Agnes Bernauer

By Friedrich Hebbel

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Title: Agnes Bernauer

Author: Friedrich Hebbel

Posting Date: May 27, 2009 [EBook #4079]
Release Date: May, 2003
First Posted: December 11, 2001

Language: German


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Produced by Michael Pullen and Mary Cicora










Agnes Bernauer

Ein deutsches Trauerspiel in fünf Aufzügen

Friedrich Hebbel



Personen:


Ernst, regierender Herzog zu München-Bayern

Albrecht, sein Sohn

Hans von Preising, sein Kanzler

Marschall von Pappenheim,
Ignaz von Seyboltstorf,
Wolfram von Pienzenau und
Otto von Bern, Ritter auf der Seite des Herzogs Ernst

Graf Törring,
Nothhafft von Wernberg und
Rolf von Frauenhoven, Ritter auf der Seite des Herzogs Albrecht

Hans von Läubelfing, ein Ritter von Ingolstadt

Emeran Nusperger zu Kalmperg, Richter zu Straubing

Caspar Bernauer, Bader und Chirurgus zu Augsburg

Agnes, seine Tochter

Theobald, sein Geselle

Knippeldollinger, sein Gevatter

Hermann Nördlinger, Bürgermeister zu Augsburg

Barbara und
Martha, Bürgermädchen

Stachus, ein Diener

Der Kastellan auf Vohburg und Straubing

Ein Herold des Reichs

Ein Legat der Kirche

Volk, Ritter und Reisige in großen Massen


Die Handlung ereignet sich zwischen 1420 und 1430.


Erster Akt
Zweiter Akt
Dritter Akt
Vierter Akt
Fünfter Akt





Erster Akt

Augsburg.



Erste Szene

Baderstube.

Theobald (allein, einen Blumenstrauß in der Hand).  Ich weiß nicht,
was ich tun soll.  (Er hält den Blumenstrauß empor.)  Zertret ich
dich?  Um die schönen Rosen wär's schade, die sind unschuldig!  Oder
überreich ich dich?  Nein, gewiß nicht, und das hätt' ich ihm gleich
gesagt, dem Herrn Ungetreu, der zu glauben scheint, daß ich keine
Augen habe, und kein Herz, und kein Blut, wenn--ja, das war's ja!
Ich wollte sie prüfen!  Da kommt sie!  Mit dem Morgensüppchen des
Vaters!  Oh, wie das schmecken muß!  Wenn die für mich einmal kochte,
ich--(Verbirgt den Strauß.)



Zweite Szene

Agnes (tritt ein mit einer Suppe).  Guten Morgen, Theobald!

Theobald.  Danke schön, Jungfer, danke schön!  Wohl geschlafen?

Agnes.  So sollt' ich Euch fragen!  Ihr werdet oft herausgeklopft,
wenn sie gerauft haben, und ein Pflaster brauchen.

Theobald.  Das bemerkt Ihr?  (Für sich.)  Ich geb ihr den Strauß und
bestelle alles!  Wenn sie dann ein Gesicht macht und pfui sagt und
mich anfährt: dazu gibst du dich her-

Agnes.  Was verbergt Ihr denn hinter dem Rücken?

Theobald (zeigt den Strauß).  Ja so, das hätt' ich bald vergessen!

Agnes.  Ah, der ist schön!  Gebt ihn mal her!  (Sie riecht.)  Wenn wir
doch auch einen Garten hätten!  Wessen Namensfest ist denn heute?
(Sie will ihn zurückgeben.)

Theobald.  Behüte, er gehört Euch!

Agnes.  Mir?  Oh, da dank ich!  Aber da geht's mit Eurem alten Ohm
wohl bald zu Ende?

Theobald.  Mit meinem Ohm?

Agnes.  Nun ja, weil er seine Blumen zu verschenken anfängt, das
pflegt ein Gärtner nicht zu tun, und gekauft habt Ihr sie doch gewiß
nicht?

Theobald.  Er ist nicht von mir!

Agnes.  Nicht von Euch?  Von wem denn?

Theobald.  Ratet!

Agnes.  Von--Nein, Barbara kann's nicht sein, die sieht mich nicht
mehr an, ich weiß zwar nicht, warum.

Theobald.  Es ist keine Sie!

Agnes.  Keine Sie?  Und Ihr seid's auch nicht?  (Sie legt den Strauß
auf den Tisch.)

Theobald.  Gottlob, ihr fällt sonst niemand ein!

Agnes.  Aber, da muß ich Euch doch fragen-

Theobald.  Scheltet nur!  Ich wollt's bloß wissen!

Agnes.  Was?

Theobald.  Ob Ihr vielleicht in der Kirche nach ihm geblinzelt, oder
ihm wohl gar bei einem Tanze die Hand gedrückt hättet!

Agnes.  Wem denn?

Theobald.  Es ist schon gut, wenn Ihr nicht von selbst auf ihn kommt!
(Er nimmt den Strauß.)  Ha, unserer alten Gertrud will ich ihn jetzt
verehren, die soll ihn an die platte Brust stecken, wenn sie auf den
Markt humpelt, und sich mit einem Knicks bedanken, wenn sie sich an
dem Hause vorbeischiebt!  (Er springt.)  Ich könnte jetzt--(Er singt.)

Wenn zwei sich die Hände geben-
Jungfer, es ist ein schönes Lied!
(Singt wieder.)


Und wer ein guter Geselle ist,
Der wird wohl auch ein Meister!


Oder ist das nicht wahr?

Agnes.  Ihr seid zu früh lustig!  Spät am Abend ist besser, als früh
am Morgen.

Theobald.  Und doch singen die Vögel, wenn sie erwachen, und nicht,
wenn sie einschlafen.  (Er faßt ihre Hand.)

Agnes (zieht sie zurück).  Was wollt Ihr?

Theobald.  Bloß nachsehen, ob--Ihr habt sie mir einmal gelassen!

Agnes.  Als Ihr mir eine Ader öffnen solltet!

Theobald.  Nun freilich!  (Er nimmt die Hand wieder.)  Ließ mein
Schnepper keine Spur?  Ich machte es ungeschickt!

Agnes.  Zittert Ihr immer so dabei, wie damals?

Theobald.  O nein! mir ward nur so wunderlich, als ich Euch weh tun
sollte.  Aber wie rot Euer Blut ist!  (Für sich.)  Aus meinen Lippen
hätt' ich gern den Verband gemacht, wenn der Vater nicht
dabeigestanden wäre!



Dritte Szene

Knippeldollinger (ruft ins Fenster).  Guten Morgen, Patchen!

Agnes.  Guten Morgen, Herr Gevatter!

Theobald.  Ist der alte Geck auch schon da?

Knippeldollinger.  Ich habe von Euch geträumt!

Agnes.  Danke der Ehre.

Theobald.  Von deinem Begräbnis hätt'st träumen sollen!  Das hätt'
sich besser geschickt.

Knippeldollinger.  Kirschen gab ich Euch, von den großen, fremden,
die ich an der Mauer aufziehe!

Agnes.  Sind die schon so weit?

Knippeldollinger.  O ja, es kommt heut abend ein Korb voll davon aufs
Tanzhaus!

Theobald.  Da werden sie gut bezahlt!

Knippeldollinger.  Und während Ihr sie verzehrtet, führte ich Euch
spazieren!

Theobald (laut).  Auf den Kirchhof, jawohl, ich war mit dabei!

Knippeldollinger.  Spaßvogel, ist Er auch da?

Theobald.  Ihr tratet auf einen Totenkopf, und der schnappte nach
Euch, es war der von Eurer letzten Frau!

Agnes.  Pfui!

Knippeldollinger.  Nicht doch, nicht doch, Patchen, ein Bader muß
spaßig sein, man will doch was hören, wenn man sich den Bart oder das
Haar scheren läßt.  Der Theobald taugt zum Geschäft!  Nur in die
Ohren muß er niemanden schneiden, wie neulich mir!  Nun, geh ich
heute leer aus, bekomm ich das Patschchen nicht?

Agnes.  Ich habe wieder die Blattern!

Knippeldollinger.  Halt mir das nicht immer vor!  Nun, ich werde dich
nachher noch sehen, denn die Muhme wird dich zum Turnier abholen, ich
habe für Plätze gesorgt.  Das wollt' ich dir eigentlich sagen!

Agnes.  Danke!  Zwar weiß ich nicht-

Knippeldollinger.  Ei, es kommt nicht alle Tage.  Ritter, Grafen und
Barone sind schon hier in Augsburg selten, nun gar ein Herzog von
Bayern--der Tausend, da wird niemand, als der Scharfrichter mit seinen
Freiknechten fehlen, der freilich gute Gründe hat, nicht unter
ehrlichen Christenmenschen zu erscheinen!



Vierte Szene

Theobald.  Da humpelt er hin auf seinen drei Beinen.  Ihr steht doch
in seinem Testament?  Nun, recht hat er, es wird lustig zugehen, ich
freu mich auch!  (Es wird etwas durchs Fenster geworfen.)  Was ist
denn das?  Es klirrt ja!

Agnes.  Schlüssel!



Fünfte Szene

Barbara (tritt in die Tür).  Darf ich sie wiederholen?

Agnes.  Barbara!

Barbara.  Agnes?

Agnes.  Du kamst lange nicht!

Barbara (nimmt die Schlüssel auf).  Und jetzt hab ich hier etwas zu
tun!  Siehst du?

Agnes.  Wir waren immer so gut miteinander: was hast du jetzt gegen
mich?

Barbara.  Oh, das bin ich nicht allein!

Agnes.  Heilige Mutter Gottes, was sagst du da?

Barbara.  Du siehst deine Gespielinnen wohl gar nicht mehr an, daß du
nicht weißt, wie sie dich ansehen?

Agnes.  Es ist wahr, ich erhalte meinen Gruß nicht immer so
freundlich zurück, wie ich ihn biete!

Barbara.  Glaub's!

Agnes.  Aber bei Gott, wenn mir das mit einer begegnete, so dacht'
ich: Sie hat schlecht geträumt oder sie ist von der Mutter gescholten
oder sie hat ihren Ring verloren-

Barbara.  Dabei kamst du denn freilich gut weg.

Agnes.  Was tu ich denn?  Sag's!

Barbara.  Tun!  Was tun!  Wenn's schon so weit gekommen wäre, so
würde man leicht mit dir fertig!

Agnes.  Barbara!

Barbara.  Sag doch einmal, warum--(Sie zeigt auf Theobald.)  Nun, da
steht ja gleich wieder einer und gafft!  (Zu Theobald.)  Nicht wahr,
ich bin gar nicht da!  (Zu Agnes.)  Gehst du heute?  Zum Turnier, mein
ich!  Ja?  Nun, da will ich's allen ansagen, damit sie zu Hause
bleiben, ich zuerst!

Agnes.  Das ist zu arg, das muß mein Vater wissen.

Barbara.  Bewahre!  Niemand red't dir was übles nach!

Agnes.  Und doch flieht man mich?  Doch will man mich ausstoßen?

Barbara.  Agnes, sieh mich mal an!

Agnes.  Nun?

Barbara.  Wie wär' dir wohl zumute, wenn--laß uns hinaufgehen in
deine Kammer!

Theobald.  Ich will nicht im Wege sein, wenn gebeichtet werden soll!
(Ab.)

Barbara.  Ja, wie wär' dir zumute, wenn du, wie sag ich, nun, wenn du
einen gern hättest, und der hätte nur Augen für mich?

Agnes.  Wie soll ich das wissen!

Barbara.  So will ich's dir sagen!  Du würdest--Doch ich will mich
nicht lächerlich machen, du weißt es selbst recht gut!  Und meinst du,
daß es anderen besser geht?  (Bemerkt den Strauß.)  Woher kommt der?

Agnes.  Das weiß ich nicht!

Barbara.  Nicht?  Kommen so viele?  Wenn er von meinem Wolfram käme,
ich--Und es ist gern möglich, gerade die Blumen stehen in seinem
Garten!  Gestern den ganzen Tag sah ich nach seinem Vetter, zwang
mich, dem gleichgültigen Menschen verliebte Blicke zuzuwerfen und
dachte, er würde rasen.  Abends, als wir zu Hause gingen, strich er
den Burschen selbst gegen mich heraus, es war ihm recht gewesen, ich
hatte ihm einen Gefallen damit getan!

Agnes.  Arme!

Barbara.  Daran bist du schuld, niemand schuld, als du!  Als er dich
noch nicht kannte, hing er an mir, wie eine Klette.  In den
Bärenzwinger wär' er für mich hinabgestiegen und hätte meinen
Handschuh heraufgeholt.  Und nun--pfui!

Agnes.  Du schiltst mich, und ich weiß nicht einmal, wovon du
sprichst!

Barbara (nimmt den Strauß).  Ich will schon dahinterkommen, ich nehm
ihn mit!

Agnes.  Mir gleich!

Barbara.  Allen machst du abspenstig, was ihnen gehört!  Ich würde
mich schämen!

Agnes.  Kannst du sagen, daß ich auch nur einen ansehe?

Barbara.  Das ist's vielleicht eben!  Nonne und doch keine!  Heilige,
aber noch nicht im Himmel!  Die muß man Gott abjagen!  Da muß man
alles daransetzen!  Ei, sei, wie wir, kuck auf, sprich, und es wird
sich geben!

Agnes.  Tät' ich's, so würdest du wieder schmälen!

Barbara.  So geh ins Kloster, wirf den Schleier über, den niemand
heben darf!  Ich dich um Vergebung bitten?  In Ewigkeit nicht!

Agnes.  Wer verlangt's denn?

Barbara.  Mein Beichtvater!  Glaubst du, ich kam von selbst?  Aber
nein, lieber auf Erbsen knien!  (Hält den Strauß in die Höhe.)  Den
werd ich ihm jetzt schenken!  Kennt er ihn nicht, so schick ich dir
einen doppelt so schönen!  (Ab.)

Agnes.  Sie tut mir leid!  Aber kann ich's ändern?



Sechste Szene

Theobald (tritt wieder ein).  Die hat die arme Gertrud ja beraubt!

Agnes.  Sie scheint den Verstand verloren zu haben!

Theobald.  Das möcht' ich doch nicht sagen!

Agnes.  So hätte sie recht?

Theobald.  Ich glaube fast!  Jungfer, ich könnt' Euch alle Morgen-



Siebente Szene

Caspar Bernauer (tritt mit einem Buch ein, das in ein rotes Tuch
gewickelt ist; zu Agnes).  Ja, ja, ja!  Wenn ich nur nicht mit soll!
Nun geh hinauf und lege dein Kettlein an.  Sie blasen schon am
Fronhof.

Agnes.  Nein, Vater, ich bleibe zu Hause!

Caspar Bernauer.  Wie?  Was?  Warum wartest du hier denn auf mich?
(Zu Theobald.)  An den Destillierkolben!  Das Feuer wird zu schüren
sein!

Theobald (geht ab).

Caspar Bernauer.  Nun?

Agnes.  Vater, all die Augen--es ist mir, als ob mich geradesoviel
Bienen stächen!  Und Er weiß ja, sie sehen alle nach mir!

Theobald (tritt wieder ein).

Caspar Bernauer.  Sieh du sie wieder an!  Nun, wenn du lieber deinen
Rosenkranz abbetest, meinetwegen!  (Sieht sich um, zu Theobald.)  Noch
keine Salben abgerührt?  Hat der Hahn heut morgen nicht gekräht?

Theobald (geht ans Geschäft).

Agnes.  Barbara war hier, alle hassen mich, ich verderb ihnen den Tag,
wenn ich komme.

Caspar Bernauer.  Und darum willst du ausbleiben?  Nichts da!  Dann
dürfte der beste Ritter ja auch nicht kommen, denn der verdirbt den
übrigen ja auch den Tag.  Und der nächstbeste ebensowenig, und wer
noch, bis auf den letzten, der nur zum Umpurzeln da ist!  Torheit und
kein Ende!  Hinauf!  (Zu Theobald.)  Und du hole die Flasche mit dem
Wundwasser herunter!

Beide (ab).



Achte Szene

Caspar Bernauer.  Die Suppe ist kalt geworden!  Ich nehm's für
genossen!  (Legt das Buch auf den Tisch.)  Bischöfliche Gnaden haben
recht, wenig bring ich heraus und gerade die Hauptsachen nicht, die
vom Hippokrates, denn die sind griechisch.  Ich muß es so
zurücktragen.



Neunte Szene

Knippeldollinger (tritt herein).  Guten Morgen, Gevatter!  Ah!  Das
ist wohl ein Buch?  Ja?

Caspar Bernauer.  Und das ist wohl ein funkelnagelneues Wams?

Knippeldollinger.  Nun, wenn alte Leute nichts mehr machen ließen,
würde mancher Schneider hungern!  (Sieht ins Buch.)  Herrje, wie kraus
und bunt!  Und das versteht Ihr, wie der Bischof?

Theobald (tritt mit der Flasche ein und macht sich wieder zu tun).

Caspar Bernauer.  Ihr müßt immer fragen!

Knippeldollinger.  Wie alt das wohl ist?

Caspar Bernauer.  Seit der Kreuzigung unseres Herrn und Heilandes
Jesu Christi sind jetzt verflossen
eintausendvierhundertsechsundzwanzig Jahre, aber der Autor dieses
Buches, das ist zu sagen der Urheber, nämlich der Mann, der es
gemacht hat, war schon über vierhundert Jahre tot, bevor der Herr auf
Erden im Fleisch unter uns erschien.

Knippeldollinger.  Macht an die zweitausend Jahre!  Sollte man's
glauben, daß es Leute gibt, die solche Bücher so lange aufheben?  Es
ist doch kein Gold!  Denkt nur an all die Feuersbrünste und
Überschwemmungen, an Pestilenz und Seuchen!  Sieh, sieh!

Caspar Bernauer.  Es gab immer gelehrte Männer!

Knippeldollinger.  Freilich, freilich!  Was gab's nicht!  Wenn man
das so erwägt, Gevatter, und gehörig bedenkt--Ja, ja!  Nicht wahr?
Sagt selbst!

Caspar Bernauer.  Ich weiß nicht, was Ihr meint!

Knippeldollinger.  Ho, ho!  Besser, als ich!  Damit kommt Ihr mir
nicht durch.  Nun, wie Ihr wollt!  Wo bleibt denn mein Patchen?  Die
Muhme wird schon warten!

Caspar Bernauer.  Ja, die hatte Grillen!  (Zu Theobald.)  Spring
einmal zu ihr hinauf!  Bring gleich das Besteck mit!  Wir werden's
brauchen.

Theobald (ab).

Knippeldollinger.  Ihr geht nicht auch?  Wir könnten zusammenrücken!

Caspar Bernauer.  Mich kümmern bei einem Turnier nur die Beulen und
Wunden, und die krieg ich hier schon zu sehen, denn man trägt mir die
Krüppel her!

Knippeldollinger.  Aber der Herzog, der Herzog von Bayern-

Caspar Bernauer.  Mich lüstet nicht nach seiner Bekanntschaft, und ich
will ihm wünschen, daß er auch die meinige nicht suchen muß, denn dazu
führt nur ein Rippenbruch!  Heut abend ist das was anders.

Knippeldollinger.  Denkt Euch, hinter der alten Klostermauer, wo mein
Vetter wohnt, hat man letzte Nacht einen Toten gefunden!

Caspar Bernauer.  Da ist viel zu wundern!  Kommen jemals
Reichsknechte nach Augsburg, ohne daß es etwas gibt?

Knippeldollinger.  Wohl!  Aber dieser ist so entstellt, daß man ihn
gar nicht mehr erkennen kann!

Caspar Bernauer.  So soll man drei Tropfen seines Blutes nehmen und
sie um Mitternacht, mit einem gewissen Liquor vermischt, auf eine
glühende Eibenkohle träufeln.  Dann wird der Verstorbene im Dampf
erscheinen, wie er leibte und lebte, aber in durchsichtiger Gestalt,
gleich einer Wasserblase, mit einem dunkelroten Punkt in der Mitte,
der das Herz vorstellt.

Knippeldollinger.  Ei!  Ei!  Habt Ihr den Liquor?

Caspar Bernauer.  Wenn Ihr ihn hättet, so ließet Ihr's durch den
Ratsweibel ausrufen!



Zehnte Szene

Agnes (kommt im Putz.  Theobald folgt).

Knippeldollinger.  Sieh da!  (Faßt ihre Hand.)  Nun bekomm ich sie
doch?

Caspar Bernauer (zu Agnes).  Soll ich dir jetzt mit dem Korkstöpsel
ein neues Gesicht machen, wie zum Schönbartlaufen, da du das alte
nicht gern mehr herumträgst?

Agnes.  Kommt, Gevatter!

Knippeldollinger (führt sie ab, in der Tür).  Wißt Ihr, daß der
Syndikus sich wieder verheiratet?  Er ist zehn Jahr älter, wie ich!

Caspar Bernauer.  Ihr irrt, nur fünf!  Viel Vergnügen!  Wenig
Rippenstöße!

Knippeldollinger (mit Agnes ab).



Elfte Szene

Caspar Bernauer.  Alter schützt vor Torheit nicht!  Nun, Caspar,
nicht hochmütig, du hast wohl auch deinen Sparren!  (Zu Theobald.)
Geh nur auch, aber sei zur rechten Zeit wieder da!  Du siehst's ja
schon!  Wenn sie einen forttragen!

Theobald (ab).



Zwölfte Szene

Caspar Bernauer (nimmt das Buch wieder).  Ich will's noch einmal
versuchen!  Ich schäm mich doch, es so wiederzubringen!  Wahrhaftig,
mich ärgert der babylonische Turmbau weit mehr, als der Sündenfall,
denn ohne den sprächen wir mit unserer einen Zunge doch auch nur eine
Sprache, und verständen uns nicht bloß, wenn wir schreien.  Das hat
mich schon in meiner Jugend verdrossen.  Wie gern wär' ich als
Geselle in die weite Welt gegangen, ob ich das Einhorntier, den Vogel
Phönix, die Menschen, die auf Bäumen wachsen, irgendwo zu sehen
bekäme, oder gar in der Türkei, wo sie doch gewiß viele unschuldig
hängen, ein Alräunchen erwischte!  Aber dann dacht' ich immer: du
verstehst die Leute ja nicht und sie dich auch nicht! und blieb
daheim!  (Ab.)




Herberge.



Dreizehnte Szene

Herzog Albrecht, Freiherr von Törring, Nothhafft von Wernberg und
Ritter Frauenhoven, vom Turnier kommend, nebst Knappen und Dienern.
Bürgermeister Nördlinger.

Albrecht.  Ich danke jetzt, Herr Bürgermeister, ich danke für das
Geleite!

Bürgermeister.  Gestrenger Herr, ich kenne meine Pflicht!  (Ruft.)
Wein her!

Nothhafft von Wernberg (zum Herzog).  Ihr könnt ihn nicht vor dem
Trunk verabschieden.

Albrecht.  Frauenhoven!

Frauenhoven.  Was ist's?

Albrecht.  Hast du das Mädchen gesehen--Aber, du mußt ja, du mußt ja!

Frauenhoven.  Welche denn?

Albrecht.  Welche!  Ich bitte dich, geh, ihr nach!  Vom Pferd hätt'
ich mich geworfen und wäre ihr gefolgt, wenn nicht (er zeigt auf den
Bürgermeister) der da-

Bürgermeister (mit einem Pokal).  Gestrenger Herr, die reichsfreie
Stadt Augsburg heißt Euch nach ruhmvoll bestandenem Turnier in Eurer
Herberge willkommen, und dankt Euch, daß Ihr ihre Patrizier einer
Lanze gewürdigt habt.

Albrecht (trinkt).  Sie lebe hoch, denn sie verdient's!  Ha, wo solch
ein wunderbares Licht der Schönheit leuchtet--(streift sich mit der
Hand über die Stirn) ja, sie verdient's!  (Wendet sich.)  Frauenhoven,
du bist noch da?

Frauenhoven.  Aber-

Bürgermeister.  Verhoffe demnach-Albrecht.  Heute abend auf dem
Tanzhaus--das versteht sich!  Nichts kann mich zurückhalten,
vorausgesetzt, daß auch sie--Verzeiht, ich bin ganz verwirrt!  Ein
Bote von meinem Vater-Bürgermeister.  Ich hatte die Einladung nach
Amtspflicht zu wiederholen, muß jedoch als Patrizier bemerken: es
ist nicht bloß Geschlechter-Tanz.  Auch die Zünfte kommen!

Albrecht.  Ich wollte, die ganze Stadt wäre da!

Bürgermeister.  Empfehle mich zu Gnaden!  (Ab.)



Vierzehnte Szene

Albrecht (zu Frauenhoven).  Und nun, du lieber, lieber Herzensfreund,
schnell, schnell!  Oder besser: ihr alle!  Du die eine Straße
hinunter, du die andere, du die dritte!

Frauenhoven.  Ihr gabt mir heut morgen den Auftrag, dem Werdenberg
nachzureiten!  Er hat Euch Eure Braut, die Gräfin von Württemberg,
entführt, wißt Ihr's noch?

Albrecht.  Nenne sie nicht mehr!

Nothhafft von Wernberg.  Ja, und ich sollte dem Württemberger die
Schlüssel von Göppingen abfordern, weil die Heirat durch die Flucht
seiner Tochter unmöglich geworden sei, und also das Reugeld
herausgezahlt werden müsse!

Törring.  Und ich sollte nach München zu Hof und Eurem Vater beides
melden!

Albrecht.  Das ist vorbei, das ist, als ob's nie gewesen wäre!  Ich
jauchze, daß Elisabeth eine Kette zerbrochen hat, die ich sonst
selbst zerbrochen haben würde.  Ich will nicht einen Dachziegel von
Göppingen oder einen Pfenning zur Auslösung, denn ich könnte mir das
Leben, das Atemholen, ebensogut bezahlen lassen, wie meine neue
Freiheit, und was meinen Vater betrifft, so steht mir seit lange eine
Bitte an ihn zu, und das soll die sein: daß er es ganz so verhalten
möge, wie ich!

