haben die Wasserkräfte der Bäche eine ähnliche Bedeutung wie für das
Ruhrgebiet, wo das Großeisengewerbe blüht, die Kohlenschätze haben.
Dies hat man in jüngster Zeit in vollem Umfange erkannt, und das
Streben ist überall darauf gerichtet, aus der Wasserkraft der Bäche
einen möglichst großen Nutzen zu ziehen. Durch die Anlage von großen
Stauweihern, sogenannten Talsperren, sucht man das in der regenreichen
Jahreszeit überflüssig abfließende Wasser zurückzuhalten und für die
trockenen Monate aufzusparen. An der Sperrmauer kann ferner eine neue,
bedeutende Wasserkraft ausgenutzt werden. Andere Vorteile, die der
Bau von Talsperren verheißt, sind die Verhütung von Überschwemmungen
am Unterlaufe der Gewässer und die Versorgung der Städte mit gutem,
noch nicht durch gewerbliche Anlagen verunreinigtem Wasser. Im
Bergischen Land sind zahlreiche Talsperren bereits erbaut worden oder
im Bau begriffen. Die erste, welche fertiggestellt wurde, war die bei
Remscheid im Eschbachtal gelegene. Ihr Erbauer ist Professor Intze aus
Aachen. 1891 war die Anlage, die 1000000 ~cbm~ Wasser zu fassen vermag
und den unterhalb gelegenen Hammerwerken und Schleifkotten täglich 6000
~cbm~ Wasser liefert, fertig. Der blinkende Wasserspiegel, auf den man
von der Terrasse des Restaurationsgebäudes einen schönen Blick genießt,
ist zugleich ein neuer Schmuck der Remscheider Gegend.

[Sidenote: Burg. Altenberg. Elberfeld, Barmen.]

Wenn wir dem Eschbachtale, in dem die Remscheider Talsperre liegt,
abwärts folgen bis zur Einmündung in das Wuppertal, so gelangen wir,
nach etwa einundeinhalbstündiger Wanderung, zu dem Städtchen Burg, das
von dem gleichnamigen Schlosse (Abb. 174), dem alten Stammsitze der
Grafen von Berg, überragt wird. Sowohl die landschaftliche Schönheit
der Gegend als auch das Interesse für den alten Herrschersitz des
Bergischen Landes locken alljährlich zahlreiche Besucher dorthin.
Dieses Interesse ließ im Jahre 1887 auch eine Vereinigung von Männern
aus allen bergischen Städten entstehen, die den Wiederaufbau des
einst so stolzen, aber allmählich zur Ruine gewordenen Schlosses
ins Werk setzte. Sein erster Erbauer im Jahre 1118 war Graf Adolf
~III.~; Engelbert ~I.~ ließ es mit Mauern und Türmen versehen und
den herrlichen Palas, den ersten gotischen Profanbau in Deutschland,
aufführen, so daß die Feste gar stattlich über das Land hinwegschaute.
Nur bis 1298 wohnten die Grafen von Berg ständig in Burg. Sie verlegten
ihre Residenz nach Düsseldorf und weilten nur noch zeitweise auf ihrem
Stammschlosse, das vielfach umgebaut wurde. Der kaiserliche Oberst von
Plettenberg zerstörte den schönen Bau nach dem Friedensschlusse des
Dreißigjährigen Krieges. Der prächtige Palas litt damals zwar wenig,
und nur das alte Dach mit den malerischen Aufbauten büßte er ein.
Noch größere Veränderungen vollzogen sich im Innern. Die Romantik des
Rittertums mußte der Prosa des werktätigen Lebens Platz machen. Der
Palasbau wurde nacheinander als Deckenfabrik, Roßmühle, Wollspinnerei
und Schule benutzt. Unsere Zeit steht den Erinnerungsstätten der
Geschichte mit größerer Pietät gegenüber. Sie sah auch Schloß Burg in
altem Glanze wiedererstehen wie so manche andere Burgen am Rhein und
an der Mosel. Der Architekt Fischer leitete den Wiederaufbau, für den
reiche Mittel flossen, als der Aufruf hierzu durch das Bergische Land
ging. Im Düsseldorfer Archiv war eine alte Zeichnung vom Baumeister und
Geographen Ploennis aus dem Jahre 1765 aufgefunden worden, und so war
es möglich, den stolzen Bau ziemlich genau in seiner einstigen Gestalt
wiederherzustellen.

Auch eine Perle kirchlicher Baukunst besitzt das Bergische Land. In
stiller Waldeseinsamkeit des schönen Dhüntales, des größten Nebentales
der Wupper, liegt der Altenberger Dom (Abb. 175), die würdige
Schwesterkirche des Kölner Doms. Die Kunstkenner sind entzückt von
der feinen Gotik jenes Bauwerkes, zu dem der Grundstein 1255, also
sieben Jahre nach Beginn des Kölner Dombaues, gelegt wurde. 1379 stand
der Altenberger Dom als Kirche einer 1133 von den Brüdern Adolf und
Eberhard Grafen von Berg gegründeten Zisterzienserabtei fertig da.
Er ist ein turmloser, dreischiffiger Riesenbau mit fünfschiffigem
Chor und Kapellenkranz. Für seine Erhaltung und Verschönerung ist in
verdienstvoller Weise der Altenberger Domverein tätig.

[Sidenote: Die Wuppertaler Schwebebahn.]

Unser letztes Reiseziel im Bergischen Lande sei die im engen Wuppertal
gelegene Doppelstadt Elberfeld (170000 Einw.) und Barmen (160000
Einw.) (Abb. 176). Wenn wir auf der Eisenbahnlinie Köln-Elberfeld
plötzlich hinter Vohwinkel, nachdem wir schon von Ohligs ab viele
kleine Tälchen des Bergischen Landes durchquert haben, in dessen
größtes Tal, in das tief eingeschnittene Wuppertal einbiegen, bietet
sich uns ein überraschender Anblick dar. Dichte Häusermassen drängen
sich in das Bild, hochragende Fabrikschornsteine wetteifern mit den
steilen Talwänden an Höhe, tief unten fließt die dunkel gefärbte Wupper
und über ihr von Häusern und Fabriken engumschlossenes Bett zieht
sich ein eigentümliches Eisengerüst, das, auf schräg gerichteten,
eisernen Trägern ruhend, den Schlangenbiegungen des Flusses folgt.
Noch haben wir den Sinn dieses Bauwerkes nicht klar erfaßt, da huscht
ein großer Gegenstand aus der Ferne heran. Er bewegt sich eilig, und
wie er näher kommt, erkennen wir einen mit Menschen dicht besetzten
Wagen, der in der luftigen Höhe schwebend unter dem Eisengerüste
dahinfährt. Es ist die von Kommerzienrat Lange erdachte Schwebebahn
(Abb. 177), eine von den Wunderbauten des Bergischen Landes, die
sich den anderen, der Kaiser Wilhelms-Brücke bei Müngsten und den
Talsperren, würdig anreiht, und auf die die Wuppertäler so stolz
sind. Die Schaffung einer geeigneten Verkehrsanlage in dem engen,
dicht besiedelten Wuppertale war eine schwierige Aufgabe, die durch
die Schwebebahn in einer trefflichen Weise gelöst wird. An Böcken
ist eine starke Schiene freischwebend aufgehängt. Auf dieser Schiene
rollen die Spurräder. Je zwei hintereinander befindliche Räder sind an
einem Rahmen angeordnet, von dem überaus kräftig gebaute ~D~-förmige
Träger ausgehen. An diesen sind die Wagenkästen so aufgehängt, daß
deren Schwerpunkt genau senkrecht unter die Schiene zu liegen kommt.
Durch Verwenden von Drehzapfen wird es ermöglicht, daß selbst sehr
lange Wagen außerordentlich kleine Kurven machen können. Auf Grund
dieses Prinzips ergeben sich folgende Vorteile der Schwebebahnen: Die
Gleisanlagen, sowie die ganzen Bahn- und Tragekonstruktionen werden
sehr viel leichter, einfacher und billiger als die Konstruktion von
Hochbahnen mit Doppelschienen; eine Schwebebahn nimmt nicht entfernt
in dem Maße, wie dies z. B. bei elektrischen Hochbahnen der Fall ist,
den Straßen Licht und Luft; es können die Wagen, weil sie hängen,
durch seitliches Ausschwingen der Zentrifugalkraft nachgeben, und sie
stellen sich bei jeder Geschwindigkeit immer genau nach der tatsächlich
eintretenden Zentrifugalkraft schief; infolgedessen können selbst die
engsten Krümmungen mit beliebiger Geschwindigkeit durchfahren werden
und ist überhaupt eine bedeutendere Steigerung der Geschwindigkeit als
bei andern Bahnen möglich. Den rührigen Wuppertälern aber gebührt der
Ruhm, das Wagestück der ersten Verkehrsanlage dieser Art versucht zu
haben.

[Illustration: Abb. 184. Der Malkasten in Düsseldorf, Gartenseite.

Nach einer Photographie von C. Heise in Düsseldorf. (Zu Seite 183.)]

[Illustration: Abb. 185. Provinzial-Ständehaus in Düsseldorf.

Nach einer Photographie von C. Heise in Düsseldorf. (Zu Seite 183.)]

[Sidenote: Elberfeld und Barmen.]

In einer Länge von fast 10 ~km~ zieht sich das Häuserbild der beiden
Städte Elberfeld (Abb. 178) und Barmen in dem engen Wuppertal von
Westen nach Osten hin. Raum für breite und schöne Straßenanlagen und
schmückende Plätze war wenig vorhanden. Auch die zahlreichen Fabriken,
die meist längs des Wupperlaufes angelegt wurden, gereichen dem äußern
Bilde nicht zum Vorteil. Ihre Verwaltung ist jedoch eifrigst bestrebt,
dieses durch Prachtbauten immer mehr zu verschönern. Elberfeld, das als
die schönere Stadt gelten muß, hat jüngst noch das prächtige Rathaus,
Barmen die schöne Ruhmeshalle (Abb. 179) festlich eingeweiht. In der
letzteren Stadt wurde auch dem Dichter Emil Rittershaus ein Denkmal
(Abb. 180) gesetzt. Historische Bauten fehlen aber hier wie dort;
denn beide Städte sind noch verhältnismäßig jung. Der Name Elberfeld
soll von geheimnisvoll schaffenden, neckischen Geistern des Waldes
und Feldes herkommen. Ursprünglich bezeichnete er, wie Hengstenberg
schreibt, einen Hof, der im zwölften Jahrhundert zu Köln gehörte und
1176 in den Pfandbesitz des Grafen Engelbert von Berg kam, aber erst
im fünfzehnten Jahrhundert mit dieser Grafschaft vereinigt wurde.
Als einwandernde Protestanten das Gewerbe des Garnbleichens und
Garnhandels, das im Wuppertale schon im fünfzehnten Jahrhunderte eine
gewisse Bedeutung hatte, zu großer Blüte brachten, begann der Ort, der
1618 Stadtrechte erhielt, aufzublühen. Dem nämlichen Gewerbe verdankte
Barmen sein Emporkommen. Sein Name wird schon im elften Jahrhundert in
einem Heberegister des Klosters Werden genannt. 1245 kam es zu Berg,
und vom vierzehnten Jahrhundert bis 1807 gehörte es zum Amte Beyenburg;
doch war es schon seit dem vierzehnten Jahrhundert eine Freiheit, mit
selbständiger bürgerlicher Verwaltung und einem eigenen Hofesgerichte.
Nach Beginn der preußischen Herrschaft, also von 1815 an, blühte Barmen
so schnell auf, daß es die ältere Nachbarstadt zu überflügeln schien.
Anfangs der siebziger Jahre hatte es tatsächlich mehr Einwohner als
diese, bis Elberfeld durch die Eingemeindung von Sonnborn den Vorrang
wieder erlangte. Das schnelle Wachstum der beiden Städte erkennen wir
aus folgenden Zahlen: sie zählten zusammen 1815 40000, 1861 106000,
1890 242000, 1900 300000 und 1905 330000 Einwohner.

