Die Eroberung von Peru : Historische Originalnovelle

By Don Pablo de Avecilla

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Title: Die Eroberung von Peru
        Historische Originalnovelle

Author: Don Pablo de Avecilla

Translator: Adolf Knabenhans

Release date: December 17, 2024 [eBook #74920]

Language: German

Original publication: Erfurt, Zürich, Leipzig: Verlag von Eduard Moos

Credits: Richard Illner and the Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net


*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE EROBERUNG VON PERU ***

Anmerkungen des Bearbeiters:

Das Original ist in Fraktur gesetzt; Schreibweise und Interpunktion des
Originaltextes wurden übernommen; lediglich offensichtliche Druckfehler
sind korrigiert worden.

Eine Liste der vorgenommenen Änderungen findet sich am Ende des Textes.


                            [Illustration]

                       Alle Rechte vorbehalten.




                                  Die

                          Eroberung von Peru.


                      Historische Originalnovelle

                                  von

                         Don Pablo de Avecilla

                        General-Kriegsauditeur.


                     Aus dem Spanischen übersetzt

                                  von

                           Adolf Knabenhans.

                            [Illustration]

                       Erfurt, Zürich, Leipzig.
                        Verlag von Eduard Moos.
                                 1894.


                   Druck von Eduard Moos in Erfurt.




                              Einleitung.

Wenn wir im sechszehnten Jahrhundert auf alle europäischen Festländer,
auf die ganze alte Welt einen philosophischen Blick werfen, zieht sich
die Seele eines jeden gefühlvollen Menschen schwermüthig zusammen und
sein Herz pocht bewegt. Denn nicht nur in Spanien war es, wo man unter
dem Geklirre sarazenischer Waffen mit Entsetzen das harte Joch der
Feudalherrschaft und hernach die Tyrannei der Könige verspürte; nicht
nur die spanischen Grenzgebiete schauderten bei der Betrachtung der
gräßlichen Auftritte, womit der düstere Fanatismus die reine und süße
Religion Perus mit Blut befleckte; in dichte Nebel der Unwissenheit
gehüllt, bot die alte Welt, wo man hinsah, den trostlosesten Anblick
dar, und das Betragen der in jenem traurigen Zeitabschnitt der
Oeffentlichkeit angehörenden Männer, nach der Moralität und Philosophie
unseres Jahrhunderts zu bemessen, hieße in sehr schwere Irrthümer
gerathen. Der allergrößte Held des sechszehnten Jahrhunderts wäre der,
der vereinigt mit der wilden, persönlichen Verwegenheit in den Kämpfen,
in heldenmüthigerem Grade den religiösen Fanatismus seiner Zeit besäße.

In so düstern Augenblicken war es, als die Kühnheit der Europäer
sie bis nach dem Festlande der neuen Welt führte. Jene entlegenen
Gestade, voller Unschuld und Arglosigkeit, bildeten den schrecklichsten
Gegensatz zu den verfinsterten Herzen ihrer Entdecker. Aber nein;
ferne von uns der Gedanke, die schändlichen Auftritte zu beschreiben,
die der gefühlvolle Philosoph Raynal in seiner Geschichte der
europäischen Niederlassungen beider Indien geschildert hat; ferne von
uns, den Fußstapfen Robertsons in seiner Geschichte von Amerika zu
folgen, weit entfernt endlich, mit feuriger Begeisterung den Greuel
kläglicher Zeitabschnitte überladen zu wollen. Wenn die Pflicht jedoch
geschichtlicher Novellenschreiber uns Thatsachen berühren hieße, mag es
mit möglichster Leichtigkeit geschehen, und ohne deren düstere Farben
zu überladen.

Alle Nationen Europas gründeten mehr oder weniger wichtige
Niederlassungen in der neuen Welt, und alle Europäer verheerten deren
Grenzgebiete; aber nur die Spanier beherrschten in ihr ausgedehnte
Reiche und ungeheure Länderstriche, und die Kampfplätze der neuen
Gestade werden kaum genügen, die Thaten der Tapferkeit und die
Heldenthaten der spanischen Heroen aufzuzählen. Vertraut mit dem Kriege
in achthundert Jahren der Kämpfe mit den Sarazenen; an die Verfolgung
und Ausrottung der Gläubigen Mahomets gewohnt, mußten sie in den
neuen Gebieten mit den Anbetern anderer Götter jenen selben Charakter
des Schreckens und der Rohheit entfalten, der ihnen im Verlaufe so
vieler Jahrhunderte bereits eigen und angeboren war. Die berühmten
Ritter, in denen die wenigen Tugenden jenes Zeitabschnittes glänzen
konnten, überließen, noch an die glänzenden Kreuzzüge gewohnt, die
Gefahren der Wellen habsüchtigen Abenteurern, die sich mehr nach Gold
und Reichthümern, als nach den frühern Lorbeeren der Kampfplätze von
Palästina sehnten.

Wohl hausten die Spanier mit den wilden Naturtrieben jener Jahrhunderte
entsetzlich auf dem neuen Festlande; ihre Verbrechen aber wären
immer Verbrechen des sechszehnten Jahrhunderts, Verbrechen, die
allen Europäern gemein waren, welche die neue Welt überflutheten;
eigentliche Verbrechen des Fanatismus jener Zeiten der Unwissenheit
und des Irrthums; kurz, Verbrechen von Abenteurern, die wie alle
europäischen Abenteurer, den Tod oder ihren Ehrgeiz an den Schätzen
des jungfräulichen Amerikas zu sättigen suchten; wenn uns aber die
ersten Blätter der Geschichte der neuen Welt beschwerlich fallen
könnten, verdankten doch am Ende jene Regionen den Spaniern die Liebe
zur Freiheit, und das wahre Christenthum, die sie zur Civilisation
und Unabhängigkeit geführt haben. Und heute können wir zufrieden ganz
Europa sagen: *Sie nennen uns unsere Brüder!*

                            [Illustration]




                         Inhalts-Verzeichniß.


                           Einleitung. Seite

             Kap. 1. Die katholischen Könige           1

                  2. Columbus                          7

                  3. Mexiko                           14

                  4. Pizarro, Luque und Almagro       27

                  5. Peru                             39

                  6. Tumbez                           51

                  7. Huldigung                        61

                  8. Fromme Bräuche                   70

                  9. Waffenstillstand                 80

                 10. Leichenbegängniß                 89

                 11. Taufe                            98

                 12. Feindseligkeiten                109

                 13. Atahulpa                        122

                 14. Cajamalca                       134

                 15. Knechtschaft                    145

                 16. Verstärkung                     156

                 17. Cuzco                           163

                 18. Botschaft                       172

                 19. Sieg                            188

                 20. Duell                           198

                 21. Staatsklugheit                  210

                 22. Verurtheilung                   223

                 23. Die Anden                       238

                 24. Rache                           254

                 25. Schluß                          269

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 1.

                       Die katholischen Könige.


Es ließe sich unsern Lesern die vollkommene Uebereinstimmung der
peruanischen Handschriften und Texte, welche uns bei Abfassung
dieses Werkes gedient haben, schlecht vor Augen führen, wenn wir den
politischen Stand der alten Welt im sechszehnten Jahrhundert nicht mit
kurzen, leichten Strichen zu schildern und den Hof der katholischen
Könige und dessen innere wie äußere Lage nicht etwas zu ergründen
suchten.

Spanien, dieser von der schönsten Sonne Europa’s beschienene Boden, ist
zu allen Zeiten der Tummelplatz gewesen, worauf mit Waffengewalt die
Schicksale der alten Welt entschieden worden sind. Nachdem sich die
kriegerische Republik Karthago auf den keltiberischen Schlachtfeldern
besiegt sah, unterlag auch die römische Hoheit auf ihren Kampfplätzen;
und wenn der Thron der Gothen im Verlaufe von Jahrhunderten auf
unserm Boden an Volksthümlichkeit und Macht zunahm, so öffnete die
Weichlichkeit der Höfe Witizas und Rodrigos den hinterlassenen Söhnen
Libyens die Thore Spaniens und duldete, damit ihre Freiheit, ihre
Unabhängigkeit und sogar ihren religiösen Glauben verlierend, während
acht Jahrhunderten das harte, verhängnißvolle Joch der Sarazenen.

Aber der spanische Löwe sollte nicht immer niedergeschlagen zu Füßen
seiner Unterdrücker brüllen; das Vaterland der Heroen erhob sein
furchtsames Antlitz und Damaskus erbebte. Der Trieb zur Freiheit und
die Liebe zum Vaterlande, eins mit dem Fanatismus und dem Aberglauben,
reizten die alten Keltiberen und Lusitaner bei Cueba Donga auf und
Pelayo eröffnete den hartnäckigsten und blutigsten Feldzug, den die
Geschichte jemals bekannt gab. Siebenhundertachtzig Jahre der Kämpfe
und dreitausendsiebenhundert Schlachten hatten die Sarazenen von den
kantabrischen Gebirgen bis zu den Bergen vor Toledo hinabgetrieben, von
den Bergen vor Toledo in die unwegsamen Sierras[1] von Andalusien und
hatten sie endlich bis vor die Mauern von Granada gebracht. Ferdinand
und Isabella behielt das Schicksal den Ruhm vor, die Kreuzesfahne auf
den Zinnen der Alhambra flattern zu lassen und wenigstens für einmal
machte der Fanatismus mit der Freiheit gemeinsame Sache.

[1] Gebirgsgegenden.

Zu so einem ungeheuren Feldzuge mußten von ihm mächtige Heere auf dem
Fuße gehalten werden, da er, selbst mit genügenden Hülfsquellen für
ausgedehnte Pläne, nicht einmal ein System öffentlicher Angelegenheit
geschaffen hätte. Obschon die katholischen Könige, alle Jahre die
Fluren der Sarazenen verwüstend, mit fünfzig- bis siebzigtausend Mann
einzogen, bestanden diese Heere doch nur aus Vasallen, welche ihnen in
früherer Zeit die feudalen Herren liehen, oder dann aus Fanatikern,
die der Herr im Vatikan im Namen Gottes vierzig Tage lang aufwiegelte.
Das französische Heer Karls VII. war die erste stehende Macht, welche
Europa kannte, und welche den bedeutenden Umschwung vorbereitete, den
Adeligen die Führung der staatlichen Militärgewalt zu entziehen. Die
Könige waren machtlos; ihre Staatskasse war so schwach, daß sie sich
weder auf Kosten noch auf Unternehmungen einlassen konnten, und gingen
sie das Volk darum an, leistete dasselbe ihnen nur geringen Beistand.

Am zweiten Tage des Jahres 1493 zogen Ferdinand und Isabella als
Sieger in Granada ein; um die Herrschaft der Sarazenen war es in
Spanien geschehen und durch die Vereinigung der Krone von Aragonien und
Castilien in Folge Vermählung dieser beiden Fürsten wurden, wiewohl sie
keine unumschränkte Macht besaßen, ihre Besitzungen sehr ausgedehnt.
Die gesetzgebende Gewalt lag in den Cortés und die ausführende des
Königs war sehr begrenzt. Das romantische Zeitalter war noch nicht
ganz zu Ende; die Herzhaftigkeit, Leutseligkeit und Tapferkeit waren
das Unterscheidungszeichen der adeligen Ritter, das Feudalwesen aber
erfreute sich unumschränkter Macht; die lehenspflichtigen Herren
waren die Könige und die Monarchen hohle Truggestalten ohne Glanz und
ohne Pracht. Doch Ferdinand, der die Frucht von viertausend Siegen
einheimste, wußte die Vortheile, welche ihm die politische Lage darbot,
auszunutzen. Von hohem Verständniß in der Zusammenstellung seiner
Pläne, zehrte die Thätigkeit, die Standhaftigkeit und Entschlossenheit
zu deren Ausführung, das Werk des Tyrannen, das ihm sein Herz
eingegeben und sein Stolz vorgeschrieben hatte, auf. Ferdinand, vom
Hofe in Rom nur der Katholische genannt, weil er ihn fürchtete,
beraubte die frommen Väter, das eine Mal unter verschiedenen Vorwänden,
das andere Mal unter Anwendung grausamer Gewaltthätigkeiten und
viele Male durch Urtheilssprüche der Gerichtshöfe, eines Theiles der
Besitzungen, die sie von der unbesonnenen Großmüthigkeit der früheren
Monarchen und hauptsächlich von der Schwachheit und Verschwendungssucht
seines Vorgängers, Heinrichs IV., erlangt hatten. Prächtig gestaltete
er seinen Hof und flößte den Großen mit Flitter und Prunk Achtung ein.
Er einverleibte der Krone die mächtigen Würden der Orden von Santiago,
Alcantara und Calatraya, und er war (wiewohl seine Macht noch geringer
als die anderer Herrscher Europas war) beständig ein scharfsinniger
Tyrann, wo es galt, das Volk seiner Freiheiten zu berauben. Spanien
war, bis auf die vollständige Niederlage, auf den Schlachtfeldern von
Villalar frei.

Wenn so viele Vortheile den Thron Ferdinands riesenhaft zu gestalten
vermochten, so schwächten jedoch seine politischen Mißgriffe dessen
Macht. Die Bekehrungswuth, das unzertrennliche Attribut der Fanatiker,
beherrschte Ferdinand, oder beherrschte zum mindesten dessen Politik,
denn kaum flatterte die Fahne Zions auf den Mauern Granadas, als eine
unsinnige Verordnung den in allen spanischen Provinzen zerstreuten
Juden und Mohamedanern anbefahl, sich binnen vier Monaten taufen zu
lassen oder aus den spanischen Besitzungen hinauszugehen. Wenige wurden
getauft, aber achthunderttausend jeden Alters und Geschlechts suchten
unter anderen Himmelsstrichen Duldung für ihren Glauben. Die durch den
Krieg verheerten Fluren, der in wenigen Händen befindliche Grundbesitz,
die kurze Ausdehnung des Handels und die geringe Entfaltung des innern
Verkehrswesens, Alles machte, daß der Ackerbau nachließ und der
öffentliche Reichthum sehr spärlich wurde. Ein verheerender Krieg von
acht Jahrhunderten, eine schreckliche, vom Fanatismus vorgeschriebene
Auswanderung, die den feudalen Rechten eigenthümliche Lähmung der Ehen,
Alles trug zur Entvölkerung und zur Spärlichkeit der Arme für die
Pflege der Künste und Wissenschaften bei.

Das war Spaniens politischer und innerer Zustand, als Columbus vor die
spanischen Monarchen hintrat und ihnen ein ungeheures Reich anbot,
dessen Vorhandensein ihm sein Antrieb eingegeben hatte. Obschon ein
wenig über den Trümmern der Feudalherrschaft erhaben, war Ferdinand
ein Herrscher, dessen schwache Staatskasse den inneren Anforderungen
nicht genügte; ein Monarch, der nicht allzusehr auf die Liebe seines
Volkes rechnete; ein Monarch endlich von größerer Pracht und Eitelkeit
an seinem Hofe als Macht für ausgedehnte Unternehmungen, und da seine
ganze Aufmerksamkeit von der Niederlage der Sarazenen in Anspruch
genommen war, war es nicht leicht, daß er einem Manne, den ganz Europa
für einen Träumer hielt, Gehör schenkte.

Wenn diese politische Lage den tugendhaften Entdecker der neuen Welt
auch nicht gerade begünstigte, so stellte sich ihm die Unwissenheit und
der Fanatismus als ein beinahe unüberwindliches Hinderniß entgegen. Die
Unfehlbarkeit des Papstes hatte diejenigen, welche an das Vorhandensein
der Antipoden glaubten, mit dem Kirchenbann belegt, und Spanien, wie
alle Nationen, in Dummheit und religiöser Furcht begraben, war es
nicht leicht, der Meinung eines dunkeln Mannes zu folgen, wo Papst
und Genesis jede Zuverlässigkeit aufgaben. Es wäre schwierig, die
Wegräumung so vieler Hindernisse zu erforschen, ohne dem Ehrgeiz der
Könige nachzuspüren; die heftige Begierde aber, zu regieren, und das
großartige Gepränge, ganze Reiche an den Siegeswagen zu befestigen,
welche die katholischen Könige zu beherrschen schien, ließen sie dem
unerschrockenen Columbus Gehör schenken, und indem sie der Genesis und
dem Papste Stillschweigen geboten, warfen sie sich, auf der Suche nach
Sklaven und Schätzen, der Wuth unbekannter Meere in die Arme.

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 2.

                               Columbus.


Durch die Eroberungen, welche sie täglich den Händen der Sarazenen
entrissen, stolz, und in Folge der Triumphe, die sie, um ihre
oberherrliche Macht damit zu vergrößern, über ihre Vornehmsten und den
Adel, denen sie ihre alten, verbrieften Rechte entrissen, davontrugen,
übermüthig geworden, hielten die katholischen Könige verwegen Ausschau
auf den Ocean und ließen sich leicht von dem angenehmen Taumel
bethören, daß es hinter jenen beweglichen Bergen von Wogen noch andere
Reiche und andere Kronen gäbe, um damit ihre Stirnen zu schmücken und
ihre Macht zu vergrößern. Es war ein kühner Mann, der, größer als
sein Jahrhundert, eine neue Welt zu ihren Füßen niederlegte, und die
frühere Halbinsel war schon eng begrenzt, um die Macht der Könige von
Aragonien und Castilien in sich zu schließen. Columbus schmeichelte
der Eitelkeit dieser gewaltigen Herrscherpaare und Papst und Genesis
mußten vor dem unbeugsamen Willen der Eroberer Granadas, die an den
riesigen Thron Karls V. noch eine neue Welt knüpfen wollten, verstummen.

Christoph Columbus, von Geburt ein Genuese, hatte sein kostbares
Dasein mit mehr oder weniger wichtigen Seereisen zugebracht. Dieser
unbekannte Mann, an Kenntnissen in der Astronomie und der Schifffahrt
weiter fortgeschritten als sein Jahrhundert, wußte wie aus eigenem
Antriebe, daß es noch einen andern Erdtheil haben mußte, und daß
ihm der ewige Ruhm, denselben zu entdecken, vorbehalten blieb. Die
Antipoden, welche die Vernunft als ein Hirngespinnst und der Aberglaube
als einen Irrthum und als eine Gottlosigkeit hinstellten, waren für
diesen außerordentlichen Mann eine unbestrittene Wahrheit. Von dieser
Idee, der großartigsten, die je ein Mensch erdachte, besessen, schlug
er seiner Vaterstadt Genua vor, eine andere Erdhälfte unter deren
Gesetzgebung zu stellen. Von dieser schwachen Republik, von Portugal,
wo er lebte, von England, das stets für irgend ein überseeisches
Unternehmen bereit zu sein schien, verachtet, setzte er die einzigen
Hoffnungen seiner Pläne auf Isabella.

Die Minister dieser Prinzessin hielten den Mann, der eine neue Welt
entdecken wollte, gleich anfangs für einen Träumer, und lange Zeit
hindurch behandelten sie ihn, wie gewöhnliche Menschen inmitten
ihrer Glücksgüter Männer von Genie zu behandeln pflegen, von oben
herab. Columbus jedoch schrak angesichts der Schwierigkeiten nicht
zurück. Er besaß, wie alle diejenigen, welche außergewöhnliche Pläne
schmieden, die Seelenhoheit und die Begeisterung, die sie gegen irrige
Meinungen, gegen höhnische Verachtung des Stolzes, das Erniedrigende
des Müßiggangs belebt. Entschlossen, energisch und muthig, triumphirte
seine Klugheit und seine Geschicklichkeit über alle Hindernisse.
Isabella verkaufte ihr Geschmeide und ihre Edelsteine, sie berief sich
auf ihren Hof, und nachdem drei Fregatten mit neunzig Mann Besatzung
für ihn ausgerüstet worden waren, ging Columbus am 3. August 1493 unter
Segel, um die Welt in Erstaunen zu setzen.

Christoph Columbus gedachte die alte Welt umzugestalten und sein
Unternehmen erforderte hohen Muth. Nach einer langen Seefahrt fingen
die Mannschaften, entsetzt ob der ungeheuren Entfernung, welche sie
von ihrem Vaterlande trennte, an, mißtrauisch darüber zu werden, an
das Ziel ihrer Wünsche zu gelangen, und mehrmals wollten sie Columbus
in’s Meer werfen, um wieder nach Spanien zurückzukehren. Der Admiral
verstellte sich, so viel es ihm möglich war, bis daß, als er bereits
den Ausbruch mit dem entsetzlichen Knalle bedrohen sah, er vorschlug,
daß, wenn sie in drei Tagen kein Land entdeckten, sie nach Europa
segelten. Glücklicherweise wurde noch vor dem dritten Tage, im Monat
Oktober, die neue Welt entdeckt. Columbus landete auf der Insel San
Salvador und nahm im Namen Isabellas Besitz von ihr. Kein Mensch hielt
es damals in Europa für ungerecht, sich eines nicht von Christen
bewohnten Landes zu bemächtigen! Bei dem Anblick der Schiffe und
der von ihnen so sehr verschiedenen Menschen verwirrt, flohen die
Inselbewohner entsetzt in die Tiefen der Wälder. Die Spanier konnten
einige packen, die reichlich beschenkt und geherzt zurückkehrten, um
ihre Horden zu schicken, was genug war, sich das ganze herumirrende
Volk zuzuziehen.

Unter fröhlichem Gejauchze liefen die unglücklichen Bewohner der neuen
Welt an das Gestade und erkannten die Schiffe und herzten die Europäer.
Die Europäer hingegen, als sie kupferfarbene Menschen, ohne Bart in
ihrem Gesicht, ohne Flaum an ihrem Körper, in natürlicher Einfachheit
sahen, sahen dieselben für unvollkommene Thiere an, die zu ihrem
Abscheu und dazu geboren waren, um sie an das Halseisen zu befestigen,
um sie auf den Märkten zu verkaufen und sie zu ewiger Knechtschaft zu
verdammen.

Die Insulaner, welche, die Wälder bewohnend, nach wildwachsenden
Früchten der Natur suchten und ihrer Scham mit einfachen Geweben
genügten, wußten nichts von dem Werthe der Metalle, und das
verächtliche Kupfer und das ersehnte Gold stillten gleicherweise
ihren einfältigen Stolz; sie zierten ihre Tempel und erhöhten den
Liebreiz ihrer Schönen. Die Eindringlinge warfen inzwischen, auf der
Suche nach kostbaren Metallen und Edelsteinen, durchdringende Blicke
um sich her und sahen lächelnd die mit Schätzen beladenen Indianer
in ihrem Zierrath und im Innersten ihres Herzens sannen sie auf
Raub und Mord. Oh, erhabener Columbus! niemals wird die Geschichte
deine Tugenden beflecken. Der Wissensdrang, nicht die Geldgier, gab
dir das Vorhandensein neuer Erdtheile ein; hättest du das Buch der
Schicksale der Völker aufschlagen können, so läge Amerika in ewiger
Vergessenheit da, und du würdest nicht die Wogen ruhiger und entfernter
Gestade stören, um sie nachher von Blut geröthet zu sehen. Gefühlvoll,
weichherzig und tugendhaft, warst du die Liebe der einfachen
Inselbewohner und der Haß des Hofes von Castilien, und dein Gedächtniß
soll, indeß die Erinnerung an deine Tugend in den Herzen fortlebt, der
neuen Welt theuer sein.

Columbus’ unermüdlicher Eifer für Entdeckungen und der Anreiz des
Goldes in den Spaniern brachte sie nach der Insel Santo Domingo und
nach andern Festländern Amerikas. So lange als Columbus an der Spitze
der Mannschaften stand, stieß der Ehrgeiz der Expeditionäre auf einen
unüberwindlichen Damm. Da er aber wieder an den spanischen Hof zurück
mußte, da er sich zu neuen Entdeckungen der Unendlichkeit des Meeres
überlassen mußte, ließen die widerrechtliche Besitzergreifung, der
Fanatismus, die Grausamkeit und Unmenschlichkeit ihre Wuth an den
unschuldigen Sonnenanbetern aus. Ohne andere Waffen als ihren Bogen
und ihre Pfeile von Holz oder aus Fischgräten wagten die Indianer
vergebens Zusammenstöße mit Feinden, deren Waffen, deren Mannszucht
denselben so große Vortheile gewährten. Von ihren schwachen Opfern wie
Götter angesehen, stimmten dieselben, bevor sie kämpften, den Sieg
an und ihre Trophäen waren unmenschlich von Blut geröthet. Columbus
jedoch warf die Ruchlosen zu Boden und war der Schutzengel der
Indianer. Columbus aber würde der erste tugendhafte Kriegsheld sein,
der nicht ein Spielball der Höflinge wäre und der schließlich nicht den
Fußstapfen Belisars nachfolgte. Die Verleumdung richtete ihre grausamen
Geschosse auf ihn und nachdem man ihn in Santo Domingo in Ketten zu
legen befohlen hatte, wurde er wie der Gemeinste der Verbrecher nach
Spanien geführt. Ueber so ein schimpfliches Vorgehen beschämt, ließ ihn
der Hof zwar frei, jedoch ohne ihn an seinen Verleumdern zu rächen und
ohne ihn wieder in seine Titel und Aemter einzusetzen. Das war das Ende
dieses außerordentlichen Mannes! Die öffentliche Erkenntlichkeit hätte
wenigstens diesem neuen Erdtheil den Namen des kühnen Schifffahrers,
der ihn entdeckte, geben dürfen, und es wäre die geringste Huldigung,
die zu seinem Gedächtnisse beitragen könnte; bald aber entrissen ihm
der Neid, bald die Undankbarkeit, bald die Launen des Glückes, die
also über den Ruhm gebieten, das Geschenk, welches ihm das Schicksal
gewährt hatte, und sprachen es Florentino Vespucci zu, der nur
seinen Fußstapfen nachfolgte. Der erste Augenblick, in dem Amerika
für die übrige Welt bekannt wurde, wurde mit einer Ungerechtigkeit
besiegelt. Verhängnißvolle Vorbedeutung derer, deren Schauplatz jene
unglückseligen Länder werden sollten!

Nach dem Falle Columbus’ und dem Tode Isabellas fingen die Insulaner
an, die ganze Entsetzlichkeit des sie bedrohenden Schicksals zu
fühlen. Die Religion und die Politik des sechszehnten Jahrhunderts
dienten dem gottlosen Gesetze, das Ferdinand der Katholische im Jahre
1506 erließ, in welchem er die Indianer den Eroberern zutheilte,
damit sie dieselben bei den Ausbeutungen der Bergwerke und bei den
allerbeschwerlichsten Arbeiten verwenden sollten, zum Vorwande. So
lange wir, sagten sie sich in der freien Ausübung ihres Aberglaubens,
diese Barbaren lassen, werden sie weder das Christenthum umarmen, noch
dem Gehorsam den Nacken beugen. Oh! würdige Politik des sechszehnten
Jahrhunderts!... Die Inseln wurden in eine Menge von Bezirken
eingetheilt, und jeder Expeditionär erlangte, je nach seinem Grade,
seiner Gunst oder seiner Geburt mehr oder weniger Boden, und von diesem
Augenblick an waren die Indianer Sklaven, die ihrem Herrn ihren Schweiß
und ihr Blut schuldeten, und diese entsetzliche Verordnung wurde, da
die Krone unerhörte Abgaben über die Arbeiten an sich nahm, auf allen
Niederlassungen der neuen Welt befolgt.

Die Auszügler befriedigten ihren Ehrgeiz auf einige Augenblicke; aber
die schwächlichen, einer unerträglichen Arbeit nicht gewachsenen und
der Härte unmenschlicher Strafen erliegenden Indianer verschwanden von
ihren fruchtbaren Gefilden, und kaum blieben noch Arme dafür übrig,
wann der Augenblick der Rache donnerte. Umsonst berief man sich im
sechszehnten Jahrhundert auf gute Colonisationsprinzipien; umsonst
flehte man die Rechte der Menschlichkeit an; das gezückte Schwert und
der Name des Eroberers; das Crucifix in der Linken und die Fackel
in der Rechten; die Sklaverei oder der Tod; das Christenthum oder
der Scheiterhaufen; das waren sie alle die großen Grundsätze des
katholischen Hofes, wie aller Höfe Europas, in dem verhängnißvollen
sechszehnten Jahrhundert.

                            [Illustration]




                              Kapitel 3.

                                Mexiko.


Fanatismus und religiöse Vorurtheile entschieden im sechszehnten
Jahrhundert in Vielem die Schicksale der Völker, und wenn, nachdem
sie verschiedenen philosophischen Systemen und verschiedenen
Glaubensansichten gehuldigt, die Völker der alten Welt sich sozusagen
um das Kreuz geschaart hatten, waren doch die Nationen der neuen
Festländer Opfer der falschen Prophezeihungen ihrer Priester und
Propheten und die religiöse Furcht trug zur Herrschaft jener Reiche
so viel bei, wie der Schrecken vor den Waffen ihrer Eroberer. Ehe wir
uns daher den Gestaden Perus, dem Schauplatze unseres unsterblichen
Vorläufers zuwenden, werden wir über das erste von den Spaniern
eroberte Festland Amerikas und insbesondere über das von dem auf immer
unsterblichen Fernando Hernan Cortés eroberte, ungeheure mexikanische
Reich, philosophische Umschau halten müssen. Die Reiche Mexiko und
Peru vereinigen in ihren religiösen Voreingenommenheiten und in den
Weissagungen ihrer Propheten viele Berührungspunkte unter sich.
Im einen wie im andern Reiche sah man großen Revolutionen, welche
von Osten her kommen sollten, entgegen, und diese Aehnlichkeit der
Prophezeihungen wird unsern Lesern um so mehr auffallen, da dieselben
ursprünglich Religionen und Priester hatten, welche unter sich den
schrecklichsten Gegensatz bildeten. In Mexiko verehrte man falsche
und grausame Götzenbilder und Menschenfresser, deren Priester die
heiligen Altäre mit Menschenblut bespritzten. In Peru betete man
die erhabene Gottheit der Sonne an und die Priester brachten ihr im
Tempel unschuldige Opfer von Früchten dar, womit sie ihre Anbeter so
reichlich beschenkte. Oh! unaussprechliche Geheimnisse der Verirrungen
menschlicher Vernunft!

Nach dem Tode Columbus’ gründeten die Spanier in Jamaica, Puerto Rico
und Cuba bedeutende Niederlassungen und Francisco Hernandez de Cordoba
und Juan Grijalda erwarben im Jahre 1517 und 1518 in Betreff des
mexikanischen Reiches, über dessen Macht, dessen Ausdehnung, dessen
Sitten und Gesetze etc ausgedehnte Kenntnisse.

Die öffentliche Stimme jauchzte Fernando Cortés, der damals mehr wegen
seiner Hoffnungen, die er versprach, als wegen der Thaten, die er
aufzuzählen vermochte, bekannt war, als dem Eroberer Mexikos zu. Stark,
kräftig, beredt, kühn, verschlagen, von der ganzen Begeisterung für
den Ruhm, der die erste Tugend des Helden ausmachte, beseelt, sollte
Cortés die Fahne Castiliens auf den Trümmern des Thrones von Montezuma
aufpflanzen. So eine schmeichelhafte Aussicht bot, wenn nicht noch
schwerere Verbrechen so großen Ruhm verdunkeln würden, der erste Held
Amerikas dar.

Nachdem er die Hindernisse, welche Neid und Haß wider ihn erregten,
überwunden hatte, ging er am 10. Februar 1519 mit fünfhundertachtzehn
Soldaten, hundertneun Matrosen, einigen Pferden und einiger Artillerie
unter Segel. So ein schwaches Heer wollte einen Feldzug von drei
Jahrhunderten eröffnen! So kleine Auslagen auch so geringfügige
Expeditionen verursachten, gab die Regierung doch nichts her; Alles
geschah auf Kosten von Privatleuten, die sich zu Grunde richteten
und unglücklich wurden, daß nur ja ihr guter Erfolg das Reich der
Metropole immer mehr ausdehnen half. Von den ersten Expeditionen an
hatte der Hof niemals den Plan dazu entworfen, niemals seine Schätze
aufgethan, niemals Mannschaften ausgehoben; der Durst nach Gold, der
abenteuerliche Geist, der dazumal herrschte, trieben die Industrie und
die Thätigkeit an.

Cortés landete glücklich und griff die Indianer von Tabasco an,
besiegte sie und machte sie zu seinen Verbündeten. Die nüchternsten,
die an Mühen abgehärtesten, mehr wie kein anderes Volk Europas an
die Witterungsverhältnisse eines brennenden Klimas gewöhnten Spanier
waren damals die einzigen, welche die Beschwerlichkeiten eines
Krieges in der heißen Zone ertragen und sich zu ungleichem Feldzuge
rüsten konnten. Kaum erschien Cortés an der Küste Mexikos, so konnte
Montezuma, der mit unumschränkter Macht daselbst regierte, den
Schrecken, der ihm in die Glieder fuhr, nicht verbergen. Diese Furcht,
die einem so gewaltigen Monarchen eine Hand voll Abenteurer einjagte,
sollte, außer man erklärte denn Muthmaßungen und Ueberlieferungen für
genügend, jede Wahrscheinlichkeit übertreffen.

Die scheinbare oder wirkliche Bewegung der Gestirne um ihre Bahnen,
die überraschenden Wirkungen der größern oder geringern Krümmungen der
Erdoberfläche, die Ebbe und Fluth des Meeres und als erster Träger
dieser Naturerscheinungen der ewige Streit der Elemente, stürzen die
Bewohner des Weltalls in eine empfindliche Gefahr und in beständige
Sorgen um ihr Schicksal. Der Aberglaube und der Fanatismus haben
diese physischen Umwälzungen vergöttert und demzufolge ist auch,
vor Allem bei den fühlbareren und kürzlicheren Anzeichen dieser
Naturerscheinungen, der Schrecken der Völker gewesen.

Solch ein Bild bietet Amerika dar, wo die Ueberschwemmungen, die
vulkanischen Ausbrüche und die großen Erdbeben in der Natur häufiger
sind; ausgedehnte Meerbusen, unendliche Seen, unzählige Inseln,
mächtige Ströme, sehr hohe Berge, Alles zeugt von den Schlägen, von den
Trübsalen, womit die Natur diese Welt heimgesucht hat; dieser ganze
Schrecken rührt von der Trostlosigkeit dessen her, daß zu allen Zeiten
die Lüge Mißbrauch getrieben hat, um auf Erden zu regieren. Wie nichts
geschieht, das nicht unter dem Anscheine irgend eines Sternbildes
stünde, so hat man zu den Sternen gegriffen, um das Unheil, von dem man
die Ursache nicht kannte, zu erklären und die einfachsten Beziehungen
der Lage von Planeten zueinander haben für den menschlichen Geist,
der den Ursprung des Bösen immer in der Finsterniß sucht, bei allen
Umwälzungen einen unmittelbaren und nothwendigen Einfluß.

Vor Allem wurden die politischen, als die für den Menschen
allerwichtigsten Ereignisse in naher Beziehung zu den Gestirnen
geglaubt. Daher die falschen Prophezeihungen und die eigentlichen
Befürchtungen, welche die Welt beherrscht haben und die immer mehr
zunehmen, und im Verhältniß zur Unwissenheit fest wurzeln. Diese
Krankheiten des menschlichen Geistes fanden sich bereits in der neuen
Welt vor und man weiß nicht, warum sich in Santo Domingo und in Peru
und in anderen Regionen Nordamerikas eine Ueberlieferung zeigte, daß
Fremde von Osten her kommen sollten, die jene unglücklichen Länder
zerstören würden. Nicht, weil sie von unserm Dasein Kunde hatten,
sondern weil, wie alle Völker der Erde, daran gewohnt, ihre ersten
Blicke dahin zu richten, von wo die Sonne kommt, sie sich einbildeten,
daß die sie bedrohenden Umwälzungen ebenfalls von jenem Punkte der Erde
ausgingen.

Dieser Aberglaube, der einen Theil der Dogmen Mexikos ausmachte,
arbeitete, gestützt auf einige kürzliche, recht sonderbare Ereignisse,
mächtig in der von Natur aus unruhigen Seele Montezumas, als die
Spanier in seinen Staaten landeten. Was er im Allgemeinen von diesen
Fremden befürchtete und im Besondern davon sagen hörte, verwirrte
seinen zerrütteten Geist so sehr, daß er den durch die Gestirne, den
Propheten seiner Nation, angezeigten verhängnißvollen Augenblick für
gekommen hielt. Er schickte Abgesandte, um Cortés den Beistand, dessen
er bedurfte, anzubieten und um ihn zugleich zu bitten, er möchte
aus seinen Besitzungen hinausgehen; der Anführer der Spanier jedoch
erwiderte stets, daß er kommen müsse, um mit dem Kaiser von Seiten
des Machthabers im Osten zu sprechen. Vergebens bedrohten ihn die
Kundschafter mit der riesigen Macht des Reiches, die Hartnäckigkeit
führte zum Streit und Cortés, der, um zu siegen oder zu sterben, die
Schiffe verbrannte, marschirte, ohne bei seinem Heereszuge auf großen
Widerstand zu stoßen, auf Mexiko zu.

An den Grenzen der Republik Tlascala angelangt, bat er vergebens um
Durchzug und er mußte kämpfen. Die Tlascalteken waren tapfer und
mächtig, sie gingen muthig in den Tod, es fehlte ihnen nur an Waffen,
um zu siegen.... Da das Land in viele Cantone eingetheilt war,
befehligten Vizekönige, die man Caziken nannte: Sie stellten sich im
Kriege an die Spitze ihrer Unterthanen, legten Abgaben auf, handhabten
die Gerechtigkeit; ihre Gesetze und Erlasse aber mußten von dem Senate
in Tlascala, der aus Bürgern, welche in Volksversammlungen in jedem
Canton gewählt wurden, zusammengesetzt, der eigentliche Machthaber war,
bestätigt werden.

Cortés, der diese kriegerische Nation auf Kosten von tausend Gefahren
angriff und besiegte, machte dieselben, da sie den Mexikanern, die sie
ihrer Herrschaft unterwerfen wollten, von früherer Zeit her feindlich
gesinnt waren, durch seine Triumphe und seine Politik zu seinen
Verbündeten, sodaß sie ihm Truppen und Hülfe aller Art verschafften.
Mit diesem Beistand marschirte Cortés mitten durch ein von lieblichen
Strömen bewässertes und mit Städten und Gärten bedecktes, reiches
Land. Das an unbekannten Pflanzen fruchtbare Gefilde, die voller Vögel
mit prächtigem Gefieder bevölkerte Luft, die angenehme und herrliche
Natur, die gemäßigte Atmosphäre, der heitere Himmel, die in farbigem
Blumenschmucke prangenden Fluren, Alles athmete Unschuld, Fröhlichkeit
und Zauber. Aber so viele Schönheiten rührten die Auszügler in Nichts,
sie waren unempfindlich für ein derartig neues Schauspiel; sie
sahen blos, wie das Gold zur Verzierung der Häuser und Tempel, zur
Verschönerung der Waffen der Mexikaner und dazu diente, mit seinem
Gewichte die Schönheit zu ermüden und der Ehrgeiz verzehrte ihre Sinne
und sie sehnten sich nur nach Gold.

