Briefe von Goethe an Lavater aus den Jahren 1774 bis 1783

By Goethe

The Project Gutenberg EBook of Briefe von Goethe an Lavater, by 
Johann Wolfgang von Goethe

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Title: Briefe von Goethe an Lavater
       Aus den Jahren 1774 bis 1783

Author: Johann Wolfgang von Goethe

Editor: Heinrich Hirzel

Release Date: August 4, 2015 [EBook #49593]

Language: German


*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK BRIEFE VON GOETHE AN LAVATER ***




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                                Briefe
                                 von
                                Goethe
                                  an
                               Lavater.


                    Aus den Jahren 1774 bis 1783.

                            Herausgegeben
                                 von
                           Heinrich Hirzel.

               Nebst einem Anhange und zwei Facsimile.

                               Leipzig,
                     Weidmann'sche Buchhandlung.
                                1833.




                               Vorwort.


Die nachfolgenden Briefe von Goethe an Lavater wurden dem Herausgeber
von Freunden in Zürich, welche nicht genannt seyn wollten, zur
öffentlichen Mittheilung anvertraut. Ebendenselben verdankte er die
chronologische Anordnung der Briefe, denen häufig das Datum, wenigstens
die Jahrszahl fehlt. Nur ihrer umsichtigen und unverdrossenen Bemühung
konnte es gelingen, durch Nachsuchen und Vergleichen mit Papieren, die
außer ihnen niemanden zugänglich waren, diesem Uebelstand großen Theils
abzuhelfen.

Wie die Briefe hier gedruckt vorliegen, so sind sie geschrieben. Selbst
Orthographie und Interpunction sind fast unverändert beibehalten worden.
Nur sehr wenige, auf reine Familien-Angelegenheiten sich beziehende
Stellen, deren Mittheilung nicht das geringste Interesse für das größere
Publikum haben konnte, mußten aus Rücksichten für Lebende zurück
gehalten werden.

Uebrigens ist der Brief, mit welchem die Sammlung schließt, zwar der
letzte der vorhandenen, aber keinesweges der letzte, den Lavater von
Goethe empfangen hatte. Gleicherweise mögen den zwei ersten Briefen noch
mehrere vorangegangen seyn. Aber auch diese haben sich bis jetzt nicht
auffinden lassen.

Die Verlagshandlung wird für den beigefügten Anhang keiner
Entschuldigung bedürfen. Ohne Zweifel gehört der erste Brief zu den
ältesten handschriftlichen Denkmalen von Goethe. Später, während die
Physiognomik gedruckt wurde, stand Goethe mit Reich fortwährend in
Briefwechsel. Bloß zum Zeugniß dieser lebendigen Theilnahme an der
Physiognomik sind aus der ansehnlichen Zahl einige Briefe hier
abgedruckt worden.

Ueber alles Dieses und noch viel Anderes, worüber die Freunde Goethe's
und Lavaters nach Lesung dieses Büchleins Aufschluß verlangen möchten,
gedachte der Herausgeber in seinem Vorwort zu berichten. Aber der Tod
überraschte ihn während des Druckes der Briefe. Er starb in Zürich im
Februar dieses Jahres, im 66sten Jahr seines Alters, schmerzlich beweint
und vermißt von Allen, denen das Glück seines Umgangs zu Theil ward. Er
war der Verfasser der in 3 Auflagen erschienenen »Eugenia's Briefe«.

Die Herausgabe dieser Goethe'schen Briefe hat seine letzten Stunden
beschäftigt, und gewiß werden die Freunde Goethe's dieselbe als ein
Verdienst um die deutsche Literatur betrachten.

                                                  Die Verlagshandlung.

                                Briefe
                               Goethe's
                                  an
                               Lavater.




                                  1.


                           An Lavatern.[1]

Bruder, was neckst du mich wegen meines ^Amusements^. Ich wollt ich hätt
eine höhere Idee von mir und meiner Bestimmung, so wollt ich weder meine
Handlungen ^Amusements^ nennen, noch mich statt zu handeln amüsiren.
Doch du hast deinen Zweck erreicht.

                            An Pfenninger.

Danke dir lieber Bruder für deine Wärme um deines Bruders Seeligkeit.
Glaube mir es wird die Zeit kommen da wir uns verstehen werden. Lieber
Du redest mit mir als einem Unglaubigen, der begreifen will, der
bewiesen haben will, der nicht erfahren hat. Und von all dem ist gerade
das Gegentheil in meinem Herzen. Du wirst viel Erläuterung finden in dem
Msbt. das ich Euch bald schicke. Bin ich nicht resignirter im Begreifen
und Beweisen als ihr? Hab ich nicht eben das erfahren als ihr? -- Ich
bin vielleicht ein Tohr dass ich euch nicht den Gefallen thue mich mit
euern Worten auszudrücken, und daß ich nicht einmahl durch eine reine
Experimental Psychologie meines Innersten, euch darlege daß ich ein
Mensch bin und daher nichts anders sentiren kann als andre Menschen, daß
das alles was unter uns Widerspruch scheint nur Wortstreit ist der
daraus entsteht weil ich die Sachen unter andern Combinationen sentire
und drum ihre Relativität ausdrückend, sie anders benennen muß. Welches
aller Controversien Quelle ewig war und bleiben wird.

[Fußnote 1: Diese Zeilen fallen, gleichwie der nächstfolgende, an
Lavaters Seelenfreund, den Diakon Pfenninger gerichtete Brief, obschon
ohne Datum, in die Zeit _vor_ Lavaters Abreise nach Frankfurt. Diese
fand Statt am 12. Juni 1774. Man sehe Goethes Werke 26r. Bd. S. 266, von
den Worten an: »Unser erstes Begegnen war herzlich, u. s. w.«

                                                            A. d. H. ]

Und daß du mich immer mit Zeugnissen packen willst! Wozu die? Brauch ich
Zeugniß daß ich bin? Zeugniß daß ich fühle? -- Nur so schäz, lieb, bet
ich die Zeugnisse an, die mir darlegen, wie tausende oder einer vor mir
eben das gefühlt haben, das mich kräftiget und stärket.

Und so ist das Wort der Menschen mir Wort Gottes es mögens Pfaffen oder
Huren gesammelt und zum Canon gerollt oder als Fragmente hingestreut
haben. Und mit inniger Seele fall ich dem Bruder um den Hals. Moses!
Prophet! Evangelist! Apostel, Spinoza oder Machiavell. Darf aber auch zu
iedem sagen, lieber Freund geht dirs doch wie mir! Im einzelnen sentirst
du kräfftig und herrlich, das Ganze ging in euern Kopf so wenig als in
meinen.




                                  2.


                             An Lavatern.

Dein Schwager bringt dir nichts. Doch will ich verschaffen daß ein Mspt.
dir zugeschickt werde. Denn bis zum Druck währts eine Weile. Du wirst
grosen Teil nehmen an den Leiden des lieben Jungen den ich darstelle.
Wir gingen neben einander, an die sechs Jahre ohne uns zu nähern. Und
nun hab ich seiner Geschichte meine Empfindungen geliehen und so machts
ein wunderbares Ganze.

Da schick ich dir ein Profil. Der Kerl (sagt man) war Steuermann, hat in
der Sklaverey zu Tunis viel ausgestanden, und zieht nun in der Welt
herum Mitleiden zu erregen. Ich hab ihn nach dem Leben gezeichnet. Das
ist nur indeß flüchtige Copie davon, das Original drückt besser den
Eigensinn im Leiden, und das niedergedrückte einer starken Menschheit
aus. Du sollsts auch haben.

Die Stirn Höhe ist übertrieben. Oder vielmehr sas er zu Zeiten mehr als
Profil, da wölbte es sich so stark. Adieu Bruder ich bin nicht laß, so
lang ich auf der Erde bin erobre ich wenigstens gewiß meinen Schritt
Lands täglich! Steiner hat gefunden daß mein Portrait das du hast nicht
ich sey. Er ist ein gar lieber Mann.

   Am 26. Apr. 1774.




                                  3.


Zimmermann ist fort, und ich bin bis zehn Uhr im Bette liegen blieben um
einen Catharr auszubrüten, mehr aber um die Empfindung häuslicher
Innigkeit wieder in mir zu beleben, die das gottlose Geschwärme der Tage
her ganz zerflittert hatte. Vater und Mutter sind vors Bett gekommen, es
ward vertraulich diskurirt, ich hab meinen Thee getrunken und so ists
besser. Ich hab wieder ein Wohngefühl in meinen vier Wänden, wie lange
es währt.

Z. und ich waren trefflich zusammen -- du stellst dirs vor. Und hätte
dir vieles zu sagen. Sein Betragen gegen dich bleibt besser
unentschuldigt, es ist besser daß einem so was unerklärlich bleibt --
ich habe ihn sehr darüber gepeinigt, ob er gleich mit einer ^Captat.
benev.^ die Geschichte anfieng. Seine Tochter ist so in sich, nicht
verriegelt, nur zurückgetreten ist sie, und hat die Thüre leis
angelehnt. Es würde sie ein leise lispelnder Liebhaber eher als ein
pochender Vater öffnen. Es that ihm sehr weh dich so geängstet zu haben,
und du Guter es wird dir nicht das Leztemal so gegangen seyn.

   ^C'est le Sort d'un Amour extreme^
   ^De faire toujours des Ingrats.^

Mir wird ie länger ie mehr das Treiben der Welt und der Herzen
unerklärlich. Einzelne Züge die sich überall gleichen, und doch nie
daran zu denken daß der große menschliche Kopf ein Ganzes der Menschen
Wirthschafft übersehen werde.

Hab gestern ein Bisgen über die vier Wahnsinnigen und Brutus geklimpert.
Bruder wie schwer ists das todte Kupfer zu beleben, wo der Charackter
durch mißverstandene Striche nur durchschimmert, und man immer schwankt
warum das _was_ bedeutet und doch _nichts_ bedeutet. Beym Leben wie
anders!

Es giebt der Zerstreuungen die Menge. Der Herzog von Weimar ist hier,
wird nun bald Louisen davon tragen. Könntest mir nicht einen
Storchschnabel senden. Grüs Bäben, sie soll mir doch etwas über sich und
dich schreiben!

Ich bin seit 14. Tagen ganz im Schauen der grosen Welt!

   Juny 1775.

                                                                    G.




                                  4.


Lieber Bruder, Louisens Portrait das ich für dich in Händen habe, sollst
ehestens erhalten. Ich hab ihr geschrieben. Das Gedicht an sie, ist das
Beste was du je gemacht hast.

Gott segne deinen Buben, dein Weib und alles. Mein Vater macht ihr eine
Galanterie in die Wochen, nehmts freundlich auf.

Schick mir doch auch ehestens was für die Physiogn. Ich sizze in
Ofenbach, wo freilich Lilli ist. Ich hab sie von dir gegrüst. Ich
schicke dir ehestens ihre Silhouette weiblich. Mach ihr etwas in Versen
das sie im Guten stärcke und erhalte. Du kannst Guts thun, und du
willst.

                                                       Den 14. August.

Gestern waren wir ausgeritten. Lilli, Dorwille und ich. Du hättest den
Engel im Reitkleide zu Pferde sehen sollen! In Oberrad wartete die
übrige Gesellschaft auf uns, und ein Gewitter trieb die alte Fürstinn
von Waldeck mit ihren Töchtern der Herzogin von Curland, und der
Fürstinn von U. in unser Haus und Saal. Da sie mich erkannten, wurde
gleich viel nach dir gefragt, und die alte Fürstinn hat mit solcher
Wahrheit und Wärme von dir geredt daß mirs wohl wurde. Sie sagte, wenn
ihm heute nicht die Ohren klingeln, so halte ich nicht viel auf seine
Ahnungskrafft, an uns liegt die Schuld nicht. Sie läßt dich herzlich
grüßen.

Lilli grüst dich auch! --

Und mir wird Gott gnädig seyn. B., ich bin eine Zeit her wieder fromm,
habe meine Lust an dem Herrn, und sing ihm Psalmen von denen du ehestens
eine Schwingung erhalten sollst.

                                                                  Ade.

Ich bin _sehr aufgespannt_, fast zu sagen

                                _über_

doch wollt ich du wärest mit mir, denn da ist wohl seyn in meiner
Nachbaarschafft.

Schreibe doch du auf was du wolltest daß ich für dich sähe, wenn ich
nach Italien gieng.

   im July 1775.

                                                                    G.




                                  5.


                                1775.

Freitag den 21. Dez. Nach einem herrlichen Wintertag, den ich meist in
freyer Luft Morgens mit dem Herzog, Nachmittag mit Wielanden zugebracht
habe, ziemlich müd und ausgelüfftet von der Eisfahrt, siz ich bey W. und
will sehen was ich an dich zusammen stopple über die mir geschickten
Cap. der Phis: -- kurz genug und wills Gott bündig und treffend, das ist
alles. Denn Ausspinnens ist jezt nicht Zeit, der ich in verbreiteter
Wirthschafft, und Zerstreuung von Morgens zu Nacht umgetrieben werde.
Wieland hat mir seine Gefühle gegeben, und so wird alles gut werden. Ich
geh auch wohl nach Leipzig, hast du nun da was so schreibe bey Zeiten
und laß michs ausrichten.

Weiter braucht der Herzog einen Generalsuperintendenten. Er fragte mich
drum, ich nannt ihm Herdern. Der wie du vielleicht weißt noch nicht
_ganz gewiß_ nach Göttingen geht. Der Herzog trug mir auf dich zu
fragen: wen du vorschlügst? sag mir also ein Wort hierüber, und wen du
sonst in Ermangelung Herders vorschlagen könntest.

Ich bin hier wie unter den Meinigen, und der Herzog wird mir täglich
werther, und wir einander täglich verbundener.

Grüs mir alles! Von Paßavant hab ich liebe Briefe. Auch von Zimmermann,
der mir deinen guten Muth meldet.

Morgen geh ich über Jena nach Waldeck, wilde Gegenden und einfache
Menschen aufzusuchen. Addio. Mir geht alles nach Herzenswunsch, auch Dir
geh es so.

                                                                    G.

Bäben kann sich auch wieder einmal erheben mir zu schreiben. Grüs dein
Weib. Sey mir nicht gar zu Lakonisch.




                                  6.


Wie du missest soll dir wieder gemessen werden, sey wegen der Phis.
ausser Sorgen. Ich bin noch in Türingen, immer höchstens anderthalb
Tagreisen von Leipzig. Will schon machen und leiten. Wieland erkennt
dich. Ich bin dein. Thomasele mir nicht. Ich lerne täglich mehr steuern
auf der Woge der Menschheit. Bin tief in der See.

   Erfurt d. letzten des Jahrs 75.

                                                                    G.




                                  7.


Lieber Br. sey nur ruhig um mich, und ermatte dich nicht Müdling ohne
Noth, ich hab all deine Phisiognomik. Aber der 2 Theil wird zuviel
stärker, wie ich's iezt überlege, und will drum mit Reichen reden daß
das auch gut werde.[2] Verlaß dich -- Ich bin nun ganz eingeschifft auf
der Woge der Welt -- voll entschlossen: zu entdecken, gewinnen,
streiten, scheitern, oder mich mit aller Ladung in die Luft zu sprengen.
Aber laß mich von dir hören! es ist nicht genug daß du mich liebst. Ob
das gleich alles ist, auch durch ^Amanuenses^ ist schon gut.

   d. 6. März 76. Weimar.

                                                                    G.

[Fußnote 2: Siehe den Anhang.]




                                  8.


Weil ihr lieb wart und habt mir gleich geschrieben, so auch von mir hier
eine Ejakulation die ihr freundlich mögt aufnehmen.

Lieber Bruder daß du nicht willst Ständigkeit kriegen, nicht kannst
kriegen, ängstigt mich manchmal wenn ich ^peccata mundi^ im Stillen
trage. Ich bin nun seit einem Jahr in ganz decidirten moralisch
politischen Augenblickes-Verhältnissen und mein Herz das mir so treu und
du -- Nun es soll so seyn -- über C... und L... sey ruhig, wo die Götter
nicht ihr Possenspiel mit den Menschen treiben, sollen sie doch noch
eins der glücklichsten Paare werden wie sie eines der besten sind,
nichts menschliches steht dazwischen, nur des unbegreifflichen
Schicksaals verehrliche Gerichte. Wenn ich dir erscheinen und dir
erzählen könnte was unschreibbar ist, du würdest auf dein Angesicht
fallen und anbeten den der da ist, da war und seyn wird. Aber glaub an
mich, der ich an den Ewigen glaube. Grüß alles und Kaysern. Lenz ist
unter uns wie ein krankes Kind, und Klinger wie ein Splitter im Fleisch,
er schwürt, und wird sich herausschwüren leider.

   d. 16. Sept. 76.

                                                                    G.

