Der junge Gelehrte: Ein Lustspiel in drei Aufzügen

By Gotthold Ephraim Lessing

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Title: Der junge Gelehrte

Author: Gotthold Ephraim Lessing

Posting Date: October 3, 2014 [EBook #9369]
Release Date: November, 2005
First Posted: September 25, 2003

Language: German


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Der junge Gelehrte

Ein Lustspiel in drei Aufzügen

Gotthold Ephraim Lessing

Verfertigt im Jahre 1747



Personen:

Chrysander, ein alter Kaufmann Damis, der junge Gelehrte, Chrysanders
Sohn Valer Juliane Anton, Bedienter des Damis Lisette

Der Schauplatz ist die Studierstube des Damis.




Erster Aufzug




Erster Auftritt

Damis (am Tische unter Büchern).  Anton.


Damis.  Die Post also ist noch nicht da?

Anton.  Nein.

Damis.  Noch nicht?  Hast du auch nach der rechten gefragt?  Die Post
von Berlin--

Anton.  Nun ja doch; die Post von Berlin; sie ist noch nicht da!  Wenn
sie aber nicht bald kömmt, so habe ich mir die Beine abgelaufen.  Tun
Sie doch, als ob sie Ihnen, wer weiß was, mitbringen würde!  Und ich
wette, wenn's hoch kömmt, so ist es eine neue Scharteke oder eine
Zeitung oder sonst ein Wisch.--

Damis.  Nein, mein guter Anton; dasmal möchte es etwas mehr sein.  Ah!
wann du es wüßtest--

Anton.  Will ich's denn wissen?  Es würde mir weiter doch nichts
helfen, als daß ich einmal wieder über Sie lachen könnte.  Das ist mir
gewiß etwas Seltnes?--Haben Sie mich sonst noch wohin zu schicken?
Ich habe ohnedem auf dem Ratskeller eine kleine Verrichtung;
vielleicht ist's ein Gang?  Nu?

Damis (erzürnt).  Nein, Schurke!

Anton.  Da haben wir's!  Er hat alles gelesen, nur kein
Komplimentierbuch.--Aber besinnen Sie sich.  Etwa in den Buchladen?

Damis.  Nein, Schurke!

Anton.  Ich muß das Schurke so oft hören, daß ich endlich selbst
glauben werde, es sei mein Taufname.--Aber zum Buchbinder?

Damis.  Schweig, oder--

Anton.  Oder zum Buchdrucker?  Zu diesen dreien, Gott sei Dank! weiß
ich mich, wie das Färbepferd um die Rolle.

Damis.  Sieht denn der Schlingel nicht, daß ich lese?  Will er mich
noch länger stören?

Anton (beiseite).  St!  Er ist im Ernste böse geworden.  Lenk ein,
Anton.--Aber, sagen Sie mir nur, was lesen Sie denn da für ein Buch?
Potz Stern, was das für Zeug ist!  Das verstehen Sie?  Solche
Krakelfüße, solche fürchterliche Zickzacke, die kann ein Mensch lesen?
Wann das nicht wenigstens Fausts Höllenzwang ist--Ach, man weiß es ja
wohl, wie's den Leuten geht, die alles lernen wollen.  Endlich
verführt sie der böse Geist, daß sie auch hexen lernen.--

Damis (nimmt sein muntres Wesen wieder an).  Du guter Anton!  Das ist
ein Buch in hebräischer Sprache.--Des Ben Maimon Jad chasaka.

Anton.  Ja doch; wer's nur glauben wollte!  Was Hebräisch ist, weiß
ich endlich auch.  Ist es nicht mit der Grundsprache, mit der
Textsprache, mit der heiligen Sprache einerlei?  Die warf unser Pfarr,
als ich noch in die Schule ging, mehr als einmal von der Kanzel.  Aber
so ein Buch, wahrhaftig! hatte er nicht; ich habe alle seine Bücher
beguckt; ich mußte sie ihm einmal von einem Boden auf den andern
räumen helfen.

Damis.  Ha! ha! ha! das kann wohl sein.  Es ist Wunders genug, wenn
ein Geistlicher auf dem Lande nur den Namen davon weiß.  Zwar, im
Vertrauen, mein lieber Anton, die Geistlichen überhaupt sind schlechte
Helden in der Gelehrsamkeit.

Anton.  Nu, nu, bei allen trifft das wohl nicht ein.  Der Magister in
meinem Dorfe wenigstens gehört unter die Ausnahme.  Versichert! der
Schulmeister selber hat mir es mehr als einmal gesagt, daß er ein sehr
gelehrter Mann wäre.  Und dem Schulmeister muß ich das glauben; denn
wie mir der Herr Pfarr oft gesagt hat, so ist er keiner von den
schlechten Schulmeistern; er versteht ein Wort Latein und kann davon
urteilen.

Damis.  Das ist lustig!  Der Schulmeister also lobt den Pfarr, und der
Pfarr, nicht unerkenntlich zu sein, lobt den Schulmeister.  Wenn mein
Vater zugegen wäre, so würde er gewiß sagen: Manus manum lavat.  Hast
du ihm die alberne Gewohnheit nicht angemerkt, daß er bei aller
Gelegenheit ein lateinisches Sprüchelchen mit einflickt?  Der alte
Idiote denkt, weil er so einen gelehrten Sohn hat, müsse er doch auch
zeigen, daß er einmal durch die Schule gelaufen sei.

Anton.  Hab ich's doch gedacht, daß es etwas Albernes sein müsse; denn
manchmal mitten in der Rede murmelt er etwas her, wovon ich kein Wort
verstehe.

Damis.  Doch schließe nur nicht daraus, daß alles albern sei, was du
nicht verstehst.  Ich würde sonst viel albernes Zeug wissen.--Aber, o
himmlische Gelehrsamkeit, wieviel ist dir ein Sterblicher schuldig,
der dich besitzt!  Und wie bejammernswürdig ist es, daß dich die
wenigsten in deinem Umfange kennen!  Der Theolog glaubt dich bei einer
Menge heiliger Sprüche, fürchterlicher Erzählungen und einiger übel
angebrachten Figuren zu besitzen.  Der Rechtsgelehrte bei einer
unseligen Geschicklichkeit, unbrauchbare Gesetze abgestorbner Staaten,
zum Nachteile der Billigkeit und Vernunft, zu verdrehen und die
fürchterlichsten Urtel in einer noch fürchterlichern Sprache
vorzutragen.  Der Arzt endlich glaubt sich wirklich deiner bemächtiget
zu haben, wann er durch eine Legion barbarischer Wörter die Gesunden
krank und die Kranken noch kränker machen kann.  Aber, o betrogene
Toren! die Wahrheit läßt euch nicht lange in diesem sie schimpfenden
Irrtume.  Es kommen Gelegenheiten, wo ihr selbst erkennet, wie
mangelhaft euer Wissen sei; voll tollen Hochmuts beurteilet ihr
alsdann alle menschliche Erkenntnis nach der eurigen und ruft wohl gar
in einem Tone, welcher alle Sterbliche zu bejammern scheinet, aus:
Unser Wissen ist Stückwerk!  Nein, glaube mir, mein lieber Anton: der
Mensch ist allerdings einer allgemeinen Erkenntnis fähig.  Es leugnen,
heißt ein Bekenntnis seiner Faulheit oder seines mäßigen Genies
ablegen.  Wenn ich erwäge, wieviel ich schon nach meinen wenigen
Jahren verstehe, so werde ich von dieser Wahrheit noch mehr überzeugt.
Lateinisch, Griechisch, Hebräisch, Französisch, Englisch,
Italienisch--das sind sechs Sprachen, die ich alle vollkommen besitze:
und bin erst zwanzig Jahr alt!

Anton.  Sachte!  Sie haben eine vergessen; die deutsche--

Damis.  Es ist wahr, mein lieber Anton; das sind also sieben Sprachen;
und ich bin erst zwanzig Jahr alt!

Anton.  Pfui doch, Herr!  Sie haben mich oder sich selbst zum besten.
Sie werden doch das, daß Sie Deutsch können, nicht zu Ihrer
Gelehrsamkeit rechnen?  Es war ja mein Ernst nicht.--

Damis.  Und also denkst du wohl selber Deutsch zu können?

Anton.  Ich? ich? nicht Deutsch!  Es wäre ein verdammter Streich, wenn
ich Kalmuckisch redete und wüßte es nicht.

Damis.  Unter können und können ist ein Unterschied.  Du kannst
Deutsch, das ist: du kannst deine Gedanken mit Tönen ausdrücken, die
einem Deutschen verständlich sind; das ist, die ebendie Gedanken in
ihm erwecken, die du bei dir hast.  Du kannst aber nicht Deutsch, das
ist: du weißt nicht, was in dieser Sprache gemein oder niedrig, rauh
oder annehmlich, undeutlich oder verständlich, alt oder gebräuchlich
ist; du weißt ihre Regeln nicht; du hast keine gelehrte Kenntnis von
ihr.

Anton.  Was einem die Gelehrten nicht weismachen wollen!  Wenn es nur
auf Ihr "das ist" ankäme, ich glaube, Sie stritten mir wohl gar noch
ab, daß ich essen könnte.

Damis.  Essen?  Je nun wahrhaftig, wenn ich es genau nehmen will, so
kannst du es auch nicht.

Anton.  Ich? ich nicht essen?  Und trinken wohl auch nicht?

Damis.  Du kannst essen, das ist: du kannst die Speisen zerschneiden,
in Mund stecken, kauen, herunterschlucken und so weiter.  Du kannst
nicht essen, das ist: du weißt die mechanischen Gesetze nicht, nach
welchen es geschiehet; du weißt nicht, welches das Amt einer jeden
dabei tätigen Muskel ist; ob der Digastrikus oder der Masseter, ob der
Pterygoideus internus oder externus, ob der Zygomatikus oder der
Platysmamyodes, ob--

Anton.  Ach ob, ob!  Das einzige Ob, worauf ich sehe, ist das, ob mein
Magen etwas davon erhält und ob mir's bekömmt.--Aber wieder auf die
Sprache zu kommen.  Glauben Sie wohl, daß ich eine verstehe, die Sie
nicht verstehen?

Damis.  Du, eine Sprache, die ich nicht verstünde?

Anton.  Ja; raten Sie einmal.

Damis.  Kannst du etwa Koptisch?

Anton.  Foptisch?  Nein, das kann ich nicht.

Damis.  Chinesisch?  Malabarisch?  Ich wüßte nicht woher.

Anton.  Wie Sie herumraten.  Haben Sie meinen Vetter nicht gesehn?  Er
besuchte mich vor vierzehn Tagen.  Der redete nichts als diese Sprache.

Damis.  Der Rabbi, der vor kurzen zu mir kam, war doch wohl nicht dein
Vetter?

Anton.  Daß ich nicht gar ein Jude wäre!  Mein Vetter war ein Wende;
ich kann Wendisch; und das können Sie nicht.

Damis (nachsinnend).  Er hat recht.--Mein Bedienter soll eine Sprache
verstehen, die ich nicht verstehe?  Und noch dazu eine Hauptsprache?
Ich erinnere mich, daß ihre Verwandtschaft mit der hebräischen sehr
groß sein soll.  Wer weiß, wieviel Stammwörter, die in dieser verloren
sind, ich in jener entdecken könnte!--Das Ding fängt mir an, im Kopfe
herumzugehen!

Anton.  Sehen Sie!--Doch wissen Sie was?  Wenn Sie mir meinen Lohn
verdoppeln, so sollen Sie bald so viel davon verstehen als ich selbst.
Wir wollen fleißig miteinander wendisch parlieren, und--Kurz,
überlegen Sie es.  Ich vergesse über dem verdammten Plaudern meinen
Gang auf den Ratskeller ganz und gar.  Ich bin gleich wieder zu Ihren
Diensten.

Damis.  Bleib itzt hier; bleib hier.

Anton.  Aber Ihr Herr Vater kömmt.  Hören Sie?  Wir könnten doch nicht
weiterreden.  (Geht ab.)

Damis.  Wenn mich doch mein Vater ungestört lassen wollte.  Glaubt er
denn, daß ich so ein Müßiggänger bin wie er?




Zweiter Auftritt

Damis.  Chrysander.


Chrysander.  Immer über den verdammten Büchern!  Mein Sohn, zuviel ist
zuviel.  Das Vergnügen ist so nötig als die Arbeit.

Damis.  O Herr Vater, das Studieren ist mir Vergnügens genug.  Wer
neben den Wissenschaften noch andere Ergötzungen sucht, muß die wahre
Süßigkeit derselben noch nicht geschmeckt haben.

Chrysander.  Das sage nicht!  Ich habe in meiner Jugend auch studiert;
ich bin bis auf das Mark der Gelehrsamkeit gekommen.  Aber daß ich
beständig über den Büchern gelegen hätte, das ist nicht wahr.  Ich
ging spazieren; ich spielte; ich besuchte Gesellschaften; ich machte
Bekanntschaft mit Frauenzimmern.  Was der Vater in der Jugend getan
hat, kann der Sohn auch tun; soll der Sohn auch tun.  A bove majori
discat arare minor! wie wir Lateiner reden.  Besonders das
Frauenzimmer laß dir, wie wir Lateiner reden, de meliori empfohlen
sein!  Das sind Narren, die einen jungen Menschen vor das Frauenzimmer
ärger als vor Skorpionen warnen; die es ihm, wie wir Lateiner reden,
cautius sanguine viperino zu fliehen befehlen.--

Damis.  Cautius sanguine viperino?  Ja, das ist noch Latein!  Aber wie
heißt die ganze Stelle?

Cur timet flavum Tiberim tangere? cur olivum Sanguine viperino Cautius
vitat?--

Oh, ich höre schon, Herr Vater, Sie haben auch nicht aus der Quelle
geschöpft!  Denn sonst würden Sie wissen, daß Horaz in ebender Ode die
Liebe als eine sehr nachteilige Leidenschaft beschreibt, und das
Frauenzimmer--

Chrysander.  Horaz!  Horaz!  Horaz war ein Italiener und meinet das
italienische Frauenzimmer.  Ja vor dem italienischen warne ich dich
auch! das ist gefährlich!  Ich habe einen guten Freund, der in seiner
Jugend--Doch still! man muß kein Ärgernis geben.--Das deutsche
Frauenzimmer hingegen, o das deutsche! mit dem ist es ganz anders
beschaffen.--Ich würde der Mann nicht geworden sein, der ich doch bin,
wenn mich das Frauenzimmer nicht vollends zugestutzt hätte.  Ich
dächte, man sähe mir's an.  Du hast tote Bücher genug gelesen; guck
einmal in ein lebendiges!

Damis.  Ich erstaune--

Chrysander.  O du wirst noch mehr erstaunen, wenn du erst tiefer
hineingehen wirst.  Das Frauenzimmer, mußt du wissen, ist für einen
jungen Menschen eine neue Welt, wo man so viel anzugaffen, so viel zu
bewundern findet--

Damis.  Hören Sie mich doch!  Ich erstaune, will ich sagen, Sie eine
Sprache führen zu hören, in der wahrhaftig diejenigen Vorschriften
nicht ausgedruckt waren, die Sie mir mit auf die hohe Schule gaben.

Chrysander.  Quae, qualis, quanta!  Jetzt und damals!  Tempora
mutantur! wie wir Lateiner sagen.

Damis.  Tempora mutantur?  Ich bitte Sie, legen Sie doch die
Vorurteile des Pöbels ab.  Die Zeiten ändern sich nicht.  Denn lassen
Sie uns einmal sehen: was ist die Zeit?--

Chrysander.  Schweig! die Zeit ist ein Ding, das ich mir mit deinem
unnützen Geplaudre nicht will verderben lassen.  Meine damaligen
Vorschriften waren nach dem damaligen Maße deiner Erfahrung und deines
Verstandes eingerichtet.  Nun aber traue ich dir von beiden so viel zu,
daß du Ergötzlichkeiten nicht zu Beschäftigungen machen wirst.  Aus
diesem Grunde rate ich dir also--

Damis.  Ihre Reden haben einigen Schein der Wahrheit.  Allein ich
dringe tiefer.  Sie werden es gleich sehen.  Der Status Controversiä
ist--

Chrysander.  Ei, der Status Controversiä mag meinetwegen in Barbara
oder in Celarent sein.  Ich bin nicht hergekommen mit dir zu
disputieren, sondern--

Damis.  Die Kunstwörter des Disputierens zu lernen?  Wohl!  Sie müssen
also wissen, daß weder Barbara noch Celarent den Statum--

Chrysander.  Ich möchte toll werden!  Bleib Er mir, Herr Informator,
mit den Possen weg, oder--

Damis.  Possen? diese seltsamen Benennungen sind zwar Überbleibsel der
scholastischen Philosophie, das ist wahr; aber doch solche
Überbleibsel--

Chrysander.  Über die ich die Geduld verlieren werde, wann du mich
nicht bald anhörst.  Ich komme in der ernsthaftesten Sache von der
Welt zu dir,--denn was ist ernsthafter als heiraten?--und du--

Damis.  Heiraten?  Des Heiratens wegen zu mir? zu mir?

Chrysander.  Ha! ha!  Macht dich das aufmerksam?  Also ausculta et
perpende!

Damis.  Ausculta et perpende? ausculta et perpende?  Ein glücklicher
Einfall--

Chrysander.  Oh, ich habe Einfälle--

Damis.  Den ich da bekomme!

Chrysander.  Du?

Damis.  Ja, ich.  Wissen Sie, wo sich dieses ausculta et perpende
herschreibt?  Eben mache ich die Entdeckung; aus dem Homer.  O was
finde ich nicht alles in meinem Homer?

Chrysander.  Du und dein Homer, ihr seid ein paar Narren!

Damis.  Ich und Homer?  Homer und ich? wir beide?  Hi! hi! hi!  Gewiß,
Herr Vater?  O ich danke, ich danke.  Ich und Homer!  Homer und ich!
--Aber hören Sie nur: sooft Homer--er war wirklich kein Narr, so wenig
wie ich--sooft er, sag ich, seine Helden den Soldaten zur Tapferkeit
ermuntern oder in dem Kriegsrate eine Beratschlagung anheben läßt;
sooft ist auch der Anfang ihrer Rede: Höret, was ich vortragen werde,
und überlegt es!  Zum Exempel in der Odyssee:

"Keklute dae nun meu, Ithakhsioi, oti ken eipo." [Greek]

Und darauf folgt denn auch oft:

"Oy eiath' oi d' ara tau mala men chluon, aed' epithonto," [Greek]

das ist: so sprach er, und sie gehorchten dem, was sie gehöret hatten.

Chrysander.  Gehorchten sie ihm?  Nu, das ist vernünftig!  Homer mag
doch wohl kein Narr sein.  Sieh zu, daß ich von dir auch widerrufen
kann.  Denn wieder zur Sache: ich kenne, mein Sohn--

Damis.  Einen kleinen Augenblick Geduld, Herr Vater.  Ich will mich
nur hinsetzen und diese Anmerkung aufschreiben.

Chrysander.  Aufschreiben? was ist hier aufzuschreiben?  Wem liegt
daran, ob das Sprüchelchen aus dem Homer oder aus dem Gesangbuche ist?

Damis.  Der gelehrten Welt liegt daran; meiner und Homers Ehre lieget
daran!  Denn ein Halbhundert solche Anmerkungen machen einen
Philologen.  Und sie ist neu, muß ich Ihnen sagen, sie ist ganz neu.

Chrysander.  So schreib sie ein andermal auf.

Damis.  Wenn sie mir aber wieder entfiele?  Ich würde untröstlich sein.
Haben Sie wenigstens die Gütigkeit, mich wieder daran zu erinnern.

Chrysander.  Gut, das will ich tun; höre mir nur jetzt zu.  Ich kenne,
mein Sohn, ein recht allerliebstes Frauenzimmer; und ich weiß, du
kennst es auch.  Hättest du wohl Lust--

Damis.  Ich soll ein Frauenzimmer, ein liebenswürdiges Frauenzimmer
kennen?  Oh, Herr Vater, wenn das jemand hörte, was würde er von
meiner Gelehrsamkeit denken?--Ich ein liebenswürdiges Frauenzimmer?--

Chrysander.  Nun wahrhaftig; ich glaube nicht, daß ein Gastwirt so
erschrecken kann, wenn man ihm schuld gibt, er kenne den oder jenen
Spitzbuben, als du erschrickst, weil du ein Frauenzimmer kennen sollst.
Ist denn das ein Schimpf?

Damis.  Wenigstens ist es keine Ehre, besonders für einen Gelehrten.
Mit wem man umgeht, dessen Sitten nimmt man nach und nach an.  Jedes
Frauenzimmer ist eitel, hoffärtig, geschwätzig, zänkisch und
zeitlebens kindisch, es mag so alt werden, als es will.  Jedes
Frauenzimmer weiß kaum, daß es eine Seele hat, um die es unendlich
mehr besorgt sein sollte als um den Körper.  Sich ankleiden,
auskleiden und wieder anders ankleiden; vor dem Spiegel sitzen, seinen
eignen Reiz bewundern; auf ausgekünstelte Mienen sinnen; mit
neugierigen Augen müßig an dem Fenster liegen: unsinnige Romane lesen
und aufs höchste zum Zeitvertreibe die Nadel zur Hand nehmen: das sind
seine Beschäftigungen; das ist sein Leben.  Und Sie glauben, daß ein
Gelehrter, ohne Nachteil seines guten Namens, solche närrische
Geschöpfe weiter als ihrer äußerlichen Gestalt nach kennen dürfe?

Chrysander.  Mensch, Mensch! deine Mutter kehrt sich im Grabe um.
Bedenke doch, daß sie auch ein Frauenzimmer war!  Bedenke doch, daß
die Dinger von Natur nun einmal nicht anders sind!  Obschon, wie wir
Lateiner zu reden pflegen, nulla regula sine exceptione.  Und so eine
Exzeption ist sicherlich das Mädchen, das ich jetzt im Kopfe habe und
das du kennst.--

Damis.  Nein, nein! ich schwöre es Ihnen zu; unsere Muhmen ausgenommen
und Julianen--

Chrysander.  Und Julianen? bene!--

Damis.  Und ihr Mädchen ausgenommen, kenne ich kein einziges Weibsbild.
Ja, der Himmel soll mich strafen, wenn ich mir jemals in den Sinn
kommen lasse, mehrere kennenzulernen!

Chrysander.  Je nun, auch das! wie du willst!  Genug, Julianen, die
kennst du.

Damis.  Leider!

Chrysander.  Und eben Juliane ist es, über die ich deine Gedanken
vernehmen möchte.--

Damis.  Über Julianen? meine Gedanken über Julianen?  O Herr Vater,
wenn Sie noch meine Gedanken über Erinnen oder Korinnen, über
Telesillen oder Praxillen verlangten--

Chrysander.  Schocktausend! was sind das für Illen?  Den Augenblick
schwur er, er kenne kein Frauenzimmer, und nun nennt er ein halb
Dutzend Menscher.--

Damis.  Menscher?  Herr Vater!

Chrysander.  Ja, Herr Sohn, Menscher!  Die Endung gibt's gewiß nicht?
Netrix, Lotrix, Meretrix.--

Damis.  Himmel, Menscher! griechische berühmte Dichterinnen Menscher
zu nennen!--

Chrysander.  Ja, ja, Dichterinnen! das sind mir eben die rechten.
Lotrix, Meretrix, Poetrix--

Damis.  Poetrix?  O wehe, meine Ohren!  Poetria müßten Sie sagen: oder
Poetris--

Chrysander.  Is oder ix, Herr Buchstabenkrämer!




Dritter Auftritt

Chrysander.  Damis.  Lisette.


Lisette.  Hurtig herunter in die Wohnstube, Herr Chrysander!  Man will
Sie sprechen.

Chrysander.  Nun, was für ein Narr muß mich jetzo stören?  Wer ist es
denn?

Lisette.  Soll ich alle Narren kennen?

Chrysander.  Was sagst du?  Du hast ein unglückliches Maul, Lisette.
Einen ehrlichen Mann einen Narren zu schimpfen?  Denn ein ehrlicher
Mann muß es doch sein; was wollte er sonst bei mir?

Lisette.  Nu, nu; verzeihen Sie immer meinem Maule den Fehler des
Ihrigen.

Chrysander.  Den Fehler des meinigen?

Lisette.  O gehen Sie doch! der ehrliche Mann wartet.

Chrysander.  Laß ihn warten.  Habe ich doch den Narren nicht kommen
heißen.--Ich werde gleich wieder da sein, mein Sohn.

Lisette (beiseite).  Ich muß doch sehen, ob ich aus dem wunderlichen
Einfall meiner Jungfer etwas machen kann.




Vierter Auftritt

Lisette.  Damis.


Damis.  Nun? geht Lisette nicht mit?

Lisette.  Ich bin Ihre gehorsamste Dienerin.  Wenn Sie befehlen, so
werde ich gehorchen.  Aber nur eines möchte ich erst wissen.  Sagen
Sie mir, um des Himmels willen, wie können Sie beständig so allein
sein?  Was machen Sie denn den ganzen Tag auf Ihrer Studierstube?
Werden Ihnen denn nicht alle Augenblicke zu Stunden?

Damis.  Ach, was nutzen die Fragen?  Fort! fort!

Lisette.  Über den Büchern können Sie doch unmöglich die ganze Zeit
liegen.  Die Bücher, die toten Gesellschafter!  Nein, ich lobe mir das
Lebendige; und das ist auch Mamsell Julianens Geschmack.  Zwar dann
und wann lesen wir auch; einen irrenden Ritter, eine Banise, und so
etwas Gutes; aber länger als eine Stunde halten wir es hintereinander
nicht aus.  Ganze Tage damit zuzubringen wie Sie, hilf Himmel! in den
ersten dreien wären wir tot.  Und vollends nicht ein Wort dabei zu
reden wie Sie; das wäre unsre Hölle.  Ein Vorzug des ganzen männlichen
Geschlechts kann es nicht sein, weil ich Mannspersonen kenne, die so
flüchtig und noch flüchtiger sind als wir.  Es müssen nur sehr wenig
große Geister diese besondere Gaben besitzen.--

Damis.  Lisette spricht so albern eben nicht.  Es ist schade, daß ein
so guter Mutterwitz nicht durch die Wissenschaften ausgebessert wird.