Montezuma sah mit Schrecken, daß Cortés nicht davon abließ, an
seinen Hof zu kommen, und seine von Betrachtungen niedergeschlagene
Seele dachte nicht an die Mittel der Vertheidigung. Er befahl über
dreiunddreißig Caziken, die mächtige Heere ausgerüstet hätten.
Seine Reichthümer waren unermeßlich, seine Macht unumschränkt, sein
Volk geschickt und fleißig, und wie damals die Europäer, kriegerisch
und ehrenhaft. Wenn er seine Macht in Bewegung gesetzt haben würde,
sicherte er seinen Thron; aber Montezuma, der das Scepter durch seine
Tapferkeit erlangt hatte, zeigte, als er trotz ihrer Waffen und ihrer
Mannszucht mit seiner ganzen Macht hätte über die Feinde herfallen und
sie vernichten können, nicht die geringste Geistesgegenwart und er zog
es vor, die Treulosigkeit gegen sie anzuwenden.

Während er sie in Mexiko mit Geschenken und Liebkosungen überhäufte,
beabsichtigte er, um den Rückzug zu sichern oder Unterstützungen
zu empfangen, sie in Veracruz, einer von den Spaniern gegründeten
Niederlassung, zu nehmen. Cortés, der es erfuhr, schreckte seine
Gefährten auf. »Wir müssen,« so sagte er zu ihnen, »diese Barbaren mit
einer überraschenden That in Verwunderung setzen; ich habe beschlossen,
den Kaiser zu ergreifen und mich seiner Person zu bemächtigen.« Nachdem
die Absicht gut geheißen und von seinen Offizieren ausgeführt worden
war, ging er zum Palast des Kaisers und deutete ihm die Wahl zwischen
Tod oder ihnen zu folgen an. Aus einer Niederträchtigkeit, die der
Verwegenheit seiner Feinde gleich kam, ließ sich dieser Fürst gefangen
nehmen, er verurtheilte die Generäle, die ihm nur Gehorsam erzeigt
hatten, zum Tode und huldigte dem König von Spanien.

Der Neid hatte Cortés’ Feinde erregt und Narvaez landete auf Geheiß
der Regierung mit bewaffneter Macht an der Küste von Veracruz, um ihn
seines Befehles zu berauben. Cortés suchte seinen Gegner auf, brachte
ihm eine Niederlage bei und nahm ihn gefangen, und da er durch sein
Zutrauen und seinen Edelmuth die Soldaten anzog, vergrößerten die
Streitkräfte Narvaez’ seine Reihen, und er kehrte nach Mexiko zurück,
woselbst er zweihundert Mann als Wache bei dem Kaiser zurückgelassen
hatte.

Die Mexikaner hatten nichts Barbarisches als ihren Aberglauben,
ihre Priester jedoch waren Ungeheuer, die mit dem abscheulichen
Gottesdienste, den sie der Leichtgläubigkeit des Volkes aufgedrungen
hatten, grauenhaften Mißbrauch trieben. Sie anerkannten statt diesen
nutzbringenden Lehren von Gemeinheiten und Entsetzlichkeiten ein
höchstes Wesen, ein zukünftiges Leben mit seiner Belohnung und
Bestrafung. Mit Abschluß eines jeden Jahrhunderts erwarteten sie das
Ende der Welt und in jenem Jahre gaben sie sich ganz der Fröhlichkeit
und Freude hin. Sie beteten Schutz- und Halbgötter an, kannten Sühne
und Bußen, zählten Wunder auf und hatten Propheten.

Die Priester, stets Menschenfresser, ließen auf den Altären
Menschenopfer verbluten. Sie brachten die Kriegsgefangenen im Tempel
des Gottes der Schlachten dar und die Priester aßen von denselben und
schickten dem Kaiser und den Vornehmsten des Reiches Stücke. Wenn
der Frieden lange Zeit andauerte, sagten die Priester zum Kaiser,
daß die Götter Hungers stürben, und es wurde aus dem einzigen Grunde
Krieg erklärt, um Gefangene zu machen und sie dann auf den Altären
hinzumorden. Alle diese Bräuche waren schaurig und blutig; die
gräßliche, entsetzliche Religion stürzte die Menschen in Schrecken und
mußte sie unmenschlich und die Priester allmächtig machen.

Indeß sich Cortés mit Narvaez schlug, war der mexikanische Adel über
die Gefangennahme ihres Fürsten und ob des Uebereifers der Spanier,
welche bei einem Feste zu Ehren der Götter des Landes die Altäre
umstürzten und die Anbeter und Priester niederhieben, entrüstet;
Alles hatte das Volk zu den Waffen aufgefordert. Man konnte den
Eindringlingen ihren Widerspruch gegen so barbarische Glaubenslehren
nicht zum Verbrechen machen, wenn sie dieselben nur nicht zerstört
hätten, indem sie über das wehrlose Volk herfielen, um es umzubringen,
und wenn sie nicht die Adeligen ermordet hätten, um sie zu berauben.

Bei der Rückkehr Cortés’ nach Mexiko fand er seine Gefährten auf das
Aeußerste bedrängt und nach harter Anstrengung betrat er ihr Lager.
Die Mexikaner thaten Wunder der Tapferkeit und Montezuma, der hinaus
ging an die Mauer, um sie von dem guten Einverständniß mit ihren
Unterdrückern zu überzeugen, starb von den Pfeilen seines Volkes
getroffen. Cortés erkannte die Nothwendigkeit, sich zurückzuziehen;
seine mit Gold beladenen Soldaten konnten sich nicht Alle dem Rückzuge
anschließen und es kamen viele im Thale von Otumba um; Allen drohte der
Tod, endlich aber gelangte der tapfere und mächtige Cortés in das Land
der Tlascalteken, seiner Verbündeten.

Das politische System und die religiösen Anschauungen hatten die
Zwietracht in dem Reiche gesät und geschickt wußte Cortés aus
diesem Vortheil Nutzen zu ziehen. Mit geringen Unterstützungen von
den spanischen Inseln und einigen Truppen, die er von der Republik
Tlascala erlangte, machte er neue Verbündete und griff die Hauptstadt
des Reiches abermals an. Mexiko war eine in Mitten eines großen Sees
gelegene Insel, welche zwanzigtausend Häuser, ein zahlreiches Volk und
prächtige Gebäude enthielt. Gärten, Springbrunnen, Bäder, Verzierungen,
prächtige Tempel, dreitausend Cazikenpaläste, Alles gab der Hauptstadt
eine ungeheure Ausdehnung. Rings um den See herum waren an die sechszig
Städte; zweimalhunderttausend Canoes durchschifften die Wogen und
unterhielten einen lebhaften Verkehr, und solid angelegte Kunststraßen
machten den Stolz mexikanischen Gewerbefleißes aus. Das Reich war
wählbar, und nach dem Tode Montezumas bestieg Guatimazin den Thron, ein
tapferer und verwegener Krieger, der die Hauptstadt in einen glänzenden
Vertheidigungszustand setzte.

Cortés fing den Feldzug damit an, indem er sich der Caziken
versicherte, welche in den Städten an den Ufern des Sees regierten.
Etliche vereinigten ihre Truppen mit denen des Siegers, die
andern wurden überwältigt und Cortés bemächtigte sich der drei
Hauptverkehrsstraßen Mexikos. Er wollte sich ebenfalls der Schifffahrt
auf dem See bemächtigen; er ließ Briggen herstellen, die er mit einem
Theile seiner Artillerie ausrüstete, und so Mexiko beschießend, hoffte
er, der Hunger würde ihm das Reich der neuen Welt übergeben.

Guatimazin machte außergewöhnliche Anstrengungen, um die Blokade
aufzuheben; seine Vasallen kämpften wüthender denn je, die Spanier aber
unterhielten ihre Laufgräben und jagten und verfolgten den Feind bis in
das Innere der Stadt hinein.

Als die Mexikaner den Sieg bezweifelten und es ihnen bereits an
Lebensmitteln fehlte, wollten sie wenigstens ihren Kaiser retten,
der gerne hierin einwilligte, um den Krieg im Norden seiner Staaten
fortzuführen. Ein Theil des Heeres ging, um ihm den Rückzug zu
erleichtern, den Feind zerstreuend und ihm zu schaffen machend, muthig
in den Tod; aber eine Brigg bemächtigte sich des Bootes, worin der
großmüthige und unglückliche Herrscher war. Julian Alderete, ein
spanischer Offizier, glaubte, daß Guatimazin geheime Schätze berge,
und um ihn zu einem Geständniß zu nöthigen, ließ er ihn auf glühende
Kohlen legen. Da wiederholte der amerikanische Held jene berühmten
Worte: »Ha, ich bin in einem Bett voll Blumen!« Ein Tod, der mit
allen denen, welche die Geschichte der Bewunderung der Menschen
übermittelt hat, zu vergleichen ist. Wenn die Mexikaner eines Tages die
Lebensbeschreibungen ihrer Märtyrer und die Geschichte deren Verfolger
aufstellen, so wird man Guatimazin sehen, wie er halbtodt aus einem
glühenden Ofen herausgezogen und unter dem Vorwand, es auf seine
Zerstörer abgesehen zu haben, öffentlich auf drei Jahre hin gehenkt
wird.

Bei willkürlichen Regierungen zieht der Tod oder die Gefangennahme des
Herrschers und die Einnahme der Hauptstadt allgemein die Unterwerfung
des ganzen Staates nach sich. So war es mit der Eroberung von Peru.
Das ganze Reich unterwarf sich den Spaniern, deren Ehrgeiz, obschon es
fünfhundert Meilen in der Länge und beinahe zweihundert in der Breite
hatte, immer noch nicht befriedigt war. Neue Welten, neue Reiche,
andere Helden, andere Siege sollten an den glorreichen Thron Castiliens
neue Welten hinzufügen.

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                              Kapitel 4.

                      Pizarro, Luque und Almagro.


Sobald Columbus seine geringen Mannschaften auf der Insel Santo Domingo
verstärken und eine kleine Niederlassung gründen konnte, die ihm als
Vorposten für seine großen Ausflüge diente, worüber er nachdachte, ging
er, seinem Drängen nachgebend, von Neuem unter Segel. Bei einem seiner
Forschungszüge entdeckte er den Orinoko, und bei einem andern die Bai
von Honduras. Er begriff, daß jene Länder ein Festland bildeten, und
schloß auch daraus, daß weiterhin noch ein Ocean sein müsse, der die
Gestade Ost-Indiens bespülte, und daß die beiden Meere unter sich in
Verbindung ständen, welche der kühne Schifffahrer begierig suchte.
Er sondirte die Küsten, landete, wenn es ihm möglich war, und stets
gerecht und menschlich erwarb er sich die Liebe der Bewohner aller
Länder. Die Landenge von Darien zog insbesondere seine Aufmerksamkeit
auf sich; er folgte den Strömen nach, die sich hier in einen Zufluß
des Oceans ergießen, der die Meere von Nord- und Südamerika durch eine
Meerenge verband, und er glaubte seinen Plan bereits verwirklicht; sah
jedoch seine Hoffnungen getäuscht und beschränkte sich darauf, eine
Niederlassung zu gründen. Aber die Habsucht und die Unvorsichtigkeit
seiner Gefährten vereitelten ihm den guten Willen jener Bewohner,
welche die Auszügler angriffen, und Columbus mußte sich wieder
einschiffen und auf seinen schwachen Fahrzeugen, die, beschädigt und
geborsten, zu keinen Unternehmungen mehr taugten, entfliehen.

Diese Expeditionen waren jedoch nicht fruchtlos. Americ, Ojeda, Nino,
Bastidas und andere verfolgten die Richtung, die ihnen Columbus
angegeben hatte; Abenteurer aber, welche von der Regierung nichts
erhielten, als die bloße Erlaubniß, Entdeckungen zu machen, dachten
weder daran Kolonieen zu gründen, noch an etwas Anderes, als ihren
Ehrgeiz und ihren Hochmuth zu befriedigen. Das Gold und das Blut
flossen von einer Welt zur andern. Unter der Menge von Abenteurern,
die jene unglücklichen Küsten plünderten und verheerten, befand sich
ein Mann, Vasco Nunez de Balboa, dem die Natur ein angenehmes Aeußere,
einen kräftigen Körperbau und volksthümliche Beredsamkeit verliehen
hatte, und in dem die Erziehung edle Gefühle hatte keimen lassen. Er
gründete in Darien, wo Ueberfluß an Reichthümern war, eine Kolonie.
Eines Tages aber, als er mit einem seiner Genossen Gold vertheilte,
fingen sie heftig an zu zanken. Da zog ein Wilder, der sie bediente,
entrüstet die Wage weg, indem er zu den beiden Spaniern sagte: »Und
so einer verächtlichen Sache wegen zankt ihr?« Wenn ihr dieses feilen
Goldes halber euer Vaterland verlaßt, um die Ruhe so vieler Völker zu
stören, kommt, ich will euch dahin bringen, wo ihr gesättigt werden
sollt. Er hielt sein Wort und führte sie an die Küste des südlichen
Meeres.

Panama, das im Jahre 1518 gegründet wurde, eröffnete der Unruhe und
Habgier der Europäer eine neue und ausgedehnte Laufbahn. Der Ocean,
der seine Mauern bespühlte, führte nach Peru, dessen Reichthum man
nur auf eine flüchtige Art erwog, und obschon die Kriegsmacht dieses
großartigen Reiches übertrieben wurde, schüchterten sie die Habgier,
die seine Schätze erregten, doch nicht ein. Drei in Niedrigkeit aber
für große Unternehmungen geborene Männer dachten darüber nach, auf ihre
Kosten einen Thron zu stürzen, der viele Jahrhunderte des Ruhmes zählte.

Francisco Pizarro, der bekannteste unter ihnen, war von kräftigem
Körperbau, unerschrockenen Muthes und von einem grenzenlosen Ehrgeiz
und einer Seele, zur Tugend und zum Verbrechen geneigt. Von nerviger
und riesenstarker Muskulatur, mit langem schwarzen Barte, der seine
breite Brust bedeckte, von würdevoller und ungezwungener Gestalt,
großen, schwarzen funkelnden Augen, nahe an den vierziger Jahren,
zeigte seine ganze herausfordernde Haltung jene unwiderstehliche
Anmaßung an, die von den eigenen Kräften herrührt. Immer furchtlos und
thätig, war er bei allen Expeditionen der neuen Welt zugegen gewesen,
und in allen hatte er sich ausgezeichnet, und in allen war der Name
Pizarros geachtet. Der Gebrauch, den er von seinen physischen und
moralischen Kräften gemacht hatte, flößte ihm den Dünkel ein, daß es
nichts Höheres gebe als ihn selbst, und die Eroberung Perus schien ihm
ein, seinen Hülfsquellen nach, weit geringeres Unternehmen zu sein.

Diego de Almagro, sein Genosse, war ein in Stürmen und Gefechten
abgehärteter Krieger, und immer nüchtern, unermüdlich und geduldig,
verachtete er die Gefahren und zog, mit den wenigen Tugenden des
sechszehnten Jahrhunderts geschmückt, muthig in den Sieg. Von
zierlicher, schlanker Gestalt, rundlichem, hübschem Aussehen, und
lebhaften, weitgeöffneten Augen, bildete er, kaum vierundreißig Jahre,
die Vereinigung einer stattlichen, mehr wegen seiner Geschicklichkeit
in der Handhabung der Waffen, als wegen den außergewöhnlichen
Kräften, die er erreichte, bemerkenswerthen Person. So beträchtlich
aber das Glück dieser beiden Soldaten war, so genügte es doch nicht,
den Aufmerksamkeiten der ausgedehnten Eroberung, die sie im Sinne
hatten, gerecht zu werden, und sie verbanden sich noch mit Fernando
Luque, einem habsüchtigen Geistlichen, der mit allen Mitteln, die
der Aberglaube seinem Stande im sechszehnten Jahrhundert verlieh,
verschwenderisch ausgestattet war. Im Alter von fünfzig Jahren,
klein und bucklig, mit einer großen Adlernase, schwarzen, buschigen
Augenbrauen, tiefliegenden Augen und ungestalten Zügen, war Luque eine
abschreckende und sogar ekelhafte Persönlichkeit. Diese drei berühmten
Männer bildeten, indem Pizarro und Almagro den militärischen und Luque
den religiösen Theil auf sich nahm, eine zu gleichen Theilen feierliche
Verbindung zur Eroberung Perus. Sie sollten das peruanische Reich
unter sich vertheilen, und dieser ehrgeizige Plan wurde, indem Luque
öffentlich eine Hostie weihte, die für ihn und seine Gefährten in drei
Theile getheilt wurde, noch durch den Fanatismus besiegelt; und eine
Vereinigung, die Plünderung und Zerstörung zum Zwecke hatte, wurde im
Namen des friedlichen Gottes bestätigt, indem sie bei dem göttlichen
Blute schwuren, sich trotz Strömen von Menschenblutes zu bereichern.
Oh, verbrecherischer Mißbrauch des Christenthums im sechszehnten
Jahrhundert!

Am 14. November 1525 ging Pizarro mit einem schwachen Fahrzeug und
hundertzwölf Mann an Bemannung und Waffen endlich unter Segel; Almagro
sollte ihm Verstärkungen zuführen, und Luque blieb, bis daß der Ehrgeiz
die drei Genossen in den Thälern Perus vereinigte, um sehnlichst
ihre Beute zu vertheilen, an der Spitze der Beziehungen in Panama.
Ohne genaue Kenntnisse über die Theorie der Winde und der Strömungen
irrte Pizarro siebzig Tage lang auf den Wogen umher, bis er endlich
an verschiedenen Gestaden des Festlandes anfuhr und sich von der
Unannehmlichkeit des Landes, das ihm schon Andere so wahr geschildert
hatten, überzeugte. Flaches, sumpfiges Erdreich, von undurchdringlichen
Wäldern bedeckte Gebirge, wenige und dafür um so wildere und tapferere
Einwohner, das war es, was sein Ehrgeiz entdeckte. Der Hunger, die
Müdigkeit, die häufigen Kämpfe mit den Eingebornen des Landes und mehr
noch die den feuchten Ländern allgemein eigenen Krankheiten schwächten
und zerstörten beinahe sein verächtliches Expeditionsheer, und er sah
sich genöthigt, an der Insel Cuchamá, der Perleninsel gegenüber, zu
landen, woselbst er von Panama Verstärkungen und Vorräthe zu empfangen
hoffte.

Inzwischen ging auch Almagro, der in Panama Leute vereinigte, mit
sechszig Mann unter Segel, um seinen Gefährten aufzusuchen und
ihm Hülfe zu leisten. Vergebens landete er, dem Aufenthaltsort
Pizarros nachspürend, ebenfalls mehrere Male auf festem Boden; die
Indianer griffen ihn an und vernichteten ihn; und vertrieben und
sogar verwundet, die gleichen Gebrechen wie sein Gefährte ertragend,
fand er sein Heil in der Flucht, das Schicksal aber führte ihn nach
Cuchamá, wo ihn sein Freund erwartete. Am 14. Juni war es, als die
ersterbende Mannschaft Pizarros ein Fahrzeug jene unbekannten Meere
durchfurchen sah, und beim Flattern der Fahne Panamas bemächtigte sich
der entmuthigten Herzen gegenseitig ein göttliches Entzücken und nach
langen Monden entstand der Trost in den geängstigten Gemüthern. Nach
stummer Umarmung trösteten sie sich, einander ihre traurigen Abenteuer
und erlittenen Schiffbrüche erzählend, und jeder tiefe Seufzer, den sie
ausstießen, ergoß eine unüberwindliche Tapferkeit in ihre Seele.

Weder die Erinnerung an die Gefahren noch der Anblick des Todes
an unbekannten und düstern Gestaden entmuthigten jene für große
Unternehmungen geborenen Seelen. Almagro brach in der Absicht, neue
Anwerbungen zu machen, nach Panama auf und Pizarro überließ sich, auf
der Suche nach dem Goldlande, abermals der Ungunst der Winde. Nachdem
er dieselben Trübsale wie bei seinem ersten Auszug erlitten hatte,
segelte er längs der Bucht von San Mateo an der Quitoküste hin und
landete in Tamanes, fruchtbareren und civilisirteren Gegenden, als
diejenigen, welche er an der Küste des südlichen Meeres erkannt hatte.
Er folgte dem Laufe seiner Nachforschungen, als der fürsorgliche
Himmel, seine Schleußen öffnend, dem Donner und den Blitzen gebot,
das schwache Fahrzeug, die Ueberbringerin so vielen Schreckens, zu
begraben, und die Blitze kreuzten sich und die Wogen brüllten mit
Entsetzen und zerschellten das gebrechliche Schiff. Ein gnädiges
Schicksal bot den Schiffbrüchigen die nahe Gorgona- oder Hölleninsel
an, wo der größte Theil derer, die Himmel und Meer zum Tode zu
verdammen schienen, sich retten konnte.

Auf dieser wegen der Unbeständigkeit ihres Klimas, ihrer
undurchdringlichen Wälder und ihrer abschüssigen Gebirge, wegen der
Unmenge von Insekten und Thiere, die ihren Boden bedecken, wegen der
ewigen Nacht, wozu sie die dichten Nebel verdammen, allgemein die
Hölleninsel genannten Insel, hielt sich Pizarro, nicht um aufzuathmen
und an seine Rettung zu denken, sondern um sein Schiff wieder in Stand
zu setzen und neue Gefahren aufzusuchen, fünf Monate lang auf. Es wäre
schwierig, die Qualen zu schildern, welche die Spanier an jener Stätte
des Todes zu erdulden hatten; aber ihre Kraft war noch nicht gebrochen,
sie gingen zum dritten Mal auf die Suche nach reichen Gestaden aus und
entdeckten am zwanzigsten Tage die Küsten von Peru.

Nachdem er verschiedene unbedeutende Punkte berührt hatte, landete
er in Tumbez, einer unter dem dritten südlichen Grade des Aequators
gelegenen, ziemlich bevölkerten Stadt, wo sie einen großen Tempel und
einen Palast der Inkas, der Beherrscher jenes Landes, vorfanden. Hier
bewunderten die Spanier, da sie eine bevölkerte und mit Industrie
betriebene Gegend und die Eingebornen anständig gekleidet sahen, zum
ersten Mal den Anblick der Ueppigkeit und Civilisation des peruanischen
Reiches; insbesondere aber zog ein solcher Ueberfluß an Gold und
Silber die Aufmerksamkeit auf sich, daß diese Metalle nicht allein
zur Verzierung der Tempel, sondern auch als gewöhnliche Gefäße und
Geräthschaften zu häuslichem Gebrauche dienten, was keinen Zweifel
ließ, daß in dem Lande ein ungeheurer Ueberfluß sein mußte. Pizarro
und seine Gefährten hielten ihre Hoffnungen bereits für verwirklicht,
sie zweifelten nicht, sie glaubten im Besitze ausgedehnter Gebiete und
unerschöpflicher Schätze zu sein.

Pizarro jedoch erkannte, daß er ein großes Reich nicht mit einer
so schwachen Kolonne bedrängen konnte; er unterdrückte seinen
Ehrgeiz, untersuchte, in der besten Eintracht mit den Bewohnern
lebend, die Küsten und erlangte von deren Großmüthigkeit für tausend
Aufmerksamkeiten einige Hausthiere, einige silberne und goldene Gefäße
und einige Werke der Industrie; sichere Proben, die er als Beweis der
Entdeckung der neuen Continente vorzulegen gedachte, und er segelte
nach Panama, woselbst er nach dem dritten Jahre seiner Abfahrt landete.
Nein, kein Abenteurer hat so viele Drangsale erlitten, noch so vielen
Gefahren getrotzt, wie Pizarro auf seiner dreijährigen Pilgerfahrt, und
seine Geduld und seine Tapferkeit übertrafen alle Heldenthaten, die uns
die Geschichte der neuen Welt aufweist.

Weder die Beziehungen, die Pizarro mit den von ihm entdeckten Ländern
unterhielt, noch alle Anstrengungen der Verbündeten vermochten den
Statthalter von Panama zu verpflichten, daß er ihnen irgend welchen
Schutz angedeihen ließ; im Gegentheil, er glaubte, daß die Colonie
nicht im Stande war, ein mächtiges Reich zu überfluthen, und er
weigerte sich, eine Expedition zu ermächtigen, welche die seinem
Befehle übertragene Provinz, ihr so die Arme, deren sie benöthigte,
entreißend, zu Grunde richten könnte; sein Widerspruch aber vermochte
den Eifer der drei Genossen nicht zu schwächen. Sie wußten, daß sie
der Ausführung ihres Planes ohne den Schutz des Statthalters folgen,
oder aber von ihrem Landesherrn die Erlaubniß, die ihnen vom Verwalter
der Provinz verweigert wurde, einholen mußten, und Pizarro flog nach
Madrid, um ihre gemeinschaftlichen Wünsche zu erlangen.

Die ausführliche Geschichte seiner Leiden und die schwülstigen
Berichte, welche er über die von ihm entdeckten Länder abgab, bestätigt
durch die von Tumbez mitgebrachten Erzeugnisse, machten auf Karl und
seine Minister einen derartigen Eindruck, daß sie nicht nur den Plan
einer neuen Expedition bewilligten, sondern den Anführer noch dazu
ermunterten, dieselbe zu verwirklichen. Pizarro wurde zum Statthalter
und Oberbefehlshaber ernannt, und über alle Länder, die er entdeckte,
mit einer sowohl in Civil- als in Militärsachen unumschränkten
Vollmacht mit allen bis dahin den Eroberern der neuen Welt
zugestandenen Vorrechten ausgestattet; Almagro zu seinem Stellvertreter
und Luque zum Generalverweser aller Besitzungen Pizarros. Mit so gutem
Erfolge am spanischen Hofe kehrte er von Neuem nach Panama zurück,
um sich mit seinen Genossen zusammen zu thun und um die letzten
Anstrengungen zu machen.

Trotz alledem fehlte es ihnen bereits an Geld, und obschon sie
ungeheure Opfer brachten, vereinigten sie nur drei kleinere Fahrzeuge
und hundertfünfundneunzig Soldaten mit siebenunddreißig Pferden;
eine solche Ueberlegenheit flößten jedoch den Spaniern damals ihre
Siege in Amerika ein, daß Pizarro nicht daran zweifelte, das mächtige
Reich, das durch seinen Ehrgeiz und seine Habsucht geplündert werden
sollte, mit einer so schwachen Truppenmacht anzugreifen. Im Februar
1671 ging er unter Segel, und von der Gewalt der Winde und Strömungen
getrieben, gedachte er in der Bucht von San Mateo zu landen; er
wandte sich aber, ohne vom Ufer abzulassen, nach Süden, um mit desto
größerer Leichtigkeit den Entsatz, den er von Panama erwartete, zu
empfangen. Neue und große Entbehrungen bewiesen bei diesem Aufbruch
seine Tapferkeit und Geduld. Anstatt sich das Vertrauen der Bewohner zu
erwerben, griff Pizarro dieselben thörichter Weise an und nöthigte sie,
aus ihren unschuldigen Zufluchtsorten zu entfliehen, und der Krieg, der
Hunger, die Ermüdung und die dem Lande eigenen Krankheiten brachten die
Eindringlinge in so eine grausame Nothlage, wie sie sie bei der ersten
Expedition erlebt hatten. Die Küste von Peru ist an einigen Stellen
unfruchtbar, ungesund und wenig bevölkert, die mächtigen Ströme,
reißend und gefahrvoll zu überschreiten, durch den Muth aber, der von
ihrem Ehrgeiz beseelten Spanier, war ihnen Alles möglich und leicht,
und wenn ihnen der Sieg Beute und Ruhm sicherte, war der Triumph ihnen.

Sie gelangten endlich in die Provinz Coaque, und die Bewohner der
Hauptstadt überraschend, bemächtigten sie sich der goldenen Gefäße
und Verzierungen im Werthe von dreißigtausend Pesos[2] und vieler
anderer Reichthümer, die das Mißtrauen, das sie angesichts der
unfruchtbaren Gebiete, welche sie durchzogen hatten, gefaßt haben
mochten, verschwinden ließen. Voll Vertrauen setzten sie, die ruhigen
Einwohner, die sich unterwarfen, oder in das Innere des Landes
flüchteten, ungestüm angreifend, ihren Marsch fort. Dieses plötzliche
Erscheinen von Fremden, die in ihr Land einfielen, deren Gestalt und
deren Sitten ihnen gleicherweise außergewöhnlich waren, und denen kein
Mensch widerstehen konnte, machte auf die Peruaner denselben Eindruck
des Schreckens, den es bei den andern Nationen Amerikas hervorgebracht
hatte. Kämpfend, siegend und verwüstend kam Pizarro endlich in Pinca
und in Tumbez an, wo er seine Truppen rasten ließ und auf Almagro und
Luque wartete. Das waren die Männer, das Heer und die Hülfsquellen,
womit man die Eroberung eines viertausend Meilen von der Metropole
entfernten Reiches unternahm.

[2] Peso (Piaster) = 5 Frcs.

Ewiger Ruhm und Ehre solchem Muth und solchem Wagniß! Ewiger Ruhm den
Spaniern und der glorreichen Regierung Karl des Fünften, die zur Zeit,
als deren siegreiche Waffen den Hochmuth ganz Europa’s demüthigten,
auch noch eine neue Welt eroberten und den entferntesten Zeiten eine
nie versiegende Fülle von Glück und Seligkeit eröffneten!!!

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 5.

                                 Peru.


Südamerika zählte im sechszehnten Jahrhundert auf seinem ungeheuren
Territorium, von der Landenge von Panama bis zum Kap Horn, eine Unmenge
von Volksstämmen und Nationen, die zu jenen Zeiten größtentheils
unbekannt waren, ohne daß die Spanier in ihren glorreichen Triumphen
weiter als über die Punta Rumena und den Rio Colorado vordrangen. Als
Pizarro an den Gestaden des stillen Oceans landete, war das große
Reich Peru, das sich von Norden nach Süden, der ganzen Küste des
südlichen Eismeeres entlang, fünfhundert Meilen weit erstreckte, und
das von Osten nach Westen von den riesigen Gebirgen der Anden, die
sich ihrer ganzen Länge nach von einem Ende bis zum andern ausdehnen,
eingeschlossen war, die mächtigste und ausgebreitetste Nation.

Ursprünglich war Peru, wie die ganze neue Welt, in herumziehende und
unabhängige Stämme eingetheilt, die sich sowohl in ihren Sitten als
auch in ihrer grotesken Art und Weise von einander unterschieden.
Ohne Kultur und ohne Industrie, ohne gesellschaftliche Rechte noch
Pflichten, zogen die Peruaner der Vorzeit wie wilde Horden, die
besonders von der Jagd und vom Fischfang lebten, herum. Aber so wie
alle Völker der Erde ihre ursprüngliche Civilisation gehabt haben,
so verdankten auch die Peruaner zweieinhalb Jahrhunderte vor dem
Erscheinen der Spanier an ihren Küsten dem Zufall zwei gerechte,
einmüthige und erleuchtete Wesen, die sie sanft der Geselligkeit
zuführten.

Wirklich erschienen während der Zeit der neuen Aera an den Ufern des
großen Tititaka-Sees zwei erhabene Wesen von majestätischer Gestalt und
gebildeten Manieren, die sich vornahmen, die Civilisation jenes Reiches
durchzuführen; und wie alle berühmten Gesetzgeber, verfielen sie, um
über den Menschen zu stehen, welchen sie zu befehlen hatten, auf den
Aberglauben. Vergebens würden unter Völkern, denen kaum die Vernunft
bekannt war, diese Legislatoren, um anfänglich die Aufmerksamkeit der
Wilden auf sich zu ziehen, zu erhabenen und metaphysischen Theorieen
gegriffen haben, und sie mußten daher zu natürlichen Dingen, die
unter dem Reiche der Sinnesgefühle standen, ihre Zuflucht nehmen.
Nichts Sichereres, als zu dem majestätischen Vater des Tages, dessen
göttlicher Beeinflussung die Wilden zugänglich waren, die Augen zu
erheben. Wenn der rosige Osten in herrlichem Purpur erstrahlt, lichtet
sich die düstere und schwermüthige Finsterniß, die Vögelein entfalten
ihre hellstimmigen Schnäbel, der Wald belebt sich, die Blumen blühen
und es herrscht lauter Fröhlichkeit. Dann spannt der Wilde seinen Bogen
und schärft seine Pfeile, wirft seine Netze aus und verehrt den Gott
des Lichtes. Der erhabene Kultus der Sonnenanbetung lag im Bereiche
der Bewohner der neuen Welt, und die weisen Gesetzgeber kündigten
sich als Söhne dieser wohlthätigen Gottheit an, welche, mitleidig
auf die Uebel der menschlichen Geschlechter herabschauend, sie, wie
sie sagten, schickte, um dieselben zu belehren, sie zu bilden und
glücklich zu machen. Vereint mit der Achtung, welche die Gottheit, in
deren Namen sie sich anzeigten, einflößte, bestimmten jene Ermahnungen
viele herumziehende Wilde, sich unter sich zu vereinigen, und da
sie die Unterweisungen dieser beiden außergewöhnlichen Wesen als
himmlische Befehle empfingen, folgten sie ihnen nach Cuzco, wo sie sich
niederließen und eine Stadt gründeten.

Manco Capac und Mama Ocollo (das waren die Namen der beiden als Söhne
der Sonne Angekündigten), so viele nomadisirende Stämme vereinigend,
gründeten unter den Peruanern diese gesellschaftliche Verbindung,
welche, indem sie das Ziel der Wünsche vervielfacht und die Kräfte
der menschlichen Abart verbindet, zur Industrie antreibt und die
Fortschritte aller Klassen belebt; sie gaben denselben weise Gesetze
und flößten ihnen jene gesunde Moral ein, die an dem Glücke der
Nationen wirkt, und Manco Capac wäre vielleicht der erste aller
Legislatoren, wenn Confuzius ihn nicht darin überträfe, sich nicht
des Aberglaubens bedient zu haben, um Moral und Gesetze empfangen und
befolgen zu lassen.

Manco Capac stiftete die Sonnenanbetung, und es wurden Tempel errichtet
und die Menschenopfer abgeschafft, und nur seine Nachkommen waren als
Söhne der Sonne, dieser wohlthätigen und beschützenden Gottheit des
Reiches, die ersten Priester des peruanischen Volkes. Manco Capac
gab seinem Volke weise und strenge Gesetze, die seine Unterthanen
von der Sonne, welche ihre Thaten erleuchtete, ausgegangen glaubten;
die Uebertretung eines Gesetzes war eine Entweihung und bei ihren
religiösen Handlungen offenbarten sie deren geheimste Umgehungen und
verlangten deren Bestrafung. Die Inkas (Herren oder Könige von Peru),
ebenfalls Nachkommen Manco Capacs und Mama Ocollos und daher Söhne der
Sonne, waren die Tugendhaftesten im ganzen Reiche; ihr Betragen war das
Vorbild der Thaten ihrer Unterthanen und niemals beging ein Inka ein
Verbrechen. So wohlthätige Herrscher hätten ihre unumschränkte und auf
jede Art und Weise in deren Hände gelegte Macht niemals mißbrauchen
können, und durch weise, einfache, in unvollkommenen Hieroglyphen
oder Quipos geschriebene Vorschriften bestimmte man die verschiedenen
gesellschaftlichen Rangordnungen und die unverjährbaren, jedoch stets
mäßigen und gelinden Abgaben für die Unterhaltung des Kaisers und der
übrigen Beamten des Reiches, sowie für das prunkhafte Gepränge des
Sonnenkultus und zur Erbauung seiner prächtigen, kuppelgewölbten,
goldenen und silbernen Paläste.

Die Inkas, oder Herren von Peru, waren unumschränkt wie die Beherrscher
Asiens, und nicht nur wie Monarchen, sondern auch wie Gottheiten
verehrt. Ihr Blut galt als heilig; man ließ nicht zu, daß es sich
durch irgend welche Vermischung herabwürdigte, und die Ehen zwischen
dem Volke und den Inkas waren, obschon man ihnen eine Menge Konkubinen
gestattete, damit sich das Geschlecht der Söhne der Sonne vermehrte,
verboten. Ihre Familie zeichnete sich durch Kleidungen und Verzierungen
aus, die kein Mensch gebrauchen durfte; niemals zeigte sich der Monarch
ohne die Abzeichen des Thrones vor dem Publikum und er empfing von
seinen Unterthanen Achtungsbezeugungen, die beinahe an Verehrung kamen.

Diese unbegrenzte Macht aber der Herrscher Perus war stets mit einer
zärtlichen Bemühung für die Glückseligkeit seines Volkes vereint.
Wenn wir den indianischen Texten glauben sollen, trieb nicht die
Eroberungssucht die Inkas dazu an, ihr Reich auszudehnen, sondern der
Wunsch, die Vortheile der Civilisation und die Kenntniß der Künste
unter die barbarischen Völker, welche sie unterwarfen, auszubreiten.
In der Aufeinanderfolge von zwölf Reichen war kein Inka von dieser
wohlthätigen Denkungsart abgewichen, kein Inka hatte es unterlassen,
sein Volk glücklich zu machen.

Eine so schöne moralische Aussicht bot Peru dar, als die Spanier an
seinen Gestaden landeten, und die Pracht seiner Tempel und Paläste,
seiner großartigen Straßen, seiner Brücken, kurz, seiner Denkmäler,
deren Ueberreste das siegreiche Volk, das sie in den Staub stieß, noch
bewundert, bewiesen die Fortschritte der Peruaner in den Künsten, der
Industrie und der Mechanik. Unglückseligerweise aber kannten sie die
Schrift nicht, und gerade ihre Gesetzgebung und Geschichte sollte
noch alle die verhängnißvollen Folgen der nationalen Ueberlieferungen
verspüren, weßwegen, falls wir beim Uebersetzen des Quipos oder der
peruanischen Alphabete, die viel unvollkommener als die mexikanischen
Hieroglyphen sind, in dieser Geschichte irgend eine Ungenauigkeit
begängen, wir mit um so größerem Recht die Güte unserer Leser verdienen.

Mit diesen leichten Andeutungen werden wir uns von dem physischen und
moralischen Zustande des ungeheuren Reiches, das der verwegene Pizarro
sich vornahm, an den Siegeswagen des mächtigen Karl V. zu binden,
leicht einen vollständigen Begriff machen und klar ableiten können, wie
die Vorurtheile und der Fanatismus der einen und der andern Völker im
sechszehnten Jahrhundert die Streitkräfte des großartigen Reiches mit
den Streitkräften Pizarros, gefolgt von einer Hand voll Abenteurer,
maßen.

Die Sanftmuth der Religion des Reiches trug über die Maßen zur
Reinheit seiner Sitten und seines Glückes bei. Manco Capac leitete den
ganzen frommen Kultus natürlichen Dingen zu. Die Sonne, als die erste
Quelle des Lichtes, der Fruchtbarkeit der Erde und der Glückseligkeit
ihrer Bewohner, war der erste und hauptsächlichste Gegenstand ihrer
Verehrung; und alsdann erlangten der Mond und die Sterne, welche
die Sonne in ihrem wohlthätigen Einfluß unterstützten, die Huldigung
der Peruaner. So lange der Mensch, die Ordnung und die Herrlichkeit,
welche in der Natur wirklich vorhanden sind, betrachtend, eine höhere
Macht anbetet, ist der Geist des Aberglaubens mild und lieblich; im
Gegentheil aber, hat man, die Welt regierend, Werke der Einbildung und
des Schreckens der Menschen unterschoben, dann nimmt der Aberglaube die
grausamsten und greulichsten Formen an.