Törring.  Dieser Wechsel ist rasch!

Nothhafft von Wernberg.  Und kostet Bayern fünfundzwanzigtausend
Gulden!

Albrecht.  Ich kenn euch nicht mehr!  Knapp', schäl mich ab, ich will
selbst fort, und in diesem Aufzug schlepp ich einen Schweif von
Hunderten hinter mir her.

Ein Knappe (entkleidet den Herzog des Panzerhemdes usw.).

Albrecht.  Da liegt der Herzog!--Habt ihr Augen?  (Schnallt sein
Schwert ab.)  Und da der Ritter!  Blumen her, daß ich sie vor ihr
ausstreuen kann, wo ich sie finde!  (Setzt ein Barett auf.)  Wird mich
nun noch jemand erkennen?

Törring.  Ohne Schwert?  Jeder wird sich zu täuschen glauben!

Albrecht (indem er abgeht).  Freunde, habt Geduld mit mir!  (Ab.)

Törring.  Begreift ihr das?

Nothhafft von Wernberg.  Herzog Ernst wird Augen machen!  Der besinnt
sich etwas länger, wenn sich's um den Verlust von
fünfundzwanzigtausend Gulden handelt.

Frauenhoven.  Brüder, richten wir nicht, daß wir nicht gerichtet
werden!  Das haben wir alle entweder hinter uns oder vor uns.  Wenn
ihr's noch nicht wißt, so seht ihr's jetzt, warum unsre Altvordern
für das Weib den Namen Mannrausch erfanden!  Doch diesen Rausch
vertreibt man durchs Trinken, wie den andern durch Enthaltsamkeit; je
tiefer der Zug, je rascher die Nüchternheit!  Darum müssen wir ihm
beistehen!

Nothhafft von Wernberg.  Aber die absonderlichen Reden wollen wir uns
merken, wir können sie einmal wieder ausspielen, sei's auch nur, um
uns selbst unsrer Haut gegen ihn zu wehren.  "Habt ihr Augen?--Blumen
her!--Ich kenn euch nicht mehr!" Damit belad ich meinen Esel.
Sammelt ihr auf, was heut abend abfällt, denn ohne Zweifel trifft der
neue Adam seine Eva beim Tanz.  Vielleicht ist's der Engel von
Augsburg!

Törring.  Der Engel von Augsburg?

Nothhafft von Wernberg.  So nennt man hier eine Baderstochter, Agnes
Bernauer, deren Schönheit die halbe Stadt verrückt machen soll.
Wollen wir die Bude ihres Vaters einmal aufsuchen?  Wir können uns
die Bärte stutzen lassen, und wer weiß, ob wir das Wunder bei dieser
Gelegenheit nicht zu sehen bekommen.

Frauenhoven.  Topp!

(Alle ab.)




Großer Saal im Tanzhause der Stadt.
Festlich geschmückt mit den Panieren der Zünfte und den Wappen der
Geschlechter.
Abend.  Die Gäste versammeln sich rasch, die Zunftmeister empfangen.



Fünfzehnte Szene

Bürgermeister Hermann Nördlinger kommt mit Nothhafft von Wernberg.

Bürgermeister.  Ja, Herr Ritter, so läuft nun alles seit jenem
unseligen Katharinen-Abend, wo wir den Pöbel mit in den Rat aufnehmen
mußten, bei uns durcheinander!  Perlen und Erbsen in einem Sack, der
Herzog wird das Ausklauben mühsam finden, mich wundert, daß er kommt!

Nothhafft von Wernberg.  Ihr habt Euch noch immer nicht gewöhnt?  Es
ist doch schon lange her.

Bürgermeister.  Noch nicht lange genug, daß die Hoffnung auf die
Rückkehr der guten alten Zeit schon ganz erstickt sein sollte.  Seht
den Dicken da, das ist der Zunftmeister der Bäcker, der macht die
Ehre der Stadt.  Seht doch hin!  Wenn er dem ankommenden Gast, den er
zu begrüßen hat, nicht mit seinem Stierkopf den Brustkasten einstößt,
so zerschmettert er einem schon anwesenden ganz sicher durch den
Kratzfuß das Schienbein!  Was sagt Ihr?  Ist's nicht, als wenn ein
Pferd ausschlüge?  Und das sollte man gewöhnen!

Nothhafft von Wernberg.  Ihr hättet Euch besser wehren sollen!

Bürgermeister.  Wir wurden überrumpelt!  Kaiser und Reich hätten uns
besser beistehen sollen!  Was nötigte die Majestät, den vermaledeiten
Zunftbrief, der uns abgezwungen wurde, hinterher mit Ihrem Siegel zu
versehen?  Wir hatten genug zu tun, daß wir uns nur nicht selbst
unter die Metzger und Handschuhmacher aufnehmen lassen und unsere
alten Namen mit neuen vertauschen mußten.  Denn das wurde verlangt.



Sechzehnte Szene

Frauenhoven und Törring kommen.

Frauenhoven.  Da steht der Bürgermeister, der kann es uns sagen!
(Tritt zum Bürgermeister heran.)  Ist es wahr, wie man im Reich
erzählt, daß der Boden von Augsburg keine Ratten duldet?

Bürgermeister.  Gewiß ist es wahr, man trifft dies Ungeziefer nimmer!
Das war schon so zu den Zeiten des Drusus.

Törring.  Kurios!



Siebzehnte Szene

Trompeten.

Bürgermeister.  Seine Gnaden der Herzog!  (Eilt zum Eingang und
begrüßt den eintretenden Herzog Albrecht.)

Albrecht (tritt zu Frauenhoven, Törring und Nothhafft von Wernberg
heran).  Da seid ihr!

Frauenhoven.  Wir haben den ganzen Nachmittag gesucht-

Albrecht.  Und gefunden-Nothhafft von Wernberg.  Eben jetzt!

Albrecht.  Mich, meinst du!  Oh, köstlicher Fund!  Ich bedanke mich!

Frauenhoven.  Ich strich allein und-

Albrecht.  Es ging dir besser, wie mir?  Du entdecktest ihre Spur!

Frauenhoven.  Ja!

Albrecht.  Warum treff ich dich erst jetzt!

Frauenhoven.  Dies Mädchen--Oh!  Wohl hattet Ihr recht, uns zu fragen,
ob wir Augen hätten!

Albrecht.  Du liebst sie auch?

Frauenhoven.  Könnt' ich anders?

Albrecht.  Frauenhoven, das ist ein großes Unglück!  Ich glaub's dir,
daß du nicht anders kannst, es wäre Wahnsinn von mir, wenn ich
verlangte, daß du entsagen solltest, hier hört die Lehnspflicht auf.
Aber wahrlich, auch die Freundschaft, hier beginnt der Kampf um Leben
und Tod, hier fragt sich's, in wessen Adern ein Tropfen Bluts
übrigbleiben soll!  Du lächelst?  Lächle nicht!  Wenn du das nicht
fühlst, wie ich, so bist du nicht wert, sie anzusehen!

Frauenhoven.  Diese pechschwarzen Augen--und wie sie den Hals trägt,
recht, um sich daran aufzuhängen und vor allem diese kastanienbraunen
Haare-

Albrecht.  Faselst du?  Goldne Locken sind's, die sich um ihre
Stirn ringeln--demütiger ward nie ein Nacken gesenkt und ihre Augen
können nicht schwarz sein!  Nein, nein, wie Meeresleuchten traf mich
ihr Strahl, wie Meeresleuchten, das plötzlich fremd und wunderbar aus
dem sanften blauen Element aufzuckt und ebenso plötzlich wieder
erlischt!

Frauenhoven.  Gnädiger Herr, ich weiß nichts von ihr, es war ein
Scherz, den Ihr dem lustigen Ort, wo wir uns befinden, verzeihen mögt!

Albrecht.  So flieh! flieht alle, daß nicht Ernst daraus wird,
fürchterlicher Ernst, denn ich sage euch, die sieht keiner, ohne die
höchste Gefahr!



Achtzehnte Szene

Agnes (erscheint, von Caspar Bernauer und Knippeldollinger begleitet).

Albrecht (ausbrechend).  Da ist sie!

Nothhafft von Wernberg und Frauenhoven. (zugleich).  Wunderschön, das
ist wahr!

Törring.  Und der Engel von Augsburg, das ist auch wahr!  Dort steht
ja der Vater!

Albrecht.  Kennst du sie?

Törring.  Man nennt sie hier allgemein den Engel von Augsburg.  Sie
ist die Tochter eines Baders, gnädiger Herr!  Wir ließen uns vorhin
die Bärte bei ihm stutzen.  (Er zeigt auf seinen Bart.)  Seht Ihr?
Der Mann ist geschickt, nicht wahr?  Es könnte dem Eurigen auch nicht
schaden!  (Er tritt auf die Gruppe zu.)  Guten Abend, Meister, da
sehen wir uns schon wieder!

Caspar Bernauer.  Viel Ehre für mich!

Albrecht (folgt, zu Agnes).  Jungfrau, warum erteilt Ihr auf den
Turnieren nicht den Dank?  Was durch Eure Hände geht, ist edler, als
Gold, und köstlicher, als Edelstein, wär's auch nur ein grüner Zweig,
vom nächsten Busch gebrochen!

Caspar Bernauer.  Meine Tochter ist an solche Reden nicht gewöhnt,
gnädiger Herr; fragt sie aus den sieben Hauptstücken unseres
allerheiligsten Glaubens, und sie wird nicht verstummen!

Agnes.  Nicht doch, Vater, der Herzog von Bayern will seine Braut so
anreden und macht bei der Bürgerstochter von Augsburg nur die Probe!

Caspar Bernauer.  Wohl gesprochen, Agnes, aber zum Antworten hast du
keine Vollmacht, darum danke Seiner Fürstlichen Gnaden für die
Herablassung und komm!

Albrecht.  Warum, störriger Alter?  Noch habe ich ja kaum den Ton
ihrer Stimme gehört, noch kamen die vierundzwanzig Buchstaben nicht
alle über ihre Lippen!  (Abgewandt.)  Ha, ich könnt' sie bitten:
sprich dies Wort aus, oder das, oder jenes, nicht des Sinns wegen,
nur damit ich erfahre, mit wieviel Musik dein Mund es beschenkt!  (Zu
Caspar Bernauer.)  Ihr geht doch?  So müßt Ihr mir gestatten, Euch zu
begleiten!  Euer Schatten weicht eher von Euren Schritten, als ich!

Caspar Bernauer.  Euresgleichen würde neidisch werden!

Törring (faßt Caspar Bernauer unter dem Arm).  Bayerns Herzog hat
hier seinesgleichen nicht!

(Er führt ihn ab, Nothhafft von Wernberg gesellt sich zu
Knippeldollinger und folgt.)

Albrecht (zu Agnes, die ebenfalls folgt und sich ihrem Vater zu
nähern sucht).  Mädchen, ich täuschte mich nicht, du hast heut morgen
nach mir gesehen.  Galt der Blick mir oder meinem venezianischen
Helmbusch?

Agnes.  Ich zitterte für Euch, gnädiger Herr, Ihr schautet zu mir
herüber und rittet gegen den Feind, ich dachte, Ihr müßtet Schaden
nehmen!

Albrecht.  Und das war dir nicht gleichgültig?

(Sie verlieren sich, nebst den andern, im Gewimmel.)

Barbara (mit Martha und andern Mädchen hervortretend).  Ha, ha, ha!
Sagt' ich's euch nicht, daß es besser sei, zu Hause zu bleiben?  Nun
freut euch, wenn ihr könnt!

Martha.  Ei, dies ist ja gut!  Wenn der Herzog sie mitnimmt, steht
sie uns ebensowenig mehr im Wege, als wenn sie gen Himmel fährt!

Barbara.  Mitnimmt!  Wo denkt ihr hin!  Er wird sie schon hier lassen!
Aber sie wird noch im Wert steigen, nun auch er genickt hat!  Seht
euch nur um, wie alles kuckt und flüstert!

(Gehen vorüber.)

Nothhafft von Wernberg (kommt mit Knippeldollinger, ihm tritt
entgegen:)

Bürgermeister Nördlinger (mit einem Fräulein).  Herr Ritter--meine
Base, Juliana Peutinger--sie hat des Kaisers Majestät schon als
vierjähriges Jungfräulein im Namen des Rats mit einer kleinen
lateinischen Rede begrüßt!  Ich möchte sie Seiner Gnaden gern
aufführen!

Nothhafft von Wernberg (mit ihm weitergehend).  Nachher, Herr
Bürgermeister, nachher!  (Leise.)  Der Herzog ist von den Bürgern so
warm empfangen worden, sie haben sich die Kehle fast abgeschrien, Ihr
seht, er bezeugt sich dankbar!

(Gehen vorüber.)

Albrecht (kommt mit Agnes).  Nun sprich auch du!  Was sagst du dazu?

Agnes.  Mir ist, als hört' ich eine Geige mehr, süß klingt's, auch
träumt sich's schön dabei.

Albrecht.  Ich frage dich, ob du mich lieben kannst!

Agnes.  Das fragt eine Fürstentochter, doch nicht mich!

Albrecht.  O sprich!

Agnes.  Schont mich, oder fragt mich, wie man ein armes Menschenkind
fragt, von dem man glaubt, daß ein ungeheures Unglück es treffen
könne!

Albrecht.  Dies Wort-

Agnes.  Legt's nicht aus, ich bitt Euch, zieht niemanden die Hand weg,
wenn er sie über die Brust hält.

Caspar Bernauer (der mit Törring gefolgt ist und sich Agnes zu nähern
sucht).  Morgen, Herr Graf, morgen!

Knippeldollinger (der mit Nothhafft von Wernberg neben den beiden
geht, zu Törring).  Einen, der das Blut besprach, habe ich selbst
gekannt.

Albrecht.  Agnes, du verkennst mich!  Ich liebe dich!

Caspar Bernauer (tritt zwischen beide).  Komm, mein Kind!  Auch du
hast Ehre zu verlieren!  (Er will sie abführen.)

Albrecht (vertritt ihm den Weg).  Ich liebe sie, aber ich würd's ihr
nimmer gesagt haben, wenn ich nicht hinzufügen wollte: ich werb um
sie!

Nothhafft von Wernberg.  Gnädiger Herr!

Frauenhoven.  Albrecht!  Kennst du deinen Vater?

Törring.  Denkt an Kaiser und Reich!  Ihr seid ein Wittelsbach!  Es
ist nur zur Erinnerung.

Albrecht.  Nun, Alter, fürchtest du noch für ihre Ehre?

Caspar Bernauer.  Nein, gnädiger Herr, aber--Vor funfzig Jahren hätte
sie bei einem Turnier nicht einmal erscheinen dürfen, ohne gestäupt
zu werden, denn damals wurde die Tochter des Mannes, der dem Ritter
die Knochen wieder einrenkt und die Wunden heilt, noch zu den
Unehrlichen gezählt.  Es ist nur zur Erinnerung!

Albrecht.  Und nach funfzig Jahren soll jeder Engel, der ihr gleicht,
auf Erden einen Thron finden, und hätte ihn einer ins Leben gerufen,
der dir noch die Hand küssen muß.  Dafür soll mein Beispiel sorgen!

Frauenhoven.  Er ist verrückt!  (Zu Albrecht.)  Nur hier nicht weiter,
nur heute nicht!  Alles wird aufmerksam und auf jeden Fall muß die
Sache geheimbleiben!

Albrecht (zu Caspar Bernauer).  Darf ich morgen kommen?

Caspar Bernauer.  Wenn ich auch nein sagte, was hülfe es mir?

Albrecht.  Agnes?

Agnes.  Wer rief mir doch heute morgen zu: geh ins Kloster?  Mir
däucht, ich sehe jetzt einen Finger, der mich hineinweist!

Albrecht.  Dir schwindelt!  Halt dich an mich!  Und ob die Welt sich
dreht, du wirst fest stehen!

Caspar Bernauer.  Gnädiger Herr, wir beurlauben uns!  Die fällt mir
sonst um!

(Ab mit Agnes und Knippeldollinger.)

Albrecht.  Ich muß--(Will folgen.)

Frauenhoven.  Keinen Schritt!  Ihretwegen, wenn nicht deinetwegen.

Albrecht.  Du kannst recht haben!

Frauenhoven.  Sprich jetzt auch mit anderen!  Sprich mit allen!  Und
lange, ich bitte dich, lange!

Albrecht.  Ich hätte so gerne noch meinen Namen von ihren Lippen
gehört!  Doch--wer will denn auch Weihnacht, Ostern und Pfingsten auf
einmal feiern!--(Er mischt sich unter die übrigen Gäste.  Ihm tritt
Bürgermeister Nördlinger mit dem Fräulein entgegen.)




Zweiter Akt

Augsburg.



Erste Szene

Herberge.  Früher Morgen.

Nothhafft von Wernberg.  Die Sache wird ernst.

Törring.  Sehr ernst!  Die Linie steht auf zwei Augen-

Frauenhoven.  Das doch nicht!  Auch Herzog Wilhelm hat einen Sohn!

Törring.  Der schwach und siech ist und kaum vier Jahre alt.  Habt
ihr das Jammerbild nie gesehen?  Ich weiß, was ich sage.  Die
Münchner Linie steht so gut, wie auf zwei Augen, und wenn es uns
nicht gelingt, Albrecht von seinem tollen Vorhaben abzubringen, so
zeugt er Kinder, die nicht einmal den unsrigen ebenbürtig sind!  Was
wird dann?  Schon jetzt ist Bayern in drei Teile zerrissen, wie ein
Pfannkuchen, um den drei Hungrige sich schlugen, soll's ganz zugrunde
gehen?  Und das wird geschehen, wenn wir dies Unglück nicht
verhindern können.

Nothhafft von Wernberg.  Das ist wahr!  Von allen Seiten würden sie
heranrücken, vergilbte Pfandbriefe auf der Lanzenspitze und
vermoderte Verträge auf der Fahnenstange, und wenn sie sich lange
genug gezankt und gerauft hätten, würde nach seiner Weise der Kaiser
zugreifen, denn während die Bären sich zerreißen, schnappt der Adler
die Beute weg.

Törring.  Also laßt uns vorbeugen!

Frauenhoven.  Aber wie?  Vergeßt nicht, daß er ebensoviel welsches
Blut im Leibe hat, als deutsches, und vielleicht noch einige Tropfen
mehr!  Ich sage euch, wenn ihr's noch nicht wißt, die Mutter ist
mächtig in ihm, und wenn ihr ihm nicht neue Augen einsetzen könnt,
daß ihm das Schöne häßlich vorkommt und das Häßliche schön, so
richtet ihr nichts bei ihm aus.  Ihr hättet ihn diese Nacht auf dem
Heimgang hören sollen!  Und ist es denn nicht auch wahr?  Wer kann
sich rühmen, einen solchen Engel gesehen zu haben, eh' er nach
Augsburg kam?

Törring.  Glaubt ihr denn, ich bin der Narr, der das Feuer besprechen
will?  Das fällt mir nicht ein!  Mag's brennen, bis er Asche ist, was
kümmert's mich.  Aber ich denke, die Nahrung wird diesem Feuer etwas
billiger zu kaufen sein, als mit Thronen und Kronen!  Zum Teufel, ist
denn Albrecht nicht auch so ein Weib wert?  Laßt mich nur machen!
Ich sage euch, es sind wackre Menschen, vernünftige Leute!  Stand der
Alte nicht gestern abend da, als ob sich ihm der Erzengel Michael zum
Eidam antrüge?  Und das Mädchen--schaute sie nicht drein, als ob sie
zum Fliegen aufgefordert würde, anstatt zum Tanzen?  Gebt nur acht,
ich bringe alles ins gleiche!  (Ab.)

Frauenhoven.  Der irrt sich!  In Vater und Tochter, wie im Herzog!

Nothhafft von Wernberg.  Aber ins Gewissen müssen wir ihm reden!

Frauenhoven.  Warum?  Um es getan zu haben, nicht wahr, wenn wir
dereinst zur Rechenschaft gezogen werden!  Borg dir die Posaune des
Jüngsten Gerichts und versuch's, ob du Gehör bei ihm findest.  Ich
bin zufrieden, wenn's nur einstweilen geheimbleibt.  Er ist beim
faulen Wenzel in Prag auferzogen worden, und was der bei Geigen--und
Flötenklang in ihn hineingesät hat, das bringt Gott selbst nicht
wieder heraus!



Zweite Szene

Albrecht (tritt ein).  Nun, Freunde?  Was sagt ihr zu diesem Morgen,
der die ganze Welt vergoldet?  Nicht wahr, den hätt' man nicht
schöner bestellen können?  Aber, wie steht ihr denn da?  Als ob ihr
augenblicklich ins Gefecht solltet und euern Letzten Willen noch
überdächtet!

Nothhafft von Wernberg.  Da hoff ich anders auszusehen, obgleich ich
keinen Vater mehr habe, der mich wieder heraushaut, wenn's zu arg
wird, wie Ihr!

Albrecht.  Ja, das ist wahr, da hab ich einen Vorzug vor euch.  Ich
darf dem Tode keck in den Rachen springen, wie die Maus dem Löwen.
Noch zwischen Kauen und Schlucken reißt mich der wieder heraus, der
mich gemacht hat.

Nothhafft von Wernberg.  Das habt Ihr bei Alling erfahren!  Wäre er
nicht gewesen-

Albrecht.  So würde mein erster Kampf auch mein letzter geblieben
sein, und ich hätte nie gehört, wie süß die Siegstrompete tönt; was
red ich, ich hätte Agnes nie erblickt!

Nothhafft von Wernberg.  Agnes!

Albrecht.  Oh, ich bin ihm Dank schuldig, unendlichen Dank, mehr Dank,
wie irgendein anderer Sohn dem seinigen!

Nothhafft von Wernberg.  Fühlt Ihr's?

Albrecht.  Erst seit gestern ganz!  Dies Auge, das ich jetzt
freiwillig schließen möchte, wie den Mund, wenn er seine Kirsche
hat--gebrochen und mit Sand verschüttet würde es ohne ihn ja längst
daliegen, ein Spiegel, der zerschlagen ward, bevor er das Bild noch
auffangen konnte, das er festhalten sollte, und dies Herz--die Stunde
wird kommen, wo ihr mich verstehen könnt, dann mehr!  Seht, wenn euch
auch einmal wird, als ob sich Millionen Lippen in euch auftäten, und
alle saugen wollten--wenn ihr nicht mehr wißt, ob's Lust oder Schmerz
ist, was euch die Seele im Wirbel herumjagt--wenn euch die Brust
zerspringen will und ihr, von Frost und Hitze zugleich geschüttelt,
zweifelnd ausruft: doch wohl Lust, ja, wohl Lust, Wollust! und dies
dunkle Wort, wie ich, nun auf einmal begreift, indem ihr's,
schwindelnd zwischen Leben und Tod, mit eurem letzten Atemzug
nachschafft--dann--dann!  Eher nicht!

Nothhafft von Wernberg.  Gnädiger Herr--eine Bitte!

Albrecht.  Was ist's?

Nothhafft von Wernberg.  Stellt Euch Euren Vater einmal vor!

Albrecht.  Nun?

Nothhafft von Wernberg.  Aber recht deutlich, mit dem Gesicht, das er
hat, wenn er einem einen Wunsch nicht bloß abschlagen, sondern in den
Hals zurückjagen will, so daß man ihn, wenn man um Honigbirnen
gekommen ist, um Stockprügel anspricht!

Albrecht.  Gut!

Nothhafft von Wernberg.  Seht Ihr ihn?  So fragt Euch, ob Ihr das vom
Spiegel und vom Wirbel und von Lust und Schmerz, und von Leben und
Tod vor ihm wiederholen möchtet!

Albrecht.  Vor ihm?  Ja!  Ich habe eine Mutter gehabt!  Vor euch?
Nicht um die Welt!

Nothhafft von Wernberg.  Eure Mutter war eine Prinzessin von Mailand!

Albrecht.  Und sollte sie meine Mutter nicht auch geworden sein, wenn
sie keine Prinzessin von Mailand gewesen wäre?  Sie war das Muster
eines Weibes--hätte das nicht genügt?

Nothhafft von Wernberg.  Ich zweifle!  Wenn aber--so würde Euch jetzt
nichts mehr hindern, Euch mit dem Engel von Augsburg zu verbinden,
denn Ihr würdet Bayerns Thron nie besteigen!

Albrecht.  Nicht, Herr Ritter?  Wer weiß!  Wer weiß, was geschähe,
wenn ich mein Volk zum Spruch aufriefe, wenn ich sagte: Seht, ich
soll nicht würdig sein, euch zu beherrschen, weil mein Vater eine
eurer Töchter zu sich erhoben hat, eine, die ihm am besten ins Ohr
sagen konnte, was euch fehlt!  Ich soll nicht würdig sein, euch zu
beherrschen, weil die Teilnahme für euch mir von der Mutter her
angeboren ist, weil ich euch verstehe, ehe ihr noch den Mund auftut,
weil mir's im Blut liegt, euch beizuspringen!  Ich soll nicht würdig
sein, euch zu beherrschen, weil ich euer Bruder bin!  Wer weiß, was
sie tun werden, die alten treuen Bavaren, wenn mein Sohn sie dereinst
nach Urväter-Weise in einem Eichenhain zusammenruft und so zu ihnen
spricht; wer weiß, ob sich dann nicht der letzte Bauer in einen
Ritter verwandelt und ob die Sense nicht gegen das Schwert schlägt,
daß das ganze deutsche Reich zu wackeln anfängt, und der große Karl
zu Aachen in seinem Sarg erschrocken nach der Krone greift!

Nothhafft von Wernberg.  Gnädiger Herr, verkennt mich nicht!
Nothhafft von Wernberg kann Euch nicht raten, in den Abgrund zu
springen, aber er springt nach, wenn Ihr's tut!

Albrecht.  Das ist ein Wort!  So kommt!