Schick mir zeitig etwas zum dritten Theil. Gern sollst du haben was ich
geben kann, in der unendlich beweglichen Welt in der ich lebe tausend
Beobachtungen! und in einem guten Augenblick schöpf ich dir die Butter
ab! -- &c. -- Valleney auch nicht! -- Genug was ich kann! -- --

Allwills Briefe sind von Frch. Jakobi -- nicht von mir. --

   Taglang Nachtlang stand mein Schiff befrachtet.
   Günstger Winde harrend sas mit treuen Freunden
   Mir Geduld und guten Muth erzechend
   Ich im Hafen.

   Und sie wurden mit mir ungeduldig:
   Gerne gönnen wir die schnellste Reise
   Gern die hohe Fahrt dir. Güter-Fülle
   wartet drüben in den Welten deiner,
   Wird rükkehrendem in unsern Armen
   Lieb und Preis dir.

   Und am frühen Morgen wards Getümmel
   und dem Schlaf entiauchzt uns der Matrose;
   Alles wimmelt alles lebet webet,
   Mit dem ersten Seegenshauch zu schiffen.
   Und die Segel blühen in dem Hauche.
   Und die Sonne lokt mit Feuerliebe.
   Ziehn die Segel, ziehn die hohen Wolken.
   Jauchzen an dem Ufer alle Freunde
   Hofnungslieder nach im Freudetaumel,
   Reisefreude wähnend wie des Einschiffmorgens
   Wie der ersten hohen Sternennächte.

   Aber Gottgesandte Wechselwinde treiben
   Seitwärts ihn der vorgestekten Fahrt ab,
   Und er scheint sich ihnen hinzugeben,
   Strebet leise sie zu überlisten
   Treu dem Zwek auch auf dem schiefen Weege.
   Aber aus der dumpfen grauen Ferne
   Kündet leisewandelnd sich der Sturm an,
   Drükt die Vögel nieder aufs Gewäßer
   Drükt der Menschen schwellend Herze nieder.
   Und er kommt. Vor seinem starren Wüthen
   Streicht der Schiffer weis die Segel nieder.
   Mit dem angsterfüllten Balle spielen
   Wind und Wellen.

   Und an ienem Ufer drüben stehen
   Freund und Lieben, beben auf dem Festen:
   Ach warum ist er nicht hier geblieben!
   Ach der Sturm! Verschlagen weg vom Glüke!
   Soll der Gute so zu Grunde gehen!
   Ach er sollte! Ach er könnte! Götter!
   Doch er stehet mannlich an dem Steuer.
   Mit dem Schiffe spielen Wind und Wellen;
   Wind und Wellen nicht mit seinem Herzen.
   Herrschend blikt er in die grimme Tiefe
   Und vertrauet landend oder scheiternd
   Seinen Göttern.

   Den 11. Sept. 76.

                                                                    G.




                                  9.


Deinen Abraham erwart ich freundlich. Weiß zwar kein Wort wie _ich_ ihn
hätte dramatisiren dörfen, doch will ich deiner Poesey gern förderlich
und dienstlich seyn.

Ueber die Platten hab ich nur so was hingeworfen, damit der Band fertig
werde. Wenn du mich nur anbläsest, denn ich sage dir, was du von mir
begehrest, dazu sieh _bald_.

Gestern tief in dem Getreibe der Meßgeleits-Zeremonien, fiel mir
Ariostens Wort vom Pöbel ein: _Werth des Todes vor der Geburt._

Hättest du mir Neuton geschickt -- der wäre gesät und geerndtet worden.
Du mußt mich kennen lernen wenn du mich brauchen willst, du bist zwar
dadrinnen sonst ein feiner Schelm, aber ich will dichs noch weiter
lehren.

Pestaluz hat mir seine Ankunft melden lassen.

                   *       *       *       *       *

Deinen Abraham hab ich nun. Deinet will ihn drucken, und ich will thun
dran wie mirs um's Herz ist, bin ich doch nicht weder in Abrahams Fall
noch Isaacks -- das Stück wird gute weite Wirkung thun. Will auch einen
Würzruch drein dämpfen hier und da meines Fäßleins, denk ich.

Pestaluz war sehr gut. Ich sagt ihm gleich ich wünschte du kenntest
deine Landsleute besser und sie dich besser -- -- Er redete ganz _für_
dich -- ohne _aber_. Gott geb aus einem feinen Herzen.

   1776.

                                                                    G.




                                 10.


Ich habe zwey Pakete von dir erhalten, dazwischen eine Lücke war; sieh
nach. In meinem iezigen Leben weichen alle entfernten Freunde in Nebel,
es mag so lang währen als es will, so hab ich doch ein Musterstückgen
des bunten Treibens der Welt recht herzlich mitgenossen. Verdruß,
Hoffnung, Liebe, Arbeit, Noth, Abentheuer, Langeweile, Haß,
Albernheiten, Thorheit, Freude, Erwartetes und Unversehnes, Flaches und
Tiefes, wie die Würffel fallen, mit Festen, Tänzen, Schellen, Seide und
Flitter ausstaffirt; es ist eine treffliche Wirthschaft. Und bey dem
allem l. Br., Gott sey Dank, in mir und in meinen wahren Endzwecken ganz
glücklich. Ich habe keine Wünsche als die ich wirklich mit schönem
Wanderschritt mir entgegen kommen sehe.

Es ist dein Schicksal daß ich an dir diese Freude nicht erleben soll.
Leb wohl, grüs alles.

   Vor Weimar im Garten
   d. 8. Jan. 77.

                                                                    G.




                                 Lied
                   des Phisiognomischen Zeichners.


   O daß die innre Schöpfungskrafft
   Durch meinen Sinn erschölle!
   Daß eine Bildung voller Safft
   Aus meinen Fingern quölle!
   Ich zittre nur, ich stottre nur,
   Ich kann es doch nicht lassen;
   Ich fühl, ich kenne dich, Natur,
   Und so muß ich dich fassen.

                   *       *       *       *       *

   Wenn ich bedenk wie manches Jahr
   Sich schon mein Sinn erschliesset,
   Wie er, wo dürre Haide war,
   Jezt Freudenquell geniesset;
   Da ahnd ich ganz Natur nach dir,
   Dich frey und lieb zu fühlen,
   Ein lustger Springbrunn wirst du mir
   Aus tausend Röhren spielen;
   Wirst alle deine Kräfte mir
   In meinem Sinn erheitern,
   Und dieses enge Daseyn hier
   Zur Ewigkeit erweitern.

                                                                    G.




                                 11.


Da hast du von dem herrlichen Lindau einige Blätter. Zimmerm. schreibt
mir er sey todt, ich glaube kein Wort davon. Deine Phis. geht immer
richtig durch meine Hände, ich kann nichts dafür thun als hie und da
ausstreichen. Bey Raphael hab ich einen grosen Schnitt gemacht und mir
selbst von einem Tag zum andern versprochen den Riß wieder auszufüllen,
es ging aber nicht.

Ich lebe ganz glücklich in anhaltendem Reiben und Treiben des Lebens,
und bin stiller in mir, als ie, schreibe niemanden, höre von niemanden,
mich kümmert außer meinem Kreis nun gar nichts.

Kaufm. ist wieder da, ich hab ihn nur einen Blick gesehn, er sitzt bey
Lyndern auf dem Gute.

Linnaeus Petern erwart ich mit dem Frühjahr, ich will sehn obs glückt
was ich mit ihm vorhabe. Herder ist wohl und vergnügt.

Leb wohl, grüs dein Weibele, Buben und Kaysern.

   W. d. 19. Febr. 77.

                                                                    G.

Nachts in meinem Garten, in einem warmen Stübgen, da mir draußen über
Schnee und hellen Mondenschein, Waldhörner übers Thal herüber blasen.




                                 12.


Da schicke ich dir Briefe von Peter Baumgartner die du weiter spediren
sollst. Mich machts lachen, daß er zum Anfang einen Spiesruthen lauffen,
und einen ausprügeln sieht, das er, wie er sagt, nicht wieder sehen mag.
Der Junge ist nun mein, und wenn ichs recht kann, so soll er, wenn ich
die Augen zuthue, oder ihn verlasse, oder er mich, von niemandem
abhängen, weil er von allem abzuhängen fühlen muß. Adio man sagt immer
was Dummes wenn man was allgemeines, oder was künftig zu thuendes sagt.

Schreib mir auch ein Wort von Lindaus Vermächtniß für den Buben, ich
denke wir werden kein Kraut damit fett machen.

Schreib mir auch ein Wort von dir. Sag Kayser daß ich ihm das Verlangte
schicken werde. Adio.

   Weimar d. 14. August
   1777.




                                 13.


Der Jacobis Portrait sind angelangt, ich schick sie dir aber nicht, sie
sind abscheulich. Friz grüßt dich sehnlich, und wird dir von hier aus
schreiben.

Der Herzog hat mir sechs Schädel kommen lassen, habe herrliche
Bemerkungen gemacht, die Ew. Hochwürden zu Diensten stehn, wenn
dieselben sie nicht ohne mich fanden.

Cassir doch, ich bitte dich, die Familientafel von uns, sie ist doch
scheuslich. Du prostituirst dich und uns. Meinen Vater laß ausschneiden,
und brauch ihn als Vignette, der ist gut. Ich bitte dich inständig drum.
Mit meinem Kopf mach auch was du _wit_, nur meine Mutter soll nicht so
dastehn. Hast du noch einige Abdrücke, schick mir sie mit denen um die
ich auf beyliegendem Zettel bitte -- es ist nur der Vater
herauszuschneiden.

Hier Linien von _Fettmilchs_ Kopf. Das Kurz- und starrsinnige drückt
sich auf dem schlechten Kupfer, wovon es genommen ist, noch stärker, hat
auch zugleich etwas Thierisch-niedriges, das der Umriß nicht hat. Was
hältst du von der Idee? wär in Silhouetten herrlich auszuführen. Du
kennst Hogarths Schönheitslinie von der Verzerrung bis zum Leblosen. Der
reine Punkt der Schönheitslinie ist die Linie der _Liebe_, Stärke und
Schwäche stehn ihr zu beyden Seiten. _Liebe_ ist der Punkt wo sie sich
vereinigen. Gieb mir Beyträge dazu, und wir wollen ein herziges
Kapitelgen machen, vielleicht kein ganz unreiner Faden aus dem grosen
Gewebe ausgezogen.

Ich schicke dir hier eine Bouteille Himbeerensafft. Grüs mir Herr
Schmoll.

Der Friede Gottes, der sich täglich mehr an mir offenbaret, walte auch
über dich und die deinigen, und daß dein Glaube unüberwindlich werde.
Sieh hier wieder daß er mich überwindet. Ich hab deinen Brief, und sende
dir sogleich was über Homer. Adieu! Ich will dir einige Sachen zeichnen
und schicken.

   1778.




                                 14.


                     An Herrn Caspar Lavater nach
                               Zürich.

                                                 Thun d. 8. Oktbr. 79.

So nah bin ich bey dir l. Br. wie dir der Ruf schon wird gemeldet haben.

Wir sind im Begriff auf die Gletscher so weit es die Jahrszeit erlaubt
zu gehen. Dann solls noch durch einen Umweg zu dir.

Schreibe mir doch mit umlaufender Post nach Bern in den Falken ein Wort
ob etwa in Bern Lausanne Genf Luzern Zug &c. einige Menschen sind, die
du kennst und die zu kennen mir auch Freude machte, ich will sie
besuchen und von dir grüsen und dir ihre Grüse bringen.

Ja lieber Bruder dich wieder zu sehen, ist einer meiner beständigsten
Wünsche diese vier Jahre her und wird nun auch bald erfüllt.

Ich habe dir viel zu sagen, und viel von dir zu hören, wir wollen
wechselsweis Rechnung von unserm Haushalten ablegen, einander seegnen,
und für die Zukunft stärken, wieder ganz nah zusammenrudern und uns
freuen daß wir noch in einer Luft athemholen. Von dem was ich mitbringe
unterhalt ich dich nicht im Voraus.

Mein Gott dem ich immer treu geblieben bin hat mich reichlich geseegnet
im Geheimen, denn mein Schicksal ist den Menschen ganz verborgen, sie
können nichts davon sehen noch hören. Was sich davon offenbaren läßt,
freu ich mich in dein Herz zu legen. Adieu Bruder. Bisher sind wir
glücklich gereist, bete auch daß uns die himmlischen Wolken günstig
bleiben, und wir an allen Gefahren vorüber gehn.

                                                                    G.

Sonntag d. 10ten denk ich sollst du diesen Brief haben und Dienstag den
12 könnte nach der Postrechnung ein Brief von dir wieder in Bern seyn.
Auf alle Fälle schreibe so bald du kannst.




                                 15.


Lieber Bruder, deine Leute hier hab ich meist gesehen, Kirchbergern noch
heut Abend spät anderthalb Stunden auf seinem Landhaus gesprochen. Es
ist ein Mann mit dem sich gut reden läßt und ich habe die Zapfen meiner
Gefäse, wie er angeklopft hat, gar freundlich ausgezogen, und mir auch
dagegen von dem seinigen reichen lassen. Auf alles was er gefragt hat,
hab ich ihm in meiner Art geantwortet, und durch Gleichnisse und
Anschlagen wurden wir bald bekannt. Auch hab ich ihm hie und da mehr
gesagt, als er gefragt hat, denn es hängt alles gar hübsch bey ihm
zusammen und er hat für sein Alter und daß er viel für sich durchdacht
hat, eine schöne Gelenksamkeit der Gedanken.

Nun wirds weiter gehn. Verschiedene Packete sollen an dich geschickt
werden, hebe mir sie auf. Wir gehen auf Lausanne und Genv. Bey Neuburg
sind wir schon gewesen und thut mir leid die G*** nicht zu sehen, ich
schick ihr deinen Brief. Wenn du mir was noch zu sagen hast, so schicks
an Toblern den ich gewiß aufsuche. Von Genf hörst du weiter von mir.

Was der treue Cameralische Okulist mit dem Br. Herzog will, versteh ich
außer dem Zusammenhang nicht. Wenn's so ist wie ich vermuthe, mag er's
immer noch ein Paar Jahrhunderte aufschieben, und es soll auch dann
wills Gott nicht passen. Es ist nur seit man den Kazzen weisgemacht hat,
die Löwen gehören in ihr Geschlecht, daß sich ieder ehrliche Hauskater
zutraut er könne und dürfe Löwen und Pardeln die Tazze reichen und sich
brüderlich mit ihnen herumsielen die doch ein vor allemal von Gott zu
einer andern Art Thiere gebildet sind. Adieu. Eh wir Zürich nahen hörst
du mehr von mir.

   Bern d. 17. Okt. 79.

   Grüs dein Weib und die kleine, es soll mich wundern ob und wie
   wir uns verändert finden.




                                 16.


                                             Genf d. 28ten Okt. (1779)

L. Br. Deinen Brief hat mir Tobler gegeben, der mich nur in Gegenwart
Diodatis gesprochen hat, wo's ihm nicht so von der Brust will, und ich
bin auch nicht so in Gesellschaft mich aufzuknöpfen. Wir ziehen langsam,
bis jetzt noch mit schönem Glück und Vorteil, sind vorgestern in der
^Vallée du lac de Joux^ und auf der ^Dole^ gewesen beym schönsten Wetter
und Umständen. Heut warten wir das trübe in Genv ab.

Noch weis ich nicht wenn wir kommen, du sollst noch mehr von mir hören.
Ich halte sonst viel vom überraschen, diesmal ist das Herumziehen eh wir
uns sehn auch gut. Nicht allein vergnüglich sondern geseegnet uns beyden
soll unsre Zusammenkunft seyn. Für ein Paar Leute die Gott auf so
unterschiedne Art dienen sind wir vielleicht die einzigen, und denke wir
wollen mehr zusammen überlegen und ausmachen, als ein ganz ^Concilium^
mit seinen Pfaffen, Huren und Mauleseln. Eins werden wir aber doch wohl
thun daß wir einander unsere Partikular-Religionen ungehudelt lassen. Du
bist gut darinne aber ich bin manchmal hart und unhold, da bitt ich dich
im Voraus um Geduld. Denn z. E. da hat mir Tobler deine Offenb. Joh.
gegeben, an der ist mir nun nichts noch als deine Handschrift, darüber
hab ich sie auch zu lesen angefangen.[3] Es hilft aber nicht, ich kann
das göttliche nirgends und das poetische nur hie und da finden, das
Ganze ist mir fatal, mir ists als röch ich überall einen Menschen durch
der gar keinen Geruch von dem gehabt hat der da ist A und O. Siehst du
l. Br. wenn nun deine Vorerinnerung grade das Gegentheil besagt und
unterm 24 September 1779!! da werden wir wohl thun, wenn wir irgend ein
sittsam Wort zusammen sprechen, ich bin ein sehr irdischer Mensch, mir
ist das Gleichniß vom ungerechten Haushalter, vom verlohrnen Sohn, vom
Säemann, von der Perle, vom Groschen &c. &c. göttlicher (:wenn ie was
göttlich's da seyn soll:) als die sieben Botschafter, Leuchter, Hörner,
Siegel, Sterne und Wehe. Ich denke auch aus der Wahrheit zu seyn, aber
aus der Wahrheit der fünf Sinne und Gott habe Geduld mit mir wie bisher.
Gegen deine Messiade hab ich nichts, sie liest sich gut, wenn man einmal
das Buch mag, und was in der Apokalypse enthalten ist, drückt sich durch
deinen Mund rein und gut in die Seele, wie mich dünkt. Das willst du da,
wozu denn aber die ewigen Trümpfe, mit denen man nicht sticht und kein
Spiel gewinnt, weil sie kein Mensch gelten läßt. Du siehst, Bruder, ich
bin immer der alte, dir wieder von eben der Seite wie vormals zur Last.
Auch bin ich in Versuchung gewesen das Blatt wieder zu zerreissen. Doch
da wir uns doch sehn werden so mag es gehn.