Die erste dieser Religionen war diejenige der Peruaner und die zweite
die der Mexikaner. Die an das strahlende Gestirn, das durch seine
universelle und belebende Kraftfülle das schönste Sinnbild göttlicher
Wohlthätigkeit ist, gerichteten gottesdienstlichen Bräuche waren milde
und menschlich. Sie boten der Sonne einen Theil der Früchte, welche
die Erde durch deren Wärme hervorgebracht hatte, dar, sie opferten zum
Beweise ihrer Dankbarkeit einige Thiere, von denen sie aßen und deren
Dasein sich durch ihren Einfluß vermehrte. Sie boten ihr ausgewählte
und kostbare Werke des Gewerbefleißes aus ihren von deren Licht
erleuchteten Händen dar. Niemals bespritzten die Inkas die Altäre mit
Menschenblut, niemals bildeten sie sich ein, daß die Sonne, ihr Vater,
Gefallen daran finden könnte, so barbarische Opfer zu empfangen. So
verdankten die Peruaner, weit entfernt von diesem blutigen Kultus, der
die Empfindsamkeit abstumpft und angesichts der Leiden der Menschen die
Gefühle des Mitleidens erstickt, selbst dem Geiste ihres Aberglaubens
einen sanfteren Nationalcharakter, als den der übrigen Völker Amerikas.


Dieser Einfluß der Religion erstreckte sich sogar auf ihre bürgerlichen
Einrichtungen. Die Macht der Inkas wurde, obschon die willkürlichste
der Gewaltherrschaften, durch den Einfluß der Religion gemildert. Die
Seele der Unterthanen fühlte sich bei dem Gedanken an eine einem ihm
ähnlichen Wesen gegenüber gezwungene Unterwürfigkeit weder gedemüthigt
noch gering geschätzt. Der Gehorsam, den sie ihrem mit göttlichem
Ansehen bekleideten Herrscher leisteten, war freiwillig und würdigte
sie nicht herab. Ueberzeugt, daß die achtungsvolle Unterwerfung seiner
Unterthanen davon herrührte, daß sie ihn für himmlischen Ursprungs
hielten, verlor der Monarch die Gründe, die ihn dazu bewegten, das
wohlthätige Wesen, das er vorstellte, nachzuahmen nicht aus den Augen
und so findet man in der Geschichte Perus kaum eine Revolution gegen
den regierenden Fürsten und keiner von den zwölf Inkas war ein Tyrann.

In den Kriegen, die sie unter einander führten, benahmen sie sich auf
ganz andere Art, als die der andern Nationen Amerikas. Sie kämpften
weder wie die Wilden, um zu zerstören und zu vertilgen, noch wie
die Mexikaner, um die Gefangenen fortzuschleppen und die Altäre
barbarischer Gottheiten mit Blut zu bespritzen. Sie führten Krieg,
um die Besiegten zu civilisiren und um Künste und Wissenschaften
auszubreiten. Sie setzten die Gefangenen nicht den Beschimpfungen und
den Qualen aus, wozu sie bei allen Völkern der neuen Welt bestimmt
waren. Die Inkas nahmen die Völker, welche sie unterwarfen, in ihren
Schutz und ließen sie an allen Vergünstigungen, deren sich ihre
Unterthanen erfreuten, theilnehmen. Dieses, der amerikanischen Wildheit
so sehr entgegengesetzte und der Menschlichkeit der gebildetsten
Nationen so würdige Verfahren mußte einzig dem Schutzgeiste ihrer
Religion zugeschrieben werden. Die Inkas, welche die irgend einem
andern Gegenstande als dem auf der Höhe der himmlischen, von ihnen
verehrten Macht stehenden gezollten Huldigung als gottlos betrachteten,
hielten unter sich das Banner der Bekehrung hoch, sie führten aber die
Götzenbilder der besiegten Völker im Triumphe nach dem großen Tempel
von Cuzco, wo sie als die Macht der beschützenden Gottheit des Reiches
zeigende Trophäen aufgestellt wurden, und das Volk behandelte man mit
Milde und unterwies es in der Religion der Eroberer, um den Ruhm zu
haben, die Zahl der Sonnenanbeter zu vermehren. Wenn auch diese reinen
und altväterischen Gebräuche der Peruaner im sechszehnten Jahrhundert
sie innerlich zu einem glücklichen Volke gestalteten, so war ihre
materielle Macht doch sehr beschränkt. Da ihre Bedürfnisse mit den
Erzeugnissen des Bodens gedeckt waren, wußten sie durchaus nichts
vom Handel und ihre Gestade waren allen übrigen Völkern unbekannt,
und sie kannten weder die Schifffahrt noch andere Länder, noch
andere Menschen, noch andere Sitten, noch andere Götter, noch andere
menschliche Sinnesänderungen. Wenn sie auch mit den umliegenden Stämmen
Krieg geführt hatten, war ihnen doch die Herstellung und der Gebrauch
von Hieb- und Stichwaffen durchaus unbekannt; ihre zahlreichen Heere
wußten nichts von Taktik und Strategie der Bewegungen, die Anzahl und
die Tapferkeit, nicht die künstlichen Hülfsmittel der europäischen
Heere, verhalfen ihnen zum Siege; und die Verwendung von Infanterie,
Artillerie und Kavallerie und die Zuflucht der militärischen
Bewegungen waren für die Peruaner jenes Jahrhunderts viel höhere Dinge,
was sie bei aller Kriegskunst nicht einmal zu fassen vermocht hätten.

Die Spanier im Gegentheil waren, in achthundert Jahren der Kämpfe
mit den Sarazenen an den Krieg gewohnt, von auf den Schlachtfeldern
und in den Schiffbrüchen abgehärtetem Körper, in jenem Jahrhundert
der Schrecken ganz Europas. Mit Helm und Panzer ausgerüstet, die
sie gegen die schwachen Pfeile und Speere der Peruaner unverwundbar
machten, ausschließliche Besitzer in jenen Gegenden, der schrecklichen
Wirkung der Entzündung des Pulvers, mit einiger Artillerie versehen,
gewandt und taktisch in den militärischen Bewegungen, sandten sie
auf zweihundert Schritte den Tod aus ihren Waffen, wobei der Knall
der Kanone dem Donner glich, der ihren Feinden den Zorn ihres Gottes
anzeigte; kurz, Alles gab denselben in jenen Gegenden eine solche
Ueberlegenheit, daß sich jeder Abenteurer ein Gott däuchte, welcher in
seinem Zorne das ganze Reich der Inkas fürchterlich bedrohte.

Andrerseits haben wir bereits den Einfluß gesehen, den bei der
Eroberung Mexikos die Prophezeihungen hatten, welche anzeigten, daß
von Osten Kommende dem Reiche große Umwälzungen brächten, und in Peru
waren ähnliche Prophezeiungen darüber, daß von Osten Kommende dem
Lande neue Gesetze geben würden, vorhanden. So schnell wie Pizarro
im Reiche landete, war die Prophezeihung, daß andere Söhne der Sonne
den göttlichen Auftrag hätten, dem Lande neue Gesetze zu geben, in
Erfüllung gegangen. Der Schrecken, welcher sich in Mexiko Montezumas
bemächtigte, erstarrte auch Atahulpa (den Inka von Peru) und sein
ganzes Reich, und die moralische Macht, welche diese Prophezeihungen
Pizarro verliehen, setzten ihn, wenn er seinen geheiligten Charakter zu
wahren wußte, in die vortheilhafteste Lage.

Ebenfalls haben wir die religiöse Scheu beobachtet, womit die Peruaner
die Familie und das Geschlecht der Inkas betrachteten, weil sie als
Abkömmlinge Manco Capacs und Mama Ocollos Söhne der Sonne, Söhne
Gottes waren, den sie anbeteten; und da die von Osten Kommenden auch
für Söhne der Sonne gehalten wurden, mußten die Peruaner es als eine
Entheiligung ansehen, sie anzugreifen und mit Pfeilen zu beschießen,
die stets machtlos gegen die eisernen Panzer und Waffen der Spanier
sie mehr und mehr in der Voreingenommenheit bestärkten, daß sie als
Söhne ihres Gottes unverwundbar waren. Die Eindringlinge im Gegentheil,
gewohnt, auf jedem Festlande der neuen Welt kupferfarbene Menschen,
bartlos, wie sie waren, und fast wie sie die Natur erschaffen
hatte, anzutreffen, welche entsetzt beim Knall der Gewehre flohen,
verschmähten beinahe, sie für Menschen anzusehen und hielten sie eher
für Thiere, die dazu geboren waren, ihren Ehrgeiz und ihren Hochmuth
zu sättigen. Andrerseits rottete, in den blutigen, düstern Deckmantel
religiösen Fanatismus eingehüllt, das sechszehnte Jahrhundert mit Feuer
und Schwert alle Glaubenslehren, welche von der des Kreuzes abwichen,
aus; und wenn in Europa die Gläubigen Muhameds wüthend verfolgt wurden,
so tilgte man auf dem amerikanischen Festlande erbarmungslos die
Sonnenanbeter und alle andern Gottheiten aus, da die Fanatiker des
sechszehnten Jahrhunderts so vor den Augen ihres Gottes, den sie als
ebenso barbarisch wie ihr Jahrhundert hinstellten, wohlgefällige Werke
zu verrichten glaubten. Die Peruaner glaubten daher, mit unverwundbaren
Göttern zu kämpfen. Die Eindringlinge mit verächtlichen Wesen in
Menschengestalt, deren Schweiß und Blut Karls V. mächtiger Thron und
der auf der Schädelstätte gestorbene Gott beanspruchte.

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 6.

                                Tumbez.


Geschickt streute Pizarro die unermeßlichen Reichthümer, welche er
der Hauptstadt von Coaque entzog, über Panama und die umliegenden
Niederlassungen aus und machte so binnen kurzem, daß man in allen jenen
Ländern die vortheilhaftesten Begriffe von den Schätzen Perus hegte;
das Gerücht verbreitete sich und tausend Abenteurer strömten, begierig
die reiche Beute zu theilen und ihre Habsucht zu sättigen, von allen
Seiten herbei. In Tumbez einquartiert, erwartete er, um die Eroberung
des Reiches zu unternehmen, die Ankunft seiner Gefährten und machte
sich inzwischen mit den Gebräuchen der Peruaner bekannt, lernte ihre
Sprache und bereitete sich auf den Triumph vor.

Die Peruaner konnten sich von der Absicht, in der die Spanier ihr
Land besetzten, keinen genauen Begriff machen und sie ergingen
sich in tausend Vermuthungen. Sollten sie diese Fremdlinge für
übernatürliche Wesen ansehen, die gekommen waren, ihre Vergehen zu
bestrafen und an ihrem Glücke zu arbeiten, oder wohl als Feinde ihrer
Ruhe und ihrer Freiheit? Die Betheuerungen, womit sie die von Osten
Gekommenen überhäuften, daß sie jenes Land besetzt hatten, um sie zur
Erkenntniß der Wahrheit zu führen, gaben der ersten Meinung einige
Wahrscheinlichkeit; in Erwartung ihrer Gewaltthätigkeit, ihrer
Habgier und ihres Betragens aber konnten sie nicht umhin, vor solchen
Fremdlingen bange zu sein. Unter keinen Umständen ist die Seelenruhe
mit dem Aberglauben und den Vorurtheilen vereinbar. Die Peruaner
hielten die Sonne, ihren Gott und Vater, für beleidigt, die Spanier für
ihre Rächer und sie mußten bestürzt sein.

Sobald als Pizarro sein Quartier in Tumbez aufgeschlagen hatte,
sandte er an Luque und Almagro ausführliche Berichte hinsichtlich der
Hoffnungen, welche die Goldländer, die er besetzte, versprachen. Voll
Ehrgeiz und Fanatismus, schickten sich, bald um die großen Auslagen
der Expedition zu erstatten, bald um ihre religiöse Lehre auszubreiten
und um ihre Namen zu verewigen, diese beiden Seelen an, in Gefahr zu
fliegen. Von dem Statthalter der Kolonie unabhängig, gingen sie gemäß
den von Pizarro am Hofe von Madrid erlangten Vergünstigungen in aller
Freiheit vor und waren in ihren Unternehmungen rasch und tüchtig. Die
Schätze, welche die Abenteurer Mexikos nach Hause brachten, die neuen
Nachrichten von den Reichthümern der peruanischen Küste und die auf den
berühmten Namen Pizarros gestützten wirksamen Versprechungen Almagros
und Luques, Alles, Alles half dazu, daß andere Abenteurer, begierig,
auf den Raub auszugehen, nach Panama strömten.

In wenigen Tagen konnten sie dreihundert Mann zusammen bringen, die
sich in aller Eile einschifften, um nach Tumbez zu marschiren. Auf zwei
leichten Fahrzeugen segelten sie nach San Mateo ab, wo Pizarro eine
kleine Abtheilung gelassen hatte. Obschon Almagro bereits in jenen
Gewässern kundig war, machten sie, tausend Gefahren trotzend, die
Ueberfahrt in siebenzehn Tagen, während derer die Führer alle Mittel
in Bewegung setzten, in ihren Soldaten den Anreiz, der sie verzehrte,
zu beleben, und der Kapitän sie mit dem Tode vertraut machte, und der
Verweser ihnen im Namen Gottes ewigen Ruhm versprach, wenn sie bei der
Zerstörung der Götzenbilder der unschuldigen Sonnenanbeter umkommen
sollten.

Sie landeten endlich in San Mateo, umarmten zärtlich ihre Gefährten
und folgten ihrem Wege nach Tumbez. Hier erwartete sie Pizarro mit
Ungeduld, da er, obgleich besonnen, sich bei dem Durchmarsch von Coaque
dadurch in übeln Ruf gebracht hatte, daß er die wehrlosen Indianer
angriff und tausend Gewaltthätigkeiten verübte; der Schrecken aber,
den die von Osten Gekommenen als Söhne der Sonne den unschuldigen
Bewohnern der neuen Welt eingeflößt hatten, hielt alle Gemüther in
Erwartung, und es war noch nicht zum Bruche gekommen. Atahulpa, der
Herrscher von Peru, stand mit einem prächtigen, vortrefflichen Heere
in Cajamalca, einer zwölf Tagereisen von Tumbez entfernten Stadt, aber
die religiöse Furcht und die Betheuerungen Pizarros machten, daß er sie
wie höhere, von seinem Gott gesandte Wesen ansah, um die Verbrechen
des Bürgerkrieges, der in dem Reiche entbrannt war, zu bestrafen, und
weit entfernt, zum Angriff überzugehen, trug er seinen Unterthanen
auf, sie als Gesandte der Sonne zu behandeln. Ein einziger Augenblick
jedoch konnte die Peruaner dieser traurigen Befangenheit entreißen und
ihre Angreifer konnten sich vernichtet sehen. Immerhin waren sie in
bedenklichen Umständen und Pizarro und seine Gefährten gaben bereits
dem mächtigen Triebe ihrer Habgier und ihres gewaltthätigen Charakters
nach und nur die Schätze und die Götzenbilder Perus vermochten ihre
Sehnsucht zu stillen.

In diesem Augenblicke langten Almagro und Luque in Tumbez an, und
ihre erlittenen Drangsale und Gefahren vergessend, gaben sie sich,
da sie den Augenblick, ihre Wünsche zu vollbringen, nahe sahen, den
lebhaftesten Fröhlichkeitsergüssen hin. Pizarro hatte zweihundert
Soldaten behalten, die mit den dreihundertundneun als Verstärkung
Angekommenen das Heer der Eindringlinge ausmachten, welches ein
ungeheures Reich beherrschen sollte. Unter dieser geringen Anzahl von
Kämpfern zählten sie sechsundsechszig Pferde und drei Stücke Artillerie
kleineren Kalibers; alle mit Feuerwaffen und verwegen, todesmuthig,
fanatisch und ehrgeizig.

Es würde scheinen, daß man sich mit einer so schwachen Abtheilung
vergebens unterfinge, ein in Civilisation fortgeschrittenes und
sehr bevölkertes Land von ungeheurer Bodenfläche zu plündern und zu
zerstören, wenn wir uns nicht auf die betreffenden, bereits angezeigten
moralischen Heereskräfte verließen. Atahulpa hatte in Cajamalca
sechszigtausend Streiter, welche tapfer und kriegerisch, aber ohne
Mannszucht und ohne Kenntnisse in der Kriegsführung, und ohne andere
Waffen waren, als einfache Bogen und Pfeile von geringer Festigkeit,
die umsonst gegen die Rüstungen und Panzer der Spanier, die sie
unverwundbar machten, anzukommen suchten; indem das einfache Leinen,
womit sich die Peruaner bekleideten, die schneidende Schärfe der
europäischen Waffen nur abstumpfte. Obschon die Peruaner ihre Wohnsitze
und ihre Freiheit vertheidigten, fühlten sie doch den ganzen Muth
vaterländischer Begeisterung, und die Habsucht und der Fanatismus,
welche in den Herzen der Europäer brannten, trieb dieselben ebenso
unerschrocken in den Tod. Der Ruhm als Sieger Mexiko’s flößte den einen
die Gewißheit der Siege ein, indeß die andern, von einer religiösen
Furcht beherrscht, es für eine Gotteslästerung hielten, ihre Pfeile auf
ihre Gäste zu richten, und wie wenn ein vom Himmel entfesselter Blitz
über ihren Häuptern niedergefahren wäre, warfen sie sich, als sie den
todbringenden Knall der Kanone vernahmen, bei dem dumpfen Donner, der
ihnen den Zorn Gottes, des Lichtes, verkündete, zitternd auf die Kniee
nieder.

So ungeheuer der Unterschied der numerischen Stärke der Heere war,
so ungeheuer war auch der Unterschied der moralischen Stärke und der
Sieg zweifelhaft. Die Einen wie die Andern rechneten auf kriegerische,
tapfere Anführer und die einen wie die andern Helden trachteten nach
dem Siege und nach der Unsterblichkeit. Ruhig und tapfer, wußte
Atahulpa den Gefahren zu trotzen; muthig und verwegen stürzte sich
Pizarro in den Tod. Almagro empfand in Mitten seiner Kraftfülle den
Zauber der Unsterblichkeit. Huascar, voll jugendlichen Feuers, auf den
Schlachtfeldern erzogen, hatte den ganzen edlen Stolz eines Kriegers.
Luque, das Cruzifix in der Linken und die Fackel in der Rechten,
riß mit seiner Beredsamkeit die fanatische Menge mit sich fort und
die peruanischen Priester wußten, den Weihrauch auf ihren Altären
verbrennend, den religiösen Eifer ihrer Proselyten zu rühren. Das waren
die Anführer und die Heeresmächte der kriegerischen Parteien.

Als die Genossen bereits über den Feldzugsplan nachdachten, kam in
Tumbez eine prunkvolle Abordnung Atahulpas an, um die von Osten
Gekommenen zu begrüßen und sie zu bitten, jene Gebiete zu verlassen
und wieder in ihre Heimath zurückzukehren. Der Kaiser konnte den
Schrecken, den sie beim Betreten seiner Besitzungen einflößten, nicht
verhehlen. An der Spitze der Abordnung war der Prinz Huascar, ein
Jüngling aus der Familie der Inkas, der im Namen Atahulpas die Spanier
als seine Verwandten, als Söhne der Sonne, anerkannte und ihnen seitens
des Kaisers Früchte, Korn, silberne und goldene Gefäße und tausend
smaragdne Kostbarkeiten überbrachte. So den Spaniern ihre Aufwartung
erzeigend, wollten sie die Sonne, welche sie mit Peru erzürnt
vermutheten, versöhnen; alle Völker überhäuften sie um die Wette mit
Geschenken, liehen denselben ihre Dienste und trieben ihre Achtung bis
zur Verehrung.

Umsonst bat Huascar im Namen seines Kaisers Pizarro um befriedigende
Erklärungen wegen seines Verbleibens in Tumbez und wegen seines
feindseligen Betragens; er konnte nur als Antwort darauf erlangen,
daß er seitens seines Gebieters, des großen Königs im Osten, dem
Kaiser mündliche Mittheilungen zu machen hätte, und da er die ganze
Macht seiner vortheilhaften Lage kannte, sprach Pizarro sanften aber
prophetischen und erhabenen Tones mit Huascar. Noch ehe er weg ging,
befahl er, seine Abtheilung zu versammeln, und lud den kriegerischen
Peruaner ein, das Martialische der Vasallen des Königs im Osten zu
sehen. Wirklich, als die Spanier anfingen, ihre Schwenkungen zu machen,
schaute der tapfere Huascar mit Erstaunen die Pracht der Waffen, die
Schnelligkeit der Pferde und die Einheit und Gleichförmigkeit der
Bewegungen der Massen; beim Knattern der Gewehre aber und bei dem
Donner der Kanone bemächtigte sich ein Schrecken seiner Blicke und
in stumpfsinniger Ehrfurcht verabschiedete er sich von Pizarro und
marschirte, in düstere Vorahnungen versunken, seinem Hofe zu.

Pizarro beschränkte sich nicht blos darauf, ihm zu sagen, er habe dem
Kaiser mündliche Mittheilungen zu machen, er hatte hinzugefügt, daß
er dringend auf dessen Erlaubniß wartete, um nach Cajamalca zu ziehen
und mit ihm zu sprechen, und daß er andernfalls den Weisungen gemäß,
die er von seinem Herrn, dem König im Osten, empfangen hatte, handeln
würde. Zu gleicher Zeit, als er angesichts Huascars seine Soldaten
schwenken ließ, wollte er ihn mit seiner Artillerie erschrecken, damit
man ihn für den Herrn der Blitze hielte, und er erreichte seinen Zweck.
Als Huascar bei Hofe angekommen war, legte er Atahulpa den festen
Vorsatz Pizarros, nach Cajamalca zu gehen, um mit ihm zu sprechen, dar,
schilderte ihm mit Furcht und Zagen den Anblick und die Waffen der
Spanier, und gab ihm durch das dumpfe Getöse des zwischen den hohen
Klippen der Anden dahinrollenden Donners einen Begriff von dem Knall
der Kanone. Huascar, der tapferste Krieger Perus, war der Feigheit
nicht verdächtig und er machte Atahulpa schaudern.

Der Kaiser versammelte die Klügsten und Aeltesten, um über den
Ausbruch des Krieges oder die Duldung der von Osten Gekommenen zu
berathschlagen; der Schrecken aber, der in ganz Peru allgemein war,
und die freundschaftlichen Anerbietungen Pizarros ließen sie das
Auskunftsmittel annehmen, einen neuen Boten nach Tumbez zu senden, daß
die von Osten Gekommenen vor die Mauern Cajamalcas kämen. Wirklich
ging eine neue Abordnung, Pizarro den Bescheid zu überbringen und das
Reich erwartete mit der größten Angst den Ausgang eines so verworrenen
Dramas. Die drei Genossen erkannten alsbald das Ehrwürdige, daß die
Vorurtheile ihren Namen gemacht hatten, und sie zweifelten keinen
Augenblick daran, ihren Marsch zu unternehmen.

Kaum durchbrach eines Morgens im Oktober 1532 die Morgenröthe das
Dunkel der Nacht, als, nachdem sich die Spanier vereinigt hatten, Luque
mit dem ganzen religiösen Gepränge das Opfer der Messe feierte und
die spanische Division ihren Marsch unternahm. Dem peruanischen Heere
wäre es vielleicht ein Leichtes gewesen, die günstigen Stellungen,
welche ihnen der Weg darbot, zu besetzen, die Spanier zu überraschen
und in die Flucht zu schlagen, aber die Schlauheit Pizarros, die ihm
die Freundschaft des Inkas gewann oder ihn mit Schrecken erfüllte,
sicherte ihnen einen so schwierigen Durchzug. Die einsamen Ebenen
zwischen Tumbez und Motupe erstrecken sich, ohne weder Wasser noch
einen Baum, noch eine Pflanze, noch irgend welches Grün auf dieser
entsetzlichen Strecke versengten Bodens anzutreffen, achthundert
Meilen weit, die unglücklichen Peruaner aber, welche der Division als
Lastthiere dienten, verschafften ihnen in dieser grauenhaften Einöde
alles Nöthige. Von Motupe aus wandten sie sich den Gebirgen zu, die
den untern Theil Perus umgeben, und kamen durch einen so schmalen
und unzugänglichen Engpaß, daß eine geringe Anzahl von Soldaten ihn
gegen ein mächtiges Heer hätte vertheidigen können: Aber durch die
unvorsichtige Leichtgläubigkeit stellte sich den Auszüglern nicht das
geringste Hinderniß entgegen, und ruhig nahmen sie Besitz von einer
Festung, die diesen wichtigen Uebergang vertheidigte.

Endlich langten sie vor Cajamalca an, wo auf einer ausgedehnten
Ebene grobe Lagerzelte mit genügenden Vorräthen an Lebensmitteln
zubereitet worden waren, in denen sie sich sehr bequem dem Schlafe und
der Ruhe hingeben konnten. Bei ihrer Ankunft ließ Atahulpa sie ihre
Freundschaftsschwüre erneuern und schickte ihnen noch reichere und
auserlesenere Geschenke als zuvor und Pizarro, welcher die Denkungsart
und die Großmüthigkeit der unschuldigen Bewohner der neuen Welt bereits
kannte, überließ sich, in Erwartung des neuen Tages, wo er seinen Plan
der Zerstörung und der Eroberung in’s Werk setzen konnte, dem Schlafe
und der Ruhe. Die Peruaner kamen ihrem Schwure nach, weil sie es mit
Göttern zu thun zu haben glaubten; die von Osten Gekommenen hielten
sich nicht zu dieser religiösen Auffassung verpflichtet, weil sie
Götzendienern schwuren, die im sechszehnten Jahrhundert verfluchte und
verabscheuungswürdige Ungeheuer waren.

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 7.

                              Huldigung.


Das Reich schwankte zwischen Vertrauen, Furcht und Zweifel; alle
Peruaner wollten die neuen Söhne der Sonne, die von Osten gekommen,
sehen und bewundern; aber ein unerklärlicher Schrecken hielt sie
ebenfalls in den Mauern von Cajamalca zurück, und sie wagten nicht,
sich dem Lager ihrer Gastfreunde zu nähern. Schon hatte die Nacht ihren
schwarzen Schleier ausgebreitet, als die Eindringlinge ihre Zelte
bezogen, und die Bewohner jener bevölkerten Stadt konnten die Sehnsucht
nicht stillen, die Männer, welche nach ihrer Annahme den Göttern gleich
kamen, weder zu sehen, noch zu unterscheiden. Doch der neue Tag fing
an, den Horizont zu erhellen, und die Zinnen und die Anhöhen der Stadt
erschienen von einem ungeheuren Volke überdeckt, das seine Blicke
erstaunt auf das Lager der von Osten Gekommenen heftete.

Es wäre Pizarro ein Leichtes gewesen, von dem Inka den Eintritt
in die Stadt zu erlangen und sich seines Palastes zu bemächtigen,
es schien ihm aber klüger, kein solches Opfer zu fordern, da er
wegen der Vortheile, die ihm seine Kavallerie und Artillerie gab,
vorziehen mußte, sich auf freiem Felde zu schlagen, als sich mit
einem Volke einzulassen, das er nicht kannte, wo er nicht mit so
großer Unbefangenheit handeln konnte. Um seine geheimen Pläne vorwärts
zu bringen, schickte er an jenem selben Morgen Almagro mit einem
glänzenden Gefolge ab, damit sie den Inka beglückwünschen, ihn von
Neuem ihrer friedlichen Anordnungen versichern, und um mit ihm den
Zweck, der die Söhne der Sonne in sein Land brachte, ausführlicher zu
besprechen, ihn um eine Zusammenkunft bitten sollten. Seine Abordnung
wurde mit allen den Aufmerksamkeiten der Gastfreundschaft empfangen,
welche die Peruaner den besten Freunden erweisen konnten. Atahulpa
umarmte Almagro, empfing ihn mit den zärtlichsten Ausdrücken und ließ
ihn bei Tafel von Prinzen seines Geblütes bedienen, verhehlte aber das
Verlangen nicht, welches er hatte, daß die Spanier sein Land verlassen
möchten, und um das Alles zu ordnen, versprach er ihm, Pizarro am
folgenden Morgen besuchen zu wollen.

Die anständige Tafel des Monarchen, die Ordnung, welche an seinem
ganzen Hofe herrschte, die Achtung, mit der sie mit ihm sprachen und
dessen Befehle entgegennahmen, wunderte die Spanier, welche noch nichts
als schwache Caziken herumziehender Stämme gesehen hatten. Noch mehr
aber hefteten sie ihre Aufmerksamkeit auf die ungeheuren Reichthümer,
welche so verschwenderisch den Palast schmückten, den kostbaren
Zierrath des Inkas und seines ganzen Hofes, die Gefäße und goldenen
und silbernen Tafelgeschirre, die Menge aller Art Geräthschaften aus
kostbaren Metallen, Alles war für die Boten ein Anblick, der jede Idee,
welche sich ein Europäer aus dem sechszehnten Jahrhundert von der
Ueppigkeit machen konnte, bei Weitem übertraf.

Inzwischen vermochte Almagro, obwohl auf den Schlachtfeldern
aufgewachsen und unter Blut und Greuel großgezogen, die durchdringenden
Reize der schönen Coya, einer ebenso verführerischen wie kriegerischen
Prinzessin aus dem Geschlechte der Inkas, nicht unempfindlich zu sehen.
Angethan mit einem kurzen, luftigen Unterkleide von weißem Leinen,
mit quer umgehängtem Köcher, und in der Linken den Bogen, stand sie
an der Spitze der peruanischen Krieger, welche hinausgezogen waren,
um die Abgesandten aus dem spanischen Lager zu empfangen. Weiß, wie
die Gipfel der schneeigen Anden, frisch wie eine Nelke im Monat Mai,
schlank und niedlich wie ein flüchtiges Reh, im achtzehnten Frühling
ihres Alters, wogte ihr welliges Haar in der Gewalt der leichten Winde,
ihre Blicke durchdrangen die eisernen Waffenrüstungen, kein Mensch
widerstand ihrem Zauber und Alle fielen als Sklaven ihrer Liebe nieder.
Noch jung und von Natur aus hübsch, fühlte Almagro die ganze Macht der
Schönheit Coyas und im Innersten seines Herzens brannte die Liebe mit
unauslöschlichem Feuer.

Endlich ging die Botschaft aus Cajamalca heraus und kehrte in das
Lager Pizarros zurück. Mit von dem Anblick, dessen Zeugen sie gewesen
waren, noch entflammter Einbildungskraft machten die Botschafter ihren
Gefährten von dem, was sie gesehen hatten, eine so verführerische
Beschreibung, daß Pizarro in dem Vorsatz, worüber er bereits
nachgedacht hatte, bestärkt wurde. Durch das, was er an den Sitten der
neuen Welt beobachtete, wußte er, wie vortheilhaft es für ihn wäre,
sich der Person des Inkas zu bemächtigen, und er entwarf einen Plan,
der ebenso große Kühnheit als Geistesgegenwart erforderte. Mit Umgehung
des ernsten Charakters, den er annahm, wenn er sich als Gesandten eines
großen Machthabers anzeigte, der mit dem Inka ein Bündniß einzugehen
wünschte, mit Umgehung der wiederholten Freundschaftsbetheuerungen, die
er an ihn verschwendet und der Anerbietungen, die er ihm gemacht hatte,
beschloß er, sich der leichtgläubigen Einfalt, womit Atahulpa seinen
Betheuerungen vertraute, zu bedienen und sich bei der Zusammenkunft, zu
der er ihn eingeladen hatte, der Person dieses Fürsten zu bemächtigen.

Am Morgen des 16. November 1522, als der Inka ihn besuchen sollte,
bereitete er die Ausführung seines Planes mit so großer Kaltblütigkeit
und so geringem Bedenken vor, wie wenn nicht andern Tags seine
Entehrung und der Schandfleck der Waffen seines Vaterlandes sein
könnte. Er theilte seine Kavallerie in zwei von Soto und Benalcazar,
verwegenen Offizieren, befehligte Flügel, welche die Flanken seiner
zum Kampfe entfalteten Infanterie bedeckten; in der Mitte behielt
er zwanzig seiner unerschrockensten Gefährten, die ihm bei dem
gefährlichen Unternehmen, das er sich vorbehielt, halfen, seine
Artillerie brachte er gegenüber dem Wege, durch den der Inka kommen
mußte, unter und gab der Division Befehl, nicht anzugreifen, bis daß
seine Stimme das Zeichen zum Ausbruch gäbe. Bedauern wir den Fanatismus
und die Rohheit des sechszehnten Jahrhunderts, um ein so großes
Verbrechen zuzudecken!...

In aller Frühe fingen peruanische Regimenter an, aus der Stadt zu
ziehen und sich auf dem Felde aufzustellen, und das ganze Volk war in
der größten Aufregung, weil Atahulpa Pizarro in aller Pracht besuchen
wollte. Obschon die Vorbereitungen sehr frühzeitig begannen, war
die Feierlichkeit und das Gepränge so groß, daß der Morgen bereits
zu Ende ging und der Inka nicht in das Lager seines Gastfreundes
kam. Ungeduldig, befürchteten die Eindringlinge bereits irgend ein
Mißtrauen seitens des Kaisers, das ihre Pläne vereitelte, als der
unschuldige Inka, von fünfhundert auf das Prächtigste ausgerüsteten
Adeligen umgeben, die beim Tone einfacher Militärmusiken einherzogen,
mit der ganzen Majestät unschuldigen Stolzes erschien. Atahulpa, der
auf einem goldenen, mit prächtigen, vielfarbigen Federn verzierten und
mit Edelsteinen beladenen Throne saß, wurde im Mittelpunkte des Hofes
auf den Schultern der edelsten Höflinge getragen und hinterher folgten
ihm desgleichen seine ersten Beamten. Ganze Truppen von Tänzern und
Musikbanden gingen einem so feierlichen Aufzuge voran und belebten ihn
und die mit mehr als dreißigtausend Soldaten bedeckte Flur bot das Bild
des mächtigen Reiches dar.

Der Tag war ruhig und heiter und die strahlende Sonne stand hoch am
Himmel. Ein lieblicher Wind bewegte sanft die farbigen Federn und
die weißen und faltigen Gewänder des prunkhaften Hofes, und in den
Strahlen der reinen Sonne Perus erglänzten die goldenen Tragbahren
und die todbringenden Waffen der Eindringlinge. Als Atahulpa sich dem
Lager Pizarros näherte, ertönten lärmend die dumpfen Trommeln und die
schmetternden Trompeten und die spanische, mit dem prächtigen rothen
Kreuz verzierte Fahne entfaltete sich im Winde. Wenn die Peruaner
überrascht den Achtung gebietenden Anblick der von Osten Gekommenen,
ihre mit langen Bärten bedeckten Gesichter und die Pracht und die
Herstellung ihrer grimmigen Waffen betrachteten, sahen Pizarro und
seine Gefährten nicht weniger mit Erstaunen den Glanz und die Pracht
des peruanischen Hofes und die anscheinende Mannszucht ihrer unzähligen
Soldaten. Der goldene Thron jedoch und die ungeheuren Reichthümer,
welche ihnen ein Sieg anbot, erregten zu sehr deren Einbildung, als
daß sie die Gefahren der Entzweiung berechneten. Inzwischen langte
Atahulpa, indem er fortwährend zu seinen ersten Beamten sagte: »Es sind
vom Himmel Gesandte, hütet euch wohl, sie zu beleidigen,« im Lager
seiner Feinde an.

Kaum hatte er den Lagerplatz betreten, als Luque, das Cruzifix in
der Linken und sein Brevier in der Rechten, auf den Inka zulief und
dem Monarchen in einer langen Rede und den dunkeln Glaubensansichten
des sechszehnten Jahrhunderts nach die Lehre von der Schöpfung, den
Sündenfall des ersten Menschen, die Menschwerdung Jesu Christis, die
Erwählung, welche Gott an dem heiligen Petrus vollzog, damit er sein
großer Stellvertreter auf Erden werde, die auf die Päpste übertragene
Macht des heiligen Petrus und die vom Papste Alexander, dem König von
Castilien gemachte Schenkung aller Ländereien der neuen Welt darlegte.
Nachdem er diese ganze Lehre auseinandergesetzt hatte, lud er Atahulpa
ein, die christliche Religion zu umarmen, die Machtvollkommenheit
des Papstes anzuerkennen, sich dem König von Castilien als seinem
rechtmäßigen Oberherrn tributpflichtig zu erklären, und wenn er also
thäte, er zu regieren fortfahren und der König, sein Gebieter, Peru
unter seinen Schutz nehmen würde; er ihm aber, wenn er zu gehorchen
sich weigerte und auf seiner Gottlosigkeit bestünde, unter Androhung
der fürchterlichsten Rache den Krieg erklärte.

Atahulpa verstand wenig von dieser sonderbaren Rede, da sie
unbegreifliche Mysterien und unbekannte Thatsachen enthielt, wozu die
ganze menschliche Beredsamkeit nicht ausreichte, einem Peruaner in so
kurzer Zeit deutliche Begriffe beizubringen. Auf die allereinfachsten
Dinge jedoch, die er verstanden hatte, antwortete er mit höchster
Mäßigung, daß er mit dem größten Vergnügen ein Freund des Königs von
Spanien, aber niemals sein Tributpflichtiger wäre, daß der Papst auch
gar zu unverschämt sein mußte, um so freigebig das zu verschenken, was
ihm nicht gehörte; daß er seine Religion niemals verließe und daß, wenn
die Christen ihren auf der Schädelstätte am Kreuz gestorbenen Gott
anbeteten, er die erhabene Sonne verehrte, die niemals stürbe; und
schließlich frug er den Verweser, wo er das, was er ihm von Gott und
der Schöpfung gesagt hatte, gelernt habe. In diesem Buche, antwortete
Luque, ihm das Brevier darreichend, bereits entflammt. Atahulpa nahm
das Buch mit Verwunderung, besah es von allen Seiten, hielt es an
sein Ohr und bestätigte dem Redner: »Das, welches ihr mir da gebt,
spricht nicht, sagt nichts,« und er warf es verächtlich weg. Da wandte
sich Luque, wüthend, an seine Gefährten, indem er schrie: Rache, ihr
Christen; das Wort Gottes ist entweiht worden, rächt diese Schmach,
verzehrt diese Ungläubigen.

Pizarro, der kaum die Ungeduld seiner Soldaten zügeln konnte, um sich
über die Reichthümer herzustürzen, die ihnen in die Augen stachen, gab
das Zeichen zum Angriff und die Trommeln und Trompeten spielten zum
Einhauen. Die Infanterie und Artillerie gab eine geschlossene Salve
ab, die Kavallerie griff mit dem Säbel in der Hand an und Pizarro
mit den zwanzig Auserwählten warf sich kurz entschlossen auf den
Inka. Voller Schrecken ergriffen die Indianer verzagt die Flucht, so
unerklärlich waren ihnen die Pferde, welche sie niederrannten, sowie
das Getöse der Infanterie und Artillerie, die sie zerfleischte und wie
ein unsichtbarer Strahl versengte, und die Eindringlinge richteten auf
der ganzen ausgedehnten Flur eine Niederlage und ein wahres Blutbad
an. Vergebens umgaben, mit ihren wehrlosen Brüsten eine Mauer für ihn
bildend, den Inka seine Edeln. Sie fielen alle unter der Wucht der
Klinge Pizarros, welcher den Monarchen an den Haaren schleppte und
ihn gefangen nahm, und die Kavallerie fuhr bis zur Tagesneige mit dem
Gemetzel fort. Eine Menge Prinzen von dem Geschlechte der Inkas, die
Minister, die Blüthe des Adels, Alles, was den Hof Atahulpas ausmachte,
und viertausend Soldaten und Frauen, Kinder und Greise, welche
hinausgegangen waren, um die prächtige Feier zu sehen, fielen unter der
Wucht der Waffen auf dem Schlachtfelde von Cajamalca; es war nichts als
Tod, Trostlosigkeit und Entsetzen.