(Alle ab.)




Baderstube.



Dritte Szene

Agnes.  Hier, mein Vater?

Caspar Bernauer.  Hier, meine Tochter, hier erwarten wir ihn,
nirgends sonst.  Wie ist dir denn zumute?  Etwas anders, wie
gewöhnlich, wenn du die Augen aufmachst, nicht wahr?  Nun ja, das ist
natürlich.  Die Mädchen zögern gern aus Angst oder Neckerei noch eine
Weile vor der Tür, wenn sie auch wirklich schon hinein wollen und
wissen, daß der Bräutigam ihnen längst die Arme entgegenstreckt.  Du
armes Ding hast nun nicht einmal Kranzwindens-Zeit.

Agnes.  Also, Euer Entschluß ist gefaßt?

Caspar Bernauer.  Es gibt nur ein Mittel!  Und wenn du nur bereit
bist: Für ihn möcht' ich stehen!

Agnes.  Ja?

Caspar Bernauer.  Ich kenn's, wenn's auch lange her ist, daß ich
selbst an dem Fieber litt!  Eine treue, redliche Seele!  (Er zieht
etwas aus der Tasche.)  Was hab ich da?

Agnes.  Mein Kettlein!  Aber, das hab ich ja gestern abend gleich
wieder weggelegt!

Caspar Bernauer.  Kann doch wohl nicht sein, denn Theobald hat's auf
der Straße gefunden, als er hinter uns herschritt!

Agnes.  Theobald?

Caspar Bernauer.  Ja, den hast du ebensowenig gesehen, wie ich!  Was
sagst du?  Der närrische Junge ist uns, solange die Reichsknechte
hier sind, jeden Abend heimlich gefolgt, wenn wir das Haus noch
verließen, und hat auf uns gewartet, bis wir wieder heimgingen.  Nie
hat er sich etwas davon merken lassen, und wenn ich's jetzt weiß, so
kommt das daher, daß er deine Kette fand!  Ist das einer?

Agnes.  Es freut mich, daß er so an Euch hängt!

Caspar Bernauer.  Nun dächt' ich, es wär' die beste Antwort für den
tollköpfigen Herzog, wenn du dem Theobald rasch, noch heute morgen,
ja augenblicklich die Hand reichtest!  Du bist ihm ja doch den
Finderlohn schuldig!

Agnes.  Wie?

Caspar Bernauer.  Ihr beide trätet ihm dann Hand in Hand entgegen,
ich aber stände segnend hinter euch und riefe ihm zu: So war's im
Himmel beschlossen, und was Gott zusammengefügt hat, das soll der
Mensch nicht scheiden!

Agnes.  Vater!

Caspar Bernauer.  Fürchte keine Gewalttat!  Auch hier stehen wir auf
roter Erde, auch in Augsburg ist Westfalen, ja--doch, wozu das!  Nun,
Jungfer Tochter, was sagt Ihr?  Der Bräutigam ist, wie ich hoffe,
bereit und sogar der Priester nicht weit!  Sprich, soll's so sein?

Agnes.  Nie!  In Ewigkeit nicht!

Caspar Bernauer.  Das heißt: heute nicht!

Agnes (glühend).  Es heißt-

Caspar Bernauer (unterbricht sie).  Morgen!  Morgen!  Morgen!



Vierte Szene

Theobald (tritt hinter einem Schrank hervor).  Wozu, Meister?  Ich
kann's auch heute hören!

Caspar Bernauer (zu Agnes).  Da siehst du jetzt!

Theobald.  Scheltet sie nicht!  Ich selbst bin schuld!  Ich hätte
Euch nicht folgen sollen!  Diesmal nicht!

Agnes.  Theobald, es tut mir weh!

Theobald.  Ich weiß, Jungfer, ich weiß!  Und ich fühl's ja auch, daß
ich--Du mein Gott, ich darf ja nicht einmal von Unglück sprechen, Ihr
könnt mir ja gar nicht beschieden sein, ich brauche Euch ja nur
anzusehen, um das zu erkennen.  Meister--darf ich ein wenig
fortgehen?  In einer Stunde bin ich wieder da, um diese Zeit kommen
so nicht viele!  (Er faßt Agnes Hand.)  Agnes, ich wollte, ich könnt'
einem andern meine Liebe zu Euch abtreten, nicht um mein Herz zu
erleichtern, o Gott, nein, es wäre das größte Opfer, das ich bringen
könnte, und ich brächte es nur, um Euch glücklich zu machen, aber
glücklich würdet Ihr, das glaubt mir, wenn das, was (er schlägt sich
auf die Brust) hier glüht, eine bessere Brust schwellte!  (Ab.)



Fünfte Szene

Caspar Bernauer.  Ich glaub's auch!

Agnes.  Zürnt mir nicht, Vater!  Hätt' ich geahnt-

Caspar Bernauer.  Kein Wort mehr davon!  Es ist nun, wie's ist!  Wer
kann gegen die Sterne!  Aber mich graust, Agnes, wenn ich an deine
Zukunft denke, denn (er zeigt auf ein Barbierbecken) so ein Ding und
eine Krone--es geht nimmermehr gut!

Agnes.  Ihr ließt mich vorhin nicht ausreden!  Nicht Theobald, nicht
irgendeinem könnt' ich meine Hand reichen-

Caspar Bernauer.  Und warum nicht?

Agnes.  Weil ich--Ich dürfte nicht!

Caspar Bernauer.  So sitzt er dir schon im Herzen?  Verflucht sei
dies Turnier!

Agnes.  Aber--Zu der Mutter aller Gnaden könnt' ich mich
flüchten--ins Kloster könnt' ich gehen!

Caspar Bernauer.  Und deinen Herzog draußen lassen?

Agnes.  Nein!

Caspar Bernauer.  Was hätt'st du dann im Kloster zu tun?



Sechste Szene

Törring (tritt ein).  Guten Morgen, Meister!  Auch schon da, Jungfer?
Die Hand her, wackrer Alter!  Ich hab Euch gestern abend
liebgewonnen.  Schöne Agnes, wäre des Törrings Schädel für die
Honigreime und Schmeichelsprüche des Heinrichs von Ofterdingen und
Wulframs von Eschenbach nicht immer zu hart gewesen: jetzt gäbe er
alles wieder von sich, was er je verschluckt hätte!  Aber der hat
nichts behalten, als das Eia popeia von der Ammenstube her, darum
kann ich Euch nur sagen: Ihr seid's wert, daß Ihr einem Herzog
gefallt!

Agnes.  Schon das ist zu viel, Herr Graf!

Törring.  Bewahre!  Wenn Kaiser Wenzels Bademädchen Euch geglichen
hat, so will ich's ihm verzeihen, daß er eine Weile glaubte, er sei
mit ihr allein auf der Welt.  Nur das verzeih ich ihm nicht, daß er's
zu weit trieb und sich gar nicht wieder zur Besinnung bringen ließ,
denn sie mußt' es büßen, und das hätt' er vorher wissen können!  (Er
sieht Agnes scharf an.)  Arme Susanna, junges, schönes Kind, wie
bleich magst du gewesen sein, als die starren, grimmigen Böhmen dich
verbrannten und von ihren eignen Bischöfen und Erzbischöfen dabei
angeführt wurden, als ob's ein heilig Werk wäre!  Du warst gewiß
keine Zauberin, oder es steht auch hier eine vor mir!

Caspar Bernauer.  Das geschah im fröhlichen Lande der Geigen?

Törring.  Es sollte mich wundern, wenn man noch keinen Reim darauf
gemacht hätte!  So etwas singen die Leute gern, wenn sie lustig sind!

Caspar Bernauer.  Was sagst du, meine Tochter?

Agnes.  Pfui über den Kaiser, daß er's geschehen ließ!

Törring.  Er lag im Turm, und sein Adel stand zornig mit blankem
Schwert vor der Pforte, er wußte nicht, wer zunächst bei ihm anpochen
würde, ob der Henker oder der Befreier!

Agnes.  So war's ihr Schicksal, und sie wird schon einmal erfahren,
warum.

Törring.  Bernauer, ein Wort mit Euch!

Caspar Bernauer.  Geh, Agnes, und lege dein Kettlein weg!

Agnes (ab).



Siebente Szene

Caspar Bernauer.  Wir sind allein!

Törring.  Nun, Alter, was denkt Ihr eigentlich?  Sagt an!

Caspar Bernauer.  Ich weiß nicht, was Ihr meint!

Törring.  Nun, ich glaube, der Herzog wird heute morgen geradeso
aufgestanden sein, wie er sich gestern abend niedergelegt hat.

Caspar Bernauer.  Acht Stunden sind allerdings nur acht Stunden!

Törring.  Der Meinung bin ich auch, darum müssen wir beizeiten einig
werden!  Also--(nimmt ein Rasiermesser, wie spielend) Euer Schwert,
nicht wahr?

Caspar Bernauer.  Wie es Euch gefällt!

Törring.  Meins ist etwas länger!  (Schlägt an sein Schwert.)  Ja, was
ich sagen wollte!  Der Herzog liebt Eure Tochter--er liebt sie--wenn
jedes Eheweib so geliebt würde, sie hätten den Himmel auf Erden!

Caspar Bernauer.  Vor dem Trunk und nach dem Trunk, es ist ein
Unterschied und muß auch sein!

Törring.  Ihr seid verheiratet gewesen oder noch, und wollt Euch
entschuldigen!  Ja, ja, das kann ich Euch beteuern, er brennt, wie
ein Johannisfeuer, wenn der Wind gut bläst, aber (Nimmt das
Barbierbecken.)  Euer Helm?

Caspar Bernauer.  Ist man in Bayern so spaßig?

Törring.  Nein, nein, es ginge, seht!  (Er macht, als ob er Caspar
Bernauer das Becken aufsetzen wollte.)  Habt Ihr das noch nicht
versucht?  Ich versichre Euch, der Herzog lodert, daß die Kastanien
gar werden, wenn er sie nur ansieht, doch was das Werben betrifft,
das Heimführen--(Er nimmt den Schnepper.)  Dies Ding da, Zick Zack,
Trick Track, führt Ihr wohl im Wappen, oder ist's ein nackter Arm mit
einer sprudelnden Ader, wie ich's draußen an der Tür gemalt sah?

Caspar Bernauer.  Keins von beidem, Herr Graf!

Törring.  Nicht?  Nun also, kurz weg, wenn's überhaupt noch nötig ist!
Die Liebe des Herzogs stammt aus dem Herzen, die Werbung nun, das
war, Ihr habt's ja selbst gesehen, ein Rausch vielleicht sogar, was
weiß ich's, ein Weinrausch!

Caspar Bernauer.  Das freut mich!  Aber, diese Botschaft ist nicht
für mich allein!  (Ruft.)  Agnes!

Törring.  Freut Euch?  Ich hab mich nicht in Euch geirrt, als ich
Euch für verständig hielt!  Gebt mir noch einmal die Hand!

Caspar Bernauer (hält seine Hand zurück).  Ihr habt mich schon
geadelt!



Achte Szene

Agnes (tritt ein).

Törring.  Nicht wahr, ein mäßiges Glück, aber gesichert für
immer--unter uns--der Herzog hat schöne Güter von seiner Mutter her!

Caspar Bernauer.  Merk wohl auf, mein Kind!  (Zu Törring.)  Nun?

Törring.  Ei, da Ihr sie rieft, so sprecht selbst weiter!

Caspar Bernauer.  Wohl!  (Zu Agnes.)  Der Herzog nimmt seine Bewerbung
zurück!

Törring.  Nicht doch!

Caspar Bernauer.  Er nimmt seine Bewerbung um deine Hand zurück, die
läßt er dir, er ist nicht unverschämt!  Das übrige, nun ja, das
möcht' er, ich weiß nicht, ob für immer oder auch nur für einige Zeit!

Agnes (setzt sich nieder).

Caspar Bernauer (zeigt auf sie).  Da habt Ihr ihre Antwort!  Jetzt
die meinige!  Zuerst!  (Mit gefaltnen Händen gen Himmel.)  Ich danke
Dir, Vater im Himmel, daß es so kam!  Schick mir nun, welches Leid Du
willst, es kann mich nicht ärger treffen, als dies Glück mit seinem
schrecklichen doppelten Gesicht mich traf!  (Zu Törring.)  Ihr seht,
wie mir ist, damit erklärt's Euch, daß ich Euch so ruhig anhörte!
Ihr wart mir ein Freudenbote, denn daß meine Tochter in keine Schmach
willigen würde, wußt' ich, also gab Euer Antrag mir sie wieder, sonst
war sie für mich verloren.  Nun aber zur Abrechnung!  Ihr erkundigtet
Euch nach meinem Schwerte, wir Reichsbürger führen wirklich eins,
wenn's auch gewöhnlich hinterm Schornstein hängt, und mit dem
meinigen habe ich früher manchen Rücken ausgeklopft, der dem Eurigen,
das glaubt nur, völlig glich.

Törring.  Bernauer!

Agnes (springt auf und stellt sich neben Caspar).  Recht, Vater,
redet!

Caspar Bernauer.  Den Helm mit dem bunten Federbusch habt Ihr vor mir
voraus, ich begnügte mich immer, wie wir alle, die wir nicht
furnieren, nur streiten, wenn es gilt, unser Hab und Gut zu
verteidigen, mit einer simpeln Sturmhaube.  Doch auch die genügte
zuweilen, aus einer guten Klinge eine noch beßre Säge zu machen, wenn
sie sich daran versuchte.  Was aber mein Wappen betrifft, so werdet
Ihr's schon hie und da früh morgens an Burgtoren gesehen haben,
einige aus meiner Familie führen einen Strick und einen Dolch im
roten Felde, und sie wissen sich Respekt zu verschaffen, selbst bei
Kaiser und Reich.

Törring.  Das ist das Zeichen der Feme!

Caspar Bernauer.  Kennt Ihr sie?  Auch Jungfrauen stehen unter ihrem
Schutz, und wenn die Gerechtigkeit ihren Weg auch in diesen betrübten
Zeiten, wie ein Maulwurf, unter der Erde suchen muß: sie ist immer
zur rechten Stunde da!

Agnes.  Ich kann mich selbst schützen, mein Vater!  Was mir gestern
abend widerfuhr, das raubte mir Sprache und Besinnung; was mir jetzt
widerfährt, gibt mir beides wieder!  Das eine hätt' ich nicht für
möglich gehalten, aber, bei Gott! das andere noch viel weniger!  (Zu
Törring.)  Dies sagt dem Herzog von mir!

Caspar Bernauer.  Da ist er selbst!



Neunte Szene

Albrecht (tritt ein).  Ja, da ist er!  (Zu Agnes.)  Ward er erwartet?

Agnes (wendet sich ab).

Albrecht.  Agnes--wenn auf dem Wege zu dir ein Himmelswagen flammend
vor mir niedergefahren wäre, jeder Radnagel ein Stern, ich wäre nicht
eingestiegen, und du-

Agnes.  Gnädiger Herr--gestern fehlte mir der Mut Euch anzusehen,
heute, dächt' ich, sollte er Euch fehlen!

Albrecht.  Was hab ich dir denn getan?

Agnes.  Nichts?  Also das wäre nichts?  Gnädiger Herr, so viel Ehre
könnt Ihr mir gar nicht bieten, und wenn Ihr mir die Krone aufsetztet,
daß sie diese Schmach wiederaufwöge!

Albrecht.  Schmach?

Agnes.  Wär's keine?  Wär' das an mir keine Schmach, was, einem
Fräulein zugefügt, die Klingen aller ihrer Verwandten, bis zum
zehnten Glied herab, aus der Scheide reißen und gegen Euch kehren
würde?  Gnädiger Herr, auch mich hat Gott gemacht!

Albrecht.  Törring!  Ihr da?  Was heißt das?

Agnes.  Auch mich hat Gott gemacht, auch aus mir kann er mehr machen,
wenn es sein heiliger Wille ist, auch aus Euch weniger, denn alles
auf Erden ist nur zur Probe, und Hoch und Niedrig müssen einmal
wechseln, wenn sie nicht vor ihm bestehen!  Gnädiger Herr, tut keinem
wieder so weh, wie mir, man erwartet's nicht von Euch, darum ist's
doppelt bitter!  (Zu Caspar Bernauer.)  Mein Vater, jetzt ins Kloster!
Nun nehme ich von der Welt nichts mehr mit über die Schwelle, als
einen ewigen Schauder!

Albrecht.  Mädchen, gestern warb ich um dich, heute komm ich um die
Antwort, während meine Freunde schon den Priester suchen, der uns
verbinden soll: ist das Schmach?

Törring (tritt vor).  Der Herzog weiß von nichts, auf Ritterwort, ich
sprach nur aus mir selbst!  Ich glaubte--nun, Irren soll menschlich
sein!

Albrecht.  Du beschimpftest sie?  Du beschimpftest meine Braut?
Dafür--(Er will ziehen.)

Törring.  Nein!  Dafür--(Er tritt zu Agnes heran und küßt ihr
ritterlich die Hand.)  Ihr wißt, ich bin nicht feig, aber es wäre
nicht wohlgetan, die Zahl ihrer Freunde zu mindern, und nun ich sie
kenne, bin ich ihr Freund, ja, ich werde ihr dienen bis zum letzten
Atemzug, und mir ist, glaubt's mir und denkt darüber nach, als faßte
der Tod mich schon jetzt bei der Hand!  (Zu Agnes.)  Das sprach ein
Edler von Bayern, der nicht der Geringste ist, und nennt mich einen
ehrvergessenen Mann, wenn Euch nun etwas widerfährt, solange ich's
hindern kann.  (Zu Albrecht.)  Ihr aber, gnädiger Herr, grollt nicht
länger, daß ich ihr den Schleier etwas unsanft abnahm, es gereicht
Euch, wie ihr, zum Vorteil, daß ich ihr ins Gesicht sah!  (Tritt
zurück.)

Albrecht.  Sie schweigt!  Das Vergeben ist an ihr, nicht an mir!
Folgt mir!  Wenn sie sieht, wie ich sie räche, wird sie wissen, wie
ich sie liebe!

Agnes.  Um Gott nicht!  Nur von Euch war's mir, wie Todesstich!
Jetzt--jetzt--Vater!

Caspar Bernauer.  Ihre harten Worte tun ihr leid, gnädiger Herr, sie
hätte sie gern zurück, Ihr seht's wohl, sie erstickt ja fast!

Albrecht.  Und nicht um die Welt möcht' ich sie missen!  Alter, zwei
Kinder sind ausgewechselt worden, die Tochter des Kaisers wurde in
deine Wiege gelegt, und der Kaiser zieht die deinige auf!  Schau hin,
erkennst du sie noch?  Agnes, davon hat dir in früher Jugendzeit
schon ein Märchen erzählt, doch damals ahntest du's noch nicht, daß
du über deine eigne Geschichte weintest, erst in dieser Stunde hast
du dich wieder auf dich selbst besonnen!  Aber nun weißt du endlich,
wer du bist, das zeigt die edle Glut, die dir aus dem Auge blitzt und
von der Wange flammt, nun denkst du nicht mehr daran, daß du bisher
nicht im Purpur gingst und nicht aus goldenem Becher trankst; so komm
denn auch zu mir herüber, eh' dir das wieder einfällt!

Caspar Bernauer.  Agnes!

Agnes.  Vater, kein Wort von Gefahr!  Erinnert mich nicht, daß Mut
dazu gehört!  Sonst könnt' ich-

Albrecht (breitet die Arme gegen sie aus).  Was?  Was?

Agnes (sinkt hinein).  Und müßt' ich's mit dem Tode bezahlen--das
täte nichts!

Albrecht (umschließt sie).  Agnes!

Agnes (macht sich wieder los).  Aber dazu berechtigt mich kein Mut!
--Ihr seid ein Fürst-

Albrecht.  Und darf als solcher von vorn anfangen, so gut wie
irgendeiner meiner Vorgänger!

Agnes.  Ihr habt einen Vater-

Albrecht.  Und bin sein Sohn, nicht sein Knecht!

Agnes.  Und wenn Euer Volk murrt?

Albrecht.  So murrt es, bis es wieder jubelt.  Ja, wenn sie sich
zusammenrotteten und sich offen wider mich empörten: ich schickte
dein Bild, statt eines Heers, und sie kehrten schamrot zum Pfluge
zurück!

Agnes.  Und wenn Euer Vater flucht?

Albrecht.  So segnet Gott!

Agnes.  Und wenn er das Schwert zieht?

Albrecht.  So gibt er mir das Recht, auch nach dem meinigen zu
greifen!

Agnes.  Und dabei sollten wir--dabei könntet Ihr glücklich sein?

Albrecht.  Viel glücklicher, als wenn ich dir entsagen müßte!  Das
eine wär' Kampf, und zum Kampf gehört's, daß man den Ausgang nicht
vorher weiß; das andere wäre Tod, Tod ohne Wunde und Ehre, feiger
Erstickungstod durch eigne Hand, und den sollt' ich wählen?  Nach der
Kehle greifen, statt nach dem Schwert?  O pfui!  Da wär' ich doch
gewiß der Erste und der Letzte!  Mädchen, ich kenne jetzt dein Herz,
her zu mir, (er drückt sie an sich) so, nun hast du alles getan, das
übrige ist meine Sache!  Worauf sollte Gott die Welt gebaut haben,
wenn nicht auf das Gefühl, was mich zu dir zieht und dich zu mir?
Die Württembergerin, die man zwischen dich und mich gestellt hatte,
würde in diesem Augenblick tot umfallen, wenn sie nicht geflohen wäre!
Das fühl ich!  Darum zittre nicht!



Zehnte Szene

Frauenhoven und Nothhafft von Wernberg (treten ein).

Albrecht.  Ist alles bereit?

Frauenhoven.  Ein Priester ist gefunden, der's mit dem jungen Herzog
gegen den alten wagen will!

Nothhafft von Wernberg.  Aber nur unter der Bedingung, daß es so
lange als möglich Geheimnis bleibt!

Albrecht.  Was sagst du dazu, Agnes?

Agnes.  So lange nur Gott es weiß, wird keine meiner Ahnungen in
Erfüllung gehen!

Albrecht.  Also!  Wo und wann?

Frauenhoven.  Heut abend, Schlag zehn, in der Kapelle der heiligen
Maria Magdalena.  Aber wir müssen alle vermummt kommen, wie zum
Totendienst!

Albrecht.  Gut!  Und morgen nach Vohburg!  Agnes, das ist ein rotes
Schloß an der grünen Donau, womit meine Mutter--sie ruhe sanft und
stehe fröhlich auf--mich für meine erste Schlacht belohnte!  Gib acht,
dort wirst du über dich selbst lachen, sooft du an diesen Morgen
zurückdenkst, da gibt's mehr Lerchen, wie anderswo Spatzen, und in
jedem Baum fast sitzt eine Nachtigall.  Ich schenk es dir zum
Leibgeding, nimm den lustigen Vogelkäfig unbesehens an, ich bitte
dich, er wird dir gefallen, der Himmel schaut immer blau auf ihn
herab, und wenn du dich über eine Gabe, die du noch nicht kennst, auf
alle Gefahr hin dankbar bezeigen willst, so nenne mich zum ersten Mal
du!

Agnes.  Mein Albrecht!

Albrecht (sie in den Armen haltend).  Du weinst dabei?

Agnes.  Sollte es nicht nachbrennen?  Euch--dir konnt' ich--Aber es
schmerzte mich mehr um deinet-, als um meinetwillen, mir war, als
wäre der funkelndste Stern über meinem Haupt auf einmal aus seiner
Bahn gewichen, und ich hätte ihn in der Schaudergestalt, in der man
sie hier unten zuweilen verlöschen sieht, zu meinen Füßen wieder
getroffen!  Nun ist mir dafür zumut', als hätt' ich schon jetzt mehr
vom Leben, als mir gebührt!--Mein Vater!

Caspar Bernauer (tritt hervor).  Sie sollen Vater und Mutter
verlassen und aneinanderhangen!  Mein Kind, ich muß dich segnen, du
tust nach Gottes Gebot!  So sei er mit dir!  (Er legt ihr die Hände
aufs Haupt.)

Albrecht.  Auch mich!

Caspar Bernauer.  Ihr fürchtet, daß Ihr sonst nicht dazu kommt!  (Er
legt auch ihm die Hände aufs Haupt.)




Dritter Akt

München.



Erste Szene

Das Herzogliche Kabinett.  Man sieht an der einen Wand zwei Karten.
Die andern Wände sind mit Bildern bayerischer Fürsten behängt.

Ernst (steht vor den Karten).  Ich kann's nicht lassen, und es ärgert
mich doch immer wieder von neuem.  Das war Bayern einst, und das ist
Bayern jetzt!  Wie Vollmond und Neumond hängen sie da nebeneinander!
Und wenn noch ein halbes Jahrtausend dazwischenläge!  Aber wie
mancher alte Mann muß noch leben, der der Zeit noch recht gut gedenkt,
wo Tirol und Brandenburg und das fette Holland, und was nicht noch
sonst, unser war, ja, der obendrein auch die ganze Reihe von
Torheiten aufzählen kann, durch die das alles verlorenging!  (Er
tritt vor die Bilder.)  Nein, wie ihr gewirtschaftet habt!
Vierundzwanzig Stunden vorm Jüngsten Tag wär's noch zu arg gewesen!
Und ihr hattet das kluge Vorbild im benachbarten Österreich so nah!
Rudolph von Habsburg hätte ein Sandkorn durch geschicktes Wenden und
Drehen und unablässiges Umkehren auf klebrigtem Boden zum Erdball
aufgeschwemmt, ihr den Erdball zum magersten Sandkorn heruntergeteilt!
(Er geht weiter.)  Kaiser Ludwig, wackrer Kämpfer, der du jeden
Feind bestandst, ausgenommen den letzten, heimlichen ohne Namen und
Gesicht, du blickst finster auf deinen Enkel herab.  Ich versteh dich,
und du hast recht, das Schelten ist für die Weiber, das Bessermachen
für die Männer.  Nun, ich stückle und flicke ja auch schon ein Leben
lang, ob ich nicht wenigstens den alten Kurfürsten-Mantel wieder
zusammenbringe, und ich denke, du sollst mir die Hand geben, wenn wir
uns einmal sehen.  Du hättest mir gewiß die Arbeit erspart, wenn der
Giftmischer sich nicht mit Wein und Brot gegen dich verschworen und
dich vor der Zeit ausgetan hätte!  Aber deine Söhne--Nun!  Sie sind
tot!