Lisette.  Sie machen mich schamrot.  Bald dürfte ich mich dafür rächen
und Ihnen die Lobeserhebungen nacheinander erzählen, die Ihnen von der
gestrigen Gartengesellschaft gemacht wurden.  Doch ich will Ihre
Bescheidenheit nicht beleidigen.  Ich weiß, die Gelehrten halten auf
diese Tugend allzuviel.

Damis.  Meine Lobeserhebungen? meine?

Lisette.  Ja, ja, die Ihrigen.

Damis.  O besorge Sie nichts, meine liebe Lisette.  Ich will sie als
die Lobeserhebungen eines andern betrachten, und so kann meine
Bescheidenheit zufrieden sein.  Erzähle Sie mir sie nur.  Bloß wegen
Ihrer lebhaften und ungekünstelten Art, sich auszudrücken, wünsche ich
sie zu hören.

Lisette.  O meine Art ist wohl keine von den besten.  Es hat mir ein
Lehrmeister wie Sie gefehlt.  Doch ich will Ihrem Befehle gehorchen.
Sie wissen doch wohl, wer die Herren waren, die gestern bei Ihrem
Herrn Vater im Garten schmauseten?

Damis.  Nein, wahrhaftig nicht.  Weil ich nicht dabeisein wollte, so
habe ich mich auch nicht darum bekümmert.  Hoffentlich aber werden es
Leute gewesen sein, die selbst lobenswürdig sind, daß man sich also
auf ihr Lob etwas einbilden kann.

Lisette.  Das sind sie so ziemlich.  Was würde es Ihnen aber
verschlagen, wenn sie es auch nicht wären?  Sie wollen ja Ihre
Lobeserhebungen aus Bescheidenheit als fremde betrachten.  Und hängt
denn die Wahrheit von dem Munde desjenigen ab, der sie vorträgt?
Hören Sie nur--

Damis.  Himmel! ich höre meinen Vater wiederkommen.  Um Gottes willen,
liebe Lisette, daß er nicht merkt, daß Sie sich so lange bei mir
aufgehalten hat.  Geh Sie hurtig unterdessen in das Kabinett.




Fünfter Auftritt

Damis.  Chrysander.


Chrysander.  Der verzweifelte Valer! er hätte mir zu keiner
ungelegnern Zeit kommen können.  Muß ihn denn der Henker eben heute
von Berlin zurückführen?  Und muß er sich denn eben gleich bei mir
anmelden lassen?  Hui daß--Nein, Herr Valer, damit kommen Sie zu spät.
--Nun mein Sohn--(Damis steht zerstreut, als in tiefen Gedanken.)
Hörst du, mein Sohn?

Damis.  Ich höre; ich höre alles.

Chrysander.  Kurz, du merkst doch, wo ich vorhin hinauswollte?  Einem
Klugen sind drei Worte genug.  Sapienti sat! sagen wir Lateiner.
--Antworte doch--

Damis (noch immer als in Gedanken).  Was ist da zu antworten?--

Chrysander.  Was da zu antworten ist?--Das will ich dir sagen.
--Antworte, daß du mich verstanden; daß dir mein Antrag lieb ist; daß
dir Juliane gefällt; daß du mir in allem gehorchen willst.--Nun,
antwortest du das?--

Damis.  Ich will gleich sehn--(Indem er in der angenommenen
Zerstreuung nach einem Buche greift.)

Chrysander.  Was kann in dem Buche davon stehen?--Antworte aus dem
Herzen und nicht aus dem Buche.--Ex libro doctus quilibet esse potest;
sagen wir Lateiner.--

Damis (als ob er in dem Buche läse).  Vollkommen recht!  Aber nun wie
weiter?--

Chrysander.  Das weitere gibt sich, wie 's Griechische.  Du sagst ja;
sie sagt ja; damit wird Verlöbnis; und bald darauf wird Hochzeit; und
alsdenn--Du wirst schon sehen, wie's alsdenn weitergeht.--

Damis.  Wenn nun aber diese Voraussetzung--(Immer noch als ob er läse.)

Chrysander.  Ei, ich setze nichts voraus, was im geringsten
zweifelhaft wäre.  Juliane ist eine Waise; ich bin ihr Vormund; ich
bin dein Vater; was muß mir angelegner sein, als euch beide glücklich
zu machen?  Ihr Vater war mein Freund und war ein ehrlicher Mann,
obgleich ein Narr.  Er hätte einen honetten Bankerott machen können;
seine Gläubiger würden aufs Drittel mit sich haben akkordieren lassen;
und er war so einfältig und bezahlte bis auf den letzten Heller.  Wie
ist mir denn? hast du ihn nicht gekannt?

Damis.  Von Person nicht.  Aber seine Lebensumstände sind mir ganz
wohl bewußt.  Ich habe sie, ich weiß nicht in welcher Biographie,
gelesen'

Chrysander.  Gelesen? gedruckt gelesen?

Damis.  Ja, ja; gelesen.  Er ward gegen die Mitte des vorigen
Jahrhunderts geboren und ist, etwa vor zwanzig Jahren, als
Generalsuperintendent in Pommern gestorben.  In orientalischen
Sprachen war seine vornehmste Stärke.  Allein seine Bücher sind nicht
alle gleich gut.  Dieses ist noch eines von den besten.  Eine
besondere Gewohnheit soll der Mann an sich gehabt haben--

Chrysander.  Von wem sprichst denn du?

Damis.  Sie fragen mich ja, ob mir der Verfasser dieses Buchs bekannt
wäre?

Chrysander.  Ich glaube, du träumest; oder es geht gar noch etwas
Ärgers in deinem Gehirne vor.  Ich frage dich, ob du Julianens Vater
noch gekannt hast?

Damis.  Verzeihen Sie mir, wann ich ein wenig zerstreut geantwortet
habe!  Ich dachte eben nach,--warum wohl die Rabbinen--das Schurek
M'lo Pum heißen.

Chrysander.  Mit dem verdammten Schurek!  Gib doch auf das acht, was
der Vater mit dir spricht!--(Er nimmt ihm das Buch aus der Hand.) Du
hast ihn also nicht gekannt?  Ich besinne mich; es ist auch nicht wohl
möglich.  Als er starb, war Juliane noch sehr jung.  Ich nahm sie
gleich nach seinem Tode in mein Haus, und Gott sei Dank! sie hat viel
Wohltaten hier genossen.  Sie ist schön, sie ist tugendhaft; wem
sollte ich sie also lieber gönnen als dir?  Was meinst du?--Antworte
doch!  Stehst du nicht da, als wenn du schliefest!--

Damis.  Ja, ja, Herr Vater.  Nur eins ist noch dabei zu erwägen.--

Chrysander.  Du hast recht; freilich ist noch eins dabei zu erwägen:
ob du dich nämlich geschickt befindest, bald ein öffentliches Amt
anzunehmen, weil doch--

Damis.  Wie? geschickt? geschickt?  Sie zweifeln also an meiner
Geschicklichkeit?--Wie unglücklich bin ich, daß ich Ihnen nicht
sogleich die unwidersprechlichsten Beweise geben kann!  Doch es soll
noch diesen Abend geschehen.  Glauben Sie mir, noch diesen Abend.--Die
verdammte Post!  Ich weiß auch nicht, wo sie bleibt.

Chrysander.  Beruhige dich nur, mein Sohn.  Die Frage geschahe eben
aus keinem Mißtrauen, sondern bloß weil ich glaube, es schicke sich
nicht, eher zu heiraten, als bis man ein Amt hat; so wie es sich,
sollte ich meinen, auch nicht wohl schickt, eher ein Amt anzunehmen,
als bis man weiß, woher man die Frau bekommen will.

Damis.  Ach, was heiraten? was Frau?  Erlauben Sie mir, daß ich Sie
allein lasse.  Ich muß ihn gleich wieder auf die Post schicken.  Anton!
Anton!  Doch es ist mit dem Schlingel nichts anzufangen; ich muß nur
selbst gehen.




Sechster Auftritt

Anton.  Chrysander.


Anton.  Rufte mich nicht Herr Damis?  Wo ist er? was soll ich?

Chrysander.  Ich weiß nicht, was ihm im Kopfe steckt.  Er ruft dich;
er will dich auf die Post schicken; er besinnt sich, daß mit dir
Schlingel nichts anzufangen ist, und geht selber.  Sage mir nur,
willst du zeitlebens ein Esel bleiben?

Anton.  Gemach, Herr Chrysander! ich nehme an den Torheiten Ihres
Sohnes keinen Teil.  Mehr als zwölfmal habe ich ihm heute schon auf
die Post laufen müssen.  Er verlangt Briefe von Berlin.  Ist es meine
Schuld, daß sie nicht kommen?

Chrysander.  Der wunderliche Heilige!  Du bist aber nun schon so lange
um ihn; solltest du nicht sein Gemüt, seine Art zu denken ein wenig
kennen?

Anton.  Ha! ha! das kömmt darauf hinaus, was wir Gelehrten die
Kenntnis der Gemüter nennen?  Darin bin ich Meister; bei meiner Ehre!
Ich darf nur ein Wort mit einem reden; ich darf ihn nur ansehen: husch,
habe ich den ganzen Menschen weg!  Ich weiß sogleich, ob er
vernünftig oder eigensinnig, ob er freigebig oder ein Knicker--

Chrysander.  Ich glaube gar, du zeigst auf mich?

Anton.  O kehren Sie sich an meine Hände nicht!--Ob er--

Chrysander.  Du sollst deine Kunst gleich zeigen!  Ich habe meinem
Sohne eine Heirat vorgeschlagen: nun sage einmal, wenn du ihn kennst,
was wird er tun?

Anton.  Ihr Herr Sohn?  Herr Damis?  Verzeihen Sie mir, bei dem geht
meine Kunst, meine sonst so wohl versuchte Kunst, betteln.

Chrysander.  Nu, Schurke, so geh mit und prahle nicht!

Anton.  Die Gemütsart eines jungen Gelehrten kennen wollen und etwas
daraus schließen wollen, ist unmöglich; und was unmöglich ist, Herr
Chrysander--das ist unmöglich.

Chrysander.  Und wieso?

Anton.  Weil er gar keine hat.

Chrysander.  Gar keine?

Anton.  Nein, nicht gar keine; sondern alle Augenblicke eine andre.
Die Bücher und die Exempel, die er liest, sind die Winde, nach welchen
sich der Wetterhahn seiner Gedanken richtet.  Nur bei dem Kapitel vom
Heiraten stehenzubleiben, weil das einmal auf dem Tapete ist, so
besinne ich mich, daß--Denn vor allen Dingen müssen Sie wissen, daß
Herr Damis nie etwas vor mir verborgen hat.  Ich bin von jeher sein
Vertrauter gewesen und von jeher der, mit dem er sich immer am
liebsten abgegeben hat.  Ganze Tage, ganze Nächte haben wir manchmal
auf der Universität miteinander disputiert.  Und ich weiß nicht, er
muß doch so etwas an mir finden; etwa eine Eigenschaft, die er an
andern nicht findet--

Chrysander.  Ich will dir sagen, was das für eine Eigenschaft ist:
deine Dummheit!  Es ergötzt ihn, wenn er sieht, daß er gelehrter ist
als du.  Bist du nun vollends ein Schalk und widersprichst ihm nicht
und lobst ihn ins Gesicht und bewunderst ihn--

Anton.  Je verflucht! da verraten Sie mir ja meine ganze Politik!  Wie
schlau ein alter Kaufmann nicht ist!

Chrysander.  Aber vergiß das Hauptwerk nicht!  Vom Heiraten--

Anton.  Ja darüber hat er schon Teufelsgrillen im Kopfe gehabt.  Zum
Exempel: ich weiß die Zeit, da er gar nicht heiraten wollte.

Chrysander.  Gar nicht? so muß ich noch heiraten.  Ich werde doch
meinen Namen nicht untergehen lassen?  Der Bösewicht!  Aber warum denn
nicht?

Anton.  Darum: weil es einmal Gelehrte gegeben hat, die geglaubt haben,
der ehelose Stand sei für einen Gelehrten der schicklichste.  Gott
weiß, ob diese Herren allzu geistlich oder allzu fleischlich sind
gesinnt gewesen!  Als ein künftiger Hagestolz hatte er sich schon auf
verschiedene sinnreiche Entschuldigungen gefaßt gemacht.--

Chrysander.  Auf Entschuldigungen? kann sich so ein ruchloser Mensch,
der dieses heilige Sakrament--Denn im Vorbeigehen zu sagen, ich bin
mit unsern Theologen gar nicht zufrieden, daß sie den Ehestand für
kein Sakrament wollen gelten lassen--der, sage ich, dieses heilige
Sakrament verachtet, kann der sich noch unterstehen, seine
Gottlosigkeit zu entschuldigen?  Aber, Kerl, ich glaube, du machst mir
etwas weis; denn nur vorhin schien er ja meinen Vorschlag zu billigen.

Anton.  Das ist unmöglich richtig zugegangen.  Wie stellte er sich
dabei an?  Lassen Sie sehen; stand er etwa da, als wenn er vor den
Kopf geschlagen wäre? sahe er etwa steif auf die Erde? legte er etwa
die Hand an die Stirne? griff er etwa nach einem Buche, als wenn er
darin lesen wollte? ließ er Sie etwa ungestört fortreden?

Chrysander.  Getroffen! du malst ihn, als ob du ihn gesehen hättest.

Anton.  O da sieht es windig aus!  Wann er es so macht, will er haben,
daß man ihn für zerstreut halten soll.  Ich kenne seine Mucken.  Er
hört alsdenn alles, was man ihm sagt; allein die Leute sollen glauben,
er habe es vor vielem Nachsinnen nicht gehört.  Er antwortet zuweilen
auch; wenn man ihm aber seine Antwort wieder vorlegt, so wird er
nimmermehr zugestehen, daß sie auf das gegangen sei, was man von ihm
hat wissen wollen.

Chrysander.  Nun, wer noch nicht gestehen will, daß zu viel
Gelehrsamkeit den Kopf verwirre, der verdient es selber zu erfahren.
Gott sei Dank, daß ich in meiner Jugend gleich das rechte Maß zu
treffen wußte!  Omne nimium vertitur in vitulum: sagen wir Lateiner
sehr spaßhaft.--Aber Gott sei dem Bösewichte gnädig, wann er auf dem
Vorsatze verharret!  Wann er behauptet, es sei nicht nötig, zu
heiraten und Kinder zu zeugen, will er mir damit nicht zu verstehn
geben, es sei auch nicht nötig gewesen, daß ich ihn gezeugt habe?  Der
undankbare Sohn!

Anton.  Es ist wahr, kein größter Undank kann unter der Sonne sein,
als wenn ein Sohn die viele Mühe nicht erkennen will, die sein Vater
hat über sich nehmen müssen, um ihn in die Welt zu setzen.

Chrysander.  Nein; gewiß, an mir soll der heilige Ehestand seinen
Verteidiger finden!

Anton.  Der Wille ist gut; aber lauter solche Verteidiger würden die
Konsumtionsakzise ziemlich geringe machen.

Chrysander.  Wieso?

Anton.  Bedenken Sie es selbst! drei Weiber, und von der dritten kaum
einen Sohn.

Chrysander.  Kaum? was willst du mit dem, kaum‘ sagen, Schlingel?

Anton.  Hui, daß Sie etwas Schlimmers darunter verstehn als ich.

Chrysander.  Zwar im Vertrauen, Anton: wenn die Weiber vor zwanzig
Jahren so gewesen wären, wie die Weiber jetzo sind, ich würde auf
wunderbare Gedanken geraten.  Er hat gar zu wenig von mir!  Doch die
Weiber vor zwanzig Jahren waren so frech noch nicht wie die jetzigen;
so treulos noch nicht, wie sie heutzutage sind; so lüstern noch nicht--

Anton.  Ist das gewiß?  Nun wahrhaftig, so hat man meiner Mutter
unrecht getan, die vor 33 Jahren von ihrem Manne, der mein Vater nicht
sein wollte, geschieden wurde!  Doch das ist ein Punkt, woran ich
nicht gern denke.  Die Grillen Ihres Herrn Sohns sind lustiger.

Chrysander.  Ärgerlicher, sprich!  Aber sage mir, was waren denn
seine Entschuldigungen?

Anton.  Seine Entschuldigungen waren Einfälle, die auf seinem Miste
nicht gewachsen waren.  Er sagte zum Exempel, solange er unter vierzig
Jahren sei und ihn jemand um die Ursache fragen würde, warum er nicht
heirate, wolle er antworten, er sei zum Heiraten noch zu jung.  Wäre
er aber über vierzig Jahr, so wolle er sprechen, nunmehr sei er zum
Heiraten zu alt.  Ich weiß nicht, wie der Gelehrte hieß, der auch so
soll gesagt haben.--Ein anderer Vorwand war der: er heiratete deswegen
nicht, weil er alle Tage willens wäre, ein Mönch zu werden; und würde
deswegen kein Mönch, weil er alle Tage gedächte zu heiraten.

Chrysander.  Was? nun will er auch gar ein Mönch werden?  Da sieht man,
wohin so ein böses Gemüt, das keine Ehrfurcht für den heiligen
Ehestand hat, verfallen kann!  Das hätte ich nimmermehr in meinem
Sohne gesucht!

Anton.  Sorgen Sie nicht! bei Ihrem Sohne ist alles nur ein Übergang.
Er hatte den Einfall in der Lebensbeschreibung eines Gelehrten gelesen;
er hatte Geschmack daran gefunden und sogleich beschlossen, ihn bei
Gelegenheit als den seinen anzubringen.  Bald aber ward die Grille von
einer andern verjagt, so wie etwann, so wie etwann--Schade, daß ich
kein Gleichnis dazu finden kann!  Kurz, sie ward verjagt.  Er wollte
nunmehr heiraten, und zwar einen rechten Teufel von einer Frau.

Chrysander.  Wenn doch den Einfall mehr Narren haben wollten, damit
andre ehrliche Männer mit bösen Weibern verschont blieben.

Anton.  Ja, meinte er: es würde doch hübsch klingen, wenn es einmal
von ihm heißen könnte: unter die Zahl der Gelehrten, welche der Himmel
mit bösen Weibern gestraft hat, gehöret auch der berühmte Damis;
gleichwohl kann sich die gelehrte Welt nicht über ihn beklagen, daß
ihn dieses Hauskreuz nur im geringsten abgehalten hätte, ihr mit
unzählbaren gelehrten Schriften zu dienen.

Chrysander.  Mit Schriften! ja, die mir am teuersten zu stehen kommen.
Was für Rechnungen habe ich nicht schon an die Buchdrucker bezahlen
müssen!  Der Bösewicht!

Anton.  Geduld! er hat auch erst angefangen zu schreiben!  Es wird
schon besser kommen.

Chrysander.  Besser? vielleicht damit man ihn endlich einmal auch
unter die zählen kann, die ihren Vater arm geschrieben haben!

Anton.  Warum nicht? wenn es ihm Ehre brächte--

Chrysander.  Die verdammte Ehre!

Anton.  Um die tut ein junger Gelehrter alles!  Wann es auch nach
seinem Tode heißen sollte: unter diejenigen Gelehrten, die zum Teufel
gefahren sind, gehört auch der berühmte Damis! was schadet das?  Genug,
er heißt gelehrt; er heißt berühmt--

Chrysander.  Kerl, du erschreckst mich!  Aber du, der du weit älter
bist als er, kannst du ihn nicht dann und wann zurechte weisen?--

Anton.  Oh, Herr Chrysander!  Sie wissen wohl, daß ich keinen Gehalt
als Hofmeister bekomme.  Und dazu meine Dummheit--

Chrysander.  Ja, die du annimmst, um ihn desto dümmer zu machen.

Anton (beiseite).  St! der kennt mich.--Aber glauben Sie, daß ihm mit
der bösen Frau ein Ernst war?  Nichts weniger!  Eine Stunde darauf
wollte er sich eine gelehrte Frau aussuchen.

Chrysander.  Nun, das wäre doch noch etwas Kluges!

Anton.  Etwas Kluges?  Nach meiner unvorgreiflichen Meinung ist es
gleich der dümmste Einfall, den er hat haben können.  Eine gelehrte
Frau! bedenken Sie doch! eine gelehrte Frau; eine Frau wie Ihr Herr
Sohn!  Zittern und Entsetzen möchte einem ehrlichen Kerl ankommen.
Wahrhaftig! ehe ich mir eine Gelehrte aufhängen ließ'--

Chrysander.  Narre, Narre! sie gehen unter andern Leuten, als du bist,
reißend weg. Wann ihrer nur viel wären, wer weiß, ob ich mir nicht
selbst eine wählte.

Anton.  Kennen Sie Karlinen?

Chrysander.  Karlinen?  Nein.

Anton.  Meinen ehemaligen Kameraden? meinen guten Freund? kennen Sie
den nicht?

Chrysander.  Nein doch, nein.

Anton.  Er trug ein hechtgraues Kleid mit roten Aufschlägen und auf
seiner Sonntagsmontur rote und blaue Achselbänder.  Sie müssen ihn bei
mir gesehen haben.  Er hatte eine etwas lange Nase.  Sie war ein
Erbstück; denn er wollte aus der Geschichte wissen, daß schon sein
Ururältervater, der ehedem einem gewissen Turnier als Stallknecht
beigewohnt, eine ebenso lange gehabt habe.  Sein einziger Fehler war,
daß er etwas krumme Beine hatte.  Besinnen Sie sich nun?

Chrysander.  Soll ich denn alle das Lumpengesindel kennen, das du
kennst?  Und was willst du denn mit ihm?

Anton.  Sie kennen ihn also im Ernste nicht?  Oh! da kennen Sie einen
sehr großen Geist weniger.  Ich will Sie zu seiner Bekanntschaft
verhelfen; ich gelte etwas bei ihm.

Chrysander.  Ich glaube, du schwärmst manchmal so gut als mein Sohn.
Wie kömmst du denn auf die Possen?

Anton.  Eben der Karlin, will ich sagen--Oh! es ist ärgerlich, daß Sie
ihn nicht kennen.--Eben der Karlin, sage ich, hat einmal bei einem
Herrn gedient, der eine gelehrte Frau hatte.  Der verzweifelte
Vogel--er sah gut aus, und wie nun der Appetit sich nach dem Stande
nicht richtet--kurz, er mußte sie näher gekannt haben.  Wo hätte er
sonst so viel Verstand her?  Endlich merkte es auch sein Herr, daß er
bei der Frau in die Schule ging.  Er bekam seinen Abschied, ehe er
sich's versah.  Die arme Frau!

Chrysander.  Ach schweig! ich mag weder deine noch meines Sohnes
Grillen länger mit anhören.

Anton.  Noch eine hören Sie; und zwar die, welche zuletzt seine
Leibgrille ward: er wollte mehr als eine Frau heiraten.

Chrysander.  Aber eine nach der andern.

Anton.  Nein, wenigstens ein halb Dutzend auf einmal.  Der Bibel, der
Obrigkeit und dem Gebrauche zum Trutze!  Er las damals gleich ein
Buch--

Chrysander.  Die verdammten Bücher!  Kurz, ich will nicht weiter hören.
Es soll ihm schon vergehen, mehr als eine zu nehmen, wenn er nur
erst die genommen hat, die ich jetzt für ihn im Kopfe habe.  Und was
meinest du wohl, Anton? quid putas? wie wir Lateiner reden; wird er's
tun?

Anton.  Vielleicht; vielleicht nicht.  Wenn ich wüßte, was er für ein
Buch zuletzt gelesen hätte, und wenn ich dieses Buch selbst lesen
könnte, und wenn--

Chrysander.  Ich sehe schon, ich werde deine Hilfe nötig haben.  Du
bist zwar ein Gauner, aber ich weiß auch, man kömmt jetzt mit
Betrügern weiter als mit ehrlichen Leuten.

Anton.  Ei, Herr Chrysander, für was halten Sie mich?

Chrysander.  Ohne Komplimente, Herr Anton! ich verspreche dir eine
Belohnung, die deinen Verdiensten gemäß sein soll, wenn du meinen Sohn
quovis modo, wie wir Lateiner reden, durch Wahrheiten oder durch Lügen,
durch Ernst oder durch Schraubereien, vel sic vel aliter, wie wir
Lateiner reden, Julianen zu heiraten bereden kannst.

Anton.  Wen?  Julianen?

Chrysander.  Julianen; illam ipsam.

Anton.  Unsere Mamsell Juliane?  Ihr Mündel?  Ihre Pflegetochter?

Chrysander.  Kennst du eine andre?

Anton.  Das ist unmöglich, oder das, was ich von ihr gehört habe, muß
nicht wahr sein.

Chrysander.  Gehört? so? hast du etwas von ihr gehört? doch wohl
nichts Böses.

Anton.  Nichts Gutes war es freilich nicht.

Chrysander.  Ei! ich habe auf das Mädchen so große Stücken gehalten.
Sie wird doch nicht etwa mit einem jungen Kerl--he?

Anton.  Wann es nichts mehr wäre! so ein klein Fehlerchen entschuldigt
die Mode.  Aber, es ist noch etwas weit Ärgers für eine gute Jungfer,
die gerne nicht länger Jungfer sein möchte.

Chrysander.  Noch etwas weit Ärgers? ich versteh dich nicht.

Anton.  Und Sie sind gleichwohl ein Kaufmann?