[Illustration: Abb. 186. Das Münster zu Aachen, von der Nordseite
gesehen. (Zu Seite 184.)]

[Sidenote: Wuppertaler Industrie.]

Das Aufblühen der Garnbleicherei im Wuppertale lag in einer besondern
örtlichen Gunst begründet. Da das Wasser der Wupper etwas kalkhaltig
ist, war es zum Garnbleichen wohl geeignet. Dieses aber konnte auf
den grünen Wiesen, die den Fluß säumten, geschehen. Das Gewerbe
nahm einen bedeutenden Aufschwung, als den beiden Orten Elberfeld
und Barmen das alleinige Recht des Bleichens und Zwirnens von Garn,
sowie des Garnhandels verliehen wurde. Es begann sich zunftartig als
Garnnahrung auszubilden. An der Spitze derselben stand der Garnmeister.
Es lag nahe, daß als die Elberfelder und Barmener Garne immer mehr
Weltruf erlangten, sich auch früh die Leinwandweberei einbürgerte.
Aber nur eine Zeitlang blühten diese Gewerbe. Je stärker sich das
Wuppertal besiedelte und je höher die Löhne stiegen, desto mehr
schwanden frühere Vorteile. Mutig wandten sich da die Wuppertäler
andern Fabrikationszweigen zu, zuerst dem Baumwollgewerbe, das aber
zu schwer gegen den englischen Wettbewerb ankämpfen mußte, dann
dem Seidengewerbe, das seine Bedeutung in der Mitte des vorigen
Jahrhunderts einbüßte, und zuletzt dem Wollgewerbe, das heute noch
blüht. Andere Industriezweige hatten sich daneben entwickelt, so
die Färberei, besonders die Türkischrotfärberei, die 1784 aufkam,
die chemische Industrie, die Knopfverfertigung, die Riemendreherei
und andere. Die Industrie der beiden Städte ist längst nicht mehr
gleichartig. In Elberfeld werden vorwiegend die Herstellung von
wollenen Geweben der verschiedensten Art, die chemische Industrie und
die Kattunfärberei, in Barmen die Bandwirkerei, Riemendreherei und
Knopfverfertigung, deren Erzeugnisse als „Barmer Artikel“ in den Handel
kommen, betrieben.

Rastlose Arbeit ist der Tagesruf, der uns im Wuppertal überall, aus
den menschenbesetzten und von Maschinengeräusch erfüllten Fabriken,
aus den Arbeitszimmern der Kaufleute und aus der Menge der zur
Arbeitsstätte hineilenden Arbeiter, entgegenhallt. Wenn aber die
Wuppertäler frei sich fühlen vom harten Druck der Arbeit, dann steigen
sie empor zu den waldigen Höhen, die das Tal eng umschließen, und auf
denen sie, entrückt dem Dunstkreise und dem Rauchschleier der beiden
großen Städte, frei atmen können in herrlicher Bergluft. Die Abhänge
von einigen Höhen sind mit schönen Anlagen geschmückt, auf allen aber
leiten hübsche Promenadenwege den Wanderer zu den Aussichtspunkten hin.
Von Barmen aus erreichen wir auf der südlichen Bergwand den Toelleturm.
Wir überschauen das Wuppertal mit seinem endlosen Häuserbild und
blicken auch weit in das Bergische Land hinein. Im Südosten säumen die
Linien des Ebbe-Gebirges den Horizont, nach Norden reicht der Blick
bis zum Vincketurm bei Hohensyburg, und im Westen blitzt an einer
Stelle der helle Spiegel des Rheines auf. Durch den Barmer Wald weiter
wandernd nach Westen, gelangen wir zur Kaiser Friedrich-Höhe, wo wir
ziemlich in der Mitte über dem langgezogenen Häusermeer der beiden
Städte stehen. Wieder ein anderes Bild entfaltet sich uns auf den
Höhen, die im Westen von Elberfeld, nördlich und südlich, aufsteigen.
Wir blicken nach Osten in die Längsrichtung des ganz von Häusermassen
angefüllten Wuppertales. Im Nebel der Ferne verschwinden die letzten
Häusergruppen. Nach Westen aber dehnt sich endlos die weite Rheinebene
mit ihren Städten, Dörfern und einzelnen Gehöften aus, und mehr als an
einer Stelle blinkt der Spiegel des Rheines auf.

Der Eisenbahnzug entführt uns aus dem Wuppertale, er eilt westwärts
durch die Rheinebene, deren Bild wir von der Höhe schauten, ein großes
Stadtbild erscheint vor uns, und bald fahren wir in den Hauptbahnhof
von Düsseldorf ein.

[Sidenote: Düsseldorf.]

Düsseldorf (260000 Einw.) erhielt seinen Namen von dem kleinen
Düsselbache, an dessen Mündung die Stadt aufblühte, und dem sie den
Schmuck der vielen schönen Teiche verdankt. Im Jahre 1159 wurde der Ort
zuerst genannt. Als die Grafen von Berg ihn zu ihrer ständigen Residenz
wählten, erlangte er politische Bedeutung. Besonders der prachtliebende
Kurfürst Johann Wilhelm aus dem Hause Pfalz-Neuburg, der von 1690 bis
1716 regierte, hat viel für das Aufblühen und den Schmuck der Stadt
getan. In der Altstadt steht auf dem Markt, vor dem 1570 bis 1573
erbauten, 1885 zum Teil aber erneuerten Rathause sein überlebensgroßes
Reiterstandbild (Abb. 181). Es ist in Zinkbronze gegossen und wurde
1711, wie eine Inschrift sagt, von der Bürgerschaft, in Wirklichkeit
aber von dem etwas eiteln Kurfürsten selbst errichtet. Sein Nachfolger
verlegte die Residenz nach Mannheim. Aber was Düsseldorf hierdurch
einbüßte, gewann es doppelt durch die Gründung der Kunstakademie, die
im Jahre 1767 erfolgte. Es wurde, besonders seit Erneuerung dieser
wichtigen Stiftung im Jahre 1818, der Mittelpunkt des rheinischen und
auch eine Hauptstätte des deutschen Kunstlebens. Schon ein Gang durch
die mit vielen Prachtbauten geschmückte Stadt verrät uns, daß ihr
die Musen der Kunst freundlich lächelten. Noch weihevoller ist der
Willkomm, den uns das Äußere und Innere der städtischen Kunsthalle
(Abb. 182) darbietet, die 1881 im Stil französischer Renaissance
erbaut wurde; vor derselben steht das Bismarckdenkmal. Die Fassade der
Kunsthalle ist mit dem großen Mosaikbilde „Die Wahrheit als Grundlage
aller Kunst“ geschmückt, im Treppenhause führen Fresken von Gehrts die
Geschichte der Kunst vor, und in den Sälen sind viele wertvolle Bilder
von neueren Düsseldorfer Malern zur Schau ausgestellt. Das stattliche,
1879 bis 1881 ebenfalls im Renaissancestil aufgeführte Gebäude der
Kunstakademie (Abb. 183) begrenzt die Altstadt im Norden und zeigt
mit 158 ~m~ langer Fassade nach den schönen Anlagen des Hofgartens hin.
Zwei Jahre nach der Gründung der Kunstakademie, 1769, wurde dieser
angelegt, aber 1804 bis 1813 nach Beseitigung der Festungswerke
erweitert. Keine rheinische Stadt kann eine solche herrliche
Gartenanlage aufweisen. Alte Baumriesen spiegeln sich in blinkenden
Teichen, auf denen weiße Schwäne in stolzer Ruhe daherschwimmen und
buntgefiederte Enten ein lustigeres Wasserleben führen, wohlriechende
Gebüsche umschatten Ruhebänke, die zu kurzer Rast einladen, und über
frischgrüne Rasenflächen und buntfarbige Blumenbeete schweift unser
Auge zu den Springbrunnen hin, die in der Ferne ihr plätscherndes
Spiel treiben. Der Hofgarten reicht nach Osten bis zu dem Malkasten
(Abb. 184), dem Gesellschaftshause des gleichnamigen, seit 1848
bestehenden Künstlervereins, nach Westen bis zum Rheine, über dessen
breite Wasserfläche sich seit 1898 eine feste Brücke spannt. Erwähnung
verdienen noch das Kunstgewerbemuseum, das schöne Stadttheater, die
vor der Kunsthalle aufgestellte Bismarckstatue, das in der Alleestraße
1896 errichtete Reiterstandbild Wilhelms des Großen und das hinter
den Anlagen am Schwanenspiegel und Kaiserteich gelegene Ständehaus
(Abb. 185), in dem der rheinische Provinzial-Landtag seine Sitzungen
abhält. In neuerer Zeit ist Düsseldorf auch der Sitz einer bedeutenden
Industrie geworden. So vereinigt es in sich den Geist der Kunst, das
Bild des Schönen mit dem Trieb des Nützlichen, eine Verknüpfung, die
im ganzen rheinischen Leben zum Ausdruck kommt und den Bewohnern
Rheinlands wie ein glückliches Schicksal schon durch die Landesnatur,
durch die herrlichen Bilder der Landschaft und durch die reiche Gunst
des Heimatbodens vorgezeichnet ist.

[Illustration: Abb. 187. Das Rathaus in Aachen nach seiner
Wiederherstellung. (Zu Seite 184.)]

[Sidenote: Aachen.]

Nach dem Besuche Düsseldorfs soll die alte Kaiserstadt Aachen (150000
Einw.) unsern Abschiedsgruß aus dem schönen Rheinland empfangen, so
wie Frankfurt, der Kaiserstadt am Main, unsere ersten Grüße galten.
Der Geist der Geschichte fängt auch dort an zu leben, obschon
sie weniger Spuren als in Trier, Köln und selbst in Frankfurt
hinterlassen hat und das heutige Aachen eine durchaus moderne Stadt
mit breiten, zum Teil prächtigen Straßen, mit glänzenden Kaufläden
und großartigen Fabriken ist. In römischer Zeit führte die Stadt den
Namen ~Aquisgranum~; in fränkischer Zeit war sie, wohl infolge ihrer
heißen Quellen und ihrer schönen Lage in fruchtbarem Tal, von sanft
ansteigenden, waldgeschmückten Höhen umgeben, der Lieblingsaufenthalt
und Herrschersitz des Kaisers Karls des Großen, dann ward sie die
Krönungsstadt der deutschen Kaiser, in der dreißig Kaiser, Karls des
Großen Sohn, Ludwig der Fromme, als der erste und Ferdinand ~I.~
(1531) als der letzte, gekrönt wurden; im Mittelalter wurde Aachen als
Reichsstadt meist „des hl. römischen Reiches königl. Stuhl“ (~urbs
Aquensis, urbs regalis, regni sedes principalis, prima regum curia~)
genannt, und in französischer Zeit hieß es ~Aix-la-Chapelle~. In diesem
Wandel der Zeiten sah Aachen keine solch glanzvolle Entfaltung wie
Trier, Köln und Frankfurt. Aber der Ruhm, der aus der Herrschergröße
Karls des Großen strahlt, hat dauernden Glanz. Das Aachener Münster
versetzt uns in die karolingische Zeit. Der merkwürdige Bau (Abb.
186) besteht aus zwei Hauptteilen, die eine ganz verschiedene Bauart
zeigen. Der eigenartige, achteckige Kuppelbau in der Mitte ist das
bedeutendste Denkmal karolingischer Baukunst; er wurde unter Karl
dem Großen in den Jahren 796 bis 804 als Hof- und Staatskirche des
fränkischen Reiches nach dem Vorbilde von S. Vitale zu Ravenna erbaut.
Vom Papst Leo ~III.~ wurde sie geweiht. Den achteckigen Bau umgeben
mehrere Kapellen aus späterer Zeit, und neben der Eingangshalle steht
ein neuerer gotischer Glockenturm. Auf der Ostseite aber schließt
sich an den Kuppelbau das hohe, in reichem gotischen Stile erbaute
Chor, dessen Bau 1353 begonnen und 1413 vollendet wurde. In Innern
des Kuppelbaues, des Oktogons, bewundern wir die kunstvollen Säulen
und Kapitäle, sowie das schöne Mosaikbild, das seit 1882 wieder wie
früher die Decke schmückt, und den von Kaiser Friedrich ~I.~
geschenkten Kronleuchter, der einen Durchmesser von 4 ~m~ hat. Auf
der Empore des Oktogons steht der marmorne Thron Karls des Großen. Der
reiche Domschatz des Münsters enthält neben wertvollen Kunstschätzen
die Aachener Heiligtümer, die alle sieben Jahre öffentlich ausgestellt
werden. An dem Chorbau fallen besonders die riesigen, 27 ~m~ hohen und
5 ~m~ breiten, mit farbenprächtigen neuen Glasgemälden geschmückten
Fenster auf. Das zweite hervorragende Baudenkmal Aachens aus dem
Mittelalter, unmittelbar neben diesen kirchlichen gelegen, ist das von
zwei hohen Türmen flankierte stattliche Rathaus (Abb. 187), dessen
gotischer Bau an der Stelle und mit Benutzung von den Resten der
einstigen Kaiserpfalz der Karolingerzeit um das Jahr 1330 errichtet
und in jüngster Zeit renoviert wurde. Von neueren Bauten sind die
Technische Hochschule, das großartige Postgebäude und der Kursaal,
der hinter dem aus dem Jahre 1782 stammenden Kurhause in den Jahren
1863/64 im maurischen Stile erbaut wurde. Seinen Ruf als Badestadt
verdankt Aachen den berühmten heißen Schwefelquellen und seiner schönen
Lage inmitten waldgeschmückter Berge, die schöne Spaziergänge bieten,
und von denen man, besonders vom Lousberg, einen prächtigen Blick auf
die gewerbreiche Stadt genießt, die gleich dem benachbarten, jetzt
eingemeindeten Burtscheid eine bedeutende Tuch- und Nadelindustrie
besitzt.