Zweite Szene

Stachus (tritt ein).

Ernst.  Was gibt's?

Stachus.  Der Meister aus Köln ist da, der geschickte Mann mit dem
wunderlichen Namen.  Er sagt, er sei bestellt.

Ernst.  Er hat was bei sich!  Das bring mir!

Stachus (ab).



Dritte Szene

Ernst.  Der Zierat für die Totenkapelle, wo die jetzt in Staub
zerfällt, die mir mit Schmerzen meinen Sohn gebar!



Vierte Szene

Stachus (bringt einen Bogen).

Ernst (nachdem er ihn betrachtet hat).  Das ist mir viel zu kraus!
Komm mal her!  Bringst du heraus, was es bedeuten soll?

Stachus.  Ach, Herr, ich bin ein gar einfältiger Mensch!

Ernst.  Tut nichts, du gehörst auch mit dazu, Gräber sollen
stillschweigen, oder so reden, daß auch der Geringste sie versteht!
Genauso soll er's machen, wie ich's ihm angab: den Heiland, unsern
allbarmherzigen Erlöser, mit ausgebreiteten Armen, die Abgeschiedene
zu seinen Füßen, wie man die heilige Martha malt, aber mit verhülltem
Gesicht, da doch niemand wissen kann, wie sie jetzt aussieht, und
ganz unten ich und mein Sohn Albrecht, wie wir für ihre arme Seele
beten!  Das sag ihm, dies da kann er auf sein eignes Grab setzen, ich
bedank mich dafür, ich hätt' mir aus der Kölner Bauhütte etwas andres
erwartet, das ist die Reisekosten nicht wert!

Stachus (mit dem Bogen ab).



Fünfte Szene

Ernst.  Die hätten schön zu deinem demütigen, frommen Sinn gepaßt, du
stille Elisabeth, all diese Engel mit Flügeln und Trompeten, die
blasen, als ob die Himmelskönigin zum zweiten Mal ihre Auferstehung
feierte!  Und ich hatt' ihm alles so deutlich angegeben!  Aber, das
muß immer scharwenzeln, immer, es wär' kein Wunder, wenn man's am
Ende gar vergäße, daß man von der Erde genommen ist und wieder zur
Erde werden soll, und es scheint doch vielen zu gefallen, sonst
würden's diese Leute ja wohl nicht bei jedermann versuchen!



Sechste Szene

Der Kanzler Preising (tritt ein).

Ernst.  Schon da, Preising?  Gut!  Wißt Ihr was?  Wir wollen von heut
an immer eine Stunde früher anfangen!  Niemand weiß, ob er nicht
Feierabend machen muß, ehe er müde ist!  Wieviel hatte die Herzogin
noch vor, nun liegt sie da!  Was bringt Ihr?

Preising.  Zuvörderst!  Die Klagen über den Wucher der Juden mehren
sich!

Ernst.  Man soll sich so einrichten, daß man die Juden nicht braucht!
Wer nicht von ihnen borgt, wird nicht arm durch sie, und ob sie
funfzig vom Hundert nehmen!

Preising.  Es ist der Juden selbst wegen, daß ich darauf zurückkomme.
In Nürnberg schlägt man sie schon tot, wie die Hunde, und böse
Beispiele stecken eher an, als gute!

Ernst.  Meine Juden sollen's so treiben, daß sie das Totschlagen
nicht verdienen, dann wird's wohl unterbleiben.  Ich mische mich in
diese Händel nicht hinein.  Fragt bei meinem Bruder an, ob er will!

Preising.  Das wär' wohl das erste Mal, daß Herzog Wilhelm etwas
wollte, was Ew.  Gnaden nicht wollen!

Ernst.  Ebendarum soll man ihn nie vorbeigehen!  Weiter!

Preising.  In Sachen des strittigen Kurhuts hat der böhmische Hof
endlich-

Ernst.  Nichts davon!  Das hat Kaiser Rudolph durch seinen doppelten
Spruch so verwickelt, daß nur das Schwert noch helfen kann, und das
Schwert können wir erst dann ziehen, wenn München, Ingolstadt und
Landshut einmal wieder zusammengehen.  Dazu ist bis jetzt wenig
Hoffnung, denn meine teuren Vettern Ludwig und Heinrich möchten mich
freilich gern umarmen, wenn sie mir nur zugleich auch den Rücken
kehren könnten.  Also weiter!  Doch halt, halt, erst dies!  Wir sind
ja unverhofft zu Geld gekommen, der Württemberger muß das wieder
herausgeben, was er bei Erziehung seiner Tochter an Birkenreisern
erspart hat, und obendrein schwere Zinsen zahlen.  Mit seinen
fünfundzwanzig Tausend Gulden können wir allerlei machen!

Preising.  Wenn wir sie erst haben, ja!

Ernst.  Haltet Ihr den Grafen für keinen ehrlichen Mann?

Preising.  Für den ehrlichsten Mann von der Welt!

Ernst.  Nun denn!  Ein Bettler ist er doch gewiß auch nicht!  Wir
könnten eine unsrer verpfändeten Städte dafür auslösen, und ich weiß
schon, wo man sich am billigsten finden lassen wird, weil man unser
Geld am nötigsten braucht.

Preising.  Das wäre freilich ein Gewinn!

Ernst.  Ja, da gäb's doch einen Fleck weniger im Lande, wo wir unsern
Herzogsstab nicht wieder aufheben dürften, wenn er uns einmal aus der
Hand glitte.  Wir könnten dem Lech aber auch für ewige Zeiten einen
Freipaß damit erkaufen, daß er uns von den Augsburgern nicht wieder
auf einen Wink des Kaisers versperrt werden kann, wie Anno neunzehn
bei den Bischofhändeln!

Preising.  Dazu werden die Kaufherren raten!

Ernst.  Und Ihr?

Preising.  Gnädiger Herr, der Württemberger wird nicht aufknöpfen,
ich sag's Euch!

Ernst.  Nicht aufknöpfen?  Ei!  Ei!  Hab ich nicht mein Pfand?  Sind
mir nicht Geiseln gestellt?  Was kann er denn einwenden?

Preising.  Er legt's übel aus, daß Herzog Albrecht sich gar keine
Mühe gab, seine Braut wiederzubekommen, daß er in Augsburg aufs
Tanzhaus ging, statt den Entführer verfolgen zu helfen!

Ernst.  Was war denn an der noch wiederzubekommen?  Sie war ja schon
das Weib eines andern, eh' wir hier noch die Flucht erfuhren!  Der
Württemberger soll sich in acht nehmen!  Ich besetz ihm Göppingen,
eh' er's denkt, es kommt mir auf einen Ritt noch nicht an!

Preising.  Ich sage Euch, und bitt Euch, nicht unwirsch zu werden,
über den Sieger von Alling ist nie so viel geredet worden, wie über
den Tänzer von Augsburg!

Ernst.  Ich weiß, ich weiß, und es verdrießt mich genug!  Preising,
es ist die Strafe unsrer eignen Jugendsünden, daß wir gegen die
unserer Kinder nachsichtig sein müssen.  Ihr wißt, was ich auf
Andechs verwende, glaubt's mir, man baut niemals Kapellen ohne Grund!
Aber es ist schon dafür gesorgt, daß ein Ende wird.  Erich von
Braunschweig sagte schon vor zwei Jahren zu mir: es ist schade, Ernst,
daß du nur den einen Sohn hast und daß der versprochen ist!  Dies
Wort blieb mir im Kopf hängen, und noch denselben Tag, wo ich die
Flucht der Wüttembergerin erfuhr, ließ ich um die Braunschweigerin
anhalten!  Nun, gestern zur Nacht lief das Jawort ein!

Preising.  Und Albrecht?  Wird er einverstanden sein?

Ernst.  Einverstanden?  Wie kommt Ihr mir vor?  Darnach hab ich
wahrhaftig noch nicht gefragt, das, denk ich, versteht sich von
selbst!

Preising.  Ihr habt ihm einen Boten geschickt!

Ernst.  Einen?  Drei, vier hab ich ihm geschickt, mit Ermahnungen und
Warnungen, dem letzten hab ich sogar einen Brief mitgegeben!

Preising.  Nun, der ist wieder da, er steigt eben vom Pferd!

Ernst.  Er hat lange genug gemacht!

Preising.  Und ist doch nicht langsam geritten, denn er kommt nicht
von Augsburg, sondern von Vohburg, der Herzog hatte die Reichsstadt
verlassen, bevor er eintraf!

Ernst.  So ist der Handel mit der Dirne vorbei, und ich hätte mir den
dummen Brief sparen können!

Preising.  Nichtsweniger, als das, er hat die Dirne mitgenommen!

Ernst.  Das ist viel!  Das würde ich bei Lebzeiten meines Vaters nie
gewagt haben!  Bringt das der Bote?

Preising.  Ja--Und-

Ernst.  Was noch?  Warum stockt Ihr?  Das kenn ich ja gar nicht an Euch!

Preising.  Das Gerücht--wissen müßt Ihr's--geht sogar noch weiter,
viel weiter!

Ernst.  Das Gerücht hat tausend Zungen, und nur mit einer spricht es
die Wahrheit; wer will die herausfinden?  Aber wie weit geht's denn?
Ich bin doch neugierig!

Preising.  Man munkelt von einer heimlichen Heirat!  Die Dirne hätt's
nicht anders getan!

Ernst.  Und das könnt Ihr mir mit einem ernsthaften Gesicht sagen?
Preising!  Bringt das auch der Bote?

Preising.  Ich habe ihm augenblicklich das strengste Stillschweigen
auferlegt.

Ernst.  Nicht doch!  Er soll reden!  Aber er soll hinzufügen, daß der
Dirne ganz Bayern zum Leibgeding verschrieben ist!  (Er lacht.)  Meint
Ihr nicht?  Auch der Teil, der nicht uns gehört, der solle apart für
sie erobert werden!  Durch mich, versteht Ihr?

Preising.  Und Ihr seid gewiß, daß nichts dahintersteckt?  Gar nichts?

Ernst.  Preising!  (Er hebt seine drei Finger in die Höhe.)  Das
solltet Ihr doch auch können, und ob Ihr auf dem Todbett lägt!  So
viel Respekt für mein Blut verlang ich!  Die Sippschaft der Dirne
hat's in Umlauf gesetzt, um ihre Schande zu verbrämen!  Das liegt ja
auf der Hand!  Aber daraus folgt nicht, daß wir ruhig zusehen wollen,
bis es im ganzen Reich herum ist, bewahre!  Es freut mich jetzt
doppelt, daß der Braunschweiger endlich gesprochen hat, nun können
wir dem Kot gleich einen Platzregen nachschicken, und wir wollen uns
rühren, daß er sich nicht vorher festsetzt!  Also!  Ihr steigt
augenblicklich zu Pferd und meldet's meinem Sohn-

Preising.  Wenn er's nun aber doch nicht aufnimmt, wie Ihr denkt?

Ernst.  Haltet Euch doch nicht bei Unmöglichkeiten auf!  Das sind ja
ganz verschiedene Dinge!  Er sagt ja; ob gern oder ungern, schnell
oder langsam, das kümmert nicht mich und nicht Euch.  Es gibt zwar
eine Person, der das nicht so gleichgültig sein kann, wie uns beiden,
aber auch um die ist mir nicht bange, sie wird's schon durchsetzen,
wenn sie nur einmal da ist!  In Braunschweig ist ja alles schön, bis
auf das Hexenvolk, das sich zu Walpurgis bei Nebel und Nacht auf dem
Blocksberg versammelt, und Erichs Anna soll noch mächtig
hervorleuchten!  Ihr kennt das schnurrige Wort ja wohl, das auf dem
letzten Fürstentag über sie umging.  Der Burggraf von Nürnberg, der
kleine Bucklichte, der immer so twatsche Einfälle hat, sagte, als die
Rede auf ihr schlichtes Wesen in Gang und Kleidertracht kam, sie sei
ein Licht, das ungeputzt noch heller brenne, als geputzt, und die
Jüngeren unter uns schwuren mit großem Lärm, das sei wahr, während
wir Älteren lachten.  Zum Teufel, die wird's doch mit der Baderin
aufnehmen können?

Preising.  Gut denn!

Ernst.  Weiter entbietet ihn zum Turnier, nach Regensburg, denk ich!
Ja, ja, nach Regensburg!  Ich bin's denen schuldig!  Er soll nicht
länger dastehen, wie ein Knabe, dem der eine Vogel davongeflogen ist,
und der keinen andern fangen kann, auch soll's die Ritterschaft
gleich wissen, daß Welf und Wittelsbach sich endlich einmal wieder
küssen wollen, und das will ich feierlich auf dem Turnier verkünden!
Es muß so rasch, als möglich, zustande gebracht werden, mein Bruder
soll die Ausschreibungen auf der Stelle erlassen, ich will gleich zu
ihm, er wird's gern tun, das ist ein Geschäft für ihn!  Wißt Ihr,
wie's mit seinem Sohne steht?  Ich sah ihn lange nicht, sie
verstecken ihn vor mir, wie's scheint, als ob sie sich schämten, ich
mag kaum nach ihm fragen!

Preising.  Besser, wie ich höre, etwas besser, seit das alte
Kräuterweib ihn pflegt!

Ernst.  Das freut mich, obgleich es wohl nicht viel heißt!  Denn mit
diesem Knaben spielen alle Gebresten Fangball, ich hätte gar nicht
gedacht, daß es so viele übel gibt, als er schon gehabt hat, es ist
ein Elend!  Preising, der arme Adolph wird gewiß keine tolle Streiche
machen, höchstens den, daß er ins Kloster geht, und daran tut er am
Ende sogar recht!

Preising.  Oft werden schwache Kinder doch noch starke Männer!

Ernst.  Gott geb's, ich wünsch es von Herzen!  Aber--was trieb mein
Albrecht schon alles, als er vier Jahr' alt war!  Da kam kein Bart
ungerupft vom Schloß, und kein Fenster blieb ganz, wo er
herumhantierte.  Freilich, jetzt ist's weit mit ihm gekommen, er hat
sein Nest beschmutzt, und das hätt' ich nie gedacht, ich hielt ihn
für einen bessern Vogel.  Nun, es soll schon wieder rein werden, und
später kann ich dafür auch um so mehr von ihm fordern, denn alle zehn
Gebote zusammen peitschen den Mann nicht so vorwärts, wie die
Jugend-Torheiten, die ihm rechts und links über die Schultern kucken,
wenn er den Kopf einmal dreht.  Nur darum, glaub ich, läßt Gott, der
Herr, sie zu!  (Wendet sich zum Abgehen.)

Preising.  Und wenn--Gnädiger Herr, in einem solchen Fall ward das ja
gewiß noch niemals schnell gesagt!  Wenn er es mir nicht gleich auf
den Weg mitgibt: lad ich ihn dann auch zum Turnier?

Ernst.  Dann erst recht!  Dann will ich ihn vor gesamter
Ritterschaft--Torheit!  Zu Pferd, Preising, zu Pferd!  (Rasch ab.)




Vohburg.



Siebente Szene

Erkerzimmer.  Albrecht tritt mit Agnes ein.  Der Kastellan folgt.

Albrecht (zu Agnes, die einzutreten zaudert).  Nun?  (Zum Kastellan.)
Also dies ist das Zimmer?

Kastellan.  Dies ist das Zimmer!

Albrecht.  Ein wahrer Lug ins Land!

Kastellan.  Ja, von hier aus sieht man die Feinde zuerst, aber auch
die Freunde.  Das sagte die Hochselige, als sie's zum ersten Mal
betrat und geradeso, wie Ew.  Gnaden jetzt, aufs Fenster zuging!

Albrecht.  Wir hätten früher kommen sollen, nicht wahr, Alter, gleich
nach der Ankunft?  Denn ich merk's wohl, daß meine Mutter dich ins
Vertrauen gezogen hat!

Kastellan.  Ei, ich brauch's nicht zu erfahren, warum das fünf Tage
später geschieht, als sie erwartete!  Ich weiß ohne das, was ich dem
Burgwart und dem Kellermeister zu antworten hab, wenn sie die Köpfe
noch einmal zusammenstecken sollten, denn Ew.  Gnaden stehen jetzt
darin, und also auch meine erlauchte Gebieterin Elisabeth von
Württemberg, nunmehr von Bayern!

Albrecht.  Deine Gebieterin gewiß, wenn auch nicht Elisabeth von
Württemberg!

Kastellan.  Nicht?  Ich meinte doch!  Anders freilich hätt' ich's mir
vorgestellt!  Wenn Fürstinnen im Heiligen Römischen Reich sonst ihren
Brautzug hielten, meldete es ein Glockenturm dem andern durch
fröhlich Geläut, die Fahnen flogen, die Trompeten schmetterten und
bunte Herolde sprengten hin und her!  Davon hat man diesmal nichts
gemerkt: nun, Gott segne die Herzogin dieser Lande und die
rechtmäßige Gemahlin meines Herrn!  (Ab.)



Achte Szene

Albrecht.  Ein wunderlicher Alter!  Ganz wie ein welkes Blatt unter
grünem Laub, das der Wind hängenließ!

Agnes.  Er erinnert mich an meinen Vater!  So wird der einmal
aussehen!

Albrecht.  Nun sind wir denn hier!  Wie trieb er!  Soviel ich ihm
auch zugute halte, es verdroß mich fast, dies ewige
Sich-in-den-Weg-Stellen und Klirren mit dem Schlüsselbund!

Agnes.  Und ich schämte mich!  Aber es rührte mich doch!  Er kann
keinen Flecken an seinem Herzog dulden, und er hielt mich für deinen
Flecken!

Albrecht.  Nun, ihr Wände?  Wenn ihr Zungen habt, so braucht sie,
damit ich endlich erfahre, warum wir gerade hierher zuerst kommen
sollten!  Ich glaubte, dieser sei eine überraschung zugedacht, aber
ich sehe ja nichts!

Agnes.  Schön ist es hier!  Dies braune Getäfel ist so blank, daß es
uns abspiegelt!  Das ist gewiß Regensburger Arbeit!  Und die bunten
Glasfenster mit den vielen, vielen Bildern darin!

Albrecht.  Ja, das machen sie jetzt am Rhein, seit sie in Köln den
Dom bauen!  Lauter Legenden!  Man wird heilig, wenn man durch solche
Scheiben sieht!  Aber ich kann mir doch nicht denken, daß wir hierher
gerufen sind, um uns die zu erklären!

Agnes.  Und die Aussicht!  Oh!

Albrecht.  Das alles ist jetzt dein!  Aber freu dich nicht zu sehr!
Du mußt auch manches mit in den Kauf nehmen.  Zum Exempel den alten
krüpplichten Baum da, und dort die Hütte ohne Dach!

Agnes.  Mein Albrecht, du bist so fröhlich, das ist mein größtes
Glück!

Albrecht.  Oh, ich bin heute ein Maulhänger gegen das, was ich morgen
sein werde, und so fort und fort!  Ja, Agnes, so ist's!  Ein
Entzücken ist bei mir immer nur der Herold des anderen, größeren, und
jetzt erst weiß ich's, warum wir Menschen unsterblich sind.

Agnes.  Nicht mehr!  Ich halt's nicht aus!  Die Brust zerspringt mir!
(Sie erblickt den Betschemel.)  Da!  Da!  (Sie wirft sich hin und
betet.)

Albrecht (mit einem Blick nach oben).  Nun segnest Du!  Und ich weiß
auch, durch wen!

Agnes (steht wieder auf, an dem Betschemel öffnet sich, wo sie kniete,
ein geheimes Fach, sie bemerkt es nicht).

Albrecht.  Jetzt ist meine Mutter nicht mehr im Himmel, sondern
wieder auf Erden und hier bei uns, aber ihre Seligkeit ist gleich
groß!

Agnes.  Ach, auf mich war sie nicht gefaßt!

Albrecht (bemerkt das geheime Fach).  Aber, was ist das?

Agnes.  Perlen und Kleinodien!  Oh, welche Pracht!

Albrecht.  Ihr Schmuck!  Das denk ich wenigstens, denn getragen hat
sie ihn wohl nur, eh' ich geboren wurde!  Und ein Brief!  (Er nimmt
den Brief.)  An dasjenige meiner Kinder, das hier zuerst nach mir
betet!  (Reicht ihn Agnes.)  Also an dich!  Da ist das Geheimnis!
Sieh! sieh!  Da hatte dieser Gang doch einen Zweck!  Das hätte dir
bei der Trauung prächtig gestanden!  Freilich, wir hatten sie hinter
uns, eh' wir kamen!--Nun?

Agnes (reicht ihm den Brief).

Albrecht (nachdem er ihn gelesen hat).  Wär' ich's gewesen, so hätt'
ich dich damit schmücken dürfen, nun sollst du's selbst tun.  Das ist
auch besser!

Agnes.  Nicht dies, nicht das!

Albrecht.  Und was darunterliegt, ist für den, der nicht betete.  Das
wird nicht so glänzen und funkeln!  Gute Mutter, du hast vorausgewußt,
wer das sein würde; ich seh dich, wie du den Zeigefinger gegen mich
erhebst!  (Zu Agnes.)  Aber nun mach doch!  Wie lange soll ich um den
letzten Tannenbaum, den sie mir aufrichtete, herumhüpfen, eh' ich ihn
plündern darf?  Nimm rasch das Deinige weg, daß ich zum Meinigen komm!

Agnes.  Wie sollt' ich!

Albrecht.  Du bist ihr freilich keinen Gehorsam schuldig, aber ich,
und wahrlich, ich will ihn der Toten am wenigsten weigern.  Du wirst
mich nicht hindern wollen, ein frommer Sohn zu sein!  Also!  (Er
nimmt die Perlen und will sie schmücken.)

Agnes (tritt zurück).  Nicht doch!  Was bliebe noch für eine
Prinzessin!

Albrecht.  Willst du trennen, was zusammengehört?  Da gäbst du meinem
Vater, den du so fürchtest, ein böses Beispiel!  Mach's schnell
wieder gut, daß er sich nicht darauf berufe!  Komm!  Gleiches zu
Gleichem!  (Er schüttelt die Perlen, daß sie klappern.)  Das heißt
hier: Hagel zu Schnee!  (Er hängt sie ihr um.)  Nun mögen sie sich
streiten, wer weißer ist!

Agnes.  Schmeichler!

Albrecht.  Agnes, hat man's dir schon gesagt, daß der rote Wein, wenn
du ihn trinkst, durch den Alabaster deines Halses hindurchleuchtet,
als ob man ihn aus einem Kristall in den andern gösse?  Aber, was
schwatz ich!  (Er nimmt das goldene Diadem.)  Ich habe ja noch ein
Paar zu vereinigen!  (Er will es ihr aufsetzen.)

Agnes.  Es würde mich drücken!

Albrecht.  Du hast recht, daß du dich jetzt noch mehr sträubst, wie
vorher, denn hier ist die Ebenbürtigkeit noch mehr zweifelhaft!  Dies
Gold und das (er deutet auf ihre Locken), der Abstand ist zu groß!
Dies ist der Sonnenstrahl, wie er erst durch die Erde hindurchging
und an ihre Millionen Gewächse sein Bestes abgab, dann verdichtete
sich der grobe Rest zum schweren toten Korn!  Das ist der
Sonnenstrahl, der die Erde niemals berührte, er hätte eine
Wunderblume erzeugt, vor der sich selbst Rosen und Lilien geneigt
haben würden, doch er zog es vor, sich kosend als schimmerndes Netz
um dein Haupt zu legen!  (Er setzt ihr das Diadem auf.)  Aber nimm's
nicht so genau, wir finden nichts Beßres.

Agnes.  Nur, um zu sehen, wie's ihr gestanden hat!

Albrecht.  Das Auge ist so edel, daß es nicht geschmückt werden kann,
noch diesen Ring an den Finger--er ging lange genug nackt!--noch
dieses Armband, und (er führt sie ritterlich vor) die Kaiserin ist
fertig!  Denn, das ahntest du nicht, eine Kaiserin wollt' ich machen,
und sie steht da, setz dich auf den ersten Thron der Welt, und in
tausend Jahren wird nicht kommen, die sagen darf: erhebe dich!  Nun
will ich aber auch mein Teil sehen!  (Er nimmt eine Menge welker
Blumen usw. aus dem Fach.)  Welke Blumen und Blätter, die fast
zerstäuben, wenn man sie anrührt?  Was mag sich so ankündigen?
Heraus!  (Er erblickt einen Totenkopf und erhebt ihn.)  Ah, du bist's,
stummer Prediger?  Du redest noch besser, wie Salomo, aber mir sagst
du nichts Neues; wer, wie ich, auf Schlachtfeldern aufwuchs, der weiß
es auch ohne dich, daß er sterben muß!  Doch erst will ich leben!  Im
Himmel gibt's Halbselige, sie blicken nach der Erde zurück, und
wissen nicht, warum!  Ich weiß es, sie haben ihren Kelch nicht
geleert, sie haben nicht geliebt!  Ja, Agnes-



Neunte Szene

Der Kastellan (tritt ein).

Albrecht (zum Kastellan).  Halt!  Noch kein Wort, und ob die Welt
unterginge!  Ja, Agnes, wenn ich bei Gott aufhören soll, muß ich bei
dir anfangen, es gibt für mich keinen anderen Weg zu ihm!  Geht es
dir nicht auch so?

Agnes.  Und käme jetzt der Tod, ich dürfte nicht mehr sagen: Du
kommst zu früh!