Chrysander.  Noch etwas weit Ärgers?  Ich habe immer geglaubt,
Eingezogenheit und gute Sitten wären das Vornehmste--

Anton.  Nicht mehr! nicht mehr! vor zwanzig Jahren wohl, wie Sie
vorher selbst weislich erinnerten.

Chrysander.  Nun so erkläre dich deutlicher.  Ich habe nicht Lust,
deine närrischen Gedanken zu erraten.

Anton.  Und nichts ist doch leichter.  Mit einem Worte: sie soll kein
Geld haben.  Man hat mir gesagt, in Ansehung ihres Vaters, der Ihr
guter Freund gewesen wäre, hätten Sie Julianen, von ihrem neunten
Jahre an, zu sich genommen und aus Barmherzigkeit erzogen.

Chrysander.  Da hat man dir nun wohl keine Lügen gesagt; gleichwohl
aber soll sie doch kein andrer haben als mein Sohn, wann nur er--Denn
sieh, Anton, ich muß dir das ganze Rätsel erklären.--Es liegt nur an
mir, Julianen in kurzer Zeit reich zu machen.

Anton.  Ja, durch Ihr eigen Geld; und auf diese Art könnten Sie auch
mich wohl reich machen.  Wollen Sie so gut sein?

Chrysander.  Nein, nicht durch mein eigen Geld.--Kannst du schweigen?

Anton.  Versuchen Sie es.

Chrysander.  Höre also; mit Julianens Vermögen steht es so: ihr Vater
kam durch einen Prozeß, den er endlich doch mußte liegenlassen, kurz
vor seinem Tode um alle das Seine.  Jetzt nun ist mir ein gewisses
Dokument in die Hände gefallen, das er lange vergebens suchte und das
dem ganzen Handel ein ander Ansehen gibt.  Es kömmt nur darauf an, daß
ich so viel Geld hergebe, den Prozeß wieder anzufangen.  Das Dokument
selbst habe ich bereits an meinen Advokaten nach Dresden geschickt.--

Anton.  Gott sei Dank! daß Sie wieder zum Kaufmanne werden!  Vorhin
hätte ich bald nicht gewußt, was ich aus Ihnen machen sollte.--Aber
Julianens Einwilligung haben Sie doch schon?

Chrysander.  Oh! das gute Kind will mir, wie es spricht, in allem
gehorchen.  Unterdessen hat sich doch schon Valer auf sie gespitzt.
Er hat mir vor einiger Zeit auch seine Gedanken deshalb eröffnet.  Ehe
ich das Dokument bekam--

Anton.  Ja, da war uns an Julianen so viel nicht gelegen.  Sie machten
ihm also Hoffnung?

Chrysander.  Freilich!  Er ist heute von Berlin wieder zurückgekommen
und hat sich auch schon bei mir melden lassen.  Ich besorge, ich
besorge--Doch wenn mein Sohn nur will--Und diesen, Anton, du
verstehest mich--Ein Narr ist auf viel Seiten zu fassen; und ein Mann
wie du kann auf viel Seiten fassen.--Du wirst sehen, daß ich
erkenntlich bin.

Anton.  Und Sie, daß ich ganz zu Ihren Diensten bin, zumal wenn mich
die Erkenntlichkeit zuerst herausfordert und--




Siebenter Auftritt

Anton.  Chrysander.  Juliane.


Juliane.  Kommen Sie doch, Herr Chrysander, kommen Sie doch hurtig
herunter.  Herr Valer ist schon da, Ihnen seine Aufwartung zu machen.

Chrysander.  Tut Sie doch ganz fröhlich, mein Jungferchen!

Anton (sachte zu Chrysandern).  Hui! daß Valer schon den Vogel
gefangen hat.

Chrysander.  Das wäre mir gelegen.


(Anton und Chrysander gehen ab.)




Achter Auftritt

Juliane.  Lisette.


Lisette (guckt aus dem Kabinett).  Bst! bst! bst!

Juliane.  Nun, wem gilt das?  Lisette? bist du's?  Was machst du denn
hier?

Lisette.  Ja, das werden Sie wohl nimmermehr glauben, daß ich und
Damis schon so weit miteinander gekommen sind, daß er mich verstecken
muß.  Schon kann ich ihn um einen Finger wickeln!  Noch eine
Unterredung wie vorhin, so habe ich ihn im Sacke.

Juliane.  Und also hätte ich wohl, in allem Scherze, einen recht guten
Einfall gehabt?  Wollte doch der Himmel, daß die Verbindung, die sein
Vater zwischen uns--

Lisette.  Ach, sein Vater! der Schalk, der Geizhals!  Jetzt habe ich
ihn kennenlernen.

Juliane.  Was gibst du ihm für Titel?  Seine Gütigkeit ist nur gar zu
groß.  Seine Wohltaten vollkommen zu machen, trägt er mir die Hand
seines Sohnes und mit ihr sein ganzes Vermögen an.  Aber wie
unglücklich bin ich dabei!--Dankbarkeit und Liebe, Liebe gegen den
Valer, und Dankbarkeit--

Lisette.  Noch vor einer Minute, war ich in ebendem Irrtume.  Aber
glauben Sie mir nur, ich weiß es nunmehr aus seinem Munde: nicht aus
Freundschaft für Sie, sondern aus Freundschaft für Ihr Vermögen will
er diese Verbindung treffen.

Juliane.  Für mein Vermögen? du schwärmst.  Was habe ich denn, das ich
nicht von ihm hätte?

Lisette.  Kommen Sie, kommen Sie.  Hier ist der Ort nicht, viel zu
schwatzen.  Ich will Ihnen alles erzählen, was ich gehört habe.




Zweiter Aufzug




Erster Auftritt

Lisette.  Valer.  Juliane.


Lisette (noch innerhalb der Szene).  Nur hier herein; Herr Damis ist
ausgegangen.  Sie können hier schon ein Wörtchen miteinander im
Vertrauen reden.

Juliane.  Ja, Valer, mein Entschluß ist gefaßt.  Ich bin ihm zu viel
schuldig; er hat durch seine Wohltaten das größte Recht über mich
erhalten.  Es koste mir, was es wolle; ich muß die Heirat eingehen,
weil es Chrysander verlangt.  Oder soll ich etwa die Dankbarkeit der
Liebe aufopfern?  Sie sind selbst tugendhaft, Valer, und Ihr Umgang
hat mich edler denken gelehrt.  Mich Ihrer wert zu zeigen, muß ich
meine Pflicht, auch mit dem Verluste meines Glückes, erfüllen.

Lisette.  Eine wunderbare Moral! wahrhaftig!

Valer.  Aber wo bleiben Versprechung, Schwur, Treue?  Ist es erlaubt,
um eine eingebildete Pflicht zu erfüllen, einer andern, die uns
wirklich verbindet, entgegen zu handeln?

Juliane.  Ach, Valer, Sie wissen es besser, was zu solchen
Versprechungen gehört.  Mißbrauchen Sie meine Schwäche nicht.  Die
Einwilligung meines Vaters war nicht dabei.

Valer.  Was für eines Vaters?--

Juliane.  Desjenigen, dem ich für seine Wohltaten diese Benennung
schuldig bin.  Oder halten Sie es für keine Wohltaten, der Armut und
allen ihren unseligen Folgen entrissen zu werden?  Ach, Valer, ich
würde Ihr Herz nicht besitzen, hätte nicht Chrysanders Sorgfalt mich
zur Tugend und Anständigkeit bilden lassen.

Valer.  Wohltaten hören auf, Wohltaten zu sein, wenn man sucht, sich
für sie bezahlt zu machen.  Und was tut Chrysander anders, da er Sie,
allzu gewissenhafte Juliane, nur deswegen mit seinem Sohne verbinden
will, weil er ein Mittel sieht, Ihnen wieder zu dem größten Teile
Ihres väterlichen Vermögens zu verhelfen?

Juliane.  Fußen Sie doch auf eine so wunderbare Nachricht nicht.  Wer
weiß, was Lisette gehört hat?

Lisette.  Nichts, als was sich vollkommen mit seiner übrigen
Aufführung reimt.  Ein Mann, der seine Wohltaten schon ausposaunet,
der sie einem jeden auf den Fingern vorzurechnen weiß, sucht etwas
mehr als das bloße Gotteslohn.  Und wäre es etwa die erste Träne, die
Ihnen aus Verdruß, von einem so eigennützig freigebigen Manne
abzuhängen, entfahren ist?

Valer.  Lisette hat recht!--Aber ich empfinde es leider; Juliane liebt
mich nicht mehr.

Juliane.  Sie liebt Sie nicht mehr?  Dieser Verdacht fehlte noch,
ihren Kummer vollkommen zu machen.  Wann Sie wüßten, wieviel es ihr,
gegen die Ratschläge der Liebe taub zu sein, koste; wann Sie wüßten,
Valer--ach, die mißtrauischen Mannspersonen!

Valer.  Legen Sie die Furcht eines Liebhabers, dessen ganzes Glück auf
dem Spiele steht, nicht falsch aus.  Sie lieben mich also noch? und
wollen sich einem andern überlassen?

Juliane.  Ich will?  Könnten Sie mich empfindlicher martern?  Ich
will?--Sagen Sie: ich muß.

Valer.  Sie müssen?--Noch ist nie ein Herz gezwungen worden als
dasjenige, dem es lieb ist, den Zwang zu seiner Entschuldigung machen
zu können--

Juliane.  Ihre Vorwürfe sind so fein, so fein! daß ich Sie vor Verdruß
verlassen werde.

Valer.  Bleiben Sie, Juliane; und sagen Sie mir wenigstens, was ich
dabei tun soll?

Juliane.  Was ich tue; dem Schicksale nachgeben.

Valer.  Ach, lassen Sie das unschuldige Schicksal aus dem Spiele!

Juliane.  Das unschuldige? und ich werde also wohl die Schuldige sein?
Halten Sie mich nicht länger--

Lisette.  Wann ich mich nun nicht bald dazwischenlege, so werden sie
sich vor lauter Liebe zanken.--Was Sie tun sollen, Herr Valer? eine
große Frage!  Himmel und Hölle rege machen, damit die gute Jungfer
nicht muß!  Den Vater auf andre Gedanken bringen; den Sohn auf Ihre
Seite ziehen.--Mit dem Sohne zwar hat es gute Wege; den überlassen Sie
nur mir.  Der gute Damis!  Ich bin ohne Zweifel das erste Mädchen, das
ihm schmeichelt, und hoffe dadurch auch das erste zu werden, das von
ihm geschmeichelt wird.  Wahrhaftig; er ist so eitel, und ich bin so
geschickt, daß ich mich wohl noch zu seiner Frau an ihm loben wollte,
wenn der verzweifelte Vater nicht wäre!--Sehen Sie, Herr Valer, der
Einfall ist von Mamsell Julianen!  Erfinden Sie nun eine Schlinge für
den Vater--

Juliane.  Was sagst du, Lisette? von mir?  O Valer, glauben Sie solch
rasendes Zeug nicht!  Habe ich dir etwas anders befohlen, als ihm
einen schlechten Begriff von mir beizubringen?

Lisette.  Ja, recht; einen schlechten von Ihnen--und wenn es möglich
wäre, einen desto bessern von mir.

Juliane.  Nein, es ist mit euch nicht auszuhalten--

Valer.  Erklären Sie wenigstens, liebste Juliane--

Juliane.  Erklären? und was?  Vielleicht, daß ich Ihnen in die Arme
rennen will und wann ich auch alle Tugenden beleidigen sollte? daß ich
mich mit einer Begierde, mit einem Eifer die Ihrige zu werden bemühen
will, die mich in Ihren Augen notwendig einmal verächtlich machen
müssen?  Nein, Valer--

Lisette.  Hören Sie denn nicht, daß sie uns gern freie Hand lassen
will?  Sie macht es wie die schöne Aspasia--oder wie hieß die
Prinzessin in dem dicken Romane?  Zwei Ritter machten auf sie Anspruch.
Schlagt euch miteinander, sagte die schöne Aspasia; wer den andern
überwindet, soll mich haben.  Gleichwohl aber war sie dem Ritter in
der blauen Rüstung günstiger als dem andern--

Juliane.  Ach, die Närrin, mit ihrem blauen Ritter--(Reißt sich los
und geht ab.)




Zweiter Auftritt

Lisette.  Valer.


Lisette.  Ha! ha! ha!

Valer.  Mir ist nicht lächerlich, Lisette.

Lisette.  Nicht?  Ha! ha! ha!

Valer.  Ich glaube, du lachst mich aus.

Lisette.  Oh, so lachen Sie mit!  Oder ich muß noch einmal darüber
lachen, daß Sie nicht lachen wollen.  Ha! ha! ha!

Valer.  Ich möchte verzweifeln!  In der Ungewißheit, ob sie mich noch
liebt--

Lisette.  Ungewißheit?  Sind denn alle Mannspersonen so schwer zu
überreden?  Werden sie denn alle zu solchen ängstlichen Zweiflern,
sobald sie die Liebe ein wenig erhitzt?  Lassen Sie Ihre Grillen
fahren, Herr Valer, oder ich lache aufs neue.  Spannen Sie vielmehr
Ihren Verstand an, etwas auszusinnen, um den alten Chrysander--

Valer.  Chrysander traut mir nicht und kann mir nicht trauen.  Er
kennt meine Neigung zu Julianen.  Alle mein Zureden würde umsonst sein;
er würde den Eigennutz, die Quelle davon, gar bald entdecken.  Und
wenn ich auch eine völlige Anwerbung tun wollte; was würde es helfen?
Er ist deutsch genug, mir gerade ins Gesicht zu sagen, daß ich seinem
Sohne hier nachstehen müsse, welcher wegen der Wohltaten des Vaters
das größte Recht auf Julianen habe.--Was soll ich also anfangen?

Lisette.  Mit den wunderlichen Leuten, die nur überall den ebenen Weg
gehen wollen!  Hören Sie, was mir eingefallen ist.  Das Dokument, oder
wie der Quark heißt, ist das einzige, was Chrysandern zu dieser Heirat
Lust macht, so daß er es schon an seinen Advokaten geschickt hat.  Wie
wenn man von diesem Advokaten einen Brief unterschieben könnte, in
welchem--in welchem--

Valer.  In welchem er ihm die Gültigkeit des Dokuments verdächtig
macht; willst du sagen?  Der Einfall ist so unrecht nicht!  Aber--wenn
ihm nun einmal der Advokate ganz das Gegenteil schreibt, so ist ja
unser Betrug am Tage.

Lisette.  Was für ein Einwurf!  Freilich müssen Sie ihn stimmen.  Es
ist von jeher gebräuchlich gewesen, daß es sich ein Liebhaber etwas
muß kosten lassen.

Valer.  Wenn nun aber der Advokat ehrlich ist?

Lisette.  Tun Sie doch, als ob Sie seit vier Wochen erst in der Welt
wären.  Wie die Geschenke so ist der Advokat.  Kommen gar keine, so
ist der niederträchtigste Betrüger der redlichste Mann.  Kommen welche,
aber nur kleine, so hält das Gewissen noch so ziemlich das
Gleichgewicht.  Es steigen alsdenn wohl Versuchungen bei ihm auf;
allein die kleinste Betrachtung schlägt sie wieder nieder.  Kommen
aber nur recht ansehnliche, so ist gar bald der ehrlichste Advokat
nicht mehr der ehrlichste.  Er legt die Ehrlichkeit mit den
geschenkten Goldstücken in den Schatz, wo jene eher zu rosten anfängt
als diese.  Ich kenne die Herren!

Valer.  Dein Urteil ist zu allgemein.  Nicht alle Personen von
einerlei Stande sind auf einerlei Art gesinnet.  Ich kenne
verschiedene alte rechtschaffene Sachwalter--

Lisette.  Was wollen Sie mit Ihren alten?  Es ist eben, als wenn Sie
sagten, die großen runden Aufschläge, die kleinen spitzen Knöpfe, die
erschrecklichen Halskrausen, aus welchen man Schiffssegel machen
könnte, die viereckigten breiten Schuhe, die tiefen Taschen, kurz, die
ganze Tracht, wie sich etwa Ihre Paten an Ehrentagen mögen
ausstaffiert haben, wären noch jetzt Mode, weil man noch manchmal hier
und da einige gebückte zitternde Männerchen über die Gassen so
schleichen sieht.  Lassen Sie nur noch die und Ihr paar alte
rechtschaffene Advokaten sterben; die Mode und die Redlichkeit werden
einen Weg nehmen.

Valer.  Man hört doch gleich, wenn das Frauenzimmer am beredtesten ist!

Lisette.  Sie meinen etwa, wenn es ans Lästern geht?  O wahrhaftig!
des bloßen Lästerns wegen habe ich so viel nicht geplaudert.  Meine
vornehmste Absicht war, Ihnen beizubringen, wieviel überall das Geld
tun könne und was für ein vortreffliches Spiel ein Liebhaber in den
Händen hat, wenn er gegen alle freigebig ist, gegen die Gebieterin,
gegen den Advokaten und--Dero Dienerin.  (Sie macht eine Verbeugung.)

Valer.  Verlaß dich auf meine Erkenntlichkeit.  Ich verspreche dir
eine recht ansehnliche Ausstattung, wenn wir glücklich sind--

Lisette.  Ei, wie fein!  Eine Ausstattung?  Sie hoffen doch wohl nicht,
daß ich übrigbleiben werde?

Valer.  Wann du das befürchtest, so verspreche ich dir den Mann darzu.
--Doch komm nur; Juliane wird ohne Zweifel auf uns warten.  Wir wollen
gemeinschaftlich unsre Sachen weiter überlegen.

Lisette.  Gehen Sie nur voran; ich muß noch hier verziehen, um meinem
jungen Gelehrten--

Valer.  Er wird vielleicht schon unten bei dem Vater sein.

Lisette.  Wir müssen uns alleine sprechen.  Gehen Sie nur!  Sie haben
ihn doch wohl noch nicht gesprochen?

Valer.  Was wollte ich nicht darum geben, wenn ich es ganz und gar
überhoben sein könnte!  Seinetwegen würde ich dieses Haus fliehen,
ärger als ein Tollhaus, wenn nicht ein angenehmerer Gegenstand--

Lisette.  So gehen Sie doch, und lassen Sie den angenehmern Gegenstand
nicht länger auf sich warten.

(Valer geht ab.)




Dritter Auftritt

Anton.  Lisette.


Anton.  Nu? was will die! in meines Herrn Studierstube?  Jetzt ging
Valer heraus; vor einer Weile Juliane; und du bist noch da?  Ich
glaube gar, ihr habt eure Zusammenkünfte hier.  Warte, Lisette! das
will ich meinem Herrn sagen.  Ich will mich schon rächen; noch für das
Gestrige; besinnst du dich?

Lisette.  Ich glaube, du keifst?  Was willst du mit deinem Gestrigen?

Anton.  Eine Maulschelle vergißt sich wohl bei dem leicht, der sie
gibt, aber der, dem die Zähne davon gewackelt haben, der denkt eine
Zeitlang daran.  Warte nur! warte!

Lisette.  Wer heißt dich, mich küssen?

Anton.  Potz Stern, wie gemein würden die Maulschellen sein; wenn alle
die welche bekommen sollten, die euch küssen wollen.--Jetzt soll dich
mein Herr dafür wacker--

Lisette.  Dein Herr? der wird mir nicht viel tun.

Anton.  Nicht?  Wievielmal hat er es nicht gesagt, daß so ein heiliger
Ort, als eine Studierstube ist, von euch unreinen Geschöpfen nicht
müsse entheiliget werden?  Der Gott der Gelehrsamkeit--warte, wie
nennt er ihn?--Apollo--könne kein Weibsbild leiden.  Schon der Geruch
davon wäre ihm zuwider.  Er fliehe davor wie der Stößer vor den Tauben.
--Und du denkst, mein Herr würde es so mit ansehen, daß du ihm den
lieben Gott von der Stube treibest?

Lisette.  Ich glaube gar, du Narre denkst, der liebe Gott sei nur bei
euch Mannspersonen?  Schweig, oder--

Anton.  Ja, so eine wie gestern vielleicht?

Lisette.  Noch eine beßre! der Pinsel hätte gestern mehr als eine
verdient.  Er kömmt zu mir; es ist finster; er will mich küssen; ich
stoße ihn zurück, er kömmt wieder; ich schlage ihn aufs Maul, es tut
ihm weh; er läßt nach; er schimpft; er geht fort--Ich möchte dir
gleich noch eine geben, wenn ich daran gedenke.

Anton.  Ich hätte es also wohl abwarten sollen, wie oft du deine
Karesse hättest wiederholen wollen?

Lisette.  Gesetzt, es wären noch einige gefolgt, so würden sie doch
immer schwächer und schwächer geworden sein.  Vielleicht hätten sich
die letztern gar--doch so ein dummer Teufel verdient nichts.

Anton.  Was hör ich? ist das dein Ernst, Lisette?  Bald hätte ich Lust,
die Maulschelle zu vergessen und mich wieder mit dir zu vertragen.

Lisette.  Halte es, wie du willst.  Was ist mir jetzt an deiner Gunst
gelegen?  Ich habe ganz ein ander Wildbret auf der Spur.

Anton.  Ein anders? au weh, Lisette!  Das war wieder eine Ohrfeige,
die ich so bald nicht vergessen werde!  Ein anders?  Ich dächte, du
hättest an einem genug, das dir selbst ins Netz gelaufen ist.

Lisette.  Und drum eben ist nichts dran.--Aber sage mir, wo bleibt
dein Herr?

Anton.  Danke du Gott, daß er so lange bleibt; und mache, daß du hier
fortkömmst.  Wann er dich trifft, so bist du in Gefahr,
herausgeprügelt zu werden.

Lisette.  Dafür laß mich sorgen!  Wo ist er denn? ist er von der Post
noch nicht wieder zurück?

Anton.  Woher weißt du denn, daß er auf die Post gegangen ist?

Lisette.  Genug, ich weiß es.  Er wollte dich erst schicken.  Aber wie
kam es denn, daß er selbst ging?  Ha! ha! ha!  "Es ist mit dem
Schlingel nichts anzufangen." Wahrhaftig, das Lob macht mich ganz
verliebt in dich.

Anton.  Wer Henker muß dir das gesagt haben?

Lisette.  O niemand; sage mir nur, ist er wieder da?

Anton.  Schon längst; unten ist er bei seinem Vater.

Lisette.  Und was machen sie miteinander?

Anton.  Was sie machen? sie zanken sich.

Lisette.  Der Sohn will gewiß den Vater von seiner Geschicklichkeit
überführen?

Anton.  Ohne Zweifel muß es so etwas sein.  Damis ist ganz außer sich:
er läßt den Alten kein Wort aufbringen: er rechnet ihm tausend Bücher
her, die er gesehen; tausend, die er gelesen hat; andere tausend, die
er schreiben will, und hundert kleine Bücherchen, die er schon
geschrieben hat.  Bald nennt er ein Dutzend Professores, die ihm sein
Lob schriftlich, mit untergedrucktem Siegel, nicht umsonst, gegeben
hätten; bald ein Dutzend Zeitungsschreiber, die eine vortreffliche
Posaune für einen jungen Gelehrten sind, wenn man ein silbernes
Mundstück darauf steckt; bald ein Dutzend Journalisten, die ihn alle
zu ihrem Mitarbeiter flehentlich erbeten haben.  Der Vater sieht ganz
erstaunt; er ist um die Gesundheit seines Sohnes besorgt; er ruft
einmal über das andre: Sohn, erhitze dich doch nicht so! schone deine
Lunge! ja doch, ich glaub es! gib dich zufrieden! es war so nicht
gemeint!

Lisette.  Und Damis?--

Anton.  Und Damis läßt nicht nach.  Endlich greift sich der Vater an;
er überschreit ihn mit Gewalt und besänftiget ihn mit einer Menge
solcher Lobsprüche, die in der Welt niemand verdient hat, verdient,
noch verdienen wird.  Nun wird der Sohn wieder vernünftig, und nun--ja
nun schreiten sie zu einem andern Punkte, zu einer andern Sache,--zu--

Lisette.  Wozu denn?

Anton.  Gott sei Dank, mein Maul kann schweigen!

Lisette.  Du willst mir es nicht sagen?

Anton.  Nimmermehr! ich bin zwar sonst ein schlechter Kerl; aber wenn
es auf die Verschwiegenheit ankömmt--

Lisette.  Lerne ich dich so kennen?

Anton.  Ich dächte, das sollte dir lieb sein, daß ich schweigen kann;
und besonders von Heiratssachen oder was dem anhängig ist--

Lisette.  Weißt du nichts mehr?  O das habe ich längst gewußt.

Anton.  Wie schön sie mich über den Tölpel stoßen will.  Also wäre es
ja nicht nötig, daß ich dir es sagte?--

Lisette.  Freilich nicht! aber mich für dein schelmisches Mißtrauen zu
rächen, weiß ich schon, was ich tun will.  Du sollst es gewiß nicht
mehr wagen, gegen ein Mädchen von meiner Profession verschwiegen zu
sein!  Besinnst du dich, wie du von deinem Herrn vor kurzem gesprochen
hast?

Anton.  Besinnen? ein Mann, der in Geschäften sitzt, der einen Tag
lang so viel zu reden hat wie ich, soll sich der auf allen Bettel
besinnen?

Lisette.  Seinen Herrn verleumden, ist etwas mehr, sollte ich meinen.

Anton.  Was? verleumden?

Lisette.  Ha, ha!  Herr Mann, der in Geschäften sitzt, besinnen Sie
sich nun?  Was haben Sie vorhin gegen seinen Vater von ihm geredt?

Anton.  Das Mädel muß den Teufel haben, oder der verzweifelten Alte
hat geplaudert.  Aber höre, Lisette, weißt du es gewiß, was ich gesagt
habe?  Was war es denn?  Laß einmal hören.

Lisette.  Du sollst alles hören, wenn ich es deinem Herrn erzählen
werde.