Die Nacht breitete ihren traurigen Schleier aus und das von Blut
geröthete, leichenbedeckte Feld bot für das jungfräuliche Amerika den
entsetzlichsten Auftritt dar. Einige der Angreifer drangen noch in die
Stadt hinein, aber vereinzelt und zerstreut, mußten sie wieder zu ihren
Zelten zurückkehren, wo in Ketten gebunden der Unglücklichste aller
Sterblichen, jener Herrscher seufzte, der, von einem prunkvollen Hofe
umgeben, von den ersten Adeligen des Staates auf den Achseln getragen,
einen Augenblick vorher ein Bild der Götter schien. Eine schreckliche,
nur von dem Wehklagen der Verwundeten unterbrochene Stille herrschte
auf dem Felde der Niederlage, bis daß, nachdem sich die Eindringlinge
wieder in ihre Zelte zurückgezogen hatten, der von den tiefen Seufzern
der Sterbenden untermischte Siegestaumel die Umkreise zu betäuben
begann.

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 8.

                            Fromme Bräuche.


Die wenigen Adeligen und Höflinge, welche sich vor dem Gemetzel
retteten, und das ganze Heer der Peruaner schlossen sich, als schon die
Nacht ihren schwarzen Schleier ausgebreitet hatte, in den schwachen
Mauern Cajamalcas ein. Da beweinte der Vater den Sohn, der Gatte die
Gattin, die Jungfrau ihren Angebeteten, das Volk seinen Herrscher, und
traurige und tiefe Seufzer ertönten in Mitten des frommen Schreckens,
der die neue Welt beschäftigte. Die Seufzer der Stadt vermischten
sich mit dem Wehklagen der Verwundeten, die ihr Leben auf dem Felde
der Niederlage aushauchten, und als der trübselige Mond aufging,
erfüllte er die unschuldigen Sonnenanbeter mit Entsetzen. Weder das
Rachegeschrei, noch die verzweifelten Verwünschungen trösteten die
Betrübten in ihren reichlichen Thränen; sie hielten jene Ausrottung für
ein Werk des Himmels, sie hielten die Europäer für Söhne Gottes, des
Lichtes, und wenn sich ihre Seufzer dem Innersten der Seele entrangen,
hefteten sie ihre Blicke nur auf die Erde und wagten nicht, dieselben
zum grauen Himmelszelt zu erheben.

Das Volk, der Adel, die Inkas, die Priester und die unzähligen, auf
den Plätzen und in den Straßen vermengten Krieger waren wie in einer
tiefen Betäubung versteinert und kein Mensch unterbrach jene fromme
Scheu. Schon neigte der verschwiegene Mond sein fahles Angesicht der
Erde zu und der erste Schimmer des Morgensterns fing an, den Horizont
zu erhellen, als Vericochas, der älteste Priester des Reiches, sich,
ohne sein Schluchzen zu unterdrücken, an das Volk wandte und mit
gebrochener Stimme anhub: »Peruaner, der erhabene Gott des Tages,«
rief er in Thränen gebadet aus, »durchbricht das Dunkel der Nacht und
taucht die Gebirge in Purpurroth. Vielleicht erzürnt, sein Antlitz von
lebendigem Lichte geröthet, fährt der grollende Donner und der zuckende
Blitz vor ihm her und die Himmel entbrennen. Beugen wir uns demüthig
vor seiner Macht, lobpreisen wir seine Allmacht und flehen wir ihn um
Erbarmen an. Eilen wir in den allerheiligsten Tempel, bringen wir ihm
unschuldige Opfer dar und besänftigen wir seinen Zorn.« So sprach er
und ruhigen Schrittes ging er auf den Tempel zu; die Priester umringten
ihn und das Volk und die Krieger folgten ihm nach.

Der Tempel von Cajamalca, geräumig und weit, faßte eine ungeheure
Menge. Mit prächtigen Federn verziert, mit Gold und Silber
ausgeschlagen und einem Fußboden von kostbarem Marmor, trug er den
ganzen Reichthum Perus, die ganze fromme Verehrung der Peruaner zur
Schau. Ein einfacher, aber geschmackvoller Altar stand im Hintergrunde
jenes majestätischen Raumes; ein in Mitten des Altars aufgestelltes
Sinnbild der Sonne war die Gottheit, vor der sich Herrscher, Volk und
Priester niederwarfen, und zu dessen Seiten standen, einfach bekleidet,
die Büsten der Inkas und der Bürger, die es ihrer ausgezeichneten
Tugenden wegen bis zur Nachahmung der wohlthätigen Gottheit gebracht
hatten.

Kaum barg der Tempel die Menge, als harmonische Laute das Gepränge der
religiösen Ceremonie verkündeten und zahlreiche Chöre den neuen Tag
begrüßten.


                          Hymne an die Sonne.

                               1. Chor.

                 Oh Vater des Tages! Oh Gott des Lichtes!
               Nach Osten erhebe den Strahlenkranz;
               Erleuchte die in Finsterniß seufzende Erde,
               Erhabene Gottheit, gieße aus deinen Glanz.

                               2. Chor.

                 Am rauschenden Strome des göttlichen Feuers
               Entstehet die Liebe und die Schatten entflieh’n;
               Und die Welt belebt sich, es wachsen die Blumen
               Und es kleidet der Wald sich in herrliches Grün.

                               1. Chor.

                 Oh Sonne! die du hoch am Himmel thronest
               Und Alles erfüllest mit deinem Schein,
               Du weißt, das deine Söhne das Feuer verehren,
               Ruhig, ohne Verbrechen und rein.

                               2. Chor.

                 Es segnet der Gerechte dein leuchtendes Antlitz,
               Und stumm im Finstern siehet die Welt;
               Den elenden Bösewicht, der die Schatten suchend,
               Lichtscheu, sich dem Verbrechen gesellt.

                               1. Chor.

                 Fackel, die du ewig am Himmel erglühest,
               Ruhe spendest der Welt und Glück,
               Heiter leuchtend, dein Volk zu trösten,
               Ziehe dich nicht hinter Wolken zurück.

                               2. Chor.

                 Wenn trübe deinen Zorn du der Erde verkündest,
               Brauset die See in tiefer Wuth,
               Wenn heiter du glänzest, verbreitest du Stille
               Und Meer und Wald athmen Liebesgluth.

Die Hymne an die Sonne ertönte durch die weiten Rundbogengewölbe,
indeß das leuchtende Gestirn bereits ruhig und heiter am Horizonte
glänzte. Gefolgt von vier Priestern, schritt Vericochas auf den
Altar der wohlthätigen Gottheit zu und brachte mit prunkvollen und
einfachen Bräuchen seinem Gotte in goldenen Gefäßen schöne Früchte
als unschuldiges Opfer dar und das Volk fiel auf die Kniee nieder
und es herrschte die tiefste, feierlichste Stille. Der Priester hob
nachher seine schwermüthigen Augen auf und in friedlichem Widerscheine
erglänzte die Sonne an den Rundbogengewölben. »Oh! ewiger Gott,« rief
er begeisterten Tones aus, »dein strahlendes Licht erfülle deine
unschuldigen Söhne mit Hoffnung; versage ihnen nicht, von nebligen
Dünsten bedeckt, deinen göttlichen Einfluß, noch verkündige ihnen
deinen Zorn.«

Wenn in der Religion der Peruaner sich die Sonne in ihrem ersten
Dämmerschein bewölkt darbot, so war der Gott erzürnt und kündete seinen
Zorn an; erschien sie, wiewohl nachher hell und klar erglänzend, drei
Tage lang undurchsichtig, so zeigte er seine Rache an und das Reich
erbebte. Bot sie sich im Gegentheil heiter und glänzend dar, war
Alles Lust und Freude, weil die Gottheit sich zufrieden zeigte. Als
die Peruaner die Sonne glänzen sahen, lächelte ihre Hoffnung, da sie
den Zorn ihres erzürnten Gottes nicht befürchteten. Die grauenhafte
Niederlage ihres Hofes jedoch, die Gefangennahme ihres Monarchen,
dessen Loos sie nicht kannten, der Gedanke, daß die Eindringlinge
übernatürliche Wesen waren, ein Eindruck, den die Kavallerie und
die Artillerie ihnen verursacht hatte, Alles stürzte sie in eine
unergründliche Verwirrung und in die schwermüthigsten Betrachtungen.

Betäubt, entzückt vor dem Altare knieend, verharrte Vericochas lange
Zeit hindurch in einer tiefen Entzückung, als er endlich mit hohlem
Echo, das dem Innersten seiner Seele entdrungen schien, ausrief: »Nein,
Peruaner, das Verbrechen und die Gottheit sind unbegreiflich. Diese von
Osten Gekommenen sind weder von dem Geschlechte der Inkas, noch können
sie Söhne des immerwährenden Gestirnes sein.«

Das Volk horchte erstaunt auf und der Priester fuhr mit begeisterter
Beredsamkeit fort: »Nein Peruaner, Verbrechen und Gottheit sind
unbegreiflich. Diese Fremdlinge haben tausendmal bei ihrem Gott
geschworen, daß sie kamen, um an der Wohlfahrt des Reiches zu
wirken; unter tausend heiligen Schwüren versprachen sie einem
unschuldigen Monarchen und einem einfältigen Volke, die im Vertrauen
auf Versprechungen von Gottheiten arglos in deren Arme liefen, die
schuldige Gewährleistung, als sie, die vernichtenden Waffen treulos
verbergend, auf eure Krieger und euren Hof einhieben und euern
Beherrscher an den Haaren schleppten! Strahlend leuchtet die Sonne,
nicht in Dünste eingehüllt, verkündigt sie ihren Zorn.« Und ein
heftiges Gemurmel rührte das Volk.

»Es ist wahr, noch sehe ich die schnellen Scheusale unsere Krieger
niederrennen; noch ertönt in meinen Ohren der fürchterliche Donner,
der unsere Reihen zerstörte, aber Alles kann das Werk eines boshaften
Geistes sein, Alles kann, bei dem Willen dieses Gottes, der uns
erleuchtet, unterliegen. Kommt, Peruaner, schwört vor dem Altare, daß
wenn uns der Himmel nicht enthüllt, ob es seine Söhne sind, und wir
unserm Schicksal weichen müssen, wir eher die fruchtbaren Fluren mit
unserm Blute besprengen, als uns unsere Gesetze, unsere Freiheit und
unsern Gottesdienst entreißen lassen werden.« Aber das vor Schrecken
erstarrte Volk seufzte nur bei der Stimme seines angebeteten Priesters.

»Und ihr bezweifelt es noch,« fuhr Vericochas fort, »ich hörte es aus
deren Munde, wir kamen, um euch die Geheimnisse des Christenthums
einzuflößen, um euch dem gebieterischen Sonnenkultus zu entreißen
und um euch den Heiland am Kreuze anbeten zu lassen, und damit ihr
den großen König im Osten als Herrscher und Gebieter anerkennt.« Die
Edelleute, die den Monarchen umgaben, welche das Gespräch, das Luque
an ihn richtete, hören konnten, waren auf dem Felde vor der Wucht der
Waffen gefallen. Vericochas und Huascar waren die Einzigen, die, wegen
ihres Adels in unmittelbarer Nähe stehend, sich vor dem Tode gerettet
hatten und die mit Bewunderung den Vorschlag hörten, sich dem Herrscher
im Osten zu ergeben und dem erhabenen Sonnenkultus zu entsagen.
Vericochas erpreßte dem Volke Thränen und Huascar rief entzückt aus:
»Peruaner, ich habe es auch gehört.« Ein dumpfes Geflüster fing an,
in dem geräumigen Tempel zu herrschen, die gerührte Menge gab bereits
ihre Begeisterung zu erkennen, und Vericochas machte mit Aufbietung
der ganzen Macht der Beredsamkeit das Volk mit der Nothwendigkeit, das
Loos des unglücklichen Monarchen zu erforschen, bekannt, Huascar zum
Oberbefehlshaber des Heeres zu ernennen und die Eindringlinge, wenn es
nöthig wäre, anzugreifen oder wenigstens die Mauern von Cajamalca zu
vertheidigen, um ihre Reichthümer, ihre Gesetze, ihre Freiheit und ihre
Tempel zu retten.

Den Schrecken, der es erstarrte, ein wenig abschüttelnd, eilte das
Volk endlich im Getümmel nach den Altären, und vor dem Sinnbild der
Sonne liegend, schwuren alle Peruaner Vericochas in die Hand, den
Triumph der Eindringlinge nicht zu überleben. Huascar, der Edelste aus
dem Geschlechte der Inkas, derjenige, welcher mit dem meisten Rechte
darnach trachten konnte, als Herrscher gewählt zu werden, der tapferste
Krieger, wurde zum Häuptling von Peru ernannt, und um den Tempel nicht
mit dem Rachegeschrei zu entweihen, lief das Volk nach den prächtigen
Säulenhallen, und hier entflammten Vericochas und Huascar ihren Zorn
und machten sie damit bekannt, daß das Verbrechen und die Gottheit
unbegreiflich seien, daß die von Osten Gekommenen nicht Söhne der Sonne
sein konnten, daß es Sterbliche waren und der Tapferkeit erlägen.

Der Rath der Aeltesten, welcher einberufen wurde, berathschlagte
bedächtig über das Verhalten, das man mit den von Osten Gekommenen zu
wahren hatte, und über die Art, den Krieg zu führen und sich kräftig
auf die Rache vorzubereiten. Sie kamen überein, daß eine Botschaft in
das Lager Pizarros abgehen sollte, um, wenn er noch nicht gestorben
war, das Schicksal des Monarchen bestimmt zu erfahren und um jeden
Preis seine Freilassung zu erwirken; aber an den Mangel an Glauben
der Eindringlinge erinnernd, glaubte man mit Recht, daß sie die
Abordnung umbrächten und sie in keiner Weise ihren Zweck erreichen
würde. So groß jedoch war die Liebe der Peruaner zu ihren Inkas, so
groß das Interesse an der Gesandtschaft, so groß die Vaterlandsliebe
jener unschuldigen Bewohner, daß sich, so sicher sie ihrem Tode
entgegensahen, Alle anerboten, in das Lager Pizarros zu gehen. Die
Umsicht des Rathes durfte nicht gestatten, daß sich die Abordnung aus
den ersten Persönlichkeiten des Reiches zusammensetzte, aber dessen
ungeachtet konnten sie den flehentlichen Bitten Ocollos und Coyas nicht
widerstehen.

Ocollo, die Schönste, die Tugendhafteste von Atahulpas Konkubinen,
diejenige, welche am Meisten die Liebe des Monarchen verdiente,
stellte sich, in Trauer gekleidet und in Thränen gebadet, dem Rathe
vor und trug ihren Entschluß vor, in das Lager Pizarros zu gehen, um
das Schicksal des Inkas, den sie verehrte, zu erfahren, und um, wenn
er in Ketten seufzte, sich zu Füßen seiner Unterdrücker zu werfen, um
mit ihren heißen Thränen deren Mitleid zu rühren. Coya, die berühmte
Prinzessin aus dem Geschlechte der Inkas, jene schöne Coya, welche
dem stattlichen, artigen Almagro so große Liebe eingeflößt hatte, war
bei den schmachtenden und durchdringenden Blicken des kriegerischen
Spaniers ebensowenig unempfindlich gewesen, sie liebte ihn im Innersten
ihres Herzens, sie hatte erkannt, daß sie geliebt wurde, und sie
verlangte nach dem Augenblicke, ihren Angebeteten wieder zu sehen.

Die beiden unschuldigen Opfer der Liebe überredeten den Rath und
man verfügte, daß sie in das Lager der von Osten Gekommenen gehen
sollten. Die Aeltesten kannten die heiße Liebe Ocollos zu Atahulpa sehr
wohl und sie waren überzeugt, daß die Europäer ihre Waffen nicht so
leicht an einer Schönheit mit Blut besudeln würden und hielten es für
vortheilhaft, daß sie die Botschaft auf sich nahm. Nicht so meinten sie
von Coya, die, vertraut mit den Gefahren, tapfer in den Schlachten, mit
zarter Hand geschickt die Pfeile zu lenken wußte, sich der Liebe des
Heeres erfreute und muthig die Krieger in den Tod trieb. Berühmt durch
ihre Geburt, ihrer Reize wegen angebetet, würde, wenn sie Ocollo nicht
nothwendig begleiten müßte, ihr Tod das Reich in Trauer versetzen.
So wiederholt und rührend waren aber ihre Bitten beim Rathe, der die
Ursache, welche dieselben hervorbrachte, nicht kannte, daß er am Ende
nachgab und die beiden Schönen ziehen ließ.

Die Sonne war bereits nahe der Mitte ihrer friedlichen und strahlenden
Laufbahn, sie belebte mit ihrem göttlichen Einflusse die Peruaner,
welche, ein wenig von ihrem Schrecken erholt, auf besseres Glück
hofften, wie es ihnen die wohlthätige Gottheit in ihrem Glanze
verkündigte. Schon bereiteten sich die Krieger, welche die Mauern
besetzten, von Neuem vor, beim Zischen der Strahlen der Eindringlinge
zu fallen, aber ihre Furcht war nicht so groß, weil sie anfingen zu
bezweifeln, daß es Götter waren. Bei der Betrachtung der Niederlage
ihres ganzen Hofes und ihres Adels bot das mit Leichen bedeckte Feld
mit dem Lager Pizarros, worin Schwelgerei und Gelächter herrschten,
den schrecklichsten Gegensatz dar. Nachdem die Botschaft vorbereitet,
richteten die unschuldigen Bewohner von Cajamalca, in schwermüthige
Erinnerungen versunken, von einem stürmischen Uebel der Beunruhigung
erfaßt, die sehnsüchtigsten Blicke an ihren Gott, und die beiden
Schönen schickten sich an, nach dem Lager der Sieger zu gehen.

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 9.

                           Waffenstillstand.


Müde, auf den Feldern Cajamalcas zu schlachten, zogen sich die
Eindringlinge, als die erschrockenen Peruaner sich bereits in den
Mauern eingeschlossen hatten, und die Nacht ihren dunkeln Schleier
über den mit Blut bespritzten Kampfplatz ausbreitete, abermals in
ihre Zelte zurück. Eine unermeßliche Beute war die Frucht jenes
berühmten Tages, so unermeßlich, daß sie die riesigen Begriffe und
Hoffnungen, welche die Abenteurer von jenen reichen Gebieten gefaßt
hatten, bei Weitem übertraf. Der prächtige, goldene Thron Atahulpas,
die ungeheuer vielen Edelsteine, welche den Monarchen, seinen Hof und
seine Adeligen bedeckten, Alles fiel in die Gewalt der Sieger, die
sich in einem günstigen Augenblicke sozusagen der Reichthümer des
Reiches bemächtigten. Obwohl unter sanften Vorstellungen und Gebärden,
wurde der gefangene Kaiser, indem man ihm sagte, daß dieses, da es
der Papst Alexander ihm überlassen hatte, dem großen König im Osten
gehörte, aller seiner Reichthümer, womit er sich schmückte, beraubt,
und wie es bei allen Siegen natürlich ist, zerstreuten sich die Sieger
über das Schlachtfeld und beraubten und entkleideten beim Scheine des
flimmernden Mondes die Leichen und Verwundeten. Es waren Ketzer, die
unglücklichen Sonnenanbeter, denen das sechszehnte Jahrhundert nichts
als Entsetzen, Verachtung, Tod und Verderben gewährte.

Durch den Schrecken, den sie ihren Gegnern eingeflößt hatten, sicher,
gaben sich die Eindringlinge, ohne Furcht, angegriffen zu werden,
in Mitten ihrer üppigen Beute der Schwelgerei und dem Lachen hin,
und unverzüglich schritt man, gewissenhaft einen Fünftel für den
König von Spanien bei Seite legend, entsprechend den militärischen
Abstufungen zur Vertheilung so großer Schätze, und nach den besten
peruanischen Texten entfielen auf jeden einfachen Soldaten Beträge von
fünfzehntausend Duros.[3] Der Lärm und die Fröhlichkeit ertönten in
einem mit dem Wehklagen der Verwundeten und den Seufzern Atahulpas,
und so zog die schweigsame Nacht bereits ihren Schleier ein und der
Morgenstern erhellte den Horizont.

[3] Span. Thaler = 5 Frs.

Der Inka konnte in den ersten Augenblicken seiner Gefangennahme,
in Mitten seines Erstaunens, kaum an einen so unerwarteten und
überraschenden Erfolg glauben; gar bald aber sah er die ganze
Entsetzlichkeit seines Schicksals ein und seine Niedergeschlagenheit
entsprach der Höhe, von wo er gefallen war. Pizarro, der die Vortheile,
welche ihm der Besitz eines so ansehnlichen Gefangenen einbringen
mußte, zu verlieren befürchtete, bemühte sich, ihn mit Liebes- und
Achtungsbezeugungen zu trösten, und andrerseits erklärte ihm Luque
bedächtig die Geheimnisse des Christenthums und ermahnte ihn, den
Heiland am Kreuze anzubeten. Aber der Inka bat ihn in Mitten seines
Entsetzens innigst, seine Ermahnungen einzustellen, da sie späterhin
mit Bedacht über den Gegenstand sprächen, weil jene Augenblicke
Gefühls- und nicht Verstandessache seien.

Pizarro indessen befahl seinen Soldaten, den Kaiser mit aller der einem
so hohen Gefangenen gebührenden Aufmerksamkeit zu behandeln und zu
bedienen, und kaltblütig berechnete er die Vortheile, welche er durch
ihn aus einem ihre Herrscher vergötternden Volke ziehen konnte. Seitdem
sich Pizarro der Person Atahulpas bemächtigt hatte, hielt er sich für
den unumschränkten Herr des Reiches, er mußte sich aber noch so lange
verstellen, bis daß ihm die Zeit sein Verhalten bezeichnete. Endlich,
da er seinen Versprechungen nicht nachkam, triumphirte er, und trotzdem
er den frommen Schrecken kannte, den seine Ankunft im Reiche verursacht
hatte, konnte er doch nicht voraussehen, wie sich die Peruaner
verhalten würden, und umsonst mochte er unter hundert Vermuthungen
seinen Feldzugsplan entwerfen.

Das war der Zustand des feindlichen Lagers, als sie, nachdem bereits
der Abend eingetreten war, ein kurzes und einfaches Gefolge aus der
Stadt herausgehen sahen. Die schwachen, von einem unermeßlichen Volke
gekrönten Mauern Cajamalcas zeigten die Erregung seiner Bewohner und
die Wichtigkeit der Abordnung, worauf sie ihre Blicke hefteten; und
Pizarro durchschaute alsbald, daß dieser Schritt ihm großen Aufschluß
für seine Absicht geben würde. Wirklich kamen Ocollo und Coya mit einem
kurzen Gefolge aus der Stadt heraus und lenkten ihre Schritte nach
dem Lager der Eindringlinge. Aus einiger Entfernung sandten sie eine
Botschaft an Pizarro, indem sie um Erlaubniß baten, ihn sprechen zu
dürfen, was ihnen alsbald gewährt wurde, worauf sich die Peruanerinnen
dem Lagerplatze näherten.

Nichtsdestoweniger überraschte es ihn, daß nur zwei schöne Frauen
der Abordnung vorstanden, worauf, wie er glaubte, das Schicksal des
Reiches beruhte; aber er verbarg sein Erstaunen während eines einzigen
Augenblicks, als Ocollo zögerte, sich ihm vor die Füße zu werfen. »Sohn
der Sonne«, rief sie aus, »welches ist das Schicksal Atahulpas, lebt
dein Bruder, der Inka, noch?« Verwirrt hob sie Pizarro vom Boden und
sagte zu ihr: »Er lebt noch, schöne Peruanerin, er lebt noch, und noch
ist es Zeit, um ihn zu retten; stille deine Erregung.« Almagro heftete
seine Blicke auf die göttliche Coya: Er fühlte die Liebe, welche sie
ihm bereits eingeflößt hatte, immer heftiger entbrennen, und in tiefer
Betäubung wahrte er das beredteste Stillschweigen. Coya durchdrang die
Seele Almagros; arglose jungfräuliche Schamröthe erglänzte auf ihren
Wangen, und die Flamme der reinsten Liebe loderte in ihrem Herzen.

Durch die tröstenden Worte Pizarros wurde Ocollo wieder beruhigt und
sie bat ihn inständig, er möchte ihr erlauben, mit dem Monarchen zu
sprechen. Sie sagte ihm ausführlich, wer sie war, die Liebe, welche
sie zum Inka hatte, daß der Inka sie verehrte und die Zufriedenheit,
welche ihm ihr Anblick verursachen würde; aber von seiner Freilassung,
noch von dem Zustande Cajamalcas und des Reiches sagte sie ihm
nichts. Pizarro sah die Schönheit und Reize Ocollos nicht mit
Gleichgültigkeit; wenn auch ehrgeizig und stolz, war er am Ende doch
ein Mensch und der Liebe empfänglich. »Ja, Ocollo«, sagte er zu ihr,
»du kannst den Monarchen, den glücklichen Sterblichen, der sich deiner
Reize erfreut, wohl sehen....« Und die Augen des Kriegers funkelten,
ohne ihren rohen Stolz zu verlieren, vor lauter Liebe. Er befahl, sie
in das nahe Zelt der Inkas zu führen, trug aber der Wache auf, daß
sie nicht von deren Seite wiche, bald damit sie keine Liebkosungen
austauschten, auf die Pizarro schon neidisch war, bald damit Atahulpa
keine wichtigen Mittheilungen machte.

Almagro und Coya seufzten, von der Liebe, die sie im Innersten ihres
Herzens verbargen, bedrängt; aber von hundert Zeugen umgeben, war es
ihnen nicht möglich, ihre Schmerzen zu beklagen, noch ihre Leidenschaft
auszulassen. Almagro jedoch benutzte einen Augenblick und sagte zu
Coya, daß, wenn sie diese Nacht mit einigen Regimentern auf das Feld
hinausginge, er die Flur durchstreifen und sie sehnlichst suchen würde,
um ihr wichtige Geheimnisse zu enthüllen. Die Schöne durchschaute
Almagros ganzen Gedanken, sie nahm die Bestellung an, und die Stille
schien in diesen beiden beunruhigten Herzen einzukehren.

Ocollo wurde an das Zelt des unglücklichen Inkas geführt, der
unter einer zahlreichen Bewachung seufzte, und als sich die beiden
Ehegatten sahen, liefen sie, von einem höhern Antrieb, als ihrer
Niedergeschlagenheit und ihrer Gefahr, hingerissen, sich an einander
zu schmiegen. Trotz der sie umstehenden Spanier und Peruaner
schmiegten sich ihre Herzen zärtlich aneinander, und ihre brennenden
Lippen schlossen sich in hundert Liebesküssen. Lange Zeit herrschte,
ähnlich der Windstille der Wogen nach schweren Gewitterstürmen, in
dem Zelte und im Lager der Sieger ein tiefes Schweigen; reichliche
Thränen benetzten die unschuldigen Ehegatten, und die Liebe, die
Freude und großes Herzeleid glänzte auf den Gesichtern und lähmte
die Lippen. Ocollo brach endlich das Stillschweigen, indem sie den
Inka mit süßeren Liebkosungen als die Luft an heißen Sommerabenden
tröstete, und Atahulpa frug nach seinen Edlen und seinen Kriegern,
und jedes Mal, wenn ihm gesagt wurde, daß einer auf dem Schlachtfelde
von Cajamalca getödtet worden sei, wandte er die Augen zur Sonne
und rief geängstigt aus: »Gott des Lichtes, und du willst noch, daß
ich lebe.« Ocollo versüßte seine Leiden, sie berichtete ihm die
Aufmerksamkeitsbezeugungen, womit Pizarro sie empfangen hatte, sie
wiederholte ihm die Liebe seiner Unterthanen und den Auftrag, den sie
vom Rathe mitbrachte, seine Freiheit um jeden Preis zu erwirken.

Der Inka, der gesehen hatte, wie man ihn der Schätze beraubte, womit er
geschmückt war, der gesehen hatte, wie man den Leichen die Edelsteine
entriß, welche sie bedeckten, der den Ehrgeiz der von Osten Gekommenen
befühlt hatte, faßte begründete Hoffnungen, auf Kosten von Schätzen
seine Freiheit zu erkaufen. Als Ocollo und der Inka bereits ein wenig
ruhiger geworden waren, kam Pizarro an das Zelt heran und erfüllte mit
seinen gewohnten Achtungsbezeugungen die beiden bekümmerten Seelen mit
Hoffnung. Atahulpa sagte ihm, daß sie ihn insgeheim sprechen müßten,
und der Spanier befahl denen, die sie umgaben, sich zurückzuziehen
und flößte ihnen Freiheit ein, damit sie ihm vertrauensvoll ihr Herz
eröffneten.

Das Wohl des Reiches, sagte der Inka zu ihm, beruht einzig darauf,
daß der Monarch wieder zu seinem umtrauerten Throne zurückkehrt.
Ich und mein Volk schlagen einen, deiner und des großen Herrn im
Osten, würdigen Loskauf vor. Wenn du dem Herrscher Perus die Freiheit
giebst, füllt man dir dieses Zelt bis zu Mannshöhe mit Gold. Trotz den
großartigen Begriffen, welche Pizarro von dem Reichthum Perus hatte,
mochte ihn nichtsdestoweniger ein so herrliches Angebot verwundern
und überraschen; das Zelt war zweiundzwanzig Fuß lang und dreizehn
Fuß breit, die Summe war ungeheuer, und Pizarro zögerte, obwohl er
immer zum Inka sagte, er müsse die Bestätigung des Königs im Osten
abwarten, dessen Gemüth wohl ebenfalls zur Annahme hinneigen würde,
keinen Augenblick mit dem Zugeständniß eines Lösegeldes, das seinen
Ehrgeiz erfüllte. Er ging zu seinen Gefährten, theilte ihnen das
unermeßliche Angebot mit und sie freuten sich schon sehnsüchtig auf
den Augenblick, die Schätze der neuen Welt zu vertheilen, und Ocollo
und Atahulpa gaben sich, als sie sahen, daß sie um den Preis eines
blassen Metalles von Neuem zu den zärtlichsten Liebkosungen und zu dem
stillen Glück zurückkehren würden, den reinsten Fröhlichkeitsergüssen
hin. In Begleitung Luques kehrte Pizarro nach dem Zelte zurück und sie
kamen überein, die Feindseligkeiten einzustellen und das Gold in den
Zelten zusammenzubringen, bis daß Pizarro von seinem Herrn, dem König
im Osten, die Bestätigung des Abkommens empfinge, ohne dessen Gutheißen
er nicht für sich allein entscheiden konnte. Man versprach sich, da die
beiden Heere untereinander verkehren durften, überdies gegenseitig die
freundschaftlichsten Beziehungen, indem man den Auszüglern bis zu zehn
an der Zahl den Eintritt in Cajamalca gestattete und die Peruaner bis
zu hundert an der Zahl an die europäischen Zelte herankommen durften;
daß das Lager Pizarros mit Lebensmitteln zu versehen war und man in
jener Nacht den Sonnenpriestern gestattete, die Leichen, welche die
Flur bedeckten, zu begraben.

In der Hoffnung, seine Freiheit wieder zu erlangen, sandte Atahulpa,
vor Freude hingerissen, Boten nach Cuzco, Quito, Tititaka und andern
goldreichen Ländern, damit man, um den Preis seines Lösegeldes
aufzubringen, bald von den Tempeln, bald von den Palästen der Inkas,
alle Schätze sammelte und sie nach Cajamalca überführte; und Ocollo,
vor Lust und Freude aufathmend, zog nach der Stadt, um den Rath und das
Volk von dem glücklichen Erfolge ihrer Botschaft in Kenntniß zu setzen.

Von Neuem umarmte sie Atahulpa, der ein wenig getröstet blieb, und
da die Verbindung offen war, trennte sie nicht mehr die stumme
Abwesenheit. Almagro, mit seinen durchdringenden Blicken der schönen
Coya folgend, hatte mit ihr das Stelldichein wiederholt, und die beiden
Geliebten flehten die Nacht an, baldigst ihren schwarzen Schleier
auszubreiten. Die Bewohner Cajamalcas, welche auf den Mauern thronten,
zeigten die Ruhe, die im Lager der von Osten Gekommenen herrschte,
von glücklicher Vorbedeutung an und zweifelten, als sie Coya und
Ocollo zurückkommen sahen, nicht, daß die Sonne, welche das Reich den
ganzen Tag rein und schön erleuchtet hatte, ihre flehentlichen Bitten
anhörend, ihnen das Ende ihrer Leiden zu berühren gewährte. Schließlich
stellten sich die beiden Schönen dem Rathe vor; die Aeltesten des
Reiches und ein zahlreiches Volk hofften sehnlichst, das Ergebniß der
Botschaft zu erfahren, und als sie vernahmen, daß der Inka lebte, als
die Schönen die gegenseitigen Schwüre berichteten, welche Pizarro und
Atahulpa sich vor ihren Göttern geleistet hatten, herrschten Freude und
Jubel in den Umkreisen der Stadt; einfache Laute bewegten harmonisch
die nächtliche Luft, das Volk und die Krieger stimmten Freiheitslieder
an und die Priester erhoben göttliche Gesänge als Dankgebet zu ihrem
Gott, der sein wohlthätiges Licht über sie ergoß.

                            [Illustration]

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                              Kapitel 10.

                           Leichenbegängniß.


Die Nacht hatte ihren düstern Schleier ausgebreitet, die glänzenden
Sterne sandten ihr spärliches Licht auf die Erde und schwarze Schatten
bedeckten, obschon in friedlicher Ruhe, den Horizont. Ocollo hatte
den Rath von dem mit Pizarro getroffenen Abkommen und demzufolge von
der Freiheit, worin die Priester waren, die Leichen der Peruaner zu
bestatten, verständigt. Vericochas verlor keinen Augenblick, um die
ehrwürdigen Sonnenpriester zu der frommen Feier zu versammeln, und das
bereits beruhigte Volk, das sich von Neuem auf die Verheißungen der
Söhne der Sonne verließ, fand sich in Trauergepränge im Tempel ein, um
ihre traurigen Stimmen mit dem Grabgesang der Priester zu vereinigen;
aber die schöne Coya nahm, obschon sie ihr geliebtes Vaterland innig
verehrte, in tiefe Betäubung versunken, kaum Theil an der allgemeinen
Zufriedenheit, welche in Cajamalca herrschte: Die dunkle, stille Nacht
folgte ihrem unveränderlichen Lauf, die Augenblicke verflogen und um
zwölf Uhr sollte sie ihren artigen Almagro sprechen. Die reinste Liebe
einer unschuldigen Jungfrau brannte in ihrem gütigen Busen und die
köstlichste Unruhe bekämpfte ihr gefühlvolles Herz.

Nachdem sich die Priester in dem Tempel versammelt hatten und das
Sinnbild des Mondes auf sehr reiche Bahren untergebracht worden war,
ertheilte Huascar die nöthigen Befehle, damit zehn Bataillone auf
dem Felde aufgestellt würden, welche das Gepränge des kriegerischen
Begräbnisses erhöhten, und wobei Coya die militärischen Bewegungen
leitete. Im Augenblick bereitete sich die Kriegsmacht vor; beim Tone
von Trauermusiken zogen sie aus der Stadt hinaus und stellten sich,
ohne Ueberstürzung, auf dem Felde, das der Schauplatz so großen
Schreckens gewesen war, auf. Der junge, herzhafte Almagro streifte,
von tausend Aengsten bewegt, im Lager der Spanier umher. Obschon
unter Blut und Greuel der neuen Welt auferzogen, hatte er ein edles,
gefühlvolles und großmüthiges Herz und Coya flößte ihm die reinste
unauslöschlichste Liebe ein. Mit Sehnsucht erwartete er die zwölfte
Stunde, um seine Angebetete zu sprechen, er befürchtete aber, seine
Liebe verschmäht und sie ihrer politischen Lage entsprechend zu sehen.
Im Lager Pizarros schlief indessen Alles ruhig und die peruanischen
Bataillone zogen zur Stadt hinaus und stellten sich auf der Flur auf.
Die Eindringlinge konnten im Augenblick den Zweck jener militärischen
Bewegung nicht begreifen und beim plötzlichen Schall der Trommel
machten sie sich über die Waffen her und zündeten große Scheiterhaufen
an, welche die Schatten der Nacht ein wenig erhellten.

Eine ungeheure Menge ging, die Priester begleitend und mit brennenden
Fackeln, welche in der dunklen Nacht wie schwermüthige Kometen
erglänzten, dem Sinnbild des Mondes, vorausgehend, aus Cajamalca
heraus; und ein dumpfes Gemurmel unterbrach die hochheilige Stille und
vermehrte die Scheu vor dem prunkvollen Aufwand. Alsbald erkannten die
Spanier, daß jene herrlichen Bräuche für die Bestattung der Todten
waren, sie verhielten sich aber beobachtend, um einer Kriegslist, die
sie bloßstellen konnte, vorzubeugen, und Almagro, der zwanzig Pferde
befehligte, ritt ohne Bedeckung aus, um die schöne Coya aufzusuchen und
sich vor ihre Füße zu werfen und ihr seine feurige Liebe zu enthüllen.

Von den ersten Stunden der Nacht an hatten viele Peruaner große
Gräben ausgegraben, die den Todten zum Begräbniß dienen sollten,
und der feierliche Traueraufzug erstreckte sich bis nach jener Art
von Verschlägen, um den noch Unbeerdigten eine Ruhestätte zu geben.
Einfache Weisen, aber von einer Macht, von einer zauberhaften
Erhabenheit, begleiteten die Stimmen zahlreicher Chöre, welche für
die Seelen ihrer verstorbenen Mitbürger heiße Gebete an ihren Gott
richteten.


                                 Volk.

                 Lieblicher Aufenthalt des Todes,
               In dessen Schatten kein Verbrechen wohnt,
               Der Tugend heilig’ Lager fleht dich an,
               In deinem Schooß die Tugend thront.

                               Priester.

                 Der Erd’ und Himmel du erleuchtest,
               Gott, und gebietest weit und breit,
               Zu dir flieht der Gerechten Seele,
               Bei dir sucht sie Glückseligkeit.

                                 Volk.

                 Wenn schon als Staub zur Erde du gekehret,
               Entflammet dein Gedächtniß das Gemüth,
               Dein Dasein schwand nicht wie ein Feuer,
               Das in dem Aether nachts erglüht.

                               Priester.

                 Ewiger Gott des strahlenden Tages,
               Wenn deine höchste Macht entweih’n
               Schwächliche Menschen mit Verbrechen,
               Mögst du den Sterblichen verzeih’n.

                                 Volk.

                 Lieblicher Aufenthalt des Todes,
               In dessen Schatten kein Verbrechen wohnt,
               Der Tugend heilig’ Lager fleht dich an,
               In deinem Schooß die Tugend thront.