[Illustration]

[Footnote C: Heer, Im Deutschen Reich, Reisebilder.]

[Footnote D: Vergl. meine Landeskunde der Rheinprovinz, Verlag von W.
Spemann, Stuttgart und Berlin, 1901.]




X. Der rheinische Weinbau.


[Sidenote: Der rheinische Weinbau.]

Unter den Weinen der Erde nehmen die deutschen Weine eine ganz
eigenartige Stellung ein, und unter den deutschen zeichnen sich wieder
am meisten die Rheinweine, die von Worms bis Bonn wachsen, durch
ihre Eigenart aus. Die Weinrebe ist eine Tochter südlicher Länder.
Fern in Kolchis’ üppigem Pflanzengarten, an den Südwestgehängen des
Kaukasus, rankt sie noch heute wild, bis zu den obersten Zweigen
hoher Bäume emporkletternd und Girlanden nach allen Richtungen
sendend. Dort bringt sie in wildem Zustande süße und saftreiche,
zur Weinbereitung brauchbare Früchte hervor. Nach unserer heutigen
Kenntnis können wir nur diese klimatisch so bevorzugte Landschaft als
die Heimat des Weinstocks ansehen. Allmählich eroberte die Weinrebe
das ganze Mittelmeergebiet und von Italien aus zuletzt nicht bloß
das schon kühlere Gallien, sondern auch einen Teil des klimatisch so
wenig begünstigten Germanien. Zwei Merkwürdigkeiten, die bei anderen
Kulturen bei weitem nicht in solchem Maße beobachtet wurden, traten
bei der Ausbreitung des Weinbaus in die Erscheinung. Die Weinrebe
blieb nirgendwo ein Kind ihrer alten Heimat, sondern überall, wo sie
angepflanzt wurde, paßte sie sich dem neuen Klima an, nahm sie andere,
zum Teil wertvollere Eigenschaften an. Dieser Anpassungsfähigkeit
der Pflanze und dieser Charakter- und Wertveränderung ihres Produkts
verdankten es die jungen Weinbauländer, daß sie mit den alten ernstlich
in Wettbewerb treten konnten, ja daß sie ihnen sogar den Rang ablaufen
und von ihnen einen Teil des Weltmarktes erobern konnten. Hieraus
entsprang die zweite Merkwürdigkeit, daß der Weinbau stets in den
jüngsten Weinbauländern die höchste, die führende Stellung einnahm.
Durch eine größere Pflege vermochte man sogar eine geringere Gunst
des Klimas siegreich zu überwinden. Nach Kleinasien und Griechenland
ward Italien, nach Italien Frankreich das erste Weinland, und neben
letzterem hat Deutschland, das jüngste Weinbaugebiet in Europa und das
nördlichste auf der ganzen Erde, sich eine Stellung erobert, die in
bezug auf manche Erzeugnisse unbestritten und unerreicht dasteht.

[Illustration]

Für den deutschen Weinbau war es vielleicht gerade ein Glück, daß er
nicht mit günstigen klimatischen Verhältnissen rechnen konnte. Diese
zwangen zum vorwiegenden Anbau von weißen Trauben; denn die roten
Trauben vermögen die kühle und nebeligfeuchte Herbstwitterung viel
weniger gut zu ertragen. Die verschiedene Art der in Deutschland
also vorherrschenden Weißweinbereitung von der in südlichen Ländern
vorwiegenden Rotweinbereitung sicherte dem deutschen Weinbau nicht
bloß seine Eigenart, sondern auch mancherlei Vorzüge. Rotwein kann
nur durch Maischegärung, das heißt durch Gärung auf den Beerenhülsen
geschehen. Diese müssen den roten Farbstoff liefern. Sie scheiden
aber zugleich auch andere Stoffe, besonders Gerbstoffe, aus, die dem
Traubenaroma schaden. Dem Weißwein dagegen, der durch Mostgärung aus
dem ausgepreßten Traubensaft gekeltert wird, bleibt das köstliche Aroma
der Traube erhalten, und diesem Umstande verdanken die deutschen Weine
ihre unübertroffene Eigenart.

Die geringe klimatische Gunst Deutschlands bedingt es, daß in ihm zur
Anpflanzung der Rebe fast nur hügeliges und bergiges Gelände, und zwar
nur die der Sonne zugekehrten Abhänge benutzt werden können. Geneigte
Bodenflächen werden statt unter einem Winkel von etwa 40 bis 60° unter
einem solchen von 90 oder fast 90° von den Sonnenstrahlen getroffen.
Besonders das Gebiet des Rheinischen Schiefergebirges besitzt in seinen
zahlreichen tief eingeschnittenen Tälern viele günstige Weinbergslagen,
die zugleich vor kalten Winden geschützt sind. Nicht weniger ist
das schiefrige Gestein, das in dem ganzen Gebiet vorherrschend ist,
für die Anpflanzung der Rebe geeignet. Es wird wegen seiner dunkeln
Färbung leicht erwärmt und läßt den Regen, dessen Verdunstung neue
Kälte erzeugt, schnell ablaufen. Durch eine Überdeckung der Weinberge
mit losem Schiefergeröll erreichen die rheinischen Winzer ferner, daß
die Wärme dem Boden erhalten bleibt und nicht in kühlen Nächten durch
Ausstrahlung verloren geht.

[Illustration: Abb. 188. Rheinische Winzer und Winzerinnen bei der
Lese. (Zu Seite 188.)]

Die Lage des rheinischen Weinbaugebietes im Westen Deutschlands,
in ziemlicher Nähe des Atlantischen Ozeans, bringt für den Weinbau
Vorteile und Nachteile. Ein Vorzug des ozeanischen Klimas ist, daß
der Winter in den meisten Jahren ein milder ist, und daß er nicht zu
früh eintritt, so daß das junge Holz der Weinstöcke gut ausreifen
kann, ferner, daß im Frühjahr der neue Trieb frühzeitig beginnt.
Diese letztere Gunst wird allerdings zum Verderben, wenn Spätfröste
eintreten, die in manchen Lagen nur zu häufig alle Hoffnungen in
einer Nacht zerstören. Gefürchtet sind besonders die Maifröste. Das
Volk schreibt sie naiv den drei kalten oder bösen Heiligen Mamertus,
Pankratius und Servatius zu, deren kirchliche Festtage am 12., 13.
und 14. Mai gefeiert werden, und ist froh, wenn sie vorüber sind. In
Wirklichkeit ist das Eintreten der Spätfröste eine Folge der stärkeren
Erwärmung der mittel- und südeuropäischen Landstrecken durch die immer
höher steigende Sonne. Die stark erwärmte Luft steigt nach oben, und
um den luftverdünnten Raum auszufüllen, strömt kalte Luft von Norden
herbei, wodurch ein tiefes Sinken der Temperatur eintritt. In engen
Tälern, wie im Ahrtale, sucht man die verderblichen Wirkungen der
Spätfröste durch eine Räucherwehr abzuwenden.

Eine Ungunst des ozeanischen Klimas Rheinlands für den Weinbau sind
die andauernden Regenzeiten, die manche Jahre bringen. Dieselben sind
besonders dann schädlich, wenn sie während der Traubenblüte, die sonnig
und schnell verlaufen muß, eintreten und diese dann sehr verzögern. Ein
Blick auf die Regenkarte lehrt uns jedoch, daß die besten rheinischen
Weinbaugebiete, das Moseltal, das obere Rheintal, das Nahetal und der
Rheingau, im Regenschatten der Eifel, des Hunsrück und des Taunus
liegen.

[Illustration: Abb. 189. Das Abladen und Messen des Weins. (Zu Seite
188.)]

Nach einem warmen Sommer, der rechtes Sonnenglühen gebracht hat, ist
noch ein schöner Herbst nötig, damit ein gutes Gewächs entsteht. Nicht
zu selten bringt der rheinische Herbst das rechte, nachts kühle, am
Tage aber heitere, sonnige Wetter, das die Trauben zur vollen Reife
bringt. Dann lacht mit dem Himmel des Winzers Herz, der seine Weinberge
nicht mehr betreten darf, aber trotzdem weiß, welche Wunderwirkung
dort geheimnisvoll vor sich geht. Auch die Herbstnebel, die besonders
im Rheintal morgens über den Weinbergen lagern, weiß der Winzer zu
schätzen. Sie rufen die Edelfäule der reifen Trauben hervor, indem sich
ein Schimmelpilz, ~Bortrytis cinerea~, bildet, der Säuren und Gerbstoff
zerstört und Verbindungen erzeugt, aus denen das wundervolle Bouquet,
der Duft des Weines, entsteht.

Vorwiegend drei Traubensorten verdankt der rheinische Weinbau seinen
großen Ruf: dem Riesling, der den Anspruch erheben kann, die edelste
Traube der Welt zu sein, dem Österreicher, der auch Sylvaner genannt
wird, und dem Burgunder. Die beiden erstgenannten Reben liefern den
Weißwein, letzterer den Rotwein. Der Riesling gehört zu den harten
Sorten, er reift spät und liefert Weine, die sich durch ihr herrliches
Bouquet auszeichnen. Der Österreicher reift früher und gibt gute,
runde und volle Qualitätsweine, denen aber der Duft der Rieslingsweine
abgeht. Die rheinischen Rotweine zeichnen sich durch ein eigenartiges,
würziges Aroma aus.

[Sidenote: Die Weinlese.]