Anton.  O wahrhaftig, ich glaube, du machst Ernst daraus.  Du wirst
mir doch meinen Kredit bei meinem Herrn nicht verderben wollen?  Wenn
du wirklich etwas weißt, so sei keine Närrin!--Daß ihr Weibsvolk doch
niemals Spaß versteht!  Ich habe dir eine Ohrfeige vergeben, und du
willst dich, einer kleinen Neckerei wegen, rächen?  Ich will dir ja
alles sagen.

Lisette.  Nun so sage--

Anton.  Aber du sagst doch nichts?--

Lisette.  Je mehr du sagen wirst, je weniger werde ich sagen.

Anton.  Was wird es sonst viel sein, als daß der Vater dem Sohne
nochmals die Heirat mit Julianen vorschlug?  Damis schien ganz
aufmerksam zu sein, und--weiter kann ich dir nichts sagen.

Lisette.  Weiter nichts?  Gut, gut, dein Herr soll alles erfahren.

Anton.  Um des Himmels willen, Lisette; ich will dir es nur gestehn.

Lisette.  Nun so gesteh!

Anton.  Ich will dir es nur gestehen, daß ich wahrhaftig nichts mehr
gehört habe.  Ich wurde eben weggeschickt.  Nun weißt du wohl, wenn
man nicht zugegen ist, so kann man nicht viel hören--

Lisette.  Das versteht sich.  Aber was meinst du, wird Damis sich dazu
entschlossen haben?

Anton.  Wenn er sich noch nicht dazu entschlossen hat, so will ich
mein Äußerstes anwenden, daß er es noch tut.  Ich soll für meine Mühe
bezahlt werden, Lisette; und du weißt wohl, wenn ich bezahlt werde,
daß alsdenn auch du--

Lisette.  Ja, ja, auch ich verspreche dir's; du sollst redlich bezahlt
werden!--Unterstehe dich!--

Anton.  Wie?

Lisette.  Habe einmal das Herz!--

Anton.  Was?

Lisette.  Dummkopf! meine Jungfer will deinen Damis nicht haben--

Anton.  Was tut das?--

Lisette.  Folglich ist mein Wille, daß er sie auch nicht bekommen soll.

Anton.  Folglich, wenn sie mein Herr wird haben wollen, so wird mein
Wille sein müssen, daß er sie bekommen soll.

Lisette.  Höre doch! du willst mein Mann werden und einen Willen für
dich haben?  Bürschchen, das laß dir nicht einkommen!  Dein Wille muß
mein Wille sein, oder--

Anton.  St! potz Element! er kömmt; hörst du? er kömmt!  Nun sieh ja,
wo der Zimmermann das Loch gelassen hat.  Verstecke dich wenigstens;
verstecke dich!  Er bringt sonst mich und dich um.

Lisette (beiseite).  Halt, ich will beide betrügen!--Wo denn aber hin?
wohin? in das Kabinett?

Anton.  Ja, ja, nur unterdessen hinein.  Vielleicht geht er bald
wieder fort.--Und ich, ich will mich geschwind hieher setzen--(Er
setzt sich an den Tisch, nimmt ein Buch in die Hand und tut, als ob er
den Damis nicht gewahr würde.)




Vierter Auftritt

Anton.  Damis.


Anton (vor sich).  Ja, die Gelehrten--wie glücklich sind die Leute
nicht!--Ist mein Vater nicht ein Esel gewesen, daß er mich nicht auch
auf ihre Profession getan hat!  Zum Henker, was muß es für eine Lust
sein, wenn man alles in der Welt weiß, so wie mein Herr!--Potz Stern,
die Bücher alle zu verstehn!--Wenn man nur darunter sitzt, man mag
darin lesen oder nicht, so ist man schon ein ganz andrer Mensch!--Ich
fühl's, wahrhaftig ich fühl's, der Verstand duftet mir recht daraus
entgegen.--Gewiß, er hat recht; ohne die Gelehrsamkeit ist man nichts
als eine Bestie.--Ich dumme Bestie!--(Beiseite.) Nun, wie lange wird
er mich noch schimpfen lassen?--Wir sind doch närrisch gepaaret, ich
und mein Herr!--Er gibt dem Gelehrtesten und ich dem Ungelehrtesten
nichts nach.--Ich will auch noch heute anfangen zu lesen.--Wenn ich
ein Loch von achtzig Jahren in die Welt lebe, so kann ich schon noch
ein ganzer Kerl werden.--Nur frisch angefangen!  Da sind Bücher genug!
--Ich will mir das kleinste aussuchen; denn anfangs muß man sich nicht
übernehmen.--Ha! da finde ich ein allerliebstes Büchelchen.--In so
einem muß es sich mit Lust studieren lassen.--Nur frisch angefangen,
Anton!--Es wird doch gleichviel sein, ob hinten oder vorne?--Wahrhaftig,
es wäre eine Schande für meinen so erstaunlich, so erschrecklich, so
abscheulich gelehrten Herrn, wenn er länger einen so dummen Bedienten
haben sollte--

Damis (indem er sich ihm vollends nähert).  Ja freilich wäre es eine
Schande für ihn.

Anton.  Hilf Himmel! mein Herr--

Damis.  Erschrick nur nicht!  Ich habe alles gehört--

Anton.  Sie haben alles gehört?--ich bitte tausendmal um Verzeihung,
wenn ich etwas Unrechtes gesprochen habe.--Ich war so eingenommen, so
eingenommen von der Schönheit der Gelehrsamkeit--verzeihen Sie mir
meinen dummen Streich--, daß ich selbst noch gelehrt werden wollte.

Damis.  Schimpfe doch nicht selbst den klügsten Einfall, den du
zeitlebens gehabt hast.

Anton.  Vor zwanzig Jahren möchte er klug genug gewesen sein.

Damis.  Glaube mir, noch bist du zu den Wissenschaften nicht zu alt.
Wir können in unsrer Republik schon mehrere aufweisen, die sich
gleichfalls den Musen nicht eher in die Arme geworfen haben.

Anton.  Nicht in die Arme allein, ich will mich ihnen in den Schoß
werfen.--Aber in welcher Stadt sind die Leute?

Damis.  In welcher Stadt?

Anton.  Ja; ich muß hin, sie kennenzulernen.  Sie müssen mir sagen,
wie sie es angefangen haben.--

Damis.  Was willst du mit der Stadt?

Anton.  Sie denken etwa, ich weiß nicht, was eine Republik
ist?--Sachsen, zum Exempel--Und eine Republik hat ja mehr wie eine
Stadt? nicht?

Damis.  Was für ein Idiote!  Ich rede von der Republik der Gelehrten.
Was geht uns Gelehrten Sachsen, was Deutschland, was Europa an?  Ein
Gelehrter, wie ich bin, ist für die ganze Welt; er ist ein Kosmopolit:
er ist eine Sonne, die den ganzen Erdball erleuchten muß--

Anton.  Aber sie muß doch wo liegen, die Republik der Gelehrten.

Damis.  Wo liegen? dummer Teufel! die gelehrte Republik ist überall.

Anton.  Überall? und also ist sie mit der Republik der Narren an
einem Orte?  Die, hat man mir gesagt, ist auch überall.

Damis.  Ja freilich sind die Narren und die Klugen, die Gelehrten und
die Ungelehrten überall untermengt, und zwar so, daß die letztern
immer den größten Teil ausmachen.  Du kannst es an unserm Hause sehen.
Mit wieviel Toren und Unwissenden findest du mich nicht hier umgeben?
Einige davon wissen nichts, und wissen es, daß sie nichts wissen.
Unter diese gehörst du.  Sie wollten aber doch gern etwas lernen, und
deswegen sind sie noch die erträglichsten.  Andre wissen nichts und
wollen auch nichts wissen; sie halten sich bei ihrer Unwissenheit für
glücklich; sie scheuen das Licht der Gelehrsamkeit--

Anton.  Das Eulengeschlecht!

Damis.  Noch andre aber wissen nichts und glauben doch etwas zu wissen;
sie haben nichts, gar nichts gelernt, und wollen doch den Schein
haben, als hätten sie etwas gelernt.  Und diese sind die
allerunerträglichsten Narren, worunter, die Wahrheit zu bekennen, auch
mein Vater gehört.

Anton.  Sie werden doch Ihren Vater, bedenken Sie doch, Ihren Vater,
nicht zu einem Erznarren machen?

Damis.  Lerne distinguieren!  Ich schimpfe meinen Vater nicht,
insofern er mein Vater ist, sondern insofern ich ihn als einen
betrachten kann, der den Schein der Gelehrsamkeit unverdienterweise an
sich reißen will.  Insofern verdient er meinen Unwillen.  Ich habe es
ihm schon oft zu verstehen gegeben, wie ärgerlich er mir ist, wenn er,
als ein Kaufmann, als ein Mann, der nichts mehr als gute und schlechte
Waren, gutes und falsches Geld kennen darf und höchstens das letzte
für das erste wegzugeben wissen soll; wenn der, sage ich, mit seinen
Schulbrocken, bei welchen ich doch noch immer etwas erinnern muß, so
prahlen will.  In dieser Absicht ist er ein Narr, er mag mein Vater
sein, oder nicht.

Anton.  Schade! ewig schade! daß ich das insofern und in Absicht nicht
als ein Junge gewußt habe.  Mein Vater hätte mir gewiß nicht so viel
Prügel umsonst geben sollen.  Er hätte sie alle richtig wiederbekommen;
nicht insofern als mein Vater, sondern insofern als einer, der mich
zuerst geschlagen hätte.  Es lebe die Gelehrsamkeit!--

Damis.  Halt! ich besinne mich auf einen Grundsatz des natürlichen
Rechts, der diesem Gedanken vortrefflich zustatten kömmt.  Ich muß
doch den Hobbes nachsehen!--Geduld! daraus will ich gewiß eine schöne
Schrift machen!

Anton.  Um zu beweisen, daß man seinen Vater wiederprügeln dürfe?--

Damis.  Certo respectu allerdings.  Nur muß man sich wohl in acht
nehmen, daß man, wenn man ihn schlägt, nicht den Vater, sondern den
Aggressor zu schlagen sich einbildet; denn sonst--

Anton.  Aggressor?  Was ist das für ein Ding?

Damis.  So heißt der, welcher ausschlägt--

Anton.  Ha, ha! nun versteh ich's.  Zum Exempel; Ihnen, mein Herr,
stieße wieder einmal eine kleine gelehrte Raserei zu, die sich meinem
Buckel durch eine Tracht Schläge empfindlich machte: so wären Sie--wie
heißt es?--der Aggressor; und ich, ich würde berechtiget sein, mich
über den Aggressor zu erbarmen, und ihm--

Damis.  Kerl, du bist toll!--

Anton.  Sorgen Sie nicht; ich wollte meine Gedanken schon so zu
richten wissen, daß der Herr unterdessen beiseite geschafft würde--

Damis.  Nun wahrhaftig, das wäre ein merkwürdiges Exempel, in was für
verderbliche Irrtümer man verfallen kann, wenn man nicht weiß, aus
welcher Disziplin diese oder jene Wahrheit zu entscheiden ist.  Die
Prügel, die ein Bedienter von seinem Herrn bekommt, gehören nicht in
das Recht der Natur, sondern in das bürgerliche Recht.  Wenn sich ein
Bedienter vermietet, so vermietet er auch seinen Buckel mit.  Diesen
Grundsatz merke dir.

Anton.  Aus dem bürgerlichen Rechte ist er?  O das muß ein garstiges
Recht sein.  Aber ich sehe es nun schon! die verzweifelte
Gelehrsamkeit, sie kann ebenso leicht zu Prügeln verhelfen als dafür
schützen.  Was wollte ich nicht darum geben, wenn ich mich auf alle
ihre wächserne Nasen so gut verstünde als Sie--O Herr Damis, erbarmen
Sie sich meiner Dummheit!

Damis.  Nun wohl, wenn es dein Ernst ist, so greife das Werk an.  Es
erfreut mich, der Gelehrsamkeit durch mein Exempel einen Proselyten
gemacht zu haben.  Ich will dich redlich mit meinem Rate und meinen
Lehren unterstützen.  Bringst du es zu etwas, so verspreche ich dir,
dich in die gelehrte Welt selbst einzuführen und mit einem besondern
Werke dich ihr anzukündigen.  Vielleicht ergreife ich die Gelegenheit,
etwas de Eruditis sero ad literas admissis oder de Opsimathia oder
auch de studio senili zu schreiben, und so wirst du auf einmal berühmt.
--Doch laß einmal sehen, ob ich mir von deiner Lehrbegierde viel zu
versprechen habe?  Welch Buch hattest du vorhin in Händen?

Anton.  Es war ein ganz kleines--

Damis.  Welches denn?--

Anton.  Es war so allerliebst eingebunden, mit Golde auf dem Rücken
und auf dem Schnitte.  Wo legte ich's doch hin?  Da! da!

Damis.  Das hattest du? das?

Anton.  Ja, das!

Damis.  Das?

Anton.  Bin ich an das unrechte gekommen? weil es so hübsch klein war--

Damis.  Ich hätte dir selbst kein beßres vorschlagen können.

Anton.  Das dacht' ich wohl, daß es ein schön Buch sein müsse.  Würde
es wohl sonst einen so schönen Rock haben?

Damis.  Es ist ein Buch, das seinesgleichen nicht hat.  Ich habe es
selbst geschrieben.  Siehst du?--Auctore Damide!

Anton.  Sie selbst?  Nu, nu, habe ich's doch immer gehört, daß man die
leiblichen Kinder besser in Kleidung hält als die Stiefkinder.  Das
zeugt von der väterlichen Liebe.

Damis.  Ich habe mich in diesem Buche, so zu reden, selbst übertroffen.
Sooft ich es wieder lese, sooft lerne ich auch etwas Neues daraus.

Anton.  Aus Ihrem eignen Buche?

Damis.  Wundert dich das?--Ach verdammt! nun erinnere ich mich erst:
mein Gott, das arme Mädchen!  Sie wird doch nicht noch in dem
Kabinette stecken (Er geht darauf los.)

Anton.  Um Gottes willen, wo wollen Sie hin?

Damis.  Was fehlt dir? ins Kabinett.  Hast du Lisetten gesehen?

Anton.  Nun bin ich verloren!--Nein, Herr Damis, nein; so wahr ich
lebe, sie ist nicht drinne.

Damis.  Du hast sie also sehen herausgehen?  Ist sie schon lange fort?

Anton.  Ich habe sie, so wahr ich ehrlich bin, nicht sehen hereingehen.
Sie ist nicht drinne; glauben Sie mir nur, sie ist nicht drinne--




Fünfter Auftritt

Lisette.  Damis.  Anton.


Lisette.  Allerdings ist sie noch drinne--

Anton.  O das Rabenaas!

Damis.  So lange hat Sie sich hier versteckt gehalten?  Arme Lisette!
das war mein Wille gar nicht.  Sobald mein Vater aus der Stube gewesen
wäre, hätte Sie immer wieder herausgehen können.

Lisette.  Ich wußte doch nicht, ob ich recht täte.  Ich wollte also
lieber warten, bis mich der, der mich versteckt hatte, selbst wieder
hervorkommen hieß--

Anton.  Zum Henker, von was für einem Verstecken reden die?  (Sachte
zu Lisetten.) So, du feines Tierchen? hat dich mein Herr selbst schon
einmal versteckt?  Nun weiß ich doch, wie ich die gestrige Ohrfeige
auslegen soll.  Du Falsche!

Lisette.  Schweig; sage nicht ein Wort, daß ich zuvor bei dir gewesen
bin, oder--du weißt schon--

Damis.  Was schwatzt ihr denn beide da zusammen?  Darf ich es nicht
hören?

Lisette.  Es war nichts; ich sagte ihm bloß, er solle heruntergehen,
daß, wenn meine Jungfer nach mir fragte, er unterdessen sagen könnte,
ich sei ausgegangen.  Juliane ist mißtrauisch; sie suchte mich doch
wohl hier, wenn sie mich brauchte.

Damis.  Das ist vernünftig.  Gleich, Anton, geh!

Anton.  Das verlangst du im Ernste, Lisette?

Lisette.  Freilich; fort, laß uns allein.

Damis.  Wirst du bald gehen?

Anton.  Bedenken Sie doch selbst, Herr Damis; wann Sie nun ihr
Geplaudre werden überdrüssig sein, und das wird gar bald geschehen,
wer soll sie Ihnen denn aus der Stube jagen helfen, wenn ich nicht
dabei bin?

Lisette.  Warte, ich will dein Lästermaul--

Damis.  Laß dich unbekümmert!  Wann sie mir beschwerlich fällt, wird
sie schon selbst so vernünftig sein und gehen.

Anton.  Aber betrachten Sie nur: ein Weibsbild in Ihrer Studierstube!
Was wird Ihr Gott sagen?  Er kann ja das Ungeziefer nicht leiden.

Lisette.  Endlich werde ich dich wohl zur Stube hinausschmeißen müssen?

Anton.  Das wäre mir gelegen.--Die verdammten Mädel! auch bei dem
Teufel können sie sich einschmeicheln.  (Geht ab.)




Sechster Auftritt

Lisette.  Damis


Damis.  Und wo blieben wir denn vorhin?

Lisette.  Wo blieben wir? bei dem, was ich allezeit am liebsten höre
und wovon ich allezeit am liebsten rede, bei Ihrem Lobe.  Wenn es nur
nicht eine so gar kitzliche Sache wäre, einen ins Gesicht zu loben!
--Ich kann Ihnen unmöglich die Marter antun.

Damis.  Aber ich beteure Ihr nochmals, Lisette: es ist mir nicht um
mein Lob zu tun!  Ich möchte nur gern hören, auf was für verschiedene
Art verschiedene Personen einerlei Gegenstand betrachtet haben.

Lisette.  Jeder lobte dasjenige an Ihnen, was er an sich
Lobenswürdiges zu finden glaubte.  Zum Exempel, der kleine dicke Mann
mit der ernsthaften Miene, der so selten lacht, der aber, wenn er
einmal zu lachen anfängt, mit dem erschütterten Bauche den ganzen
Tisch über den Haufen wirft--

Damis.  Und wer ist das?  Aus Ihrer Beschreibung, Lisette, kann ich es
nicht erraten--O es ist mit den Beschreibungen eine kitzliche Sache!
Es gehört nicht wenig dazu, sie so einzurichten, daß man, gleich bei
dem ersten Anblicke, das Beschriebene erkennen kann.  Über nichts
aber muß ich mehr lachen, als wenn ich bei diesem und jenem großen
Philosophen, wahrhaftig bei Männern, die schon einer ganzen Sekte
ihren Namen gegeben haben, öfters Beschreibungen anstatt Erklärungen
antreffe.  Das macht, die guten Herren haben mehr Einbildungskraft als
Beurteilung.  Bei der Erklärung muß der Verstand in das Innere der
Dinge eindringen; bei der Beschreibung aber darf man bloß auf die
äußerlichen Merkmale, auf das--

Lisette.  Wir kommen von unsrer Sache, Herr Damis.  Ihr Lob--

Damis.  Jawohl; fahr Sie nur fort, Lisette.  Von wem wollte Sie vorhin
reden?

Lisette.  Je, sollten Sie denn den kleinen Mann nicht kennen?  Er
bläset immer die Backen auf--

Damis.  Sie meint vielleicht den alten Ratsherrn?

Lisette.  Ganz recht, aber seinen Namen--

Damis.  Was liegt an dem?--

Lisette.  "Ja, Herr Chrysander", sagte also der Ratsherr, an dessen
Namen nichts gelegen ist, "Ihr Herr Sohn kann einmal der beste
Ratsherr von der Welt werden, wenn er sich nur darauf applizieren will."
Es gehört ein aufgeweckter Geist dazu; den hat er: eine fixe Zunge;
die hat er: eine tiefe Einsicht in die Staatskunst; die hat er: eine
Geschicklichkeit, seine Gedanken zierlich auf das Papier zu bringen;
die hat er: eine verschlagne Aufmerksamkeit auf die geringsten
Bewegungen unruhiger Bürger; die hat er: und wenn er sie nicht hat--o
die Übung--die Übung!  Ich weiß ja, wie mir es anfangs ging.  Freilich
kann man die Geschicklichkeit zu einem so schweren Amte nicht gleich
mit auf die Welt bringen--

Damis.  Der Narr! es ist zwar wahr, daß ich alle diese
Geschicklichkeiten besitze; allein mit der Hälfte derselben könnte ich
Geheimter Rat werden, und nicht bloß--




Siebenter Auftritt

Anton.  Lisette.  Damis.


Damis.  Nun, was willst du schon wieder?

Anton.  Mamsell Juliane weiß es nun, daß Lisette ausgegangen ist.
Fürchten Sie sich nur nicht; sie wird uns nicht überraschen--

Damis.  Wer hieß dich denn wiederkommen?

Anton.  Sollte ich wohl meinen Herrn allein lassen?  Und dazu, es
überfiel mich auf einmal so eine Angst, so eine Bangigkeit; die Ohren
fingen mir an zu klingen und besonders das linke--Lisette!  Lisette!

Lisette.  Was willst du denn?

Anton (sachte zu Lisetten).  Was habt ihr denn beide allein gemacht?
Was gilt's, es ging auf meine Unkosten!

Lisette.  O pack dich--Ich weiß nicht, was der Narre will.

Damis.  Fort, Anton! es ist die höchste Zeit; du mußt wieder auf die
Post sehen.  Ich weiß auch gar nicht, wo sie so lange bleibt.--Wird's
bald?

Anton.  Lisette, komm mit!

Damis.  Was soll denn Lisette mit?

Anton.  Und was soll sie denn bei Ihnen?

Damis.  Unwissender!

Anton.  Ja freilich ist es mein Unglück, daß ich es nicht weiß.
(Sachte zu Lisetten.) Rede nur wenigstens ein wenig laut, damit ich
höre, was unter euch vorgeht--Ich werde horchen--(Gehet ab.)




Achter Auftritt

Lisette.  Damis.


Lisette.  Lassen Sie uns ein wenig sachte reden.  Sie wissen wohl, man
ist vor dem Horcher nicht sicher.

Damis.  Jawohl; fahr Sie also nur sachte fort.

Lisette.  Sie kennen doch wohl des Herrn Chrysanders Beichtvater?

Damis.  Beichtvater? soll ich denn alle solche Handwerksgelehrte
kennen?

Lisette.  Wenigstens schien er Sie sehr wohl zu kennen.  "Ein guter
Prediger", fiel er der dicken Rechtsgelehrsamkeit ins Wort, "sollte
Herr Damis gewiß auch werden.  Eine schöne Statur; eine starke
deutliche Stimme; ein gutes Gedächtnis; ein feiner Vortrag; eine
anständige Dreistigkeit; ein reifer Verstand, der über seine Meinungen
türkenmäßig zu halten weiß: alle diese Eigenschaften glaube ich, in
einem ziemlich hohen Grade, bei ihm bemerkt zu haben.  Nur um einen
Punkt ist mir bange.  Ich fürchte, ich fürchte, er ist auch ein wenig
von der Freigeisterei angesteckt."--"Ei, was Freigeisterei?" schrie
der schon halb trunkene Medikus.  "Die Freigeister sind brave Leute!
Wird er deswegen keinen Kranken kurieren können?  Wenn es nach mir
geht, so muß er ein Medikus werden.  Griechisch kann er, und
Griechisch ist die halbe Medizin.  (Indem sie allmählich wieder lauter
spricht.) Freilich das Herz, das dazu gehört, kann sich niemand geben.
Doch das kömmt von sich selbst, wenn man erst eine Weile praktiziert
hat."--"Nu", fiel ihm ein alter Kaufmann in die Rede, "so muß es mit
den Herrn Medizinern wohl sein wie mit den Scharfrichtern.  Wenn die
zum ersten Male köpfen, so zittern und beben sie; je öfter sie aber
den Versuch wiederholen, desto frischer geht es."--Und auf diesen
Einfall ward eine ganze Viertelstunde gelacht; in einem fort, in einem
fort; sogar das Trinken ward darüber vergessen.




Neunter Auftritt

Lisette.  Damis.  Anton.


Anton.  Herr, die Post wird heute vor neun Uhr nicht kommen.  Ich habe
gefragt; Sie können sieh darauf verlassen.

Damis.  Mußt du uns aber denn schon wieder stören, Idiote?

Anton.  Es soll mir recht lieb sein, wann ich Sie nur noch zur rechten
Zeit gestört habe.

Damis.  Was willst du mit deiner rechten Zeit?

Anton.  Ich will mich gegen Lisetten schon deutlicher erklären.  Darf
ich ihr etwas ins Ohr sagen?

Lisette.  Was wirst du mir ins Ohr zu sagen haben?

Anton.  Nur ein Wort.  (Sachte.) Du denkst, ich habe nicht gehorcht?
Sagtest du nicht: du hättest nicht Herz genug dazu? doch wenn du nur
erst das Ding eine Weile würdest praktizierst haben--O ich habe alles
gehört--Kurz, wir sind geschiedne Leute!  Du Unverschämte, Garstige--

Lisette.  Sage nur, was du willst?

Damis.  Gleich, geh mir wieder aus den Augen!  Und komme mir nicht
wieder vors Gesicht, bis ich dich rufen werde oder bis du mir Briefe
von Berlin bringst!--Ich kann sie kaum erwarten.  So macht es die
übermäßige Freude!  Zwar sollte ich Hoffnung sagen, weil jene nur auf
das Gegenwärtige und diese auf das Zukünftige geht.  Doch hier ist das
Zukünftige schon so gewiß als das Gegenwärtige.  Ich brauche die
Sprache der Propheten, die ihrer Sachen doch unmöglich so gewiß sein
konnten.--Die ganze Akademie müßte blind sein.--Nun, was stehst du
noch da?  Wirst du gehen?




Zehnter Auftritt

Lisette.  Damis.