                               Priester.

                 Der du das Erdenrund belebest,
               Dem Boden spendest sein Gedeih’n,
               Rufst du hinauf uns in den Himmel,
               Mögest du uns barmherzig sein.

                                 Volk.

                 Wenn schon als Staub zur Erde du gekehret,
               Entflammet dein Gedächtniß das Gemüth,
               Dein Dasein schwand nicht wie ein Feuer,
               Das in dem Aether nachts erglüht.

Der Grabgesang ertönte schwermüthig und erhaben, die nächtliche Luft
bewegte die Flammen der Fackeln lieblich hin und her, ein sehnsüchtiges
und ununterbrochenes Schluchzen befeuchtete die heiligen Gräber und
Alles flößte einen unbegreiflichen, frommen Schauder ein. Erstaunt und
unbeweglich sahen die Spanier der religiösen Feier zu; Luque vielleicht
hob seine Augen auf zum Himmel, den er, beim Anblick des prunkhaften
Gottesdienstes, den die Peruaner Satan zollten, erzürnt glaubte, und
er dachte dort in seinem Sinne über die Rache nach, welche er dem
erzürnten Himmel geben mußte. Der Gott der Spanier war, wenngleich am
Kreuze gestorben, der Vater der Sonne und des Weltalls; Luque war sein
großer Stellvertreter in der neuen Welt und Luque hielt sich wegen der
Götzendienerei der Indianer dem Himmel für verantwortlich.

Es war nachts zwölf Uhr und Coya sollte ihren Almagro sprechen; sie
gab die nöthigen Befehle, und allein und von tausend trüben Aengsten
angefochten, marschirte sie nach dem östlichen Theile hin, woselbst sie
das Stelldichein verabredet hatten. Der edle Spanier irrte bereits auch
auf der Suche nach seiner Angebeteten auf dem Felde umher, und bald
trafen sich die beiden süßen Geliebten am Abhange eines friedlichen
Baches, der lieblich rauschend an einem frischen Ufer dahinfloß. Sie
erkannten sich und ein schmerzliches Zucken bemächtigte sich des
Spaniers und der schönen Peruanerin. Ein langes Stillschweigen folgte
der süßen Besorgniß, bis endlich Almagro das Schweigen brach.

»Schöne Coya,« sagte er zu ihr, »von dem Augenblick an, da ich deine
durchdringenden Reize sah, fühlte ich mit unwiderstehlicher Gewalt
deren ganze bezaubernde Macht. Hier, in meiner Brust....« und eine
heiße Thräne lief an seinen Wangen herunter.

»Ich habe meine Krieger verlassen,« antwortete ihm Coya, »auf daß du
mir die wichtigen Geheimnisse enthüllest, welche du mir angezeigt
hattest. Sprich also, die Nacht verfliegt, die fromme Feier ist bald zu
Ende und ich muß meinen Posten einnehmen; sprich Sohn der Sonne.«

»Ach Coya« (und er warf sich ihr zu Füßen), »ich liebe dich, ich bete
dich an, du hast mein Herz bezwungen, hast meine Ruhe entrissen und
mich in die grausesten Qualen gestürzt. Hier in meiner Brust brennt ein
Feuer ewiger, unauslöschlicher Liebe; laß dich zum Mitleid rühren....«

»Steh’ auf, verlange nicht, daß meine Thränen auch mit den Deinen
fließen. In dem Augenblick, da die Priester ihre Gebete für die Seelen
so vieler Peruaner zum Himmel richten, entweihest du die Heiligkeit der
Nacht mit Liebesworten!«

»Verzeihe, o Coya! Meine Liebe ist so rein, so heilig wie dieser
Grabgesang, beleidige nicht die Sonne, welche du anbetest....«

»Und du liebtest mich und warfest dich mit deinen Gefährten auf
unsere wehrlosen Bataillone und verdammtest, Blitze schleudernd, den
peruanischen Hof und den Adel zum Tode und beludest den Herrscher von
Peru, deinen Bruder, mit Fesseln!«

»Oh! nicht ich war schuld, nein Coya, die heilige Erfüllung der Befehle
des großen Königs im Osten....«

»Ich bin auch eine Tochter der Sonne und niemals hat sie mir befohlen,
den feierlichen Schwur zu brechen. So eine schwarze Unthat ist in Peru
ein Todesverbrechen.«

»Schöne Coya, ich verdiene wenigstens dein Mitleid.«

»Und werden du und deine Gefährten Freunde Perus und des Inkas sein?«

»Almagro ist ein Freund Perus und auch seine Gefährten werden es sein.«

»Und wenn ich dich liebe, wird uns nachher die stumme Abwesenheit
trennen?«

»Ah! nein Coya, wenn du mich liebst, bin ich der Glücklichste der
Menschen; nur der Tod könnte mich deinen zarten Armen entreißen. Mit
dir würde ich den Morgenstern aufgehen sehen, mit dir würde ich die
Sonne durch den weiten Himmelsraum stürzen sehen, mit dir würde ich ihr
Antlitz zum Untergange neigen sehen und unter süßen Liebkosungen sieht
auch der Mond auf uns hernieder.«

»Ja, Almagro, ich verehre dich auch; hier in meinem Busen erstickte ich
im Stillen die reine Liebe, die mir deine feurigen Blicke einflößten.«

»Und du liebst mich, Coya!...«

»Ob ich dich liebe, und mein Gott kündigt mir deine Liebe als einen
schwarzen Unstern an.«

»Nein, meine Schöne, stille deine Erregung, dieser glückliche
Augenblick wird der Anbruch günstiger Tage sein. Coya wird meine ganze
Wonne sein, ich werde nur für Coya leben, Coya wird der Gegenstand
meiner Anbetung sein.«

»Oh! wenn es uns vergönnt wäre, in sanfter Ruhe von Liebe zu reden....
Aber Almagro, wir entweihen diese heilige Nacht, wo einzig
fromme Verehrung und schuldige Achtung vor den Todten herrschen soll,
mit Liebesworten; lebe wohl, meine Krieger erwarten mich schon. Lebe
wohl.«

»Warte, Coya, wenn du mich liebst, wie ich dich verehre, wird dir, fern
von mir, das Leben eine unerträgliche Last sein; gewähre mir, nun der
Verkehr der Lager gestattet ist, daß ich dich in Cajamalca aufsuche,
daß meine Augen vor lauter Liebe in den Deinen tauchen....«

»Ja, in Cajamalca und auf der Flur werden wir uns sehen, lebe wohl.«

Aufrichtige Thränen rannen über die Wangen der beiden Geliebten; Coya
wandte sich schwankenden Schrittes ihren Bataillonen zu und Almagro
bestieg in starrer Betäubung sein Pferd und suchte Soto auf, der, die
peruanischen Streitkräfte beobachtend, mit dem Vortrab zurück geblieben
war. Vielleicht befürchtete die schöne Coya, indem sie Almagro
ihre Liebe gestand, die Schamhaftigkeit einer züchtigen Jungfrau
überschritten zu haben, allein bald war sie davon durchdrungen, daß
sie auf Antrieb einer unwiderstehlichen Macht, auf Antrieb der Liebe
handelte, welche die brennenden Herzen, die sie in heftiger Ausdehnung
zu ersticken drohen, endlich durchbricht. Entzückt, fühlte Almagro das
ganze Glück seines Triumphes, er hielt sich für den Glücklichsten der
Menschen, sah aber, wie es Coya prophezeit hatte, ebenfalls voraus, daß
seine Liebe ein schwarzer Unstern sein sollte.

Die Priester und das peruanische Volk erhoben in einmüthigen
Chören ihre Gebete zur Gottheit, und trotz des ganzen Gepränges
war das Begräbniß schon zu Ende. Die dunkle, stille, nur von den
Scheiterhaufen der Spanier, und den Trauerfackeln erhellte Nacht,
ging dem Ende ihrer trägen Laufbahn entgegen, als Atahulpa, der
seinen schwermüthigen Erinnerungen nicht mehr widerstehen konnte,
Pizarro inbrünstig darum bat, ihm zu einem glücklichen Tode zu
verhelfen, um an dem Ruhm seines Hofes, seiner Adeligen und seiner
Krieger theilzunehmen, aber Pizarro und Luque vertrösteten ihn mit
schmeichelhaften Hoffnungen und erinnerten ihn an seinen baldigen
Loskauf.

Schließlich waren die Priester, neue Gebete murmelnd, mit der
Feierlichkeit bereits zu Ende, und zogen sich, gefolgt von der
ungeheuren Menge, nach Cajamalca zurück. Coya marschirte ebenfalls
mit ihren Bataillonen, Almagro zog sich mit seinem Vortrab zurück,
und es herrschte wieder eine Grabesstille auf der Flur. Der Schatten
Columbus’, so geht das Gerücht, erschien in jener Nacht, in strahlende
Wolken eingehüllt, und reichliche Thränen auf die Erde, welche so viele
menschliche Ueberreste bedeckte, vergießend ob dem spanischen Lager, um
abermals in den weiten Himmelsräumen zu verschwinden.

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 11.

                                Taufe.


Die tiefste Ruhe herrschte in dem feindlichen Lager und im Heer der
Peruaner; das Interesse der einen wie der andern erforderte die genaue
Innehaltung des bei dem Loskauf Atahulpas vollzogenen Abkommens; und da
eine der Bedingungen der freie Verkehr zwischen den Lagern war, kamen
die Peruaner nach den Zelten der Spanier, und die Spanier zogen in
Cajamalca ein. Die wenigen Adeligen, die dem Blutbade in das Gefängniß
des Inkas entrannen, kamen beständig, um ihrem unglücklichen Monarchen
ihre Huldigung darzubringen, und das Volk und die Soldaten liefen, bald
um den Inka zu sehen, bald um die Söhne der Sonne, deren Anblick und
deren Waffen ihnen jedes Mal um so unbegreiflicher und geheimnißvoller
waren, zu bewundern, um die Wette, die Zahl der Hundert, welche die
Zelte betreten durften, voll zu machen. Pizarro jedoch gestattete
seinen Soldaten nicht, daß sie allzuhäufig nach Cajamalca gingen.
Ueberzeugt, daß seine größte Gaukelei darin bestand, wenn die Spanier
wie übernatürliche Wesen angesehen wurden, paßte es ihm nicht, daß die
Peruaner ihre menschlichen Schwächen in der Nähe sahen. So sehr haben
die Vorurtheile über das Schicksal der Völker entschieden! Flößten sie
doch, wenn einige Spanier, angethan mit ihren glatten Panzern, und
mit ihren großen, schwarzen Bärten prahlend, die Stadt betraten und
zu ihren fürchterlichen Waffen griffen, den einfachen Bewohnern einen
frommen Schauder ein, der ihnen zum Siege verhalf.

In so schmeichelhafter Ruhe ging es, indeß die Kundschafter Atahulpas
mit Blitzesschnelle die Provinzen des Reiches durcheilten, um das Gold
zum Loskauf zusammen zu bringen, in den feindlichen Lagern einige
Tage fort. Weder Vericochas, noch der tapfere Huascar hetzten die
Gemüther gegen die Spanier auf, und weder Pizarro noch die Seinen
gaben, indem sie emsig auf die ungeheuren Schätze warteten, den
geringsten Anlaß zu Klagen. Nur der unduldsame und fanatische Luque
konnte den Kultus des Reiches, noch dessen religiöse Lehre nicht mit
Gleichgültigkeit ertragen; er verbarg jedoch seine Intoleranz und fügte
sich den Augenblicken. Mit dem Kreuz und dem Gebetbuch munterte er
unermüdlich seine Gefährten auf, erinnerte sie beständig daran, daß
ihre erste Pflicht sei, den Glauben an Jesus Christus in der neuen
Welt auszubreiten, und daß, wenn es das Schicksal wollte, daß sie bei
dem schwierigen Unternehmen umkommen sollten, ihrer, den von Gott
Geliebten, in der andern Welt die ewige Seligkeit wartete. Oh! wann ist
jemals ein Heer von Fanatikern besiegt worden!

Täglich besuchte Ocollo, ihn mit schmeichelhaften Hoffnungen erfüllend,
ihren angebeteten Inka; und von dem höflichen Gebahren Pizarros
verführt, sann Atahulpa auf eine köstliche Zukunft, und fluchte nicht
einmal den von Osten Gekommenen. Pizarro, der sich bereits von Anfang
an für die Reize Ocollos empfänglich gezeigt hatte, stürzte sich
wider Willen von Tag zu Tag mehr in eine heftige Leidenschaft, welche
seinen Interessen schaden konnte. Es kam ihm wie eine Herabwürdigung
seiner Siege und seines Charakters vor, wenn er der Schönen seine
Liebe gestände und abgewiesen würde, und wie ein feuriger Vulkan,
der zu zerbersten droht, erstickte er sie in seiner Brust. Ocollo,
welche, voller Liebe zum Inka, die verborgene Leidenschaft Pizarros
weder wissen, noch sich einbilden konnte, erwiderte, ihre zärtlichen
Blicke ihrem angebeteten Inka zugewandt, dessen höfliches Gebahren und
dessen freundschaftliche Aeußerungen, und der Eroberer nährte seine
Hoffnungen, geliebt zu werden.

Seit seiner Gefangennahme ertheilte Atahulpa, obwohl in Gegenwart
der Wache habenden Officiere, die nöthigen Befehle und regierte das
Reich. Ruhig feierten die Sonnenpriester ihre prunkhaften Bräuche
und ihre unschuldigen Opfer, und die Gattin und der Gatte überhäuften
sich in der Stille mit süßen Liebkosungen, und Alles athmete Glück
und Frieden. Huascar jedoch, im Kriege auferzogen und wie von den
Göttern begeistert, wartete insgeheim die vollständige Bewaffnung und
Ausrüstung seiner Krieger ab und beobachtete so viel wie möglich die
Waffen der Spanier. Stets edel und tapfer, war sein Benehmen mit dem
Monarchen und mit dem Volke das Freieste; weit entfernt von dem Ehrgeiz
nach dem Oberbefehl, war die Liebe zum Vaterland seine Triebfeder,
und in seinem Herzen hatte die Treulosigkeit keinen Platz. Klug und
nachdenkend, hoffte Vericochas sehnlichst auf die Freilassung, und in
tiefem Schweigen hütete er sich sehr wohl, das Mißtrauen unter die
Sonnenanbeter zu verbreiten, und seine Befürchtungen kamen nur aus
seinem Herzen, um das Erbarmen des dem Reiche wohlthätigen Gottes
anzurufen. Er war kein menschenfresserischer Priester, er war ein
Diener Gottes des Friedens und Gottes des Lichtes.

Umsonst versuchte Almagro, ob seiner verzehrenden Leidenschaft
entbrannt, verstört und besorgt, seine Liebe vor den Augen seiner
Gefährten zu verbergen. War Coya in Cajamalca, war auch Almagro da;
durchstreifte sie die Flur, setzte Almagro seinem Pferde zu und folgte
ihren Schritten; begab sie sich in das Zelt Atahulpas, heftete Almagro
seine durchdringenden Blicke auf sie. Luque und Pizarro erkannten
das ganze Traurige, das eine so heftige Liebe ihrem Unternehmen sein
könnte, und sie handelten unter sich mit Zurückhaltung ihres Gefährten,
weil, wie Luque sagte, in dem Herzen eines Geliebten kein Geheimniß
Platz hat. Almagro durchschaute die Zurückhaltung seiner Gefährten
auch, aber zufrieden mit der Verehrung Coyas bat er sie weder um
Aufschluß, noch dachte er an die Eroberung von Peru.

Ebenso wenig war Huascar die Leidenschaft Coyas unbekannt, denn er sah
mit Wohlgefallen auf die entstehende Liebe, weil sicher dessen, daß es
die Peruanerin nicht an ihrer Ehre, noch an ihrem Gotte, noch an ihrem
Vaterlande fehlen lassen würde, sie in die Geheimnisse der Spanier,
welche für das peruanische Heer von nicht geringer Wichtigkeit waren,
eingeweiht werden könnte. Die beiden glücklichen Geliebten unterließen
keinen Augenblick, sich ihre Liebesbetheuerungen zu wiederholen, und
da ihre Liebe jedes Mal unauslöschlicher war, konnte sie bald nur
noch der Tod trennen. Manchmal überkam Almagro der traurige Gedanke
von der Ungleichheit ihrer religiösen Culte, und Coya bisweilen der
an die stumme Abwesenheit; im Augenblicke aber, da sie sich ansahen,
im Augenblicke, da die Sinne wirkten, schwieg die schwache Vernunft,
welche uns beim Antriebe erhabener Empfindungen stets verläßt.

Immer größer wurde das Entsetzen der die Zelte Pizarros betretenden
Peruaner, wenn sie die Artillerie, die Pferde und die Ausrüstung der
Spanier in der Nähe beobachteten. Aber die in Cajamalca einziehenden
Expeditionäre bemerkten die Schwäche seiner Mauern und seiner Gebäude,
die Einfachheit der Indianer und die Wahrscheinlichkeiten, die ihnen
den Sieg sicherten. Noch mehr zogen die unendlichen Schätze, die
sie in den Tempeln, in den Palästen und in den Häusern sahen, ihre
Aufmerksamkeit auf sich, und von Habgier entflammt, sehnten sie den
Augenblick herbei, wo beim Schalle der Kriegstrompete zum Angriff
geblasen würde. Ernst und strenge in der Mannszucht, veröffentlichte
Pizarro einen Erlaß, worin er jeden Anführer oder Soldaten, der das
Verbrechen des Raubes beginge, zum Tode verurtheilte. Obschon die
Gewaltthätigkeiten allgemein waren, machten die Indianer, immer
menschlich, dem Oberhaupte niemals Mittheilung von irgend welcher
Ausschreitung; aber Pizarro selbst sah einen seiner Soldaten, wie
er einer jungen Peruanerin den goldenen Zierrath entriß, womit sie
sich brüstete, und der Verbrecher wurde mit dem Tode bestraft. Wohl
wußte er, wie wichtig für ihn ein Soldat war, er sah aber auch das
Unerläßliche der Strenge und der Disziplin ein, und wie wunderbar es
für seine Feinde wäre, seine Unerbittlichkeit, und bei der Bewegung
seines gewaltigen Mundes, einen Sohn der Sonne, wie vom Blitze
getroffen, fallen zu sehen.

Dem Schuldigen wurde mit dem ganzen geistlichen Troste beigestanden,
und da das Ereigniß bis nach Cajamalca um sich gegriffen hatte,
ging ein ungeheures Volk auf das Feld hinaus, um der Hinrichtung
beizuwohnen. Es lag der Politik Pizarros daran, das Geleite, welches
den Schuldigen zu erschießen hatte, selbst zu befehligen, damit man ihn
für den Herrn hielt, der über die Blitze verfügte, und wirklich rief
er Feuer und das Opfer fiel, von Kugeln durchbohrt. Der Schrecken der
Peruaner war unerklärlich, als sie die Unerbittlichkeit Pizarros mit
seinen eigenen Waffengefährten sahen, und als sie sahen, daß bei seiner
Stimme und bei dem Knalle des fürchterlichen Strahles ein Sohn der
Sonne in das Nichts versank.

Dreißig Tage vergingen so in schöner Ruhe und die, um goldene
Geräthschaften zu sammeln, nach Quito, Cuzco, Potosi und andern Ländern
gesandten Boten kamen eben, mit dem kostbaren Metall beladen, in
Cajamalca an. Gewohnt, den Befehlen der Inkas blindlings zu gehorchen,
übergaben die Peruaner, obschon Atahulpa gefangen war, seinem Befehle
unterwürfig, das Gold aus den Tempeln und Palästen, mit der Hoffnung
beruhigt, ihren Monarchen wiederum, sein Reich regierend, in Freiheit
zu sehen; und das kostbare Metall floß in Strömen durch alle Theile
nach Cajamalca, und das rothe Metall riß den Untergang des Reiches mit
sich fort.

Stets unermüdlich in seinem Bekehrungseifer, predigte Luque allen
Indianern, die auf den Lagerplatz kamen, täglich von den Geheimnissen
und den Lehren des Christenthums; aber der Sonnencultus war in Peru
so alt wie das Reich und die metaphysische und auf dem Glauben
begründete Religion Jesus Christus entging dem spärlichen Scharfsinn
der Indianer. Der Sonnengottesdienst stellte sich ihnen unter einem so
einfachen System von Empfindungen vor, daß Luque vergebens inbrünstig
und begeistert das hochheilige Wasser der Taufe anbot. Andrerseits
predigten Vericochas und die übrigen Priester den Indianern mit
orientalischer Beredsamkeit über die falschen Glaubenslehren der
Eindringlinge, sie erinnerten sie an die wohlthätigen Eigenschaften des
leuchtenden Gestirns und an dessen göttlichen Einfluß, an das Leben
und an die Kraft, welche es in der Welt verbreitete, und was für ein
schwarzer Undank es wäre, ihm die Anbetung zu versagen.

Tapfer und artig, vereinigte Almagro alle seltenen Tugenden in sich,
welche einen Ritter des sechszehnten Jahrhunderts auszeichneten.
Die Liebe, die Tapferkeit und das Christenthum waren seine ersten
Eigenschaften, und der bloße Gedanke, daß Coya nicht auf den Pfad der
ewigen Seligkeit geführt würde, ließ ihn in Schwermuth versinken. Es
war schwierig, sie zum Christenthum zu bekehren, noch schwieriger
aber war es Almagro, sie nicht mehr zu verehren, oder sie, ohne daß
sie die heilige Taufe empfing, weiter zu lieben. Bei ihren öftern
Zusammenkünften erforschte Almagro unmerklich das Herz Coyas, die Liebe
flößte seinem Munde Ueberzeugung und Beredsamkeit ein und die Liebe
erschloß bei den Worten ihres Angebeteten das Herz der Schönen.

Bereits in einer ruhigen Nacht sollten sie sich am Ufer des sanften
Baches, der ihre erste Liebe belauschte, sehen, und Almagro hatte
Luque zum Voraus benachrichtigt, in jener Nähe zu sein, da vielleicht
ein Kind des Glaubens die heilige Taufe empfinge. Die Stunde des
Stelldicheins kam heran, die beiden Liebenden trafen sich und von einer
tiefen Schwermuth verzehrt, erweckte Almagro die Neugierde seiner
Angebeteten.

»Was wird dein Gesicht so bleich?« frug ihn Coya, »zweifelst du etwa an
meiner Liebe?«

»Nein, redliche Jungfrau, deine Liebe ist so unveränderlich wie die
Sterne; aber du selbst hast es gesagt, unsere Liebe werde ein schwarzer
Unstern sein.«

»Sprich, was für ein Geheimniß....«

»Höre, schöne Coya. Kaum schloß ich gestern zum Schlaf die Augenlider,
als mir mein Schutzengel in wunderbarer Gestalt im Traume erschien.
›Und so beleidigst du deinen Gott,‹ wiederholte er mit Donnerstimme,
›daß du eine Götzendienerin liebst! Fliehe vor ihren Liebkosungen und
fordere nicht den Zorn des allmächtigen Gottes heraus.‹«

»Und dein ungerechter Gott wird unsere unschuldige Liebe stören!«

»Ach, Coya, ihn nicht zu lieben, wäre ein Verbrechen, er ist der Vater
des Gottes, den du anbetest.«

»Die Sonne überschüttet uns mit ihren unermeßlichen Gaben und fordert
von uns nur unschuldige Opfer an Früchten, welche sie uns ertheilt, sie
fordert keine Herzensopfer von uns.«

»Du kennst die Macht der von Osten Gekommenen und wirst die Macht ihres
Gottes ahnen können. Ewig, allmächtig, unbegreiflich, beten wir seine
Rathschlüsse an und forschen nicht nach den Ursachen.«

»Es ist wahr, er muß sehr mächtig sein, seine Söhne sind unverwundbar
und schleudern Blitze.«

»Und wirst du ihn nicht lieben?...«

»Ja, ich liebe ihn auch, weil er dein Gott ist.«

»Und würdest du, deinen falschen Lehren entsagend, nicht das Wasser der
Taufe empfangen und dem Glauben an Jesus nachfolgen?«

»Nein, Almagro, auch die Sonne ist mächtig, sie ist der Gott meiner
Ahnen, der Gott meines Vaterlandes und ich bin ihre Tochter.«

»Und also, Coya, sprichst du den verhängnißvollen Beschluß unserer
ewigen Trennung aus? Mein Gott verbietet mir, eine Götzendienerin zu
lieben, und ich allein kann seine ewigen Rathschlüsse erfüllen.«

»Und so ein schwarzes Verbrechen und so ein barbarisches Opfer wird
dein Gott von einer Unglücklichen fordern?«

»Ich verehre dich, Coya; ich kann nur dein Bestes wollen, mir hat das
Schicksal gewährt, tiefere Wahrheiten zu durchdringen. Deine ewige
Glückseligkeit, Coya, hängt davon ab, ob du den Glauben deines Almagros
umarmst.«

»Es ist wahr, dir haben die Götter mehr Geheimnisse geoffenbart, dein
Gott ist, obschon ich ihn nicht kenne, mächtiger als der Meine; unsere
Liebe erfordert es, du befiehlst es mir, so werde ich denn das Wasser
der Taufe empfangen.«

»Oh! Bild der Götter, komm an mein vor Liebe und Dankbarkeit
entbranntes Herz....«

»Ein ewiges Geheimniß aber wird meine finstere Abtrünnigkeit bedecken?«

»Ja, ich schwöre es dir.... Hier wird der Priester unverzüglich sein.«

Almagro ging, um Luque aufzusuchen, der wenige Schritte entfernt seiner
wartete, und kehrte mit ihm an das Ufer des Baches zurück, den Coya mit
ihren Thränen vermehrte.

»Peruanerin,« sagte der Priester zu ihr, »ich werde über dein Haupt das
Wasser des ewigen Heiles ausgießen, wenn du vor diesem Gekreuzigten
schwörst, daß du an dessen ewige Allmacht, daß du an die Geheimnisse
und Glaubensartikel glaubst und seinen Namen anbetest.«

»So will es Almagro, ich schwöre es,« erwiderte Coya trostlos.

»Ewige Verdammniß, die Pein der Hölle,« sagte der christliche Priester,
»erwarten dich in der zukünftigen Welt, wenn du die Worte Jesus
Christus mißbrauchst.«

»Nein, Luque, quäle ihr betrübtes Herz nicht noch mehr; taufe sie im
Namen deines Gottes, denn so will es Coya, ich schwöre es dir,« sagte
der gefühlvolle Krieger zu ihm.

Endlich mit zum Himmel emporgehobenen Händen, auf die Kniee
niederfallend, empfing die Schöne das Wasser der Taufe und sagte das
Glaubensbekenntniß her, welches ihr Luque befahl.

Dann zog sich der Diener Gottes gegen die Zelte zurück und Almagro
begleitete die unglückliche Peruanerin, welche, um nicht die
Aufmerksamkeit Vericochas, Huascars und aller Bewohner Cajamalcas
auf sich zu ziehen, ihren Kummer ein wenig gestillt und ihre Thränen
getrocknet hatte, bis nach der Stadt.

In dieser Nacht verzeichnete das Christenthum im Süden der neuen Welt
seinen ersten Sieg; die Prophezeihung der heiligen Schrift, welche
den Triumph des Kreuzes bei allen Religionen verkündigte, fing an, im
sechszehnten Jahrhundert glänzend an den Küsten zu erstrahlen, und die
herrlichen Tempel der Sonne erzitterten in jenem Augenblicke, wie wenn
sie von einem heftigen Erdbeben erschüttert würden.




                            [Illustration]




                              Kapitel 12.

                           Feindseligkeiten.


Die Kundschafter Atahulpas, welche, das zum Loskauf nothwendige Gold
vereinigend, das Reich durchzogen, langten endlich, ungeheure, nach der
Liste auf jede Provinz vertheilte Mengen mit sich führend, in Cajamalca
an; voller Ungeduld sehnten sich Alle nach dem Augenblick, um den das
Zelt bis zu der übereingekommenen Höhe zu füllenden Bedarf beisammen
zu sehen, und Alle trugen bereitwillig und emsig zu dem Zwecke bei,
und inzwischen schienen, wie wir gesehen haben, die feindlichen Lager
in der schönsten Eintracht zu sein. Ocollo trennte sich nicht von
dem Zelte ihres angebeteten Inkas, und sogar Huascar und Vericochas
hatten mit den feindlichen Befehlshabern häufige Zusammenkünfte und
berührten oberflächlich einige Punkte über Religion und Politik. Wie
ein Löwe, der hinter der scheuen Löwin her seine Mähne kräuselt, folgte
Pizarro erglühend den Schritten der schönen Ocollo, und von Tag zu Tag
entflammte mit um so größerer Heftigkeit die Flamme der Liebe, die in
seinem Herzen brannte und die den wachsamen Blicken Luques nicht gut
entgehen konnte.

»Erinnere dich, Freund, erinnere dich,« sagte er eines Tages zu ihm,
»daß du deinen König und Gott gröblich beleidigst, wenn du diese
Götzendienerin liebst. Die kolossale Macht des Thrones von Castilien
auszudehnen und die Anbetung des Kreuzes auszubreiten, bist du
an diese entlegenen Gestade gekommen, nicht um, wie ein schwacher
Jüngling, als Opfer der Liebe zu seufzen.«

»Nicht wie ein schwacher Jüngling, nein,« antwortete ihm Pizarro....
»Hier in meiner Brust fühle ich eine unauslöschliche Gluth, doch
fürchte nicht, daß ich mich seufzend zu Füßen dieser Undankbaren
niederwerfe, um ihre Gunst zu erflehen; der Eroberer von Peru wird sie
den Armen des Inkas, dem Heer der Peruaner zu entreißen wissen und die
Gewaltthätigkeit....«

Immer großmüthig, gestand Almagro den Gefährten seine feurige Liebe zu
Coya, er schilderte ihnen mit der ganzen Begeisterung eines entzückten
Geliebten ihre Reize und in seinen Vorsätzen und Aeußerungen athmete
die Menschlichkeit eines den Einflüsterungen göttlicher Liebe fühlbaren
Herzens. Er gestand seinen Gefährten offen, daß er die Zurückhaltung
kannte, mit der sie die Pläne zur Eroberung des Reiches ausbreiteten,
aber daß er ihnen völlige Freiheit ließe, da er bereits Coyas Herz
erobert hatte, das mehr als die Eroberung der ganzen Welt galt.

Das in Cajamalca vereinigte Gold belief sich auf unermeßliche Summen,
und der Rath glaubte, daß es genügte, das Abkommen bei dem Loskaufe
Atahulpas zu erfüllen. Sehnsüchtiger als irgend ein Mensch, seine
Freiheit zu erkaufen, befahl Atahulpa, es, sei es in Barren oder in,
wenn auch von mehr oder weniger künstlerischer Arbeit, dem Lande
eigenen Manufakturen, unverzüglich in das Zelt zu schaffen, worin er
gefangen war. Wirklich brachten unzählige Indianer das Gold für den
Loskauf herbei, und die sehnsüchtigen Blicke der Eindringlinge ruhten
auf einem Wunder, das die herrlichen Vorstellungen übertraf, die sie
sich von dem Lande gemacht hatten. Ein Tag um den andern fuhr die
Herbeischaffung mit der größten Thätigkeit fort und nahe, an tausend
Centner Goldes kamen in die Zelte Pizarros.

Unsere Leser werden nicht vergessen haben, daß das für den Loskauf
feierlich begangene Abkommen war, das Zelt des Inkas bis zu Mannshöhe
mit Gold zu füllen, und daß Pizarro das Gemüth des großen Königs im
Osten zur Annahme des Abkommens bewegen sollte, ohne dessen Billigung
es nicht endgültig bestätigt werden konnte. Sei es, daß die Peruaner
die Genehmigung des Herrn im Osten, vermittelst seines Abgeordneten
erlangt zu haben glaubten, sei es die brennende Angst des Inkas, sich
in Freiheit zu sehen, sei es die äußerste Liebe und Achtung, welche die
Peruaner zu ihrem Kaiser hatten, sicher ist, daß man voreilig und ohne
der Genehmigung des Königs im Osten nachzufragen, das Gold mit aller
Thätigkeit auf den Lagerplatz zu bringen anfing, indem man es, bis daß
es die verabredete Höhe erreichte, mehr oder weniger sorgfältig in dem
Zelte des Inkas unterbrachte; aber der Raum war zu beträchtlich und es
fehlte etwa noch ein Fuß hoch mit Gold anzufüllen.

Dem Loskauf gemäß brachte man das Gold zusammen, Pizarros
Aufmerksamkeitsbezeugungen mit dem Inka wurden immer kälter, und
er nahm eine, von dem bis dahin beobachteten Betragen sehr fremde,
überlegene Miene an. Gar bald gewahrte Atahulpa dieselbe, und
da er glaubte, daß sie von dem Fehlen des noch übrig bleibenden
Goldes herrührte, richtete er sich an ihn und sagte mit wirklich
unschuldsvoller Offenherzigkeit zu ihm: »Nein, fürchte nichts, Sohn der
Sonne, seinen Schwur zu brechen, ist in Peru das schwärzeste Vergehen,
und niemals werde ich den Zorn der Gottheit, welche ich anbete,
herausfordern. Wenn auch meine Loskaufssumme nicht voll ist, werden in
kurzem die Boten aus den entfernten Provinzen ankommen und du wirst
mehr Gold, als nothwendig, beisammen sehen.«

»Ja, Atahulpa,« gab ihm der Spanier ernst zur Antwort, »du und ich, wir
wollen unser Uebereinkommen gewissenhaft erfüllen; unglückseligerweise
aber ist, den eben erhaltenen Befehlen gemäß, mein Herr, der große
König im Osten, nicht in allen Theilen damit einverstanden. Seine
strengen und unabänderlichen Befehle versagen dir die Freiheit, außer
du bekennest dich zu seinem Tributpflichtigen, und verlassest deine
barbarischen, frommen Ansichten und umarmest den Glauben an das Kreuz.«

»Und kann der große Herr im Osten!...« wollte der Inka in starrem
Erstaunen erwidern.

»Er ist mächtig und kann Alles, ihm unterwürfig, gehorche ich seinen
Befehlen.«

»Und das angehäufte Gold?...«

»Ist dein,« bestätigte ihm Pizarro, »du kannst darüber verfügen, aber
die siegreichen Waffen meines Königs und Gebieters werden es schon in
deinen Palästen und in den Tempeln deiner verfluchten Götzen holen.
Ich für meinen Theil werde den Befehlen meines Königs nachkommen, und
ich fordere nur von dir, daß du, den Liebkosungen der bezaubernden
Ocollo entsagend, mir eine so große Schönheit überlässest, wonach ich,
vor Begierde brennend, trachte.... Die Befehle des Herrn im Osten und
Pizarros sind unabänderlich, denke an deine Rettung.«

Man kann sich die tiefe Betäubung, in welche der Inka versunken war,
wohl denken, aber nicht erklären. Als er bereits den Augenblick, seine
Freiheit, seinen Thron, die Liebkosungen seiner Schönen wieder zu
erlangen, gekommen glaubte, hört er die Donnerstimme Pizarros, welche
alle seine trügerischen Einbildungen mit sich fortreißt. Aber Atahulpa,
der Sohn von zehn Inkas, der Sohn der Sonne, der Herrscher des Reiches,
der beleidigte Mann, kehrte bald wieder zu der dem Unschuldigen eigenen
Ruhe und Würde zurück. »Ja, Pizarro,« sagte er zu ihm, »ich weiß
meine Lage, erfülle die Befehle des Kaisers im Osten, aber halte mich
nimmermehr für einen Schwächling, noch Verbrecher.«

»Nimm meine Bedingungen an und du wirst der bevorzugte Vasall des
großen Königs, Karls V., sein und deine ewige Erlösung finden.«

»Ich, Tributpflichtiger eines räuberischen Königs und Anhänger eines
Gottes, den ich nicht kenne, dessen Söhne *ihr* aber seid!!...«

»Gotteslästerer, erzürne nicht die Strahlen, die schon in seiner
Rechten zucken.«

»Einst, eines Tages, hielt ich dich für einen Sohn der Sonne und für
meinen Bruder; aber nein, du stammst nicht von der Sonne, du wirst von
der schwarzen Hölle stammen.«

»Ich gebiete den Strahlen, ich bin unverwundbar. Fordere nicht meinen
Zorn heraus.«

»Ruhig kann ich deine Anmaßung beschimpfen.«

Trotz seiner wilden Gemüthsart ließ Pizarro den Inka in Mitten
des Taumels zurück, und schritt, um sich mit seinen Gefährten zu
vereinigen, zur endgültigen Inangriffnahme seiner Pläne. Ocollo,
die den Erfolg vernahm, überließ sich dem tiefsten Schmerz und
den heftigsten Thränen. »Ich,« wiederholte sie, »soll mich den
barbarischen Liebkosungen deines Zerstörers hingeben, und soll dich
das Verbrechen, deinen Gott und dein Vaterland zu verrathen, beweinen,
oder dein Blutgerüst sehen....« Und ihr Angstgeschrei drang bis zum
Himmelsgewölbe.... Augenblicklich gewahrte man im Lager die unverhoffte
Veränderung, die sich wie ein Lauffeuer der Stadt mittheilte. »Der
Loskauf ist grausam übertreten worden,« war der allgemeine Ruf, der
in Cajamalca und im Heere ertönte.... Vericochas und Huascar hatten,
obschon sie nicht im Vertrauen schliefen, ebensowenig einen so
verhängnißvollen Ausgang erwartet, und sie marschirten, wenngleich
sie die Gefahr kannten, welche sie bedrohte, auf Pizarros Zelt zu
und offenbarten ihm ihr Erstaunen; aber der Eroberer ertheilte
unabänderliche Befehle.

Sehnsüchtig suchte Coya ihren Almagro, indem sie ihn einen treulosen
Verführer nannte.

»Ja, du und deine Gefährten,« sagte sie zu ihm, »seid Söhne des
Verbrechens. Warum hast du deine Liebe an ein unschuldiges Herz
verrathen? Warum hast du mich dem Cultus dieser Gottheit, welche ich
anbete, entrissen, um das Glaubensbekenntniß an einen Gott abzulegen,
der die Bösen beschützt? Ah! wenn wir eure vernichtenden Waffen hätten,
ihr müßtet entsetzt in euer höllisches Klima fliehen, wir entrissen den
Inka euren Armen und das leuchtende Gestirn würde wieder ruhig glänzen!«

»Nein, geliebte Coya....«

»Grausamer, und du wagtest noch von Liebe mir zu reden! Dein Bild hab’
ich bereits aus meinem Innersten gerissen, worinnen es wie ein Vulkan
erglänzte auf beschneiten Gipfeln.«

»Höre mich, Coya, und vielleicht verdiene ich dein Mitleid. Ich bin
gefühlvoll wie wenn ich in diesem Reiche geboren wäre, ein günstiges
oder widriges Schicksal aber hat mich unter meinen Gefährten auf diesen
Boden geführt. Ich sah dich, liebte dich, vergötterte dich, und umsonst
hätte ich ihnen meine Liebe verbergen wollen; sie wußten, daß in dem
Herzen eines Geliebten niemals ein Geheimniß mit seiner Angebeteten
Platz hatte, und behutsam verbargen Luque und Pizarro ihre Pläne vor
mir; noch habe ich etwas über die Mittheilungen mit unserm Kaiser
gewußt; nichts, Coya, noch habe ich, da ich mich mit deiner Liebe
begnügte und deine Liebe mein Weltall war, etwas zu erfahren versucht.«

Coya, welche niemals die Leidenschaft, die ihr Almagro eingeflößt
hatte, zu ersticken vermocht hätte, fühlte beim Anhören seiner
Betheuerungen ihren Zorn schwinden, und süße Thränen, die gegenseitig
an ihren Wangen herunterirrten, bewiesen die Arglosigkeit der beiden
gefühlvollen Seelen.