Eine frohe Zeit ist im Herbst die Zeit der Lese. Dann entfaltet sich
in den Weinorten Rheinlands ein lustiges Leben und Treiben. Wenn auch
unser heutiges Geschlecht mit manchen schönen alten Sitten gebrochen
hat, so ist doch die frohe Stimmung dieser Zeit geblieben. Sie kommt
besonders dann zur Geltung, wenn die Weinstöcke einen guten Behang
haben, und wenn neben einem guten Ertrag -- der Winzer redet von einem
halben oder dreiviertel Herbst -- auch eine gute Qualität zu erwarten
ist. Mit solcher Ernte ist der Winzer wohl zufrieden; kennt er doch
all die Feinde, die diese hätten vernichten können, die Tücken der
Witterung, die Plagen der Insekten und die Pilzkrankheiten. Helle
Freude lacht aus seinem Auge, wenn er sieht, wie unter der Kraft der
kochenden Sonne in den Beeren der Trauben der Saft anfängt in Wein
überzugehen. Er merkt’s an dem Durchsichtigwerden der Beeren. Die
Gemeindeväter bestimmen jetzt die Schließung der Weinberge. Selbst der
Besitzer darf sie nicht mehr betreten. Während des ganzen Tages geben
die Hüter der Weinberge scharf acht.

Endlich sind die Trauben völlig reif. Der Beginn der Lese wird
öffentlich bekannt gemacht. Böllerschüsse künden den bedeutungsvollen
Tag an, und Glockenklang läutet ihn feierlich ein. So ist es wenigstens
noch in vielen Rheinorten.

Mit Jubel im Herzen steigt das Winzervölkchen hinauf in die Weinberge.
Die Sonne hat die Herbstnebel zerstreut, und herrlich blickt’s sich
hinab in das liebliche Rheintal. Dort unten liegt das Heimatörtchen,
so traut gebettet am Ufer des blinkenden Stromes und umgeben von den
Gruppen der Obstbäume. Dort das Kirchlein mit dem alten, moosigen
Schieferdache! Selbst das eigene Wohnhäuschen ist zu sehen. Bald sind
schon die ersten Tragkörbe voll Trauben gepflückt. Die starken Burschen
tragen sie hinab. Dort unten hält auf dem Wege ein Ochsengespann. Große
Bottiche stehen auf dem Wagen, die die süße Last aufnehmen sollen. Wie
flink springen die Burschen die vielen Stufen des Bergpfades hinab!
Voll Lust schwenken sie die Mützen, nach oben und nach unten grüßend.
Dort oben aber, bei der Lese, sind bald die Mädchen in fröhlicher
Stimmung. Das Tal erklingt von frohen Weisen, bis ein Scherzwort alle
zum Lachen bringt und den Gesang verstummen macht (Abb. 188 u. 189).

Auch in dem Kelterraum der Winzerhäuser herrscht geschäftiges Leben.
Die ankommenden Bottiche werden in die Presse geleert. Schon fließt
der Traubensaft, der süße Most, heraus. Wie herrlich er schmeckt! Die
Oechslesche Wage zeigt ein hohes Mostgewicht an. Das gibt ein Weinchen!
so schmunzelt der Alte, der von vielen guten Weinjahren, doch auch von
schlechten zu erzählen weiß (Abb. 190, 191 u. 192).

Nach etwa acht Tagen fängt der Most an zu gären. Er verliert seinen
süßen Geschmack und nimmt einen bitteren an. Zugleich wird seine Farbe
milchig trübe. Der erfahrene Winzer weiß schon am Federweißen, wie der
Most jetzt heißt, herauszuschmecken, wie der spätere Wein wird. Mit der
fortschreitenden Gärung entsteht aus dem Federweißen der junge Wein.
Erst nachdem dieser geklärt ist und genug gelagert hat, kommt er in den
Handel. Im Frühjahr beginnen die Weinhändler, die Wirte, die Kasinos,
ihre Weineinkäufe zu machen, und in manchen Weinorten, wie in Bingen,
Mainz, Rüdesheim, Kloster Eberbach, Kreuznach, Trier, Traben-Trarbach,
Bernkastel und Coblenz finden dann öffentliche Weinversteigerungen
statt. Dann klingen die Taler in des Winzers Tasche, fast noch heller
als vorher das Jauchzen in seiner Brust.

Nach Beendigung der Weinlese wurden in früherer Zeit in vielen
Weinorten öffentliche Winzerfeste gefeiert. Das einzige Winzerfest, das
sich im Rheinland erhalten hat, findet in Winningen, einem blühenden
Weinorte an der unteren Mosel, statt. Es wird in allen guten Weinjahren
gefeiert. Der Verlauf eines solchen Festes wird folgendermaßen
geschildert[E]: „Auch in diesem Jahre ist an der Mosel der Wein gut
geraten, und deshalb wird in dieser Woche das Winzerfest ganz der alten
Tradition getreu begangen. Es bildet sich die sogenannte ‚Kompanie‘;
junge, unbescholtene Leute treten zusammen, bringen die Kosten für das
Fest auf und liefern das Fleisch, das während der Festtage verzehrt
wird. Die Mädchen bringen den Wein zusammen, und nun beginnt das Fest
damit, daß die jungen Leute im schwarzen Anzug, mit Zylinder und weißen
Handschuhen, die weißgekleideten, mit Blumen geschmückten Mädchen
einzeln mit Musik am Hause abholen. Vor dem Hause jedes einzelnen
Mädchens wird ein Ständchen gebracht. Sind alle Paare zusammen, so geht
es im Zuge zum Bürgermeister, dann ins Festlokal. Hier wird getanzt
und neuer Wein, der heute schon federweiß ist oder, wie man hier sagt,
‚schierpst‘, in großen Mengen getrunken. Abends geht es wieder im Zuge
mit Windlichtern in ein anderes Lokal, wo das Abendessen eingenommen
wird. Wie vor hundert Jahren besteht das Tischgerät aus Zinn: zinnernen
Schüsseln, Tellern und Trinkbechern, die meist mit Denksprüchen geziert
sind. Reden und Gesänge würzen das Mahl. Nach dem Essen, zu dem nur
wenige fremde Gäste geladen werden, geht es wieder zum Tanzlokale
zurück. Das dauert die ganze Woche durch, bis -- der Wein alle ist.
Hält die Feststimmung an, so wird auch weiter Wein gesammelt. Heuer
bilden 48 Paare die ‚Kompanie‘. Tausende von Zuschauern von nah und
fern strömen in dem freundlichen Moselorte zusammen.“

[Illustration: Abb. 190. Erste Probe. (Zu Seite 188.)]

[Sidenote: Berühmte Weinorte.]

Besuchen wir nun die berühmtesten Weinbaustätten Rheinlands auf
flüchtiger Wanderung, um all die Weingeister kennen zu lernen, die sich
Prinzessin Rebenblüte auf rheinischem Boden als ihren Stab erzog. Auf
sonnigem Hang sind diese Geister geboren, als Kobolde hüten sie des
Kellers Schätze, und neckend betören sie die frohgestimmten Zecher.
Durch sechs sonnige Reiche führt uns Prinzessin Rebenblüte, und in
jedem wartet sie unser mit neuem Gefolge. Das erste Reich, das sie
uns, wenn wir von Süden kommen, zeigt, ist das schöne Hessenland.
Dort ist fast kein Ort, der nicht seine Rebengärten hat. Etwa 270000
~hl~ beträgt der jährliche Weinertrag Rheinhessens. Das Gelände ist
von plateauartigem Charakter mit hügeliger Oberfläche, und auf zwei
Seiten, nach Osten und Norden, fällt es zum Rhein ab. Die besten
Weine wachsen an diesem äußeren Rande, so bei Worms die weltbekannte
Marke Liebfrauenmilch, weiter nördlich der Niersteiner, Bodenheimer,
Laubenheimer, Oberingelheimer, der Schwarzberger vom Rochusberge und
der Schloßberger bei Bingen. Im Innern jenes Weinreichs werden nur
kleine Weine gezogen, die im Lande selbst auch wohl Pfälzer genannt
werden. Der Anbau von Weißweinen wiegt vor. Die Hauptsorte ist der
Österreicher. Für feinstes Gewächs kommt noch der Riesling in Betracht.
Der höchste Preis, der bisher für rheinhessische Weine bezahlt wurde,
war 13660 Mark für ein Stück von 1200 ~l~ 1893er Niersteiner. Einen
sehr geschätzten Rotwein baut Oberingelheim, wo schon Karl der Große
den Weinbau pflegte.

[Illustration: Abb. 191. Kelter alter Art (vom Jahre 1650). (Zu Seite
188.)]

[Sidenote: Rheinweine.]

Drüben auf der anderen Rheinseite steht schon Prinzessin Rebenblüte,
bereit, uns ihr zweites Sonnenreich zu zeigen. Glänzender ist ihr
Stab, und so viele fürstliche Namen werden uns genannt, daß wir nur
zögernd der Einladung folgen. „Rheingau“ heißt dieses Rebenreich. Es
ist nur klein, soweit es mit Reben bepflanzt ist, noch nicht 2000 ~ha~
groß. Selbst bei ergiebigen Jahrgängen beträgt die Ernte nur 70–80000
~hl~. Im Durchschnitt der Jahre ist sie wohl kaum halb so hoch zu
rechnen. Gute Jahrgänge stellen aber durch die Qualität des Weines
einen fürstlichen Reichtum dar. Wurden doch für 600 ~l~ 1893er Auslese
17570 Mark, für das Stück also 35140 Mark gezahlt. Es war ein halbes
Stück Steinberger, das der Kaiserliche Hof im Mai 1896 in Wiesbaden
für diesen ungeheuren Preis ersteigerte. Um den ersten Rang unter
den Rheingauer Weinen streiten sich Johannisberger und Steinberger.
Als das drittedelste Gewächs pflegt man den Rauentaler, als das
viertbeste den Marcobrunner zu bezeichnen. Etwa im gleichen Rang mit
den dann folgenden Marken Gräfenberger und Schloß Vollradser steht
der Rüdesheimer Berg. Auch den Geisenheimer Rotenberg und den Winkler
Hasensprung dürfen wir nicht vergessen, und in Wiesbaden schätzt man
noch den Neroberger sehr hoch. Nach dem Hochheimer, der weiter östlich
wächst, werden von den Engländern alle deutschen Weine „Hock“ genannt.
Aßmannshausen baut den besten deutschen Rotwein. Sowohl Weinbau als
auch Weinbereitung und Weinpflege sind im Rheingau musterhaft. Große
Weingüter geben überall ein gutes Vorbild. Man kann den Rheingau das
klassische Anbaugebiet der Rieslingsrebe nennen. Diese entfaltet
in dem vorzüglichen Weinbergsboden und in der nebeligen, für die
Trauben günstigen Herbstwitterung Eigenschaften wie sonst nirgendwo.
Die bei guten Jahrgängen erzielten Rheingauer Auslesen stehen
ohnegleichen da in der ganzen Welt. Im Rheingau, und zwar in Hochheim,
Schierstein, Eltville, Geisenheim und Rüdesheim, hat auch die deutsche
Schaumweinbereitung ihren Hauptsitz genommen.

[Sidenote: Naheweine.]

Es war zuviel des Herrlichen, das Prinzessin Rebenblüte uns in ihrem
schönsten Rebenreiche zeigte. Und wie uns das Herz vor Wonne fast
verging, wenn so goldiger Tropfen duftig im Glase perlte, so hauchte
des Weines fröhliche Kraft auch den Rheingauern eine sprudelnde, fast
übermütige Fröhlichkeit ins Herz. Schwer fällt uns das Scheiden aus
dem wonnigen Lande, aus den schmuckvollen Orten. Bei Rüdesheim öffnet
sich uns die große Rebenstraße des Rheines. Doch wir lassen den Rhein,
den stolzen, fahren und greifen nach dem duftenden Pokal, den uns sein
Töchterlein, die Nahe, mit schelmischen Augen reicht; denn gefährlich
ist der Nahewein für manchen Zecher. Wir schlürfen den Kauzenberger,
Kreuznachs edelsten Wein, und im Zwielicht hinüberschauend nach den
gespensterhaften Umrissen des trotzigen Rheingrafenstein, glauben wir
den trunkfesten Ritter zu sehen, der mit gewaltigem Stiefeltrunke in
einer Wette das ganze Dorf Hüffelsheim gewann. Der Umfang des Weinbaues
an der Nahe ist ziemlich bedeutend. Der Kreis Kreuznach mit seinen
55 weinbautreibenden Orten und einer Anbaufläche von 3500 ~ha~, das
ist der doppelten des ganzen Rheingaues, hat sogar den bedeutendsten
Weinbau im Deutschen Reiche. Der mittlere Gesamtertrag an der Nahe und
in den zugehörigen Bezirken wird auf 90–100000 ~hl~ geschätzt. Es wird
fast nur Weißwein gezogen, und zwar in gemischten Rebensatz, wobei aber
der Österreicher vorherrscht. An der unteren Nahe wachsen mehr volle,
kräftige und feurige Weine, die den Rheinweinen nahe kommen, an der
oberen flüchtige, rassige, lichtfarbige, die den Moselweinen ähneln.
Kreuznach ist der Mittelpunkt des Weinbaues und des Weinhandels.
Außer dem Kauzenberger sind Roxheimer, Norheimer, Sobernheimer,
Langenlonsheimer und Münsterer bekannte Naheweine.