[Fußnote 3: In diesem Briefe spricht Goethe -- was zu Verhüthung von
Mißverständnissen nicht unbemerkt gelassen werden darf -- von der
_homiletischen_ Bearbeitung der _Offenbarung Jesu an Johannes_, welche
Lavater bald nach seinem Antritte des Diakonates zu St. Peter in Zürich
(1778) für seine wöchentlichen Abendpredigten zu erklären anfing. Um
eben diese Zeit aber bearbeitete L. in der Vollkraft seines Geistes und
folgend dem Triebe seiner rastlosen, man möchte beynahe sagen,
übermenschlichen Thätigkeit dasselbe Buch auch poetisch in einem
Gedichte, welches im Jahr 1780, unter dem Titel: _Jesus Messias_ oder
_die Zukunft des Herrn_, in vier und zwanzig Gesängen, in _Zürich_ ans
Licht trat. Siehe _Lavaters_ Lebensbeschr. von seinem Tochtermann G.
Geßner, Bd. II. S. 222. u. ff. Auf dieses _poetische Werk_ beziehn sich
die, mit den vorliegenden gar sehr contrastirenden, Aeußerungen Goethes
im 17, 20. u. 21ten Briefe.

                                                             A. d. H.]

Vom Herzog sag ich dir nichts voraus, noch haben ihn die gescheutsten
Leute falsch beurtheilt. Du sollst ihm das Haupt salben wie mit
köstlichem Balsam und ich will mich mit dir im stillen über ihn freuen;
denn weil Gott außer der Sonne und dem Mond und den ewigen Sternen, lass
ich neuerdings niemand zu Zeugen des was mich freut oder ängstet.

Du bist ein bescheidener Mensch daß du nur eine Ahndung von meinem Biß
auf das neue ^Systema naturae^ in deinen Gliedern gespürt hast. Sey nur
ruhig, alter Paradiesvogel, man darf dich wohl mit anderm rarem Vieh für
gleiches Geld sehen lassen.

Dein Strumpfwürker ist von Frankfurt aus besorgt und wird sein Geld
haben. Nun leb wohl. Es ist spät verzeih mir mein Wesen, und sieh an dem
Brief wie wohl mir's ist dir nahe zu seyn, und nach der ganzen Schweiz
noch den reinen Eindruck von dir mit fortzunehmen.

Grüs dein Weib, sey hübsch fleisig, vor 14 Tagen kommen wir noch nicht.
Du hörst indeß wieder von mir. Ich liebe dich wie ich lieben kann.

                                                          d. 29. früh.

^NB^. In Lausanne habe ich die gar liebliche Br. zwey mal gesehn, und
über sie den Bruder vernachlässigt und den ^Dubois^ vergessen. Sie war
so artig mir wenigstens glauben zu machen, daß ich sie interessire, und
ihr mein Wesen gefalle, und das glaubt man diesen Sirenen gerne. Mir ist
herzlich lieb daß ich nicht an Matthäis Platz bin denn es ist ein
verfluchter Posten das ganze Jahr ^par devoir^ wie Butter an der Sonne
zu stehn.

Grüs mir herzlich die Sch. und Pfenninger und Kaysern. Was von Fueslin
bey dir ist zu sehn verlangt mich sehnlich. Adieu. Schreib mir doch ein
Wörtchen auf Luzern früh oder spat find ich's da.




                                 17.


                                               Genf den 2. Nvbr. 1779.

Eh ich von hier weggehe noch einige Worte lieber Bruder eh wir uns
tiefer in die Gebirge verlieren in die wir unter Garantie des Herrn ^de
Saussure^ einen Versuch wagen, von hier aus gehts in die Savoiischen
Eisgebirge und ins Wallis.

Deine Offenbahrung hat mir viel Vergnügen gemacht. Ich habe sie recht
und vieles davon mehr als einmal gelesen. Schon da Tobler mir sagte du
habest darüber von Amtswegen gepredigt, gabs mir ein ganz neues
Interesse, denn ich konnte nun mehr begreifen, wie du mit diesem Buche
so lange beschäftigt, es ganz in dich hinüber empfunden hast und es in
einem so fremden ^Vehiculo^ ohne fremden, vielmehr eigentlich
heterogenen Zusaz wieder aus dir heraus quellen lassen konntest, denn
nach meiner Empfindung macht deine Ausmahlung keinen andern Eindruk als
die Original Skize macht, wenigstens einer Seele aus diesem Jahrhundert,
wo man die Ideen die du hineinlegst selbst von Kindheit an größtentheils
hinein zu legen pflegt. Die Arbeit selbst ist dir glücklich von statten
gangen, einige trefliche Züge der Auslegung und Erfindung sind drinne.
Ausgemahlt sind viele Stellen ganz treflich, besonders alle die der
innern Empfindung von Zärtlichkeit und Kraft, w. z. B. die Verheissung
des ewigen Lebens, das Weiden der Schaafe unter Palmen, das siegende
Gefühl der Engel, eh und indem sie die Schlacht anfangen. In einigen
Gestalten und Gleichnissen hast du dich auch gut gehalten, nur schwinden
deine Ungeheuer für mich zu schnell in allegorischen Dampf auf, doch ist
auch dies wenn ichs recht bedenke das klügste Theil das du ergreiffen
konntest. Es ist mir leid daß ich die zwölf folgenden Gesänge nicht
gleich habe. Bey dieser Gelegenheit lies ich mir den griechischen Text
wieder geben und sah auch ^Piscators^ Uebersezung an.

Nun noch ein herzlich Wort der Sehnsucht an dich, und der Hoffnung, sie
wird alle Tage stärker. Lass uns ia einander bleiben, einander mehr
werden, denn neue Freunde und Lieben mach ich mir nicht.

Mit Toblern weis ich nicht wies war. Er hat wohl Nähe und Vertrauen zu
mir. Aber leider fühl ich meine 30 Jahr und Weltwesen!! schon einige
Ferne von dem _werdenden_, sich entfaltenden, ich erkenns noch mit
Vergnügen, mein Geist ist ihm nah aber mein Herz ist fremd. Grose
Gedanken die dem Jüngling ganz fremd sind, füllen iezt meine Seele,
beschäftigen sie in einem neuen Reiche, und so komm ich nicht als nur
geborgt nieder ins Thal des Thaus und der Morgenbegattung lieblicher
Turteltauben. Er sagt dir vielleicht wies ihm mit mir war. Wohl ists uns
zusammen nicht worden.

Adieu guter. Meine Seele ist immer bey dir.

                                                                    G.




                                 18.


                                                       d. 14. Nov. 79.
                                  Auf dem Gotthart bei den Capuzinern.

Eh wir absteigen dir einen guten Morgen l. Br.

Seit Genf haben wir das Thal Chamouny durchstrichen, sind von da ins
Wallis gefallen habens aufwärts ganz durchzogen und sind endlich über
die Furka hier angekommen. Mit dem preiswürdigsten Glücke durch die
erhabensten Gegenden. Nun l. Br. gehts nach dir zu. Den 19. od. 20. bin
ich bey dir, und so steht mir das liebste von der ganzen Reise noch vor.
Mache mir ein Bett zurechte daß ich allenfalls bey dir übernachte. Grüs
deine Frau und theile meine Freude.

                                                                    G.




                                 19.


Ich kann nicht weiter gehn ohne dir über eine Idee zu schreiben die mir
sehr am Herzen liegt. Du weißt wie wichtig in vielem Betracht diese
Reise dem Herzog gewesen ist, und wie gewiß eine neue Epoche seines und
unsers Lebens sich davon anfängt. Wenn wir nach Hause kommen, so lebt er
wieder in seinen Gärten und Gebüschen fort, dorthin an einen schönen
Plaz möcht ich ihm ein Monument dieser glücklich vollbrachten Reise
sezen, das ihm in guten Augenblicken eine fröhliche Erinnerung wäre. Es
sind auch Nebenabsichten dabey. Ueberall spielt man iezt mit Monumenten
und Urnen, deren leere Hälse und Bäuche ihm immer fatal gewesen sind. In
den kleinen Anlagen die er gemacht hat, steht noch gar nichts
dergleichen, dieses wär' das erste und wahrhafftig wahre, denn wir haben
unterwegs mancherley Anlaß gehabt, dem guten Glück einen Stein der
Dankbarkeit zu wiedmen, und das ^ex voto^ ist keine blose Phrase. Wir
haben bey uns einen Bildhauer, einen Mann von leichtem Begriff und
schneller Hand, der sich täglich durch das Studium der Natur und der
Antike bessert, dem es aber an Imagination fehlt, und der wenn man ihm
so was überläßt, wie andere seines gleichen in den neuen, leeren
^Decorations^ Gusto verfällt. Zu diesem Monument habe ich in meinem Kopf
allerley Gedanken und Bilder herum getrieben, und mir etwas, was ich
durch die Künstler die um mich sind, könnte zusammen posseln lassen
herbey gesucht, doch seh' ich zum Voraus, es wird eine Plakerei geben,
und am Ende doch was Schwaches und Halbes herauskommen. Immer, seitdem
mich der Gedanke beschäfftigt, habe ich gewünscht: du möchtest Füeßly
bereden können, daß er aus seinem ungeheuren Reichthum etwas zu diesem
guten Werke herüber gäbe! das ist der einzige Weeg, wenn alsdann unser
Bildhauer nicht ganz von Gott verlassen ist, daß wir etwas
auserordentliches und wills Gott vollkommenes kriegen können.

Mein erster Gedanke war so: Ich wollte dem Monument eine viereckigte
Form geben, etwas höher als breit, wie man in den alten Ueberbleibseln
dergleichen Steine mit einem eingekerbten Dach findet. Von drey Seiten
sollte iede eine einzelne bedeutende Figur, und die vierte eine
Innschrifft haben.

Zuförderst sollte das gute heilsame Glück stehen, durch das die
Schlachten gewonnen und die Schiffe regiert werden, günstigen Wind im
Naken, die launische Freundinn und Belohnerin kecker Unternehmungen mit
Steuerruder und Kranz; im Felde zur Rechten hatte ich mir den Genius,
den Antreiber, Wegmacher, Wegweiser, Fakelträger muthigen Schrittes
gedacht. In dem Felde zur Linken sollte ^Terminus^, der ruhige
Grenzbeschreiber, der bedächtige, mäsige Rathgeber stillstehend mit dem
Schlangenstabe einen Gränzstein bezeichnen -- Jener lebend rührig
vordringend, dieser ruhend sanft, in sich gekehrt, zwey Söhne einer
Mutter -- der ältere iener, der iüngere dieser. Das hinterste Feld hatte
die Innschrifft:

                              ^FORTUNAE
                             DUCI REDUCI
                               NATISQUE
                                GENIO
                                  ET
                               TERMINO
                              EX VOTO.^

Du siehst was ich für Ideen dadurch zusammenbinden wollte. Es sind keine
Geheimnisse noch tiefe Räthsel, aber sowohl auf dieser Reise als im
ganzen Leben sind wir diesen Gottheiten sehr zu Schuldnern geworden. Das
erstemal daß wir nach einer langen, nicht immer fröhlichen Zeit aus dem
Loche in die freye Welt kommen, zusammen den ersten bedeutenden Schritt
wagen, gleich mit dem schönsten Hauche des Glücks fortgetrieben zu
werden, in der späten Jahrszeit, alles mit günstiger Sonne und
Gestirnen. Den ganzen Weg den wir machen begleitet von einem guten
Geiste, der überall die Fackel vorträgt, hierhin ladet, dorthin treibt,
daß wenn ich zurücksehe wir, zu so manchem das unsere Reise ganz macht,
nicht durch unsere Wege und Wollen geleitet worden sind, und dann am
Ende, daß wir auch durch den schönen Glückssohn bedeutet wurden, wo wir
aufhören sollten, wo wir einen Gränzbogen beschreiben, und wieder
zurückkehren sollten, das wieder einen unglaublichen Einfluß auf unsere
Zurückgelassenen hat, und haben wird. Das alles zusammen giebt mir eine
Empfindung die ich nicht schöner zu ehren weis, als womit alle Zeiten
durch die Menschen Gott verehrt haben.

Im Beywesen und Verzierungen dacht' ich manches anzubringen was eine
Schweizerreise, deren bester Theil zu Fuß gemacht worden, bezeichnete.
Wanderstab mit Eisen beschlagen, und mit Gemshorn zum Knopf. Gott weiß
was weiter.

Meine Gedanken wollt ich einigen Künstlern mittheilen, sie hinüber,
herüber mit ihnen durchtreiben, und sehen ob ihnen einer vielleicht
einen bessern Körper gebe. Seitdem ich aber bey dir Fueßlis lezte Sachen
gesehen habe, kann ich dich nicht loslassen, du mußt versuchen ob du ihn
bewegen kannst eine Zeichnung dazu zu machen. Den Gedanken und Entzweck
weißt du, den sag ihm ganz rein und einfach, und da es ihm fatal seyn
muß, wenn ihm iemand was vorerfinden oder angeben will, so geb ich gern
meine Form des Ganzen, meine einzelnen Figuren, und die Innschrifft dazu
auf, wenn er sich des Dings annehmen will. Er wird gewiß die Idee
stärker, gröser, treffender und neuer ausdrücken. Du müßtest ihn bitten,
er mag nun bey meinem Vorschlag bleiben oder nicht, daß er eine
bestimmte Zeichnung von der Form des Ganzen mit den Masen gäbe; auch so
von den einzelnen Figuren, und sie auf eine Weise zeichnete daß sich
leicht ein Basrelief darnach arbeiten liese. Vielleicht sind ihm, der
alles mit Geist und Feuer durcheinander arbeitet, die einzeln stehenden
Figuren widrig, er bringe sie zusammen auf eins wenn er will, allenfalls
nehme er statt des Vierecks eine runde Form, doch das würde freilig
wieder bey der Ausführung in Stein mehrere Hindernisse geben. Noch muß
ich dir dabey sagen, daß wir einen auserordentlich schönen lichtgrauen
sanften Stein, der an den Marmor gränzt und keiner Witterung weicht, zu
dieser Arbeit haben. Du müßtest Fueßlien bitten, daß er selbst die Größe
vom ganzen Monument nach seinen Gedanken angäbe, daß man allenfalls, um
es etwas aus dem Auge zu rüken, auf einen Rasen gegen ein Felsstück
sezen könnte. Genug er denke sich das wie ers wolle so wird es gut sein,
und wir haben so viel und mancherley Stücke Steine vorräthig, daß wir
zum Zusammensezen des Ganzen nicht verlegen sein werden. Sieh, ob du
etwas über ihn vermagst, und ob du der frölichen Zeiten, die wir wieder
gelebt haben, immer gegenwärtiges Siegel dadurch auf unsere Wohnung
drucken kannst. Wenigstens hat er gewiß in seinem Leben manchen Strich
gemacht, der nicht so erkannt und ihm so gedankt worden ist, als wie das
so ich durch dich hoffe.

Welchen Preis er auch auf diese Arbeit sezen möge, ist völlig einerley.
Nun ist aber noch ein Hauptpunkt, nemlich die Geschwindigkeit. Ich
wünsche es diesen Winter fertig zu bringen, und auf das Frühjahr zum
ersten Willkomm mit den Blüthen und Blättern aufzustellen. Versuche
also, ich bitte dich, deine Wunderkräfte, um mir zu verschaffen was
nicht ein eitler Wunsch ist. Schaff daß er es macht, und schnell macht,
und kröne mir auch dieß Jahr und sein Glück mit diesem lezten Zeichen.

   Nov. 1779.