Das feindliche, unter Waffen stehende Lager nahm einen bedrohlichen
Anblick an; Atahulpa hielt seine Ruhe aufrecht: Er stieß tiefe Seufzer
aus, und Vericochas und Huascar flogen unermüdlich von Pizarros Zelt
zu dem des Inkas und bemühten sich umsonst, Vergleiche herbeizuführen.
Von den Pflichten als Vasall, von seinem Ehrgeiz, seiner Liebe und
seinem Fanatismus getrieben, konnte Pizarro in Nichts von den zuletzt
vorgeschlagenen Bedingungen nachlassen. Atahulpa vermochte weder den
Liebkosungen Ocollos zu entsagen, noch sein Vaterland, noch seinen
Gott zu verrathen und der Austrag der Unterhandlungen konnte nur ein
grausamer Abbruch sein.

Vergebens flehte Ocollo, in einen Thränenstrom gebadet, vielleicht zu
Füßen Pizarros knieend, sein Erbarmen an und bejammerte ihre Leiden.
»Wenn es gewiß ist, daß du mich liebst, werden meine Seufzer deine
Brust durchdringen und dein Mitleid regen. Du weißt es, du, der du von
einem mächtigen Gott abstammst, du weißt, daß Schwüre heilig sind, und
ich habe vor diesem Gott, der uns erleuchtet, meine Liebe Atahulpa
zugeschworen. Ueberbringe dieses kostbare Gold dem König im Osten,
aber laß diesem unglücklichen Reiche seinen Frieden und seine Wonne.«
»Ocollo,« wiederholte Pizarro, »ich bitte dich und bitte den Inka, wenn
ich dich seinen Armen entreißen, wenn ich diese schwachen Besitzungen
mit Feuer und Schwert überziehend, sie das Kreuz anbeten und sich vor
der Macht des Königs im Osten niederwerfen lassen könnte.«

Alles war umsonst, als der edle Almagro majestätischen Schrittes sich
seinem Gefährten näherte.

»Pizarro,« sagte er in strengem Tone zu ihm, »ich hatte dich bereits
gewarnt, daß ich eure Zurückhaltung kannte, aber niemals hätte ich
geglaubt, daß meine Gefährten ein überlegtes Verbrechen zuließen.
Wenn ihr unsere Pflichten nicht damit für erfüllt hieltet, dem König
von Castilien die Schätze von dem Loskauf des Inkas darzubieten,
wozu schwurt ihr in Christi Namen, die hochheiligen Uebereinkünfte
zu bewahren? Nicht der Verwüstung halber suchen wir entlegene
Himmelsstriche auf; um Tributpflichtige der Krone Spaniens zu machen,
um die Völker aus der Dummheit herauszuziehen und das Evangelium zu
verbreiten, erschloß unser gnädige Gott uns die Wogen der ungeheuren
Meere und führte uns in diese entlegenen Himmelsstriche.«

»Die Fahne Christis,« wiederholte Pizarro, »soll auf den Trümmern des
Reiches wehen.«

»Verwüstend und Schrecken verbreitend, können wir wohl Tributpflichtige
des Königs von Castilien, aber keine Anbeter Jesus machen: Die Liebe
verleiht uns den sichersten Triumph. Was werden sich die unschuldigen
Indianer für einen Begriff von dem ewigen Gott der Gerechtigkeit
machen, wenn vor unsern Schritten Gewaltthat, Verbrechen, Ruchlosigkeit
einhergehen? Wie sollen sie das Christenthum umarmen, wenn Christen
ihre Zerstörer sind? Gieb den Inka frei, wir werden in seinem Reiche
bleiben, wir werden den Peruanern die süße Moral Jesus einflößen,
indem wir sie mit Kunst und Wissenschaft erleuchten, sie die Würde des
Menschen erkennen lassen und uns, zu ihrem Heil gereichend, zu ihren
Brüdern machen.«

»Du bist nicht mehr der kriegerische Almagro, du bist ein schwacher, in
den Armen der Liebe schlafumfangener Jüngling.«

»Ich bin der kriegerische Almagro, nicht der grausame Pizarro; ich bin
ein gefühlvoller Mensch, der das Verbrechen verabscheut, aber freudig
in Kampf und Tod geht.«

»Ich bin der Statthalter von Peru.«

»Ich umgürte das schützende Schwert der Unschuld.«

Schon zogen die beiden Krieger wüthend ihre Degen, als Luque, der nicht
weit davon dem erbitterten Streite zuhörte, mit einem Cruzifix in den
Händen dazwischen flog. Feuer sprühten die Blicke der beiden erzürnten
Spanier, aber als Luque (wir sind im sechszehnten Jahrhundert) das
Kreuz erhob, legten sie demüthig ihre Waffen, die Racheblitze sprühten,
nieder. Eine starre Betäubung folgte der Wuth und Luque überwand den
Zorn. »Euer Gott,« rief er aus, »wird so ein schwarzes Verbrechen nicht
verzeihen; er führte euch an diese Gestade, um die Anbetung des Kreuzes
auszubreiten, und böse, nur für schwache Leidenschaften empfänglich,
kreuzt ihr die Waffen, und die Götzendiener sollen lächelnd zusehen,
wie ihr, statt den Triumph Jesu Christis herbeizuführen, euch selbst
zerfleischt.«

Obschon das Zelt Atahulpas, von einer gewaltigen Wache umgeben, dem
Verkehr der Indianer offen blieb, und Atahulpa, Huascar und Vericochas
mit der größten Ruhe an die Rettung des Reiches dachten, erkannten sie
am Ende doch die traurige Zukunft, welche ihm vorbehalten war. Huascar
und der Priester fürchteten für den Inka, und der Inka zweifelte,
nur um die Zukunft seines Reiches besorgt, nicht, daß sein Schicksal
bereits entschieden war. Vergebens schlugen sie Pizarro verschiedene
Vergleiche vor, vergebens boten sie ihm unermeßliche Summen Goldes als
jährlichen Tribut für den König im Osten an, aber nimmermehr ihm Ocollo
auszuliefern und noch weniger den Sonnencultus aufzugeben.

Huascar sah, da es nicht genügte, alle Mittel, welche die Klugheit
gebot, zu erschöpfen, das Unabwendbare, zu den Waffen zu greifen, ein,
und er marschirte nach Cajamalca, um seine Krieger zu ermuntern und
ihnen zuvorzukommen. Trotz aller Politik Pizarros waren die Beziehungen
zwischen den Indianern und Spaniern viel zu rege gewesen, als daß am
Ende die Bewohner jener Gegenden nicht mit den von Osten Gekommenen
vertraut geworden wären, und als daß sie nicht einen Theil von jener
frommen Scheu, welche sie ihnen anfänglich einflößten, verloren hätten;
die Wirkungen der Feuergewehre und der Artillerie jedoch waren noch
außer ihrer Fassungskraft, der Knall des Schießpulvers war ihnen noch
immer unbegreiflich, und dennoch maßen die Eindringlinge ihre geringen
Streitkräfte mit der ungeheuren Macht des Reiches.

War es Ueberstürzung der Peruaner oder nicht, das Gold zum Loskaufe
auf den Lagerplatz herbeizuschaffen, so war es unter den Umständen,
zu denen man gekommen war, schon sehr schwierig, es, so sehr sie
auch Pizarro hiezu einlud, wieder wegzufahren, weil der große König
im Osten das Abkommen, ohne die Zusätze, welche wir angegeben haben,
nicht gebilligt hätte, und die Peruaner sich ebensowenig um solch einen
Schatz bekümmerten, der, so unermeßlich er auch für die Eindringlinge
wäre, dem Reiche ziemlich verächtlich war. Wie wir bereits angezeigt
haben, war alles Zustandekommen unmöglich. Pizarro hatte unter dem
Schutze von Atahulpas Namen einen großen Theil des Goldes des Reiches
in seinen Zelten vereinigt; seine Soldaten sehnten sich, da es dem
Anführer ebenfalls paßte, wenn es in den nahe gelegenen Colonieen
in Umlauf gesetzt würde und sein Ruf durch die ganze Welt flöge,
damit neue Auszügler seine Streitkräfte vermehrten, schon nach dem
Augenblicke, die neue Beute zu vertheilen, und Alles trug dazu bei,
daß man beim Schall von Trommeln und Trompeten eine Verordnung bekannt
machte, wonach man den Waffenstillstand für beendigt hielt, und, mit
alleiniger Ausnahme Ocollos, die in Begleitung von zehn Peruanern in
das spanische Lager gehen durfte, den Verkehr der Lager abschloß.

Zu allen Zeiten wird man die Rechte der Vernunft und der Gerechtigkeit
nicht in den Heeren zu suchen haben, Allen ist das Recht der Stärke
überlegen; aber im sechszehnten Jahrhundert, als der Papst Alexander
die Verleihung der neuen Festländer den jeweiligen Monarchen gab,
da politische oder nutzbringende Gründe der römischen Curie es so
verlangten; als Diejenigen, welche nicht an das Kreuz glaubten,
ungeheuer auf Erden waren, die mit Schwert und Feuer ausgerottet
werden mußten; als man die unschuldigen Bewohner der neuen Welt für
nicht einmal zum menschlichen Geschlechte gehörige Wesen hielt, machte
Pizarro eine seinem Jahrhundert überlegene großmüthige Anstrengung,
indem er veröffentlichte, daß der Waffenstillstand beendigt sei und die
Feindseligkeiten von Neuem ausbrächen, eine Großmuth, welche in der
Geschichte die unermeßliche Beute beschönigt hat, die ihnen die falsche
Kriegslist von dem Loskaufe einbrachte.

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 13.

                               Atahulpa.


Nach dem Ausbruch der Feindseligkeiten und der Räumung des spanischen
Lagers war die dringendste Nothwendigkeit, zur Vertheilung des
Schatzes unter die Eindringlinge zu schreiten. Wir bitten hier den
Leser um Nachsicht, wenn wir einen im Tempel von Cuzco vorgefundenen
peruanischen Text buchstäblich wiedergeben und ihn von Neuem daran
erinnern, daß sich unsere Geschichte auf das sechszehnte Jahrhundert
bezieht. Die ersten Strahlen der Sonne ergossen sich über die Spitzen
der Anden, und Luque, mit den Zierden seines Gottes bekleidet und den
Namen Jesus anrufend und seine Gnade erflehend, las eine feierliche
Messe, um die Früchte der Ruchlosigkeit zu vertheilen. Der Gott der
von Osten Gekommenen ist ein nach Gold lüsterner Gott im Munde seiner
Diener.

Ohne Willens zu sein, uns über diesen gottlosen Text aufzuhalten,
sagen wir, um mit unserer Geschichte übereinzustimmen, daß man
zur Vertheilung des Schatzes schritt; daß man, einige kostbare
Manufakturwaaren für ihn aufbewahrend, gewissenhaft einen Fünftel
für den König von Spanien trennte. Uebermäßige Summen wurden unter
Pizarro und seine Befehlshaber vertheilt und erst noch jedem Soldaten
fünfzehntausend harte Thaler[4] gegeben. Nein, niemals hat die
Geschichte ein anderes Beispiel eines so schnellen durch Militärdienste
erworbenen Vermögens dargeboten, noch wurde unter ein so geringes Heer
so reiche Beute vertheilt.

[4] Peso fuerte = 5 Frs.

Es würde vielleicht scheinen, daß, nachdem der Ehrgeiz der Abenteurer
befriedigt war, sie nur daran dachten, sich in ihr Geburtsland
zurückzuziehen, aber Pizarro, welcher das Ergebniß, das die Vertheilung
und die frühere Beute sehr wohl haben konnte, voraussah, war staatsklug
genug, den Folgen vorzubeugen. Während er sie der Leichtigkeit des
Triumphes versicherte, rührte er ihren Ehrgeiz, indem er ihnen die
Schätze schilderte, welche Cajamalca und Cuzco bergen mußten, wenn sie
so leicht den des Lösegeldes Atahulpas zusammengebracht hatten, und
die Edelsteine, welche die Gebirge einschlossen und die Ströme mit
sich führten. Luque erinnerte sie unermüdlich mit Begeisterung an die
Pflichten der Anbeter Jesus, und die Seelen der Spanier erweiterten
sich bei der Betrachtung, daß sie die Fahne des Kreuzes auf den
Trümmern des Reiches aufpflanzen würden. Die Tapferkeit, der Ehrgeiz,
der Fanatismus, die Furcht vor der strengen Mannszucht Pizarros, trug
dazu bei, daß sich die kurze Abtheilung in Nichts zergliederte und daß
sie unverzagt in den Sieg zogen.

An ewige Kämpfe gewohnt, brachte Pizarro viele Tage in einer
Unthätigkeit zu, die er für beschämend hielt, und er sehnte sich nach
dem Augenblick, von Neuem den Degen zu schwingen, um sich die Lorbeern
aufzusetzen. Andrerseits gewahrten sie in der Stadt einen gewissen
kriegerischen Anblick, und sie zweifelten nicht, daß sie den Inka immer
noch zu retten beabsichtigten oder unter allen Umständen zum Bruche
kommen wollten. Die Spanier ihren Theils hofften ebenfalls, die Mauern
Cajamalcas zu Grunde zu richten, und der Krater des Vulkans erbebte
schon bei dem dumpfen Getöse des Feuers, das in seinem Innern brannte.

Luque, ein merkwürdiger Fanatiker, hatte, wiewohl umsonst, dem Inka
schon tausendmal die Vorzüge des Christenthums dargelegt, und als er
bereits zu erkennen anfing, daß es nicht möglich war, Atahulpa von
seinem falschen Glauben und von seiner Götzendienerei abzubringen,
bereitete er im Geiste den düstern Scheiterhaufen der Inquisition
vor, worauf er diese gottlose Seele dem Teufel überliefern sollte.
Pizarro und Luque gingen in ihren Entwürfen stets einig, weil, wenn
von fremdartigem Charakter, ihre Gemüthsstimmung dieselbe war. Zu
wiederholten Malen hatte der Diener Christis den General gebeten,
den Inka endgültig zu nöthigen, das Christenthum zu umarmen, und da
die Schätze von dem Loskauf gesichert waren, konnte nichts mehr die
Ausführung des Vorhabens verhindern.

Wirklich ging Luque im Namen Pizarros selbst in das Zelt des Inkas und
erklärte ihm feierlich, daß, wenn er nicht das Christenthum umarmte
und sich zum Tributpflichtigen des großen Königs im Osten erklärte, er
sich dem Ausspruch eines Kriegsgerichtes zu unterziehen hätte, der ihn
als Ketzer und als Majestätsverbrecher verurtheilen würde. Ruhig, aber
wehmüthig, hob Atahulpa die Augen zum Himmel auf und rief schmerzlich
aus: »Oh, du gerechter Gott! Und also wirst du dein Reich verlassen
und also werden die Gerechten seufzen!« Vergebens wandte Luque Bitten
und Drohungen an; der Inka antwortete, daß er bereits sein Schicksal
kannte, daß er sein Leben auf einem Blutgerüste aushauchen würde, daß
er aber niemals zum Verräther an seinem Vaterlande würde, noch zum
Abtrünnigen des leuchtenden Gestirns, das er anbetete.

Nachdem die Hartnäckigkeit des Inkas, welche mit seinem Plan so sehr
übereinstimmte, von Pizarro erfahren worden, befahl er, die vornehmsten
Offiziere seiner kurzen Abtheilung zusammen zu berufen, und in
voller Berathung wurde Atahulpa als Ketzer und Majestätsverbrecher
angeklagt. Soto, Benalcazar, Ojeda, Mendoza, Luque, Pizarro, alle,
alle verurtheilten sie ihn, den Unglücklichen, einmüthig zum Feuertode,
und einzig Almagro vertheidigte kräftig die Rechte der Unschuld und der
Gerechtigkeit. Der Widerspruch war heftig, aber der Tod des Inkas war
beschlossen und Almagro mußte nachgeben. Die Macht jedoch, welche das
Gerechtigkeitsgefühl in seinem Herzen hatte, und die Anerbietungen, die
er Coya machte, brachten ihn sogar dazu, seine Waffe zu ziehen und den
Bürgerkrieg in dem spanischen Lager anzufachen, weil er ebenfalls auf
Anhänger rechnete; aber Luque, wenn er im Namen des Himmels sprach,
erfreute sich einer zauberhaften Gewalt über die Seele Almagros, weil
er als Ritter des sechszehnten Jahrhunderts am Ende doch fanatisch war.

»Almagro«, sagte er zu ihm, »die Wege des Herrn sind unerforschlich,
er will es, und Atahulpa wird, wenn nicht durch die Wucht der
spanischen Waffen, so doch am Feuer der Strahlen, welche er über
dessen Haupt schleudert, sein Leben beendigen. Der Inka ist ein
verblendeter gottloser Ketzer, dieses ausgedehnte Reich gehorcht blos
den Einflüsterungen des bösen Geistes, und die Fahne Zions soll auf der
ganzen Erde wehen.«

Almagro gab endlich nach, der Fanatismus hatte von jeher mehr Gewalt,
als die Unschuld und Tugend; und der Rath verurtheilte, obschon
sich Almagro zu stimmen enthielt, den Inka zum Tode. Aber als
Majestätsverbrecher sollte Atahulpa sein Leben damit enden, erschossen
zu werden; doch Luque stritt das Opfer ab, und da man das Verbrechen
der Ketzerei noch für größer hielt, sollte er auf dem Scheiterhaufen
der Inquisition verbrannt werden. Wirklich wurde, welch’ ein Greuel!
der Urtheilsspruch: »Als Ketzer und Majestätsverbrecher soll der Inka
Atahulpa angesichts des Heeres verbrannt werden.« unterzeichnet.

Ocollo, welche die spanischen Zelte betreten durfte, damit Pizarro
seine unzüchtigen Blicke an ihr sättigen konnte, war es, die
die Mittheilungen zwischen Atahulpa und dem Rathe von Cajamalca
aufbewahrte, und die, um den Inka zu retten, vergebens ihr Wehgeschrei
bis zur Sonne erhob. Sie war eben daran, ihn in seinem Unglück
zu trösten, als der gefühllose Soto dem Herrscher von Peru das
Todesurtheil zu melden kam. Wer vermöchte die Lage und die Seufzer der
beiden unglücklichen Gatten zu schildern!

Vielleicht, daß die Betrübniß Ocollo Kraft verlieh, denn sie sandte die
traurige Nachricht nach Cajamalca, und flog, um Pizarro aufzusuchen.
In einem Meer von Thränen zu seinen Füßen knieend, flehte sie ihn bei
der Sonne und beim Kreuze an, sich ihrer Leiden zu erbarmen, an ihren
Qualen theilzunehmen und auf das Mitleid zu hören.... Pizarro jedoch
hob sie ruhig in seine Arme, »Du, Ocollo«, sagte er zu ihr, »du kannst
ihn retten«.

»So unauslöschlich, so heftig ist die Liebe, die du in mir
entzündetest, daß in dir allein seine Rettung liegt. Ergieb dich meinen
Schmeicheleien....« Zitternd betrachtete die Unglückliche den Helden
bald mit Entrüstung, bald warf sie sich ihm zu Füßen, bald war sie
in tiefer Betäubung ein Opfer heftiger Zuckungen. Alles war umsonst,
Pizarro in seiner Raserei war bei Thränen unempfindlich.

Ocollo kehrte nach dem Zelte Atahulpas zurück. »Nein«, sagte sie zu
ihm, »weder meine Liebe, noch meine Schwäche, noch mein Gott erlauben
mir, es an der ehelichen Treue fehlen zu lassen; es wäre denn, um mich
den barbarischen Liebkosungen Pizarros zu ergeben, so hätte ich die
Fesseln, die dich bedrücken, schon gesprengt«.

»Oh!« rief der Unschuldige aus, »und zitterst du nicht davor, diese
abscheulichen Worte auszusprechen.«

»Ja, Atahulpa, komm mit deiner Hand an meinen Busen, du wirst seine
Erregung sehen. Aber noch verdiene ich deine Liebe, noch bin ich
würdig, dich zu retten, gewähre die letzte Bitte. -- Ich werde mich
dem Unmenschen ergeben, werde deine Ketten brechen, und werde auf die
Spitzen der beschneiten Anden fliehen, und werde mich in die Fluthen
stürzen, und dort meine Schande begraben; aber ich werde Atahulpa
retten.«

»Gottlose,« rief der Inka aus, »und du erdreistest dich, mir so einen
schimpflichen Vorschlag zu machen!... Die Flammen sollen mir ein
Bett von Blumen sein.« Es war ein Jammern und Wehklagen, aber die
Tugendhaftigkeit flößte ihnen zeitweise Ruhe ein.

Pizarro, der vor Liebe brannte und der den edlen Stolz Atahulpas sah,
blieb, um sich an der Schönheit Ocollos zu ergötzen, kein anderes
Mittel, als die Gewaltthätigkeit übrig. Vor Raserei toll geworden,
in seinen Hoffnungen genarrt, würde er die Schöne mit Gewalt an sich
gerissen haben, wenn Luque ihm nicht in des Himmels Namen nachdrücklich
sein Verbrechen zu erkennen gegeben hätte. Doch die Augenblicke
entflohen und das Urtheil mußte, um sich des Inkas zu entledigen und
Cajamalca angreifen zu können, vollzogen werden. Auf Pizarros Befehl
ging Soto in das Zelt Atahulpas hinüber, um Ocollo hervorzuholen und
nach der Stadt zu führen. Soto sagte ihr blos, daß der General sie zu
sprechen wünschte, und der Inka erinnerte sie mit Bestimmtheit an die
hochheiligen Pflichten eines Weibes. Als er sie bereits aus dem Zelte
Atahulpas hervorgeholt hatte, schärfte er ihr auf das Genaueste ein,
nach der Stadt zu gehen, da es ihr bereits ebensowenig erlaubt war,
die Zelte der Spanier zu betreten. Die Schöne wollte in Mitten ihres
Taumels bald von Neuem zu Füßen Pizarros, bald an die Seite ihres
Gatten fliegen und auf seinem gleichen Blutgerüste sterben, bald brach
sie in gerechte Verwünschungen gegen die von Osten Gekommenen aus; aber
gefühllos bei den Qualen Ocollos, riß sie Soto heftig nach Cajamalca
fort.

Als Ocollo sich in der Rathsversammlung vorstellte und alle die
Einzelheiten des Urtheils des Inkas berichtete, glänzten Entrüstung und
Tapferkeit in den Augen der arglosen Peruaner, und sich zum Kampfe zu
rüsten und auf dem Schlachtfelde umzukommen, oder den Inka zu retten,
war der allgemeine Ruf, der in Cajamalca widerhallte. Coya hoffte immer
noch auf das Versprechen ihres Almagros, und sie flehte zu ihrem neuen
Gott, er möchte gerecht sein, damit sie ihn liebte.

Sowie Ocollo aus dem Zelte des Monarchen heraustrat, ging Luque, der
von seinem Fanatismus getrieben, dem Schuldigen mit dem heiligen
Abendmahl beistehen zu müssen glaubte, den Inka zu besuchen. »Der
Augenblick ist angelangt,« sagte er zu ihm, »dein Tod ist beschlossen
und das Urtheil ist unabänderlich.«

»Ich weiß es, Priester, ich bin bereit; ich bin unschuldig, ich war
gerecht und fürchte nichts von dieser strahlenden Sonne, die uns
erleuchtet.«

»Tausendmal habe ich dir dargelegt, daß die ewige Erlösung nur im
Christenthum zu finden ist, daß der höllische Geist dich in der
Ketzerei verblendet und daß der wahrhaftige Gott dir durch meinen Mund
befiehlt, in seine Arme zu eilen und die Götzendienerei aufzugeben.«

»Dieses erhabene Gestirn,« sagte er, die Sonne betrachtend, »ist der
wahrhaftige Gott, er verbreitet die Glückseligkeit über die Erde und
belebt das Weltall; jener ist mein Gott und jener wird meinen Geist
empfangen.«

»Halte dich an die Gnade Jesu Christis.«

»Dein Gott kann kein Erbarmen haben, da du sein Priester bist.«

»Wehe dir, Atahulpa, wenn du in Sünde stirbst.«

»Ich bitte dich darum, Luque, gehe zu deinen unmenschlichen Gefährten,
sage, sie sollen meine Hinrichtung vorbereiten, aber laß mich ruhig
sterben, plage mich nicht mit deinem düstern Fanatismus, bis ich meine
müden Augenlider schließe.«

»Du wirst als Ketzer in den Flammen sterben und in den Flammen wirst du
deine ewige Pein finden.«

»Mein Geist ist ruhig.«

Brüllend vor Wuth ging Luque und legte seinen Gefährten die gottlose
Hartnäckigkeit des Inkas, seine Lästerungen, seine Frevelthaten und
seine Ruchlosigkeit dar. Alle schwuren ihm ihren Abscheu zu und der
Scheiterhaufen wurde vorbereitet, um, wie Luque sagte, diesen Hund zu
verbrennen. Das spanische Lager stand inzwischen unter Waffen, wenn
aber Alle mit Entrüstung die Gottlosigkeit Atahulpas ansahen, so gab
es doch noch gefühlvolle und edle Spanier, welche die Ungerechtigkeit
seines Todes kannten und Almagro rechnete auf Anhänger.

Wohl wußte Pizarro, daß die Fackel der Zwietracht in seinem Lager
brannte, er verhielt sich aber klug und fuhr beständig in der
Ausführung seiner Pläne fort.

Das Urtheil sollte schon vollzogen werden und ein großer Scheiterhaufen
brannte angesichts Cajamalcas und der Eindringlinge, als hundert
Bataillone schneller, tapferer Peruaner hervorbrachen, um unter
den Waffen der von Osten Gekommenen den Tod zu suchen, oder ihren
unglücklichen und angebeteten Herrscher zu retten. Pizarro erkannte
die Gefahr und bereitete sich muthig zum Kampfe vor. Soto bewachte mit
hundert auserlesenen Männern den Inka und die Schätze, und Pizarro an
der Spitze der vierhundert Uebrigen erwartete ruhig den überflutheten
Strom, der ihn bedrohte. Da die Peruaner mit der Kriegsführung und
den Waffen der Spanier durch den mit ihnen gehabten Verkehr ein wenig
vertraut geworden waren, die fromme Verehrung, die sie ihnen eingeflößt
hatten, größtentheils verloren gegangen war und sie vor Rachedurst
brannten, konnte der Kampf nicht umhin, zweifelhaft, blutig und
hartnäckig zu werden.

Wie ein Strom stürzten sich die Peruaner über die spanischen Lanzen
her, und obschon das Feuer der Kanonen und der Hackenbüchsen die
Reihen lichtete, fielen sie tapfer, ergriffen aber nicht die Flucht;
sie erholten sich wieder, luden von Neuem und horchten auf die Befehle
des beherzten Huascars. Obwohl Almagro und seine Anhänger wußten, daß
ihnen kein anderes Mittel blieb, als Sieg oder Tod, kämpften sie jedoch
nicht auf das Aeußerste und noch weniger flößten sie Pizarro Vertrauen
ein. Der Kampf war hartnäckig, das Geschrei der Verwundeten und der
Anstürmenden mit dem Donner der Kanonen hallten fürchterlich; die
vierhundert Spanier waren ebensoviele Helden, aber bereits waren einige
unterlegen, indeß vielleicht die Peruaner Verstärkungen aus der Stadt
zuzogen. Pizarro erkannte das Mißliche seiner Umstände und er befahl
Soto, Atahulpa zu erschießen und mit den hundert auserlesenen Soldaten
zu laden.

Ruhig fiel der Inka vor der Sonne auf die Kniee nieder. »Du willst es,«
rief er aus, »wohlthätige Gottheit, ich werde in deine himmlischen
Wohnungen eingehen, aber den Untergang oder den Sieg deines Reiches
werde ich nicht mit ansehen.« Im Augenblick fiel er als ein Opfer des
brennenden Bleies und Soto lud wüthend in dem Kampf. Schon gaben die
Peruaner nach, und mit der Ankunft der neuen Streiter erklärte sich der
Sieg und sie flohen nach der Stadt. In dem Getümmel der Schlacht suchte
Almagro, die Gefahren verachtend, sehnsüchtig seine angebetete Coya,
um sie vor den Streichen irgend eines Unmenschen zu schützen. »Ah!
Treuloser,« sagte sie zu ihm, als sie ihn sah. »Ich bin unschuldig,«
wiederholte ihr der Krieger, »ich verehre dich,« und sie mit seiner
Waffe schützend, suchte Coya umsonst den Tod zu geben, noch ihn zu
empfangen.

Endlich siegte Pizarro; die Peruaner schlossen sich, aber erst nachdem
sie sich mit Muth und Verzweiflung geschlagen hatten, in den Mauern
Cajamalcas ein. Der Kampfplatz war mit Indianerleichen übersäet, aber
auch die Spanier erlitten, trotzdem sie sich mit ihren Panzern vor
den schwachen Waffen ihrer Feinde bedeckten, einige Verluste; sieben
Todte blieben auf dem Schlachtfelde, drei wurden als Gefangene nach
der Stadt fortgeschleppt und viele Verwundete waren kampfunfähig. Die
in ihrem Blute geröthete Leiche des Inkas besänftigte den Zorn des
fanatischen Luques nicht; noch brannte der Scheiterhaufen, worauf er
hätte aushauchen sollen, und sein Leib wurde, weil er in Ketzerei und
Sünde gestorben war, in die Flammen geworfen und seine Asche, als
der Bestattung unwürdig, dem Winde übergeben. Der Inka Atahulpa war
das erste Opfer, welches der Fanatismus des sechszehnten Jahrhunderts
an den Küsten des südlichen Meeres vor seinen schwarzen Altären
opferte, und mit seinem berühmten Namen eröffnete sich das peruanische
Märtyrerthum.

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 14.

                              Cajamalca.


Obschon sich die Peruaner mit der einem Volke eigenen Verzweiflung
schlugen, das für seine Gesetze, seine Reichthümer und seine Götter
kämpft, war ihre Niederlage dennoch eine vollständige und sie
flohen bestürzt, um sich in den schwachen Mauern einzuschließen;
das Schlachtfeld wurde mit Leichen bedeckt und tausend Gefangene
geriethen in die Gewalt der Sieger. Verstellung war bereits unmöglich;
der Augenblick der Entzweiung war angelangt und das Gold und das
Blut sollten von einer Welt zur andern fließen. Die fanatischen und
ehrgeizigen Eindringlinge hatten ebensowenig eine andere Zuflucht,
als Sieg oder Tod, und die Schlacht von Cajamalca bekäme einen neuen
Zeitabschnitt.

Kämpfend, oder um besser zu sagen, seine angebetete Coya schützend,
wußte Almagro nichts von dem Tode des Inkas, und als er seinen Leichnam
sah, durchschaute er endlich die Zurückhaltung seiner Gefährten
gegen ihn; aber wenn er, von dem Fanatismus seines Jahrhunderts
beherrscht, die Anklagen seiner Angebeteten fürchtete, bedauerte er
vielleicht das Schicksal des hartnäckigen Götzendieners nicht. Die
dunkeln Anforderungen des sechszehnten Jahrhunderts mußten erfüllt
und die Gefangenen zu Boden geschlagen werden, und der Leichnam
des Inkas wurde unter traurigen Bräuchen auf den noch brennenden
Scheiterhaufen geworfen. Wie ein Rasender lief Luque mit dem Cruzifix
in den Händen die Reihe der Gefangenen ab, indem er sie ermahnte, das
Kreuz anzubeten; ein unwiderruflicher Befehl verurtheilte denjenigen,
der das Wasser der Taufe nicht empfinge, zu ewiger Knechtschaft und
die bestürzten Gefangenen bogen dem Priester ihren Nacken, um das
erlösende Wasser zu empfangen, und indessen verbarg sich die Sonne
trüb und düster zwischen leichten Wolken, und ihre Anbeter warfen
ihre zitternden Angesichter auf die Erde nieder, und vielleicht ihren
Zorn befürchtend, brachen einige von feurigerem Blute in furchtbare
Verwünschungen gegen den Gott der von Osten Gekommenen aus, und sie
wurden in die Flammen geworfen und ihre Asche dem Winde übergeben, und
weder Pizarro noch der wüthende Luque waren Verbrecher, weil es ein
Verbrechen ihres Jahrhunderts war.

Da die Feindseligkeiten bereits mit aller Wuth ausgebrochen, sehnten
sich die Abenteurer nach dem Augenblicke, Cajamalca anzugreifen und
das Reich zu beherrschen. Der Eroberer glaubte, daß weder den Großen
noch dem Volke etwas von den blutigen Auftritten auf dem Schlachtfelde
verborgen bleiben dürfte, damit so der Schrecken seine Flügel im
ganzen Umkreise ausbreitete und er gab wirklich zehn Gefangene frei,
die voller Schrecken in der Stadt anlangten, wo man von Allem nichts
wußte. Als man den Tod des Inkas, die Verbrennung seines Leichnams, die
Knechtschaft oder die Taufe der Gefangenen, die Wuth des Schicksals
endlich, das dem Reiche drohte, erfuhr, erzitterte das Volk, und
umsonst verhielten sich die Priester ruhig, um Trost zu spenden und
demüthige Bitten an ihren Gott zu richten.

Feierliche Grabgesänge wurden in dem Tempel für den Inka und für die
in den Flammen oder auf dem Kampfplatz Gestorbenen angestimmt; aber
die niemals mit Blut gefärbten Sonnenaltäre begehrten den der drei
gefangenen Spanier, die man in der Schlacht ergriffen hatte, nicht.
Zum Tempel geführt, wohnten sie den Feierlichkeiten der Peruaner bei,
und im Namen der Sonne frug sie Vericochas nach der Herkunft ihrer
Vorfahren und nach den Beweggründen ihres Betragens. Obschon nur
einfache Soldaten, waren die Gefangenen genügend scharfsichtig, um
sich prunkvoller und räthselhafter Ausdrücke zu bedienen, welche die
Verwirrung der Peruaner vermehrten; stark genug, fürchteten sie die
Drohungen Huascars und der Krieger nicht und hielten unerschrocken
einen geheiligten Ursprung und Charakter aufrecht.

Von einem der tödtlich Verwundeten jedoch quoll das Blut in Strömen
und Todesblässe malte sich in seinen Zügen. Sorgfältig beobachteten
die Peruaner, daß das Blut das Leben jenes hinfälligen Körpers war,
sie sahen, wie ihre Waffen in sein Fleisch gedrungen waren, wie die
Beschaffenheit des Leibes der ihrigen gleich war, und sie überzeugten
sich, daß es hier nichts Uebernatürliches gab, daß die von Osten
Gekommenen auch Menschen und dem Tode unterworfen waren. Nachdem
die Gefangenen ihrer Rüstungen und Panzer entblößt worden waren,
betrachteten sie deren Herstellung und überzeugten sich, daß die Kunst
und nicht die Natur sie unverwundbar gemacht hatte, und von Tag zu Tag
verloren die Eindringlinge jene zauberhafte Gewalt, womit sie siegten,
ehe sie in den Kampf zogen.

In Thränen versunken, wagte Coya kaum, vor dem Gotte, den sie, von
einem treulosen Geliebten verführt, der ihr Geburtsland in Trauer
und Trümmer begrub, verlassen hatte, die Augen im Tempel zu erheben,
und trostlos, rührte Ocollo mit reichlichen, heißen Thränen das
Mitleid und den Zorn der Vasallen des Inkas. Vericochas erinnerte die
Peruaner an die Dankbarkeit, welche sie Gott schuldeten, und Huascar
verkündete beredt den Ruhm und die Freiheit. Oh! wenn die Peruaner auch
mörderische Waffen hätten!...

Pizarro dachte lebhaft an die Einnahme Cajamalcas, und er schickte sich
an die Stadt zu betreten, und den Bewohnern den Rückzug abzuschneiden,
damit sie die Schätze nicht mitnehmen konnten. Zweimal floh das
mächtige Heer, das ihn hätte einschüchtern können, bei dem Donner der
Kanone und den Angriffen der Reiterei. Konnten ihm tausend Gefangene,
die in ihren Zelten seufzten, hinderlich sein, so waren sie ihm für
die Führung und die Fortschaffung seiner Abtheilung gleichfalls
unentbehrlich, und er mußte sich ganz entschieden daran machen, das
Reich zu erobern, und auf den Schutz des Himmels rechnend, den Luque
verhieß, theilten die Abenteurer die ausgedehnten, üppigen Landschaften
bereits freudig unter sich.

In dem Augenblicke, als die Auszügler in San Mateo landeten und
sich der großartigen Entdeckung vergewisserten, schickten sie, ihre
Agenten um Hülfe bittend und für die Regierung Papiere übergebend, ein
Boot nach Panama ab, sie hatten aber nicht die geringste Nachricht
erhalten, noch war es möglich, daß sie mit Bestimmtheit weder auf
Verstärkung noch Mittheilungen hoffen konnten; sie mußten angreifen und
die Erfahrung sicherte ihnen den Sieg. Trotzdem, daß der Fanatismus
und die Voreingenommenheiten Almagro beherrschten, fühlte seine der
Zärtlichkeit und dem Mitleid leicht empfindliche Seele mit um so
größerer Macht die Einflüsterungen der Liebe. Zweimal war nach der
Schlacht und nachdem die Mittheilungen abgebrochen worden waren, die
Sonne im Osten erschienen, und fern von seiner Coya, war ihm das Dasein
unerträglich. Obgleich wild und vom Ehrgeiz beherrscht erinnerte sich
Pizarro ebenfalls mit Schmerzen der Reize der schönen Ocollo, und wie
ein blutdürstiger Tiger lauerte er auf die Beute, um sie zu verzehren.
Der fanatische Luque, welcher den Weg seiner ewigen Seligkeit in der
Bekehrung der neuen Welt, oder indem er die Götzendiener, welche mit
ihrer Sonnenanbetung die göttliche Majestät beleidigten, in den Flammen
umkommen ließ, offen sah, richtete ruhig seine Gebete zum Himmel, und
er war es, der sich am heißesten nach der Eroberung des Reiches sehnte.

Cajamalca mußte in seinen Mauern üppige Schätze einschließen; es
bot den Eroberern die Bequemlichkeiten, auf Verstärkungen zu hoffen
und sich zu erholen, da sie nicht nach Cuzco, der Hauptstadt des
Reiches gehen konnten, ohne daß sie zuerst Cajamalca, das ihnen
als Stufenleiter bei der Eroberung dienen sollte, einnahmen. Zwei
Nächte waren vergangen; im Lager Pizarros war es ruhig und die mit
Kriegern besetzten Mauern der Stadt schienen die Feinde zu beobachten.
Die Peruaner fanden jedoch keinen großen Vortheil dabei, Cajamalca
hartnäckig zu behaupten, und sie zogen jene kostbaren Sachen und
geschichtlichen Denkmäler oder Quipos, welche sie mit Schmerzen in den
Händen ihrer Feinde gesehen hätten, nach Cuzco zurück; das Gold aber
und die edlen Metalle waren in ihren Augen viel zu verächtlich, als daß
sie daran dachten, dieselben zu retten.