[Illustration: Abb. 192. Hydraulische Kelter (moderner Betrieb). (Zu
Seite 188.)]

[Sidenote: Mosel-, Rhein- und Ahrweine.]

Die Rheinfahrt, zu der uns nun Prinzessin Rebenblüte mit großem
Gefolge zur Besichtigung der drei anderen Rebenreiche, des Rhein-,
Mosel- und Ahrtals, ladet, ist eine Triumphfahrt, an die alle, die
vielen Tausende, die alljährlich sie machen, mit wonnetrunkenen Herzen
gerne zurückdenken. Wer in größerer Gesellschaft reist, kann auf dem
Dampfer, der vorzügliche Weine an Bord hat, eine lustige und gründliche
Weinprobe machen, indem er jedesmal die Weinsorten aus dem Bauche des
Schiffes heraufholen läßt, die uns die in Sicht kommenden Weinorte
lieferten. Rebenbekränzte Berge überall, wohin das Auge schaut, und
stolze Ritterburgen blicken hinab ins Tal, wo in stiller Ruhe die
Weindörfchen und Weinstädtchen liegen. Des lieblichen Rotweines von
Aßmannshausen gedachten wir schon bei den Rheingauer Weinen. Lorch
spendet seinen Bodentaler, das alte Städtchen Bacharach seinen
Bacharacher und den weltbekannten Steeger, der in einem Seitentale
wächst, und Oberwesel seinen Enghöller. Dann schauen wir hinauf zu
Boppards stattlichen Rebengeländen, grüßen die zwischen Ober- und
Niederlahnstein einmündende Lahn, deren Uferwände nur bei Runkel etwas
Rotwein hervorbringen, und biegen dann bei Coblenz in das weinreiche
Moseltal ein. Auf jährlich etwa 200000 ~hl~ wird dessen Produktion
geschätzt, wobei die Saarweine mitgerechnet sind. Das enge Rheintal
bringt zusammen mit dem kurzen Ahrtal wenig mehr als 50000 ~hl~ hervor.

Bald begleiten uns an der Mosel wieder Rebenberge zu beiden Seiten,
und was sie spenden, wir wollen es nicht verachten, wenn auch manches
Tröpflein, besonders an der unteren Mosel, etwas sauer schmeckt. Ein
Spaßvogel will uns gar erzählen, der Nachtwächter gebe nachts um zwölf
Uhr den Leuten ein Zeichen, und die es hörten, legten sich dann auf
die andere Seite, damit der Wein ihnen die Magenwand nicht durchbeiße.
Doch in Winningen vergessen wir beim Trank des köstlichen Weines diesen
Spott und kosten wir erst an der mittleren Mosel den Zeltinger, den
Graacher, den Lieserer, den Erdener, den Piesporter, den Brauneberger,
den Josephshöfer, den Ohlingsberger und vor allem den weltberühmten
Bernkasteler Doktor, so sind wir voll des Preises und möchten nicht
mehr weiter ziehen. Wie das duftet aus dem Glase! Das wundervolle
Bouquet der besseren, die ziemlich bedeutende Säure der geringeren
Sorten sind die hervorstechendsten Eigenschaften des Moselweines.
Noch Lieblicheres wollen die Mosel und ihre beiden Töchter, Ruwer und
Saar, uns kredenzen, den Kaseler, der im Ruwertal wächst, Grünhäuser
und Kartäuser bei Trier und Scharzhofberger, Wawerner Herrnberger,
Bocksteiner, Geisberger und Oberemmeler bei Saarburg sind der reinste
Göttertrank, bouquetreich und voll Kraft.

Zurückkehrend zum Rhein, um auch dessen letzte Rebengefilde noch zu
besuchen, will uns zuerst der Wein nicht schmecken, bis wir in den
Winzervereinen wieder etwas Begeisterung schöpfen. Nur mittlere und
geringere Weine werden auf der Strecke von Coblenz bis Bonn gezogen.
Neben dem Weißweinbau tritt dort auch der Rotweinbau stark auf. Die
Rotweine führen den Namen „Rheinbleicherte“, weil sie in früherer
Zeit eine helle Färbung hatten. Der Dattenberger, der bei Linz
wächst, dürfte unter ihnen der beste sein. Noch einmal soll uns des
Weines ganze Herrlichkeit aufgehen. Des romantischen Ahrtals, dessen
Weinpoesie Arndt, Kinkel und andere besungen haben, weltberühmte
Weinorte Bodendorf, Heimersheim, Ahrweiler, Walporzheim, Dernau,
Rech, Mayschoß und Altenahr laden uns zu Gast, und in den trefflich
geleiteten Winzervereinen laben wir uns an dem kräftigen, würzigen
Rotwein, Ahrbleichert genannt. Auf dem Drachenfels schlürfen wir
dann mit dem Drachenblut den letzten Rest der Weinpoesie Rheinlands.
Und auf den Mauertrümmern der Drachenburg sitzen wir und schauen in
traumhaftem, seligem Erinnern noch einmal zurück auf diese Wanderung
durch die sonnigen Weinreiche des Rheines. Prinzessin Rebenblüte mit
ihrem Gefolge aber nimmt Abschied und läßt allein uns weiterziehen nach
dem kalten, frostigen Norden.

[Footnote E: Frankfurter Zeitung, 1. Dezember 1900.]




Literatur.


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Verzeichnis der Abbildungen.


  Abb.                                                     Seite

   1. Rolandseck, Nonnenwerth und Siebengebirge                2

   2. Das Kölner Dombild. Altargemälde von Meister Stephan     4

   3. Frankfurt im siebzehnten Jahrhundert (nach Merian)       4

   4. Frankfurt, von Sachsenhausen gesehen                     5

   5. Der Kaisersaal im Römer zu Frankfurt                     6

   6. Der Römer und der Gerechtigkeitsbrunnen zu Frankfurt     7

   7. Haus Frauenstein und Salzhaus am Römerberg in Frankfurt  8

   8. Der Dom in Frankfurt                                     9

   9. Goethe-Haus in Frankfurt                                10

  10. Goethe-Denkmal in Frankfurt                             11

  11. Die Börse in Frankfurt                                  12

  12. Eschenheimer Turm in Frankfurt                          13

  13. Das Opernhaus in Frankfurt                              14

  14. Der Palmengarten in Frankfurt                           15

  15. Im Palmenhause des Frankfurter Palmengartens            15

  16. Kurfürstliches Schloß in Mainz                          16

  17. Innere Ansicht der Stadthalle in Mainz                  16

  18. Mainz                                                   17

  19. Der Dom in Mainz, vom Markt gesehen                     18

  20. Der nördliche Kreuzarm des Mainzer Domes                19

  21. Gutenberg-Denkmal in Mainz                              20

  22. Haus „zum Boderam“ am Markt in Mainz                    21

  23. Gymnasium in Mainz                                      22

  24. Kreuzaltar in der Peterskirche zu Mainz                 23

  25. Homburg vor der Höhe. Gesamtblick von der Ellerhöhe
      aus gesehen                                             24

  26. Das Schloß zu Homburg v. d. Höhe                        25

  27. Das Saalburg-Kastell. Wiederaufgebaut. Porta Praetoria  25

  28. Nauheim                                                 26

  29. Kronberg                                                26

  30. Friedberg                                               27

  31. Schloß Friedrichshof                                    28

  32. Königstein                                              29

  33. Soden                                                   29

  34. Eppstein im Taunus, vom Malerplatz aus gesehen          30

  35. Malerisches Motiv von der Burg in Eppstein im Taunus    31

  36. Schloß Biebrich                                         32

  37. Wiesbaden, vom Neroberg gesehen                         33

  38. Kaiser Wilhelm-Denkmal in Wiesbaden                     34

  39. Königliches Theater in Wiesbaden                        35

  40. Das Rathaus in Wiesbaden                                36

  41. Das neue Kurhaus in Wiesbaden.
      Von Prof. Thiersch-München                              37

  42. Der Kochbrunnenplatz in Wiesbaden                       38

  43. Griechische Kapelle am Neroberg bei Wiesbaden           39

  44. Schlangenbad, von der Wilhelmshöhe gesehen              40

  45. Rauenthal                                               41

  46. Eltville                                                42

  47. Der Marcobrunnen                                        42

  48. Kloster Eberbach                                        43

  49. Kelterraum in Eberbach                                  43

  50. Schloß und Dorf Johannisberg                            44

  51. Rüdesheim, vom Rochusberg gesehen                       44

  52. Geisenheim                                              45

  53. Nationaldenkmal auf dem Niederwald                      46

  54. Bingen und der Niederwald                               47

  55. Nahemündung, Bingen, Scharlachkopf und Bingerbrück      49

  56. Der Mäuseturm und Ehrenfels                             50

  57. Das Rheinknie bei Bingen                                51

  58. Schloß Rheinstein                                       52

  59. Aßmannshausen                                           53

  60. Die Falkenburg (Schloß Reichenstein)                    54

  61. Schloß Sooneck                                          55

  62. Lorch                                                   56

  63. Bacharach und Burg Stahleck                             57

  64. Oberwesel                                               58

  65. Blücherdenkmal in Caub und Burg Gutenfels               59

  66. Die Lurlei                                              60

  67. St. Goar und Rheinfels                                  61

  68. St. Goarshausen und Ruine Katz                          62

  69. Ruine Rheinfels, mit Durchblick nach St. Goarshausen    62

  70. Burg Reichenberg bei St. Goarshausen                    63

  71. Boppard und Filsen von „Alte Burg“ aus gesehen          64

  72. Boppard a. Rh. und Blick in das Mühltal                 65

  73. Der Königsstuhl bei Rhens                               66

  74. Braubach und die Marksburg                              67

  75. Capellen und Schloß Stolzenfels                         68

  76. Stolzenfels und Oberlahnstein                           69

  77. Ehrenbreitstein                                         70

  78. Der Rhein bei Coblenz                                   71

  79. Kaiser Wilhelm-Denkmal in Coblenz                       72

  80. Kreuznach, vom Pavillon gesehen                         73

  81. Nahebrücke und Schloß Kauzenberg                        74

  82. Der Rheingrafenstein                                    75

  83. Münster am Stein                                        76

  84. Die Ebernburg                                           76

  85. Hutten-Sickingen-Denkmal auf der Ebernburg              77

  86. Die Altenbaumburg                                       78

  87. Kirn und die Kyrburg                                    79

  88. Schloß  Dhaun                                           80

  89. Oberstein                                               81

  90. Saarburg                                                82

  91. Die Klause bei Saarburg                                 82

  92. Trier, vom Petersberg gesehen                           83

  93. Hauptmarkt, St. Gangolfskirche und Rotes Haus in Trier  84

  94. Die Porta nigra in Trier                                85

  95. Der Kaiserpalast in Trier                               85

  96. Der Dom und die Liebfrauenkirche in Trier               86

  97. Innenansicht des Trierer Domes mit Hochaltar            87

  98. Portal der Liebfrauenkirche in Trier                    89

  99. Die Martyrung der Christen.
      Deckengemälde in der Paulinuskirche zu Trier            90

 100. Die Marienburg                                          91

 101. Die Marienburg                                          92

 102. Bernkastel, Burg Landshut und Cues                      93

 103. Blick auf Traben-Trarbach und die Gräfinburg an der
      Mosel                                                   95