Ob Fueßli später die gewünschte Zeichnung noch machte, ist mir
unbekannt, aber daß wenigstens im Frühjahr 1780 zu Lavaters großem
Leidwesen, auf wiederholte Bitten, noch keine Antwort darüber von F. da
war, ist gewiß.

                                                            Anm. d. H.




                                 20.


                                             Weimar den 7. Febr. 1780.

Ich muß dir von dem was bisher vorgefallen Nachricht geben. Angekommen
ist, ausser deinem letzten ^Transp.^ von dem du schreibst wo bei der
Corregge ist, alles ganz glüklich. Der Hamilton zulezt, und zugleich
dein Paquet mit der Abschrift der Offenbahrung. Ich muß sagen ie mehr
ich die ersten Capitel lese, ie mehr gefallen sie mir, auch finden sie
bei iedermann Beifall. Nicht so ist es mit der zweiten Hälfte des Buchs.
Ich glaube aber auch zu finden, worinn mich andere bestärken, daß die
andre Hälfte des Buchs bei weitem nicht den Werth wie die erste hat. Ihr
habt, wie ich höre, eure Stimmen über Herders Buch ^viritim^ gesammelt
und ihm zugeschikt. Ich habe sie noch nicht zu sehen gekriegt.

Deine Albrecht Dürers, Martin Schön und Lukas von Leiden, die du von
Toggenburg und von Heideggern hast, sind alle schon recht schön von
ihren alten Papieren los gelößt und warten nur darauf bis der lezte
^Transport^ deines eignen ankommt um wieder in recht schöner Ordnung
aufgetragen zu werden. Ich hoffe du sollst an dieser Sammlung, wenn sie
fertig ist ein Vergnügen haben. Ich werde dir ieden Meister besonders
halten und von denen wo ichs wissen kann den Werth der Blätter und
Abdrüke bestimmen. Bei der Albrecht Dürerischen Sammlung will ich so
viele Blätter als mir Stüke fehlen frei lassen und die Nummern drauf
schreiben, daß du sie wenn du sie künftighin überkommst nur einkleben
darfst. Von den Martin Schöns und Lukas von Leiden kenn ich keinen
kompletten Catalogus kann es also damit nicht eben so machen. Einige
Blätter, die dem Herzog in seiner Sammlung fehlen, werd ich dir
zurükbehalten, dafür wirst du aber die er doppelt besizt und die ich
sonst für dich auftreiben kann bei den deinigen mit eingeheftet finden.
Das getuschte Portrait von dir, das in der Offenbahrung lag hab' ich
sogleich als wenn dus vor mich hineingelegt hättest angenommen. Es ist
wenn man sich erst mit der Trokenheit und Bestimmtheit verglichen hat,
wie mich dünkt, ein sehr gutes Bild.

Ich bitte dich mir auf das baldeste ein kleines producibles
Avertissement zu schreiben deine französische Phisiognomik betreffend,
so wohl, welchen Weeg du einschlägst das Buch dem Publiko nüzlich zu
machen, als auch vorzüglich wie viel man dafür bezahlen soll und wenn
man das Buch erhalten wird, was ich dir alsdann auf diese bestimmte
Anzeige für Subscribenten verschaffen kann will ich gern thun, denn
gegenwärtig scheut sich iedermann, sich in ein Werk einzulassen das so
weit wie dein teutsches Werk führen und so theuer zu stehen kommen
könnte.

                   *       *       *       *       *

Wenn wir einander etwas zu Gefallen thun können wollen wir's thun und
andre ungeplagt lassen.

Semlers ganzen Brief an dich mögt ich sehen.

Ich habe vierzehn Tage eine Art von Catharfieber gehabt und muß noch
iezo mit meiner Arbeit ganz sachte zugehen. Vergiß doch ia nicht mir die
Lotte kopieren zu lassen. Schmieds Bibel wirst du haben.

Die Cenci und zwei Gluks warten auf einen Fuhrmann.

Grüse deine Frau und deine Kleinen, Bäben und Pfenningern. Schreib mir
manchmal was du machst daß wir beisammen bleiben.

                                                                    G.

^NB.^

Einige meiner Freunde denen ich sagte du hättest dem Buche wollen
_Messiade Johannis_ zum Titel geben, haben ihn sehr schiklich gefunden,
sie sagen zwar auch mit mir dass der Seitenblik auf Klopstock einen
Augenblick anstose, es sey aber weil doch dieses Buch weit mehr als ein
anderes und in deiner Behandlung tausendmal mehr als Klopst. Gedicht den
Messias _vergöttre_, ein guter Gedanke dies Buch Messiade zu heissen,
und dadurch das Licht auf den Leuchter zu stecken. Thu was du meinst.
Ich habe oft für lauter Recht würklich unrecht.

                                                                    G.




                                 21.


                                              Weimar den 6. Merz 1780.

Es ist nun lieber Bruder alles nach und nach angekommen und ich vermisse
nichts als den schönen Hieronymus des Herzogs von Füeslien gekauft. Hast
du ihn etwa aus dem Rahmen gethan und unter die andern Kupfer gelegt?
Unter deinen sind vier Abdrücke von diesem Stück, doch keiner der mir so
schön däucht als die Erinnerung von ienem. Deine lezten Albrecht Dürers
sind endlich auch angekommen, sind beim Buchbinder der sie los weicht
und es soll nicht lange mehr währen so sind sie in Ordnung, doch hätt'
ich geglaubt du wärst reicher als du nicht bist. Ich will dir deswegen
gleich ein Verzeichnis der fehlenden schiken damit du von deiner Seite,
wie ich von der meinigen arbeiten kannst, sie zusammen zu schaffen. Denn
ich verehre täglich mehr die mit Gold und Silber nicht zu bezahlende
Arbeit des Menschen, der, wenn man ihn recht im Innersten erkennen lernt
an Wahrheit Erhabenheit und selbst Grazie nur die ersten Italiener zu
seinesgleichen hat. Dieses wollen wir nicht laut sagen. Lukas von Leyden
ist auch ein allerliebster Künstler.

An dem Bild der Madonna in Egypten das du geschikt hast ist alles
vortreflich wo die Spur der ersten Hand noch sichtbar ist. Und wenn es
nicht so viel von Ausbesserern übermahlt wäre sollt es ein unschäzbar
Bild seyn. Laß mir doch lieber Bruder einen Riß von eurer Dörrmaschine
machen und einen kleinen Aufsaz darüber fertigen.

Für die Skize von Füesly dank ich dir recht herzlich.

Heideggern magst du im Namen des Herzogs danken. Was soll des Menschen
Zuthulichkeit? Ich glaube es ist das gescheutste man läßt ihm einmal ein
paar hübsche Landschaften von Krause ausführen und schickt's ihm
dagegen.

Ich habe selbst eine schöne Sammlung von geistigen Handrissen, besonders
in Landschaften, auf meiner Rükreise zusammengebracht, passe doch ein
wenig auf, dir geht ia so viel durch die Hände, wenn du so ein Blat
findest, woraus die erste schnellste unmittelbarste Aeusserung des
Künstlergeistes gedrukt ist, so laß es ia nicht entwischen wenn du's um
leidliches Geld haben kannst. Mir macht's ein besonders Vergnügen. Deine
Offenbahrung findet überall vielen, und den rechten Beifall, wegen des
übrigen sei unbesorgt; dein Buch muß sein und bleiben was es ist. Meine
Grillen gehören nicht hierher, denn wenn mir auffällt daß durch den Text
so wohl als durch deine Arbeit die rasche Gesinnung Petri worüber
Malchus ein Ohr verlohr durchgehet, so hat das bei tausend und tausenden
nichts zu bedeuten. Ich will auch nicht behaupten daß mein Gefühl das
reinste ist, ich kann mich aber nicht überwinden den Inhalt des Buchs
für evangelisch zu halten. Jezt da es andre lesen und mir sagen wie es
ihnen vorkommt, seh ich erst recht die trefliche Art wie du es behandelt
hast und dein poetisches Verdienst bei der Sache ein. Schreib mir doch
wer der Rammont in Colmar ist der an Petern noch was zu fordern hat. Ich
habe endlich das Geld gekriegt und auf der Frankfurter Messe wird unser
Banquier auch die Schuld an Salis berichtigen, obgleich das was er von
Thomas Feurern zu fordern hat, das nicht ich sonder Lindaus Erben zu
bezahlen haben, zurückbleibt.

Halte künftighin meine Briefe hübsch in Ordnung und laß sie lieber
heften wie ich mit den Deinigen auch thun werde, denn die Zeit vergeht,
und das wenige was uns übrig bleibt wollen wir durch Ordnung
Bestimmtheit und Gewißheit in sich selbst vermehren. Daß du so geplagt
bist mit kleinen Geschäften ist nun einmal Schicksal. In der Jugend
traut man sich zu daß man den Menschen Palläste bauen könne, und wenn's
um und an kömmt so hat man alle Hände voll zu thun um ihren Mist
beiseite bringen zu können. Es gehört immer viel Resignation zu diesem
ekeln Geschäft, indessen muß es auch sein.

Steiner ist nicht zu uns gekommen, sondern wie ich höre in Dresden. Ich
habe die zwei Carolin an Herdern bezahlt der sie ihm übermachen wird.
Grüse Bäben, ich schreib und schike ihr bald. Grüse Frau und Kinder, und
was Kayser dir giebt schicke mir bald.

Adieu

                                                                    G.

Dein Br. vom 26. kommt noch vor Abgang dieses. Verdirb nichts an der
Apokalypse. Werke des Gedankens feilt und säubert man nie genug, aber
_so was_ verliert wenn du das weg nimmst was Auswuchs scheinen könnte.
Ich müßte zu weitläufig werden um etwas bestimmtes zu sagen, ich weis es
ia du verstehst mich. Es thut dein Werk den Menschen wohl und zeugt von
dir.

Daß du mit meinem Inri nichts gemeines hast versteht sich, ich dachte
nicht daß dus lesen würdest. Es sind so viel Stufen, Gruppen, Treppen
und Thürgen von deiner Giebelspize bis zu so einem Hauswinkelgen, die du
Gott sey Dank nie auch nur aus Neugierde heruntergehen kannst.

Adieu! Adieu!

Der Herzog hat sich die Haare abschneiden lassen, es ist eine ganz neue
Dekoration, ich will dir zum Spas die Silhouette schicken.

Des armen schlesischen Schaafs erbarme sich Gott und des Lügenpropheten
der Teufel.

                                                                    G.




                                 22.


Deine Briefe und Beylagen habe ich erhalten. Hier schicke ich dir einige
neue treffliche Bogen von Hamann. Ich weiß nicht ob dich die Sache
interessirt; auf alle Fälle wirds viel Vergnügen machen.

Deine Albrechts sind nunmehr schön geordnet, Bertuch hat sie aufgetragen
und numerirt. Auf der Leipziger Messe hat dir der Herzog noch einige
Kupfer von deinen fehlenden gekauft, worunter Marienbilder sind die dir
fast ganz abgehen.

Suche du übrigens durch das Treiben Jehu so viel du kannst von dieser
Sammlung zusammen zu bringen; wenn du sie auch schon hättest, so
schadets nichts, es ist vielleicht ein besserer Abdruck, und auf alle
Fälle kann man sie vertauschen. Denn das versichere ich dir, ie mehr man
sich damit abgiebt, und beym Handel auf Kopie und Original acht geben
muß, desto größere Ehrfurcht kriegt man für diesem Künstler. Er hat
nicht seines Gleichen.

Das Manuskript das beiliegt sind einzelne flüchtige Bemerkungen des
Statthalters von Dalberg. Schreib doch wenn du Muse hast, deine Gedanken
auf den Rand, und schick mirs wieder zurück. Ermuntere ihn und gieb ihm
einige Wincke, wo du es nöthig glaubst -- er ist sehr für die
Phisiognomick passionirt, kommt viel in der Welt herum, und kann, wie
mirs vorkommt, auch von seiner Seite dir einigermaßen nüzlich seyn. Er
wird das was er bey seinem Umgang mit der Welt zu bemerken glaubt, nach
und nach aufzeichnen.

Wenn ich an deiner Statt die lateinische Oration halten müßte, ich gäbe
mir nicht die Mühe die du dir giebst; ich machte den Entwurf dazu, lies
mir sie machen, und läs sie ab -- und hielts gar nicht geheim, denn am
Ende ists doch nur ein Talent, und ich sehe nicht ein wie man von mir
prätendiren könnte bey einer Feierlichkeit die pedantische Prätension
auszuhängen, und auf einem Instrument ^Solo^ zu spielen, das ich in
zwölf Jahren nicht in die Hand genommen hätte.

Von dem Herzog schick mir Abdrücke so viel du willst, das Kupfer ist nun
schon wieder etliche Schritte weiter vom Original in einen ganz fremden
Charackter hinein.

Halte doch ja das was du für den Herzog und mich auslegst in Ordnung.
Meine Auslagen für dich sind auch aufgeschrieben; Laß uns etwa Johanni
abrechnen, und auch so wieder ein neues Hembd anziehen.

Grüse deine Frau und Kinder, und wenn dein Knabe gelegentlich
schreibseliger wird, so laß mir ihn manchmal etwas von euerer
Haushaltung schreiben, wie's ihm vor die Feder kömmt.

An Bäben gieb Inliegendes, vielleicht erhält sie einen Brief mit der
reitenden Post noch eh'r als du dieses.

                                                                    G.

   Weimar den 1. May 1780.

Haben so viele _Krieger_ im _Kupfer_ in der linken Faust das Schwert,
mag wohl unser Engel den _Stern_ auf der rechten Brust haben.




                                 23.


Du bist immer braver als man denkt, weil du doch immer das Aeußerste
thust -- aber deßwegen noch kein Poet.

Laß mich bald hören daß du wieder wohl bist. Ein Geistlicher auf dem
Harz hat geweisagt daß ihr alle untergehn sollt vom Gotthart bis an den
Mayn.

Der Fürst v. Dessau der dir selbst sagen will, daß er dich liebt und
schäzt, ist auch einer von denen die sich jezo verwundern daß man sich
von dem falschen Propheten die Eingeweide konnte bewegen lassen. Alle
auf die der Kerl gewirkt hat, kommen mir vor wie vernünftige Menschen,
die einmal des Nachts vom Alp beschwert worden sind, und bey Tage sich
davon keine Rechenschafft zu geben wissen.

Vielleicht schick ich dir ehstens ein Portrait von dem Herzog Bernhardt
aus dem hiesigen Hause, um mirs von Lipsen stechen zu lassen. Wenn er
aber, wie du schreibst, balde verreist, so muß ich damit einen andern
Weeg nehmen. Ich scharre nach meiner Art Vorrath zu einer
Lebensgeschichte dieses als Helden und Herrschers wirklich sehr
merckwürdigen Mannes, der in seiner kurzen Laufbahn ein Liebling des
Schicksaals und der Menschen gewesen ist, zusammen und erwarte die Zeit
wo mirs vielleicht glüken wird ein Feuerwerk draus zu machen. Seine
Jahre fallen in den dreissigjährigen Krieg. Sein und seiner Brüder
Familien-Gemälde interessirt mich noch am meisten da ich ihren Urenkeln,
in denen so manche Züge leibhaftig wieder kommen, so nahe bin. Uebrigens
versuche ich allerley Beschwörungen und ^Hocus pocus^ um die Gestalten
gleichzeitiger Helden und Lumpen in Nachahmung der Hexe zu Endor
wenigstens bis an den Gürtel aus dem Grabe steigen zu lassen, und
allenfalls irgend einen König, der an Zeichen und Wunder glaubt, in's
Bockshorn zu jagen.

Das Kupfer nach Juel's[4] Bild ist sehr fatal. Nicht eben an der
Physiognomie, aber mir kommts vor, als wenn ein Geist hätte wollen eines
guten Freundes Gestalt anziehen, und hätte damit nicht zurecht kommen
können, und guckte einen aus bekannten Augen mit einem fremden Blick an,
so daß man zwischen Bekanntschaft und Fremdheit in einer unangenehmen
Bewegung hin und wieder gezogen wird.

[Fußnote 4: Juel war ein dänischer Maler, der sich um diese Zeit in der
Schweiz aufhielt. Der Name ist aber in der Handschrift nicht ganz
deutlich.]

Die apokalyptischen ^Vignetten^ sind sehr kleinlich gegen den grosen
Innhalt und deine grose Manier.

In weniger Zeit wird Herr v. Knebel der bey dem Prinzen Constantin ist,
und nun eine kleine Reise für sich macht, zu dir kommen; du wirst viel
Vergnügen in seinem Umgange haben, und begegne ihm wohl.

                                                                    G.

   Weimar d. 5. Juny 1780.




                                 24.