Albrecht (preßt sie an sich).  All unsre Wollust mündet in Gott, was
unsre enge Brust nicht faßt, das flutet in die seinige hinüber, er
ist nur glücklich, wenn wir selig sind, soll er nicht glücklich sein?
(Er küßt sie.)  Und zuweilen stößt er die Welle zurück, dann
überströmt sie den Menschen, und er ist auf einmal dahin, wandelt im
Paradiese und spürt keine Veränderung!  Wenn das jetzt käme!

Agnes.  Nicht weiter, nicht weiter!

Albrecht (läßt sie los).  Das war eine Stunde!  Nun komme die zweite!
--Was gibt's?

Kastellan.  Botschaft von Eurem Herrn Vater!  Ritter Preising!

Albrecht.  Hierher!

(Kastellan ab.)

Agnes (will gehen).

Albrecht.  Nein!  So ist's nicht gemeint, daß ich dich verleugnen
will!  Bleib!  Wie der dich ansieht, sieht mein Vater dich auch an.
Da wissen wir gleich, wie's steht!

Agnes.  Laß mich, mein Albrecht!  Es treibt mich fort!  Dies (sie
deutet auf das Diadem) wäre Herausforderung!

Albrecht.  So geh da hinein, da ist ja auch noch ein Gemach, nicht
wahr?  Dann bist du mit drei Schritten wieder bei mir!

Agnes (ab).

Albrecht.  Kommt nur, ich lasse mich finden!



Zehnte Szene

Preising tritt ein, von Törring, Frauenhoven und Nothhafft von
Wernberg begleitet.

Albrecht.  Was bringt Ihr, Kanzler?

Preising.  Fröhliche Botschaft!

Albrecht.  Wirklich?  Da käme Freude zur Freude!

Preising.  Eine Botschaft, die mein gnädiger Herr eigentlich dem
Ritter Haydeck, und nicht mir, hätte übertragen sollen!

Albrecht.  So!  Ich versteh schon!

Preising.  Er mußte Euch die Flucht Eurer ersten Braut
melden-

Albrecht.  Ich habe vergessen, ihn dafür zu belohnen, es soll geschehen,
sobald ich ihn wiederseh!

Preising.  Er sollte Euch billig auch das Jawort der zweiten
überbringen!

Albrecht.  Preising, geradeheraus!  Ich versteh mich schlecht aufs
Rätsellösen, aber gut aufs Nußknacken!  Was ist's?

Preising.  Euer Vater hat um die schönste Fürstin Deutschlands für
Euch angehalten-

Albrecht.  Das bedaur' ich sehr!

Preising.  Erich von Braunschweig hat eingewilligt!

Albrecht.  Das bedaur' ich noch mehr!

Preising.  Und ich-

Albrecht.  Ihr sollt mich zum Nicken bringen, wie einen Nürnberger
Hampelmann, den man von hinten ziehen kann!  Es wird Euch nicht
gelingen, und das bedaur' ich am meisten, denn Euer Ansehen wird
darunter leiden!

Preising.  Euer Vater würde erstaunt sein, das kann ich Euch
versichern, wenn Ihr Euch nur einen Augenblick gegen eine Verbindung
sträuben könntet, die seit der Ächtung Heinrichs des Löwen nicht
zustande gebracht werden konnte, sooft es auch versucht wurde, und
die eine uralte, zuweilen höchst gefährliche Feindschaft für ewige
Zeiten ersticken wird!  Hier nicht mit beiden Händen zugreifen, heißt
nicht bloß das Glück mit Füßen treten; es heißt auch die endlich
eingeschlafene Feindschaft zwischen Welf und Wittelsbach wieder
aufwecken, ja verdoppeln; es heißt den ungerechten Haß in einen
gerechten verwandeln; es heißt die Rache herausfordern und ihr selbst
die Waffen reichen!

Albrecht.  Das weiß ich, oh, das weiß ich, mich sollt's wundern,
wenn's anders wär'!  Man kann die Pläne meines Vaters nie kreuzen,
ohne zugleich der halben Welt ins Gesicht zu schlagen, mit ihm allein
hat's noch keiner zu tun gehabt!  Aber so groß die Kunst auch sein
mag, den Faden so zu spinnen unfehlbar ist sie nicht, und diesmal
reißt er ab!

Preising.  Und Euer Grund?

Albrecht.  Ihr kennt ihn!

Preising.  Ich hoffe, nein!

Albrecht.  Nicht?  Nun, Ihr braucht ihn nicht weit zu suchen!  Ich
bin ein Mensch, ich soll dem Weibe, mit dem ich vor den Altar trete,
so gut, wie ein andrer, Liebe und Treue zuschwören, darum muß ich's
so gut, wie ein andrer, selbst wählen dürfen!

Preising.  Ihr seid ein Fürst, Ihr sollt über Millionen herrschen,
die für Euch heute ihren Schweiß vergießen, morgen ihr Blut
verspritzen und übermorgen ihr Leben aushauchen müssen: wollt Ihr das
alles ganz umsonst?  So hat Gott die Welt nicht eingerichtet, dann
wäre sie nimmer rund geworden, einmal müßt Ihr auch ihnen ein Opfer
bringen, und Ihr werdet nicht der erste Eures ruhmwürdigen
Geschlechts sein wollen, der es verweigert!

Albrecht.  Einmal?  Einmal mit jedem Atemzuge, meint Ihr!  Wißt Ihr
auch, was Ihr verlangt?  Gewiß nicht, denn sonst würdet Ihr die Augen
wenigstens niederschlagen und nicht dastehen, als ob alle zehn Gebote
mit feurigen Buchstaben auf Eurer Stirn geschrieben ständen.  Was tut
Ihr, wenn der Tag Euch ein finstres Gesicht zeigt, wenn Euch alles
mißlingt, und Ihr Euch selbst fehlt?  Ihr werft beiseite, was Euch
quält, und eilt zu Eurem Weibe, sie ist vielleicht gerade doppelt von
Gott gesegnet und kann Euch abgeben, wenn das aber auch einmal nicht
zutrifft, so könnt Ihr sie ja gar nicht ansehen, ohne aller Eurer
glücklichen Stunden zu gedenken, und wem die wieder lebendig werden,
der hat eine mehr!  Was wär' mein Los?  Könnt' ich auch zu meinem
Weibe eilen?  Unmöglich, ich müßte eher eine Wache vor meine Tür
stellen, damit die Unselige in ihrer Unschuld nur nicht von selbst
komme und mich ganz verrückt mache, denn sie wäre ja mein Ärgster
Fluch!  Doch nein, das wäre schlecht von mir, das dürft' ich nicht,
ich müßte ihr entgegengehen und sie in meine Arme schließen, während
ich sie lieber von mir schleudern möchte, wie einen ankriechenden
Käfer, denn das hätt' ich vor Gott gelobt.  Graust Euch?  Wißt Ihr
jetzt, was Ihr verlangt?  Nicht bloß auf mein Glück soll ich Verzicht
leisten, ich soll mein Unglück liebkosen, ich soll's herzen und
küssen, ja ich soll dafür beten, aber nein, nein, in alle Ewigkeit
nein!

Preising.  Herzog Ludwig, Euer Vorfahr, nahm eine Gemahlin, die
keiner erblickte, ohne ihr zu dem Namen, den sie in der heiligen
Taufe empfangen hatte, unwillkürlich noch einen zweiten zu geben; es
war Margaretha von Kärnten, die im Volksmund noch heutzutage die
Maultasche heißt.  Er war jung, wie Ihr, und man hört nicht, daß er
blind gewesen ist, aber sie brachte die Grafschaft Tirol an Bayern
zurück, und wenn er sich über ihre Schönheit nicht freuen konnte, so
wird der Gedanke ihn getröstet haben, daß seine armen Untertanen
unter seiner Regierung das Salz noch einmal so billig kauften, wie
zuvor, und ihn mit fröhlichen Gesichtern morgens, mittags und abends
dafür segneten!

Albrecht.  Wißt Ihr, ob er ihnen nicht jedesmal eine Bitte abschlug,
wenn er sein Weib gesehen hatte?

Preising.  Ich weiß nur, daß er vier Kinder hinterließ.  Gnädiger
Herr, ich habe meine Botschaft ausgerichtet und werde Eurem Vater
melden, daß Ihr zu mir nicht ja gesagt habt.  Wollt Ihr etwas
hinzufügen, so tut's, wenn Ihr ihn seht!  Mein Auftrag ist noch nicht
zu Ende, ich soll Euch noch zu dem Turnier laden, das er in
Regensburg zu halten gedenkt, und Ihr werdet seinen Unwillen nicht
dadurch noch erhöhen wollen, daß Ihr ausbleibt!

Albrecht.  Gewiß nicht, ich habe das Fechten nicht verlernt, auch in
Augsburg nicht, und gebe gern den Beweis!

Preising.  Da müßt Ihr denn noch heute aufsitzen!

Albrecht.  Noch heute?

Preising. Übermorgen findet's statt!

Albrecht.  Das kommt ja rascher zustande, wie eine Bauern-Schlägerei!
Was gibt's denn?  Ist dem Kaiser in seinem Alter eine Prinzessin
geboren?

Preising.  Wahrscheinlich sollte Eure neue Verlobung der Ritterschaft
verkündigt werden, denn Euer Vater hält Eure Weigerung für unmöglich
und ist stolz darauf, daß ihm gelang, was seinen Vorfahren drei
Jahrhunderte hindurch mißglückte.  Nun wird's wohl auf ein bloßes
Lanzenspiel hinauslaufen!

Albrecht.  Gleichviel!  Ich bin in billigen Dingen sein gehorsamer
Sohn und will um eine Erbsenschote turnieren, wenn er's verlangt!

Preising.  Also, Ihr erscheint, ich hab Euer Wort!

(Ab, von Törring, Frauenhoven und Nothhafft von Wernberg
zurückbegleitet.)



Elfte Szene

Albrecht.  Da ist's!  Und ich kann nicht sagen, daß mich's verdrießt!
Ich bin nicht gemacht, mein Glück zu genießen, wie ein Knabe die
Kirschen nascht, die er gestohlen hat!  Und wenn der Sturmwind mir
die Tarnkappe abreißt, so kann der Augsburger Priester doch gewiß
nicht sagen, ich selbst hätte das Geheimnis verraten!



Zwölfte Szene

Agnes (tritt wieder ein, aber ohne die Kleinodien).  Nun, mein
Albrecht?

Albrecht.  Ja, Agnes, nun werd ich's bald sehen, ob du von deinem
Vater was gelernt hast, ich werde bloß, um dich auf die Probe zu
stellen, ein Paar Beulen von Regensburg mitbringen!  Aber, was hast
du gemacht?  Mein Werk wieder zerstört?  Nein, wirst du sagen, Gottes
Werk wiederhergestellt!  Und es ist wahr, ich hatte es nur verdorben,
wie der Knabe die Lilie, die er mit Nelkenblättern bestreut!  Du
tatest wohl, den bunten überfluß abzuschütteln.

Agnes.  Ich habe alles gehört, alles!  Ich mußte!

Albrecht.  Alles, nur meine letzte Antwort nicht!  Fürchte nichts von
meinem Ungestüm, ich halte sie zurück, solange ich kann, auch jetzt
noch!  Aber im äußersten Fall: Hier ist sie!  (Er umarmt sie.)  Wir
sind vereint, nur der Tod kann uns noch trennen, und der ist sein
eigner Herr!  Auch gibt's auf der ganzen Welt keinen Mann, der sich
schneller in etwas ergibt, wie mein Vater, wenn er sieht, daß nichts
mehr zu ändern ist!  Nun in die Rüstkammer!  Nothhafft und Törring
nehm ich mit, Frauenhoven bleibt hier zu deinem Schutz!

Agnes.  Es ist nicht Furcht, was mich bewegt!  Den Schwindel hab ich
überwunden!  Aber--Sieh, mein Albrecht, es tut mir weh, wenn ich mir
denke, daß ganz Augsburg mich für etwas anderes, als für deine
Gemahlin hält; und der Trost, vor Gott rein dazustehen, reicht nicht
immer aus, kaum, laß mich's bekennen, das Gefühl, mein Glück damit zu
bezahlen.  Doch ich will es gern mein ganzes Leben lang ertragen,
wenn's nur zwischen dir und deinem Vater Friede bleibt.  Wie
fürchterlich war's mir früher schon immer, wenn sich Freunde und
Brüder meinetwegen entzweiten, und von wie manchem Tanz blieb ich weg,
um's nur nicht zu sehen!  Und was war das gegen dies!

Albrecht.  Diesmal ist gar nichts zu besorgen!  Auch ein Fürstensohn
darf sagen: ich will die nicht! und wenigstens: ich will noch nicht!
Aber zusammenhauen will ich sie--Hei! wer mich bisher schon einen
guten Fechter genannt hat, der soll sich schämen, und ein jeder soll
sich's im stillen zuschwören, mir nie wieder in den Weg zu treten,
auch wer selbst nichts abbekommt!

(Beide ab.)




Regensburg.



Dreizehnte Szene

Turnierplatz.  Die Zuschauer sind auf ihren Tribünen schon versammelt.
Der Marschall steht vor den Schranken, ein Buch unterm Arm.  Großer
Zug; Fahnen, Trophäen, Trompeten.

Ernst (tritt auf, von seinen Rittern begleitet.  Unter diesen
befinden sich Wolfram von Pienzenau, Otto von Bern, Ignaz von
Seyboltstorff und Hans von Preising.  Preising geht ihm zur Seite.
Die Ritter stellen sich bis auf Preising rechts vom Marschall auf).

Preising.  Gnädiger Herr, mißdeutet's nicht, daß ich noch einmal
anklopfe, aber die Stunde ist ernst, was Ihr zu tun gedenkt, kann
vielleicht nicht mehr zurückgetan werden, und Ihr pflegt ja doch
sonst meinen geringen Rat nicht zu verschmähen!

Ernst.  Gegen jedermann kann ich Euch schützen, nur nicht gegen
meinen Nachfolger, darum rat ich mir diesmal allein!

Marschall (ruft).  Wolfram von Pienzenau!  Otto von Bern!

Pienzenau und Bern.  Hier!

Marschall (läßt sie ein).

Preising.  Ich fürchte zu erraten, was Ihr vorhabt, der Marschall hat
das Buch gewiß nicht umsonst unterm Arm! überlegt's noch, ich bitt
Euch, und seht in der raschen Antwort, die er Euch vorhin gab, nicht
den Trotz eines Sohns, sondern die Hartnäckigkeit eines Verliebten,
der sein Gefühl für eine Agnes nicht sogleich auf eine Anna
übertragen kann!

Ernst.  Ihr werdet augenblicklich aufgerufen werden!

Preising (geht zu den Rittern).

Ernst.  Ein Schnitt ins Fleisch tut not.  Wirkt's nicht gleich, so
wirkt's später!  Ei, ei, wer hätte das gedacht!  Einer Dirne wegen!

Albrecht (tritt mit Nothhafft von Wernberg und Törring auf).

Ernst (an Albrecht vorbeischreitend).  Noch einmal!  Darf ich der
Ritterschaft Eure Verlobung mit Anna von Braunschweig ankündigen
lassen?

Albrecht.  Ich habe zu viel von Euch im Leibe, um auf eine und
dieselbe Frage an einem und demselben Morgen zwei Antworten zu geben!
--Mein Gott, lag ich denn ganz umsonst auf den Knien vor Euch?

Ernst.  Gut!  (Er geht weiter.)  Marschall, ich habe Euch nichts zu
sagen!  (Er besteigt seine Tribune.)  Nur fort!

Marschall (ruft).  Hans von Preising!  Ignaz von Seyboltstorff!

Preising und Seyboltstorff.  Hier!  (Treten an die Schranken.)

Albrecht.  Preising!  Seyboltstorff!  Zurück!  Wittelsbach ist da!
(Tritt an die Schranken.)

Marschall.  Halt!

Albrecht.  Marschall von Pappenheim, aufgeschaut!  Den Blinden, dem
ich den Star stechen muß, bedien ich mit der Lanze!

Ernst.  Artikel zehn!

Marschall (öffnet das Buch und liest).  Weiter wurde zu Heilbronn für
ewige Zeiten beschlossen und geordnet. welcher vom Adel geboren und
herkommen ist und Frauen und Jungfrauen schwächte-

Albrecht (schlägt ihm das Buch aus der Hand).  Der darf nicht turnieren!
Werden hier Krippenreiter zugelassen, die das nicht wissen?

Marschall.  Ihr seid angeklagt, auf Eurem Schloß Vohburg mit einem
Schwabenmädchen in Unehren zu leben!

Albrecht.  Mein Kläger?

Ernst (erhebt sich).

Albrecht.  Herzog von München-Bayern, laß deine Späher peitschen, sie
haben deine Schwieger verunglimpft!  Die ehr--und tugendsam
Augsburger Bürgertochter, Jungfer Agnes Bernauer, ist meine Gemahlin,
und niemand, als sie, befindet sich auf Vohburg!  Hier stehen meine
Zeugen!

Ernst.  Preising!  Das ist ja zum--Wiederjungwerden!

Albrecht.  Da man nun mit seinem angetrauten Weibe nicht in Unehren
leben kann, so--Schildknapp', zeig dem Mann mit dem Buch da, wie man
öffnet!

Schildknapp' (öffnet rasch).

Albrecht (tritt ein).  Nun, Ihr Herren?  Man pflegt: ich wünsch Euch
Glück! zu sagen!

Ernst (greift zum Schwert und will hinunterstürzen).  Ich komm schon!

Preising (wirft sich ihm entgegen).  Gnädiger Herr, erst müßt Ihr
mich durchstoßen!

Ernst.  Ei, ich will's ja nur als Knüttel brauchen, ich will nur für
die überraschung danken!  Doch, Ihr habt recht, es ist auch so gut,
was erhitzt der Vater sich, der Herzog genügt.  (Er ruft.)  Edle von
Bayern, Grafen, Freiherren und Ritter, auch Wilhelm, mein Bruder, hat
einen Sohn-

Albrecht.  Was soll das?

Ernst.  Wer den Weg zur Schlafkammer seiner ehr--und tugendsamen
Jungfer--allen Respekt vor ihr, es muß eine gescheite Person sein!
--durch die Kirche nehmen mußte, der nimmt die Benediktion mit und
die Gnade aller Heiligen obendrein, aber Krone und Herzogsmantel läßt
er am Altar zurück!  (Er fährt fort.)  Dieser Sohn heißt Adolph und
ihn erklär ich-

Albrecht.  Bei meiner Mutter, nein!

Hans von Läubelfing.  Albrecht von Wittelsbach, Ingolstadt steht
hinter Euch, fürchtet nicht für Euer Recht, Ludwig der Bärtige zieht!

Ernst.  Ludwig von Ingolstadt, oder wer hier für ihn spricht, das
Reich steht hinter mir mit Acht und Aberacht, weh dem, der seine
Ordnung stört!

Marschall (nebst vielen andern Rittern, mit den Schwertern klirrend).
Ja, weh dem!

Ernst.  Bürger von Augsburg, Eidam des Vaters, empfangt jetzt Segen
und Hochzeitsgabe zugleich!  (Fährt fort.)  Es lebe mein Nachfolger!
(Er steigt von der Tribune herunter.)  Wer ein guter Bayer ist, stimmt
mit ein: es lebe Adolph, das Kind!

Marschall (mit vielen andern Rittern um Ernst sich scharend).  Es
lebe Adolph, das Kind!

Albrecht (zieht und dringt auf den Marschall ein, auch um ihn scharen
sich einige Ritter).  Otto, mein Ahnherr, für Treu!

Ernst (schlägt ihm mit der Faust aufs Schwert).  Das Turnier ist aus!

Albrecht.  Nein, es beginnt!  Die Ritterschaft verläßt mich!  Bürger
und Bauern, heran!

(Er schwingt sein Schwert gegen die Zuschauer.  Großes Getümmel.)




Vierter Akt




München.



Erste Szene

Das Herzogliche Kabinett.  Preising sitzt an einem Tisch, ein
versiegeltes Dokument in der Hand.

Preising.  Dies soll ich öffnen und prüfen!  Und gerade heut, an
diesem Tage des Jammers!  (Er besieht das Dokument.)  Keine Aufschrift,
bis auf ein Kreuz!  Aber sieben Siegel von seiner eignen Hand!  Dazu
lag's, dreifach verschlossen, in einer ehernen Truhe!  Der Inhalt muß
ernst und wichtig sein!  Auch neu ist es nicht!  Das beweist der
Staub, der sich mir an die Finger setzt!  (Er fängt an, die Siegel zu
erbrechen.)  Offenbar ein Geheimnis, das er lange vor mir verbarg!
Mir wird fast beklommen!



Zweite Szene

Stachus (tritt ein).  Ein Bauer ist da, mit einer ungeheuer großen
Ähre, die er dem Herzog zeigen will!

Preising.  Nur heute nicht!  Er wird vom Sterbebett keine Augen dafür
mitbringen!

Stachus.  Das hab ich ihm schon gesagt!  Aber er läßt sich nicht
bedeuten, und Ihr wißt's ja, daß wir mit den gemeinen Leuten nicht
unsanft verfahren dürfen!

Preising.  So laß ihn stehen, bis er von selbst geht!  Hört man denn
nichts von dem armen Prinzen?  Wird's nicht doch ein wenig besser?
Bei Gott ist ja kein Ding unmöglich!

Stachus.  Besser!  Vor einer halben Stunde ward er versehen!  Herr
Kanzler, die Augsburger Hexe paßt schon auf, und der Teufel läßt sie
nicht im Stich, wie sollt's besser werden!

Preising.  Was redst du da wieder, Stachus!

Stachus.  Was sie alle reden!  In der Burg, auf der Straße, an der
Schranne, im Klosterhof, wo man auch hinkommt, alle, alle!  Ein
hochwürdiger Pater Franziskaner hat diese Bernauerin schon von der
Kanzel herab verflucht, er hat gesagt, sie sei wert, bei lebendigem
Leibe verbrannt zu werden, da wird's doch wohl wahr sein!  Und wie
sollt's auch nicht!  Erst stirbt der Vater, der gute, gute Herzog
Wilhelm; dies Wams hab ich von ihm!  Dann folgt seine Gemahlin!
Heute rot, morgen tot; wir mußten sie beweinen, eh' sie ihn noch
beweinen konnte.  Nun der Prinz, der freundliche kleine Adolph!  Hört
Ihr?  Das Sterbeglöcklein!  Es ist aus!  Aus!  (Er ballt die Hände,
wie zum Fluchen.)  Und ich sollte nicht!?--(Er sinkt auf die Knie und
betet.)

Preising (sinkt gleichfalls auf die Knie).

Stachus (aufstehend).  Selbst in Brand stecken möcht' ich den
Scheiterhaufen!  Die fände so viele Henker, als es treue Bayern gibt.
Nun geht's an den Herzog, den regierenden Herrn, gebt nur acht!  (Ab.)



Dritte Szene

Preising (der sich zugleich mit Stachus erhebt).  Ja, es ist aus!
Das Glöcklein verstummt, das Kind tat seinen letzten Atemzug, und
Ernst hat keinen Erben mehr, da er seinen Sohn verstieß.  Dies ist
eine schwere Stunde fürs Land!  Gott schaue gnädig auf uns herab!
(Er ergreift das Dokument wieder.)  Nun wird er wohl gleich hiersein!
Die ganze Nacht war er drüben!  (Er nimmt es aus dem Umschlag und
entfaltet's.)  Was ist das?  (Er liest.)  "Rechtlicher Beweis,
geschöpft aus den Ordnungen des Reichs und anderen lauteren Quellen,
daß die Agnes Bernauer oder Pernauer aus Augsburg wegen
verbrecherischer Verleitung des jungen Herzogs Albrecht zu
unrechtmäßiger Ehe, ja sogar, falls sich nichts Weiteres erhärten
ließe, wegen bloßer Eingebung einer solchen im äußersten Falle gar
wohl, zur Abwendung schweren Unheils, auf welche Weise es immer sei,
vom Leben zum Tode gebracht werden dürfe!" (Er setzt ab.)  Oh, nun
begreif ich alles!  Dieser Tote wird wieder töten, dieser Knabe, der
nicht einmal seine Nürnberger Klapperbüchse mehr schütteln kann, wird
das Mädchen nachholen!  Schrecklich!  (Er sieht wieder hinein.)  Des
jungen Herzogs!  Er ist fünf Jahre älter, als sie, und hat vielleicht
schon seine erste Schlacht gewonnen, bevor sie noch ihre letzte Puppe
in den Winkel warf! ärmste, welch ein Schicksal ereilt dich!  (Er
blättert um.)  Wer hat sich denn unterschrieben?  Adlzreiter!
Kraitmayr!  Emeran Nusperger zu Kalmperg!  Große Juristen, würdig, zu
Justinians Füßen zu sitzen und die Welt zu richten, wer wagte ihnen
zu widersprechen!  Sie ist verloren!  (Er sieht wieder hinein.)  Und
gleich nach dem Regensburger Turnier abgefaßt!  Ja, da trafen sie
alle drei hier in München zusammen, ich hielt's für Zufall, nun seh
ich wohl, daß sie gerufen waren!  Das sind schon dritthalb Jahre!
Wie wenig mag sie's noch erwarten!  (Er blättert noch einmal um.)
Unten das förmliche Todesurteil, dem nur noch der Name des Herzogs
fehlt!  Der wird nun wohl bald hinzukommen!  Mich graust!  Manch
ähnliches Blatt hielt ich schon in der Hand, aber da ging dem
strengen Spruch jedesmal eine Reihe schnöder Gewalttaten voran, man
las viel von Raub, Mord, Brand und Friedensbruch, ehe man an die
Strafe kam.  Hier könnte höchstens stehen: sie trug keinen Schleier
und schnitt sich die Haare nicht ab!  Ich weiß jetzt ja recht gut,
wie's zugegangen ist!  Und dennoch--(Er liest wieder.)  Durchs Beil,
durchs Wasser, ja durch einen Schuß aus dem Busch--(Er setzt ab.)
Gibt's denn gar kein anderes Mittel mehr?