 104. Carden an der Mosel                                     96

 105. Cochem, von der Kapelle gesehen                         97

 106. Zell an der Mosel                                       97

 107. Die Ehrenburg bei Brodenbach                            98

 108. Beilstein                                               99

 109. Burg Cochem                                             99

 110. Zeltingen                                              100

 111. Bertrich                                               101

 112. Andernach                                              103

 113. Remagen                                                104

 114. Die Apollinariskirche in Remagen                       105

 115. Altenahr                                               106

 116. Neuenahr, von der Thomashöhe gesehen                   107

 117. Der Rolandsbogen, mit Blick auf den Drachenfels        108

 118. Schloß Drachenburg und Zahnradbahn nach dem
      Drachenfels                                            109

 119. Brückenbogen über den Rhein bei Bonn                   110

 120. Zollhäuschen auf der Bonner Rheinbrücke                111

 121. Rheinischer Humor in den Bildhauerarbeiten der Bonner
      Rheinbrücke                                            113

 122. Das Bröckemännche der Bonner Rheinbrücke               114

 123. Arndt-Denkmal in Bonn                                  115

 124. Kriegerdenkmal in Bonn                                 116

 125. Beethoven-Denkmal in Bonn                              117

 126. Das Münster in Bonn                                    118

 127. Inneres des Münsters in Bonn                           119

 128. Marktplatz in Bonn                                     120

 129. Die Universität zu Bonn                                120

 130. Bismarck-Säule bei Bonn                                121

 131. Cistercienserabtei Marienstatt auf dem Westerwald      121

 132. Westerburg. Auf dem Westerwald                         122

 133. Limburg an der Lahn                                    122

 134. Inneres des Domes in Limburg an der Lahn               123

 135. Nassau an der Lahn                                     124

 136. Denkmal des Freiherrn v. Stein bei Nassau              125

 137. Kurhaus und Kurgarten in Ems                           126

 138. Ems, von der Bäderlei gesehen                          127

 139. Schloß Altwied                                         128

 140. Godesberg und das Siebengebirge                        129

 141. Königswinter und der Drachenfels                       131

 142. Schloß Drachenburg am Rhein. Südseite                  132

 143. Hochzeitszug eines Kölner Patriziers.
      Wandgemälde im Schloß Drachenburg am Rhein             133

 144. Ruine Drachenfels                                      133

 145. Honnef, vom Leiberg gesehen                            134

 146. Der Sänger vom Drachenfels                             134

 147. Klosterruine Heisterbach                               135

 148. Daun in der Eifel                                      135

 149. Schalkenmehrener Maar                                  136

 150. Abtei Laach und Laacher See                            136

 151. Kreuzgang der Abteikirche Laach                        137

 152. Die Urft-Talsperre bei Gemünd                          138

 153. Gerolstein, von der Burg gesehen                       139

 154. Kyllburg im Kylltal                                    140

 155. Ober- und Niederburg von Manderscheid                  141

 156. Burg Eltz                                              142

 157. Hof der Burg Eltz                                      143

 158. Doppelkirche von Schwarzrheindorf                      144

 159. Köln                                                   145

 160. Kölner Rheinbrücke                                     145

 161. Rathaus in Köln                                        146

 162. Der Kölner Dom, Westansicht                            147

 163. Inneres des Kölner Domes, Blick von Westen nach Osten  149

 164. Köln im 16. Jahrhundert                                150

 165. Ringstraße in Köln                                     151

 166. Denkmal Kaiser Wilhelm ~I.~ in Köln                    152

 167. Madonna im Rosenhag                                    154

 168. Das Hahnentor in Köln                                  155

 169. Hauptpostamt in Köln                                   156

 170. Vom Kölner Karneval                                    159

 171. Remscheid                                              160

 172. Kaiser Wilhelm-Brücke b. Müngsten                      161

 173. Solingen                                               162

 174. Schloß Burg an der Wupper                              163

 175. Der Altenberger Dom                                    165

 176. Barmen                                                 167

 177. Die Schwebebahn in Barmen-Elberfeld                    168

 178. Elberfeld                                              169

 179. Die Ruhmeshalle in Barmen                              170

 180. Das Rittershaus-Denkmal in Barmen                      171

 181. Rathaus und Jan-Wellem Denkmal in Düsseldorf           173

 182. Städtische Kunsthalle und Bismarck-Denkmal
      in Düsseldorf                                          175

 183. Kgl. Kunstakademie in Düsseldorf                       177

 184. Der Malkasten in Düsseldorf, Gartenseite               179

 185. Provinzial-Ständehaus in Düsseldorf                    180

 186. Das Münster zu Aachen, von der Nordseite gesehen       181

 187. Das Rathaus in Aachen nach seiner Wiederherstellung    183

 188. Rheinische Winzer und Winzerinnen bei der Lese         186

 189. Das Abladen und Messen des Weins                       187

 190. Erste Probe                                            189

 191. Kelter alter Art (vom Jahre 1650)                      190

 192. Hydraulische Kelter (moderner Betrieb)                 191




Register.


  Aachen 9. 181 (Abb. 186). 183 (Abb. 187).

  Achatindustrie 94.

  Acht, Hohe 162.

  Ahr 115, 116, 118 ff. 162.

  Ahrbleichert 192.

  Ahrweiler 119. 159. 192.

  Alfter 164.

  Alken 108.

  Altenahr 106 (Abb. 115). 118. 192.

  Altenbaumburg 77 (Abb. 86). 94.

  Altenberger Dom 165 (Abb. 175). 178.

  Alter Zoll 124.

  Altkönig 38.

  Altwied 128 (Abb. 139). 142.

  ~Ancaracha, Villa~ 108.

  Andernach (~Antunnacum~) 77. 103 (Abb. 112). 113. 161.

  Andesit 156.

  Apollinariskirche 105 (Abb. 114). 117.

  ~Aquae Mattiacorum~ 40.

  ~Aquisgranum~ 184.

  ~Ara Ubiorum~ 171.

  Ardennen 8.

  Aremberg 162.

  Arenfels, Schloß 115.

  Argenfels 115.

  Arienheller Sprudel 115.

  Aßmannshausen 50. 53 (Abb. 59).

  Asterstein, Feste 77.


  Bacharach 53. 54. 57 (Abb. 63). 192.

  Bad Ems s. Ems.

  Badewörth 89.

  Balduinstein 139.

  Barmen 167 (Abb. 176). 178 ff.;
    Rittershaus-Denkmal 171 (Abb. 180);
    Ruhmeshalle 170 (Abb. 179);
    Schwebebahn 168 (Abb. 177), 178;
    Toelleturm 182.

  Barmer Artikel 181.

  Barmer Wald 182.

  Basalt 155. 156. 162.

  Basaltbrüche von Dattenberg 116.

  Bayenturm 166.

  Beilstein 99 (Abb. 108). 108.

  Belginum 88.

  Bergisches Land 174 ff.

  Bernkastel 93 (Abb. 102). 105. 106. 188.

  Bernkasteler Doktor 192.

  Bertrich 101. 110 (Abb. 111). 158. 162.

  Biburk 39.

  Biebrich 32 (Abb. 36). 39.

  Bimssandsteinziegel, Herstellung 112. 161.

  Bingen 46. 47 (Abb. 54). 49 (Abb. 55). 51 (Abb. 57). 88. 188. 189.

  Bingerbrück 49 (Abb. 55). 46. 48.

  Binger Loch 24. 52.

  Birresborn 158.

  Blankenberg 130.

  Blüchertal 55.

  Bocksteiner 192.

  Bodendorf 120. 192.

  Bodenheimer 189.

  Bodentaler 192.

  Bonifatius 28.

  Bonn 124 ff.;
    Lage 125 f.;
    Arndt-Denkmal 115 (Abb. 123);
    Beethoven-Denkmal 117 (Abb. 125);
    Bismarck-Säule 121 (Abb. 124);
    Kriegerdenkmal 116 (Abb. 124);
    Marktplatz 120 (Abb. 128);
    Münster 118 (Abb. 126);
    Inneres des Münsters 119 (Abb. 127);
    Rheinbrücke 110 (Abb. 119);
    das Bröckemännche der Rheinbrücke 114 (Abb. 122);
    Rheinischer Humor in den Bildhauerarbeiten der Rheinbrücke 113 (Abb. 121);
    Zollhäuschen auf der Rheinbrücke 111 (Abb. 120);
    Universität 120 (Abb. 129).

  Boppard 63. 64 (Abb. 71); 65 (Abb. 72); 161. 192.

  Bopparder Hamm 64. 65.

  Bornhofen, Kloster 63.

  Braubach 65. 66. 67 (Abb. 74).

  Brauneberger 192.

  Braunkohlenformation 153. 154.

  Breiberg, Großer 156.

  Breiberge 156.

  Bremme, zur goldenen 98.

  Brohl 114. 161.

  Brohltal 161. 164.

  Brüderburgen 62.

  Brühl 165.

  Brunhildenbett 39.

  Bullay 106.

  Bunte Kuh 119.

  Burg an der Wupper 163 (Abb. 174). 178.

  Burgbrohl 164.

  Burgunder Trauben 187.

  Burtscheid 184.


  Cambrium 8.

  Camp 63.

  Cappellen 68 (Abb. 75).

  ~Caradona~ 108.

  Carden 96 (Abb. 104). 108.

  Cäsars Rheinbrücken 25. 111 f. 124 f.

  Castellaun 88.

  ~Castellum Mattiacum~ 25.

  Caub 53. 56;
    Blücher-Denkmal 59 (Abb. 65).

  Cobern, Burg 108.

  Coblenz 63. 69 ff. 71 (Abb. 78). 72 (Abb. 79). 161. 188.

  Cochem 97 (Abb. 105). 105. 108;
    Burg 99 (Abb. 109). 109.

  ~Colonia Claudia Augusta Agrippinensis~ 171.

  Concordiahütte 110.

  ~Confluentes~ 70.

  Conz 101.

  Cronberg s. Kronberg.

  ~Crucinacum~ 80.

  ~Cuchuma~ 108.

  Cues 93 (Abb. 102).


  Dattenberg 116. 192.

  Daun 135 (Abb. 148). 158.

  Dernau 192.

  Deutsches Eck 74.

  Deutz 166.

  Devon 8.

  Dhaun, Schloß 80 (Abb. 88).

  Dhüntal 178.

  Diez 139.

  Dillenburg 138.

  Diluvialzeit, Diluvium 16. 34.

  Dolerit 156.

  Dolomit 9.

  Dom zu Köln 166 ff.

  Donatusberg 116.

  Donnersberg 34.

  Doppelkirche von Schwarzrheindorf 134 (Abb. 150). 165.

  Dornburg 137.

  Drachenblut 149. 192.

  Drachenburg, Schloß 109 (Abb. 118). 123. 132 (Abb. 142). 133 (Abb. 143).

  Drachenfels 123. 131 (Abb. 141). 125. 142 ff. 155. 156. 192;
    Ruine 133 (Abb. 144);
    der Sänger vom 134 (Abb. 146);
    Zahnradbahn 109 (Abb. 118).

  Drachensage 148.

  Drusilek 25.

  Drusus 25.

  Drususkastelle 112. 113. 116.

  Düsseldorf 178. 182 ff.;
    Königl. Kunstakademie 177 (Abb. 183);
    Städtische Kunsthalle und Bismarck-Denkmal 175 (Abb. 182);
    Malkasten, Gartenseite 179 (Abb. 184);
    Provinzial-Ständehaus 180 (Abb. 185);
    Rathaus und Jan Wellem-Denkmal 173 (Abb. 181).