Mit Verlangen erwart' ich die Fortsezung deiner Briefe über Wasern. Biß
iezt sind nur die zwei ersten angekommen. Es geht mit dieser Sache, wie
mit allen wichtigen Begebenheiten, iedermann spricht davon und urtheilt
drüber und niemand ist davon unterrichtet. Lipsen erwarten wir. Du wirst
wohl thun mir etwas von dem Plane zu schreiben, den du mit ihm hast,
worauf er ausgeht und wohin er geht.

Mochels Urne hab' ich auch gelesen, oder vielmehr etlichemal hin und her
geblättert, denn durchzulesen war ich's nicht im Stande. Dein Lob ist
übertrieben. Wie kannst du sagen: Vortreflich geschrieben? da der
Verfasser weder Freiheit im Begriff noch im Stil hat, es sind Seiten wo
die Perioden so in einander geknüttet sind, dass man sie etliche mal
lesen muß um zu rathen, was er will. Ich will nicht sagen daß es
schlecht geschrieben, aber es ist doch so eng! und an den Hauptpunkten
sind ihm die Gedanken wie weggeschnitten. Die Armseeligkeit sieht, wie
einzelne Felsgen aus einem grossen See, hier aus der weitläuftigen Märte
von Stuben-Experimental-Psychologie heraus, daß man gar wohl schliessen
kann, auf was vor einem Grund und Boden das Gewässer ruht. Kaufmannen
hätte man noch weit treffender schildern können, und was von dir und
seinen übrigen Freunden gesagt ist läßt sich noch sehr halten, ich
wollte allenfalls den Spargel schon tiefer aus der Erde herausgehoben
haben, dieser Ehrenmann ist billig genug, ihn nur so weit er grün ist
und hervorgukt abzuschneiden.

Herder hat wieder einen Preiß in Berlin gewonnen, wie du wohl schon aus
den Zeitungen wissen wirst. Ich hab die Abhandlung noch nicht gelesen.
Es war zu gleicher Zeit in einem andern Fach einer aufgestellt den er
auch hätte gewinnen können wenn er nur gewollt hätte.

Wieland ist gegen dich sehr gut gesinnt. Er hat seine Launen und
bedenkt, sonderlich in Prosa, nicht immer alles was er schreibt. Ich
weis es zwar nicht, aber es ist möglich, daß dir zu Ohren gekommen ist,
er habe in einer und der andern Stelle dich zu necken geschienen, es ist
aber gewiß nichts als höchstens eine Art von humoristischem Leichtsinn,
der sich dieses und ienes ohne Consequenz erlaubt. Ich habe ihn geradezu
selbst drüber gefragt und er hat mich versichert daß er sich keiner als
guter Gesinnungen gegen dich bewußt sey.

Sein Oberon wird, so lang Poesie Poesie, Gold Gold und Crystall Crystall
bleiben wird, als ein Meisterstück poetischer Kunst geliebt und
bewundert werden.

Daß der alte Bodmer, der einen grosen Theil des zurückgelegten 18ten
Jahrhunderts durchgedichtet hat, ohne Dichter zu sein, über eine solche
Erscheinung wie der Schuhu über eine Fakel sich entsezt, will ich wohl
glauben. Der arme Alte, der sich bei seinem ewigen Geschreibe nicht
Einmal durch den Beifall des Publici hat anerkannt gesehen, was doch
weit geringern als ihm passirt ist, muß freilich bei allen solchen
Produktionen einen unüberwindlichen Ekel empfinden. Ob Oberon dir etwas
sein wird glaub ich nicht, davon ist aber auch die Rede nicht. Von
Hirzeln hab' ich den zweiten Theil seines philosophischen Weltweisen
nicht erhalten, sag ihm daß ich darüber betrübt bin, es ist aber eine
Lüge, denn es ist mir scheuslich, was dieser Mensch von sich giebt.[5]

Der Prophet der euch den Untergang drohet heißt _Ziehen_ war Pfarrer zu
Zellerfeldt auf dem Harz. Er ist vor kurzem gestorben. Die Erdbeben die
er vorausgesagt hat sind eingetroffen. Was ich noch von ihm gesehen habe
daraus scheint mir ein tiefes Gefühl, aber eine kurzsinnige, durch
ausgebreitete Belesenheit nicht aufgeheiterte Combinationsart
hervorzuscheinen. Er hängt alles an einander, und citirt die Bibel wie
die Evangelisten das alte Testament.

Grüs deine Frau und Kinder. Ich wünsche dir herzlich wieder ein
bleibendes Geschöpf mehr ins Haus, und ihr Gesundheit und guten Muth zur
Schwangerschafft.

[Fußnote 5: _Hans Caspar Hirzel_ + 1803, bekannt durch seine Schriften:
»Wirthschaft eines philosophischen Bauers (Kleinjogg)« und »Hirzel an
Gleim über Sulzer den Weltweisen.«]

Schicke die Zeichnung der Dörrmaschine. Einandermal laß uns akkordiren
eh wir bestellen. Ich dächte wir könnten das gelernt haben.

Grüs Bäben. Sie mag mir ia die Composition von Kaysern auf meine
Wassertropfen schicken. Laß dir Wasers Nachrichten angelegen seyn, auch
eine Silhouette von ihm. Knebeln gönnst du gewiß was du von Zeit
entübrigen kannst.

Wären wir nur um 100 Stunden näher. Schreibe mir oft daß man sich
lebendig bleibt.

Passe ia auf die Dürers auf.

Die Genci ist angekommen leider ein wenig verschoben, laß künftig die
Packer aufmerksamer seyn. Die Kupfer meist verwischt. Auch an den
Füslis. Wofür ich dir danke. Lebe aber und abermal wohl, und laß uns
einander stärken im Edlen, und erhalten im Licht, denn des lumpigen und
dämmrigen ist gar zu viel in der Welt.

   d. 3. Juli 80.

                                                                    G.

^NB.^ Ich bin Freimaurer geworden! Was sagt ihr dazu?




                                 25.


Mir ist herzlich lieb, daß du uns durch Kn. näher kommst. Gewiß ist, daß
an so einem kleinen Orte, wo eine Anzahl wunderbarer moralischer
Existenzen sich an einander reiben, eine Art von Gährung entstehen
müsse, die einen lieblich säuerlichen Geruch hat, nur gehts uns manchmal
wie einem der den Sauerteig selbst essen sollte. Es ist eine böse Kost.
Aber wenn es in kleiner Portion zu anderem Maal gebracht wird, gar
schmackhaft und heilsam.

Daß du Freude an meiner Iphigenie gehabt hast, ist mir ein
außerordentlich Geschenk. Da wir mit unsern Existenzen so nah stehen,
und mit unsern Gedanken und Imaginationen so weit aus einander gehn, und
wie zwey Schützen, die mit dem Rücken an einander lehnend, nach ganz
verschiedenen Zielen schießen; so erlaub ich mir niemals den Wunsch, daß
meine Sachen dir etwas werden könnten. Ich freue mich deswegen recht
herzlich, daß ich auch mit diesem wieder ans Herz gekommen bin.

Adieu. Die Dürers schick ich gleich wenn die, die du dazu schicken
willst, einrangirt sind. Du hast recht ich treibe die Sachen, als wenn
wir ewig auf Erden leben sollten.

Knebeln inliegendes.

Ich bin neugierig, ob du an der Apokalypse nichts verdorben hast. Mir
ists neulich so gegangen, daß ich habe aus einem Stück ein Duzzend Verse
heraus korrigirt, die ich, da es der Herzog zu sehen kriegte, wieder
restituiren mußte.

Grüse Bäben. Schicke von Wasern bald. Adieu Bester. Der Herzog grüßt.

   d. 24. Jul. 80.

                                                                    G.

Wir werden zwar in unserm Leben keine grosse Phisiognomen werden, doch
thust du wohl, wenn du uns auch etwas mittheilest. Bei Gelegenheit von
Wielands Oberon brauchst du das Wort _Talent_ als wenn es der Gegensatz
von Genie wäre, wo nicht gar, doch wenigstens etwas sehr subordinirtes;
wir sollten aber bedenken, daß das eigentliche Talent nichts sein kann
als die Sprache des Genies. Ich will nicht schikaniren, denn ich weiß
wohl, was du im Durchschnitt damit sagen willst, und zupfe dich nur beym
Ermel. Denn wir sind oft gar zu freigebig mit allgemeinen Worten, und
schneiden, wenn wir ein Buch gelesen haben, das uns von Seite zu Seite
Freude gemacht, und aller Ehren werth vorgekommen ist, endlich gern mit
der Scheere so grade durch, wie durch einen weisen Bogen Papier. Denn
wenn ich ein solches Werk auch bloß als ein Schnitzbildgen ansehe, so
wird doch der feinsten Scheere unmöglich, alle kleinen Formenzüge und
Linien, worinn der Werth liegt, heraus zu sondern. Es ist nachher noch
eins, was man nicht leicht an so einem Werke schäzt, weil es so selten
ist; daß nemlich der Autor nichts hat machen wollen und gemacht hat als
was eben da steht. Für das Gefühl, die Kunst und Feinheit so vieles
wegzulassen gebührt ihm freilich der größte Dank, den ihm aber auch nur
der Künstler und Mitgenosse giebt.

Was deine dickhirnschaaligen Wissenschaftsgenossen in Zürich betrift und
was sie von Menschen die unter einem anderen Himmel gebohren sind,
reden, bitt ich dich, ia nicht zu achten. Die größten Menschen die ich
gekannt habe, und die Himmel und Erde vor ihrem Blick frei hatten, waren
demüthig und wußten, was sie Stufenweis zu schäzen hatten. Solches
Kandidaten und Klostergesindel ziert allein der Hochmuth. Man lasse sie
in der Schellenkappe ihres Eigendünkels sich ein wechselseitiges Conzert
vorrasseln. Unter dem republikanischen Druck und in der Atmosphäre
durchschmauchter Wochenschriften und gelehrter Zeitungen würde ieder
vernünftiger Mensch auf der Stelle toll. Nur die Einbildung,
Beschränkung und Albernheit erhält solche Menschen gesund und behaglich.

                                                                    G.

Sage Kaysern, daß ich indeß auf 12 Exemplare subscribire. Grüse B.




                                 26.


                                            Weimar den 8. August 1780.

Die Kiste ist wirklich angekommen, und ich finde den Riß sehr schön und
gut. Er ist just nicht wohlfeil, aber der Preis ist so ungeheuer nicht,
wie du ihn machst. Deswegen wirst du künftig hin so gut sein und immer
gleich schreiben, was eine Sache kostet, damit man nicht inzwischen
denke es gelte Haut und Haar. Nun aber bitte ich dich, denn es fehlt
noch die Hauptsache, der Proceß wie es gemacht wird, wie viel Zeit man
braucht, wie viel Leute dabey angestellt sind u. s. w.

Mit grosem Verlangen sehe ich dem Waserischen Ende entgegen, nimm dich
zusammen so bald möglich, und schick mirs.

Unter den neuen Kupfern die du geschickt hast waren vier bis fünf
Albrecht Dürers die du noch nicht besasest, und einige bessere Abdrücke,
ich hab sie schon eingeordnet, und du erhältst sie nächstens. Der
Holzschnitte sind noch zu wenig. Unterdeß habe ich auch von Martin Schön
und Luckas von Leiden sehr gute Sachen die dein gehören, diese sollen
nach und nach auch zierlich zusammengebracht werden, und folgen.

Ferner schicke ich dir mit der fahrenden Post das Manuskript das der
alte Bodmer verlangt hat; der Herzog hat sich dafür bey dem Herzog von
Gotha verbürgt, und es kommt ihm hauptsächlich darauf an daß du eine
Sicherheit zu erhalten suchst, das Buch wenn der Alte stirbt ohne
Umstände aus dem Nachlasse heraus nehmen zu können. Ueberleg es, und
händige es ihm nicht anders als gegen einen Schein aus.

Knebeln ist es im Ursern Thale ganz wohl geworden, ich glaube er blieb
drey Tage drinn.

Mit dem zweyten Portrait des Herzogs ist es wieder ein Unglück; man
verkauft doch sonst die grosen Herrn in den schändlichsten Karikaturen.
Das Unglück bey diesem ist aber, daß es mit Geist in eine ganz fremdes
Wesen übergetragen ist. Die ganze Welt wünscht nichts mehr als ein Bild
vom Herrn, und wenn ich diese iemand anbiete, so ist als wenn sie Brod
verlangten, und ich gäb Ihnen einen Stein.

Schreibe mir was vom Befinden deiner Frau. Adieu Lieber!

                                                                    G.




                                 27.


                                     Ostheim vor d. Rhön, August 1780.

Erst heute erhalte ich deine Briefe vom 2ten und 9ten dieses Monats, wir
sind in einigen entfernten Aemtern gewesen des Fürstenthums Isenach, und
sahen verschiedene neue, gute und nüzliche Veranstaltungen in der Nähe,
die seit vergangenem Frühjahr im Werck sind.

Das Tagewerck das mir aufgetragen ist, das mir täglich leichter und
schwerer wird, erfordert wachend und träumend meine Gegenwart, diese
Pflicht wird mir täglich theurer, und darinn wünscht ich's den größten
Menschen gleich zu thun, und in nichts _größerm_. Diese Begierde, die
Pyramide meines Daseyns, deren Basis mir angegeben und gegründet ist, so
hoch als möglich in die Luft zu spizzen, überwigt alles andere, und läßt
kaum augenblickliches Vergessen zu. Ich darf mich nicht säumen, ich bin
schon weit in den Jahren vor, und vielleicht bricht mich das Schicksaal
in der Mitte, und der Babylonische Thurm bleibt stumpf unvollendet.
Wenigstens soll man sagen es war kühn entworfen, und wenn ich lebe,
sollen wills Gott die Kräffte bis hinauf reichen.

Auch thut der Talismann einer schönen Liebe womit die St. mein Leben
würzt sehr viel. Sie hat meine Mutter, Schwester, und Geliebten nach und
nach geerbt, und es hat sich ein Band geflochten wie die Bande der Natur
sind.

Adieu Liebster, bleibe mir nah im Geist. Mit den Dürers die langsam
gehen, kommen Blumen und Kräuterbüschel die ich am Weg sammle. Laß sie
nur wenige sehen, und nur keinen prätendirenden Schriftsteller, die
Buben haben mich von ieher _aus_ und _nach_geschrieben, und meine Manier
vor dem Publiko lächerlich und stinckend gemacht.

Schicke mir was dich däucht.

Auf deine Offenbarung wart ich, deine Veränderungen sollen mir
Unterhaltung mit dir und ein Studium ächter Kritik seyn.

Herder fährt fort sich und andern das Leben sauer zu machen.

Der Herzog ist sehr gut und brav. Wenn ich nur noch einigen Raum für ihn
von den Göttern erhalten kann. Die Fesseln an denen uns die Geister
führen, liegen ihm an einigen Gliedern gar zu enge an, da er an andern
die schönste Freiheit hat.

Seitdem ich keine Phisiognomische Prätension mehr mache, wird mein Sinn
sehr scharf und lieblich, ich weiß fast in der ersten Minute wie ich mit
den Leuten dran bin.

Im Phisiognomischen sind mir einige Hauptpunkte deutlich geworden, die
dir wohl längst nichts neues sind, mir aber von Wichtigkeit wegen der
Folgen.

Hab ich dir das Wort

                     ^Individuum est ineffabile^

Woraus ich eine Welt ableite, schon geschrieben?

Wegen des Bodm. Manuscripts ist es gut. Grüße B. und deine Frau.

                                                                    G.




                                 28.


Bestelle beyliegenden Brief an Knebeln sorgfältig, es ist Geldswerth
drinn. Ich bin dir immer nah und mir ists wohler daß du uns näher und
näher geworden bist.

Brankoni ist so artig gewesen und ist auf ihrem Rückweg über Weimar
gegangen. Ich habe sie anderthalb Tage bewirthet, und herum geführt, u.
s. w. Sie ist liebenswürdig wie immer, und grüßt dich herzlich.

Wie ist die Gesundheit deiner Frau? Leb wohl und schreib mir bald, es
sey was es wolle. Grüs alles. Adieu lieber Mensch!

   W. an meinem 31. Geburtstag,
   den 25. Aug. 80.

                                                                    G.




                                 29.