Vierte Szene

Ernst (tritt ein).  Ich ließ Euch warten, Preising!  Aber ich mußte
selbst warten!

Preising.  Gnädiger Herr!

Ernst.  Laßt, laßt!  Die Erde kann schon mit gebrochenen Augen
gepflastert werden!  Es kam ein Paar hinzu!  Habt Ihr gelesen!

Preising.  Ich wollte just, da hört' ich das Glöcklein!

Ernst.  So lest jetzt!  (Er wendet sich.)  Es hat mich angegriffen!
Wie schwer stirbt ein Kind!  Zwölf Stunden Todeskampf für ein so
kurzes Leben!  Mein Gott!  Nun, es ist vorbei!  (Er macht ein paar
Schritte.)  Die große Glocke!  Endlich!  Mir fehlte noch was!  Die
verkündigt's der Stadt!  Nun geht's von Ort zu Ort, von Haus zu Haus,
von Mund zu Mund.  Ja, betet, betet, betet!  Wir können's brauchen!
(Wendet sich wieder zu Preising.)  Nun?

Preising (legt das Dokument auf den Tisch).  Was soll ich noch sagen!

Ernst.  Was Ihr könnt!  Prüft Punkt für Punkt, ich steh Euch Rede,
diesmal, wie allemal!  Habt Ihr etwas gegen die Männer einzuwenden,
die das Gutachten abgaben und den Spruch fällten?

Preising.  Gegen die Männer!  Wenn der Schwabenspiegel noch nicht
zusammengestellt wäre, diesen dreien würde ich an Kaisers Statt den
Auftrag geben, es zu tun!

Ernst.  Sind sie bestechlich?  Trifft einen unter ihnen der Verdacht
der hohlen Hand?

Preising.  Gewiß nicht!  Wenn aber auch: Herzog Ernst hat keinem
etwas hineingedrückt!

Ernst.  Ihr erweist mir nur Gerechtigkeit!  Nicht einmal den
Schweißpfenning, der ihnen gebührt hätte, und das ist die einzige
Schuld, die ich nie bezahlen will!

Preising.  Ich schwöre für Euch!  Aber auch für sie!

Ernst.  Nun, solche Männer, so beschaffen, legten vor dritthalb
Jahren nach gewissenhaftester Erwägung des Falls dies Blatt bei mir
nieder, und erst jetzt zieh ich's hervor.  Kann man mich der
Übereilung zeihen?

Preising.  Nicht Euer Feind!

Ernst.  Wenn ich's vollstrecken lasse: kann man behaupten, es sei
nicht der Herzog, der seine Pflicht erfüllen, sondern der Ritter, der
einen Flecken abwaschen, oder der Vater, der sich rächen will?

Preising.  Auch das nicht!

Ernst (ergreift die Feder).  Wohlan denn!

Preising.  Gnädiger Herr, haltet noch ein!

Ernst.  Ja?  Gut! (legt die Feder nieder) Ich bin kein Tyrann, und
denke keiner zu werden.  Aber man soll von mir auch nicht sagen: er
trug das Schwert umsonst!  Wer's unnütz zieht, dem wird's aus der
Hand genommen, aber wer's nicht braucht, wenn's Zeit ist, der ruft
alle zehn Plagen Ägyptens auf sein Volk herab, und die treffen dann
Gerechte und Ungerechte zugleich, denn unser Herrgott jätet nicht,
wenn er selbst strafen muß, er mäht nur!  Das erwägt und nun sprecht!
(Er setzt sich.)

Preising.  Ich kann dies Blatt nicht widerlegen!  Es ist wahr: wenn
die Erbfolge gestört wird oder auch nur zweifelhaft bleibt, so bricht
früher oder später der Bürgerkrieg mit allen seinen Schrecken herein,
und niemand weiß, wann er endet!

Ernst.  Er bricht herein, wenn sie Kinder bekommen, er bricht herein,
wenn sie keine bekommen!  In dem einen Fall wollen die sich behaupten,
in dem andern können Ingolstadt und Landshut sich nicht vereinigen,
weil jedes den Löwenteil verlangt!  Ja, es ist die Frage, ob die auch
nur bis zu seinem Tode ruhig bleiben!  Denn, wenn sie jetzt mit ihm
liebäugeln, so geschieht's, um mich zu ärgern!

Preising.  Aber es ist doch auch entsetzlich, daß sie sterben soll,
bloß weil sie schön und sittsam war!

Ernst.  Das ist es auch!  Ja!  Darum stellt' ich's Gott anheim.  Er
hat gesprochen.  Ich warf mein eignes Junges aus dem Nest und legte
ein fremdes hinein.  Es ist tot!

Preising.  Und gäbe es wirklich keinen anderen Ausweg?  Gar keinen?

Ernst.  Ihr greift mich hart an, Ihr meint, ich könnte noch mehr tun!
Und wahr ist's: in den Adern Ludwigs von Ingolstadt und Heinrichs
von Landshut fließt das Blut des Geschlechts ebenso rein, wie in
meinem eignen!

Preising.  Daran hab ich noch nicht gedacht!

Ernst.  Aber ich!  Zwar wär's so arg, daß wohl auch ein Heiliger
fragen würde: Herr, warum das mir?  Doch, wenn's nun wär'?  Der
letzte Hohenstaufe starb durch Henkers Hand, mit Gottes dunklem
Ratschluß kann viel bestehen, was der Mensch nicht faßt.  Aber dies
kann Gottes Ratschluß nicht sein, denn es hälfe nichts, und das ist
mein Trost!  Spräche ich zu Heinrich: Komm, Fuchs, du hast mir mein
ganzes Leben lang Fallstricke gelegt und Gruben gegraben, nimm mein
Herzogtum zum Lohn! so führe Ludwig dazwischen.  Spräche ich zu
Ludwig: Ich bin dir noch den Dank für so manchen Schlag schuldig, der
von hinten kam, hier ist er! so griffe Heinrich mit zu, und einer
könnt's doch nur sein!  Oder ist's nicht so?

Preising.  Gewiß!

Ernst.  Es bliebe also immer dasselbe, alles ginge drunter und drüber,
und die Tausende, die im Vertrauen auf mich ins Land kamen und meine
Märkte zu Städten erhoben, meine Städte so weit emporbrachten, daß
selbst die stolze Hansa ihnen nicht mehr ungestraft den Rücken kehren
darf, würden mich und mein Andenken verfluchen!

Preising.  Ich meinte nicht das!  Laßt sie entführen und dann
verschwinden!  Das geht jetzt leichter, wie sonst, er läßt sie nicht
mehr so ängstlich bewachen.

Ernst.  Was wär' damit gewonnen?  Er würde sie suchen bis an seinen
Tod!  Ihr wart ein schlechter Prophet in Regensburg!

Preising.  Man breitet aus, daß sie gestorben ist.  Er fand den
Priester, der ihn mit ihr verband: kann Euch der Priester fehlen, der
einen Totenschein ausstellt?

Ernst.  Und ich sollte ihm das zweite Weib geben, solange das erste
noch lebte?  Nein, Preising, das Sakrament ist mir heilig, er soll
nicht am Tage des Zorns wider mich zeugen und sagen: Herr, wenn ich
mich mit Greueln befleckte, so wußte ich nichts davon.  Hier hilft
kein Kloster, nur der Tod!

Preising.  Doch auch wohl der Papst, und wenn der sich weigert, der
Kaiser!  Friedrich Barbarossa schied sich selbst, Ludwig der Bayer
schied seinen Sohn!

Ernst.  Wie soll man scheiden, wenn keins von beiden will?  Preising,
ich hatte dritthalb Jahre Zeit, und das Kind, für das jetzt die
Glocken gehen, war oft genug krank!  (Er greift wieder zur Feder.)
Nein, Gott will es so und nicht anders!  Und gerade jetzt geht es
leicht.  Er reitet heut oder morgen nach Ingolstadt zum Turnier hinab.
Dort soll er, ich möchte sagen, wieder ehrlich gesprochen werden,
und dies wird glücken, denn Ludwig hat alles zusammengerufen, was mir
feind ist, er denkt: je weiter der Riß zwischen uns beiden, je besser
für ihn!  Nun, während sie die Fahne über ihn schwenken, will ich
dafür sorgen, daß sie sich hintendrein nicht zu schämen brauchen.
Nichts hat mich so verdrossen, als das Gepränge, mit dem er sie
gleich nach dem Regensburger Tag, einer Herzogin gleich, von Vohburg
nach Straubing führte.  Jetzt ist das gut!  Emeran Nusperger zu
Kalmperg ist Richter in Straubing, und Pappenheim kann mit hundert
Reitern in vierundzwanzig Stunden dort sein!

Preising.  Und nachher?  Gnädiger Herr, Ihr habt recht, ich war in
Regensburg ein schlechter Prophet!  Wird er's tragen?  Wird er nicht
rasen und Hand an sich legen oder sich offen wider Euch empören?

Ernst.  Das eine vielleicht, das andre gewiß, ich tu, was ich muß,
der Ausgang ist Gottes.  Ich setz ihn daran, wie Abraham den Isaak,
geht er in der ersten Verzweiflung unter, und es ist sehr möglich,
daß er's tut, so lasse ich ihn begraben, wie sie, tritt er mir im
Felde entgegen, so werf ich ihn oder halte ihn auf, bis der Kaiser
kommt.  Dem meld ich's, noch eh' es geschieht, und er wird nicht
säumen, denn wie ich Ordnung im Hause will, so will er Ordnung im
Reich.  Es ist ein Unglück für sie und kein Glück für mich, aber im
Namen der Witwen und Waisen, die der Krieg machen würde, im Namen der
Städte, die er in Asche legte, der Dörfer, die er zerstörte: Agnes
Bernauer, fahr hin!  (Er unterschreibt und geht, dann wendet er sich
und winkt.)  Kanzler!

(Ab, Preising folgt mit dem Blatt.)




Straubing.



Fünfte Szene

Burghof und daranstoßender Garten.  Törring, Frauenhoven und
Nothhafft von Wernberg, alle gerüstet, an einem steinernen Tisch, auf
dem Wein steht.  Der Kastellan geht vorüber.

Nothhafft von Wernberg.  Nun, Alter, schon wieder in die Kapelle?
(Er erhebt seinen Becher.)  Komm, versuch einmal, damit du siehst, daß
die Frommen noch immer nicht umsonst beten!

Kastellan.  Ich stoß dich um, sagte der Ritter zum Becher, und tat's,
siebenmal hintereinander.  Aber der Becher stieß ihn wieder um, und
da fiel er dem Teufel in die Arme, der schon längst hinter ihm stand!
Hütet Euch und spottet nicht!  (Ab.)



Sechste Szene

Frauenhoven.  Wo bleibt der Herzog?  Die Pferde werden ungeduldig!

Törring.  Er wird die Totengruft besehen, die sie sich bauen ließ.
Sie ist gestern oder heut fertig geworden.  Ich sah sie beide zu den
Karmelitern hinübergehen.

Nothhafft von Wernberg.  Doch ein seltsamer Gedanke für ein junges
Weib!  Eine Totengruft!

Törring.  Nun, im Anfang gerade so seltsam nicht!  Da mag ihr
beklommen genug gewesen sein, und mit Recht.  Jetzt freilich sieht's
anders aus!  Und doch kann man noch nicht wissen, wie's kommt!  Das
schwache Kind in München ist nicht stark dadurch geworden, daß der
alte Herzog ihm die Krone aufsetzte.  Ja, er hat's vielleicht nur
getan, weil er sich darauf verließ, daß sie schon von selbst wieder
herunterfallen würde!

Frauenhoven.  Da irrt ihr!  Wie oft hat er Albrecht durch seinen
Bruder die förmliche Entsagung abzudrängen gesucht!

Törring.  Das war immer nur ein Stich, eine verkappte Anfrage, ob er
ihrer noch nicht satt sei!  Wenn Ernst keinen Hintergedanken hatte,
warum stellte er sich zwischen ihn und den Kaiser, als dieser wegen
der Regensburger Händel Rechenschaft forderte?  Der alte Sigmund
meinte es sehr ernsthaft, das Podagra hat einen wackern Reichsvogt
aus ihm gemacht, und seine Kommissarien, wir dürfen's uns wohl
bekennen, hätten nicht einmal Brillen aufzusetzen gebraucht, um einen
offenen Aufruhr zu entdecken.  Warum kehrten sie so plötzlich in
München um?

Frauenhoven.  Ihr seht immer schwarz!

Nothhafft von Wernberg.  Sie kommen!  Steigen wir zu Pferde, daß wir
den Abschied abkürzen!  Aber vorher--(Er ergreift den Becher.)

Törring.  Auf guten Ausgang!

(Sie stoßen an und geben ab.)



Siebente Szene

Albrecht und Agnes treten auf.  Albrecht ist ebenfalls gerüstet.

Agnes.  Also, die Ampel, die noch fehlt, bringst du mir mit, nicht
wahr?  Eine eherne, mit einer langen Kette, daß sie hoch vom Gewölb
niederschweben kann.

Albrecht.  Lieber etwas andres, ich gesteh's dir offen.  Doch ich
hab's versprochen, und ich tu's!

Agnes.  Zürnst du mir?

Albrecht.  Wie könnt' ich!  Aber es ängstigt mich, daß dir dies so am
Herzen liegt!  Hast du eine böse Ahnung?  Ich wüßte zwar nicht, woher
die dir jetzt noch kommen sollte, und dennoch muß es so sein!

Agnes.  Gewiß nicht!  Ei, da würd' ich von meinem Sarg reden, von den
Fackeln, dem Glockengeläut und allem, was ich mir sonst noch wünschte!
Und wenn ich fürchtete, dir weh zu tun, würd' ich sagen: Denke dir,
mir hat geträumt, ich würde begraben, und darüber mußt du dich freuen,
denn es bedeutet langes Leben, aber das Leichenbegängnis war so
schön, daß ich's dereinst geradeso und nicht anders haben möchte.
Und dann würde ich's dir beschreiben!

Albrecht.  So will ich dir die Ampel nach dreißig Jahren schenken!

Agnes.  Wenn du nicht anders willst!  Angezündet soll sie ja noch
nicht werden!  Aber, mein Albrecht, du kennst uns nicht, du weißt
nicht, wie wir sind!  Ein bürgerliches Mädchen macht sich das
Totenhemd gleich nach dem Hochzeitkleid, und sie tut wohl daran, denn
sie kann nicht wissen, wie sie's sonst in ihrem Alter bekommt!  Nun,
das liegt mir in der Art, und so lange bin ich noch nicht die
Gemahlin eines Herzogs, daß sich schon alles an mir verändert hätte!
Aber, du siehst, die Demut ist schon entwichen, denn ich habe nicht,
wie meine Gespielinnen, die eigenen Finger geplagt und mir das
Sterbegewand genäht, ich habe den Maurer und den Zimmermann gequält
und mir eine Totenkapelle erbaut!  Nun steht sie, und es ist mir eine
Freude, daß ich die Stätte, wo ich meinen längsten Schlaf halten soll,
jetzt schon kenne, ja daß ich sie betreten und dort im voraus für
mich beten kann!  Darum möcht' ich auch die Ampel gleich aufhängen,
sonst wär' mir da in der letzten Stunde ja doch noch etwas fremd!

Albrecht.  Wenn es nur das ist!

Agnes.  Was sonst?  Ich seh schon bei Tage einmal nach meinem Bett,
weiter nichts!  Ei, merkst du denn noch etwas von jener Angst und
Beklommenheit an mir, die mich ergriff, als du so ungestüm von
Regensburg zurückkehrtest und mich hierher führtest?  Damals zitterte
ich für mich und dich!  Noch hatte ich mich an Vohburg nicht gewöhnt,
noch lief ich, wie ein Kind, von Gemach zu Gemach und konnte keins
finden, das mir eng genug war, und schon mußt' ich das kleine Schloß
mit diesem großen vertauschen, neben dem es sich ausnahm, wie mein
armes Vaterhaus sich neben ihm ausgenommen hatte!  Ach, die Musik
unterwegs, das wilde Lebehoch der Bauern, die sich mit ihren Sensen
und Pflugeisen um uns zusammenrotteten, die Blumen, die man uns
streute, alles entsetzte mich.  Du selbst kamst mir ganz fremd vor,
weil du's littest und dich darüber freutest; ich erschrak zu Tode,
als du hier sogar die Glocken läuten lassen wolltest!  Aber das ist
vorbei, längst vorbei!  Du hörst ja, ich selbst nenne Vohburg jetzt
klein, ich wundere mich gar nicht mehr, wenn sich die Armen und
Bittenden des Morgens um mich drängen, ich kann fragen, wie eine
geborne Herzogin, ich kann den Kopf schütteln und fast abschlagen,
ich sollte mich schämen!

Albrecht.  So will ich dich!

Agnes.  Nur in meinen Träumen geht's anders her, sonst würd' ich
gewiß zu stolz!  Da kehrt die alte Zeit wieder, wo ich die Brotkrumen
sorgfältig auflesen mußte, die zu Boden fielen, und wo mein
Geburtstagsgeschenk meistens darin bestand, daß ich nicht gescholten
wurde, wenn ich etwas tat, was nicht ganz recht war.  Noch in der
letzten Nacht, du mit deiner immer offnen Hand wirst lachen, bat ich
meinen Vater glühend und stotternd um irgendeine Kleinigkeit, und er
sagte, was er gewöhnlich zu sagen pflegte, wenn er eine Bitte nicht
zweimal hören wollte: gut, es sei, aber dann kann ich ein halbes Jahr
lang keinen Tropfen Wein mehr trinken!  Ich war noch recht unwillig
auf ihn, als ich erwachte, aber nun--Ich hab ihn doch wenigstens
einmal wiedergesehen!

Albrecht.  Du wirst ihn--(Er unterbricht sich.)  Da hab ich dich um
die überraschung gebracht!

Agnes.  Nein, mein Albrecht!  Ich hab's recht gut gemerkt, aber wenn
er kommen wollte, wär' er längst dagewesen!  Ich kann mir auch denken,
was ihn abhält, und du mußt ihn darum ehren!

Albrecht.  Ich glaube doch, er wird diesmal nachgeben!  Sonst gehen
wir im Winter nach Augsburg zum Mummenschanz.



Achte Szene

Törring (tritt ein).  Verzeiht!

Albrecht.  Ich bleib Euch zu lange!

Törring.  Wenn Ihr überhaupt noch fort wollt-

Albrecht.  Wenn ich überhaupt noch fort will?  Ei, ich werde die Ritter
und Herren, die Herzog Ludwig so mühsam zusammenbrachte, nun doch nicht
zum Narren halten?

Törring.  Hört Ihr die Domglocke nicht?

Albrecht.  Längst, aber, was kümmert sie mich?

Törring.  Mehr, als Ihr denkt: Euer Vetter Adolph ist tot!

Albrecht.  Tot?

Törring.  Eben trifft die Trauerbotschaft aus München ein!

Albrecht.  Friede mit ihm!  Er lebte sich selbst nur zur Last und
keinem zur Freude!

Agnes.  Gott im Himmel!  Das ist nun in sechs Monaten der dritte!

Törring.  Ja, ja, edle Frau, Ihr versteht's!

Agnes.  So bin ich wieder schuld?  O freilich! freilich!  Wer sonst
wohl!

Albrecht.  Gott weiß, daß ich mich nicht freue!  Wie sollt' ich auch?
Für mich war er nie da!  Aber weinen kann ich ebensowenig!  Ich denk
nur an eins!  Nun kann mein Vater mit Ehren zurück!

Törring.  Ich darf absatteln lassen?

Albrecht.  Was fällt Euch ein?  Zwar, ich möchte nicht, daß jetzt aus
dem Turnier noch etwas würde.  Aber ich bin doch wohl der letzte, der
ausbleiben darf!  Fort muß ich, und das gleich, doch gewiß werd ich
nun viel früher wieder hiersein, als ich dachte!  Agnes, jetzt--(Er
sagt ihr etwas ins Ohr, dann hält er seine Hand auf ihre Wange.)  Au,
ich brenne mich!

Agnes.  Verzeih dir's Gott, daß dir das in den Sinn kommt!

Albrecht.  Amen!  Ich sag's mit!  Aber es wird sich zeigen!  Ich
hatte immer das Gefühl, mein letzter Wunsch könne nicht eher gekrönt
werden.  Ei, unser Sohn mußte doch auch einen Großvater haben!  Und
nun--(Er umarmt sie.)  Siehst du, daß du mir nicht aufrichtig zürnst?
Du hältst mich fest!  Oh, ich weiß es ja längst, daß du erst dann an
Gottes Segen glauben wirst!  Darin bist du abergläubisch.  Aber ändre
dich ja nicht, ich lieb auch das an dir!  (Er küßt sie.)  Mein Leben,
auf Wiedersehen!  (Er läßt sie los und entfernt sich ein paar
Schritte von ihr.)  Seht Ihr, Törring, daß man von seinem Leben
scheiden kann, und darum doch nicht gleich zu sterben braucht?  Also!
Werdet kein Hagestolz!  Aber freilich, man muß das Beste erst
abküssen!  (Er umarmt und küßt sie noch einmal.)  So!  Nun bin ich in
Ingolstadt und du in Straubing!  Siehst du mich noch?  Ja?  Ich dich
nicht mehr!  (Ab.)

Törring (folgt).



Neunte Szene

Agnes (eilt in den Garten).  Da kann ich ihn zu Pferd steigen sehen!
(Sie kehrt wieder um.)  Ja, wenn er selbst mich in die Höhe höbe und
über die Mauer kucken ließe, wie damals, als die schwarzbraunen
ägypter mit Zimbeln und Schellen vorüberzogen.  Aber hören muß ich
ihn können!  (Sie eilt wieder fort.)  Still, still mit euren Trompeten!
Horch!  Das ist er!  "Ihr seid brav, Törring!" Gewiß, aber warum
sagst du ihm das gerade jetzt?  Ach, da geht's schon fort!  Leb wohl,
mein--Halt!  Der Trab stockt!  Es ist doch nichts geschehen?  Da
redet einer!  Schwach, undeutlich--schweig du!  Nun noch einmal er!
"Führt ihn gleich zu ihr!" Zu mir?  Wen denn?  "Es wird ihr lieb sein!"
Mir lieb?  Nein, Albrecht, da kennst du mich nicht!  Ich wollte, es
würde augenblicklich Nacht und erst in dreimal vierundzwanzig Stunden
wieder Tag!  Oder wär's mein Vater?  (Sie jauchzt auf.)  Mein Vater!
Gewiß nicht!  Ach nein! jetzt sprengen sie weiter.  Hui!  Recht, ihr
Rosse, holt aus!  Um so eher seid ihr wieder mit ihm da.  (Sie horcht
auf.)  Ich höre nichts mehr.  (Sie horcht wieder.)  Doch!  (Sie pflückt
währenddem gedankenlos eine Blume.)  Was soll's noch!  (Sie läßt die
Blume fallen.)  Hab ich da was gepflückt?  Das tut mir leid!  Es ist
keine Zeit, Blumen vor die Brust zu stecken!  (Sie wandelt langsam
wieder herauf.)  Nun ist's denn so gekommen, wie sie alle vorhersagten!
Tot!  Ob das uns wirklich was Gutes bedeutet?  Was tu ich jetzt?
Zieh ich mich schwarz an?  Da bin ich wieder hochmütig und rechne
mich mit zur Familie, wie dieser unheimliche Mensch mit den kalten
Augen, der Richter, gespöttelt haben soll.  Unterlaß ich's?  Da freu
ich mich über das Unglück!  Ich folg meinem Herzen und das sagt:
traure mit den Traurenden!  Lacht nicht, Herr Emeran!  Man ist
manchem Dank schuldig, ohne daß man's weiß!  Es ist gut für Euch, daß
dies Herz so weich ist, wenn Ihr es auch nicht ahnt!



Zehnte Szene

Törring (tritt auf).

Agnes.  Ihr noch hier?

Törring.  Ich bleibe, edle Frau!  Es ist einer aus Augsburg da, ich
darf ihn wohl schicken?

Agnes.  Aus Augsburg?

Törring (geht ab, gleich darauf erscheint Theobald).

Agnes (ruft ihm entgegen).  Theobald!

Theobald.  Agnes--Frau Herzogin, wollt' ich sagen--Nicht?  So ist's
recht?

Agnes.  Laßt das!  Kommt mein Vater auch?  Doch, was frag ich!  Wie
könntet Ihr Euch alle beide zugleich entfernen!

Theobald.  Nun, das--Aber Ihr wißt, wie er ist!  Er meint, Ihr
solltet Gott danken, wenn Euch der Vater endlich vergeben und
vergessen sei, und ihm keine Boten weiter senden, es helfe doch
nichts, denn er seinerseits kenne seine Schuldigkeit und werde den
alten Bartkratzer hier nicht in Erinnerung bringen!  Es freue ihn
zwar von Herzen--und das tut's auch, ich weiß es, darum kehrt Euch
nicht an ihn--daß Ihr noch an ihn dächtet, und daß auch Euer Herr
sich seiner nicht schäme, aber er verstehe das besser, und Ihr
möchtet aufhören, ihn zu quälen!

Agnes.  Und das ist alles, was Ihr mir von ihm melden sollt?  Nur, um
mir das zu sagen, habt Ihr die weite Reise gemacht?

Theobald.  Nun, das gerade nicht!  Ich hatte wohl auch noch einen
anderen Grund!

Agnes.  Und der--muß er mir Geheimnis bleiben?

Theobald.  Ach, warum auch!  Wir hören nun seit Jahren so allerlei,
und da wollt' ich, da sollt' ich doch einmal sehen-

Agnes.  Ob ich auch wirklich glücklich sei?  Oh, wärt Ihr doch eine
Stunde früher gekommen!  Dann hättet Ihr mit eigenen Augen--Doch nein,
nein, es ist besser so!  Und Ihr?  In Augsburg?