Lisette.  Da sehen Sie! so lobten Sie die Leute.

Damis.  Ah, wann die Leute nicht besser loben können, so möchten sie
es nur gar bleiben lassen.  Ich will mich nicht rühmen, aber doch so
viel kann ich mir ohne Hochmut zutrauen: ich will meiner Braut die
Wahl lassen, ob sie lieber einen Doktor der Gottesgelahrtheit oder der
Rechte oder der Arzneikunst zu ihrem Manne haben will.  In allen drei
Fakultäten habe ich disputiert; in allen dreien habe ich--

Lisette.  Sie sprechen von einer Braut? heiraten Sie denn wirklich?

Damis.  Hat Sie denn auch schon davon gehört, Lisette?

Lisette.  Kömmt denn wohl ohn' unsereiner irgend in einem Hause eine
Heirat zustande?  Aber eingebildet hätte ich mir es nimmermehr, daß
Sie sich für Julianen entschließen würden! für Julianen!

Damis.  Größtenteils tue ich es dem Vater zu Gefallen, der auf die
außerordentlichste Weise deswegen in mich dringt.  Ich weiß wohl, daß
Juliane meiner nicht wert ist.  Allein soll ich einer solchen
Kleinigkeit wegen, als eine Heirat ist, den Vater vor den Kopf stoßen?
Und dazu habe ich sonst einen Einfall, der mir ganz wohl lassen wird.

Lisette.  Freilich ist Juliane Ihrer nicht wert; und wenn nur alle
Leute die gute Mamsell so kennten als ich--




Eilfter Auftritt

Anton.  Damis.  Lisette.


Anton (vor sich).  Ich kann die Leute unmöglich so alleine lassen.
--Herr Valer fragt, ob Sie in Ihrer Stube sind?  Sind Sie noch da,
Herr Damis?

Damis.  Sage mir nur, Unwissender, hast du dir es denn heute recht
vorgesetzt, mir beschwerlich zu fallen?

Lisette.  So lassen Sie ihn nur da, Herr Damis.  Er bleibt doch nicht
weg--

Anton.  Ja, jetzt soll ich dableiben; jetzt, da es schon vielleicht
vorbei ist, was ich nicht hören und sehen sollte.

Damis.  Was soll denn vorbei sein?

Anton.  Das werden Sie wohl wissen.

Lisette (sachte).  Jetzt, Anton, hilf mir, Julianen bei deinem Herrn
recht schwarz machen.  Willst du?

Anton.  Ei ja doch! zum Danke vielleicht--

Lisette.  So schweig wenigstens.--Notwendig, Herr Damis, müssen Sie
mit Julianen übel fahren.  Ich bedaure Sie im voraus.  Der ganze
Erdboden trägt kein ärgeres Frauenzimmer--

Anton.  Glauben Sie es nicht, Herr Damis; Juliane ist ein recht gut
Kind.  Sie können mit keiner in der Welt besser fahren.  Ich wünsche
Ihnen im voraus Glück.

Lisette.  Wahrhaftig! du mußt gegen deinen Herrn sehr redlich gesinnt
sein, daß du ihm eine so unerträgliche Plage an den Hals schwatzen
willst.

Anton.  Noch weit redlicher mußt du gegen deine Mamsell sein, daß du
ihr einen so guten Ehemann, als Herr Damis werden wird, mißgönnest.

Lisette.  Einen guten Ehemann?  Nun wahrhaftig, ein guter Ehemann, das
ist auch alles, was sie sich wünscht.  Ein Mann, der alles gut sein
läßt--

Anton.  Ho! ho! alles?  Hören Sie, Herr Damis, für was Sie Lisette
ansieht?  Aus der Ursache möchtest du wohl selbst gern seine Frau
sein?  Alles? ei! unter das alles, gehört wohl auch--? du verstehst
mich doch?

Damis.  Aber im Ernste, Lisette; glaubt Sie wirklich, daß Ihre Jungfer
eine recht böse Frau werden wird?  Hat sie in der Tat viel schlimme
Eigenschaften?

Lisette.  Viel?  Sie hat sie alle, die man haben kann; auch nicht die
ausgenommen, die einander widersprechen.

Damis.  Will Sie mir nicht ein Verzeichnis davon geben?

Lisette.  Wo soll ich anfangen?--Sie ist albern--

Damis.  Kleinigkeit!

Anton.  Und ich sage: Lügen!

Lisette.  Sie ist zänkisch--

Damis.  Kleinigkeit!

Anton.  Und ich sage: Lügen!

Lisette.  Sie ist eitel--

Damis.  Kleinigkeit!

Anton.  Lügen! sag ich.

Lisette.  Sie ist keine Wirtin--

Damis.  Kleinigkeit!

Anton.  Lügen!

Lisette.  Sie wird Sie durch übertriebenen Staat, durch beständige
Ergötzlichkeiten und Schmausereien, um alle das Ihrige bringen--

Damis.  Kleinigkeit!

Anton.  Lügen!

Lisette.  Sie wird Ihnen die Sorge um eine Herde Kinder auf den Hals
laden--

Damis.  Kleinigkeit!

Anton.  Das tun die besten Weiber am ersten!

Lisette.  Aber um Kinder, die aus der rechten Quelle nicht geholt sind.

Damis.  Kleinigkeit!

Anton.  Und zwar Kleinigkeit nach der Mode!

Lisette.  Kleinigkeit? aber was denken Sie denn, Herr Damis?

Damis.  Ich denke, daß Juliane nicht arg genug sein kann.  Ist sie
albern? ich bin desto klüger; ist sie zänkisch? ich bin desto
gelassener; ist sie eitel? ich bin desto philosophischer gesinnt;
vertut sie? sie wird aufhören, wenn sie nichts mehr hat; ist sie
fruchtbar? so mag sie sehen, was sie vermag, wann sie es mit mir um
die Wette sein will.  Ein jedes mache sich ewig, womit es kann; das
Weib durch Kinder, der Mann durch Bücher.

Anton.  Aber merken Sie denn nicht, daß Lisette ihre Ursachen haben
muß, Julianen so zu verleumden?

Damis.  Ach freilich merk ich es.  Sie gönnt mich ihr und beschreibt
sie mir also vollkommen nach meinem Geschmacke.  Sie hat es ohne
Zweifel geschlossen, daß ich ihre Mamsell nur eben deswegen, weil sie
das unerträglichste Frauenzimmer ist, heiraten will.

Lisette.  Nur deswegen? nur deswegen? und das hätte ich geschlossen?
Ich müßte Sie für irre im Kopfe gehalten haben.  Überlegen Sie doch
nur--

Damis.  Das geht zu weit, Lisette!  Traut Sie mir keine Überlegung zu?
Was ich gesagt habe, ist die Frucht einer nur allzu scharfen
Überlegung.  Ja, es ist beschlossen: ich will die Zahl der unglücklich
scheinenden Gelehrten, die sich mit bösen Weibern vermählt haben,
vermehren.  Dieser Vorsatz ist nicht von heute.

Anton.  Nein, wahrhaftig!--Was aber der Teufel nicht tun kann!  Wer
hätte es sich jetzt sollen träumen lassen, jetzt da es Ernst werden
soll?  Ich muß lachen; Lisette wollte ihn von der Heirat abziehen und
hat ihm nur mehr dazu beredt; und ich, ich wollte ihn dazu bereden und
hätte ihn bald davon abgezogen.

Damis.  Einmal soll geheiratet sein.  Auf eine recht gute Frau darf
ich mir nicht Rechnung machen; also wähle ich mir eine recht schlimme.
Eine Frau von der gemeinen Art, die weder kalt noch warm, weder recht
gut noch recht schlimm ist, taugt für einen Gelehrten nichts, ganz und
gar nichts!  Wer wird sich nach seinem Tode um sie bekümmern?
Gleichwohl verdient er es doch, daß sein ganzes Haus mit ihm
unsterblich bleibe.  Kann ich keine Frau haben, die einmal ihren Platz
in einer Abhandlung de bonis Eruditorum uxoribus findet, so will ich
wenigstens eine haben, mit welcher ein fleißiger Mann seine Sammlung
de malis Eruditorum uxoribus vermehren kann.  Ja, ja; ich bin es
ohnehin meinem Vater, als der einzige Sohn, schuldig, auf die
Erhaltung seines Namens mit der äußersten Sorgfalt bedacht zu sein.

Lisette.  Kaum kann ich mich von meinem Erstaunen erholen--Ich habe
Sie, Herr Damis, für einen so großen Geist gehalten--

Damis.  Und das nicht mit Unrecht.  Doch eben hierdurch glaube ich den
stärksten Beweis davon zu geben.

Lisette.  Ich möchte platzen!--Ja, ja, den stärksten Beweis, daß
niemand schwerer zu fangen ist als ein junger Gelehrter; nicht sowohl
wegen seiner Einsicht und Verschlagenheit als wegen seiner Narrheit.

Damis.  Wie, so naseweis, Lisette?  Ein junger Gelehrter?--ein junger
Gelehrter?--

Lisette.  Ich will Ihnen die Verweise ersparen.  Valer soll gleich von
allem Nachricht bekommen.  Ich bin Ihre Dienerin.




Zwölfter Auftritt

Anton.  Damis.


Anton.  Da sehen Sie!  Nun läuft sie fort, da Sie nach ihrer Pfeife
nicht tanzen wollen.--

Damis.  Mulier non Homo! bald werde ich auch dieses Paradoxon für wahr
halten.  Wodurch zeigt man, daß man ein Mensch ist?  Durch den
Verstand.  Wodurch zeigt man, daß man Verstand hat?  Wann man die
Gelehrten und die Gelehrsamkeit gehörig zu schätzen weiß.  Dieses kann
kein Weibsbild, und also hat es keinen Verstand, und also ist es kein
Mensch.  Ja, wahrhaftig ja; in diesem Paradoxo liegt mehr Wahrheit als
in zwanzig Lehrbüchern.

Anton.  Wie ist mir denn?  Ich habe Ihnen doch gesagt, daß Sie Herr
Valer gesucht hat?  Wollen Sie nicht gehen und ihn sprechen?

Damis.  Valer? ich will ihn erwarten.  Die Zeiten sind vorbei, da ich
ihn hochschätzte.  Er hat seit einigen Jahren die Bücher beiseite
gelegt; er hat sich das Vorurteil in den Kopf setzen lassen, daß man
sich vollends durch den Umgang und durch die Kenntnis der Welt
geschickt machen müsse, dem Staate nützliche Dienste zu leisten.  Was
kann ich mehr tun als ihn bedauern?  Doch ja, endlich werde ich mich
auch seiner schämen müssen.  Ich werde mich schämen müssen, daß ich
ihn ehemals meiner Freundschaft wert geschätzt habe.  O wie ekel muß
man in der Freundschaft sein!  Doch was hat geholfen, daß ich es bis
auf den höchsten Grad gewesen bin?  Umsonst habe ich mich vor der
Bekanntschaft aller mittelmäßigen Köpfe gehütet; umsonst habe ich mich
bestrebt, nur mit Genies, nur mit originellen Geistern umzugehen:
dennoch mußte mich Valer, unter der Larve eines solchen, hintergehen.
O Valer!  Valer!

Anton.  Laut genug, wenn er es hören soll.

Damis.  Ich hätte über sein kaltsinniges Kompliment bersten mögen!
Von was unterhielt er mich? von nichtswürdigen Kleinigkeiten.  Und
gleichwohl kam er von Berlin, und gleichwohl hätte er mir die
allerangenehmste Neuigkeit zuerst berichten können.  O Valer!  Valer!

Anton.  St! wahrhaftig er kömmt.  Sehen Sie, daß er sich nicht dreimal
rufen läßt?




Dreizehnter Auftritt

Damis.  Valer.  Anton.


Valer.  Verzeihen Sie, liebster Freund, daß ich Sie in Ihrer gelehrten
Ruhe störe--

Anton.  Wenn er doch gleich sagte, Faulheit.

Damis.  Stören?  Ich sollte glauben, daß Sie mich zu stören kämen?
Nein, Valer, ich kenne Sie zu wohl; Sie kommen, mir die angenehmsten
Neuigkeiten zu hinterbringen, die der Aufmerksamkeit eines Gelehrten,
der seine Belohnung erwartet, würdig sind.--Einen Stuhl, Anton!
--Setzen Sie sich.

Valer.  Sie irren sich, liebster Freund.  Ich komme, Ihnen die
Unbeständigkeit Ihres Vaters zu klagen; ich komme, eine Erklärung von
Ihnen zu verlangen, von welcher mein ganzes Glück abhängen wird.--

Damis.  Oh! ich konnte es Ihnen gleich ansehen, daß Sie vorhin die
Gegenwart meines Vaters abhielt, sich mit mir vertraulicher zu
besprechen und mir Ihre Freude über die Ehre zu bezeigen, die mir der
billige Ausspruch der Akademie--

Valer.  Nein, allzu gelehrter Freund; lassen Sie uns einen Augenblick
von etwas minder Gleichgültigem reden.

Damis.  Von etwas minder Gleichgültigem?  Also ist Ihnen meine Ehre
gleichgültig?  Falscher Freund!--

Valer.  Ihnen wird diese Benennung zukommen, wann Sie mich länger von
dem, was für ein zärtliches Herz das wichtigste ist, abbringen werden.
Ist es wahr, daß Sie Julianen heiraten wollen? daß Ihr Vater dieses
allzu zärtliche Frauenzimmer durch Bande der Dankbarkeit binden will,
in seiner Wahl minder frei zu handeln?  Habe ich Ihnen jemals aus
meiner Neigung gegen Julianen ein Geheimnis gemacht?  Haben Sie mir
nicht von jeher versprochen, meiner Liebe behilflich zu sein?

Damis.  Sie ereifern sich, Valer; und vergessen, daß ein Weibsbild die
Ursache ist.  Schlagen Sie sich diese Kleinigkeit aus dem Sinne--Sie
müssen in Berlin gewesen sein, da die Akademie den Preis auf dieses
Jahr ausgeteilet hat.  Die Monaden sind die Aufgabe gewesen.  Sollten
Sie nicht etwa gehört haben, daß die Devise--

Valer.  Wie grausam sind Sie, Damis!  So antworten Sie mir doch!

Damis.  Und Sie wollen mir nicht antworten?  Besinnen Sie sich; sollte
nicht die Devise Unum est necessarium sein gekrönt worden?  Ich
schmeichle mir wenigstens--

Valer.  Bald schmeichle ich mir nun mit nichts mehr, da ich Sie so
ausschweifend sehe.  Bald werde ich nun auch glauben müssen, daß die
Nachricht, die ich für eine Spötterei von Lisetten gehalten habe,
gegründet sei.  Sie halten Julianen für Ihrer unwert, Sie halten sie
für die Schande ihres Geschlechts, und eben deswegen wollen Sie sie
heiraten?  Was für ein ungeheurer Einfall!

Damis.  Ha! ha! ha!

Valer.  Ja, lachen Sie nur, Damis, lachen Sie nur!  Ich bin ein Tor,
daß ich einen Augenblick solchen Unsinn von Ihnen habe glauben können.
Sie haben Lisetten zum besten gehabt oder Lisette mich.  Nein, nur in
ein zerrüttetes Gehirn kann ein solcher Entschluß kommen!  Ihn zu
verabscheuen braucht man nur vernünftig zu denken und lange nicht edel,
wie Sie doch zu denken gewohnt sind.  Aber lösen Sie mir, ich bitte
Sie, dieses marternde Rätsel!

Damis.  Bald werden Sie mich, Valer, auf Ihr Geschwätze aufmerksam
gemacht haben.  So verlangen Sie doch in der Tat, daß ich meinen Ruhm
Ihrer törichten Neigung nachsetzen soll?  Meinen Ruhm!--Doch
wahrhaftig, ich will vielmehr glauben, daß Sie scherzen.  Sie wollen
versuchen, ob ich in meinen Entschließungen auch wankelhaft bin.

Valer.  Ich scherzen? der Scherz sei verflucht, der mir hier in den
Sinn kommt!--

Damis.  Desto lieber ist mir es, wann Sie endlich ernsthaft reden
wollen.  Was ich Ihnen sage: die Schrift mit der Devise Unum est
necessarium--




Vierzehnter Auftritt

Chrysander.  Damis.  Valer.  Anton.


Chrysander (mit einem Zeitungsblatte in der Hand).  Nun, nicht wahr,
Herr Valer? mein Sohn ist nicht von der Heirat abzubringen?  Sehen Sie,
daß nicht sowohl ich als er auf diese Heirat dringt?

Damis.  Ich? ich auf die Heirat dringen?

Chrysander.  St! st! st!

Damis.  Ei was st, st?  Meine Ehre leidet hierunter.  Könnte man nicht
auf die Gedanken kommen, wer weiß was mir an einer Frau gelegen sei?

Chrysander.  St! st! st!

Valer.  Oh! brauchen Sie doch keine Umstände.  Ich sehe es ja wohl;
Sie sind mir beide entgegen.  Was für ein Unglück hat mich in dieses
Haus führen müssen!  Ich muß eine liebenswürdige Person antreffen; ich
muß ihr gefallen und muß doch endlich, nach vieler Hoffnung, alle
Hoffnung verlieren.  Damis, wenn ich jemals einiges Recht auf Ihre
Freundschaft gehabt habe--

Damis.  Aber, nicht wahr, Valer? einer Sache wegen muß man auf die
Berlinische Akademie recht böse sein?  Bedenken Sie doch, sie will
künftig die Aufgaben zu dem Preise zwei Jahr vorher bekanntmachen.
Warum denn zwei Jahr? war es nicht an einem genug?  Hält sie denn die
Deutschen für so langsame Köpfe?  Seit ihrer Erneuerung habe ich jedes
Jahr meine Abhandlung mit eingeschickt; aber, ohne mich zu rühmen,
länger als acht Tage habe ich über keine zugebracht.

Chrysander.  Wißt ihr denn aber auch, ihr lieben Leute, was in den
Niederlanden vorgegangen ist?  Ich habe hier eben die neuste Zeitung.
Sie haben sich die Köpfe wacker gewaschen.  Doch die Alliierten, ich
bin in der Tat recht böse auf sie.  Haben sie nicht wieder einen
wunderbaren Streich gemacht!--

Anton.  Nun, da reden alle drei etwas anders!  Der spricht von der
Liebe; der von seinen Abhandlungen; der vom Kriege.  Wenn ich auch
etwas Besonders reden soll, so werde ich vom Abendessen reden.  Vom
Mittage an bis auf den Abend um sechs Uhr zu fasten sind keine
Narrenspossen.

Valer.  Unglückliche Liebe!

Damis.  Die unbesonnene Akademie!

Chrysander.  Die dummen Alliierten!

Anton.  Die vierte Stimme fehlt noch: die langsamen Bratenwender!




Funfzehnter Auftritt

Lisette.  Damis.  Valer.  Chrysander.  Anton.


Lisette.  Nun, Herr Chrysander? ich glaubte, Sie hätten die Herren zu
Tische rufen wollen?  Ich sehe aber, Sie wollen selbst gerufen sein.
Es ist schon aufgetragen.

Anton.  Das war die höchste Zeit! dem Himmel sei Dank!

Chrysander.  Es ist wahr; es ist wahr; ich hätte es bald vergessen.
Der Zeitungsmann hielt mich auf der Treppe auf.  Kommen Sie, Herr
Valer; wir wollen die jetzigen Staatsgeschäfte ein wenig miteinander
bei einem Gläschen überlegen.  Schlagen Sie sich Julianen aus dem
Kopfe.  Und du, mein Sohn, du magst mit deiner Braut schwatzen.  Du
wirst gewiß eine wackre Frau an ihr haben; nicht so eine Xanthippe
wie--

Damis.  Xanthippe? wie verstehen Sie das?  Sind Sie etwa auch noch in
dem pöbelhaften Vorurteile, daß Xanthippe eine böse Frau gewesen sei?

Chrysander.  Willst du sie etwa für eine gute halten?  Du wirst doch
nicht die Xanthippe verteidigen?  Pfui! das heißt einen Abc-Schnitzer
machen.  Ich glaube, ihr Gelehrten, je mehr ihr lernt, je mehr vergeßt
ihr.

Damis.  Ich behaupte aber, daß man kein einzig tüchtiges Zeugnis für
Ihre Meinung anführen kann.  Das ist das erste, was die ganze Sache
verdächtig macht; und zum andern--

Lisette.  Das ewige Geplaudre!

Chrysander.  Lisette hat recht!  Mein Sohn, contra principia negantem,
non est disputandum.  Kommt!  Kommt!

(Chrysander, Damis und Anton gehen ab.)

Valer.  Nun ist alles für mich verloren, Lisette.  Was soll ich
anfangen?

Lisette.  Ich weiß keinen Rat; wann nicht der Brief--

Valer.  Dieser Betrug wäre zu arg, und Juliane will ihn nicht zugeben.

Lisette.  Ei, was Betrug?  Wenn der Betrug nützlich ist, so ist er
auch erlaubt.  Ich sehe es wohl, ich werde es selbst tun müssen.
Kommen Sie nur fort, und fassen Sie wieder Mut.




Dritter Aufzug




Erster Auftritt

Lisette.  Anton.


Lisette.  So warte doch, Anton.

Anton.  Ei, laß mich zufrieden.  Ich mag mit dir nichts zu tun haben.

Lisette.  Wollen wir uns also nicht wieder versöhnen?  Willst du nicht
tun, was ich dich gebeten habe?

Anton.  Dir sollte ich etwas zu Gefallen tun?

Lisette.  Anton, lieber Anton, goldner Anton, tu es immer.  Wie leicht
kannst du nicht dem Alten den Brief geben und ihm sagen, der
Postträger habe ihn gebracht?

Anton.  Geh! du Schlange!  Wie sie nun schmeicheln kann!--Halte mich
nicht auf.  Ich soll meinem Herrn ein Buch bringen.  Laß mich gehen.

Lisette.  Deinem Herrn ein Buch?  Was will er denn mit dem Buche bei
Tische?

Anton.  Die Zeit wird ihm lang; und will er nicht müßige Weile haben,
so muß er sich doch wohl etwas zu tun machen.

Lisette.  Die Zeit wird ihm lang? bei Tische?  Wenn es noch in der
Kirche wäre.  Reden sie denn nichts?

Anton.  Nicht ein Wort.  Ich bin ein Schelm, wenn es auf einem
Totenmahle so stille zugehen kann.

Lisette.  Wenigstens wird der Alte reden.

Anton.  Der redt, ohne zu reden.  Er ißt und redt zugleich; und ich
glaube, er gäbe wer weiß was darum, wenn er noch dazu trinken könnte,
und das alles dreies auf einmal.  Das Zeitungsblatt liegt neben dem
Teller; das eine Auge sieht auf den und das andre auf jenes.  Mit dem
einen Backen kaut er, und mit dem andern redt er.  Da kann es freilich
nun nicht anders sein, die Worte müssen auf dem Gekauten sitzenbleiben,
sodaß man ihn mit genauer Not noch murmeln hört.

Lisette.  Was machen aber die übrigen?

Anton.  Die übrigen?  Valer und Juliane sind wie halb tot.  Sie essen
nicht und reden nicht; sie sehen einander an; sie seufzen; sie
schlagen die Augen nieder; sie schielen bald nach dem Vater, bald nach
dem Sohne; sie werden weiß; sie werden rot.  Der Zorn und die
Verzweiflung sieht beiden aus den Augen.--Aber juchhe! so recht!
Siehst du, daß es nicht nach deinem Kopfe gehen muß?  Mein Herr soll
Julianen haben, und wenn--

Lisette.  Ja, dein Herr!  Was macht aber der?

Anton.  Lauter dumme Streiche.  Er kritzelt mit der Gabel auf dem
Teller; hängt den Kopf; bewegt das Maul, als ob er mit sich selbst
redte; wackelt mit dem Stuhle; stößt einmal ein Weinglas um; läßt es
liegen; tut, als wenn er nichts merkte, bis ihm der Wein auf die
Kleider laufen will; nun fährt er auf und spricht wohl gar, ich hätte
es umgegossen.--Doch genug geplaudert; er wird auf mich fluchen, wo
ich ihm das Buch nicht bald bringe.  Ich muß es doch suchen.  Auf dem
Tische, zur rechten Hand, soll es liegen.  Ja zur rechten Hand; welche
rechte Hand meint er denn?  Trete ich so, so ist das die rechte Hand;
trete ich so, so ist sie das; trete ich so, so ist sie das; und das
wird sie, wenn ich so trete.  (Tritt an alle vier Seiten des Tisches.)
Sage mir doch, Lisette, welches ist denn die rechte rechte Hand?

Lisette.  Das weiß ich so wenig als du.  Schade auf das Buch; er mag
es selbst holen.  Aber Anton, wir vergessen das Wichtigste; den Brief--

Anton.  Kömmst du mir schon wieder mit deinem Briefe?  Denkt doch;
deinetwegen soll ich meinen Herrn betrügen?

Lisette.  Es soll aber dein Schade nicht sein.

Anton.  So? ist es mein Schade nicht, wann ich das, was mir Chrysander
versprochen hat, muß sitzenlassen?

Lisette.  Dafür aber verspricht dich Valer schadlos zu halten.

Anton.  Wo verspricht er mir es denn?

Lisette.  Wunderliche Haut! ich verspreche es dir an seiner Statt.

Anton.  Und wenn du es auch an seiner Statt halten sollst, so werde
ich viel bekommen.  Nein, nein; ein Sperling in der Hand ist besser
als eine Taube auf dem Dache.

Lisette.  Wann du die Taube gewiß fangen kannst, so wird sie doch
besser sein als der Sperling?

Anton.  Gewiß fangen! als wenn sich alles fangen ließe!  Nicht wahr,
wann ich die Taube haschen will, so muß ich den Sperling aus der Hand
fliegen lassen?

Lisette.  So laß ihn fliegen.