Deine Schrift über Wasern ist nunmehro ganz bey mir angekommen, und ich
danke dir in meinem und in vieler Menschen Namen daß du dir diese Mühe
geben wollen. Es ist ein Meisterstück von Geschichte und ich darf dir
wohl sagen, daß du, als Mensch, Bürger und Schriftsteller mich mehr
dabey interessirt hast, als der Held selbst. Ich meine noch nie soviel
Wahrheit der Handlung, solchen psychologischen und politischen Gang ohne
Abstraktion beysammen gesehen zu haben; und eins von den größten
Kunststücken, das dich aber die Natur und der Ernst bey der Sache
gelehrt hat, ist iene anscheinende Unparteylichkeit, die sogar widrige
Fakta mit der größten Naiveté erzählt, iedem seine Meinung und sein
Urteil frey zu lassen scheint, da sich doch am Ende jeder gezwungen
fühlt, der Meinung des Erzählers zu seyn. Du hast in allem Sinne sehr
wohl gethan in dieser Sache auch ein Wort mit zu reden, es ist ein schön
Monument für die Nachkommenschaft und dein Vaterland hat dafür Dank zu
sagen. Was das große Publikum betrift, so hätte es um dessentwillen
weniger bedurft, alle honnette Leute, die außerordentlich _für_ Wasern
portirt sind, haben gleich _kreuzige!_ geschrien, so bald ich ihnen
versicherte, er habe noch neben her _gestohlen_ und _falsche
Obligationen_ gemacht, auf dieses hat man ihn ohne weiters dem Henker
übergeben und die Herren von Zürich völlig _entschuldiget_ und so thu'
ich deinen Willen indem ich den Besten das Manuscript vorlese, und den
andern einen Auszug erzähle, der nach ihrem Sinne ist. Ueber den
Menschen selbst ist nichts zu sagen. Ich wenigstens habe mit der
Beschreibung davon genug, und ergötze mich am Anschauen desselben wie an
der Beschreibung und Abbildung eines andern Meerwunders ohne ihn
klassifiziren oder drüber pragmatisiren zu wollen. Schlözer spielt eine
scheußliche Figur im Roman, und ich erlaube mir eine herzliche
Schadenfreude, weil doch sein ganzer Briefwechsel die Unternehmung eines
schlechten Menschen ist.

Ich danke dir für den Thomas Morus, er ist ganz vortrefflich gezeichnet.
Wollte Gott Lips hätte bey seinem schönen Talent auch einen solchen Sinn
an der Natur. Meine Iphigenie mag ich nicht gern, wie sie jezo ist,
mehrmals abschreiben lassen, und unter die Leute geben, weil ich
beschäftigt bin, ihr noch mehr Harmonie im Stil zu verschaffen und also
hier und da dran ändere. Sei so gut und sag das denenienigen zur
Entschuldigung, die eine Abschrift davon verlangten. Ich habe es schon
öfters abgeschlagen.

Lebe wohl lieber Mensch und fahre fort mit uns zu leben. Knebel ist
angekommen, und hat dich wieder recht lebhaft zu uns gebracht. Adieu.
Schreib mir auch einmahl wieder einen ausführlichen Brief.

   d. 13. Oktbr. 80.

                                                                    G.

Eben erhalt ich deinen Brief vom 30. 7br. Für die Schöne und dich ist
mir's leid daß ihr euch nicht gesehen habt. Es ist eine schöne Sache ums
sehn. Wollte Gott ich wäre dir die Hälfte näher und könnte alle Jahr
dich einmal acht Tage haben.

Daß du über mich _glauben_ magst ohne zu sehn ist mir sehr lieb. Du
wirst auch wenig sehn. Gewiß auch hast du recht daß der Gedanke im
Menschen das Beste ist von dem Capital, das er doch hat und wie mit
wuchern möchte, um es aufs tausendfältige zu treiben, es entstehe draus
Gewinnst oder Verlust.

Den guten Lands und Hausvater würdest du _näher_, _mehr_ bedauern. Was
da auszustehen ist spricht keine Zunge aus. _Herrschaft_ wird niemand
angebohren, und der sie ererbte, muß sie so bitter gewinnen als der
Eroberer, wenn er sie haben will, und bitterer.

Es versteht dieß kein Mensch der seinen Würkungskreis aus sich
geschaffen und ausgetrieben hat.

Danke für die SilhouettenAuslegung, hier ist wieder eine. Du thust mir
eine Wohlthat, ich schicke dir wenn du mir antwortest manchmal solch ein
Gesicht. Ich hab ohne Bestimmtheit unendlich ähnlich Gefühl zu dem
deinen.




                                 30.


Auch wieder lieber Bruder einige Worte nach dem A. B. C.

a) Die Kupfer die noch hier sind, wäre mir lieb wenn du sie dem Herzog
überliesest, er sammlet iezt und hat schöne Freude und Sinn dran. Für
dich sind unter der ganzen Menge höchstens ein halb Duzzend Lukas von
Leyden schäzbaar. Dagegen will ich dir die Albrecht Dürer was mir in die
Hände kommt ausantworten.

b) Gott seegne dich für deine Freude an meiner Künsteley. Ich kanns
nicht lassen ich muß immer bildeln.

c) Deine Waserische Geschichte gehört eben recht dir, weil sie so aus
Noth dem innersten entrissen ist.

d) Lies doch wo du Zeit findest das Diarium der Revolution in Neapel
durch Masaniello; wenn du es noch nicht kennst. Dir gewiß wie mir
unschäzbar.

e) Das von Herdern kenn ich nicht.

f) Hast du denn selbst eine Iphigenie?

g) Laß mir wo möglich durch Bäben ein näher Wort sagen wie dir ist. L.
Br. laß uns immer näher zusammenrücken. Die Zeit kommt doch bald wo wir
zerstreut werden, in die Elemente zurückkehren aus denen wir genommen
sind.

h) Täglich wächst der Herzog und ist mein bester Trost.

i) Was thust du für _Gera_? Du Treiber.

k) Ich sammle neuerdings zur Mineralogie, will mir dein Bruder Docktor
etwas von seinem Ueberfluß zukommen lassen, so macht mirs viel
Vergnügen. Kannst du mir sonst so was ohne viel Umstände verschaffen, so
thus. Es müßte wohl eingepackt nach Frankfurt an meine Mutter mit einem
_Fuhrmann_ geschickt werden, daß das Porto nicht so hoch käme.

l) Dank für die Worte über die Silhouette. Es ist eine edle Seele und
liebt dich wie man lieben kann. Schick mir doch dein Bild für sie, ich
hab ihr meins geborgt.

m) Grüße Frau und Kinder und alles.

n) Schreib mir immer es sey was es wolle.

o) Gieb meine Sachen der Bäben, die weiß womit hin.

                                                                Adieu!
                                                             _Goethe_.

   d. 3. Nov. 80.




                                 31.


                                1781.

Du hast deinen Husten wieder? wie gehts --

Ich bin auch zeither kranck, meist ohne es zu sagen, daß niemand frage,
und der Credit aufrecht bleibe. Ich halt es offt mit den Zähnen wenn die
Hände versagen. Sonst geht alles recht gut, die Herzoginn giebt uns
Hoffnung zu einem Prinzen, der Herzog wächst schnell, und ist sich sehr
treu.

Ich lade fast zu viel auf mich, und wieder kan ich nicht anders.
Staatssachen sollte der Mensch der drein versezt ist sich ganz wiedmen,
und ich möchte doch so viel anders auch nicht fallen lassen.

                                                         Den 19. Febr.

Soweit war ich als dein Brief kam. Du hast den C. gesehen laß mir doch
durch Bäben wenigstens etwas ausführliches sagen, es ist dächt ich der
Mühe werth.

Die lezten Tage der vorigen Woche habe ich im Dienste der Eitelkeit
zugebracht. Man übertäubt mit Maskeraden und glänzenden Erfindungen offt
eigne und fremde Noth. Ich tracktire diese Sachen als Künstler und so
gehts noch. Reime, bey dieser Gelegenheit gemacht, schickt dir
vielleicht Kayser. Wie du die Feste der Gottseligkeit ausschmückst, so
schmück ich die Aufzüge der Thorheit.

Kayser läßt sich gut an, ich hoffe sein Leben hier soll ihn
geschmeidiger machen. Er hat Gelegenheit in seiner Kunst manches zu
sehen und zu hören.

Uebrigens wollte Gott daß wir nicht so weit auseinander wären! Adieu
lieber Bruder antworte mir bald. Grüse Frau und Kinder und Pfenningern.
Bäben schreib und schick ich nächstens, sie soll mir meine Sachen wieder
schicken, es sind die einzigen Abschriften.

                                                                    G.




                                 32.


                                                    Den 18. März 1781.

Die Stille von Sonntagsfrüh will ich benutzen um mich mit dir mein
Lieber zu unterhalten.

Was du mir in dem Brutus schenktest hast du wohl gewußt. Ich danke dir
tausendmal. In der Mäßigkeit und Mittelmäßigkeit des Lebens tritt eine
solche Erscheinung ungeheuer würkend auf. Wir legens aus, daß es der
Moment sey wo er den Geist sieht. Ist's so gemeynt? Deine Auslage ersez
ich mit Freuden.

Auf die überschickten Gemählde wart ich mit Schmerzen, das Grose ist so
selten. Halten wir die Trümmer der Statuen so wehrt, klauben wir sie aus
dem Greuel der Verwüstung und der Restauration so ängstlich hervor,
warum nicht Gemählde.

Es ist mir leid daß dir in meinem didacktischen Briefe etwas mißfallen
hat. Ich habe die Art wenn eine Sache auseinander zu sezzen ist grade
mit dem Schwerdt drein zu gehn, es offt zu scharf, und nicht immer fein
genug zu nehmen. Zu diesem Fehler bekenn ich mich im allgemeinen, ziehe
auch in diesem Falle das ab, und zweifle nicht an meinem Glauben an
_dich Ganzen_.

Du machst mir wohl da du sagst daß du gesund seyst. Erhalt uns Gott
lange auf dieser schönen Welt, und in Kraft ihr zu dienen und sie zu
nutzen. Mit mir stehts auch gut. Besonders innerlich. In weltlichen
Dingen erwerb ich täglich mehr Gewandtheit, und vom Geiste fallen mir
täglich Schuppen und Nebel daß ich denke er müßte zulezt ganz nackend
dastehn, und doch bleiben ihm noch Hüllen genug.

Die Mannssilhouette will mir verständig, wohl einsehend, fest, fein, und
kältlich scheinen. Sag mir mehr und recktifizire, fern von dir und
deinem Einfluß lern ich täglich zurück.

Calliostro ist immer ein merkwürdiger Mensch. Und doch Stock Narr mit
Kraft, und Lump so nah verwandt. Ich darf nichts drüber fragen. Ich bin
über diesen Fleck unbeweglich. Doch lassen solche Menschen Seiten der
Menschheit sehen, die im gemeinen Gange unbemerkt blieben.

Daß du meiner mit Br. im Guten gedacht hast erfreut mich. Das gewisse
Andenken guter Menschen hat einen grösern Einfluß auf unser Leben,
Charackter und Schicksaal als man sonst den Sternen zuschreibt.

Ueber Peter im Baumgarten ein besonderes Blätgen das du an Tscharner
schicken kannst.

Hast du des alten Königs Schrift über die D. Litteratur gelesen und was
sagst du dazu? Lessings Tod hat mich sehr zurückgesezt, ich hatte viel
Freude an ihm, und viel Hoffnung auf ihn.

Nun weis ich bald nichts mehr.

Kayser ist recht gut hier, er hört und sieht viel Musick und Menschen.
Ich habe Absichten mit ihm, davon mehr wenn sie reifer sind.

Grüs Bäben! Ihr bin ich lange einen Brief schuldig. Leb wohl. Grüs Frau
und Kinder und sage mir etwas von ihnen.

Nun fang ich wieder an zu leben da um mich herum alle Knospen sich zu
regen anfangen. Adieu. Nochmals Dank für den Brutus.

                                                                    G.




                                 33.


Zum Morgengruß erhalt ich deinen Brief vom 31. März.

In dem Buche ^des Erreurs et de la vérité^ das ich angefangen habe,
welche Wahrheit! und welcher Irrthum! Die tiefsten Geheimnisse der
wahrsten Menschheit mit Strohseilen des Wahns und der Beschränktheit
zusamen gehängt.

In der Silhouette hätt ich so viel _innerliches_ nicht gesucht, mehr
_sinnliches_.

Wenn ich vom alten König höre ist mirs als wenn mich _der Prediger_ auf
einen hohen Berg führte, und mich dort einen Trauerblick auf die
Menschen und ihre Herrlichkeit thun hiese. Dem Kayser gönne ich allen
Seegen. Gieb acht! gieb acht! sein Kopf steht gut. Irr ich nicht sehr,
so fehlts am Herzen, das zum grosen Menschen, zur That wie zur Kraft,
unentbehrlich ist, und durch Vernunft nicht zu ersezzen ist.

Die nächsten Wochen des Frühlings sind mir sehr geseegnet, ieden Morgen
empfängt mich eine neue Blume und Knospe. Die stille, reine, immer
wiederkehrende Leidenlose Vegetation tröstet mich oft über der Menschen
Noth, ihre moralischen noch mehr phisischen Uebel.

Hast du bey deiner Reise durch Colmar auf einen jungen Grafen
Wartensleben geachtet, seine Mutter schrieb dir einmal über ihn? Sag mir
etwas was du dich von ihm erinnerst.

Die Gemählde erwart ich also stündlich von Leipzig und freue mich sehr
darauf. Grüß Frau und Kinder.

   den 9. Apr. 81.

                                                                    G.




                                 34.


Wenn ich ein Quartblat von dir sehe, ergözze ich mich iederzeit, Dank
für deine beyden Briefe.

Ueber die Gemählde möcht ich wohl gegenwärtig mit dir sprechen wie über
vieles! Warum sind wir so ferne.

Daß dir meine Büste lieb war macht mir grose Freude um meinet und des
Künstlers willen. Der Herzog schickt sie dir, wie auch den crayonirten
Kopf -- sag ihm etwas über Beydes.

Ja lieber Bruder du könntest mich schon von manchem fliegenden Fieber
des Grimms reinigen, was könnte nicht die _Liebe des Alls_ wenn es
lieben kann wie _wir_ lieben. In mir reinigt sichs unendlich, und doch
gesteh ich gerne, Gott und Satan, Höll' und Himmel, die du so schön
bezeichnest, in mir Einem. Oder vielmehr, mein lieber, mögt ich das
Element woraus des Menschen Seele gebildet ist, und worin sie lebt, ein
_Feegfeuer_ nennen, worinn alle höllischen und himmlischen Kräfte
durcheinander gehn und würcken.

Ueber Woldemars Kreuzerhöhungsgeschichte kann ich dir nichts sagen, das
_Facktum_ ist wahr. Eigentlich ists eine verlegene und verjährte
Geschichte, eine Albernheit, die du am besten ignorirst. Wenn ich Papier
und Zeit verderben möchte, so könnt ich dir wohl das nähere sagen, es
ist aber nicht der Mühe werth. Sehn wir uns wieder und es fällt dir ein,
so frage. Da du mich kennst, solltest du dir's in _Ahndung_ erklären
können. Der leichtsinnig trunkne Grimm, die muthwillige Herbigkeit, die
das _halb gute_ verfolgen, und besonders gegen den Geruch von
_Prätension_ wüthen, sind dir in mir zu wohl bekannt. Und die nicht
schonenden launigen Momente voriger Zeiten weist du auch.

Viel von diesem allem wird verschlungen in thätiger Liebe. Vielleicht
von den ^Erreurs de la vérité^ ein andermal mehr. Möchtest du mir auch
von deinem innern etwas entdecken!

Tobler ist gar lieb, ich kann offen gegen ihn seyn. Knebel hat ihm
Quartier gegeben. Es wird dir auch wohl thun durch ihn von uns zu hören.
Er erinnert mich in Momenten recht lebhafft an dich. Besonders wenn er
munter und scherzhaft wird.

Ists wahr, was ich in den Zeitungen lese, daß der Abbt Raynal den drey
ersten Eidgenossen auf der Imgrütlins Wiese ein Monument will aufrichten
lassen? Der 30. Fus hohe Obelisk wird sich armselig ausnehmen zwischen
der ungeheuren Natur. Was sich der Mensch doch mit seiner Nadelspizze
von Marmor einbildet, ich hoffe es soll nicht zu Stande kommen. Ihr
Monument ist eure Constitution.

Adieu liebster der Menschen. Spreche manchmal einen Seegen auf meine
Büste, daß ich auch das geniese. Schreibe mir viel, und stihl dir eine
Viertelstunde für mich. Ich heise Legion, du thust vielen wohl wenn du
mir wohl thust.

   den 7. May 1781.

                                                                    G.




                                 35.