Theobald.  Wegen des Vaters braucht Ihr Euch nicht zu ängstigen!
Gleich nachdem Ihr fort wart, baute er sich den neuen Ofen, an den er
früher nie die Kosten wagen wollte, und das hat sich ihm belohnt.

Agnes.  Ich danke Gott dafür!

Theobald.  Er hat allerlei entdeckt, mehr als er zeigen darf, wenn er
nicht noch ärger als Hexenmeister ins Geschrei kommen will.  Dinge,
sag ich Euch--es ist schade, daß Ihr sie nicht sehen könnt.  Das wird
nun so wieder mit ihm untergehen.  Doch, es ist auch manches darunter,
was er nicht zu verbergen braucht, und dabei steht er sich schon gut
genug.  Er könnte sich nun gern ein Gärtlein kaufen, wie Ihr es immer
wünschtet.

Agnes.  Und Ihr selbst, Theobald?

Theobald.  Mir gibt er jetzt doppelten Lohn!

Agnes.  Ach, das will ich nicht wissen!

Theobald.  Nun, ich lache noch zuweilen über mich!  Und das recht von
Herzen, Ihr könnt mir's glauben!  Noch vorhin, als ich den Herzog,
Euren Gemahl, zu Pferd daherkommen sah.  Freilich, das ist ein Mann!
Und wie er Euch lieben muß, kann man schon daran sehen, daß er seine
Leute so warten läßt, was doch gar nicht Ritterart ist!  An denen kam
ich bereits vor einer Stunde vorbei, und sie mußten schon lange
stehen, denn sie waren höchst ungeduldig.

Agnes.  Das ist ja nicht möglich!  Er hat sie ja bei sich!

Theobald.  Zehn oder Zwölf!  Ich meine die übrigen!

Agnes.  Die übrigen?  Ei, er reitet ja nur zum Turnier und nimmt
nicht einen Mann mehr mit!

Theobald.  Und doch sah ich eine Stunde von hier hinter dem
Föhrenwald, wo die Hügel sich senken, einhundertundfunfzig oder
zweihundert Gewappnete, den Fuß im Bügel, die Lanze in der Hand und
das Gesicht gen Straubing gekehrt, als ob sie ihren Führer oder sonst
etwas von dort erwarteten!

Agnes.  Ich erschrecke.  Wo?

Theobald.  Ei, an der Münchner Straße!

Agnes.  An der Münchner Straße?  Er reitet nach Ingolstadt.

Theobald.  Auch sprengte ein Geharnischter, der von hier kam, in
wilder Hast an mir vorbei. Ich dachte, der sagte ihn an.  Jetzt
fällt's mir ein, daß er verkappt war!

Agnes.  Das ist höchst verdächtig, das muß Törring wissen, das--Mein
Gott, hört, der Burgwart stößt ins Horn, daß es
zerspringt--Trompetengeschmetter von allen Seiten--ganz nah--immer
näher--das ist nichts Gutes--das ist Herzog Ernst!

(Man hört das alles.)

Theobald.  Es ist nichts Gutes!  Geschrei!  Waffengeklirr!  Gilt das
denn Euch?  Kein Zweifel, man stürmt!  Und sie sind schon aneinander.

(Man hört das alles.)

Agnes.  Das ist nicht möglich!  Das Schloß hat Mauern und Gräben.



Elfte Szene

Der Kastellan (stürzt herein).  Edle Frau--folgt mir in die
Totengruft--mich schickt der Törring!

Agnes.  Ich hoffe, er wird mich verteidigen.

Der Kastellan.  Die Brücke--ein Verräter hat die Brücke
niedergelassen oder gar nicht wiederaufgezogen, denn die Dummheit
kann nicht so weit gehen.  Die Feinde sind gleich hier!  Wie soll er
sie aufhalten!

Agnes.  Nun, so sind's keine Mörder, und ich, was bin denn ich?

(Das Getöse kommt immer näher.)

Der Kastellan.  Kommt, kommt, ich beschwör Euch!  Wer weiß, ob sie
Euch dort suchen!

Agnes.  Theobald, geht Ihr mit ihm!

Theobald.  Um eine Waffe zu holen, meint Ihr!  Es wächst wohl auch
eine auf'm Baum!  (Er reißt einen Ast ab.)



Zwölfte Szene

Törring und Pappenheim treten kämpfend auf.  Im Hintergrunde kämpfen
Reisige und Burgknechte.  Auch Preising wird sichtbar, aber ohne das
Schwert zu ziehen.

Pappenheim.  Ergebt Euch, Törring!

Törring.  Ho!

Pappenheim.  So nehmt!  Ich hab Euch lange genug geschont!

Törring.  Pah!

Pappenheim.  War's nicht vom Besten?

Törring.  Ei was!  (Er holt aus, fällt aber in die Knie.)  Doch!  (Zu
Agnes hinüber.)  Edle Frau, Ihr seht--Was hilft's Euch?

Pappenheim (beugt sich auf ihn nieder).  Ihr habt's nicht anders
gewollt!

Törring (fällt um).  Macht's Kreuz über mich!  Freund oder--(Er
stirbt.)

Theobald (wirft den Ast weg, und stürzt auf Törring zu.)  Da erb ich
was!

Agnes.  Theobald!

Theobald.  Weiß wohl, es ist ein Hochmut von mir!  Aber--(Er nimmt
Törrings Schwert.)

Pappenheim (sich wendend).  Wo ist die Hexe, um die ich dies edle
Blut vergoß?

Agnes (schreitet ihm entgegen).  Wen sucht Ihr?

Pappenheim (senkt unwillkürlich sein Schwert und greift an den Helm,
dann schlägt er sich vor die Stirn).  Teufel, was mach ich!

Theobald.  Ihr Knechte, schart euch um eure Gebieterin!  Sie hat
gewiß jedem von euch Gutes getan!

Die Knechte (scharen sich).

Pappenheim (zu den Seinigen).  Ergreift sie!  Die ist's!

Theobald (tritt vor Agnes).  Solange ich lebe, geht's nicht!

Pappenheim.  Was willst du?

Theobald.  Es ist die Tochter meines Meisters!

Pappenheim.  Badergesell, kannst du zählen?  Nieder mit ihm, wenn er
nicht weichen will, und fort mit ihr!

Die Reisigen (drängen sich um Agnes herum, aber mit Scheu, und ohne
sie anzurühren, weil sie von ihrer Schönheit geblendet sind).  Ha!
Ei!  Die!

Pappenheim.  Nun, was gafft ihr?  Hat sie's euch schon angetan, wie
dem armen Herzog, oder wollt ihr warten, bis ihr's weghabt?  Laßt ihr
nur Zeit, kuckt ihr nur in die gefährlichen schönen Augen, so läßt
sie euch Borsten wachsen, statt der Haare, und Klauen, statt der
Nägel!  Ich dächte, ihr hättet genug von ihren Künsten gehört.  Muß
ich selbst den Schergendienst verrichten?  (Er dringt auf Agnes ein
und will sie ergreifen.)

Theobald (schwingt das Schwert, wie ein Rad, um den Kopf herum, so
daß Pappenheim sich nicht nähern kann).

Pappenheim.  Ei, dich soll ja--(Er will Theobald durchstoßen.)

Agnes (wirft sich zwischen beide).  Schont ihn!  Er denkt an meinen
alten Vater!  Ich folg Euch!  Aber vergeßt nicht, es ist Herzog
Albrechts Gemahlin, die Ihr in seinem eigenen Schloß überfallt!

Pappenheim (will wieder auf Theobald eindringen).  Der Bursch hat
mich-

Preising (rasch hervortretend).  Im Namen des Herzogs, meines Herrn,
jedes Schwert in die Scheide!

Pappenheim (indem er sein Schwert einsteckt).  Warum auch nicht!  Ich
soll sie nur fangen!

Agnes.  Theobald, kehrt noch nicht nach Augsburg zurück!  Dies kann
das Ende nicht sein!  (Sie geht voran.)

Pappenheim (folgt ihr mit den Reisigen).

Theobald (will gleichfalls folgen, schlägt sich dann aber vor die
Stirn).  Nein!  Nach Ingolstadt!  Zu ihm!  Das erste Pferd, das ich
unterwegs treffe, ist mein!  (Stürzt fort.)

Preising.  Gott gebe, daß sie jetzt auf mich höre!  Noch kann ich sie
vom Tode retten, und ich will's.  (Ab.)




Fünfter Akt


Straubing



Erste Szene

Kerker.

Agnes.  "Ingolstadt ist weit!" Es könnte mich verrückt machen, das
schreckliche Wort!  Ingolstadt ist keine vierundzwanzig Stunden von
hier, und als Theobald eben vorbeistürzt, und der Marschall ihn mit
vorgestreckter Lanze aufhält, sagt dieser Richter mit einem Blick auf
mich: laßt ihn doch laufen, wohin er will, Ingolstadt ist weit!
Wären keine vierundzwanzig Stunden mehr mein?  Herr, mein Gott, so
kannst Du mich nicht verlassen!



Zweite Szene

Preising (tritt ein).

Agnes (ihm entgegen).  Was bringt Ihr mir?

Preising.  Was Ihr selbst wollt!

Agnes.  Was ich selbst will?  Oh, spottet meiner nicht!  Ihr werdet
mir die düstre Pforte nicht wieder öffnen, die man so fest hinter mir
verriegelt hat!

Preising.  Ich werde, wenn Ihr Euch fügt!

Agnes.  Und was verlangt Ihr von mir?

Preising.  Ich stehe hier für den Herzog von Bayern.

Agnes (macht eine zurückweichende Bewegung).

Preising.  Aber ich meine es redlich mit Euch, und auch mein
erlauchter Gebieter ist nicht Euer Feind!

Agnes.  Nicht mein Feind?  Wie komm ich denn hieher?

Preising.  Ihr wißt, wie's steht!  Herzog Ernst ist alt, und sein
Thron bleibt unbesetzt, wenn Gott ihn abruft, oder sein einziger Sohn
muß ihn besteigen.  Nun, Albrecht kann Euch nimmermehr mit
hinaufnehmen, und da er sich von Euch nicht trennen will, so müßt Ihr
Euch von ihm trennen!

Agnes.  Ich mich von ihm!  Eher von mir selbst!

Preising.  Ihr müßt!  Glaubt's mir, glaubt's einem Mann, der Euer
Schicksal schon kennt, wie Gott, und es gern noch wenden möchte!  Ihr
könnt kein Mißtrauen in mich setzen; warum wär' ich gekommen, wenn
Euer Los mir nicht am Herzen läge?  Meines Arms bedurfte es doch
gewiß nicht; Ihr habt's ja gesehen, wie überflüssig ich war, und
welchen Gebrauch ich von meinem Schwert machte.  Ich zog mit, weil
Ihr mich erbarmtet; ich suche Euch jetzt im Kerker, im Vorhof des
Todes, auf, weil ich allein noch helfen kann, doch ich wiederhol's
Euch: Ihr müßt!

Agnes.  Ihr habt den armen Menschen gerettet, der vorhin sein Leben
für mich wagte, ich muß glauben, daß Ihr's aufrichtig meint, aber Ihr
seid ein Mann und wißt nicht, was Ihr fordert!  Nein, nein!  Das in
Ewigkeit nicht!

Preising.  Nicht zu rasch, ich beschwör Euch!  Wohl mag's ein
schweres Opfer für Euch sein, doch wenn Ihr's verweigert, so wird
man--könnt Ihr noch zweifeln nach allem, was heute geschah?--aus Euch
selbst ein Opfer machen!  Ja, ich gehe vielleicht schon weiter, als
ich darf, indem ich Euch überhaupt noch eine Bedingung stelle, und
tu's auf meine eigne Gefahr!

Agnes.  Ihr wollt mich erschrecken, aber es wird Euch nicht gelingen!
(Sie hält sich an einem Tisch.)  So leicht fürchte ich mich nicht,
dies Zittern meiner Knie kommt noch von dem überfall!  Mein Gott,
erst die Trompeten, dann die blutigen Schwerter und die Toten!  Aber
für mich besorg ich nichts, ich bin ja nicht in Räuberhänden, und
Herzog Ernst ist ebenso gerecht, als streng!  (Sie setzt sich.)  Seht
mich nicht so an, mir ward jetzt so wunderlich, weil der tote Törring
mir auf einmal vor die Seele trat, es ist schon wieder vorüber.  (Sie
erhebt sich wieder.)  Was könnte mir auch wohl widerfahren!  Ist doch
selbst ein Missetäter, solange der Richter ihn noch nicht verurteilt
hat, in seinem Kerker so sicher, als ob die Engel Gottes ihn
bewachten, und ich habe den meinigen noch nicht einmal erblickt!
Nein, nein, so hat mein Gemahl nicht von seinem Vater gesprochen, daß
ich dies glauben dürfte!  Doch, wenn's auch so wäre, wenn der Tod--es
ist unmöglich, ich weiß es, ganz unmöglich--aber wenn er wirklich
schon vor der Tür stände und meine Worte zählte: ich könnte
nimmermehr anders!

Preising.  Der Tod steht vor der Tür, er kommt, wenn ich gehe, ja er
wird anklopfen, wenn ich zu lange säume!  Schaut einmal durchs Gitter
zur Brücke hinüber!  Was seht Ihr?

Agnes.  Das Volk drängt sich, einige heben die Hände zum Himmel empor,
andere starren in die Donau hinab, es liegt doch keiner darin?

Preising (mit einem Blick auf sie).  Noch nicht!

Agnes.  Allmächtiger Gott!  Versteh ich Euch?

Preising (nickt).

Agnes.  Und was hab ich verbrochen?

Preising (hebt das Todesurteil in die Höhe).  Die Ordnung der Welt
gestört, Vater und Sohn entzweit, dem Volk seinen Fürsten entfremdet,
einen Zustand herbeigeführt, in dem nicht mehr nach Schuld und
Unschuld, nur noch nach Ursach' und Wirkung gefragt werden kann!  So
sprechen Eure Richter, denn das Schicksal, das Euch bevorsteht, wurde
schon vor Jahren von Männern ohne Furcht und ohne Tadel über Euch
verhängt, und Gott selbst hat den harten Spruch bestätigt, da er den
jungen Prinzen zu sich rief, der die Vollziehung allein aufhielt.
Ihr schaudert, sucht Euch nicht länger zu täuschen, so ist's!  Und
wenn's einen Edelstein gäbe, kostbarer, wie sie alle zusammen, die in
den Kronen der Könige funkeln und in den Schachten der Berge ruhen,
aber ebendarum auch ringsum die wildesten Leidenschaften entzündend
und Gute, wie Böse, zu Raub, Mord und Totschlag verlockend: dürfte
der einzige, der noch ungeblendet blieb, ihn nicht mit fester Hand
ergreifen und ins Meer hinunterschleudern, um den allgemeinen
Untergang abzuwenden?  Das ist Euer Fall, erwägt's und bedenkt Euch,
ich frage zum letzten Mal!

Agnes.  Erwägt auch Ihr, ob Ihr nicht verlangt, was mehr als Tod ist!
Ich entsage meinem Gemahl nicht, ich kann's und darf's nicht.  Bin
ich denn selbst noch, die ich war?  Hab ich bloß empfangen?  Hab ich
nicht auch gegeben?  Sind wir nicht eins, unzertrennlich eins durch
Geben und Nehmen, wie Leib und Seele?  Aber ich verbürge mich für ihn,
daß er dem Thron entsagt!  Fürchtet nicht, daß ich verspreche, was
er nicht halten wird!  Ich hab's aus seinem eignen Munde, wie ein
Zauberwort für die höchste Gefahr!  Zwar glaubte ich längst nicht
mehr, daß ich's noch brauchen würde, aber diese Stunde hat's mir
entrissen, und nun braucht's, wie Ihr wollt!

Preising.  Das rettet Euch nicht mehr!  Herzog Albrecht kann die
angestammte Majestät sowenig ablegen, als Euch damit bekleiden, sie
ist unzertrennlich mit ihm verbunden, wie die Schönheit, die ihn
fesselt, mit Euch.  Will er's nicht seinen Segen nennen, so nenne
er's seinen Fluch, aber er gehört seinem Volk und muß auf den Thron
steigen, wie Ihr ins Grab.  Euch rettet's nur noch, wenn Ihr Eure Ehe
für eine sündliche erklärt und augenblicklich den Schleier nehmt.

Agnes.  Wie mild ist Herzog Ernst!  Der will doch nur mein Leben!
Ihr wollt mehr!  Ja, ja, das braucht' ich bloß zu tun, so wär' ich
für ihn, wie nie dagewesen; ich selbst hätte mein Andenken in seiner
Seele ausgelöscht, und er müßte erröten, mich je geliebt zu haben!
Mein Albrecht, deine Agnes dich abschwören!  O Gott, wie reich komm
ich mir in meiner Armut jetzt auf einmal wieder vor, wie stark in
meiner Ohnmacht!  Diesen Schmerz kann ich doch noch von ihm abwenden!
Das kann mir doch kein Herzog gebieten!  Nun zittre ich wirklich
nicht mehr!

Preising.  Oh, daß Euer alter Vater neben mir stände und mich
unterstützte!  Daß er spräche: mein Kind, warum willst du einen Platz
nicht freiwillig wiederaufgeben, den du doch nur gezwungen einnahmst?
Denn ich weiß ja, daß dies Euer Fall war!

Agnes.  Gezwungen?  So also wird meine Angst, mein Zittern und Zagen
ausgelegt?  Oh, wenn Ihr mir Euer Mitleid geschenkt habt, weil Ihr
das glaubt, so nehmt's zurück und quält mich nicht länger, ich habe
keinen Anspruch darauf.  Nein, nein, ich wurde nicht gezwungen!  So
gewiß ich ihn eher erblickt habe, als er mich, so gewiß habe ich ihn
auch eher geliebt, und das war gleich, als ob's immer gewesen wäre
und in alle Ewigkeit nicht wiederaufhören könne.  Darum keine Anklage
gegen ihn, ich war früher schuldig, als er!  Nie zwar hätt' ich's
verraten, ich hätte vielleicht nicht zum zweiten Mal zu ihm
hinübergeschaut, sondern im stillen mein Herz zerdrückt und unter
Lachen und Weinen ein Gelübde getan.  Ach, ich schämte mich vor Gott
und vor mir selbst, mir war, als ob mein eignes Blut mir über den
Kopf liefe, ich erwiderte ein Lächeln des armen Theobald, um mir
recht weh zu tun.  Doch, als er nun am Abend zu mir herantrat, da
wandte ich mich zuerst freilich auch noch ab, aber nur, wie ein
Mensch, der in den Himmel eintreten soll und weiß, daß er dem Tode
die Schuld noch nicht bezahlt hat!  Wenn ein Engel den mit sanfter
Gewalt über die Schwelle nötigt: hat er ihn gezwungen?

Preising.  So ist es Euer letztes Wort?



Dritte Szene

Die Türe wird geöffnet, man erblickt Häscher und Reisige, die jedoch
draußen bleiben, es tritt ein: Emeran Nusperger zu Kalmperg und
bleibt am Eingang stehen.

Agnes (ihm entgegen).  Herr Emeran, hätte mein Gemahl je erfahren,
was ich von Euch wußte, Ihr lebtet nicht, um mich zu verderben!  Er
haßte Euch schon ohne Grund, wie keinen auf der Welt, ich hätt' ihm
wohl einen Grund angeben können, aber ich tat's nicht!  Sinnt nach,
und wenn Ihr ein Mensch seid, so muß sich in Eurer Brust jetzt etwas
für mich regen!

Emeran Nusperger zu Kalmperg (schweigt).

Agnes.  Herr Emeran, hin ich auf ehrliche Weise in Eure Hand
gefallen?  Bedenkt wohin Ihr mich ohne Vorbereitung schickt, laßt mir
noch etwas Zeit, und Gott soll's Euch verzeihen, daß Ihr einen Judas
mehr gemacht habt, ich will selbst für Euch bitten!

Emeran Nusperger zu Kalmperg (schweigt).

Agnes.  Herr Emeran, wie ich in diesem Augenblick zu Euch, so werdet
ihr dereinst zu Gott um eine kurze Frist flehen, und er wird Euch
antworten, wie Ihr mir!  Seht mich an, wie jung ich noch bin, und
gebt mir von jedem Jahr, das Ihr mir raubt, nur eine Minute zurück!
Könnt Ihr mir's weigern?  Ich will ja nur von mir selbst Abschied
nehmen!

Preising.  Ihr verlangt von ihm, was er nicht gewähren kann!  Er weiß
von Eurem Knecht, daß Ihr gestern zur Nacht erst gebeichtet habt, und
die Stunde drängt!  Auch ist die eine ebenso schwarz, wie die andere,
glaubt's mir!  Aber willigt ein und-

Agnes.  Hebe Dich von mir, Versucher!

Emeran Nusperger zu Kalmperg (winkt einem Häscher).

Ein Häscher (tritt herein und nähert sich Agnes).

Agnes.  Fort, Mensch!  Willst du deine Hand an die legen, die noch
keiner, als dein Herzog, berührt hat?  Nur dem Totengräber kann ich's
nicht mehr wehren!  (Sie schreitet zur Tür, bleibt dann aber stehen).
Albrecht, Albrecht, was wirst du empfinden!

Preising.  Ja!  Ja!  Und Ihr wollt diesen Stachel lieber in seine
Seele drücken, als--Noch ist's Zeit!

Agnes.  Fragt ihn, wenn ich dahin bin, ob er lieber eine Unwürdige
verfluchen, als eine Tote beweinen möchte!  Ich kenne seine Antwort!
Nein, nein, Ihr bringt Euer Opfer nicht so weit, daß es sich selbst
befleckt.  Rein war mein erster Hauch, rein soll auch mein letzter
sein!  Tut mir, wie Ihr müßt und dürft, ich will's leiden!  Bald weiß
ich, ob's mit Recht geschah!

(Sie schreitet durch die Häscher hindurch, Preising und Emeran
Nusperger zu Kalmperg folgen.)




Offenes Feld.



Vierte Szene

Herzog Ernst mit seinen Rittern und Reisigen, die man ziehen und sich
ausbreiten sieht.  Bauerhütten, wovon eine ganz in der Nähe ist.

Ernst (tritt mit Wolfram von Pienzenau, Ignaz von Seyboltstorff und
Otto von Bern hervor).

Ernst.  Ihr, Pienzenau, reitet zu Haydeck!  Er soll so weit
vorwärtsgehen, als er kann!  Ich muß hier haltmachen und auf den
Kanzler warten.

Wolfram von Pienzenau (ab).

Ernst.  Ihr, Seyboltstorff, schwenkt Euch gegen Straubing, und
besetzt die Hügelkette!

Ignaz von Seyboltstorff (ab).

Ernst.  Ihr, Bern, seht nach Euren Reitern und bleibt nüchtern, damit
die auch nüchtern bleiben.  (Wie Bern sprechen will.)  Ich weiß wohl,
daß Ihr behauptet, des Morgens immer benebelt aufzustehen und Euch
den Verstand erst nach und nach anzutrinken, wie andere Leute den
Rausch, aber ich halte nichts davon, und ich muß Euch heute zur Hand
haben, wie mein Schwert!

Otto von Bern (ab).



Fünfte Szene

Ernst.  Eine Bauerhütte!  Ich will doch einmal sehen, wie die Leute
leben!  (Er geht auf die Hütte zu, findet sie aber verschlossen.)  Zu!
Alles auf'm Felde bei der Arbeit.  Wer kocht denn Essen?  Oder hab
ich sie schon verjagt?  (Er kommt zurück.)  Wenn's geglückt ist, muß
die Nachricht jeden Augenblick kommen!  Dies ist das erste Mal, daß
mir die Zeit lang wird.--Ernst, frevle nicht!  Wer weiß, welcher
Schatten jetzt schon zwischen Himmel und Erde umherirrt!



Sechste Szene

Preising (tritt mit Pappenheim auf).  Hier soll er sein!

Ernst (ihnen entgegen).  Ihr Preising?  Nun?

Preising.  Tot!

Ernst.  So sei Gott ihr gnädig!--Pappenheim, Ihr müßt gleich wieder
aufsitzen und Euch mit Pienzenau vereinigen, um Haydeck zu stärken.
Der hat den ersten Stoß zu erwarten, wenn's was gibt!

Pappenheim (ab).

Ernst.  Wie starb sie?

Preising.  Hat sie sich Euch um die elfte Stunde nicht angezeigt?

Ernst.  Das versteh ich nicht!

Preising.  Da war's!  Der Henker versagte den Dienst, Herr Emeran
mußte einen seiner Hörigen entlassen, der stürzte sie von der Brücke
herab.  Erst schien's, als ob sie aus Angst vor der Befleckung durch
seine Hände freiwillig hinunterspringen wollte, doch dann kam die
Furcht des Todes über sie, ihr schwindelte, und er mußte sie packen.
Das Volk hätte ihn gern gesteinigt, und doch wußte jeder, daß der
jämmerliche Mensch es nur für seine Freiheit tat.  Nicht um die Welt
möcht' ich's zum zweiten Mal sehen.

Ernst.  Genug, Preising!  Es gibt Dinge, die man, wie im Schlaf tun
muß.  Dies gehört dazu.  Das große Rad ging über sie weg--nun ist sie
bei dem, der's dreht.  Jetzt handelt sich's denn um ihn!

Preising.  Oh, er wird's schon wissen!  Es war gerade einer aus
Augsburg auf dem Schloß, als Pappenheim eindrang, ein braver Bursch,
der sich wacker hielt.  Der eilte fort, als sie in den Kerker geführt
wurde, und gewiß nach Ingolstadt.  Es war ein Bote ihres Vaters!

Ernst.  Armer, alter Mann!  Nun ich setzte mein eigen Fleisch und
Blut ebensogut ein, wie das deine!  Wer weiß, ob unser Los nicht
schon gleich ist!