Anton.  Gut! und wann sich nun die Taube auch davonmacht?  Nein, nein,
Jungfer, so dumm ist Anton nicht.

Lisette.  Was du für kindische Umstände machst!  Bedenke doch, wie
glücklich du sein kannst.

Anton.  Wie denn? laß doch hören.

Lisette.  Valer hat versprochen, mich auszustatten.  Was sind so einem
Kapitalisten tausend Taler?

Anton.  Auf die machst du dir Rechnung?

Lisette.  Wenigstens.  Dich würde er auch nicht leer ausgehen lassen,
wann du mir behilflich wärest.  Ich hätte alsdenn Geld; du hättest
auch Geld: könnten wir nicht ein allerliebstes Paar werden?

Anton.  Wir? ein Paar?  Wenn dich mein Herr nicht versteckt hätte.

Lisette.  Tust du nicht recht albern!  Ich habe dir ja alles erzählt,
was unter uns vorgegangen ist.  Dein Herr, das Bücherwürmchen!

Anton.  Ja, auch das sind verdammte Tiere, die Bücherwürmer.  Es ist
schon wahr, ein Mädel wie du, mit tausend Talern, die ist wenigstens
tausend Taler wert; aber nur das Kabinett--das Kabinett--

Lisette.  Höre doch einmal auf, Anton, und laß dich nicht so lange
bitten.

Anton.  Warum willst du aber dem Alten den Brief nicht selbst geben?

Lisette.  Ich habe dir ja gesagt, was darin steht.  Wie leicht könnte
Chrysander nicht argwöhnen--

Anton.  Ja, ja, mein Äffchen, ich merk es schon; du willst die
Kastanien aus der Asche haben und brauchst Katzenpfoten dazu.

Lisette.  Je nun, mein liebes Katerchen, tu es immer!

Anton.  Wie sie es einem ans Herze legen kann!  Liebes Katerchen!  Gib
nur her, den Brief; gib nur!

Lisette.  Da, mein unvergleichlicher Anton--

Anton.  Aber es hat doch mit der Ausstattung seine Richtigkeit?--

Lisette.  Verlaß dich drauf--

Anton.  Und mit meiner Belohnung obendrein?--

Lisette.  Desgleichen.

Anton.  Nun wohl, der Brief ist übergeben!

Lisette.  Aber so bald als möglich--

Anton.  Wenn du willst, jetzt gleich.  Komm!--Potz Stern! wer
kömmt?--Zum Henker, es ist Damis.




Zweiter Auftritt

Damis.  Anton.  Lisette.


Damis.  Wo bleibt denn der Schlingel mit dem Buche?

Anton.  Ich wollte gleich, ich wollte--Lisette und--Kurz, ich kann es
nicht finden, Herr Damis.

Damis.  Nicht finden?  Ich habe dir ja gesagt, auf welcher Hand es
liegt.

Anton.  Auf der rechten, haben Sie wohl gesagt; aber nicht auf welcher
rechten?  Und das wollte ich Sie gleich fragen kommen.

Damis.  Dummkopf, kannst du nicht so viel erraten, daß ich von der
Seite rede, an welcher ich sitze?

Anton.  Es ist auch wahr, Lisette; und darüber haben wir uns den Kopf
zerbrochen!  Herr Damis ist doch immer klüger als wir!  (Indem er ihm
hinterwärts einen Mönch sticht.) Nun will ich es wohl finden.  Weiß
eingebunden, roten Schnitt, nicht?  Gehen Sie nur, ich will es gleich
bringen.

Damis.  Ja, nun ist es Zeit, da wir schon vom Tische aufgestanden sind.

Anton.  Schon aufgestanden?  Zum Henker, ich bin noch nicht satt.
Sind sie schon alle, alle aufgestanden?

Damis.  Mein Vater wird noch sitzen und die Zeitung auswendig lernen,
damit er morgen in seinem Kränzchen den Staatsmann spielen kann.  Geh
geschwind, wenn du glaubst, von seinen politischen Brocken satt zu
werden.  Was will aber Lisette hier?

Lisette.  Bin ich jetzt nicht ebensowohl zu leiden als vorhin?

Damis.  Nein, wahrhaftig nein.  Vorhin glaubte ich, Lisette hätte
wenigstens so viel Verstand, daß ihr Plaudern auf eine Viertelstunde
erträglich sein könnte; aber ich habe mich geirrt.  Sie ist so dumm
wie alle übrige im Hause.

Lisette.  Ich habe die Ehre, mich im Namen aller übrigen zu bedanken.

Anton.  Verzweifelt! das geht ja jetzt aus einem ganz andern Tone!
Gott gebe, daß sie sich recht zanken!  Aber zuhören mag ich
nicht--Lisette, ich will immer gehen.

Lisette (sachte).  Den Brief vergiß nicht; geschwind!

Damis.  So! hast du Lisetten um Urlaub zu bitten?  Ich befehle dir:
bleib da.  Ich wüßte nicht, wohin du zu gehen hättest.

Anton.  Auf die Post, Herr Damis; auf die Post!

Damis.  Doch, es ist wahr; nun so geh! geh!




Dritter Auftritt

Damis.  Lisette.


Damis.  Lisette kann sich nur auch gleich mit fortmachen.  Will denn
meine Stube heute gar nicht leer werden?  Bald ist der da, bald jener;
bald die, bald jene.  Soll ich denn nicht einen Augenblick allein
sein?  (Setzt sich an seinen Tisch.) Die Musen verlangen Einsamkeit,
und nichts verjagt sie eher als der Tumult.  Ich habe so viele und
wichtige Verrichtungen, daß ich nicht weiß, wo ich zuerst anfangen
soll; und gleichwohl stört man mich.  Mit der Heirat, mit einer so
nichtswürdigen Sache, ist der größte Teil des Nachmittags
daraufgegangen; soll mir denn auch der Abend durch das ewige Hin- und
Wiederlaufen entrissen werden?  Ich glaube, daß in keinem Hause der
Müßiggang so herrschen kann als in diesem.

Lisette.  Und besonders auf dieser Stube.

Damis.  Auf dieser Stube?  Ungelehrte!  Unwissende!

Lisette.  Ist das geschimpft oder gelobt?

Damis.  Was für eine niederträchtige Seele! die Unwissenheit, die
Ungelehrsamkeit für keinen Schimpf zu halten! für keinen Schimpf?  So
möchte ich doch die Begriffe wissen, die eine so unsinnige Schwätzerin
von Ehre und Schande hat.  Vielleicht, daß bei ihr die Gelehrsamkeit
ein Schimpf ist?

Lisette.  Wahrhaftig, wann sie durchgängig von dem Schlage ist wie bei
Ihnen--

Damis.  Nein, das ist sie nicht.  Die wenigsten haben es so weit
gebracht--

Lisette.  Daß man nicht unterscheiden kann, ob sie närrisch oder
gelehrt sind?--

Damis.  Ich möchte aus der Haut fahren--

Lisette.  Tun Sie das, und fahren Sie in eine klügere.

Damis.  Wie lange soll ich noch den Beleidigungen der nichtswürdigsten
Kreatur ausgesetzt sein?--Tausend würden sich glücklich preisen, wenn
sie nur den zehnten Teil meiner Verdienste hätten.  Ich bin erst
zwanzig Jahr alt; und wie viele wollte ich finden, die dieses Alter
beinahe dreimal auf sich haben und gleichwohl mit mir--Doch ich rede
umsonst.  Was kann es mir für Ehre bringen, eine Unsinnige von meiner
Geschicklichkeit zu überführen?  Ich verstehe sieben Sprachen
vollkommen und bin erst zwanzig Jahr alt.  In dem ganzen Umfange der
Geschichte und in allen mit ihr verwandten Wissenschaften bin ich ohne
gleichem--

Lisette.  Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt!

Damis.  Wie stark ich in der Weltweisheit bin, bezeugt die höchste
Würde, die ich schon vor drei Jahren darin erhalten habe.  Noch
unwidersprechlicher wird es die Welt jetzt aus meiner Abhandlung von
den Monaden erkennen.--Ach, die verwünschte Post!--

Lisette.  Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt!

Damis.  Von meiner mehr als demosthenischen Beredsamkeit kann meine
satirische Lobrede auf den Nix der Nachwelt eine ewige Probe geben.

Lisette.  Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt!

Damis.  Freilich!  Auch in der Poesie darf ich meine Hand nach dem
unvergänglichsten Lorbeer ausstrecken.  Gegen mich kriecht Milton, und
Haller ist gegen mich ein Schwätzer.  Meine Freunde, welchen ich sonst
zum öftern meine Versuche, wie ich sie zu nennen belieben vorgelesen
habe, wollen jetzt gar nichts mehr davon hören und versichern mich
allezeit auf das aufrichtigste, daß sie schon genugsam von meiner mehr
als göttlichen Ader überzeugt wären.

Lisette.  Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt!

Damis.  Kurz, ich bin ein Philolog, ein Geschichtskundiger, ein
Weltweiser, ein Redner, ein Dichter--

Lisette.  Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt!  Ein Weltweiser ohne
Bart und ein Redner, der noch nicht mündig ist! schöne Raritäten!

Damis.  Fort! den Augenblick aus meiner Stube!

Lisette.  Den Augenblick?  Ich möchte gar zu gern die schöne Ausrufung:
und Sie sind erst zwanzig Jahr alt! noch einmal anbringen.  Haben Sie
nichts mehr an sich zu rühmen?  O noch etwas!  Wollen Sie nicht?  Nun
so will ich es selbst tun.  Hören Sie recht zu, Herr Damis: Sie sind
noch nicht klug und sind schon zwanzig Jahr alt!

Damis.  Was? wie?  (Steht zornig auf.)

Lisette.  Leben Sie wohl!  Leben Sie wohl!

Damis.  Himmel! was muß man von den ungelehrten Bestien erdulden!  Ist
es möglich von einem unwissenden Weibsbilde--




Vierter Auftritt

Chrysander.  Anton.  Damis.


Chrysander.  Das ist ein verfluchter Brief, Anton!  Ei! ei! mein Sohn,
mein Sohn, post coenam stabis, vel passus mille meabis.  Du wirst doch
nicht schon wieder sitzen?

Damis.  Ein andrer, der nichts zu tun hat, mag sich um dergleichen
barbarische Gesundheitsregeln bekümmern.  Wichtige Beschäftigungen--

Chrysander.  Was willst du von wichtigen Beschäftigungen reden?

Damis.  Ich nicht, Herr Vater?  Die meisten von den Büchern, die Sie
hier auf dem Tische sehen, warten teils auf meine Noten, teils auf
meine Übersetzung, teils auf meine Widerlegung, teils auf meine
Verteidigung, teils auch auf mein bloßes Urteil.

Chrysander.  Laß sie warten!  Jetzt--

Damis.  Jetzt kann ich freilich nicht alles auf einmal verrichten.
Wann ich nur erst mit dem Wichtigsten werde zustande sein.  Sie
glauben nicht, was mir hier eine gewisse Untersuchung für Nachschlagen
und Kopfbrechen kostet.  Noch eine einzige Kleinigkeit fehlt mir, so
habe ich es bewiesen, daß sich Kleopatra die Schlangen an den Arm, und
nicht an die Brust, gesetzt hat--

Chrysander.  Die Schlangen taugen nirgends viel.  Mir wäre beinahe
jetzt auch eine in Busen gekrochen; aber noch ist es Zeit.  Höre
einmal, mein Sohn; hier habe ich einen Brief bekommen, der mich--

Damis.  Wie? einen Brief? einen Brief?  Ach, lieber Anton! einen
Brief?  Liebster Herr Vater, einen Brief? von Berlin?  Lassen Sie mich
nicht länger warten; wo ist er?  Nicht wahr, nunmehr werden Sie
aufhören an meiner Geschicklichkeit zu zweifeln?  Wie glücklich bin
ich!  Anton, weißt du es auch schon, was darin steht?

Chrysander.  Was schwärmst du wieder?  Der Brief ist nicht von Berlin;
er ist von meinem Advokaten aus Dresden, und nach dem, was er schreibt,
kann aus deiner Heirat mit Julianen nichts werden.

Damis.  Nichtswürdiger Kerl! so bist du noch nicht wieder auf der Post
gewesen?

Anton.  Ich habe es Ihnen ja gesagt, daß vor neun Uhr für mich auf der
Post nichts zu tun ist.

Damis.  Ah, verberabilissime, non fur, sed trifur!  Himmel! daß ich
vor Zorn sogar des Plautus Schimpfwörter brauchen muß.  Wird dir denn
ein vergebner Gang gleich den Hals kosten?

Anton.  Schimpften Sie mich?  Weil ich es nicht verstanden habe, so
mag es hingehen.

Chrysander.  Aber sage mir nur, Damis; nicht wahr, du hast doch einen
kleinen Widerwillen gegen Julianen?  Wenn das ist, so will ich dich
nicht zwingen.  Du mußt wissen, daß ich keiner von den Vätern bin--

Damis.  Ist die Heirat schon wieder auf dem Tapete?  Wann Sie doch
wegen meines Widerwillens unbesorgt sein wollten.  Genug, ich heirate
sie--

Chrysander.  Das heißt so viel, du wolltest dich meinetwegen zwingen?
Das will ich durchaus nicht.  Wenn du gleich mein Sohn bist, so bist
du doch ein Mensch; und jeder Mensch wird frei geboren; er muß machen
können, was er will; und--kurz--ich gebe dir dein Wort wieder zurück.

Damis.  Wieder zurück? und vor einigen Stunden konnte ich mich nicht
hurtig genug entschließen?  Wie soll ich das verstehen?

Chrysander.  Das sollst du so verstehen, daß ich es überlegt habe und
daß, weil dir Juliane nicht gefällt, sie mir auch nicht ansteht; daß
ich ihre wahren Umstände in diesem Briefe wieder gefunden habe und
daß--Du siehst es ja, daß ich den Brief nur jetzt gleich bekommen habe.
Ich weiß zwar wahrhaftig nicht, was ich davon denken soll?  Die Hand
meines Advokaten ist es nicht--

(Damis setzt sich wieder an den Tisch.)

Anton.  Nicht? oh! die Leutchen müssen mehr als eine Hand zu schreiben
wissen.

Chrysander.  Zu geschwind ist es beinahe auch.  Kaum sind es acht Tage,
daß ich ihm geschrieben habe.  Sollte er das Ding in der kurzen Zeit
schon haben untersuchen können?  Von wem hast du denn den Brief
bekommen, Anton?

Anton.  Von Lisetten.

Chrysander.  Und Lisette?

Anton.  Von dem Briefträger, ohne Zweifel.

Chrysander.  Aber warum bringt denn der Kerl die Briefe nicht mir
selbst?

Anton.  Sie werden sich doch in den Händen, wodurch sie gehen, nicht
verändern können?

Chrysander.  Man weiß nicht--Gleichwohl aber lassen sich die Gründe,
die er anführt, hören.  Ich muß also wohl den sichersten Weg nehmen
und dir, mein Sohn--Aber, ich glaube gar, du hast dich wieder an den
Tisch gesetzt und studierst?

Damis.  Mein Gott! ich habe zu tun, ich habe sogar viel zu tun.

Chrysander.  Drum mit einem Worte, damit ich dich nicht um die Zeit
bringe: die Heirat mit Julianen war nichts als ein Gedanke, den du
wieder vergessen kannst.  Wann ich es recht überlege, so hat doch
Valer das größte Recht auf sie.

Damis.  Sie betrügen sich, wenn Sie glauben, daß ich nunmehr davon
abgehen werde.--Ich habe alles wohl überleget, und ich muß es Ihnen
nur mit ganz trocknen Worten sagen, daß eine böse Frau mir helfen soll,
meinen Ruhm unsterblich zu machen; oder vielmehr, daß ich eine böse
Frau, an die man nicht denken würde, wann sie keinen Gelehrten gehabt
hätte, mit mir zugleich unsterblich machen will.  Der Charakter eines
solchen Eheteufels wird auf den meinigen ein gewisses Licht werfen--

Chrysander.  Nun wohl, wohl; so nimm dir eine böse Frau; nur aber eine
mit Gelde, weil an einer solchen die Bosheit noch erträglich ist.  Von
der Gattung war meine erste selige Frau.  Um die zwanzigtausend Taler,
die ich mit ihr bekam, hätte ich des bösen Feindes Schwester heiraten
wollen--Du mußt mich nur recht verstehen: ich meine es nicht nach den
Worten.--Wann sie aber böse sein soll, deine Frau, was willst du mit
Julianen?--Höre, ich kenne eine alte Witwe, die schon vier Männer ins
Grab gezankt hat; sie hat ihr feines Auskommen: ich dächte, das wäre
deine Sache; nimm die!  Ich habe dir das Maul einmal wäßrig gemacht,
ich muß dir also doch etwas darein geben.  Wann es einmal eine
Xanthippe sein soll, so kannst du keine beßre finden.

Damis.  Mit Ihrer Xanthippe! ich habe es Ihnen ja schon mehr als
einmal gesagt, daß Xanthippe keine böse Frau gewesen ist.  Haben Sie
meine Beweisgründe schon wieder vergessen?

Chrysander.  Ei was? mein Beweis ist das Abc-Buch.  Wer so ein Buch
hat schreiben können, das so allgemein geworden ist, der muß es gewiß
besser verstanden haben als du.  Und kurz, mir liegt daran, daß
Xanthippe eine böse Frau gewesen ist.  Ich könnte mich nicht
zufriedengeben, wenn ich meine erste Frau so oft sollte gelobt haben.
Schweig also mit deinen Narrenspossen; ich mag von dir nicht besser
unterrichtet sein.

Damis.  So wird uns gedankt, wenn wir die Leute aus ihren Irrtümern
helfen wollen.

Chrysander.  Seit wenn ist denn das Ei klüger als die Henne? he?  Herr
Doktor, vergeß Er nicht, daß ich Vater bin und daß es auf den Vater
ankömmt, wenn der Sohn heiraten soll.  Ich will an Julianen nicht mehr
gedacht wissen--

Damis.  Und warum nicht?

Chrysander.  Soll ich meinem einzigen Sohne ein armes Mädchen
aufhängen?  Du bist nicht wert, daß ich für dich so besorgt bin.  Du
weißt ja, daß sie nichts im Vermögen hat.

Damis.  Hatte sie vorhin, da ich sie heiraten sollte, mehr als jetzt?

Chrysander.  Das verstehst du nicht.  Ich wußte wohl, was ich vorhin
tat: aber ich weiß auch, was ich jetzt tue.

Damis.  Gut, desto besser ist es, wann sie kein Geld hat.  Man wird
mir also nicht nachreden können, die böse Frau des Geldes wegen
genommen zu haben; man wird es zugestehen müssen, daß ich keine andere
Absicht gehabt als die, mich in den Tugenden zu üben, die bei
Erduldung eines solchen Weibes nötig sind.

Chrysander.  Eines solchen Weibes!  Wer hat dir denn gesagt, daß
Juliane eine böse Frau werden wird?

Damis.  Wenn ich nicht, wie wir Gelehrten zu reden pflegen, a priori
davon überführt wäre, so würde ich es schon daraus schließen können,
weil Sie daran zweifeln.

Chrysander.  Fein naseweis, mein Sohn! fein naseweis!  Ich habe
Julianen auferzogen; sie hat viel Wohltaten bei mir genossen; ich habe
ihr alles Gute beigebracht: wer von ihr Übels spricht, der spricht es
zugleich von mir.  Was? ich sollte nicht ein Frauenzimmer zu ziehen
wissen?  Ich sollte ein Mädchen, das unter meiner Aufsicht groß
geworden ist, nicht so weit gebracht haben, daß es einmal eine
rechtschaffne wackre Frau würde?  Reich habe ich sie freilich nicht
machen können; ich bin der Wohltat selbst noch benötigt.  Aber daß ich
sie nicht tugendhaft, nicht verständig gemacht hätte, das kann mir nur
einer nachreden, der so dumm ist als du, mein Sohn.  Nimm mir es nicht
übel, daß ich mit der Sprache herausrücke.  Du bist so ein
eingemachter Narre, so ein Stockfisch--nimm mir's nicht übel, mein
Sohn--so ein überstudierter Pickelhering--aber nimm mir's nicht übel--

Damis (beiseite).  Bald sollte ich glauben, daß sein erster Handel mit
eingesalznen Fischen gewesen sei.--Schon gut, Herr Vater; von
Julianens Tugend will ich nichts sagen; die Tugend ist oft eine Art
von Dummheit.  Aber was ihren Verstand anbelangt, von dem werden Sie
mir erlauben, daß ich ihn noch immer in Zweifel ziehe.  Ich bin nun
schon eine ziemliche Zeit wieder hier; ich habe mir auch manchmal die
Mühe genommen, ein paar Worte mit ihr zu sprechen: hat sie aber wohl
jemals an meine Gelehrsamkeit gedacht?  Ich mag nicht gelobt sein; so
eitel bin ich nicht; nur muß man den Leuten ihr Recht widerfahren
lassen--




Fünfter Auftritt

Chrysander.  Damis.  Valer.


Chrysander.  Gut, gut, Herr Valer, Sie kommen gleich zur rechten
Stunde.

Damis.  Was will der unerträgliche Mensch wieder?

Valer.  Ich komme, Abschied von Ihnen beiden zu nehmen--

Chrysander.  Abschied? so zeitig? warum denn?

Valer.  Ich glaube nicht, daß Sie im Ernste fragen.

Chrysander.  Gott weiß es, Herr Valer; in dem allerernstlichstem
Ernste.  Ich lasse Sie wahrhaftig nicht.

Valer.  Um mich noch empfindlicher zu martern?  Sie wissen, wie lieb
mir die Person allezeit gewesen ist, die Sie mir heute entreißen.
Doch das Unglück wäre klein, wenn es mich nur allein träfe.  Sie
wollen noch dazu diese geliebte Person mit einem verbinden, der sie
ebenso sehr haßt, als ich sie verehre?  Meine ganze Seele ist voller
Verzweiflung, und von nun an werde ich weder hier noch irgendswo in
der Welt wieder ruhig werden.  Ich gehe, um mich--

Chrysander.  Nicht gehen, Herr Valer, nicht gehen!  Dem Übel ist
vielleicht noch abzuhelfen.

Valer.  Abzuhelfen?  Sie beschimpfen mich, wenn Sie glauben, daß ich
jemals diesen Streich überwinden werde.  Er würde für ein minder
zärtliches Herz, als das meinige ist, tödlich sein.

Damis.  Was für ein Gewäsche!  (Setzt sich an seinen Tisch.)

Valer.  Wie glücklich sind Sie, Damis!  Lernen Sie wenigstens Ihr
Glück erkennen; es ist der geringste Dank, den Sie dem Himmel schuldig
sind.  Juliane wird die Ihrige--

Chrysander.  Ei, wer sagt denn das?  Sie soll noch zeitig genug die
Ihrige werden, Herr Valer, nur Geduld!

Valer.  Halten Sie inne mit Ihren kalten Verspottungen--

Chrysander.  Verspottungen?  Sie müssen mich schlecht kennen.  Was ich
sage, das sag ich.  Ich habe die Sache nun besser überlegt; ich sehe,
Juliane schickt sich für meinen Sohn nicht und er sich noch viel
weniger für Julianen.  Sie lieben sie; Sie haben längst bei mir um sie
angehalten; wer am ersten kömmt, der muß am ersten mahlen.  Ich habe
eben mit meinem Sohne davon geredt--Sie kennen ihn ja--

Valer.  Himmel, was hör ich?  Ist es möglich? welche glückliche
Veränderung!  Erlauben Sie, daß ich Sie tausendmal umfange.  Soll ich
also doch noch glücklich sein?  O Chrysander! o Damis!

Chrysander.  Reden Sie mit ihm und setzen Sie ihm den Kopf ein wenig
zurechte.  Ich will zu Julianen gehen und ihr meinen veränderten
Entschluß hinterbringen.  Sie wird mir es doch nicht übelnehmen?

Valer.  Übel?  Sie werden ihr das Leben wiedergeben, so wie Sie es
mir wiedergegeben haben.

Chrysander.  Ei, kann ich das?  (Geht ab.)




Sechster Auftritt

Damis.  Valer.  Anton.


Valer.  Und in welchem Tone soll ich nun mit Ihnen reden, liebster
Freund?  Das erneuerte Versprechen Ihres Vaters berechtigte mich, Sie
ganz und gar zu übergehen.  Ich habe gewonnen, sobald Chrysander
Julianen zu zwingen aufhört.  Doch wie angenehm soll es mir sein, wann
ich ihren Besitz zum Teil auch Ihnen werde verdanken können.

Damis.  Anton!

Anton (kömmt).  Was soll der? ist Ihnen die Post wieder eingefallen?

Damis.  Gleich geh! sie muß notwendig da sein.

Anton.  Aber ich sage Ihnen, daß sie bei so übeln Wetter vor zehn Uhr
nicht kommen kann.

Damis.  Gibst du abermals eine Stunde zu?  Kurz, geh! und kömmst du
leer wieder, so sieh dich vor!

Anton.  Wenn ich diese Nacht nicht sanft schlafe, so glaube ich
zeitlebens nicht mehr, daß die Müdigkeit etwas dazu helfen kann.
(Gehet ab.)




Siebenter Auftritt

Damis.  Valer.


Valer.  So? anstatt zu antworten, reden Sie mit dem Bedienten?

Damis.  Verzeihen Sie, Valer; Sie haben also mit mir gesprochen?  Ich
habe den Kopf so voll; es ist mir unmöglich, auf alles zu hören.

Valer.  Und Sie wollen sich auch bei mir verstellen?  Ich weiß die
Zeit noch sehr wohl, da ich in ebendem wunderbaren Wahne stand, es
ließe gelehrt, so zerstreut als möglich und auf nichts als auf sein
Buch aufmerksam zu tun.  Doch glauben Sie nur, der muß sehr einfältig
sein, den Sie mit diesen Gaukeleien hintergehen wollen.