  Eberbach 43 (Abb. 48). 43. 188;
    Kelterraum 43 (Abb. 49).

  Ebernburg 76 (Abb. 84). 91;
    Hutten-Sickingen-Denkmal 77 (Abb. 85). 92. 94.

  Effern 172.

  Ehrenbreitstein 68. 70 (Abb. 77). 76. 78.

  Ehrenburg 98 (Abb. 107). 108.

  Ehrenfels 50 (Abb. 56). 48.

  Ehrental 98.

  Eifel 157;
    Hohe 162;
    vulkanische 158;
    Landschaftscharakter 163.

  Eifelgau 157.

  Eifelverein 157.

  Eigelstein 25.

  Eisenbergbau 10.

  Eisenindustrie 99.

  Eislöcher 137.

  Eitorf 130.

  Elberfeld 169 (Abb. 178). 178 ff.;
    Schwebebahn 168 (Abb. 177).

  Elisabethquelle 89.

  Eltville (Elfeld) 42 (Abb. 46). 43. 191.

  Eltz, Burg 142 (Abb. 156). 164;
     Burghof 143 (Abb. 157).

  Eltztal 164.

  Ems 139;
    von der Bäderlei gesehen 127 (Abb. 138);
    Kurhaus und Kurgarten 126 (Abb. 137).

  Engers 111. 140. 142.

  Enghöller 192.

  Enkirch 108.

  Eppstein 30 (Abb. 34). 31 (Abb. 35). 39.

  Erbach 43.

  Erbeskopf 84.

  Erden 110. 192.

  Ernstberg 158.

  Erpeler Ley 14. 123.

  Errwald 13. 84.

  Erzschätze 138.

  Eschbachtal 177. 178.


  Faitzberg 48.

  Falkenburg 52. 54 (Abb. 60).

  Falkenlei 158.

  Falkenstein 38.

  Federweißer 188.

  Feldberg 38.

  Feste Asterstein 77.

  Filsen 63. 64 (Abb. 71).

  Flußterrassen 14.

  Frankfurt 5 (Abb. 4). 19 ff.;
    im siebzehnten Jahrhundert 4 (Abb. 3);
    Börse 12 (Abb. 11);
    Dom 9 (Abb. 8);
    Eschenheimer Turm 13 (Abb. 12);
    Haus Frauenstein und Salzhaus am Römerberg 8 (Abb. 7);
    Goethe-Denkmal 11 (Abb. 10);
    Goethe-Haus 10 (Abb. 9). 22;
    Kaisersaal im Römer 6 (Abb. 5);
    Opernhaus 14 (Abb. 13);
    Palmengarten 15 (Abb. 14);
    im Palmenhause des Palmengartens 15 (Abb. 15);
    Römer und Gerechtigkeitsbrunnen 7 (Abb. 6).

  Freies Deutsches Hochstift 22.

  Frickhofen 137.

  Friedberg 27 (Abb. 30). 38.

  Friedrichshof, Schloß 28 (Abb. 30). 38.

  Friedrich Wilhelms-Hütte 130.

  Fuchskauten 134.

  Fürstenberg, Burg 54.


  Gans 92.

  Gänsehals, Hoher 160. 161.

  Garnbleicherei 181.

  Geisberg 155. 156. 192.

  Geisenheim 43. 45 (Abb. 52). 191.

  Geisenheimer Rotenberg 190.

  Gemünd 138. 164.

  Gemündener Maar 158. 159.

  Geologische Einführung 6.

  Gerolstein 9. 139 (Abb. 155). 158. 164.

  Gillenfeld 158.

  St. Goar 60. 61 (Abb. 67).

  St. Goarshausen 60. 62 (Abb. 68 u. 69);
    Burg Reichenberg 63 (Abb. 70).

  Godesberg 129 (Abb. 140). 125. 147.

  Goldberg 158.

  Goldene Meile 115.

  Graach 110. 192.

  Grafenwerth 146.

  Gräfenberg 190.

  Grauwacke 8.

  Grenzhausen 140.

  Großer Breiberg 156.

  Großer Feldberg 38.

  Großer Ölberg 156.

  Großer Weilberg 155.

  Grünhäuser 192.

  Güls 78.

  Gürzenich 167.

  Gutenfels, Burg 56. 59 (Abb. 65).


  Haardt 91.

  Hachenburg 134.

  Hadamar 137.

  Hallgarten 43.

  Hamm, Bopparder 64. 65.

  Hammerstein, Burg 114.

  Hattenheim 43.

  Heide 163.

  Heimburg 52.

  Heimersheim 192.

  Heisterbach, Klosterruine 135 (Abb. 147). 144. 151.

  Herborn 138.

  Hersel 165.

  Hillesheim 158.

  Hirschberg 156.

  Hochheim 190.

  Höchst 35.

  Hochwald 13. 80. 84.

  Hock 190.

  Höhe (Taunus) 34.

  Hohe Acht 162.

  Hohe Eifel 162.

  Hoher Gänsehals 160. 161.

  Hoher Westerwald 134.

  Hohes Venn 8. 162.

  Höhr 140. 141.

  Hölle 155.

  Homburg vor der Höhe 24 (Abb. 25). 35;
    Schloß 25 (Abb. 26).

  Honnef 146;
    vom Leiberg gesehen 134 (Abb. 145).

  Hönningen 115.

  Hubertussprudel 115.

  Hüffelsheim 94.

  Hunsrück 9. 13. 78 ff.

  Hunsrücker Dialekt 87. 88.

  Hutten, Ulrich von 94.


  Idar 96.

  Idarbach 96.

  Idarkopf 84.

  Idarwald 13. 80. 84.

  Igeler Säule 102.

  Ingelheimer Aue 39.


  Jan van Werth 166.

  St. Johann 97. 98.

  Johannisberg, Schloß und Dorf 43. 44 (Abb. 50).

  Johannisberger 190.

  Josephshöfer 192.


  Kaiserberg bei Linz 116.

  Kaiser Friedrich-Höhe 182.

  Kaiser Wilhelm-Brücke bei Müngsten 161 (Abb. 172). 175.

  Kalvarienberg 120.

  Kammereck 53. 56.

  Kandelwald 162.

  Kannenbäckerland 140.

  Karbonzeit 10.

  Karden s. Carden.

  Karlshalle, Saline 91.

  Karneval, Kölner 173.

  Karthäuser 192.

  Karthause 77.

  Kaseler 192.

  Kastel 25.

  Katz, Ruine 60. 62 (Abb. 68).

  Kauzenberg 74 (Abb. 81). 90. 191.

  Kelberg 162.

  Kelter alter Art (vom Jahre 1650) 190 (Abb. 191);
    hydraulische  (moderner Betrieb) 191 (Abb. 192).

  Kermeter 163.

  Kierberg 165.

  Kirn 79 (Abb. 87). 94.

  Kirschenernte 63.

  Klause 82 (Abb. 91).

  Kleiner Feldberg 38.

  Klima, Westerwald 135.

  Klopp, Burg 46.

  Koblenz s. Coblenz.

  Köln 145 (Abb. 159). 155. 166 ff.;
    Köln im 16. Jahrhundert 150 (Abb. 164);
    Denkmal Kaiser Wilhelms ~I.~ 152 (Abb. 166);
    Dom, Westansicht 147 (Abb. 162);
    Inneres des Domes 149 (Abb. 163);
    Dombild 4 (Abb. 2);
    Hahnentor 155 (Abb. 168);
    Hauptpostamt 156 (Abb. 169);
    Karneval 173;
    Karneval 159 (Abb. 170);
    Madonna im Rosenhag, Gemälde 154 (Abb. 167);
    Rathaus 146 (Abb. 161);
    Rheinbrücke 125 (Abb. 159);
    Ringstraße 151 (Abb. 165).

  Kölner Bucht 12. 164 ff.

  Kondelwald 13.

  Königsdorf 165.

  Königstein 29 (Abb. 32). 38.

  Königsstuhl 66 (Abb. 73).

  Königssundragau 40.

  Königswinter 123. 131 (Abb. 141). 142.

  Kranenberg 114.

  Kranzmaar 165.

  Krater 158.

  Kraterseen 158.

  Kreuzberg 125.

  Kreuznach 73 (Abb. 80). 74 (Abb. 81). 88 ff. 188. 191.

  Kronberg 26 (Abb. 29). 38.

  Kroppach 130.

  Kroppacher Schweiz 130 ff.

  Krufter Ofen 160.

  Kuhberg 91.

  Kühkopf 68. 110.

  Kühlsbrunnen 155.

  Kyll 140 (Abb. 154). 163.

  Kyllburg 140 (Abb. 154).

  Kylltal 140 (Abb. 154). 164.

  Kyrburg 79 (Abb. 87). 164.


  Laach 160;
    Abtei und Laacher See 136 (Abb. 150);
    Kreuzgang der Abteikirche 137 (Abb. 151).

  Laacher Roteberg 160.

  Laacher See 8. 160.

  Laacherkopf 160.

  Lahneck 68.

  Lahnstein 66.

  Lahntal 137 ff.

  Landshut, Burg 93 (Abb. 102).

  Landskrone 121.

  Langendorf 112.

  Langenlonsheim 191.

  Langenschwalbach 41.

  Laubenheimer 189.

  Lavagewinnung 161.

  Lenneschiefer 9.

  Leukbach 100.

  Liebenstein 62.

  Liebfrauenmilch 189.

  Lieser 110. 192.

  Limburg an der Lahn 122 (Abb. 133). 137 f.;
    Inneres des Domes 123 (Abb. 134).

  Limburger Becken 12.

  Limes 37.

  Linz 14. 115. 116. 192.

  Lochmühle 118.

  Lohrberg 155. 156.

  Lorch 42. 52. 53. 56 (Abb. 62). 192.

  Loreleyfelsen 53. 56. 58. 60 (Abb. 66).

  Losheimer Wald 162. 163.

  Löß 16. 34.

  Lousberg 184.

  Löwenburg 142. 152. 153. 156.

  Lurlei (Lorelei) 53. 56. 60 (Abb. 66).

  Lützel-Coblenz 72.

  Lützerbach 117.


  Maare 158 ff.

  Main 19. 24.

  Mainz 17 (Abb. 18). 18. 23 ff. 188;
    Haus „zum Boderam“ am Markt 21 (Abb. 22);
    Dom 18 (Abb. 19). 30;
    Nördl. Kreuzgang im Dom 19 (Abb. 20);
    Gutenberg-Denkmal 20 (Abb. 21). 31;
    Gymnasium 22 (Abb. 23);
    Kreuzaltar in der Peterskirche 23 (Abb. 24);
    Kurfürstliches Schloß 16 (Abb. 17);
    Innere Ansicht der Stadthalle 16 (Abb. 18);
    Umgebung 32.

  Mainzer Becken 12. 18. 34.

  Malstatt-Burbach 100.

  Manderscheid 158. 159;
    Ober- und Niederburg 141 (Abb. 155). 164.

  Manubach 55.

  Marcobrunnen 42 (Abb. 47). 43.

  Marcobrunner 190.

  Margarethenhof 152.

  Marienburg 91 (Abb. 100). 92 (Abb. 101). 105. 108.

  Marienstatt 121 (Abb. 131). 134.

  Marksburg 65 ff. 67 (Abb. 74).

  Maus 60.

  Mäuseturm 48. 50 (Abb. 56).

  Mayen 161. 164.

  Mayschoß 118. 192.

  Meerfelder Maar 159.

  Merzig 100.

  Mettlach 100.

  Michelsberg 162.

  Minderberg 116.

  ~Moguntiacum~ 24.

  Mondorf 165.

  Monrepos 142.

  Montabaur 140.

  Montroyal, Festung 108.

  Moosbach 175.

  Mosel 78. 101. 108 ff.

  Moselkern 161.

  Moselwein 192.

  Moselweiß 78.

  Mosenberg 164.

  Most 188.