Preising.  Und dann?

Ernst.  Dann werde, was will!  Ich habe das Meinige getan und sorge
für die Gräber.  Aber es kann auch anders kommen.  Der Fürst schlief
nur in ihm, er war nicht tot.  Warum hätt' er sonst nicht entsagt?
Warum so auf dies Turnier gedrungen?  Vielleicht erwacht er wieder,
und dann--Es ist töricht, mit den gemeinen Leuten von Zauberei zu
reden, wo ein Gesicht, das unser Herrgott zweimal angestrichen hat,
alles erklärt, aber es ändert sich viel, wenn Himmel und Erde sich
erst einmal wieder in solch ein Blendwerk von Mädchen geteilt haben,
und nur noch ein Leichnam daliegt, der nicht mehr durch rote Lippen
und frische Wangen an die Eitelkeiten der Welt, nur noch durch
gebrochene Augen an die letzten Dinge mahnt!

Preising.  Da brennt's!  Oder nicht?  Ja! ja!

(Man sieht in der Ferne ein Dorf in Flammen stehen.)

Ernst.  Das ist er!  So hat die Wut den Schmerz besiegt!  Nun wird
alles gut!  (Rufend.)  Nur zu, mein Sohn, nur zu!  Je ärger, je besser!

Preising.  Aber das wolltet Ihr ja eben verhüten!

Ernst.  Ei, jetzt ist's ein Tag!  Was in dem zerstört wird, bau ich
schon wieder auf!  Und verlaßt Euch darauf, der Kaiser hat seinen
Adler schon fliegen lassen, und der wird ihm die Krallen zeigen, eh'
er's denkt!  Und dann--(Er erhebt seinen Herzogsstab.)  Preising, Ihr
werdet heut noch überrascht!  (Da Preising sprechen will.)  Kommt,
kommt, zu Pferde!  (Er ruft.)  Otto von Bern!

(Ab mit Preising.)



Siebente Szene

Bauern, Männer, Weiber und Kinder tumultuarisch durcheinander rennend
und schreiend.

Einige.  Der Böhme!  Der Böhme!

Andere.  Der Kaiser!

Andere.  Ingolstadt und Landshut!

Alle.  Alle zusammen!  Alle zusammen!  Weh uns!  Wohin?



Achte Szene

Albrecht erscheint mit vielen Kämpfenden, worunter sich auch Theobald
befindet.

Albrecht (er tut bei jedem Ausruf einen Streich).  Agnes Bernauer!
Agnes Bernauer!  Hei, daß ihr's wißt, eh' ihr umfallt, der Tod heißt
heute Agnes Bernauer und kennt kein Erbarmen!  Kein Geschlecht in
Bayern, hoch oder niedrig, das morgen nicht weinen soll!  Da liegt
ein Haydeck, da ein Pienzenau, da ein Seyboltstorff!  Aber noch immer
lebt Pappenheim!  Pappenheim, wo bist du?  Räuber, Verräter, Schurke,
versteckst du dich?  Ihr alle, ruft mit mir, daß es über die ganze
Erde schallt: Pappenheim, Räuber, Verräter, Schurke, hervor!

Pappenheim (tritt auf).  Wer sucht mich?

Albrecht.  Ich und der Teufel, wir beide zugleich!  Aber erst komm
ich!  Zieh und laß sehen, ob ein ehrlich Eisen dir noch dient!  (Er
wirft Pappenheim zurück.)

Theobald (tritt hervor).  Und ich?  Ha, ha, ha!  Ich glaube, ich
fürchte mich, es wird mir ganz schwarz vor den Augen.  Ei, ich mach
sie zu und steche darauf los!  Bring ich keinen um, so reiz ich doch
wohl einen, daß er mich umbringt!

Albrecht (tritt wieder auf).  Abgetan!  Was nun?  Oh, daß man mir ihn
wieder lebendig machte, und daß ich ihn mit jedem Atemzug einmal
niederhauen dürfte, von heute an bis zum Anbruch des Jüngsten
Gerichts.

Theobald (tritt vor Albrecht hin.).  Haut mich nieder!

Albrecht.  Dich?  Wofür?  Ei, du bist's?  Was fällt dir ein!

Theobald.  Meint Ihr, daß ich mit einer solchen Nachlebt nach
Augsburg zurück will?

Albrecht.  Guter, treuer Mensch, bleib bei mir!

Theobald.  Bei Euch?  Bei Euch!  Ha!  Wenn Ihr nicht gewesen wärt--Da!
(Er sticht nach Albrecht.)  Der kommt auch von Agnes Bernauer!  Und
der!  Und der!

Albrecht (wehrt ab).  Bist du verrückt?  Gib mir lieber die Hand!  Du
bringst mich nicht so weit, daß ich dir ein Leid zufüge!

Theobald (sticht wieder nach ihm).  Ihr sollt aber!

Albrecht.  So muß ich schon tun, was ich noch nie tat!  (Er wendet
ihm den Rücken.)  Wem gehört denn das rote Gesicht?  Das ist ein
Degenberg, und an dem fehlt's noch!  (Stürzt fort.)

Theobald.  Alles soll sterben, alles, Freund und Feind!  (Er wirft
sich seinem eignen Trupp entgegen, der Albrecht folgen will.)  Wohin?
Halt!  (Er wird durchbohrt.)  So!  Nun ist's genug!  (Fällt und stirbt.
)

Nothhafft von Wernberg (tritt auf).  Sieg!  Sieg!  Wo ist der Herzog?
Albrecht, sie laufen vor uns, als ob wir mehr als Menschen wären!

Albrecht.  Aber sie sollen liegen!  Ich will die Donau, die sie
erstickt hat, mit Leichen wieder ersticken!

Nothhafft von Wernberg.  Der im Bart wirft sich auf Straubing, Ihr
sollt's betrachten, als ob er's schon hätte!

Albrecht.  Daß er mir den Richter bloß fängt, und ihm kein Leid
zufügt!  In dessen Blut will ich mir den letzten Rausch trinken!

Rolf von Frauenhoven (tritt auf).  Hurra!  Hurra!  Nun ist's aus!
Wir haben ihn!  (Zu Albrecht, wie er ihn bemerkt.)  Wir haben Euren
Vater, Ihr könnt ihm gleich guten Tag sagen!  Eben ward er gepackt!

Albrecht.  Wer hat das befohlen?

Frauenhoven.  Wer hat's verboten?  Seine eignen Leute rannten ihn
über den Haufen, als er sich ihrer Flucht in den Weg stellte, und
Hans von Läubelfing--Da bringt er ihn mit dem Kanzler!  Seht!

Albrecht (wendet sich nach der entgegengesetzten Seite).  Er soll ihn
freilassen!  Gleich!

Nothhafft von Wernberg.  Ei, das kommt wohl morgen auch früh genug!

Albrecht.  Gleich! sage ich.  Mensch, fühlst du's denn nicht auch?

Nothhafft von Wernberg.  Eh' er Urfehde geschworen und uns wenigstens
die Köpfe gesichert hat?

Albrecht (stampft mit dem Fuß).  Gleich!  Gleich!  Gleich!

Nothhafft von Wernberg.  So sagt's ihm selbst!



Neunte Szene

Ernst tritt mit Preising auf, von Hans von Läubelfing und seiner
Schar begleitet.

Ernst.  Da steht mein Sohn!  Wenn der den Degen seines Vaters will,
hier ist er!

Albrecht.  Ihr habt mir bei Alling das Leben gerettet!  (Mit einer
Handbewegung.)  Fort!  Fort!

Ernst.  Ich tat bei Alling, was ich schuldig war, und begehre keinen
Dank dafür!

Albrecht (indem er sich umkehrt).  So komme diese Stunde über Euer
Haupt!  (Er bemerkt Preising.)  Ha, da ist noch einer!  Herr Kanzler,
Ihr seid frei, Ihr mögt wollen oder nicht!  Aber nur, um Eurem
Gefährten, dem Marschall, gleich in die Hölle nachgeschickt zu werden!
(Er zieht gegen Preising.)  Oh, wär' auch der dritte da!

Ernst.  Pfui!  Willst du dich am Diener rächen, statt am Herrn?  Mein
Kanzler vollzog nur meinen Befehl, und ich mußte ihn zweimal geben,
eh' er's tat!

Albrecht.  So seid Ihr's wirklich allein?  Ganz allein?  So kann ich
mich an niemanden halten, als an Euch?  Und Ihr tretet mir noch in
den Weg?  Ihr weicht mir nicht aus?

Ernst.  Warum sollt' ich?  Ich habe meine Pflicht getan, in Straubing,
wie in Alling, oder in Regensburg!

Albrecht.  Eure Pflicht!  Gott hat Euch in meine Hand gegeben!  Zeugt
er so für den, der seine Pflicht tat?

Ernst.  Gott will dich versuchen!  Hab wohl acht, daß du vor ihm
bestehst!  Er hat noch nie auf zwei Menschen herabgeschaut, wie jetzt
auf dich und mich!  (Er tritt Albrecht näher.)  Mein Sohn, du hast
dich mit meinem ärgsten Feind verbunden, mit deinem falschen Ohm, der
dir zwar gern die Brandfackel vorantrug, als es galt, mein
unschuldiges Land zu verheeren, der dir aber nicht das Schwert aus
der Hand gerissen haben würde, wenn du es gegen dich selbst gezückt
hättest!  Kehre zu mir zurück, es ist besser.  Ich mußte tun, was ich
tat, du wirst es selbst dereinst begreifen, und wär's erst in deiner
letzten Stunde, aber ich kann auch mit dir weinen, denn ich fasse
deinen Schmerz!

Albrecht.  Oh, sprecht nicht so!  Laßt mich glauben, daß Ihr nicht
mehr davon wißt, als der kalte Fluß, der sie verschlungen hat.  Wenn
ich Euch nicht fluchen soll, muß ich mir denken: ein neuer Tod ist in
die Welt gekommen, um den alten abzulösen, und das ist dein eigner
Vater!  Ein Mensch konnte ihr kein Leid zufügen; nicht bei Tage, denn
er hätte sie gesehen, nicht bei Nacht, denn er hätte sie gehört, und
nur eins von beidem war nötig, um jeden zu entwaffnen!  Sagt: ich bin
kein Mensch und schickte auch keine Menschen, dann will ich mich vor
Euch bekreuzen und fliehn!

Ernst.  Ich bin ein Mensch, und hätt's wohl verdient, daß es mir
erspart worden wäre.  Aber wenn du dich wider göttliche und
menschliche Ordnung empörst: ich bin gesetzt, sie aufrechtzuerhalten,
und darf nicht fragen, was es mich kostet!

Albrecht.  Göttliche und menschliche Ordnung!  Ha, ha!  Als ob's zwei
Regenbogen wären, die man zusammengefügt und als funkelnden
Zauberring um die Welt gelegt hätte!  Aber die göttliche Ordnung rief
sie ins Leben und ließ sie aus dem Staube hervorgehen, damit sie
wieder erhöhe, was sich selbst erniedrigt, und erniedrigen was sich
selbst erhöht hatte.  Die menschliche--(Er tritt Ernst näher.)  Die
menschliche--(Er wendet sich rasch um gegen die Seinigen.)  Vorwärts,
Ihr Freunde, vorwärts, wer wird schon am Mittag feiern!  Herzog Ernst
ist frei, niemand krümme ihm ein Haar, er kann keine Agnes mehr töten,
aber rasten wollen wir erst, wenn sein München in Flammen steht!
(Will fort.)

Ernst.  Recht so!  Dann wird der Bayer sie doch gewiß verfluchen,
sonst hätt' er sie vielleicht beweint.  Ihre Brüder sind's, die du
erwürgst, nicht die meinigen, und ob du die ganze Menschheit
abschlachtest: in ihren Adern wird nicht ein Blutstropfe wieder warm
davon!  Aber dahin kannst du's bringen, daß ihr eigener Vater die
Stunde vermaledeit, in der sie ihm geboren ward, und daß sie selbst
sich aus dem Paradies, wenn sie's schon betreten hat, schaudernd und
schamrot wieder hinausstiehlt, die erste und letzte, die's tut, ohne
verdammt zu sein!

Albrecht (hält inne und senkt sein Schwert).

(Man hört Trompeten in der Ferne.)

Ernst.  Das ist Ludwig von Ingolstadt!  Der Würgengel wird ungeduldig!
Folgt ihm doch, niemand kann besser zerstören, was ein andrer baute,
als er!  Aber laßt euch alle mahnen: es ist einer über euch im
Himmel und auch auf Erden, und beide werden furchtbar mit euch ins
Gericht gehen!

(Die Trompeten nähern sich.)

Stimmen.  Platz!  Platz dem Banner des Reichs!

Andere Stimmen.  Ein Herold!



Zehnte Szene

Der Herold des Reichs tritt mit Gefolge auf, das Banner wird vor ihm
hergetragen.

Der Herold (schwingt nach allen Weltgegenden sein Schwert).  Bei Acht
und Bann, kein blankes Schwert, als dies!

Alle Ritter (bis auf Albrecht stecken die Schwerter ein).

Der Herold.  Albrecht von Wittelsbach, Herzog von Bayern, erscheint
vor Kaiser und Reich!

Albrecht (tritt zögernd heran und steckt langsam sein Schwert ein).
Ist hier die Schranke?

Der Herold.  Sie ist überall, wo die Acht verkündet werden soll!

Nothhafft von Wernberg und Frauenhoven.  Die Acht!  Ist's schon so
weit!

(Posaunenstöße.)

Preising (zu Ernst).  Was ist das noch?

Ernst.  Mehr, als ich verlangte, fürcht ich!

Stimmen.  Ein Legat!  Ein Legat des Heiligen Stuhls!

Der Herold.  Und mit ihm der Bann der Kirche!

Viele Stimmen (von Rittern und Reisigen).  Acht und Bann zugleich!
Da ist's Zeit!  (Sie werfen die Waffen von sich.)

Der Legat (tritt mit Gefolge auf, eine brennende Kerze wird vor ihm
hergetragen, er stellt sich zur rechten Hand des Herolds).

Der Herold (entfaltet die Achterklärung).  Wir Sigismund, von Gottes
Gnaden erwählter römischer Kaiser, König von Ungarn, Böheim,
Dalmatien, Slawonien und Bosnien, Markgraf von Mähren und Schlesien,
Kurfürst von Brandenburg usw., Schirmvogt der Kirche, höchster
Schiedsrichter auf Erden, tun kund hiemit: Nachdem Du, Albrecht von
Wittelsbach, allbereits vor dritthalb Jahren zu Regensburg in offenem
Aufstand den Frieden des Reichs gebrochen und schwere Acht auf Dein
Haupt herabgezogen hast, die Wir damals, obgleich schon verhängt, auf
Fürbitte Deines fürstlichen Herrn und Vaters noch zurückhielten;
nachdem Du weiter, unwürdig solcher Fürbitte und Unserer Gnade, in
Deinem Trotz wider menschliche und göttliche Ordnung beharrtest,
anstatt, Unserer gerechten Erwartung gemäß, in reuiger
Unterwürfigkeit Versöhnung und Vergebung zu suchen; nachdem Du
endlich, um das Maß Deiner Frevel zu häufen, Unsere Langmut aber bis
auf den Grund zu erschöpfen, zum zweiten Mal mit blanker Waffe
rebellisch im Felde erschienen bist: So gebieten Wir Dir durch diesen
Unseren offenen Brief, daß Du angesichts desselben Dein Schwert auf
der Stelle zu den Füßen Deines Herrn und Vaters niederlegen und als
sein freiwilliger Gefangener Unseren letzten Spruch in Demut abwarten
sollst.--(Er setzt ab und sieht Albrecht an.)

Albrecht (bohrt sein Schwert in die Erde und stützt sich darauf).

Der Herold (fährt fort).  Widrigenfalls setzen Wir Dich nunmehr aus
Kaiserlicher Machtvollkommenheit aus dem Frieden in den Unfrieden,
weisen Dich hinaus auf die vier Straßen der Welt und erklären Dich
für vogelfrei-

Ernst.  Willst du noch mehr hören, mein Sohn?  Sag nein, und ich
erhebe meinen Herzogsstab!

Frauenhoven.  Jetzt kommt das von den Tieren des Waldes und den
Vögeln unter dem Himmel und den Fischen im Wasser!

Nothhafft von Wernberg.  Schau dich um!  Sie gehen alle hinter sich!
Keiner wird's mit dir tragen, als wir!

Albrecht.  Wie sollten sie auch!  Fangen doch die Berge zu wandeln an,
um mich zu bedecken!

Ernst.  Soll auch die Kirche den Mund noch öffnen?  Soll die Kerze
ausgelöscht, soll deine Seele dem ewigen Fluch übergeben, dein Name
im Buch des Lebens getilgt werden?

Albrecht (zu Nothhafft von Wernberg und Frauenhoven).  Geht von mir,
daß ich antworten kann!

Frauenhoven.  Haben wir das um Euch verdient?  Teufel, es brennt!

Albrecht.  Soll ich mich vor der Gewalt demütigen, weil ihr neben mir
steht?  Mich mag sie noch heute zermalmen!

Ernst.  Gewalt?  Wenn das Gewalt ist, was du erleidest, so ist es
eine Gewalt, die alle deine Väter dir antun, eine Gewalt, die sie
selbst sich aufgeladen und ein halbes Jahrtausend lang ohne Murren
ertragen haben, und das ist die Gewalt des Rechts!  Weh dem, der
einen Stein wider sie schleudert, er zerschmettert nicht sie, sondern
sich selbst, denn der prallt ab und auf ihn zurück.  Oder bin ich's,
der zu dir redet, ist's nicht das ganze deutsche Reich?

Albrecht.  Sei's so!  Ich wußte nicht, daß der Tod darauf steht, eine
Perle aufzuheben, statt sie zu zertreten, aber ich hab's getan und
will's büßen.  Heran, Bär und Wolf, schießt auf mich herab, Adler und
Geier, und zerfleischt mich!  Nicht mit der Hand will ich mich wehren,
wenn ihr tut nach des Kaisers Gebot!

Ernst.  Hast du solche Eil, vor deinem Richter zu erscheinen?  Noch
hat er diese Toten und ihre Wunden nicht gezählt, und du weißt so
gewiß, wie er dich empfangen wird?

Albrecht.  Oh, ihn fürcht ich nicht, er wird's schon vergeben, daß
ich sein liebstes Kind bei der Hand gefaßt habe, er weiß ja, wie
schön und edel er's gemacht hatte!

Ernst.  Mein Sohn, geh in dich!  Es ist wahr, du kannst deine Schuld
vergrößern, du kannst dir den Tod ertrotzen, oder dich, wer will's
hindern, hinterrücks aus der Welt wegstehlen, du kannst aber auch
alles wiedergutmachen!  Tu's, o tu's, fasse einen Entschluß, daß du
vor deinen Ahnen nicht zu erröten brauchst, füge dich!  Dies
Schlachtfeld wird einst furchtbar wider dich zeugen, sie alle, die
hier blutig und zerfetzt herumliegen, werden dich verklagen und
sprechen: wir fielen, weil Herzog Albrecht raste!  Weh Dir, wenn sich
dann nicht eine viel größere Schar für dich erhebt und deine Ankläger
zum Verstummen bringt, wenn nicht Millionen ausrufen: aber wir
starben in Frieden, weil er sich selbst überwand!  Denn das hängt
davon ab, daß du lebst, davon ganz allein!

Albrecht.  Die Unschuldige sollte modern, und ich--Welch ein Schurke
wär' ich, wenn ich auf Euch hörte!

Ernst.  Du bist nicht, wie ein anderer, der die Gerechtigkeit dadurch
versöhnen kann, daß er ihrem Schwert reuig den Hals darbietet, von
dir verlangt sie das Gegenteil!  Schau dies Banner an, es ist dein
Bild und kann dich's lehren!  Es ward aus demselben Faden gesponnen,
woraus der letzte Reiter, der ihm folgt, sein Wams trägt, es wird
einst zerfallen und im Wind zerstäuben, wie dies!  Aber das deutsche
Volk hat in tausend Schlachten unter ihm gesiegt, und wird noch in
tausend Schlachten unter ihm siegen, darum kann nur ein Bube es
zerzupfen, nur ein Narr es flicken wollen, statt sein Blut dafür zu
verspritzen und jeden Fetzen heiligzuhalten!  So ist's auch mit dem
Fürsten, der es trägt.  Wir Menschen in unsrer Bedürftigkeit können
keinen Stern vom Himmel herunterreißen, um ihn auf die Standarte zu
nageln, und der Cherub mit dem Flammenschwert, der uns aus dem
Paradies in die Wüste hinausstieß, ist nicht bei uns geblieben, um
über uns zu richten.  Wir müssen das an sich Wertlose stempeln und
ihm einen Wert beilegen, wir müssen den Staub über den Staub erhöhen,
bis wir wieder vor dem stehen, der nicht Könige und Bettler, nur Gute
und Böse kennt, und der seine Stellvertreter am strengsten zur
Rechenschaft zieht.  Weh dem, der diese übereinkunft der Völker nicht
versteht, Fluch dem, der sie nicht ehrt!  So greife dann endlich auch
in deine Brust, sprich: Vater, ich habe gesündigt im Himmel und vor
dir, aber ich will's büßen, ich will leben!

Albrecht.  Hängt das von mir ab?

Ernst.  Dies Wort ist mir genug!  Gott wird dich stärken, und deine
Witwe selbst wird für dich beten!

Albrecht.  Meine Witwe!?

Ernst.  Was ich ihr im Leben versagen mußte, kann ich ihr im Tode
gewähren, und ich tu es gern, denn ich weiß, daß sie's verdient!
Deine Gemahlin konnte ich nicht anerkennen, deine Witwe will ich
selbst bestatten und für ewige Zeiten an ihrem Grabe einen
feierlichen Totendienst stiften, damit das reinste Opfer, das der
Notwendigkeit im Lauf aller Jahrhunderte gefallen ist, nie im
Andenken der Menschen erlösche!

Albrecht.  Ich will--Ich will, was ich noch kann!  (Gegen den Herold.)
Kaiserlicher Majestät meinen Respekt!  (Zu Ernst.)  Euch, mein Herr
und Vater--(Er will ihm das Schwert überreichen.)  Euch-

Ernst (öffnet die Arme und streitet ihm entgegen).

Albrecht (weicht zurück, und zieht).  Nein, nein!  Die Hölle über
mich, aber Blut für Blut!

Ernst.  Halt!  Erst nimm den da!  (Er reicht ihm den Herzogsstab, den
Albrecht unwillkürlich faßt.)  Der macht dich zum Richter deines
Vaters!  Warum willst du sein Mörder werden!

Preising.  Herzog!

Ernst.  So war's beschlossen!  Und nicht bloß des Feierabends wegen!
Ich brauch sein Ja!  Kann er's mir in seinem Gewissen weigern, so
steht's schlimm um mich!

Albrecht.  Mich schwindelt!  Nimm ihn zurück!  Er brennt mir in der
Hand.

Ernst.  Trag ihn ein Jahr in der Furcht des Herrn, wie ich!  Kannst
du mich dann nicht lossprechen, so ruf mich, und ich selbst will mich
strafen, wie du's gebeutst!  Im Kloster zu Andechs bin ich zu finden!

Albrecht (will niederknien).  Vater, nicht vor Kaiser und Reich, aber
vor dir!

Ernst.  Wart! wart!  Mein Tagewerk war schwer, aber vielleicht leb
ich noch übers Jahr!  (Geht; zu Preising, als er folgen will.)  Bleibt!
An einem Mönch ist's genug!












End of the Project Gutenberg EBook of Agnes Bernauer, by Friedrich Hebbel

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both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and Michael
Hart, the owner of the Project Gutenberg-tm trademark.  Contact the
Foundation as set forth in Section 3 below.

1.F.

1.F.1.  Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable
effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
public domain works in creating the Project Gutenberg-tm
collection.  Despite these efforts, Project Gutenberg-tm electronic
works, and the medium on which they may be stored, may contain
"Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate or
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property infringement, a defective or damaged disk or other medium, a
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LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
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LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
DAMAGE.

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opportunities to fix the problem.

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in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS' WITH NO OTHER
WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO
WARRANTIES OF MERCHANTIBILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.

1.F.5.  Some states do not allow disclaimers of certain implied
warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages.
If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the
law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be
interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
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provision of this agreement shall not void the remaining provisions.

1.F.6.  INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance
with this agreement, and any volunteers associated with the production,
promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works,
harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees,
that arise directly or indirectly from any of the following which you do
or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.


Section  2.  Information about the Mission of Project Gutenberg-tm

Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of computers
including obsolete, old, middle-aged and new computers.  It exists
because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
remain freely available for generations to come.  In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
and the Foundation web page at https://www.pglaf.org.


Section 3.  Information about the Project Gutenberg Literary Archive
Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service.  The Foundation's EIN or federal tax identification
number is 64-6221541.  Its 501(c)(3) letter is posted at
https://pglaf.org/fundraising.  Contributions to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
permitted by U.S. federal laws and your state's laws.

The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
throughout numerous locations.  Its business office is located at
809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email
[email protected].  Email contact links and up to date contact
information can be found at the Foundation's web site and official
page at https://pglaf.org

For additional contact information:
     Dr. Gregory B. Newby
     Chief Executive and Director
     [email protected]


Section 4.  Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment.  Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States.  Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements.  We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance.  To
SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
particular state visit https://pglaf.org

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States.  U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses.  Donations are accepted in a number of other
ways including including checks, online payments and credit card
donations.  To donate, please visit: https://pglaf.org/donate


Section 5.  General Information About Project Gutenberg-tm electronic
works.

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
concept of a library of electronic works that could be freely shared
with anyone.  For thirty years, he produced and distributed Project
Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.


Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
unless a copyright notice is included.  Thus, we do not necessarily
keep eBooks in compliance with any particular paper edition.


Most people start at our Web site which has the main PG search facility:

     https://www.gutenberg.org

This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
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