Damis.  Und Sie müssen noch einfältiger sein, daß Sie glauben können,
ein jeder Kopf sei so gedankenleer als der Ihrige.  Und verdient denn
Ihr Geschwätz, daß ich darauf höre?  Sie haben ja gewonnen, sobald
Chrysander Julianen zu zwingen aufhört; Sie sind ja berechtiget, mich
zu übergehen--

Valer.  Das muß doch eine besondere Art der Zerstreuung sein, in
welcher man des andern Reden gleichwohl so genau höret, daß man sie
von Wort zu Wort wiederholen kann.

Damis.  Ihre Spötterei ist sehr trocken.  (Sieht wieder auf sein Buch.)

Valer.  Doch aber zu empfinden?--Was für eine Marter ist es, mit einem
Menschen von Ihrer Art zu tun zu haben?  Es gibt deren wenige--

Damis.  Das sollte ich selbst glauben.

Valer.  Es würden sich aber mehrere finden, wenn selbst--

Damis.  Ganz recht; wenn die wahre Gelehrsamkeit nicht so schwer zu
erlangen, die natürliche Fähigkeit dazu gemeiner und ein unermüdeter
Fleiß nicht so etwas Beschwerliches wären--

Valer.  Ha! ha! ha!

Damis.  Das Lachen eines wahren Idioten!

Valer.  Sie reden von Ihrer Gelehrsamkeit, und ich, mit Vergebung,
wollte von Ihrer Torheit reden.  Hierin, meinte ich, würden Sie
mehrere Ihresgleichen finden, wenn selbst diese Torheit ihren Sklaven
nicht zur Last werden müßte.

Damis.  Verdienen Sie also, daß ich Ihnen antworte?  (Sieht wieder in
sein Buch.)

Valer.  Und verdienen Sie wohl, daß ich noch Freundes genug bin, mit
Ihnen ohne Verstellung zu reden?  Glauben Sie mir, Sie werden Ihre
Torheiten bei mehreren Verstande bereuen--

Damis.  Bei mehreren Verstande?  (Spöttisch.)

Valer.  Werden Sie darüber ungehalten?  Das ist wunderbar!  Ihr Körper
kann, Ihren Jahren nach, noch nicht ausgewachsen haben, und Sie
glauben, daß Ihre Seele gleichwohl schon zu ihrer möglichen
Vollkommenheit gelanget sei?  Ich würde den für meinen Feind halten,
welcher mir den Vorzug, täglich zu mehrerm Verstande zu kommen,
streitig machen wollte.

Damis.  Sie!

Valer.  Sie werden so spöttisch, mein Herr Nebenbuhler--Doch da ist
sie selbst!  (Läuft ihr entgegen.) Ah, Juliane--




Achter Auftritt

Juliane.  Damis.  Valer.


Juliane.  Ach, Valer, welche glückliche Veränderung!--

Damis (indem er sich auf dem Stuhle umwendet).  Die Ehre, Sie hier zu
sehen, Mademoiselle, habe ich ohne Zweifel einem Irrtume zu danken?
Sie glauben vielleicht, in Ihr Schlafzimmer zu kommen--

Juliane.  Dieser Irrtum wäre unvergeblich!  Nein! mein Herr, es
geschieht auf Befehl Ihres Herrn Vaters, daß ich diesen heiligen Ort
betrete.  Ich komme, Ihnen einen Kauf aufzusagen und mich bei Ihrer
Muse zu entschuldigen, daß ich beinahe in die Gefahr gekommen wäre,
ihr einen so liebenswürdigen Geist abspenstig zu machen.

Valer.  O wie entzückt bin ich, schönste Juliane, Sie auf einmal
wieder in Ihrer Heiterkeit zu sehen.

Damis.  Wenn ich das Gewäsche eines Frauenzimmers recht verstehe, so
kommen Sie, ein Paktum aufzuheben, welches doch alle Requisita hat,
die zu einem unumstößlichen Pakto erfordert werden.

Juliane.  Und wann ich das Galimathias eines jungen Gelehrten
verstehen darf, so haben Sie es getroffen.

Damis.  Mein Vater ist ein Idiote.  Kömmt es denn nur auf ihn oder auf
Sie, Mademoiselle, an, einen Vertrag, der an meinem Teil fest bestehet,
ungültig zu machen?--Es wird sich alles zeigen; nur wollte ich bitten,
mich jetzt ungestört zu lassen--(Wendet sich wieder an den Tisch.)

Valer.  Was für ein Bezeigen! hat man jemals einem Frauenzimmer, auf
dessen Besitz man Anspruch macht, so begegnet?

Damis.  Und ist man jemals einem beschäftigten Gelehrten so überlästig
gewesen?  Diese verdrießliche Gesellschaft loszuwerden, muß ich nur
selbst meine vier Wände verlassen.  (Geht ab.)




Neunter Auftritt

Valer.  Juliane.


Juliane.  Und wir lachen ihm nicht nach?

Valer.  Nein, Juliane; eine bessere Freude mag uns jetzt erfüllen; und
beinahe gehört eine Art von Grausamkeit dazu, sich über einen so
kläglichen Toren lustig zu machen.  Wie soll ich Ihnen die Regungen
meines Herzens beschreiben, jetzt, da man ihm alle seine
Glückseligkeit wiedergegeben hat?  Ich beschwöre Sie, Juliane, wann
Sie mich lieben, so verlassen Sie noch heute mit mir dieses
gefährliche Haus.  Setzen Sie sich nicht länger der Ungestümigkeit
eines veränderlichen Alten, der Raserei eines jungen Pedanten und der
Schwäche Ihrer eignen allzu zärtlichen Denkungsart aus.  Sie sind mir
in einem Tage genommen und wiedergegeben worden; lassen Sie ihn den
ersten und den letzten sein, der so grausam mit uns spielen darf!

Juliane.  Fassen Sie sich, Valer.  Wir wollen lieber nichts tun, was
uns einige Vorwürfe von Chrysandern zuziehen könnte.  Sie sehen, er
ist auf dem besten Wege, und ich liebe ihn ebensosehr, als ich den
Damis verachte.  Durch das Mißtrauen, wodurch ich mich auf einmal
seiner Vorsorge entzöge, würde ich ihm für seine Wohltaten schlecht
danken--

Valer.  Noch immer reden Sie von Wohltaten?  Ich werde nicht eher
ruhig, als bis ich Sie von diesen gefährlichen Banden befreiet habe.
Erlauben Sie mir, daß ich sie sogleich gänzlich vernichte und dem
alten Eigennützigen--

Juliane.  Nennen Sie ihn anders, Valer; er ist das nicht; und schon
seine Veränderung zeigt es, daß Lisette falsch gehört oder uns
hintergangen hat.  Zwar weiß ich nicht, wem ich diese Veränderung
zuschreiben soll--(Nachsinnend.)

Valer.  Warum auf einmal so in Gedanken?  Die Ursache, die ihn bewogen
hat, mag sein, welche es will; ich weiß doch gewiß, daß es eine Fügung
des Himmels ist.

Juliane.  Des Himmels oder Lisettens.  Auf einmal fällt mir ein, was
Sie mir von einem Briefe gesagt haben.  Sollte wohl Lisettens allzu
große Dienstfertigkeit--

Valer.  Welche Einbildung, liebste Juliane!  Sie weiß es ja, daß Ihre
Tugend in diesen kleinen Betrug nicht willigen wollen.

Juliane.  Gleichwohl, je mehr ich nachdenke--

Valer.  Wenn es nun auch wäre, wollten Sie denn deswegen--

Juliane.  Wann es nun auch wäre? wie?




Zehnter Auftritt

Lisette.  Valer.  Juliane.


Juliane.  Du kömmst als gerufen, Lisette.

Lisette.  Nun, gehen meine Sachen nicht vortrefflich?  Wollen Sie es
nicht unten mit anhören, wie sich Damis und Chrysander zanken?  "Du
sollst sie nicht bekommen; ich muß sie bekommen: ich bin Vater; Sie
haben mir sie versprochen: ich habe mich anders besonnen; ich aber
nicht: so muß es noch geschehen; das ist unmöglich: unmöglich oder
nicht; kurz, ich geh nicht ab, ich will es Ihnen aus Büchern beweisen,
daß Sie mir Wort halten müssen: du kannst mit deinen Büchern an den
Galgen gehen."--Was wiederhole ich viel ihre närrische Reden?  Der
Vater hat recht; er handelt klug: er würde aber gewiß nicht so klug
handeln, wenn ich nicht vorher so klug gewesen wäre.

Juliane.  Wie verstehst du das, Lisette?

Lisette.  Ich lobe mich nicht gerne selbst.  Kurz, meine liebe Mamsell,
Ihr Schutzengel, der bin ich!

Juliane.  Der bist du? und wie denn?

Lisette.  Dadurch, daß ich einen Betrüger mit seiner Münze bezahlt
habe.  Der alte häßliche--

Juliane.  Und also hast du Chrysandern betrogen?

Lisette.  Ei, sagen Sie doch das nicht; einen Betrüger betrügt man
nicht, sondern den hintergeht man nur.  Hintergangen hab ich ihn.

Valer.  Und wie?

Lisette.  Schlecht genug, daß Sie es schon wieder vergessen haben.
Ich sollte meinen, erkenntlich zu sein, brauche man ein besser
Gedächtnis.

Juliane.  Du hast ihm also wohl gar den falschen Brief untergeschoben?

Lisette.  Behüte Gott! ich habe ihn bloß durch einen erdichteten Brief
auf andere Gedanken zu bringen gesucht; und das ist mir gelungen.

Juliane.  Das hast du getan?  Und ich sollte mein Glück einer
Betrügerin zu danken haben?  Es mag mir gehen, wie es will; Chrysander
soll es den Augenblick erfahren--

Lisette.  Was soll denn das heißen?  Ist das mein Dank?

Valer.  Besinnen Sie sich, Juliane; verziehen Sie!

Juliane.  Unmöglich, Valer; lassen Sie mich.  (Juliane geht ab.)




Eilfter Auftritt

Valer.  Lisette.


Valer.  Himmel, nun ist alles wieder aus!

Lisette.  So mag sie es haben!  Gift und Galle möchte ich speien, so
toll bin ich!  Für meinen guten Willen mich eine Betrügerin zu heißen?
Ich hoffte, sie würde mir vor Freuden um den Hals fallen.--Wie wird
der Alte auf mich losziehen!  Er jagt mich und Sie zum Hause heraus.
Was wollen Sie nun anfangen?

Valer.  Ja, was soll ich nun anfangen, Lisette?

Lisette.  Ich glaube, Sie antworten mir mit meiner eignen Frage?  Das
ist bequem.  Mein guter Rat hat ein Ende.  Ich will mich bald wieder
in so etwas mengen!

Valer.  Zu was für einer ungelegnen Zeit kamst du aber auch, Lisette?
Ich hatte dir es gesagt, daß Juliane in diesen Streich nicht willigen
wollte.  Hättest du nicht noch einige Zeit schweigen können?

Lisette.  Konnte ich denn vermuten, daß sie so übertrieben eigensinnig
sein würde?  Sie können sich leicht einbilden, wie es mit unsereiner
ist: ich hätte nicht wieviel nehmen und es gegen sie länger verbergen
wollen, wem sie ihr Glück zu danken habe.  Die Freude ist schwatzhaft,
und--Ach, ich möchte gleich--




Zwölfter Auftritt

Anton.  Valer.  Lisette.


Anton (mit Briefen in der Hand).  Ha! ha! haltet ihr wieder Konferenz!
Wenn es mein Herr wüßte, daß in seiner eignen Stube die schlimmsten
Anschläge wider ihn geschmiedet werden, er würde dich, Lisette--Aber,
wie steht ihr denn da beisammen?  Herr Valer scheint betrübt: du bist
erhitzt, erhitzt wie ein Zinshahn.  Habt ihr euch geschlagen, oder
habt ihr euch sonst eine Motion gemacht?  Ei, ei, Lisette!
höre--(sachte zu Lisetten) du hast dich doch der Ausstattung wegen mit
ihm nicht überworfen?  Hat er sein Wort etwa zurückgezogen?  Das wäre
ein verfluchter Streich.  (Laut.) Nein, nein, Herr Valer, was man
verspricht, das muß man halten.  Sie hat Ihnen redlich gedienet und
ich auch.  Zum Henker! glauben Sie denn, daß es einmal einer ehrlichen
Seele keine Gewissensbisse verursachen muß, wenn sie ihre Herrschaft
für null und nichts betrogen hat?  Ich lasse mich nicht vexieren; und
meine Forderung wenigstens--Hol' mich dieser und jener! ich nehm einen
Advokaten an, einen rechten Bullenbeißer von einem Advokaten, der
Ihnen gewiß so viel soll zu schaffen machen--

Lisette.  Ach Narre, schweig!

Valer.  Was will er denn?  Mit wem sprichst du denn?

Anton.  Potz Stern! mit unserm Schuldmanne sprech ich.  Das können Sie
ja wohl am Tone hören.

Valer.  Wer ist denn dein Schuldmann?

Anton.  Kommt es nun da heraus, daß Sie die Schuld leugnen wollen?
Hören Sie: mein Advokat bringt Sie zum Schwur--

Valer.  Lisette, weißt denn du, was er will?

Lisette.  Der Schwärmer! ich brauchte ihn vorhin zu Überbringung des
Briefes und versprach ihm, wenn die Sache gut ausfallen sollte, eine
Belohnung von Ihnen.

Valer.  Weiter ist es nichts?

Anton.  Ich dächte doch, das wäre genug.  Und wie hält es denn mit
Lisettens Ausstattung?  Ich muß mich um ihr Vermögen so gut als um das
meinige bekümmern, weil es doch meine werden soll.

Valer.  Seid unbesorgt; wenn ich mein Glück mache, so will ich das
eurige gewiß nicht vergessen.

Anton.  Gesetzt aber, Sie machten es nicht?  Und was versprochen ist,
ist doch versprochen.

Valer.  Auch alsdenn will ich euern Eifer nicht unbelohnt lassen.

Anton.  Ach, das sind Komplimente, Komplimente!

Lisette.  So hör einmal auf!

Anton.  Bist du nicht eine Närrin; ich rede ja für dich mit.

Lisette.  Es ist aber ganz unnötig.

Anton.  Unnötig? habt ihr euch denn nicht gezankt?

Lisette.  Warum nicht gar?

Anton.  Hat er sein Versprechen nicht zurückgezogen?

Lisette.  Nein doch.

Anton.  O so verzeihen Sie mir, Herr Valer.  Die Galle kann einem
ehrlichen Manne leicht überlaufen.  Ich bin ein wenig hitzig, zumal in
Geldsachen.  Fürchten Sie sich für den Advokaten nur nicht--

Valer.  Und ich kann in einer so marternden Ungewißheit hier noch
verziehen?  Ich muß sie sprechen; vielleicht hat sie es noch nicht
getan--

Lisette.  Hat sie es aber getan, so kommen Sie dem Alten ja nicht zu
nahe!

Valer.  Ich habe von dem ganzen Handel nichts gewußt.

Lisette.  Desto schlimmer alsdenn für mich.  Gehen Sie nur.




Dreizehnter Auftritt

Anton.  Lisette.


Anton.  Desto schlimmer für dich?  Was ist denn desto schlimmer für
dich?  Warum soll er denn dem Alten nicht zu nahe kommen?  Was habt
ihr denn wieder!

Lisette.  Je, der verfluchte Brief!

Anton.  Was für ein Brief?

Lisette.  Den ich dir vorhin gab.

Anton.  Was ist denn mit dem?

Lisette.  Es ist alles umsonst; meine Mühe ist vergebens.

Anton.  Wie denn so?  So wahr ich lebe, ich habe ihn richtig bestellt.
Mache keine Possen und schiebe die Schuld etwa auf mich!

Lisette.  Richtig übergeben ist er wohl; er tat auch schon seine
Wirkung.  Aber Juliane hat uns selbst einen Strich durch die Rechnung
gemacht.  Sie will es durchaus entdecken, daß es ein falscher Brief
gewesen sei, und hat es vielleicht auch schon getan.

Anton.  Was zum Henker, sie selbst?  Da werden wir ankommen!  Siehst
du; nun ist der Sperling und die Taube weg. Und was das schlimmste ist:
da ich die Taube habe fangen wollen, so bin ich darüber mit der Nase
ins Weiche gefallen.  Oder deutlicher und ohne Gleichnis mit dir zu
reden: die versprochene Belohnung bei dem Alten hab ich verloren, die
eingebildete bei Valeren entgeht mir auch, und aller Profit, den ich
dabei machen werde, ist, nebst einem gnädigen Rippenstoße, ein Pack
dich zum Teufel!--Will Sie mich alsdenn noch, Jungfer Lisette?--Oh,
Sie muß mich.  Ich will Sie die Leute lehren unglücklich machen--

Lisette.  Es wird mir gewiß besser gehen?  Wir wandern miteinander,
und wenn wir nur einmal ein Paar sind, so magst du sehen, wie du mich
ernährest.

Anton.  Ich dich ernähren? bei der teuren Zeit?  Wenn ich noch könnte
mit dir herumziehen, wie der mit dem großen Tiere, das ein Horn auf
der Nase hat.

Lisette.  Sorge nicht, in ein Tier mit einem Horne will ich dich bald
verwandeln.  Es wird alsdenn doch wohl einerlei sein, ob du mit mir
oder ich mit dir herumziehe.

Anton.  Nu wahrhaftig, mit dir weiß man doch noch, woran man ist.
--Aber, damit wir nicht eins ins andre reden, wo ist denn nun mein
Herr?  Da sind endlich seine verdammten Briefe!

Lisette.  Siehst du ihn?

Anton.  Nein; aber wo mir recht ist, jetzt hör ich ihn.

Lisette.  Laß ihn nur kommen; toll will ich ihn noch machen, zu guter
Letzt.




Vierzehnter Auftritt


Anton.  Lisette.  Damis (kömmt ganz tiefsinnig; Lisette schleicht
hinter ihm her und macht seine Grimassen nach).

Anton.  Halt! ich will ihn noch ein wenig zappeln lassen und ihm die
Briefe nicht gleich geben.  (Steckt sie ein.) Wie so tiefsinnig, Herr
Damis? was steckt Ihnen wieder im Kopfe?

Damis.  Halt dein Maul!

Anton.  Kurz geantwortet!  Aber soll sich denn ein Bedienter nicht um
seinen Herrn bekümmern?  Es wäre doch ganz billig, wann ich auch wüßte,
worauf Sie dächten.  Eine blinde Henne findet auch manchmal ein
Körnchen, und vielleicht könnte ich Ihnen--

Damis.  Schweig!

Anton.  Die Antwort war noch kürzer.  Wenn sie stufenweise so abnimmt,
so will ich einmal sehen, was übrigbleiben wird.--Was zählen Sie denn
an den Fingern?  Was hat Ihnen denn der arme Nagel getan, daß Sie ihn
so zerreißen?  (Er wird Lisetten gewahr.)--Und, zum Henker, was ist
denn das für ein Affe?  Kömmst du von Sinnen?

Lisette.  Halt dein Maul!

Anton.  Um des Himmels willen geh!  Wann mein Herr aus seinem Schlafe
erwacht und dich sieht--

Lisette.  Schweig!

Anton.  Willst du mich oder meinen Herrn zum besten haben?  So sehen
Sie doch einmal hinter sich, Herr Damis!

Damis (geht einigemal tiefsinnig auf und nieder; Lisette in gleichen
Stellungen hinter ihm her; und wann er sich umwendet, schleicht sie
sich hurtig herum, daß er sie nicht gewahr wird).  Meiner
Hochzeitfackel Brand Sei von mir jetzt selbst gesungen!


Anton.  Ho! ho!  Sie machen Verse?  Komm, Lisette, nun müssen wir ihn
allein lassen.  Bei solcher Gelegenheit hat er mich selbst schon, mehr
als einmal, aus der Stube gestoßen.  Komm nur; er ruft uns gewiß
selbst wieder, sobald er fertig ist, und vielleicht das ganze Haus
dazu.

Lisette (indem sich Damis umwendet, bleibt sie starr vor ihm stehen
und nimmt seinen Ton an).  Meiner Hochzeitfackel Brand Sei von mir
jetzt selbst gesungen!


(Damis tut, als ob er sie nicht gewahr würde, und stößt auf sie.)

Damis.  Was ist das?

Lisette.  Was ist das?

(Beide, als ob sie zu sich selbst kämen.)

Damis.  Unwissender, niederträchtiger Kerl! habe ich dir nicht oft
genug gesagt, keine Seele in meine Stube zu lassen als aufs höchste
meinen Vater?  Was will denn die hier?

Lisette.  Unwissender, niederträchtiger Kerl! hast du mir es nicht oft
genug gesagt, daß ich mich aus der Stube fortmachen soll?  Kannst du
dir denn aber nicht einbilden, daß die, welche im Kabinette hat sein
dürfen, auch Erlaubnis haben werde, in der Stube zu sein?  Unwissender,
niederträchtiger Kerl!

Anton.  Wem soll ich nun antworten?

Damis.  Gleich stoße sie zur Stube hinaus!

Anton.  Stoßen? mit Gewalt?

Damis.  Wenn sie nicht in gutem gehen will--

Anton.  Lisette, geh immer in gutem--

Lisette.  Sobald es mir gelegen sein wird.

Damis.  Stoß sie heraus, sag ich!

Anton.  Komm, Lisette, gib mir die Hand; ich will dich ganz ehrbar
herausführen.

Lisette.  Grobian, wer wird denn ein Frauenzimmer mit der bloßen Hand
führen wollen?

Anton.  O ich weiß auch zu leben!--In Ermanglung eines Handschuhs
also--(er nimmt den Zipfel von der Weste)--werde ich die Ehre haben--

Damis.  Ich seh wohl, ich soll mich selbst über sie machen--(Geht auf
sie los.)

Lisette.  Ha! ha! ha! so weit wollte ich Sie nur gern bringen.  Adieu!




Funfzehnter Auftritt

Anton.  Damis.


Damis.  Nun sind alle Gedanken wieder fort!  Das Feuer ist verraucht;
die Einbildungskraft ist zerstreut.  Der Gott, der uns begeistern muß,
hat mich verlassen--Verdammte Kreatur! was für Verdruß hat sie mir
heute nicht schon gemacht! wie spöttisch ist sie mit mir umgegangen!
Himmel! in meiner Tiefsinnigkeit mir alles so lächerlich nachzuäffen.

Anton.  Sie sahen es ja aber nicht.

Damis.  Ich sah es nicht?

Anton.  Ja? ist's möglich? und Sie stellten sich nur so?

Damis.  Schweig, Idiote!--Ich will sehen, ob ich mich wieder in die
Entzückung setzen kann--

Anton.  Tun Sie das lieber nicht; die Verse können unmöglich geraten,
wobei man so finster aussieht.--Darf man aber nicht wissen, was es
werden wird? ein Abendlied oder ein Morgenlied?

Damis.  Dummkopf!

Anton.  Ein Bußlied?

Damis.  Einfaltspinsel!

Anton.  Ein Tischlied? auch nicht?--Ein Sterbelied werden Sie doch
nicht machen?  So wahr ich ehrlich bin, wenn ich auch noch so ein
großer Poet wäre, das bliebe von mir ungemacht.  Sterben ist der
abgeschmackteste Streich, den man sich selbst spielt.  Er verdient
nicht einen Vers, geschweige ein Lied.

Damis.  Ich muß Mitleiden mit deiner Unwissenheit haben.  Du kennst
keine andre Arten von Gedichten, als die du im Gesangbuche gefunden
hast.

Anton.  Es wird gewiß noch andre geben?  So lassen Sie doch hören, was
Sie machen.

Damis.  Ich mache--ein Epithalamium--

Anton.  Ein Epithalamium?  Potz Stern, das ist ein schwer Ding!  Damit
können Sie wirklich zurechte kommen?  Da gehört Kunst dazu--Aber, Herr
Damis, im Vertrauen, was ist denn das ein Epith--pitha--thlamium?

Damis.  Wie kannst du es denn schwer nennen, wenn du noch nicht weißt,
was es ist?

Anton.  Ei nun, das Wort ist ja schon schwer genug.  Sagen Sie mir nur
ein wenig mit einem andern Namen, was es ist.

Damis.  Ein Epithalamium ist ein Thalassio.

Anton.  So, so! nun versteh ich's; ein Epithalamium ist ein--wie hieß
es?--

Damis.  Thalassio.

Anton.  Ein Thalassio; und das können Sie machen?  Wenigstens werden
Sie viel Zeit dazu brauchen--Aber, hören Sie doch, wenn mich nun
jemand fragt, was ein Thalassio ist, was muß ich ihm wohl antworten?

Damis.  Auch das weißt du nicht, was ein Thalassio ist?

Anton.  Ich für mein Teil weiß es wohl.  Ein Thalassio ist ein--wie
hieß das vorige Wort?

Damis.  Epithalamium.

Anton.  Ist ein Epithalamium.  Und ein Epithalamium ist ein Thalassio.
Nicht wahr, ich habe es gut behalten?  Aber das möchte nur andern
Leuten nicht deutlich sein, welche beide Worte nicht verstehen.

Damis.  Je nun, so sage ihnen, Thalassio sei ein Hymenaeus.

Anton.  Zum Henker! das heißt Leute vexieren.  Ein Epithalamium ist
ein Thalassio, und ein Thalassio ist ein Hymenaeus.  Und so umgekehrt,
ein Hym--Hym--Die Namen mag sonst einer merken!

Damis.  Recht! recht! ich sehe doch, daß du anfängst einen Begriff von
Sachen zu bekommen.