  Mühltal 64. 65 (Abb. 72).

  Müngsten, Kaiser Wilhelm-Brücke 161 (Abb. 172). 175.

  Münster am Stein 76 (Abb. 83). 90. 92. 191.

  Münstereifel 162.


  Nachtigallental 155.

  Nahe 46. 49 (Abb. 55). 78. 191.

  Nahewein 191.

  Nassau 124 (Abb. 135). 139;
    Denkmal des Freiherrn vom Stein 125 (Abb. 136).

  Nationaldenkmal auf dem Niederwald 43. 46 (Abb. 53).

  Nauheim 26 (Abb. 28). 38.

  Nennig 102.

  Nerotal 41.

  Nette 113. 164.

  Neuenahr 107 (Abb. 116). 120.

  Neumagen 88. 108.

  Neunkirchen 97.

  Neuwied 77. 111. 112.

  Neuwieder Becken 12. 77. 79. 110.

  Niederbiber 113.

  Niederbreisig 115.

  Niederheimbach 52.

  Niederlahnstein 68. 77.

  Niedermendig 161.

  Niedermennig 101.

  Niederspay 63. 65.

  Niederwald, Nationaldenkmal 43. 46 (Abb. 53). 47 (Abb. 54).

  Niederwerth 110.

  Niersteiner 189.

  Nister 130.

  Nollich, Burg 53.

  Nonnenstromberg 156.

  Nonnenwerth Abb. 1 (Titelbild). 125. 146.

  Norheim 94. 191.

  ~Noviomagus~ 108.


  Oberdiebach 55.

  Oberemmel 101. 192.

  Oberingelheimer 189.

  Oberkasseler Heide 156.

  Oberlahnstein 68. 69 (Abb. 76). 77.

  Oberrheinische Tiefebene 18.

  Oberspay 63. 65.

  Oberstein 81 (Abb. 89). 94. 96.

  Oberwesel 56. 58 (Abb. 64). 192.

  Oberwinter 123.

  Odenwald 34.

  Ohligs 178.

  Ohlingsberger 192.

  Ölberg 125. 142. 156.

  Olbrück, Ruine 164.

  Osterburg 89.

  Österreicher 187.

  Osterspay 63.

  Östrich 43.

  Otzenhausen 87.


  ~Palatiolum~ 108.

  Permzeit 11.

  Petersaue 39.

  Petersberg 125. 150. 156.

  Pfaffendorf 78.

  Pfaffendorfer Höhe 77.

  Pfahlgraben 37.

  Pfalz 53. 56.

  Pfalzel 108.

  Pfälzer 189.

  Pfeifenerde 140.

  Piesporter 192.

  Pliocänzeit 14.

  Poppelsdorfer Allee 125. 130;
    Schloß 130.

  Porta nigra 85 (Abb. 94). 102.

  Prüm 9. 157.

  Pulvermaar 158. 159.

  Pünderich 106.


  Quellen, warme 85.


  Ransbach 140.

  Rauenthal 41 (Abb. 45). 43.

  Rauenthaler 190.

  Rauscher Mühle 164.

  Rech 192.

  Reichenberg, Burg 63 (Abb. 70). 60.

  Reichenstein 54 (Abb. 60).

  Remagen 104 (Abb. 113). 105 (Abb. 114). 115 ff.

  Remscheid 160 (Abb. 171). 175 ff.

  Remscheider Talsperre 177.

  Rheinbleichert 192.

  Rheinbrohl 114. 115.

  Rheinbrücke Cäsars 25. 111 f. 124 f.

  Rheineck 114.

  Rheinfahrt 48 ff.

  Rheinfels 60. 61 (Abb. 67);
    Durchblick nach St. Goarshausen 62 (Abb. 69).

  Rheingau 35. 42. 190.

  Rheingrafenstein 75 (Abb. 82). 90. 92. 94.

  Rheinhessen 189.

  Rheinischer Weinbau 185 ff.

  Rheinisches Schiefergebirge 7 ff.

  Rheinknie bei Bingen 51 (Abb. 57).

  Rheinstein, Schloß 52 (Abb. 58). 50.

  Rheintal von Coblenz bis Bonn 110;
    von Rüdesheim bis Coblenz 48.

  Rheinwein 185 ff.

  Rhens 66.

  Rhöndorf 144. 155.

  Riesling 187.

  ~Rigodulum~ 108.

  ~Rigomagus~ (~Ricomagus~) 117.

  Ring 87.

  Ringwälle 87.

  Riol 108.

  Rochusberg 189.

  Rochuskapelle 46.

  Rodderberg 14. 159.

  Rödelheim 38.

  Rolandsbogen 108 (Abb. 117). 123. 146.

  Rolandseck 123;
    Nonnenwerth und Siebengebirge Abb. 1 (Titelbild).

  Rosenau 156.

  Roßstein 56.

  Roteisenstein 138.

  Rotenfels 92.

  Rotliegendes 12.

  Rotwein 187.

  Roxheim 191.

  Rüdesheim 43. 44 (Abb. 51). 188. 191.

  Rüdesheimer Berg 190.

  Runkel 138. 192.

  Ruwer 192.


  Saalburg 36;
    Porta Praetoria 25 (Abb. 27).

  Saalhof 20.

  Saar 100 f. 192.

  Saarbrücken 97.

  Saarbrückener Steinkohlenrevier 78. 97. 98.

  Saarburg 82 (Abb. 90 u. 91). 100;
    Klause 82 (Abb. 91). 100. 192.

  Saarlouis 100.

  Saartal 100.

  Sassenburg 119.

  Salm 58.

  Salzig 63. 65. 78.

  Sauerland 174.

  Schalkenmehrener Maar 136 (Abb. 149). 158.

  Schallenberg 155.

  Scharlachkopf 46. 49 (Abb. 55).

  Scharzhofberg 100. 192.

  Schauenburg 139.

  Schaumweinbereitung 191.

  Schierstein 191.

  Schlackentuffe 161.

  Schlangenbad von der Wilhelmshöhe gesehen  40 (Abb. 44). 41.

  Schleiden 163.

  Schloßberger 189.

  Schneifel 13. 58. 162.

  Schönburg 56.

  Schwalbach 41.

  Schwarzberger 189.

  Schwarzrheindorf, Doppelkirche 144 (Abb. 158). 165.

  Schwebebahn 168 (Abb. 177). 178 f.

  ~Sentiacum~ 115.

  Sickingen, Franz von 94.

  Siebengebirge Abb. 1 (Titelbild). 8. 12. 125. 129 (Abb. 140).
    131 (Abb. 141). 142 ff.

  Sieg 130. 165.

  Siegburg 126. 130.

  Siershahn 140.

  Silur 8.

  Simmern 88.

  Sinzig 115.

  Sobernheim 94. 191.

  Soden 29 (Abb. 33). 39.

  Solingen 162 (Abb. 173). 175. 176.

  Sooneck 52. 55 (Abb. 61).

  Soonwald 34. 80. 84.

  Spateisenstein 139.

  Spicherer Höhen 98.

  Sponheim 88.

  Städtebund 28.

  Stahleck, Burg 57 (Abb. 63). 54. 55.

  Stauweiher 177.

  Steeg 55. 192.

  Stein, Burg bei Nassau 139.

  Stein, Schloß a. d. Nahe 92.

  Steinberg 162. 190.

  Steinkohlengebirge 78. 97. 98.

  Steinkohlenzeit 10.

  Stenzelberg 156.

  Sterrenberg 62.

  Stolzenfels 68 (Abb. 75). 66. 69 (Abb. 76).

  Stromberg 150.

  Sylvaner 150.


  Talsperren 138 (Abb. 152). 164. 177.

  Taunus 9. 34. 41.

  Taunusquarzit 9.

  Theodorshalle, Saline 91.

  Tertiärbecken von Mainz 34.

  Tertiärzeit 12. 14. 153. 154.

  Teufelsleiter 53.

  Thurant, Burg 108.

  Toelleturm 182.

  Tonindustrie, Westerwalder 141.

  Töpferkunst 141.

  Traben-Trarbach 75 (Abb. 103). 106. 188.

  Trabener Berg 108.

  Trachyt 155 ff.

  Traß 161.

  Trechtingshausen 52.

  Treis 108.

  Treisen 94.

  Triaszeit 12.

  Trier 83 (Abb. 92). 101 ff. 188;
    Gründung 101;
    Dom und Liebfrauenkirche 86 (Abb. 96);
    Innenansicht des Domes 87 (Abb. 97);
    Portal der Liebfrauenkirche 89 (Abb. 98);
    Hauptmarkt, St. Gangolfskirche und Rotes Haus 84 (Abb. 93);
    Kaiserpalast 85 (Abb. 95);
    Porta nigra 85 (Abb. 94). 102.

  ~Trisvilla~ 108.


  Ubier 171.

  Unterer Westerwald 134.

  Urft-Talsperre 138 (Abb. 152). 164.

  Urmitz 111. 112. 161.

  Urmitzer Werth 111.


  Vallendar 110.

  Variskische Alpen 7.

  Vautsberg 48.

  Venn, Hohes 8.

  Venusberg 130.

  Verschönerungsverein für das Siebengebirge 152.

  Vierseenplatz 64.

  Vohwinkel 178.

  Voigtsberg 48.

  Völklingen 100.

  Vollrads, Schloß 43. 190.

  Vordereifel 158.

  Vorgebirge 164.

  Vulkanberge 12. 158 ff.


  Walporzheim 118. 119. 192.

  Wawerner Herrenberg 100. 192.

  Weiden 172.

  Weilberg, Großer 155. 156.

  Weilburg 138.

  Wein 185 ff;
    Erste Probe 189 (Abb. 190);
    Abladen und Messen 189 (Abb. 189).

  Weinbau 42. 185 ff.

  Weinorte, berühmte 189 ff.

  Weinfelder Maar 158. 159.

  Weinlese 188.

  Weißenthurm 112. 161.

  Weißes Kreuz 118.

  Weißwein 187.

  Wesseling 165.

  Westerburg 122 (Abb. 132). 134.

  Westerwald 12. 130 ff.

  Westerwalder Tonindustrie 141.

  Wied 113. 142.

  Wiesbaden 33 (Abb. 37). 39 ff.;
    Griechische Kapelle am Neroberg 39 (Abb. 43);
    Kaiser Wilhelmdenkmal 34 (Abb. 38);
    Kochbrunnen 40;
    Kochbrunnenplatz 38 (Abb. 42);
    Königliches Theater 35 (Abb. 39);
    Rathaus 36 (Abb. 40);
    Kurhaus 37 (Abb. 41).

  Wildes Gefährt 53.

  Wildgrafen 94.

  Wiltinger Berg 100.

  Winfried 28.

  Winkel 43.

  Winkler Hasensprung 190.

  Winningen 110. 159. 188 f. 192.

  Wintermühlenhof 153. 155.

  Winzer und Winzerinnen bei der Lese 186 (Abb. 188).

  Wispertal 54.

  Wissen 130.

  Wolkenburg 153. 156.

  Wupper 174.

  Wuppertal 175. 182.


  Xanten 111.


  Zell an der Mosel 97 (Abb. 106). 105. 106.

  Zeltingen 100 (Abb. 110). 110. 192.

[Illustration: RHEINLANDE.]




        
            *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK AM RHEIN ***
        

    

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Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg™

Project Gutenberg™ is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of
computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
from people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s
goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will
remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg™ and future
generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org.

Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification
number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
U.S. federal laws and your state’s laws.

The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West,
Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up
to date contact information can be found at the Foundation’s website
and official page at www.gutenberg.org/contact

Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread
public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine-readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment. Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements. We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state
visit www.gutenberg.org/donate.

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg web pages for current donation
methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations. To
donate, please visit: www.gutenberg.org/donate.

Section 5. General Information About Project Gutenberg™ electronic works

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
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freely shared with anyone. For forty years, he produced and
distributed Project Gutenberg™ eBooks with only a loose network of
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