Die Dinge waren zur äußersten Entzweiung gelangt und das eine wie das
andere Lager schickte Vorposten aus, die den Feind mehr in der Nähe
beobachteten. Obschon seinem Charakter und Grade nach nicht geeignet,
lieh sich Almagro, damit es ihm leichter würde, wenigstens seine
Geliebte zu sehen, täglich zu dieser Art Dienst. Wenn die Sonne ihren
Lichtstrom ergoß, suchte der unglückliche Geliebte nahe den Mauern
ängstlich seine Angebetete und seine schmachtenden Seufzer ertönten bis
in die Umkreise der Stadt. Da eines Tages unterschied er sie zwischen
den Kriegern dort auf den Mauern und auch Coya erkannte ihren Almagro.
Ihre beredten Blicke verstanden sich und bei Tagesneige sollten sie
sich auf den Vorposten sprechen.

Der blasse Almagro sehnte den Augenblick herbei, seine Schöne zu
sprechen, denn auch er hatte seinen gerechten Zorn und seine traurigen
Seufzer. Die Stunde kam an, Coya trat mit der Bedeckung aus der Stadt
heraus und Almagro durchlief bereits ungeduldig den Kampfplatz. Sie
hatten sich bald erkannt und eine starre Betäubung bemächtigte sich
der beiden gefühlvollen Herzen. Unwillkürlich eilten sie nachher, wie
von einem unwiderstehlichen Drange hingerissen, sich zu umarmen und in
stummem und beredtem Stillschweigen warfen sie sich zärtliche Blicke zu
und erleichterten die geängstigten Herzen, als Coya, in einem Meer von
Thränen, trostlos ausrief: »Unmensch, wenn du doch zur Liebe geboren
wurdest und die Zärtlichkeit verkennst, warum hast du mich unglücklich
gemacht?«

»Coya!«

»Dort die tiefe Hölle hat euch aus ihren Höhlen geschleudert, um das
Reich zu verheeren. Die Ruhe, das Lächeln, das Glück, entflohen auf
immer von diesem Boden bei der Ankunft der von Osten Gekommenen;
wenn du nicht wärest, läge ich unter dessen Trümmern begraben, aber
nimmermehr würde ich unter so düstern Qualen seufzen.«

»Zerreiße mein Herz nicht, du weißt es, Coya, ich bin gefühlvoll und
bete dich an.«

»Und betest mich an und schwurst mir, den unschuldigen Monarchen
zu retten, und der unglückliche Inka wurde ein Opfer der Söhne des
Verbrechens, deiner Gefährten.«

»Mein Einfluß und deine Liebe wären hinreichend gewesen, um ihn zu
retten, aber die peruanischen Bataillone fielen über unsere Zelte
her, der Kampf entbrannte, vielleicht sollten wir mit fortgerissen
werden, und die Wache, welche den Inka bewachte, mußte unsere Reihen
verstärken. An deiner Seite, dich vor den tödtlichen Streichen der
Waffen rettend, erfuhr ich nichts, noch hätte ich etwas verhüten
können.«

»Und nachdem er in die Flammen geworfen worden war, übergaben sie seine
Asche dem Wind. Die adeligen Krieger, welche ermattet oder verwundet in
eure Gewalt geriethen, verließen, frevelhaft mit dem Dolche bedroht,
ihren Gott, oder wurden zu Sklaven gemacht, oder in die Flammen
geworfen, eure aber, welche vor unsern Waffen wichen, leben....«

»Ja, Coya, vielleicht ein Irrthum, aber ich bin unschuldig....
Glaube mir, das unerbittliche Schicksal hat mit unsern Waffen das
verhängnißvolle Ende des Reiches der Inkas bezeichnet; müde, die
götzendienerische Herrschaft auf Erden zu dulden, hat der gerechte Gott
den Befehl zur Ausrottung gegeben; fliehe aus seinen Trümmern, komme zu
mir in mein Lager, die Liebe wird ihr zauberhaftes Entzücken spenden.«

»Meinen wohlthätigen Gott habe ich verlassen und noch genügt es dir
nicht, ich soll mein Vaterland und die Tugend verlassen! Ah! wie sagte
mir doch mein Herz, daß deine Liebe ein schwarzer Unstern sein mußte!«

»Es wird kein schwarzer Unstern, es wird der Regenbogen der Ruhe und
des Glückes sein. Du betest meinen Gott an und in ewigen Banden werden
wir die Liebkosungen miteinander austauschen.«

»Nur durch deine Verführung verließ ich die Altäre des Gottes des
Tages, und seither zeigt er mir, bleich und trübe, vor meinen Augen
seinen Zorn an, und dies ist dein größtes Verbrechen und meine größte
Qual.«

»Von deinem Almagro verehrt, von dessen Gefährten geliebt, eile in
seine Arme, fliehe vor dem Untergang, womit der Himmel dein Land
bedroht.«

»Ich werde, ohne dem Gotte, den du mich hast anbeten heißen, undankbar
zu sein, unter seinen Trümmern begraben werden; mit den Waffen in der
Hand werde ich für die Freiheit Perus sterben.«

»Dein Wohl und meine Glückseligkeit gebieten es.«

»Nein, hoffe nicht, mich in noch größere Verbrechen zu stürzen.
Deinetwegen habe ich meinen Gott verlassen, verlasse meinetwegen deine
höllischen Gefährten; die Peruaner werden dich mit offenen Armen
empfangen, du wirst ein Held der Freiheit sein und deine Tugend wird
ewig währen.«

»Und du wagtest, Coya ... niemals ... niemals....«

Die beiden unglücklichen, zärtlich umschlungenen Geliebten vergossen
zahlreiche und heiße Thränen. »Laufe nicht dem Tode nach,« sagte
Almagro zu ihr; »Blitz auf Blitz wird über Cajamalca hereinbrechen, die
Stadt wird in Staub und Asche versinken; fliehe vor dem Tode, vermeide
die Gefahren, mögest du mich nicht in die bitterste Trostlosigkeit
begraben.«

Da die Verführung auf der einen und andern Seite nutzlos verlief,
kehrte Coya, nachdem sie über die Art und Weise, sich in der Folge zu
sehen, übereingekommen waren, nach der Stadt und Almagro nach seinem
Lager zurück.

Pizarro und Luque erkannten, daß sie nicht länger auf Nachrichten von
Panama hoffen durften, und daß Cajamalca ihnen sehr geringen Widerstand
entgegensetzen würde. Sie brachten in einer nahen Gebirgsgegend zwei
Feldstücke unter, und vierhundert Mann in verschiedenen Stellungen
ausbreitend, fingen sie an, die Stadt zu beschießen. Trotzdem es nur
Feldstücke waren; waren die Mauern und Gebäude so schwach, daß sie
die größten Verheerungen anrichteten, und nach eintägigem Feuern
hatten sie Bresche geschossen. Die Peruaner kannten die Kriegskunst,
eine Belagerung auszuhalten, nicht, ihre Waffen waren machtlos auf
Kanonenschußweite und ihre Anstrengung wäre umsonst gewesen. Huascar
lief tapfer die Mauern und die Stadt ab und ermuthigte das Heer; aber
Ausfälle gegen den Feind wären, wie es ihnen die Erfahrung zeigte,
als sie den Inka retten wollten, wirkungslos und theuer erkauft,
und Cajamalca zu behaupten, war nicht von der größten Bedeutung.
Ein ehrlicher Rückzug, der das Heer rettete, um Cuzco zu befestigen
und sich bis auf den Tod zu schlagen, wäre für das Reich das
Vortheilhafteste und der Oberbefehlshaber und der Senat ordneten auf
Mitternacht den Rückzug an.

Pizarro konnte mit wenig Leuten nicht erwarten, alle Punkte zu decken,
er hatte aber gleichwohl Vorposten, welche die Wege beobachten sollten.
Er bereitete sich vor, am folgenden Tage einen Angriff zu machen, als
er in der Nacht die Nachricht bekam, daß sich das zahlreiche Heer auf
der Hauptstraße nach Cuzco zurückzöge. Es von Neuem in die Flucht
schlagen zu wollen, konnte seine kurze Abtheilung bloß stellen, da
er nicht wußte, ob Streitkräfte, welche in der Stadt verblieben, ihn
als Nachtrab angreifen würden, und es nicht in seinem Interesse lag,
einen hartnäckigen Zusammenstoß zu veranlassen. Alles entschied ihn
dazu, den neuen Tag abzuwarten, und als bereits die Sonne die Gipfel
vergoldete, schickte er Vorposten aus, welche nachsehen sollten, ob die
Bresche thunlich war und welche die Bewegungen der Stadt beobachten
sollten. Grabesstille herrschte in den Mauern und in den Umkreisen der
Ortschaft, und es war kein Zweifel, daß das Heer und die Bewohner ihre
Wohnstätten der Willkür des Feindes preisgegeben hatten. Pizarro rückte
mit seiner Colonne heran, und ohne die geringste Erstarrung und ohne
daß sie einen Bogen schwirren, noch eine schwache Lanze drohen sah,
übersprang sie die Bresche, besetzte die Mauern, zerstreute sich auf
Plätzen und Straßen und pflanzte das triumphirende Banner Castiliens in
Cajamalca auf.

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                              Kapitel 15.

                             Knechtschaft.


Gewiß, daß keine verborgenen Streitkräfte sie bedrohten, und ihres
Sieges sicher, wurde die Stadt von den Siegern der Plünderung
preisgegeben und die Eindringlinge begingen alle dem Kriege eigenen
Verbrechen. Grausam zu Boden getreten, sahen sich die Bewohner
Cajamalcas sogar den goldenen Zierrath entreißen, der sie bedeckte;
viele waren ein Opfer der Wildheit; zarte Jungfrauen verloren ihren
Schatz, der keusche Ehegatte sah seine Ehegattin geschändet und das
Weinen und Wehklagen ertönte in den Umkreisen der Stadt.

Die Liebe, welche Ocollo Pizarro eingeflößt hatte, war kein
vorübergehendes Aufflackern, es war ein unauslöschliches Feuer, das
sein Herz quälte und seine Brust zerriß. Da er die Liebe kannte,
welche sie zum Inka hatte, glaubte er, daß sie die Nachricht seines
Todes nicht überleben würde, und sehnsüchtig frug er die Bewohner
nach derjenigen, die seine Zufriedenheit entriß, und als er mit
Bestimmtheit erfuhr, daß sie mit dem Heere floh, glänzte, durch die
Hoffnung ermuthigt, sie eines Tages in seine Arme schließen und seine
unzüchtigen Begierden sättigen zu können, ein wildes Lächeln in dessen
Augen; aber die Erinnerungen der Liebe versüßten seine Seele nicht und
vergebens flehten die Unglücklichen sein Mitleid an.

Vericochas zog gleichfalls mit dem Heere, nicht weil er befürchtete,
ein Opfer seiner Glaubenslehren im Tempel zu werden, sondern weil
Huascar, um nicht einen so unschätzbaren Schatz zu verlieren, ihn
nöthigte, sich zu retten; es wurde aber, da unter den Peruanern die
geheiligten Sachen so hoch verehrt waren, daß sie nicht begreifen
konnten, wie die Wildheit ihrer Feinde so weit ging, dieselben mit
Füßen zu treten, dem Heiligthum nichts entnommen. Nach sechsstündiger
Wuth und Plünderung gab Pizarro ein Zeichen und die Verheerungen hörten
auf, ohne daß der Tempel der Sonne, um seine Zierden zu entreißen,
geebnet worden wäre.

Noch mit dem Blute der Unschuldigen gefärbt, mit den Schätzen, welche
sie entrissen hatten, beladen, stellten sich die Abenteurer beim
Schalle der Trommeln auf, und der fanatische Luque erhob das Kreuz
in seiner Rechten und richtete sich an seine Landsleute: »Dieses
Siegeszeichen,« schrie er, »stürzte die Mauern ein und öffnete euch die
Thore der Stadt; stundenlang habt ihr Zeit gehabt, um euch den Preis
eurer Mühen zu verschaffen, einige Augenblicke sollen dazu gewidmet
werden, dem Herrn zu danken und seine Barmherzigkeit zu segnen,« sagte
er, und sich seiner Schuhe entledigend und ein großes und schweres
Kreuz auf den Achseln tragend, ging er auf den Tempel zu und befahl,
dessen Thüren zu erbrechen. Verwundert blieben die Sieger beim
Anblicke so großer Herrlichkeit und so vielen Goldes stehen, und Luque
heftete in Mitten der allgemeinen Betäubung seine funkelnden Blicke auf
das Sinnbild der Sonne und auf die Bildnisse der Gerechten, welche die
Gottheit Perus umgaben.

»Fürwahr, ihr Christen,« rief er, ohne noch von dem Kreuze, das seine
Schulter niederbog, gelassen zu haben, erglühend aus, »da habt ihr die
barbarischen Götzenbilder dieses verdammten Reiches; was haltet ihr
euch auf, richtet diese Teufelspracht zu Grunde!«

Für fromme Handlungen hörten die Abenteurer auf, Soldaten zu sein
und die Befehle Pizarros zu erwarten; es waren nichts als Fanatiker,
welche auf die Stimme eines menschenfresserischen Priesters hörten. Wie
hungrige Wölfe, wie schlecht angeschossene Tiger stürzten sie sich über
die unschuldigen Bilder her, zertrümmerten und zerrissen dieselben und
schleiften sie unter Freudengeschrei durch den Tempel. Dann pflanzte
Luque die Fahne Zions auf, gebot der gottlosen Zerstörung Einhalt, und
Feuer aus den Augen sprühend, murmelte er Teufelsbeschwörungen, um den
Satan aus jenem Raume zu verjagen, und dem Herrn der Siege dankend,
wurde ein feierliches _Te Deum_ gesungen.

Obschon die bestürzten Einwohner Cajamalcas an den verborgensten
Punkten einen Zufluchtsort gesucht hatten, verbreitete sich in der
Stadt gar bald die in dem Tempel begangene Entweihung, und die Peruaner
schauderten vor Entsetzen, ihre Götter so schändlich entweiht zu sehen,
und in ihren Adern glühte der Geist der Rache und ihre Herzen fühlten
einen allen Gefahren überlegenen Muth. Wie gewiß ist es, daß sich der
Sieger, welcher die Voreingenommenheiten der Völker nicht achtet,
eines Tages besiegt sehen wird! Die Peruaner sahen den Untergang ihrer
Freiheit und ihrer Gesetze an, sie sahen, wie man ihnen ihre Schätze
entriß, ihre Jungfrauen schändete, das Blut ihrer Söhne vergoß, und sie
litten in furchtbarem Stillschweigen; aber als sie ihre Tempel entweiht
und ihre Götter weggeschleppt sahen, platzte ihre Entrüstung und ihre
Rache los. Noch beim Absingen des _Te Deums_ wurden die Sieger von
den wenigen kräftigen Bewohnern, welche in der Stadt geblieben waren,
im Tempel angefallen, und an eine Ueberraschung glaubend, erschraken
sie und viele waren ein Opfer der Wuth der Besiegten. Nachdem sie
sich endlich wieder erholt hatten, wurden die Peruaner in dem Tempel
geopfert und der religiöse Fanatismus entflammte die Seelen für einen
Krieg bis auf den Tod.

Zum Blutbade rufend, gab Luque nachher die Seelen der Besiegten dem
Teufel und jedem der Soldaten zehn Tage Ablaß. »Diese Barbaren,« rief
er aus, »von dem Teufel, der seine Macht in diesem Reiche zu Ende gehen
sieht, hingerissen, haben die Heiligkeit unseres Festes entweihen
wollen; im Tode und in der höllischen Pein haben sie ihre würdige
Strafe gefunden. Es gebe kein Erbarmen, ihr Christen, die Götzendiener
kennen keine Reue und Barmherzigkeit; wer das Wasser der Taufe nicht
empfängt, werde in Gottes Namen verbrannt.« Beim Verhängen dieses
Urtheils schien das ganze Reich zu erzittern.

Inzwischen war Pizarro nicht mehr als ein Christ, der demüthig auf
die Stimme des Priesters hörte und beim Aussprechen eines Bannfluches
bebte. Vor dem Kreuze niederknieend, gab er seinen Soldaten das
Beispiel des Gehorsams, und in seinem Innern kämpfte der Ehrgeiz, die
Blutgier, seine verzweifelte Liebe und der brennende Wunsch ewigen
Wohlergehens. Zu seiner Linken ebenfalls knieend, zeigte Almagro in
seiner Miene die Zeichen von Fanatismus; aber gefühlvoll geboren und
kräftigeren Verstandes als Pizarro, mißbilligte sein Herz das Betragen
seiner Gefährten, und er zweifelte, daß ein Gott des Friedens mit
Vergnügen das Blut unschuldiger Opfer fließen sähe. Die Liebe zu Coya
und das seinen Gefühlen so entgegengesetzte Betragen seiner Gefährten
veruneinigte ihn jeden Tag immer mehr mit den Interessen seiner
Waffenbrüder und der Bürgerkrieg war sehr nahe daran, im Lager der
Sieger auszubrechen.

Unermüdlich in seinem Bekehrungseifer und unversöhnlich in seinem
Blutdurst, wenn es sich um Götzendienerei handelte, stieg Luque
auf die Kanzel im Tempel, predigte den Abenteurern ausführlich
von den christlichen Geheimnissen, erinnerte sie an das Leiden
Christis, stellte als Hauptglaubensgrundsatz auf, daß es nicht
einmal eine erläßliche Sünde sei, einen Götzendiener zu tödten,
und daß, wo die Indianer nicht das Wasser der Taufe empfingen und,
was ein heilsames Mittel sei die ewige Seligkeit zu erlangen, das
Glaubensbekenntniß ablegten, man sie den Flammen übergeben solle, um
mit dem Teufelsgeschlecht auf Erden fertig zu werden. Freilich waren
die Eroberer der neuen Welt, welche, um ihren Ehrgeiz zu sättigen,
die Meere durchfahrend, in den Tod gingen, im Allgemeinen sittenlose
Abenteurer, es waren aber am Ende Männer des sechszehnten Jahrhunderts,
die sich bei den Worten des Priesters demüthig niederwarfen und die
ihre Leidenschaften verschwiegen, wenn die Wuth des mißverstandenen
Christenthums sprach: Luque ermahnte im Namen Gottes und der
allmächtige Luque beherrschte die Herzen und entflammte den Zorn.

Dort, in dem selben Tempel wurde in der Folge der Beschluß dreier
Jahrhunderte verhängnißvollen Krieges, der schimpfliche Beschluß,
welcher eines Tages das Blut von einer Welt zur andern fließen lassen
würde, gefaßt. »Alle Peruaner,« sagte das auf Tafeln geschriebene
Gesetz, »werden das Wasser der Taufe empfangen und Sklaven des
Königs im Osten sein; wenn sie aber gottlos auf der Götzendienerei
beharren, werden sie in die Flammen geworfen und ihre Seelen dem
Teufel überliefert werden.« Ah! unschuldiges Amerika! Oh! sechszehntes
Jahrhundert, Schandfleck entlegener Geschlechter!

Das Gesetz wurde auf Straßen und Plätzen veröffentlicht, und die Stadt
zitterte und das Reich erbebte. Die unglücklichen, ihrer Reichthümer
beraubten Bewohner, wo der Gatte die Gattin, die Geliebte ihren
Geliebten, vielleicht ein alter verwundeter Vater die geschändeten
Jungfrauen beweinte, hörten alle, von dem unmenschlichen Schmerze,
ihren Tempel entweiht und ihre Altäre umgestürzt zu sehen, bedrückt,
in starrer Betäubung das ruchlose Gesetz an. Der schwache Greis wollte
zum Märtyrer seiner süßen Glaubenslehren werden, der kräftige Jüngling
bot seiner wohlthätigen Gottheit seine Stärke und sein Blut an; die
Jungfrau und die Gattin weinten um ihre Wittwenschaft und warfen
sich den Gatten zu Füßen; es war lauter Trostlosigkeit; die dunkle
Knechtschaft war der Preis der Abtrünnigkeit, der Scheiterhaufen der
Inquisition das Ende ihrer unschuldigen Glaubenslehren.

Gefühllos bei so großem Schmerz und so großem Wehklagen, begannen
Luque und Pizarro mit der Ausführung des barbarischen Beschlusses. Die
Unglücklichen, welche ergriffen wurden, mußten ihr Glaubensbekenntniß
ablegen oder kamen in den Flammen um; Alle sahen sich genöthigt, in
dem Tempel zu erscheinen, um der Religion ihrer Väter zu entsagen oder
in die rauhen Wälder zu entfliehen und sich vor der Wuth ihrer Feinde
zu befreien. Fern von seiner Coya, vielleicht befürchtend, ihre Liebe
verloren zu haben, und obschon in eine unmerkliche Kälte versunken,
ohne Hoffnung, sie wieder in seine Arme zu schließen, konnte Almagro
die Greuelthaten, womit man das Christenthum beschimpfte und die
Menschenwürde gering schätzte, nicht dulden. »Ueberzeuge,« sagte er zu
Luque, »diese unglücklichen Bewohner mit der Beredtsamkeit, die dir
Jesus einflößt, reiße sie aus der Götzendienerei heraus, aber der Dolch
macht keine Christen.« Alles war umsonst; »Satan,« sagte der Priester,
»vermag mehr als die Gnade,« und Pizarro vertheidigte schon darum die
Sklaverei der Indianer, weil er sie kaum für Menschen hielt, und weil,
wenn er sie nicht mit Ketten belud, sie leicht ihre Arme nach Rache
ausstrecken würden.

Beim Landen in der neuen Welt führte, da Pizarro weit eher Regionen
zu entdecken, als Reiche zu erobern gekommen war, und da die Gelder
der Gesellschaft nach den bei den ersten Streifereien gemachten
beträchtlichen Auslagen zu gering waren, die Expedition sehr wenige
Kriegsvorräthe mit sich, und vor Allem hatte sie einen großen Mangel
an Pulver und Geschossen. Unter den Eindringlingen gab es Männer von
genügenden Kenntnissen zur Gewinnung des Pulvers und zur Herstellung
und zum Gießen der Metalle, und die Gebirge besichtigend, welche
Cajamalca umgaben, fanden sie Salinen und Mineralien, so viel sie
nur wünschen mochten, im größten Ueberflusse vor. Tausende von
Unglücklichen wurden zur Ausbeutung der Bergwerke fortgeschleppt und
kamen bei der Strenge einer beständigen und ihnen unbekannten Arbeit
um, oder fielen in den Schlünden der tiefen Ausgrabungen erstickt
nieder. Sie zogen die Urstoffe aus dem Innern der Erde hervor und
hernach gossen und verarbeiteten sie die Europäer allein, damit ihre
Sklaven nicht zerstörende Waffen verfertigen lernten. Die unglücklichen
Peruaner schmiedeten ihre eigenen Ketten!

Die Reichthümer, welche die Gebirge in ihren Höhlen bargen,
beschränkten sich nicht nur auf Salinen und gewöhnliche Metalle; bei
den Nachgrabungen fanden sich auch Gold- und Silberadern vor, die den
Ehrgeiz der Sieger entflammten und eine Million Indianer zum Tode
verdammten. Trotz des Ueberflusses an Gold, den die Amerikaner hatten,
war ihnen die Kunst der Ausbeutung nicht bekannt, und niemals entnahmen
sie den Gebirgen und Flüssen andere Metalle als diejenigen, welche die
Natur verschwenderisch aus deren Schooße warf, und obschon diejenigen,
welche Cajamalca umgaben, nicht die ergiebigsten der neuen Welt waren,
so waren sie nichtsdestoweniger reich an Schätzen, die sich alsbald bei
dem Schweiße zeigten, den die Indianer bei den Nachgrabungen unter der
hartherzigen Leitung ihrer Besieger vergossen.

Nach Entnahme großer Mengen von Salz und Schwefel verfertigten sie
eine große Menge Pulvers, gossen unzählige Geschosse, worauf man die
Eroberung des Reiches gründete, und schmiedeten schwere eiserne Ketten,
woran sie die unschuldigen Sklaven, welche in ihrer Miene die Zeichen
der Verzweiflung, sich vor Elend sterben zu sehen, und unter einer
Arbeit gebeugt, die ihnen unwiderstehlich war, zur Schau trugen, um so
leichter versichern konnten.

Alle Bewohner Cajamalcas und von dem Lande, die das Wasser der Taufe
empfingen, wurden zu den Nachgrabungen in den Bergwerken verdammt,
und diejenigen, welche ihrem Glauben nicht entsagen wollten, flohen
in die Gebirge oder retteten sich vor ihren Verfolgern nach Cuzco.
Den unglücklichen Lastträgern wurde kaum das zum täglichen Unterhalte
Unerläßliche angewiesen, und die Sieger sorgten, mit dem Degen in der
Hand, dafür, daß die Arbeit betrieben wurde, und sie hatten das Recht,
denjenigen, welchen sie für träge hielten, zu verwunden und zu tödten.
So eine grausame Gewaltherrschaft brachte die unglücklichen Peruaner
bis zur Verzweiflung, und mehr als einmal spürte man theilweise
Aufstände, die aber immer durch grausame Metzeleien erstickt wurden.
Um selbst die geringste Gefahr zu vermeiden, und da sie genügend
Mineralien hatten, schmiedete man die Arbeiter mit schweren Ketten
aneinander, welche, indem sie deren Arme zur Arbeit frei ließen,
ihre Körper erdrückten und ihnen weder Ueberfall noch Vertheidigung
ermöglichten. Mit Schmerzensthränen benetzten jene Unglücklichen die
Schätze, die sie verfluchten.

Eine Zeit lang war Pizarro im Namen des Königs von Spanien Herr
aller Sklaven und sie arbeiteten in den öffentlichen Bergwerken und
wurden von dem Schatze bezahlt. Bald aber machten, um sein Ansehen
aufrecht zu erhalten, seine Freigebigkeit und der noch immer nicht
gesättigte Ehrgeiz der Abenteurer, daß die Sklaven durch Geschenk oder
Kauf in Privateigenthum übergingen. Der Herr hatte durch die ganze
Nachkommenschaft hindurch das Recht über Leben und Tod und verschaffte
sich die Wiedergeburt der Sklaven mit derselben Thätigkeit, mit
denselben Mitteln und denselben Zwecken, wie diejenigen irgendwelcher
anderer Hausthiere, die das Erbgut des Herrn vermehrten. Auf so
eine ungeheuerliche Staatswirthschaft konnte die Eroberung eines
Reiches nicht fußen! Und noch sind im neunzehnten Jahrhundert auf
unsern Besitzungen von Asien und Amerika schlagende Spuren jener
unmenschlichen Knechtschaft vorhanden.

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                              Kapitel 16.

                             Verstärkung.


Obschon mit Lorbeern und Schätzen beladen, befand sich doch die
feindliche Abtheilung in den bedenklichsten Umständen, und die
Eroberung Perus konnte ihr immer noch unter ihren Händen entwischen.
Nur fünfhundert Abenteurer waren auf Pizarros Befehl in San Mateo
gelandet, und die verschiedenen Klimas und die erbitterten Kämpfe
hatten unter so geringen Streitkräften beträchtliche Verminderungen
hervorgerufen. Mit Schätzen überladen hatten sie im Allgemeinen ihren
Ehrgeiz schon befriedigt, und wären die Anführer nicht ebenfalls
ruhmsüchtig gewesen, so wünschten wohl alle, in ihr Vaterland und in
den Schooß ihrer Familien zurückzukehren, um die Früchte ihrer Gefahren
und ihrer Unerschrockenheit zu genießen. Almagro, der Gewaltherrschaft
Luques und Pizarros zum Theil immer entgegengesetzt, hatte ebenfalls
Anhänger im Lager, und der Bürgerkrieg drohte mit größerem Schrecken,
als die Eroberung des Reiches.

So schwierige Umstände waren Luque und Pizarro, welche mit allen nur
erdenklichen Mitteln den Ehrgeiz und die Begeisterung aufrecht zu
erhalten suchten, nicht verborgen, aber ihre Anstrengungen hatten
nicht immer den gewünschten Erfolg. Zu gleicher Zeit war Huascar mit
einem mächtigen Heere nach Cuzco gezogen, und neue Truppenaushebungen
machten, so furchtbar die Spanier auch in den Siegen gehaust hatten,
die Eroberung des Reiches von Tag zu Tag ansehnlicher. Mit so schwachen
Streitkräften konnte Pizarro, wenn er schon die Punkte San Mateo und
die übrigen Häfen oder Küstenorte verlassen hatte, die Stadt Cajamalca
nicht auch ohne irgend welche Kriegsmacht lassen, weil die Bewohner
erbittert zu den Waffen greifen würden, die Frucht seiner Siege
verloren ginge und er im Falle einer Niederlage keinen Punkt hätte,
wohin sich zu retten. Sich, obwohl mit Schätzen beladen, von Cajamalca
zurückzuziehen und sich wieder nach Panama einzuschiffen, würde ihrem
Namen sehr wenig Ehre und den glorreichen Waffen der Spanier weniger
Glanz verleihen.

Von einem versengenden Feuer zu Coya verzehrt, vermochte Almagro ebenso
wenig den Gedanken zu ertragen, sich wieder einzuschiffen, ohne die
Schöne, welche, da sie das Wasser der Taufe empfangen hatte, einer so
süßen Vermählung nichts entgegen setzen konnte, ewig in seine Arme zu
schließen. Wenn Pizarro, heftig und wild in seinen Leidenschaften, die
Zärtlichkeit, die süßeste Schwermuth der Einflüsterungen der Liebe
nicht kannte, fühlte er eine lebendige Leidenschaft für Ocollo,
welche durch den Stolz als Eroberer geschürt, ihm nicht erlaubte,
von dem Gedanken abzustehen, sich auf sein Opfer zu stürzen, um es
zu verzehren. Luque, der in Mitten seines fanatischen Wahnwitzes
seine ewige Erlösung auf die Bekehrung zum Glauben der Sonnenanbeter
bezifferte, würde eher den Tod vorziehen, als, die Eroberung Perus
verlassend, sein Seelenheil gefährden.

Die Abenteurer, welche sich von Tod und Gefahren umgeben sahen, fingen,
als sie ihren Ehrgeiz befriedigt hatten, an, mit Nachdruck die Stimme
zu erheben, um nach Panama zurückzukehren, und weder Luque noch Pizarro
konnten dieselben, außer für ihre eigene Vertheidigung, die Waffen
ergreifen lassen. Der Angriffskrieg schien bei seinem Ende angelangt
zu sein, und das Leben der Oberhäupter schwebte, ohne daß Pizarro die
Aufrührerischen bestrafen konnte, tausend Mal in Gefahr. Tage lang
verharrte die Abtheilung in einem so gewaltsamen Zustande, ohne daß
sie etwas von der Kolonie und noch weniger von der Hauptstadt wußten.
Nicht ein einziger Spanier war zwischen San Mateo, Tumbez und Cajamalca
zurückgeblieben, um angesichts der Landungsplätze zu sein, und den
weiten Weg zu besetzen; besiegt, waren die Peruaner immer noch nicht
bezwungen. Es war schwierig, daß die Eindringlinge Zuzug bekämen, und
Pizarros ganze Tapferkeit und Luques ganzer Fanatismus vermochten kaum,
ihre Abenteurer zurückzuhalten.

In so bitterer Lage stand an einem heißen Tage die Sonne hoch am
Himmel, als Pizarro und Luque von Ferne den Schein von Panzern und
Waffen erglänzen sahen. Sie glaubten vielleicht, daß ihre Feinde
bereits geschult und bewaffnet, sie zum Kampfe herausforderten, welches
war aber ihre Ueberraschung, als sie sahen, daß es Spanier, daß es
ihre Brüder waren, die ihnen zu Hilfe flogen! Fernando, der Bruder des
Statthalters, des Anführers der Abenteurer, führte von Panama, von
Guatemala und Nicaragua, achthundert nach den Schätzen Perus dürstende
Abenteurer her.

Pizarro, als er Peru entdeckte, dessen Küsten entlang lief und Tumbez
in Besitz nahm, schickte seinen damit beauftragten Bruder, überall die
günstigsten Nachrichten zu verbreiten, die dem Ehrgeiz eine glückliche
Zukunft verhießen, nach Panama, und in den Papieren, welche er der
Regierung übergab, waren, um die Kolonieen und die Hauptstadt in
Bewegung zu setzen, die Reichthümer bis ins Unendliche übertrieben.
So war es auch wirklich, sowie man in Panama die Berichte Pizarros
veröffentlichte und sich die Neuigkeit hievon nach den nahen Inseln
verbreitete, strömten Hunderte von Abenteurern herbei, um sich unter
die Fahne seiner Werber einzureihen; und sicher, sie mit Vortheil
wieder einzuheimsen, streckten die Kapitalisten für deren Ausrüstung
eilfertigst ansehnliche Summen vor. In kurzer Zeit vermochte Fernando
mit einer zu jener Zeit ansehnlichen Macht unter Segel zu gehen,
und nur so konnte er sich, Mangels an Hülfsmitteln, an denen die
Eindringlinge litten, der bereits schwankenden Eroberung vergewissern.

Schwierig wäre es, mit deren eigenen Farben jene Freude und jene
Ueberraschung zu schildern, die Luque und Pizarro, als sie sich von
achthundert Streitern verstärkt sahen, in ihren Mienen bekundeten.
Viele Stunden lang dauerten die ununterbrochenen Umarmungen und
das Geschluchze. Luque hob die Hände zum Himmel und segnete seine
Barmherzigkeit. Weit entfernt von Pizarro der Gedanke an Furcht, als
er mit Luque allein über ihre mißlichen Umstände nachdachte, er war zu
verwegen und tapfer genug, um sich nicht in Mitten seiner Dreistigkeit
vor dem Tode zu fürchten, sein Tod aber wäre fruchtlos und vermehrte
die Kühnheit seiner Feinde. Wenn Luque der Gedanke daran tröstete,
in der neuen Welt bereits das Evangelium gepredigt und hunderte von
Neubekehrten gemacht zu haben, zerriß ihn gleichfalls der Gedanke, den
Satan nicht vollends aus dem ausgedehnten Reiche werfen zu können.
Selbst Almagro, welcher seine Thränen mit denjenigen der unglücklichen
Besiegten vermischte, freute sich, weil er seine Hoffnungen nährte,
seine schöne Coya wiederzusehen, gleicherweise mit Begeisterung über
die Ankunft Fernandos.

Obwohl Fernando mit Pizarro bis nach Tumbez vorgedrungen war, wußte
er nichts von dem Innern des Reiches; und von den Nachrichten, welche
ihm die bestürzten Peruaner bei den Durchzügen verschafften, geführt,
tausenderlei Ungemach und Entbehrungen erleidend, konnte er, von dem
Getümmel, das den Bewegungen der Abtheilung Pizarros folgte, getrieben,
nur bis Cajamalca gelangen. Die Berichterstattung so verwickelter
und schwieriger Abenteuer, sowie die Beschreibung der Siege und der
ungeheuren Schätze und Trümmer des Reiches, erfüllte die Spanier viele
Stunden lang.

Fernando war nicht mehr als ein einfacher Heerführer, denn sobald er in
Cajamalca ankam, übergab er es Pizarro, als dem Anführer der Eroberung
und Statthalter der zu entdeckenden und zu erobernden Länder; Almagro
war sein Unterfeldherr, und Luque, allerhöchsten Ernennungen der
Hauptstadt zufolge, Generalverweser des ganzen Reiches.

Sowie sich Pizarro mit einer Verstärkung sah, welche seine
Streitkräfte, die er hatte, verdreifachte, gedachte er auf Cuzco
loszumarschiren und die Eroberung mit einem Schlage zu beendigen.
Die neuen Abenteurer, welche seine Reihen verstärkt hatten, mußten
ihm, wiewohl erst angeworben und nicht an das Klima der neuen Welt
gewohnt, ein vollständiges Vertrauen einflößen; nach Schätzen dürstend,
fanatisch und unmenschlich führte sie Alles zum Siege, und machte sie
Alles zu Luques und Pizarros würdigen Helden. Trotz der aus bereits
angedeuteten Gründen strengen Mannszucht herrschte unter den Siegern
Cajamalcas eine vollständige Widersetzlichkeit, und Pizarro erkannte,
daß es für ihn nicht vortheilhaft war, in seiner Abtheilung Soldaten zu
haben, welche ihm kein Vertrauen einflößten und welche die Zwietracht
einführten, und er veröffentlichte einen unverzüglichen Befehl, wonach,
wer wollte, auf den Schiffen, welche in San Mateo durchfuhren, in sein
Vaterland zurückkehren konnte. So erreichte er nicht nur, daß ihm
entschlossene Männer folgten, sondern auch, daß, da die Abenteurer
mit Gold beladen in ihr Land zogen, der Ehrgeiz Krieger, welche seine
Eroberung mehr befestigten, in die neue Welt lockte.

Zweihundert Mann baten um ihren Urlaub und zogen nach Tumbez und San
Mateo; und noch verblieben im Lager weitere zweihundert, die mit den
achthundert von Fernando Zugeführten, nach dem kühnen Anführer, eine
genügend starke Streitmacht bildeten, um auf Cuzco loszumarschiren.
Ein Theil der Kriegsmacht mußte in Cajamalca gelassen, und um die
Mittheilungen der Hauptstadt und der Kolonieen zu sichern, und sich der
bei den Ausgrabungen der Bergwerke beschäftigten unglücklichen Sklaven
zu versichern, bis zur Eroberung ausgedehnt werden.

Hundert Mann besetzten Cajamalca, und weitere hundert Mann erstreckten
sich, da Pizarro noch achthundert blieben, welche das Heer oder die
Operationsdivision bilden sollten, nach Tumbez und an die Küste.

In wenigen Tagen wurden die Zurüstungen und Vorräthe besorgt, und die
kühne Abtheilung war bereit, auf die Hauptstadt des mächtigen Reiches
loszumarschiren. An den glatten Rüstungen und den blinkenden Waffen
erglänzte die Pracht des herrlichen Thrones Karls des Fünften, und auf
den runzligen und schwermüthigen Stirnen zeichnete sich der religiöse
Fanatismus des sechszehnten Jahrhunderts mit seinen schwarzen Merkmalen
ab.

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                              Kapitel 17.

                                Cuzco.


Reich an unbedingt nothwendigen Vorräthen, gewährte das Lager von
Cajamalca der Feldzugsabtheilung alle nöthigen Hülfsquellen, und
die an Mineralien reichen Gebirge, welche es umgaben, hatten ihnen
ebenfalls genügend Salpeter und Geschosse geliefert, um an großartige
Unternehmungen zu denken. Viertausend unglückliche Sklaven, welche
unter den gebieterischen Befehlen Pizarros seufzten, sollten als
Lastthiere für die Transporte dienen, so daß die Expeditionsdivision
die ganze Beweglichkeit hatte, welche der thätige Eroberer und die
augenblickliche Nothwendigkeit beanspruchten. Dem tapfern Kapitän
Manuel Ojeda wurde mit hundert erprobten Soldaten, welche sie
besetzten, der Oberbefehl der Stadt übertragen, und von seinen
Befehlen abhängige Unteroffiziere sollten, um den Nachtrab geschützt
zu halten, die Landungen zu erleichtern und die Mittheilungen mit den
Kolonieen und der Metropole zu sichern, die Detachements befehligen,
welche sich nach Tumbez und San Mateo erstreckten, und so eröffneten
die todesmuthigen Abenteurer mit großem Lärm und Geschrei, nicht wie
wenn sie in den Kampf zogen, sondern wie wenn sie bereits unter den
Ueberbleibseln der Beute den Sieg anstimmten, ihre Bewegung auf Cuzco.