Ehe ich auf einige Zeit von hier weggehe, muß ich dir noch einmahl
schreiben. Zuförderst danke ich dir, du Menschlichster, für deine
gedruckten Briefe. Es ist natürlich daß sie das Beste von allen deinen
Schrifften seyn müssen. Wie du vorausgesehen hast, nehmen dir viele, und
auch gute Menschen, diesen Schritt übel, doch du weist am besten was du
thun kannst, und fühlst wohl daß dir erlaubt ist was keinem. Das
Menschliche und dein Betragen gegen Menschen darinnen ist höchst
liebenswürdig, und mich macht es recht glücklich, daß ich keine Zeile
anders lese als du sie geschrieben hast, daß ich den inneren
Zusammenhang der manichfaltigen Aeuserungen erkenne. Denn für den
eigentlichen Menschenverstand, was man gewöhnlich so nennet, und worauf
eine gewisse Gattung von Köpfen die andere modelt, ist und bleibt auch
hierinn wie in allen deinen Sachen, manches unverständlich. Selbst
deinen Christus hab ich noch niemals so gern als in diesen Briefen
angesehen und bewundert. Dein 122. Brief über dich selbst ist
vortrefflich, und du verfehlst deines Endzweckes nicht, dich durch diese
Aeuserungen deinen Freunden und Liebsten immer näher zu bringen, vor
ihnen immer wahrer und ganzer zu erscheinen.

Deine Poesien, davon mir Reich ein Ex. verehrt hat, sind auch mir als
Aufschluß deines Innersten, und als Bild deines äusern Lebens sehr
willkommen. Mit gutem Vorbedacht hast du sie deinen Freunden gewidmet,
denn sie schließen sich so an deine Individualität an, daß niemand der
dich nicht liebt, und nicht kennt, eigentlich was damit zu machen weiß.

Unser Bildhauer hat eine vortreffliche Büste von Herder gemacht, davon
dir auch ein Abguß zugeschickt werden soll. Du wirst, auch ohne ihn zu
kennen, an ihrer wahren Unwahrheit wieder deine grose Freude haben.

Was die geheimen Künste des Caliostro betrifft, bin ich sehr mistrauisch
gegen alte Geschichten. Glaube mir, unsere moralische und politische
Welt ist mit unterirdischen Gängen, Kellern und Cloacken miniret wie
eine grose Stadt zu seyn pflegt, an deren Zusammenhang, und ihrer
Bewohnenden Verhältnisse wohl niemand denckt und sinnt, nur wird es dem,
der davon einige Kundschafft hat, viel begreiflicher, wenn da einmal der
Erdboden einstürzt, dort einmal ein Rauch aufgeht aus einer Schlucht,
und hier wunderbare Stimmen gehört werden.

Ich habe der Schultheß den Anfang eines neuen Dramas geschickt, lies es
auch wenn du Zeit findest, und zeigt mir es sonst niemand. Tobler wird
dir geschrieben haben seitdem er von uns weg ist, wir haben ihn gar lieb
gewonnen, und es ist ihm bey uns so wohl gewesen, als unter seinen
Umständen möglich war.

Grüse deine Frau, und gedenckt meiner am braunen Tische. Grüse auch
Pfenninger und die Orells.

Schließlich bitte ich dich fortzufahren, mir mit deinem Geiste und
deiner Art wohl zu thun und nüzlich zu seyn, und mir, wenn du etwas
über, vor, oder wider mich weist, es nicht zu verheelen, sondern wie
bisher, und wo möglich noch mehr, eine gute und lebendige Wirckung unter
uns zu erhalten.

   Weimar den 22. Juny
   1784.

                                                                    G.




                                 36.


Arbeiten und Zerstreuungen haben mich abgehalten dir früher für deinen
Brief zu danken.

Ich bin geneigter als iemand noch eine Welt außer der sichtbaren zu
glauben und ich habe Dichtungs- und Lebenskraft genug, sogar mein
eigenes beschränktes Selbst zu einem Schwedenborgischen Geisteruniversum
erweitert zu fühlen. Alsdann mag ich aber gern, daß das alberne und
eckelhafte menschlicher Exkremente durch eine feine Gährung abgesondert
und der reinlichste Zustand in den wir versezt werden können, empfunden
werde.

Das mir überschickte Portrait gefällt mir ausnehmend wohl, und zeigt von
einem männlichen Mahler. Es ist wohlgesehen und wohl angelegt, Schade
daß er nicht Zeit gehabt hat es weiter auszuführen. Der Charackter
scheint mir sprechend und die Stellung gut gemahlt zu seyn. Nur hat es
mich wundern müßen, daß einige unbefangene Personen, und besonders ein
Kind, das sehr wohl organisirt, und in allen seinen Urtheilen über
sinnliche Dinge höchst zuverläßig ist, es nicht erkannt haben. Ich
machte darüber meine Betrachtungen, besonders da der Knabe auf einige
verwandte Gesichter rieth, und ich glaube es liegt vorzüglich in der
Farbe und in der mehreren Männlichkeit und Stärke der Züge die das
Original freilich nicht hat. Genug es gefällt mir so wohl, daß ich es
für mich behalten werde und danke dir also auf das Beste dafür.

Knebel ist hier weg und wird sich diesen Winter bey den Seinigen
aufhalten. Er ist die Ursache daß Tobler so lange gezögert hat. Dieser
wird nun bey dir angelangt seyn und dir mehr von uns erzählen können und
mögen als in vielen Briefen ichs nicht thun könnte, und dürfte. Ich
wünsche daß es ihm bey euch wohl gehen möge, welches, da er durch den
Genuß der weitern Welt ziemlich verwöhnt seyn mag, vielleicht im Anfange
schwerer halten wird.

Mit dem nächsten Postwagen geht an B. der vollendete zweyte Ackt meines
Taßo ab. Ich wünsche daß er auch für dich geschrieben seyn möge.

Die Unruhe in der ich lebe läßt mich nicht über dergleichen
vergnüglichen Arbeiten bleiben, und so sehe ich auch noch nicht den Raum
vor mir die übrigen Ackte zu enden. Es geht mir übrigens wie es den
Verschwendern geht, die in dem Augenblicke, wenn über Mangel an
Einnahme, überspannte Schulden und Ausgaben geklagt wird, gleichsam von
einem Geiste des Widerspruches außer sich gesezt, sich in neue
Verbindungen von Unkosten zu stürzen pflegen.

Auf deinen Pilatus bin ich sehr begierig, schicke wenn du kannst und
willst ein Stück davon.

Die Frau von der Lühe habe ich in Gotha gesehen. Sie findet sich nach
ihrer Art daselbst wohl. _Er_ ist eine sehr gute Art Menschen,
verständig und gewißenhafft. Man legt ihm keine Hinderniße bey seiner
Erziehung in den Weg, und der Herzog beträgt sich auf das Beste gegen
ihn.

Auf unserer Zeichnungsakademie habe ich mir diesen Winter vorgenommen
mit den Lehrern und Schülern den Knochenbau des menschlichen Körpers
durchzugehen, sowohl um ihnen als mir zu nuzen, sie auf das merckwürdige
dieser einzigen Gestalt zu führen und sie dadurch auf die erste Stufe zu
stellen, das bedeutende in der Nachahmung sichtlicher Dinge zu erkennen
und zu suchen. Zugleich behandle ich die Knochen als einen Text, woran
sich alles Leben und alles menschliche anhängen läßt, habe dabey den
Vortheil zweimal die Woche öffentlich zu reden, und mich über Dinge die
mir werth sind mit aufmerksamen Menschen zu unterhalten. Ein Vergnügen
welchem man in unserm gewöhnlichen Welt-, Geschäfts- und Hofleben
gänzlich entsagen muß. Diejenigen Theile die abgehandelt werden,
zeichnet alsdenn ein ieder und macht sie sich zu eigen. Dabey habe ich
mir vorgenommen das Wort Phisiognomik und Phisiognomie gar nicht zu
brauchen, vielmehr die Ueberzeugung davon durch die ganze Reihe des
Vortrages einem jeden einleuchten zu laßen.

Vielleicht kann dir etwas von dem was ich bey näherer Betrachtung der
thierischen Oekonomie bemerke, zu deinen Arbeiten in der Folge einen
nüzlichen Beytrag geben.

   Weimar den 14. Nov. 1781.

                                                                    G.




                                 37.


Du hattest l. Bruder eine Abschrifft meiner _Iphigeni_ für den General
Koch verlangt, ich schlug es ab, weil ich sie noch einmal durchgehn
wollte, dieß ist, zwar leider nach meinen Umständen nur flüchtig
geschehen.

Gegen Weynachten kann eine Abschrifft fertig seyn. Willst du sie nun an
den General schicken? oder soll ich es thun?

Im lezten Fall schreibe mir wo er sich aufhält, seinen Tittel, ob er die
Exzellenz hat &c. daß man mit einem solchen Fremden in ^Curialibus^
nicht anstose. Lebe wohl, schreibe mir bald und liebe mich. Mit meinem
Leben rückt es starck vor, und ich fange nun bald an zu begreifen warum
wir, sobald wir uns hienieden einzurichten angefangen haben, wieder
weiters müssen. Tausendmal Adieu.

   d. 26. Nov. 81.

                                                                    G.




                                 38.


Deinen Brief erhalte ich so eben, und da ich daraus sehe, daß deine
französische Phisiognomick bald fertig werden wird, bewegt mich dies,
dir gleich wieder zu schreiben. Habe die Güte mir zwölf von den ersten
Exemplaren zuschicken zu lassen, ich getraue mir diese, vielleicht noch
mehrere abzusezzen. Nur wünsche ich freilich sie gleich zu Anfang zu
haben wenn das Buch herauskommt und Sensation macht.

Tobler wird dich näher zu uns bringen als viele Briefe nicht thun
würden. Man ist niemals im Stande, dem Freunde das von sich zu
schreiben, was ihme am intereßantesten wäre, weil man eigentlich selbst
nicht weiß, was an einem intereßant ist.

Grüße Toblern und Pfennigern recht herzlich.

Den Taßo werdet ihr nun haben.

Von Knebels Hegire hat wohl Tobler gesprochen.

Lebe wohl, schreibe und schicke bald.

   Weimar den 3. Dez. 1781.

                                                                    G.




                                 39.


Der Fürst Dessau, der uns heute sehr angenehm überraschte, hat sich wie
ich hoffte sehr gut mit dir gefunden, ich gönne dir, daß du diesen
merkwürdigen Sterblichen auch hast kennen lernen. Da die Nachricht kam
du seyst in Frankfurt sagte die Herzoginn er kommt gewiß, der H. er wird
wohl kommen, und ich sagte ich glaub es nicht. Leider war meine
Divination die richtigste. Schön, sehr schön wäre es gewesen. Nun es
konnte wohl nicht seyn.

Du verwendest und verthust manchen Augenblick, gönne mir auch über
Menschen und Sachen, die du auf dieser Reise gesehen hast, ein Wort, ich
verdiens und brauch es. Ich muß wieder eine Anmuthung von dir haben wie
mir der Fürst heute gegeben hat.

Da ich zwar kein Widerkrist, kein Unkrist, aber doch ein dezidirter
Nichtkrist bin, so haben mir dein Pilatus und so weiter widrige
Eindrücke gemacht, weil du dich gar zu ungebärdig gegen den alten Gott
und seine Kinder stellst. Deinen Pilatus habe ich sogar zu parodiren
angefangen, ich habe dich aber zu lieb um mich länger als eine Stunde
damit amüsiren zu können.

Darum laß mich deine Menschenstimme hören, damit wir von der Seite
verbunden bleiben, da es von der andern nicht geht.

Von mir hab ich nichts zu sagen als daß ich mich meinem Beruf aufopfere,
indem ich nichts suche, als wenn es das Ziel meiner Begriffe wäre.

Damit du einen Faden habest, so bitt ich dich um Worte über

   Prinz Ferdinand.
   Erbprinz von Hanau.
   Marckgraf v. Baden.
   Marckgräfinn.
   Edelsheim.
   Fürst v. Dessau vor allen.
   Seinen Sohn.
   Waltersee.
   Pfeffel.
   Lersé.
   Caliostro.
   Brankoni.
   Bode.
   Frau von Diede.
   Etwa iemand neues &c.

Treibe Tischbein daß er mir balde näher antwortet. Der Herzog von Gotha
ist ungeduldig zu wissen wie und wann er nach Italien gehn will.

Segne ihn noch recht ein auf Treue und Wahrheit, Reinheit und
Reinlichkeit.

Ich möchte gerne das Portrait das er von dir gemacht hat, behalten.

Lebe wohl und gedenke meiner in Liebe.

   W. d. 29. Jul. 82

                                                                    G.




                                 40.


Lieber Bruder. Knebel liebt dich so zärtlich als man kan, und nimmt weit
nähern Antheil an den zartgesponnenen Saiten deines Wesens als mir
selbst, bey meiner rohern Natur nicht gegeben ist. Er hat mir zuerst
nach seiner Rückkunft mit sehr treffender Wahrheit verschiedene Dinge an
dir, mit denen ich nicht recht stimmen kan, so schön zurecht gelegt, daß
ich seit der Zeit inniger mit dir bin als iemals -- und seine
theilnehmende Seele hat mir zu Beobachtung vieler Schattirungen in dir
geholfen; der ich mir selbst überlassen gewisse Strahlenbrechungen zu
starck und andere zuwenig sehe.

Wenn dir recht ist was ich dir hier sende, so fahr ich fort; ich muß
meinen Ton halten, unsre beyde zu vermischen geht nicht, aber so nach
einander mags seine Würkung thun. Gott erhalte dich.

Ich bin dein immer bewegter, im höchsten und niedrigsten, in Weisheit
und Thorheit umgetriebener

   den 23. Aug. 82.

                                                                    G.




                                 41.


                                           Weimar den 4. Oktober 1782.

Vor das viele Gute was du zeither an uns gethan hast, habe ich dir noch
nicht danken können, und auch iezo habe ich nicht so viel Sammlung um
dir etwas dagegen von dem meinigen zu geben, denn daß man immer von dir
empfängt bist du gewohnt.

Die kurze Schilderung der Personen die du auf deiner Reise im Fluge
berührtest, hat mir viele alte Bekanndtschaften neu und mich auf
unbekante aufmerksam gemacht. Was du von dem Fürsten von Dessau sagst
bestätigt mein Verhältniß zu diesem würdigen Manne noch mehr. Zwar sind
wir bisher einander noch nichts geworden, und ich bin alle Tage auch
gegen gute und trefliche Menschen weniger andringend, genug wenn man
weiß daß eine schöne und große Natur irgendwo existirt, und daß man sie,
wie es so tausendfältig geschieht, nicht verkennt.

Der erste Theil deiner Bekenntniße, wie ich sie nennen will, hat mir
großes Vergnügen gemacht. Es ist immer sehr intereßant dergleichen zu
lesen, ob ich gleich wieder dabey die Bemerkung gemacht habe, daß wenn
ich so sagen darf, der Leser eine eigene psychologische
Rechnungsoperation zu machen hat um aus solchen Datis ein wahres Facit
heraus zu ziehen. Ich kann meine Idee iezo nicht auseinander legen, nur
so viel davon: Das was der Mensch an sich bemerkt und fühlt, scheint mir
der geringste Theil seines Daseyns. Es fällt ihm mehr auf was ihm fehlt,
als das was er besizt, er bemerkt mehr was ihn ängstiget, als das was
ihn ergözt und seine Seele erweitert; denn in allen angenehmen und guten
Zuständen verliert die Seele das Bewußtseyn ihrer selbst, wie der Körper
auch und wird nur durch unangenehme Empfindungen wieder an sich
erinnert; und so wird meistentheils, der über sich selbst und seinen
vergangenen Zustand schreibt, das enge und schmerzliche aufzeichnen,
dadurch denn eine Person, wenn ich so sagen darf, zusammenschrumpft.
Hierzu muß erst wieder das, was wir von seinen Handlungen gesehen, was
wir von seinen Schriften gelesen haben chymisch hinzugethan werden und
alsdann entsteht erst wieder ein Bild des Menschen, wie er etwa mag seyn
oder gewesen seyn. Dieß von vielen tausend Betrachtungen Eine.

Daß du mir in deinem Briefe noch einmahl den innern Zusammenhang deiner
Religion vorlegen wolltest, war mir sehr willkommen, wir werden ia nun
wohl bald einmal einander über diesen Punkt kennen und in Ruhe laßen.
Großen Dank verdient die Natur, daß sie in die Existenz eines ieden
lebenden Wesens auch so viel Heilungskraft gelegt hat, daß es sich, wenn
es an dem einen oder dem andern Ende zerrissen wird, selbst wieder
zusammenfliken kann; und was sind die tausendfältigen Religionen anders
als tausendfache Aeußerungen dieser Heilungskraft. Mein Pflaster schlägt
bey dir nicht an, deins nicht bey mir, in unsers Vaters Apotheke sind
viel Recepte. So habe ich auf deinen Brief nicht zu antworten, nichts zu
widerlegen, aber dagegen zu stellen habe ich vieles. Wir sollten einmahl
unsere Glaubensbekenntniße in zwey Colummen neben einander sezen und
darauf einen Friedens- und Toleranzbund errichten.