Anton.  Ich einen Begriff hiervon? so wahr ich ehrlich bin!  Sie irren
sich.  Der Kobold müßte mir's eingeblasen haben, wenn ich wüßte, was
die kauderwelschen Worte heißen sollen.  Sagen Sie mir doch ihren
deutschen Namen; oder haben sie keinen?

Damis.  Sie haben zwar einen, allein er ist lange nicht von der
Annehmlichkeit und dem Nachdrucke der griechischen oder lateinischen.
Sage einmal selbst, ob ein Hochzeitgedichte nicht viel kahler klingt
als ein Epithalamium, ein Hymenaeus, ein Thalassio.

Anton.  Mir nicht; wahrhaftig mir nicht! denn jenes versteh ich und
dieses nicht.  Ein Hochzeitgedichte haben Sie also machen wollen?
Warum sagten Sie das nicht gleich?--Oh! in Hochzeitgedichten habe ich.
eine Belesenheit, die erstaunend ist.  Ich muß Ihnen nur sagen, wie
ich dazu gekommen bin.  Mein weiland seliger Vater hatte einen
Vetter--und gewissermaßen war es also auch mein Vetter--

Damis.  Was wird das für ein Gewäsche werden?

Anton.  Sie wollen es nicht abwarten?  Gut!  Der Schade ist Ihre.
--Weiter also: Verse auf eine Hochzeit wollten Sie machen? aber auf
was denn für eine?

Damis.  Welche Frage! auf meine eigne.

Anton.  Sie heiraten also Julianen noch?  Der Alte will es ja nicht?--

Damis.  Ah der!

Anton.  Es ist schon wahr; was hat sich ein Sohn um den Vater zu
bekümmern?  Aber sagen Sie mir doch: schickt es sich denn, daß man auf
seine eigne Hochzeit Verse macht?

Damis.  Gewöhnlich ist es freilich nicht; aber desto besser!  Geister
wie ich lieben das Besondre.

Anton (beiseite).  St! jetzt will ich ihm einen Streich spielen!
--(Laut.) Hören Sie nur, Herr Damis, ich werde es selbst gern sehen,
wenn Sie Julianen heiraten.

Damis.  Wieso?

Anton.  Ich weiß nicht, ob ich mich unterstehen darf, es Ihnen zu
sagen.  Ich habe--ich habe selbst--

Damis.  Nur heraus mit der Sprache!

Anton.  Ich habe selbst versucht, Verse auf Ihre Hochzeit zu machen,
und deswegen wollte ich nun nicht gern, daß meine Mühe verloren wäre.

Damis.  Das wird etwas Schönes sein!

Anton.  Freilich! denn das ist mein Fehler; ich mache entweder etwas
Rechtes oder gar nichts.

Damis.  Gib doch her! vielleicht kann ich deine Reime verbessern, daß
sie alsdenn mir und dir Ehre machen.

Anton.  Hören Sie nur, ich will sie Ihnen vorlesen.  (Er sucht einen
Zettel aus der Tasche.) Ganz bin ich noch nicht fertig, muß ich Ihnen
sagen.  Der Anfang aber, aus dem auch allenfalls das Ende werden kann,
klingt so--Rücken Sie mir doch das Licht ein wenig näher!--Du, o edle
Fertigkeit, Zu den vorgesetzten Zwecken Tücht'ge Mittel--

Damis.  Halt! du bist ein elender Stümper!  Ha! ha! ha!  Das du o
steht ganz vergebens.  Edle Fertigkeit sagt nichts weniger, und Du, o
edle Fertigkeit nichts mehr.  Deleatur ergo du o!  Damit aber nicht
zwei Silben fehlen, so verstärke das Beiwort edel, nach Art der
Griechen, und sage überedel.  Ich weiß zwar wohl, überedel ist ein
neues Wort; aber ich weiß auch, daß neue Wörter dasjenige sind, was
die Poesie am meisten von der Prose unterscheiden muß.  Solche
Vorteilchen merke dir!  Du mußt dich durchaus bestreben, etwas
Unerhörtes, etwas Ungesagtes zu sagen.  Verstehst du mich, dummer
Teufel?

Anton.  Ich will es hoffen.

Damis.  Also heißt dein erster Vers

überedle Fertigkeit


usw.  Nun lies weiter!

Anton.  Zu den vorgesetzten Zwecken Tücht'ge Mittel zu entdecken Und
sich dann zur rechten Zeit Ihrer Kräfte zu bedienen, Wirst, so lange,
bis die Welt In ihr erstes Cha- Cha- Chaos fällt, Wie die Pappelbäume
grünen.


Aber, Herr Damis, können Sie mir nicht sagen, was ich hier muß gedacht
haben?  Verflucht! das ist schön; ich verstehe mich selbst nicht mehr.
Das erste Cha--Chaos;--ich dächte, ich hätte das Wort noch nie in
meinen Mund genommen, so fürchterlich klingt es mir.

Damis.  Zeige doch--

Anton.  Warten Sie, warten Sie! ich will es Ihnen noch einmal vorlesen.

Damis.  Nein, nein; weise mir nur den Zettel her.

Anton.  Sie können es unmöglich lesen.  Ich habe gar zu schlecht
geschrieben; kein Buchstabe steht gerade; sie hocken einer auf den
andern, als ob sie Junge hecken wollten.

Damis.  O so gib her!

Anton (gibt ihm den Zettel mit Zittern).  Zum Henker, es ist seine
eigne Hand!

Damis (betrachtet ihn einige Zeit).  Was soll das heißen?  (Steht
zornig auf.) Verfluchter Verräter, wo hast du dieses Blatt her?

Anton.  Nicht so zornig; nicht so zornig!

Damis.  Wo hast du es her?

Anton.  Wollen Sie mich denn erwürgen?

Damis.  Wo hast du das Blatt her, frag ich?

Anton.  Lassen Sie nur erst nach.

Damis.  Gesteh!

Anton.  Aus--aus Ihrer--Westentasche.

Damis.  Ungelehrte Bestie! ist das deine Treue?  Das ist ein Diebstahl;
ein Plagium.

Anton.  Zum Henker! des Quarks wegen mich zu einem Diebe zu machen?

Damis.  Des Quarks wegen? was? den Anfang eines philosophischen
Lehrgedichts einen Quark zu nennen?

Anton.  Sie sagten ja selbst, es tauge nichts.

Damis.  Ja, insofern es ein Hochzeitkarmen vorstellen sollte und du
der Verfasser davon wärest.  Gleich schaffe die andern Manuskripte,
die du mir sonst entwandt hast, auch herbei!  Soll ich meine Arbeit in
fremden Händen sehen?  Soll ich zugeben, daß sich eine häßliche Dohle
mit meinen prächtigen Pfauenfedern ausschmücke?  Mach bald! oder ich
werde andre Maßregeln ergreifen.

Anton.  Was wollen Sie denn?  Ich habe nicht einen Buchstaben mehr von
Ihnen.

Damis.  Gleich wende alle Taschen um!

Anton.  Warum auch nicht?  Wenn ich sie umwende, so fällt ja alles
heraus, was ich darin habe.

Damis.  Mach und erzürne mich nicht!

Anton.  Ich will ein Schelm sein, wenn Sie nur ein Stäubchen Papier
bei mir finden.  Damit Sie aber doch Ihren Willen haben;--hier ist die
eine; da ist die andre--Was sehen Sie?--Da ist die dritte; die ist
auch leer.--Nun kommt die vierte--(Indem er sie umwendet, fallen die
Briefe heraus.)--Zum Henker, die verfluchten Briefe! die hatte ich
ganz vergessen--(Er will sie geschwind wieder aufheben.)

Damis.  Gib her, gib her! was fiel da heraus?  Ganz gewiß wird es
wieder etwas von mir sein.

Anton.  So wahr ich lebe, es ist nichts von Ihnen.  An Sie könnte es
eher noch etwas sein.

Damis.  Halte mich nicht auf; ich habe mehr zu tun.

Anton.  Halten Sie mich nur nicht auf.  Sie wissen ja, daß ich nun
bald wieder auf die Post gehen muß.  Ich weiß, es sind Briefe da.

Damis.  Nun so geh, so geh!  Aber durchaus zeige mir erst, was du so
eilfertig aufhobst.  Ich muß es sehen.

Anton.  Zum Henker! wenn das ist, so brauche ich nicht auf die Post zu
gehen.

Damis.  Wieso?

Anton.  Nu, nu! da haben Sie es.  Ich will hurtig gehen.  (Er gibt ihm
den Brief und will fortlaufen.)

Damis (indem er ihn besieht).  Je, Anton, Anton! das ist ja eben der
Brief aus Berlin, welchen ich erwarte.  Ich kenn ihn an der Aufschrift.

Anton.  Es kann wohl sein, daß er es ist.  Aber, Herr Damis, werden
Sie nur--nur nicht ungehalten.  Ich hatte es, bei meiner armen Seele!
ganz vergessen--

Damis.  Was hast du denn vergessen?

Anton.  Daß ich den Brief, beinahe schon eine halbe Stunde, in der
Tasche trage.  Mit dem verdammten Plaudern!--

Damis.  Weil er nun da ist, so will ich dir den dummen Streich
verzeihen.--Aber, allerliebster Anton, was müssen hierin für
unvergleichliche, für unschätzbare Nachrichten stehen!  Wie wird sich
mein Vater freuen!  Was für Ehre, was für Lobsprüche!--O Anton!--ich
will dir ihn gleich vorlesen--(Bricht ihn hastig auf.)

Anton.  Nur sachte, sonst zerreißen Sie ihn gar.  Nun da! sagte ich's
nicht?

Damis.  Es schadet nichts; er wird doch noch zu lesen sein.--Vor allen
Dingen muß ich dir sagen, was er betrifft.  Du weißt, oder vielmehr du
weißt nicht, daß die Preußische Akademie auf die beste Untersuchung
der Lehre von den Monaden einen Preis gesetzt hat.  Es kam mir noch
ganz spät ein, unsern Philosophen diesen Preis vor dem Maule
wegzufangen.  Ich machte mich also geschwind darüber und schrieb eine
Abhandlung, die noch gleich zur rechten Zeit muß gekommen sein.--Eine
Abhandlung, Anton--ich weiß selbst nicht, wo ich sie hergenommen habe,
so gelehrt ist sie.  Nun hat die Akademie vor acht Tagen ihr Urteil
über die eingeschickten Schriften bekanntgemacht, welches notwendig zu
meiner Ehre muß ausgefallen sein.  Ich, ich muß den Preis haben und
kein andrer.  Ich habe es einem von meinen Freunden daselbst heilig
eingebunden, mir sogleich Nachricht davon zu geben.  Hier ist sie; nun
höre zu.

"Mein Herr,

"Wie nahe können Sie einem Freunde das Antworten legen!  Sie drohen mir
mit dem Verluste Ihrer Liebe, wenn Sie nicht von mir die erste
Nachricht erhielten, ob Sie oder ein anderer den akademischen Preis
davongetragen hätten.  Ich muß Ihnen also in aller Eil' melden, daß
Sie ihn nicht--(stotternd) bekommen haben und auch--(immer
furchtsamer) nicht haben--bekommen können.--"

Was? ich nicht? und wer denn? und warum denn nicht?--

"Erlauben Sie mir aber, daß ich als ein Freund mit Ihnen reden darf."

So rede, Verräter!

"Ich habe Ihnen unmöglich den schlimmen Dienst erweisen können, Ihre
Abhandlung zu übergeben.--"

Du hast sie also nicht übergeben, Treuloser?  Himmel, was für ein
Donnerschlag!--So soll mich deine Nachlässigkeit, unwürdiger Freund,
um die verdienteste Belohnung bringen?--Wie wird er sich entschuldigen,
der Nichtswürdige?

"Wenn ich es frei gestehen soll, so scheinen Sie etwas ganz anders
getan zu haben, als die Akademie verlangt hat.  Sie wollte nicht
untersucht wissen, was das Wort Monas grammatikalisch bedeute? wer es
zuerst gebraucht habe? was es bei dem Xenokrates anzeige? ob die
Monaden des Pythagoras die Atomi des Moschus gewesen? usw.  Was ist
ihr an diesen kritischen Kleinigkeiten gelegen, und besonders alsdann,
wann die Hauptsache dabei aus den Augen gesetzt wird?  Wie leicht
hätte man Ihren Namen mutmaßen können, und Sie würden vielleicht
Spöttereien sein ausgesetzt worden, dergleichen ich nur vor wenig
Tagen in einer gelehrten Zeitung über Sie gefunden habe.--"

Was lese ich? kann ich meinen Augen trauen?  Ah, verfluchtes Papier!
verfluchte Hand, die dich schrieb!  (Wirft den Brief auf die Erde und
tritt mit den Füßen darauf.)

Anton.  Der arme Brief! man muß ihn doch vollends auslesen!  (Hebt ihn
auf.) Das Beste kömmt vielleicht noch, Herr Damis.  Wo blieben Sie?
Da, da! hören Sie nur!

"... gelehrten Zeitung gefunden habe.--Man nennt Sie ein junges
Gelehrtchen, welches überall gern glänzen möchte und dessen
Schreibesucht--"

Damis (reißt ihm den Brief aus der Hand).  Verdammter Korrespondent!
--Das ist der Lohn, den dein Brief verdient!  (Er zerreißt ihn.) Du
zerreißest mein Herz, und ich zerreiße deine unverschämte Neuigkeiten.
Wollte Gott, daß ich ein gleiches mit deinem Eingeweide tun könnte!
Aber--(zu Anton) du nichtswürdige, unwissende Bestie!  An alledem bist
du schuld!

Anton.  Ich, Herr Damis?

Damis.  Ja du! wie lange hast du nicht den Brief in der Tasche
behalten?

Anton.  Herr, meine Tasche kann weder schreiben noch lesen: wenn Sie
etwa denken, daß ihn die anders gemacht hat--

Damis.  Schweig!  Und solche Beschimpfungen kann ich überleben?--O ihr
dummen Deutschen! ja freilich, solche Werke, als die meinigen sind,
gehörig zu schätzen, dazu werden andre Genies erfordert!  Ihr werdet
ewig in eurer barbarischen Finsternis bleiben und ein Spott eurer
witzigen Nachbarn sein!--Ich aber will mich an euch rächen und von nun
an aufhören, ein Deutscher zu heißen.  Ich will mein undankbares
Vaterland verlassen.  Vater, Anverwandte und Freunde, alle, alle
verdienen es nicht, daß ich sie länger kenne, weil sie Deutsche sind;
weil sie aus dem Volke sind, das ihre größten Geister mit Gewalt von
sich ausstößt.  Ich weiß gewiß, Frankreich und Engeland werden meine
Verdienste erkennen--

Anton.  Herr Damis, Herr Damis, Sie fangen an zu rasen.  Ich bin nicht
sicher bei Ihnen; ich werde jemand rufen müssen.

Damis.  Sie werden es schon empfinden, die dummen Deutschen, was sie
an mir verloren haben!  Morgen will ich Anstalt machen, dieses
unselige Land zu verlassen--




Sechzehnter Auftritt

Chrysander.  Damis.  Anton.


Anton.  Gott sei Dank, daß jemand kömmt!

Chrysander.  Das verzweifelte Mädel, die Lisette!  Und (zu Anton) du,
du Spitzbube! du sollst dein Briefträgerlohn auch bekommen, Mich so zu
hintergehen? schon gut!--Mein Sohn, ich habe mich besonnen; du hast
recht; ich kann dir Julianen nun nicht wieder nehmen.  Du sollst sie
behalten.

Damis.  Schon wieder Juliane?  Jetzt, da ich ganz andre Dinge zu
beschließen habe--Hören Sie nur auf damit; ich mag sie nicht.

Chrysander.  Es würde unrecht sein, wenn ich dir länger widerstehen
wollte.  Ich lasse jedem seine Freiheit; und ich sehe wohl, Juliane
gefällt dir--

Damis.  Mir? eine dumme Deutsche?

Chrysander.  Sie ist ein hübsches, tugendhaftes, aufrichtiges Mädchen;
sie wird dir tausend Vergnügen machen.

Damis.  Sie mögen sie loben oder schelten; mir gilt alles gleich.  Ich
weiß mich nach Ihrem Willen zu richten, und dieser ist, nicht an sie
zu gedenken.

Chrysander.  Nein, nein; du sollst dich über meine Härte nicht
beklagen dürfen.

Damis.  Und Sie sich noch weniger über meinen Ungehorsam.

Chrysander.  Ich will dir zeigen, daß du einen gütigen Vater hast, der
sich mehr nach deinem als nach seinem eignen Willen richtet.

Damis.  Und ich will Ihnen zeigen, daß Sie einen Sohn haben, der Ihnen
in allen die schuldige Untertänigkeit leistet.

Chrysander.  Ja, ja; nimm Julianen!  Ich gebe dir meinen Segen.

Damis.  Nein, nein; ich werde Sie nicht so erzürnen--

Chrysander.  Aber was soll denn das Widersprechen?  Dadurch erzürnst
du mich!

Damis.  Ich will doch nicht glauben, daß Sie sich im Ernste schon zum
drittenmal anders besonnen haben?

Chrysander.  Und warum das nicht?

Damis.  Oh, dem sei nun, wie ihm wolle!  Ich habe mich gleichfalls
geändert und fest entschlossen, ganz und gar nicht zu heiraten.  Ich
muß auf Reisen gehen, und ich werde mich, je eher, je lieber,
davonmachen.

Chrysander.  Was? du willst ohne meine Erlaubnis in die Welt laufen?

Anton.  Das geht lustig!  Der dritte Mann fehlt noch, und den will ich
gleich holen.  Damis will Julianen nicht, vielleicht fischt sie Valer.
(Gehet ab.)




Siebzehnter Auftritt

Chrysander.  Damis.


Damis.  Ja, ja; in zweimal vierundzwanzig Stunden muß ich schon
unterwegens sein.

Chrysander.  Aber was ist dir denn in den Kopf gekommen?

Damis.  Ich bin es längst überdrüssig gewesen, länger in Deutschland
zu bleiben; in diesem nordischen Sitze der Grobheit und Dummheit; wo
es alle Elemente verwehren, klug zu sein; wo kaum alle hundert Jahr
ein Geist meinesgleichen geboren wird--

Chrysander.  Hast du vergessen, daß Deutschland dein Vaterland ist?

Damis.  Was Vaterland!

Chrysander.  Du Bösewicht, sprich doch lieber gar: was Vater!  Aber
ich will dir es zeigen: du mußt Julianen nehmen; du hast ihr dein Wort
gegeben und sie dir das ihrige.

Damis.  Sie hat das ihrige zurückgenommen wie ich jetzt das meinige;
also--

Chrysander.  Also!--also!--Kurz von der Sache zu reden, glaubst du,
daß ich vermögend bin, dich zu enterben, wann du mir nicht folgest?

Damis.  Tun Sie, was Sie wollen.  Nur, wann ich bitten darf, lassen
Sie mich jetzt allein.  Ich muß vor meiner Abreise noch zwei Schriften
zustande bringen, die ich meinen Landsleuten, aus Barmherzigkeit, noch
zurücklassen will.  Ich bitte nochmals, lassen Sie mich--

Chrysander.  Willst du mich nicht lieber gar zur Tür hinausstoßen?




Achtzehnter Auftritt

Valer.  Anton.  Chrysander.  Damis.


Valer.  Wie, Damis? ist es wahr, daß Sie wieder zu sich selbst
gekommen sind?--daß Sie von Julianen abstehen?

Chrysander.  Ach, Herr Valer, Sie könnten mir nicht ungelegener kommen.
Bestärken Sie ihn fein in seinem Trotze.  So?  Sie verdienten es
wohl, daß ich mich nach Ihrem Wunsche bequemte?  Mich auf eine so
gottlose Art hintergehen zu wollen?--Mein Sohn, widersprich mir nicht
länger, oder--

Damis.  Ihre Drohungen sind umsonst.  Ich muß mich fremden Ländern
zeigen, die sowohl ein Recht auf mich haben als das Vaterland.  Und
Sie verlangen doch nicht, daß ich eine Frau mit herumführen soll?

Valer.  Damis hat recht, daß er auf das Reisen dringt.  Nichts kann
ihm, in seinen Umständen, nützlicher sein.  Lassen Sie ihm seinen
Willen, und mir lassen Sie Julianen, die Sie mir so heilig versprochen
haben.

Chrysander.  Was versprochen?  Betrügern braucht man sein Wort nicht
zu halten.

Valer.  Ich habe es Ihnen schon beschworen, daß einzig und allein
Lisette diesen Betrug hat spielen wollen, ohne die wir von dem
Dokumente gar nichts wissen würden.--Wie glücklich, wann es nie zum
Vorschein gekommen wäre!  Es ist das grausamste Glück, das Julianen
hat treffen können.  Wie gern würde sie es aufopfern, wenn sie dadurch
die Freiheit über ihr Herz erhalten könnte.

Chrysander.  Aufopfern?  Herr Valer, bedenken Sie, was das sagen will.
Wir Handelsleute fassen einander gern bei dem Worte.

Valer.  Oh, tun Sie es auch hier!  Mit Freuden tritt Ihnen Juliane das
Dokument ab.  Fangen Sie den Prozeß an, wenn Sie wollen; der Vorteil
davon soll ganz Ihnen gehören.  Juliane hält dieses für das kleinste
Zeichen ihrer Dankbarkeit.  Sie glaubt Ihnen noch weit mehr schuldig
zu sein.--

Chrysander.  Nu, nu, sie ist mir immer ganz erkenntlich
vorgekommen--Aber was würden Sie denn, Valer, als ihr künft'ger Mann,
zu dieser Dankbarkeit sagen?

Valer.  Denken Sie besser von mir.  Ich habe Julianen geliebt, da sie
zu nichts Hoffnung hatte.  Ich liebe sie auch noch, ohne die geringste
eigennützige Absicht.  Und ich bitte Sie: was schenkt man denn einem
ehrlichen Manne, wenn man ihm einen schweren Prozeß schenkt?

Chrysander.  Valer, ist das Ihr Ernst?

Valer.  Fordern Sie noch mehr als das Dokument; mein halbes Vermögen
ist Ihre.

Chrysander.  Da sei Gott vor, daß ich von Ihrem Vermögen einen Heller
haben wollte!  Sie müssen mich nicht für so eigennützig ansehen.--Wir
sind gute Freunde, und es bleibt bei dem alten: Juliane ist Ihre!  Und
wenn das Dokument meine soll, so ist sie um so viel mehr Ihre.

Valer.  Kommen Sie, Herr Chrysander, bekräftigen Sie ihr dieses selbst!
Wie angenehm wird es ihr sein, uns beide vergnügt machen zu können.

Chrysander.  Wenn das ist, Damis; so kannst du meinetwegen noch heute
die Nacht fortreisen.  Ich will Gott danken, wenn ich dich Narren
wieder aus dem Hause los bin.

Damis.  Gehen Sie doch nur, und lassen Sie mich allein.

Valer.  Damis, und endlich muß ich Ihnen doch noch mein Glück
verdanken?  Ich tue es mit der aufrichtigsten Zärtlichkeit, ob ich
schon weiß, daß ich die Ursache Ihrer Veränderung nicht bin.

Damis.  Aber die wahre Ursache?--(Zu Anton.) Verfluchter Kerl, hast du
dein Maul nicht halten können?--Gehen Sie nur, Valer--

(Indem Chrysander und Valer abgeben wollen, hält Anton Valeren zurück.)

Anton (sachte).  Nicht so geschwind!  Wie steht es mit Lisettens
Ausstattung, Herr Valer? und mit--

Valer.  Seid ohne Sorgen; ich werde mehr halten, als ich versprochen
habe.

Anton.  Juchhe! nun war die Taube gefangen.




Letzter Auftritt

Damis (an seinem Tische).  Anton.


Anton.  Noch ein Wort, Herr Damis, habe ich mit Ihnen zu reden.

Damis.  Und?--

Anton.  Sie wollen auf Reisen gehen?--

Damis.  Zur Sache! es ist schon mehr als ein Wort.

Anton.  Je nun! meinen Abschied.

Damis.  Deinen Abschied?  Du denkst vielleicht, daß ich dich
ungelehrten Esel mitnehmen würde?

Anton.  Nicht? und ich habe also meinen Abschied?  Gott sei Dank!
empfangen Sie nun auch den Ihrigen, welcher in einer kleinen Lehre
bestehen soll.  Ich habe Ihre Torheiten nun länger als drei Jahr
angesehen und selber alber genug dabei getan, weil ich weiß, daß ein
Bedienter, wenn sein Herr auch noch so närrisch ist--

Damis.  Unverschämter Idiote, wirst du mir aus den Augen gehen?

Anton.  Je nun! wem nicht zu raten steht, dem steht auch nicht zu
helfen.  Bleiben Sie zeitlebens der gelehrte Herr Damis!  (Gehet ab.)

Damis.  Geh, sag ich, oder!--

(Er wirft ihm sein Buch nach, und das Theater fällt zu.)


Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Der junge Gelehrte, von Gotthold
Ephraim Lessing.









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including legal fees, that arise directly or indirectly from any of
the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this
or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or
additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any
Defect you cause.

Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm

Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of
computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
from people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg-tm and future
generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
Sections 3 and 4 and the Foundation information page at
www.gutenberg.org Section 3. Information about the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
U.S. federal laws and your state's laws.

The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the
mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its
volunteers and employees are scattered throughout numerous
locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt
Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to
date contact information can be found at the Foundation's web site and
official page at www.gutenberg.org/contact

For additional contact information:

    Dr. Gregory B. Newby
    Chief Executive and Director
    [email protected]

Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment. Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements. We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
DONATIONS or determine the status of compliance for any particular
state visit www.gutenberg.org/donate

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations. To
donate, please visit: www.gutenberg.org/donate

Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works.

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be
freely shared with anyone. For forty years, he produced and
distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of
volunteer support.

Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper
edition.

Most people start at our Web site which has the main PG search
facility: www.gutenberg.org

This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
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