An Tischbeinen habe ich heute geschrieben und ihn an dich gewiesen. Du
wirst meinen Brief wohl verstehen, aber er nicht ganz; ich kann ihm
weder gewähren noch verschaffen, was er gerne mögte, denn der Herzog von
Gotha siehts anders an und hat seine festgesezten Begriffe über die
Sache, auf die ich weiter nicht wirken kann. Rede ihm ia zu, daß er sich
besonders gegen Reifensteinen leidlich beträgt, denn dieser Mann hat
Einfluß auf die Großen. Freylich mag dem guten Tischbein, der Gott sey
Dank in weltlichen Dingen noch nicht geübt ist, so ein Verhältniß ganz
und gar fatal und unerträglich scheinen; indeß ist immer besser er weiß
so etwas voraus, und richtet sich einigermaßen darnach, als daß er in
seinem Wesen hingeht und wir in einem Jahr den Lärmen haben. Es wird
ohnedies nicht ganz ohne alles abgehen; du weißt es am besten lieber
Bruder, daß wo Menschen zusammen zu schaffen haben, es mehr oder weniger
Friktion giebt. Je älter man wird desto gewißer sieht man das wie und wo
voraus und kann sie doch weder bey sich selbst noch andern immer, so
gerne man wollte verhüten. Besonders treib ihn daß er fortkommt, denn
der Herzog ist schon über das Zaudern und über meine Vorstellungen, die
ich nicht gespart habe, verdrießlich. Wenn wir unter einander etwas
haben, so können wir herüber hinüber markten, ein großer Herr will
gehorcht seyn. Sie sind nicht alle wie der Herzog von Weimar, der ieden
gerne auf seine Weise das Gute thun läßt und doch daran Theil nimmt.
Adieu Bruder! Ohne Berührung sagst du ist keine Religion; ohne Berührung
ist keine Freundschaft. Lebe herzlich wohl alter Christe und grüße
Bäben.

                                                                    G.

Sag mir doch gelegentlich ein Wort über das Portrait Karls des fünften
von Albrecht Dürer, das du bey Merck gesehen hast, wir haben es
gegenwärtig hier. Es ist ganz herrlich, ich mögte auch dich drüber
hören.




                                 42.


Frau von Langefeld mit ihren beyden Töchtern und Hr. v. Beulwiz aus
Rudolstadt werden dir l. Bruder Kraft dieses empfohlen, und das Maas des
Guten was du ihnen geben willst und kannst, deinem Gefühle und den
Umständen überlassen in denen sie dich antreffen werden.

   Weimar d. 7. Apr. 83.

                                                                    G.




                                 43.


                                                           Ohne Datum.

Sonntag Nachts. Ich will wenigstens wieder einmal einen Brief an dich
anfangen, daß wir uns nur einmal wieder berühren. Eine herrliche
Mondennacht! ich bin über die Wiese nach meinem Garten eben
herausgegangen, habe mich in Nachtdämmer gelezt und denke an dich. --
Lieber Br. daß du just so geplagt seyn mußt zur Zeit da ich so glücklich
bin, da mir das Schicksal einen ganz reinen Moment bereitet, daß ich
nicht müßig sey, eine würkende Entfaltung für die Zukunft. Gute Nacht.

Montag d. 26. heut ist deine Büste von Frankfurt angekommen glücklich,
hat mir viel Freude gemacht. Hier hast du einen Schatten vom Herzog. --
Ich fühl' erst iezo wie weit wir aus einander kommen sind, ich kann dir
nichts schreiben. Resultate und Abstraktionen mag ich nicht, Geschichten
und Einzelnheiten kann ich nicht.

Freytag d. 30. Ich will dir nur das grade schicken. Denn mehr kann ich
doch jezt nicht sagen. Grüs Bäben, Dank der Herzlichen für ihren Brief.
Hier ein paar Zeilen meines Gefühls auf dem Türinger Walde geschrieben
d. 3. Aug. Morgends unter dem Zeichnen.

                           Dem Schicksaal.

   Was weis ich was mir hier gefällt
   In dieser engen kleinen Welt
   Mit leisem Zauberband mich hält!
   Mein Carl und ich vergessen hier
   Wie seltsam uns ein tiefes Schicksal leitet
   Und, ach ich fühls, im Stillen werden wir
   Zu neuen Scenen vorbereitet.
   Du hast uns lieb du gabst uns das Gefühl:
   Daß ohne dich wir nur vergebens sinnen,
   Durch Ungeduld und glaubenleer Gewühl
   Voreilig dir niemals was abgewinnen.
   Du hast für uns das rechte Maas getroffen
   In reine Dumpfheit uns gehüllt,
   Daß wir, von Lebenskraft erfüllt,
   In holder Gegenwart der lieben Zukunft hoffen.

Ade, grüs Kaysern, dank ihm für die Musik. Denkt denn dein Wibele noch
an mich und hat sie mich noch lieb. Der Gr. Wartensleben hab ich
gerathen ihren Sohn nach Dessau zu thun. Hier ihre Silhouette.

Schreib mir doch!

                                                                    G.

Was sagst du zu dieser durchs Verkleinern und Ausschneiden noch
unendlich verrenkten Weiblichkeit?

                               _Anhang_
                            einiger Briefe
                                 von
                               _Goethe_
                          an den Buchhändler
                               _Reich_.

                                             Franckf. am 20. Febr. 70.

   Theuerster Herr Reich,

Es giebt gemischte Empfindungen, die Mendelsohn so richtig zeichnen, und
Wieland so süsse mahlen kann, und von denen wir andre schweigen müssen.
Davon war es eine die mich überfiel, als ich Ihren lieben Brief, mit dem
angenehmsten Geschencke erhielt.

Nichts war mir neu. Denn dass Wieland so ein Autor ist, dass Sie so ein
Verleger und so gütig gegen mich sind, das weiss ich seitdem ich Sie und
Wielanden kenne; allein in dem Grade! unter diesen Umständen! war mir
alles neu. Meine Danckbarkeit werden Sie leicht nach dem Werth Ihrer
Freundschafft, nach der Fürtrefflichkeit des Buchs, und nach dem
Vergnügen messen können, das man in dieser Franckfurter Hungersnoth des
guten Geschmacks, sehr lebhafft fühlen muss, wenn man ein neues Buch
geschwind in die Hände kriegt. Und auch darum lasse ich meine
Erkenntlichkeit gerne schweigen; denn wahrhaftig Sie müssten sehr müde
werden Dancksagungen anzuhören, wenn Ihre besondere Gütigkeit, nicht
gleich iedem den Sie verbinden, ein ehrfurchtsvolles Stillschweigen
auflegte.

Oesers Erfindungen haben mir eine neue Gelegenheit gegeben, mich zu
seegnen, dass ich ihn zum Lehrer gehabt habe. Fertigkeit oder Erfahrung
vermag kein Meister seinem Schüler mitzutheilen, und eine Uebung von
wenigen Jahren, thut in den bildenden Künsten, nur was mittelmässiges;
auch war unsre Hand, nur sein Nebenaugenmerck; er drang in unsre Seelen,
und man musste keine haben um ihn nicht zu nutzen.

Sein Unterricht wird auf mein ganzes Leben Folgen haben. Er lehrte mich,
das Ideal der Schönheit sey Einfalt und Stille, und daraus folgt, dass
kein Jüngling Meister werden könne. Es ist ein Glück wenn man sich von
dieser Wahrheit nicht erst durch eine traurige Erfahrung zu überzeugen
braucht. Empfehlen Sie mich meinem lieben Oeser.

Nach ihm und Schäckespearen, ist Wieland noch der einzige, den ich für
meinen ächten Lehrer erkennen kann, andre hatten mir gezeigt dass ich
fehlte, diese zeigten mir wie ichs besser machen sollte.

Meine Gedancken über den Diogenes werden Sie wohl nicht verlangen.
Empfinden und schweigen ist alles was man bei dieser Gelegenheit thun
kann; denn so gar loben soll man einen grosen Mann nicht, wenn man nicht
so gros ist wie er. Aber geärgert habe ich mich schon auf Wielands
Rechnung, und ich glaube mit Recht. Wieland hat das Unglück offt nicht
verstanden zu werden, vielleicht ist manchmal die Schuld sein, doch
manchmal ist sie es nicht, und da muss man sich ärgern wenn Leute ihre
Missverständnisse dem Publicko für Erklärungen verkaufen. Jüngst sagte
ein Recensent: die Rede vom Mann im Monde sey eine feine Satyre auf die
Philosophie der _damaligen_ Zeiten, und ihre Thorheit. Wem könnte so was
einfallen? doch ia! Er hat einen Gesellschaffter an dem Uebersetzer des
Agathon. ^Tableau des moeurs de l'ancienne Grece!^ So ohngefähr wird der
Tittel seyn. Ich glaube der Mensch hielte das Buch für eine
Archaiologie.

Ich weiss nicht ob sich W. auch drüber ärgert, wenigstens hätte er's
Ursach.

Wenn Sie diesem grosen Autor, Ihrem Freunde schreiben, oder ihn
sprechen, so haben Sie die Gütigkeit, ihm einen Menschen bekannt zu
machen, der zwar nicht Mann's genung ist seine Verdienste zu schätzen,
aber doch ein genung zärtliches Herz hat sie zu verehren; mit dessen
aufrichtigster Empfindung er sich auch nennt,

                                              Ihren ergebensten Diener
                                                             _Goethe_.

   Hochedelgebohrner
   insonders Hochzuehrender Herr.

Es ist mir sehr angenehm gleich mit dem Anfange des Neueniahrs
Gelegenheit zu finden Sie an Ihre alte Gewogenheit gegen mich zu
erinnern. Lavater trägt mir auf Ihnen beigehenden Anfang des
Phisiognomischen Manuscripts zu übersenden mit dem es folgende Bewandniß
hat. Die Uebersezung der Einleitung habe ich zu besorgen, dahingegen Sie
die Fragmente selbst von ^p.^ 7. an von Herrn Hubern übersezen laßen
werden. ^p.^ 17. wo ein + mit Bleistifft gezeichnet stehet, wie auch
^p.^ 21. werden vielleicht noch einige Zusäze eingesandt werden, sollten
diese aber außen bleiben, so ist an beiden Orten zur Nachricht der Sezer
schon angemerkt daß diese Zeichen auf weiter nichts Beziehung haben.
Wollten Sie mir den Empfang dieser Papiere gefälligst berichten, und
zugleich etwa sonst einiges zu Beförderung und Ausführung dieses Werks
gehöriges mir zu wißen thun, so will ich alles mit dem besten Eifer
besorgen, da ohnedem die Spedition des Manuscripts meistens durch meine
Hände gehen wird, da ich denn öfters die Ehre haben werde Sie derienigen
Hochachtung zu versichern mit der ich mich nenne

   Frankfurt den 2. Jenner
   1775.

                                                      Ew. Hochedelgeb.
                                               ganz ergebensten Diener
                                                             _Goethe_.

                                       Frankfurt den 14. Hornung 1775.

Ihr leztes geehrtes Schreiben habe durch Herrn Jonas richtig erhalten,
wie auch gestern die Probebogen die ich sogleich weiter spediren werde.
Wegen der Vignetten hab ich schon an Lavatern geschrieben. Der Judas
nach Holbein ist nicht Vignette sondern große Platte, und ich glaube
zuverläßig der Christus auch, ob ich ihn gleich noch nicht gesehn habe,
doch das sollen Sie mit einander hören. Vielleicht hat Ihnen Herr Jonas
geschrieben was wir auf ihr leztes vor das erste vorgekehrt. Da das
Bücher-Commissariat eine förmliche Anzeige verlangt, so wird solche der
Herr Bruder in Büdingen verfertigen, worinne die Darlegung des vierten
und fünften Theils Gellertischer Schrifften, den klarsten und
einfachsten Beweis gebrochener Kayserl. allerhochster Verfügung abgiebt,
da ich denn gerathen habe, dass man von der Commission ein
Requisitionschreiben an den Magistrat verlangen soll, wordurch
derselbige in Obliegenheit gesezt wird wenigstens vorerst gegen den
Schiller zu verfahren. Was die Niederlage der Sächsischen Bücher allhier
betrifft, sehe ich die Sache zu wenig ein, als dass ich eine gegründete
Meinung darüber fassen könnte, schweer würde es immer seyn einen
Buchhändler dazu zu finden und zu engagiren. Was ich in dieser Sache
dienen kann werd ich mit viel Vergnügen thun. Belieben Sie mich nur mit
gefälliger Nachricht und Weisung zu versehen.

Mit der gestrigen Post sind abermals Zugaben zu dem neunten
Phisiognomischen Fragmente an Sie abgegangen, wobei zugleich ein
Einschluß an Hrn. Prof. Oeser ist den ich gütig abzugeben bitte.

                                                          _Goethe_ Dr.

Ich bitte Sie lieber Hr. Reich mir unschweer zu melden, wie lange Zeit
ich habe biss ich wieder etwas Manuscript zu schicken brauche -- die
Ursache ist die -- Aus Lavaters Hand liegt nun alles fertig bey mir,
aber ich möchte noch einige Zugaben machen, woran ich würcklich
angefangen habe -- Indessen kann alles wenns _seyn muss_ stündlich an
Sie abgehn. Leben Sie recht wohl.

   Erfurt d. 28. May 1775.

                                                                    G.

Das noch zu Beendung des XXII Fragments abgehende Blat sende nächstens.
Bitte mir zu melden wie viel Bogen abgedruckt sein und wieweit Sie mit
dem Mspt. kommen sind. Ich habe noch sehr viel in Händen und fürchte der
zweyte Theil möge zu starck werden.

   Weimar d. 10. Merz 1776.

                                                             _Goethe_.






Anmerkungen zur Transkription


Der Originaltext ist in Fraktur gesetzt. Hervorhebungen, die im
Original g e s p e r r t sind, wurden mit Unterstrichen wie _hier_
gekennzeichnet. Textstellen, die in Antiqua gesetzt waren, wurden ^so^
markiert.

Die kräftig variierende und inkonsistente Schreibweise und Grammatik des
Originals wurden weitgehend beibehalten. Beibehalten wurde insbesondere
auch die teilweise Verwendung von "i" an Stelle von "j", da sie
vermutlich dem Originalmanuskript entspricht und auch vom ursprünglichen
Herausgeber so wiedergegeben wurde. Offensichtliche Auslassungen von
Satzzeichen wurden stillschweigend korrigiert. Alle weiteren Änderungen
sind hier aufgeführt (vorher/nachher):

   [S. 5]:
   ... Seele fall ich dem Bruder um den Hals ...
   ... Seele fall ich dem Bruder um den Hals. ...

   [S. 12]:
   ... ich hab ihr geschrieben. Das Gedicht an sie, ...
   ... Ich hab ihr geschrieben. Das Gedicht an sie, ...

   [S. 66]:
   ... bei ber Corregge ist, alles ganz glüklich. Der ...
   ... bei der Corregge ist, alles ganz glüklich. Der ...

   [S. 127]:
   ... evrfolgen, und besonders gegen den Geruch ...
   ... verfolgen, und besonders gegen den Geruch ...

   [S. 136]:
   ... von einem Geiste des Widersprnches außer ...
   ... von einem Geiste des Widerspruches außer ...

   [S. 139]:
   ... rückt es starck vor, und ich fange nnn bald ...
   ... rückt es starck vor, und ich fange nun bald ...






End of the Project Gutenberg EBook of Briefe von Goethe an Lavater, by 
Johann Wolfgang von Goethe

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1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth
in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO
OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT
LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.

1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
warranties or the exclusion or limitation of certain types of
damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement
violates the law of the state applicable to this agreement, the
agreement shall be interpreted to make the maximum disclaimer or
limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or
unenforceability of any provision of this agreement shall not void the
remaining provisions.

1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in
accordance with this agreement, and any volunteers associated with the
production, promotion and distribution of Project Gutenberg-tm
electronic works, harmless from all liability, costs and expenses,
including legal fees, that arise directly or indirectly from any of
the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this
or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or
additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any
Defect you cause.

Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm

Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of
computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
from people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg-tm and future
generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
Sections 3 and 4 and the Foundation information page at
www.gutenberg.org



Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
U.S. federal laws and your state's laws.

The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the
mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its
volunteers and employees are scattered throughout numerous
locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt
Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to
date contact information can be found at the Foundation's web site and
official page at www.gutenberg.org/contact

For additional contact information:

    Dr. Gregory B. Newby
    Chief Executive and Director
    [email protected]

Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment. Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements. We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
DONATIONS or determine the status of compliance for any particular
state visit www.gutenberg.org/donate

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations. To
donate, please visit: www.gutenberg.org/donate

Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works.

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be
freely shared with anyone. For forty years, he produced and
distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of
volunteer support.

Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper
edition.

Most people start at our Web site which has the main PG search
facility: www.gutenberg.org

This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.