Das peruanische Heer war unter dem Befehle des allgemein zum Nachfolger
des Inkas und Oberhaupt des Reiches anerkannten Huascars in Cuzco
eingezogen, wo es, durch neue Truppenaushebungen verstärkt, zu einer
nach ihrer Art Kriegsführung vollständig ausgerüsteten Streitmacht
von siebzigtausend Mann anwuchs. Die von den Eindringlingen in
Cajamalca begangenen Gewaltthätigkeiten waren ihnen wohl bekannt,
sie wußten um die Opfer, welche dieselben bei den Nachgrabungen der
Bergwerke und der Führung der Transporte hinmordeten; sie kannten
das unbillige Gesetz, welches sie zur Sklaverei und dazu verdammte,
ihren süßen Glaubenslehren zu entsagen, oder in den Flammen zu
sterben, und das ganze von Huascar beseelte Heer war entschlossen,
eher auf dem Schlachtfelde zu sterben, oder unter den Trümmern von
Cuzco zu versinken, als Sklaven der von Osten Gekommenen zu sein.
Eine ansehnliche Versammlung von Aeltesten trug mit ihrem Rathe zur
Regierung des Reiches bei; und Vericochas, im Namen der Sonne, in der
Sprache der Götter, nicht mit der des Todes und des Verderbens, zu den
Peruanern redend, entzündete sanft die Gemüther, eher rühmliche Opfer
zu werden, als den Wohlthätigkeiten des leuchtenden Gestirns undankbar
zu sein.

Untröstlich, beweinte Ocollo ihren angebeteten Inka; ihre Tugenden und
ihre reine Keuschheit erwarben ihr die Achtung und die Bewunderung
Huascars, Vericochas und des Senates; und bei den frommen Handlungen
war sie die erste, welche vor dem Altar der Sonne schwur, für den
Glauben und die Freiheit ihres Vaterlandes zu sterben, und bei
der Erinnerung an die unzüchtige Liebe, welche Pizarro ihr in den
kummervollen Stunden erklärte, zog sich ihr Herz zusammen und entsetzte
sich ihre Seele. Voll Feuer in Liebe zu Almagro entbrannt, fand Coya
nur darin Trost, an ihrem eigenen Schmerz zu zehren. Almagro war
ihr Athmen und ihre Wonne, sie hatte das Gleichgefühl ihrer Seelen
erkannt und Coya war das traurigste Opfer der Liebe. Sie hatte ihren
Glaubenslehren entsagt und das Glaubensbekenntniß eines Gottes
abgelegt, den sie nicht kannte, den sie aber verehrte, da er der Gott
ihres Almagros war. Der Schatten ihres Vaterlandes beunruhigte ihre
Träume, der Schatten ihres Angebeteten zerriß ihr das Herz.

Das war die Lage der Helden des Reiches; Alle seufzten und ihre
Thränen fruchteten dem Vaterlande nichts. Tapfer, kühn, gefühlvoll,
mit denjenigen seiner Landsleute viel überlegeneren Kenntnissen, war
Huascar der Abgott des Heeres und des Senates, und er handelte mit der
größten Thätigkeit, um sich zum Kriege zu bereiten; er kannte jedoch
die Ueberlegenheit der Waffen der von Osten Gekommenen und zweifelte an
dem Siege. Seine ersten Besorgnisse waren, seine Feinde auszuspähen, um
ihre Bewegungen im Voraus zu wissen, und er erfuhr die Ankunft neuer
Streitkräfte und den Marsch Pizarros auf Cuzco. Obwohl bereits weit
entfernt, die Eindringlinge für Söhne der Sonne, noch für Gottheiten
zu halten, sank den Peruanern doch der Muth, als sie erfuhren, daß sie
Verstärkungen empfingen; sie setzten schon einen sehr zusammengesetzten
Plan voraus, und fünfzig bis sechszig ihrer Unterdrücker zu tödten,
hatte dem Reiche mehr als fünfzehn- bis zwanzigtausend Opfer jeden
Standes und Ranges gekostet; aber immer edel und menschlich, behielten
sie eine kleine Anzahl Gefangener, welche sie in ihrer Gewalt hatten,
am Leben. Die moralische Stärke der Heere stand etwa auf gleicher Höhe;
der Ehrgeiz der Eindringlinge und ihr düsterer Fanatismus befahlen die
Ausrottung der Peruaner; die Religion und die Freiheit des Reiches
forderten das Blut der Eindringlinge.

Zwanzig Tagereisen war Cuzco von Cajamalca entfernt, und es gab
Engpässe und Gebirge, welche, mit einer geringen peruanischen
Kriegsmacht besetzt, der Feldzugsabtheilung nichtsdestoweniger
Verlegenheiten verursachten, aber in diesen kleinen Scharmützeln
blieben, obschon sie dennoch einige Verluste erlitten, stets die
Europäer Sieger, und von Neuem bewunderten sie die heldenhafte
Tapferkeit und den wilden Muth der Peruaner. Alle Tage boten sich
ihnen Beispiele von Kriegern dar, welche, die Griechen bei Thermopylä
nachahmend, bald um ihre Gefährten zu retten, bald um im Grabe eine
unverletzliche Zufluchtsstätte ihrer Freiheit und ihrer Religion zu
finden, einem sichern Tod entgegengingen. Pizarro und die Seinen
wälzten todesmuthig ihre Feinde fort, und bereiteten sich zu neuen
Siegen vor; die Tapferkeit der Spanier war im sechszehnten Jahrhundert
die Bewunderung Europas, die neue Welt die Wiege der Helden und der
Thron der Gothen ein die Erde verachtendes, dem Himmel zustrebendes
hohes Gebirge.

Nach tausend Mühseligkeiten bekam die spanische Abtheilung Cuzco zu
sehen, und der Senat, das Heer und das Volk erzitterte. Die Auftritte
von Cajamalca waren allgemein bekannt; Cuzco, die Hauptstadt des
Reiches, war der letzte Seufzer ihrer Freiheit und ihrer Anbetung,
das Grab that sich unter den Füßen der Krieger auf und das Getöse der
schnarrenden Ketten erschreckte das Kind und den Greis. Oh! verfluchte
Schätze! Es wäre besser gewesen, wenn euch die Natur in die tiefsten
Meeresgründe gestürzt hätte und die Erde sich nicht in dem Blute
Unschuldiger tränkte!

Als Almagro die Mauern von Cuzco entdeckte, glänzte ein süßes Lächeln
auf seinen Wangen und eine einschmeichelnde Wehmuth heftete sich an
seine Blicke; dort war seine schöne Coya, seine Wonne und seine Qual.
Das Wohl seines Vaterlandes befahl die Eroberung des Reiches, seine
religiösen Gefühle die Zerstörung der Sonnenaltäre; Coya verehrte den
wahrhaftigen Gott, aber Coya liebte ihr Vaterland glühend, und ihre
Liebe wäre ein trauriges Gespenst, das, so lange als das Vaterland der
beiden Liebenden nicht ein einziges wäre, ihr Dasein quälen würde.
Bei den Scharmützeln unterwegs waren viele peruanische Gefangene
festgenommen worden, Alle frug Almagro nach seiner Angebeteten und
Alle antworteten ihm, reichliche Thränen vergießend: »Coya ist eine
Abkömmlingin der Inkas, sie ist eine Tochter der Sonne, ihr Vaterland
ist ihr Abgott und für ihr Vaterland zu sterben, ist all’ ihre Wonne.«

Wenn Coya in einem Augenblick der Zärtlichkeit, des Entzückens, ein
Opfer der Liebe, ihren Cultus verließ, hatte sie mit reichlichen
Thränen ihren Meineid geläutert, und ihr Vaterland zu verrathen wäre
nicht ihr zweites Verbrechen.

Da die spanische Abtheilung vielen Kämpfen zu trotzen hatte und mit
Schnelligkeit marschirt war, nahm sie vor Cuzco einige Tage Ruhe,
um sich von ihren Mühseligkeiten zu erholen und um die Politik der
Belagerten zu beobachten. In Cajamalca kamen die Spanier wie Freunde
an, und bequeme, mit Lebensmitteln versehene Zelte und eine mit
Früchten gesegnete Flur boten ihnen bequeme Rast und reichlichen
Unterhalt dar; bei der Ankunft in Cuzco fanden sie nur dichte
Wälder, welche ihnen Schutz gewährten, und kräftige Stämme, um die
Scheiterhaufen zu schüren, vor; die Flur aber war verwüstet, und
Pizarro stieß auf nicht geringe Schwierigkeiten, um sich Lebensmittel
zu verschaffen, da ihm die Peruaner innerhalb der Mauern Alles
entrissen hatten.

Wenn er mit seiner einzigen Abtheilung von achthundert Mann Alles
abgewartet hätte, so wäre er auf noch größere Hindernisse gestoßen,
viertausend Sklaven aber führten ihm die Transporte von Cajamalca,
und von einigen Spaniern geleitet, durchstreiften sie die Fluren von
Cuzco und brachten aus großen Entfernungen Lebensmittel her. Von diesen
Unglücklichen, die, ohne daß ihr Herz der Anbetung der Sonne entsagt
hatte, vor dem Tode fliehend, das Wasser der Taufe empfingen, schaffte
ein jeder fünf Viertelcentner fort, ein den Kräften eines Peruaners
weit überlegenes Gewicht, und zu Hunderten fielen sie von ihren
Lasten erdrückt und erstickt an den Wegen hin, oder ließen mangels an
Nahrungsmitteln schweißtriefend nach. Aus Mangel an Pferden und durch
die Erfahrung des Schreckens und der Verheerungen, welche die Reiterei
bei ihren Feinden veranlaßte, überzeugt, hatten die Eindringlinge sogar
die Zugpferde der Artillerie bestiegen, und die Sklaven schleppten die
Kanonen, welche gegen ihre Brüder donnerten. In den unterbrochenen
Gegenden und in den Gefechten war die unerbittliche Peitsche des
Gebieters immer gehoben, und der Unglückliche, welcher fiel, wurde
überfahren und zerfleischt, um mit Blitzesschnelle durch einen Andern
ersetzt zu werden, der auch lebte um zu leiden. Trotzdem die Sklaven
in fünffacher Anzahl als die Eindringlinge waren, war es ihnen nicht
möglich, sich gegen ihre Herren aufzulehnen. Ein großes Reservekorps
sorgte dafür, die Menge unterwürfig zu halten, und bei dem geringsten
Anzeichen von Ungehorsam wurde der Schuldbewußte auf die Folter
gespannt und das Blut von hundert Unschuldigen floß zum Schrecken ihrer
Gefährten.

Nachdem sich die Abtheilung auf den anmuthigen Auen von Cuzco
ausgebreitet hatte, schickte sie sich zur Einnahme der Stadt und
zum Untergange des Reiches an. Das peruanische Heer hatte innerhalb
der Mauern keinen Platz, und mächtige Korps streiften, bald die
Mittheilungen mit der Hauptstadt aufrecht haltend, bald dem Feinde
furchtbare Drohungen zurufend, in der Gegend umher. Alle Tage
entspannen sich mehr oder weniger beträchtliche Scharmützel, aber
niemals wagte man entscheidende Zusammenstöße, weil das eine wie das
andere Heer, sich gegenseitig beobachtend, dieselben vermied. Die
Eindringlinge kannten ihre geringe Anzahl und die Peruaner fürchteten
sich vor den Wirkungen der europäischen Waffen; aber stets verwegen
und ungestüm, stets wie ein unwiderstehlicher Strom zog Pizarro den
Siegeswagen hinter sich her und fügte jeden Tag seinem Lorbeerkranz ein
Blatt hinzu. Oh! wenn es gefühlvoll gewesen wäre!...

Almagro, der seine Coya nicht sah, verabscheute sein Dasein und die
Sonne glänzte nicht strahlend vor seinen Augen. Ein wenig mehr mit
seinen Gefährten vereinigt, sprach er, ihnen stets Milde einflößend,
endlich eines Tages in einer seinem Charakter eigenen Sprache: »Um
etwa die neue Welt zu erobern, wird es nicht nothwendig sein, sie in
Blut zu röthen; die Sanftmuth, die Bewunderung und die Ueberzeugung
geben uns einen sicherern Sieg.« »Nein,« erwiderte Pizarro, »nur auf
die Zerstörung kann sich die Eroberung des Reiches gründen.« »Die
Götzendiener,« setzte Luque hinzu, »schwören ihre Götter nur auf dem
Scheiterhaufen ab: Jesus Christus und der Satan vergleichen sich nicht.«

Bald von dem Drange seines Herzens getrieben, bald von dem brennenden
Wunsche hingerissen, seine Coya zu sehen und zu sprechen, machte sie
Almagro beredt mit den Launen des Kriegsglückes, dem Kostbaren eines
jeden Tropfen spanischen Blutes, das man vergösse, bekannt, und brachte
sie endlich dahin, daß er eine Botschaft nach der Stadt auf sich nahm,
worin ihnen Bedingungen, um Tributpflichtige des Königs von Spanien
zu werden und das Christenthum zu umarmen, angeboten würden; und
wenigstens einmal behielt im sechszehnten Jahrhundert die Stimme der
Vernunft und der Menschlichkeit über die fanatische Wuth die Oberhand.

                            [Illustration]

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                              Kapitel 18.

                              Botschaft.


Beredt und von allen Tugenden beseelt, gab Huascar seinen Soldaten
nicht nur ein Beispiel, die Gefahren zu verachten, sondern er hielt
ihnen auch jeden Augenblick eine begeisterte Ansprache über die Reize
der Freiheit und schilderte ihnen das Knarren der mächtigen Ketten,
welche, wenn sie sich von den von Osten Gekommenen besiegen ließen,
ihre Arme festbänden. Von Dankbarkeit durchdrungen, rief Vericochas die
unendlichen Gaben im Tempel aus, welche der Vater des Tages über die
Erde ergoß, wie die Menschen zu seiner Anbetung verpflichtet seien,
und was für ein schrecklicher Meineid, für ein schwarzes Verbrechen es
wäre, wegen dem Gotte gefühlloser Menschen, welche die Ausübung ihrer
Glaubenslehren mit nichts als Dolch und Scheiterhaufen erzwangen, den
Kultus ihrer Ahnen, den Kultus der Vernunft zu verlassen.

Nachdem die Seelen entbrannt waren, stürzten sich die Peruaner muthig
in den Tod und die Tapferkeit der Spanier schwebte tausend Mal in
Gefahr. Aber die Spanier waren im sechszehnten Jahrhundert die
Bewunderung Europas, ihre Tollkühnheit hatte ihnen das Reich zweier
Welten gegeben; Pizarro war von dem Schicksal so hingerissen, wie
geschmeichelt, und bei der Wucht seiner mörderischen Waffen gaben
die zahlreichen Heere des Reiches nach. Das Blut der Unglücklichen
röthete die anmuthigen Fluren von Cuzco, schon erbebten beim Donner
der Kanonen die Grundfesten der Stadt, als eine weiße Fahne vor den
Mauern vorzeigend, Almagro den Belagerten ein Zeichen gab, daß ein
freundschaftliches Abkommen gefeiert werden würde.

Die Lage der beiden Heere war schwierig, die einen wie die andern
hatten kaum mehr die Wahl als Sieg oder Tod, es war nicht nur ein
politischer, es war auch ein religiöser Krieg, und die traurige
Geschichte der Vorurtheile und des Fanatismus hat mehr als die
Thronfolge und der Ehrgeiz der Könige, die Blätter der Geschichte mit
Blut gefärbt. Das Abkommen wäre den einen wie den andern Streitern
vortheilhaft, es lag aber nicht in der Möglichkeit, die gegenseitigen
Interessen zu vereinbaren; Usurpation und Freiheit, Fanatismus und
Duldsamkeit haben keinerlei Berührungspunkte. Huascar und der Rath
beschlossen endlich, Almagro, welcher von zwei Reitern begleitet sich
den Mauern genähert hatte, den Eintritt zu gestatten.

So sehr auch Coya das Feuer verbarg, welches in ihr glühte, war ihre
Liebe den Großen des Reiches bekannt, aber duldsam und der Tugenden
der Heldin sicher, tadelten die Peruaner niemals ihr Betragen, noch
zweifelten sie an ihrer Treue und ihrer Liebe zum Vaterlande. Im
Gegentheil, Coya, welche ihre Wonne darin setzte, den Namen Almagros
zu wiederholen, erzählte Allen seine Tugenden, versicherte Allen, daß
er nicht von dem Geschlechte der von Osten Gekommenen sein konnte,
und der Name Almagros wurde unter den Opfern der Sieger nicht mit Haß
angesehen. Als Coya sah, daß er der Führer der Botschaft war, als sie
den Augenblick, ihren Angebeteten von Neuem zu sprechen, nahe sah,
versicherte sie, daß sie eine glückliche Zukunft ahnte, daß ihr Herz
ihr sagte, daß die Schrecknisse aufhören und wieder Ruhe und Glück
entstehen würde.

Hastig eilte Coya an das Thor, und die beiden gefühlvollen Geliebten
verstummten in tiefer Entzückung. Jene Empfindlichkeiten des Todes
Atahulpas entflohen aus dem Gedächtniß der Tochter der Sonne, und nur
die Zärtlichkeit begeisterte die Seelen. Zu welch’ theurem Preise die
Liebe gefühlvollen Herzen ihre Wonne verkauft! Unfreiwillige Thränen
liefen an den Wangen der beiden Liebenden herab und ihre Thränen
schienen der Strenge ihres Schicksals zu fluchen, aber Coya, an der
Seite ihres Abgottes, wiederholte ihm unter Schluchzen: »Ein süßer
Liebesblick lohnt ein Jahrhundert voller Qualen«.

Die Peruaner kannten die Namen der Spanier, und überhaupt diejenigen
der drei Anführer des Feldzuges sehr wohl, und derjenige Almagros war,
weil seine Tugenden bekannt waren, im Reiche beliebt: Bald gab er,
ihn von dem harten Halseisen losmachend, einem Sklaven die Freiheit,
bald rettete er einen unglücklichen Gatten vom Tode, bald half er
der Betrübniß der Besiegten auf, und Alle hatten, vor Dankbarkeit
aufathmend, seine Wohlthätigkeit und seine Frömmigkeit in Cajamalca,
Cuzco und in dem Heere bekannt gemacht. Ein ungeheures, blutiges Volk,
mit den Zeichen der Todesangst in dessen Zügen, umstand in einer
Grabesstille den Krieger auf Plätzen und Straßen; und ungeduldig
erwartete der im Vorhofe versammelte Rath und der Kaiser den Boten.

Kostbarer Marmor und Porphyr bedeckte den Boden des geräumigen Saales,
einfach angeordnete Bretter von Gold und Silber unterstützten die
Decke, und prächtige, tausendfarbige Federn schmückten die Räume mit
zarter Kunst. Nachdem Almagro dahin geführt worden war, herrschte
in der Versammlung und unter der ungeheuren Zuhörerschaft eine
Grabesstille, als Huascar sich von dem Präsidentenstuhle erhob und
ruhigen Tones ausrief: »Krieger, die Peruaner lassen sich eher unter
den Trümmern ihres Vaterlandes begraben, als schimpflich nachzugeben;
sprich, ob du einen ehrenvollen Frieden bringst, wenn nicht, gehe
und sage den Deinen, sie sollen unsere Gräber öffnen.« Ein dumpfes
Beifallsgemurmel rührte die Versammlung und beredt brach Almagro aus:
»Nein, unschuldige Peruaner, die von Osten Gekommenen haben keinen
Gefallen an Blut und Verderben, sie wollen eure Freundschaft und wollen
eure Brüder sein.« Die Arglosigkeit und das Lächeln erglänzte in der
Versammlung und Thränen der Rührung unterbrachen das Geschluchze. Ohne
ihre Blicke von Almagro abzuwenden, schien Coya in Mitten der Ruhe
bereits den köstlichen Kelch der Liebe zu kosten, und sie segnete den
Gott der Wahrheit, den sie anbetete.

»Ja, Almagro«, fuhr Huascar fort, »das Reich kennt deine Tugenden und
zweifelt nicht an der Aufrichtigkeit deiner Worte: Aber erinnere dich
der freundschaftlichen Anerbietungen, welche deine Gefährten von dem
unheilvollen Augenblicke an machten, da sie diesen Boden betraten;
erinnere dich ihrer ganzen Geschichte und der blutigen Auftritte, die
wir durchgangen haben, und du weißt wohl, daß wir unsere Waffen nicht
ablegen und auf neue Versprechungen hoffen können.«

»Nein, Peruaner, ich verbürge das Abkommen, mein Degen haftet euch
für dessen Heiligkeit und dessen Erfüllung.« »Sprich, würdiger Sohn
der Sonne, Abgott des Reiches,« brach eine unbekannte Stimme in der
Versammlung aus.

»Die von fernen Himmelsstrichen, wo die Sonne aufgeht, hieher
gekommenen Spanier,« fuhr Almagro fort, »haben ihrer Arbeitsamkeit und
ihrem Glücke eine wenn nicht gefühlvollere Seele als die eure, so doch
einen erleuchteteren und vielleicht kräftigeren Verstand zu verdanken.
Ihr werdet es bemerkt haben, unser Verstand und unsere Arme haben eure
zahlreichen Heere besiegt. Unser Herrscher, welcher über ausgedehnte
Länder gebietet, regiert ein ungeheures Reich, und wie der Hauch des
Allmächtigen, würde sein Hauch genügen, um euer Land zu begraben. Die
ewige Hand, welche dieses Weltall regiert, das euch mit Bewunderung
erfüllt, ertheilte auch uns ihre Gaben und bot uns die unaussprechliche
Glückseligkeit an. Jesus Christus, der Sohn Gottes, stieg in Gestalt
eines Menschen auf die Erde hernieder und sterbend am Kreuze
offenbarte er uns Geheimnisse, setzte uns mit Wundern in Erstaunen
und hinterließ uns, um die ewige Seligkeit zu erlangen, den Glauben
und die Taufe. Vielleicht wird eure Vernunft diese tiefen Geheimnisse
nicht durchdringen; wenn ihr aber den Gott der Spanier anbetet, wenn
ihr Vasallen ihres großen Herrschers seid, werden die Kriegsrohheiten
aufhören und eure Brüder werden euch bereitwilligst erleuchten, sie
werden euch auf den Weg des Heiles bringen und werden euch glücklich
machen.«

Ein tiefes Stillschweigen herrschte in der Versammlung, während Almagro
sprach, bis daß Huascar von Neuem ausbrach: »Großmüthiger Spanier, wenn
deine Gefährten deine Tugenden hätten, wären wir eure Brüder und es
flösse kein Blut, noch flöge die Zerstörung umher. Wir anerkennen die
Ueberlegenheit eures Verstandes, eurer Fortschritte, und bereitwillig
werden wir euch auf Kosten der Schätze, welche diesen Boden bedecken,
nacheifern. Doch sieh die leuchtende Sonne an, wie sie so erhaben in
Mitten des Firmamentes glüht; durch sie entstehen die Blumen und
wachsen die Früchte; ihr Licht belebt das Weltall und beseelt die
Menschen; sieh, wie unglücklich die Welt ist, wenn sie sich in’s Meer
vergräbt und uns der Finsterniß überläßt. Die Pflicht, die Dankbarkeit,
das hehre Beispiel unserer Vorfahren, unsere Vernunft, Alles stellt sie
uns unsern Augen als das erste Wesen der Welt vor. Jene unschuldige
Anbetung hat die Glückseligkeit dieser Regionen ausgemacht und ihre
Verlassung dem Tode vorzuziehen, wäre das schwärzeste Verbrechen. Wir
kennen euren Gott nicht, wir haben nur die entsetzlichen Scheiterhaufen
gesehen, worauf die Unglückseligen, welche euren Cultus nicht umarmt
haben, ihren Geist aushauchten. Wir haben das Blut unsere Felder
überfluthen sehen, wir haben eure Meineide gesehen, und die Qualen und
die Flammen sind uns ein Bett von Blumen, ehe wir es an unsern frommen
Glaubenslehren fehlen lassen. Wenn ihr Frieden wollt, wird der erste
Artikel die Unverletzlichkeit unserer Tempel und unserer staatlichen
Freiheit sein.«

Almagro inzwischen vergoß Thränen der Rührung und des Mitleids. »Der
Seligkeit würdig sind diese Seelen,« sagte er zu sich; »Jesus Christus
wird ihren Verstand erleuchten und ihnen seine Lehren offenbaren.«
»Gefühlvolle Peruaner,« wiederholte er, »ich stelle mich euch nicht
als ein Krieger und noch weniger als ein Eroberer vor, nur als ein
gefühlvoller Mensch, der euch liebt und euer Glück wünscht. Eure
Empfindsamkeit und eure Tugenden machen euch des irdischen Glückes und
der ewigen Seligkeit würdig; glaubt dem, der euch liebt, umarmt den
Glauben an Jesus, werdet Vasallen des großen Königs von Spanien, und
daß das Weinen und die Zerstörung aufhöre.«

»Mein ist, als Priester des Reiches, das Recht,« brach Vericochas aus,
»auf deine frommen Uebereinkünfte zu antworten, und das Volk und der
Senat werden vielleicht die Meinung des Priesters achten. Den Vater des
Tages verehrend, blühte das Reich Jahrhunderte lang, die Dankbarkeit
begeistert dessen Anbeter, aber das leuchtende Gestirn will in seinen
Söhnen die Ueberzeugung der Vernunft, nicht die Sprache der Lippen.
Wenn jener erhabene Gott, an den du glaubst, die Herzen der Peruaner
begeistert und die Vernunft sie ihrer Anbetung entreißt, mögen euch
eure Proselyten glücklich folgen, aber ebenso ruhig loben wir, die wir
seinen Wohlthaten niemals undankbar sein werden, in unsern Tempeln den
Gott, der die Tage entflammt. Peruaner, im Namen der Sonne verlange ich
von euch, daß, ehe wir ihn, wenn sie unsere Vernunft gefangen nehmen,
uns mit seinem finstern Zorne bedrohen sehen, ehe wir davon lassen, ihn
anzubeten, wir unter die Trümmer des Reiches versinken.«

Heftige Rufe leisteten von allen Seiten den Schwur, den Vericochas
verlangte, und Almagro erhob seine Hände zu dem wahrhaftigen Gott,
damit er diese Seelen aus der Götzendienerei herausrisse.

»Ich, als euer Herrscher,« rief Huascar aus, »stimme in Bezug auf
unsere staatliche Freiheit überein, und das Volk und die Priester
werden vielleicht meiner Stimme beipflichten. Entfernt von mir der
Ehrgeiz nach dem Oberbefehle, würde ich, um meinen Thron aufrecht zu
erhalten, niemals an meinem Vaterlande zum Meineidigen werden. Unsere
staatlichen Gesetze haben die Glückseligkeit unserer Vorfahren gemacht,
in unsern Gesetzen steht unser Glück geschrieben, und wenn wir die von
Osten Gekommenen in das Meer stürzen könnten, würde unser Blut den Baum
unserer Glückseligkeit begießen. Ich stimme für den Krieg: Beweinen
wir, um glücklich zu sein, nicht die Noth des Vaterlandes, das Grab
bietet uns eine ruhige Stätte an....«

»Nein, Huascar,« unterbrach ihn Almagro, »laß dich nicht von der
Tapferkeit und der Begeisterung hinreißen. Ich schwöre euch noch
einmal, wir werden euer Glück machen, wir wollen keine Sklaven, wir
wollen Brüder, wir wollen mit euch glücklich sein. Werft einen dichten
Schleier über das Vergangene, traut meinem Schwure.«

Ein greiser Rath erhob die Stimme und sagte: »Der Friede oder der
Krieg entscheiden das Schicksal des Reiches; wenn sich der Gesandte
zurückzieht, werden wir mit mehr Freiheit und Gelingen das Schicksal
unseres Vaterlandes entscheiden können.« Coya, welche in Mitten der
Rathsversammlung, bei der Erinnerung an die traurige Nacht, da sie, den
Cultus der Sonne verlassend, das Wasser der Taufe empfing, die Liebe,
die in ihrem Herzen brannte, noch die Unruhe, die ihre Seele verzehrte,
verbergen konnte, beeilte sich, Almagro einzuladen, daß er, in soweit
der Rath berathschlagte, nach ihrem Palast auszuruhen ginge. Der edle
Krieger, welcher sich, von seinem gefühlvollen Herzen hingerissen,
so sehr nach Frieden sehnte, den die Liebe zu Coya, das Glück, sie
zu sehen, einen Augenblick mit ihr zu sprechen, nach Cuzco getrieben
hatte, hielt den Augenblick, wonach sein Herz sich sehnte, für
gekommen, und der Jubel und das Lächeln erglänzten auf seinem Antlitze.
»Jedoch,« rief er eilig aus, »und meine Gefährten, die von euren Waffen
besiegt wurden, segnen sie eure Tugenden, kann ich sie in meine Arme
schließen?«

»Ja, Almagro,« erwiderte Huascar, »in Ausübung ihres Cultus sind sie,
mit Menschenwürde behandelt, weder zu harten Sklavendiensten verdammt
worden, noch haben sie weder Dolch noch Scheiterhaufen dem Glauben an
Jesus entrissen, um den Gott des Tages anzubeten.«, »Oh! herrliche
Seelen! Ich schwöre euch von Neuem meine Liebe zu; mein Degen wird
das Bollwerk eurer Freiheit sein. Jesus Christus wird euren Verstand
erleuchten und vielleicht werdet ihr eines Tages die von Osten
Gekommenen segnen,« sagte Almagro, und gefolgt von Coya und einem
zahlreichen Volke, ging er aus dem Senat, um sich den Liebkosungen der
reinsten Liebe zu überlassen.

Coya, eine Abkömmlingin der Inkas, Tochter der Sonne und Prinzessin des
Reiches, hatte einen einfachen, mit prächtigen, tausendfarbigen Federn
verzierten Palast, mit Decken und Fußböden von Gold. Dahin geführt,
warf sich, ohne weitere Zeugen als glänzendem Gefolge, welches die
fernen Thore und die Räumlichkeiten der Säle bedeckte, Almagro mit vor
Liebe entflammtem Herzen, und in den Blicken Coyas brennenden Blicken,
wie von einem Strome, von einem Sturmwind hingerissen, zu Füßen Coyas,
indeß Coya ihren edeln und großmüthigen Geliebten mit ihren Thränen
benetzte.

»Oh, erhabene Gottheit!« sagte er zu ihr; »diese Thränen des Mitleids
verrathen doch noch deine Liebe. Liebst du mich noch?« »Undankbarer!«
»Nein, Coya, ich liebe dich so sehr wie die Morgenluft, so sehr wie den
Glanz der Morgenröthe, so sehr wie meinen Gott!« Unfreiwillige Thränen
quollen an den Wangen der beiden Liebenden herab und tiefe Seufzer
unterbrachen ihre Worte. »Oh! Almagro! Denke an jene einsame Nacht, an
jenen klaren Bach, wo ich den Glauben meiner Vorfahren verließ, wo ich,
das Wasser der Taufe empfangend, an meinem Gotte meineidig wurde....
Ich betete Jesus an, nicht daß ich ihn kannte, sondern weil er der Gott
meines Almagros war; mein Verbrechen ist, in Finsterniß und in ewigem
Geheimniß begraben, in der Tiefe meines Herzens geblieben; aber beim
Niederknieen vor den Altären der Sonne haben dunkle Gewissensbisse
meine Seele zerrissen und nur die Erinnerung an Almagro tröstete mich
in meinem Wahnwitz.... Undankbarer, und du wirst in das Lager der
Deinen zurückkehren, und du wirst das Vaterland deiner Coya verheeren,
und vielleicht auf meinem Grabe sitzend, wird dir mein Gedächtniß
nicht eine Thräne, nicht einen Seufzer gelten!« »Ach, Coya! Deinen
Namen wiederholend, deinen Namen anbetend, deine Schönheit preisend,
deinem Gedächtniß tausend Thränen weihend, habe ich hundert Mal die
Sonne in den Abgründen der Erde untergehen und ebenso manchmal von den
Tiefen des Meeres aufgehen sehen. Die Hoffnung, dich zu sehen, dich zu
sprechen, dir meine Liebe zu schwören, hat mein Dasein erhalten und hat
mich in den Kämpfen unbesiegbar gemacht.« »Und bereitest du dich etwa
schon vor, mir den letzten Abschiedsgruß zu geben.« »Ich werde dich
in dichten Wäldern, unter den Pfeilen deiner Krieger, auf unbekannten
Meeren suchen.« »Unter den Trümmern meines Vaterlandes, zwischen den
Leichen der Peruaner wirst du mich wohl im Blute schwimmend suchen.«
Vielleicht würde ihr Almagro bei seinem Gott geschworen haben, seine
Gefährten zu verlassen und seinen Degen für die Unabhängigkeit Perus
zu schwingen, wenn die schöne, in Trauer gekleidete Ocollo, mit
der Traurigkeit und dem Schmerze in ihrer Miene, Almagro suchend,
unter einem zahlreichen Volke nicht ebenfalls im Palaste Coyas
angekommen wäre. »Du, der du gefühlvoll bist, Krieger, wirst den
Wahnwitz einer Unglücklichen verzeihen, welche deine Gefährten zur
Wittwenschaft und zu den Thränen verdammten. Sind die Ueberreste des
unglücklichen Atahulpas, seine Asche, noch in eurem Lager vorhanden?
Wenn sie noch da sind, Sohn der Sonne, bitte ich darum, gieb mir
einen so unaussprechlichen Schatz zurück, damit ich sie alle Tage
mit meinen Thränen benetze.« »Ah! unglückliche Ocollo, sie wurden in
den Wind gestreut, er starb als ein Götzendiener.« »Er starb als ein
Tugendhafter.« »Ich war nicht verbrecherisch.« »Die Geschichte wird
das Verbrechen bekannt machen, die entfernten Geschlechter werden seine
Mörder hassen.« »Tröste deine Thränen, göttliche Ocollo, denke nur an
die Glückseligkeit deines Vaterlandes; deine Schönheit und deine Reize
vermögen mehr als die zahlreichen Heere.« »Ich kann meinem betrübten
Vaterlande nur das unfruchtbare Opfer meiner Thränen anbieten.« »Nein,
Ocollo, du kannst es vor seinem Untergange retten, du kannst die
Ketten der Sklaven zerbrechen, du kannst den Eroberer deines Reiches
überwinden. Pizarro liebt dich rasend, deine Blicke sind in sein Herz
gedrungen und haben in ihm einen schrecklichen Vulkan entzündet, du
weißt es, er hat dir das Geheimniß enthüllt, du kannst ihn lieben....«
»Den Mörder Atahulpas!« »Das Wohl Perus befiehlt es.« »Ein Opfer, das
meine Kräfte übersteigt, der Schatten Atahulpas, welcher Schrecken!...«

Almagro, der Pizarros ungestümen Charakter und die Liebe, die in
dessen Herzen glühte, kannte, sah, als er die feste Entschlossenheit
der Schönen gewahrte, die traurigsten Schicksale in der Zukunft der
neuen Welt voraus. Beredte Blicke auf seine Coya heftend, »gehen wir,«
sagte er zu ihr, »der Rath wird das Schicksal des Reiches bereits
entschieden haben.« Unter glänzender Begleitung zogen Ocollo, Coya und
Almagro in der größten Besorgniß nach der Rathsversammlung. Die Räthe
hatten bereits berathschlagt und überreichten dem Boten den Frieden.
»Wenn deine Gefährten,« rief Huascar aus, »den Frieden wollen, sind sie
ihrer Tapferkeit und der Macht ihres großen Herrschers würdig; wenn sie
aber unsere Vorschläge verweigern, hoffet nicht auf die Demüthigung
der Peruaner, ihre Gesetze und ihre Tempel aufrecht haltend, werden
sie rühmlich unter den Trümmern des Reiches begraben werden. Von dem
unglückseligen Augenblick an, in dem sie diesen Boden betraten, sind
wir die Opfer unserer Unschuld gewesen, und wir wollen, wenn uns nicht
Gewährleistungen geboten werden, uns nicht von Neuem auf Treu und
Glauben hingeben.«

Almagro brach aus: »Ich bin der Beauftragte, den Frieden zu
unterhandeln: Meine Gefährten werden ihren Schwur nicht verfehlen. Es
ist schwierig, euch zufriedenstellende Bürgschaft zu geben; aber wenn
sie die Vorschriften unserer heiligen Religion nicht hören wollen,
schwöre ich euch bei Jesus Christus, daß ich ihre Reihen verlassen, daß
ich an eurer Seite kämpfen werde; ich habe ebenfalls Anhänger in meinem
Lager, die vielleicht den Krieg blosstellen würden.«

»Deine Tugenden haben das Zutrauen des Reiches verdient,« erwiderte
Huascar; »mit dir wäre der Sieg unser: So höre denn das Abkommen.«

1. Die Tempel und Gesetze Perus sind frei und nur die Peruaner können
ihre politischen und religiösen Gesetze wieder einsetzen oder abändern.

2. Die Spanier leben unter dem Reiche der Gesetze ihres Herrschers und
der freien Ausübung ihres Cultus.

3. Die Spanier können ihre Religion verkünden, indem sie sich, um zu
ihrem Glauben zu bekehren, dabei der Ueberzeugung bedienen.

4. Das peruanische Reich bezahlt an den großen Beherrscher im Osten
jährlich hundert Viertelzentner Gold und zwölf Tausend Silber.

5. Die Spanier können in Peru frei kaufen und verkaufen.

6. Auswechselung der Gefangenen.

»Das sind die Uebereinkünfte,« wiederholte Huascar, »an den Artikeln
darf nichts geändert werden; wenn ihr den Frieden wollt, wenn Almagro
die Schwüre gewährleistet, werden Tod und Verderben aufhören; wenn ihr
aber unsere Schande sucht, erklären wir euch den Krieg, bis wir in den
Staub versinken.«

Bedächtig schrieb Almagro die Artikel nieder und rief in der
Rathsversammlung aus: »Der Frieden ist eurer und des großen Herrschers
im Osten würdig, ich nehme ihn an; ich werde darnach trachten, daß
meine Gefährten ihn vor dem heiligen Evangelium beschwören, und alsdann
wird Almagro dessen Unverbrüchlichkeit verantworten. Aber Peruaner,
ein einfaches Mittel bietet uns das Schicksal an, um unsere Bande zu
umschlingen; Ocollo seufzt in der Wittwenschaft, Pizarro vergöttert
sie; die Schöne gebe ihm vor dem Altare den süßen Namen eines Gatten.«

»Dem Mörder Atahulpas,« schrie Ocollo auf, »ich kann ihn nur
verabscheuen....«

Vericochas bestätigte, daß in Peru die Liebe unverbrüchlich sei, daß es
einzig Ocollo anginge, dem Krieger zu antworten. »Ich verabscheue ihn,«
wiederholte sie. »Sage Pizarro, er solle seine Liebe ersticken,« brach
Huascar aus, »daß das Reich nicht über die Herzen befiehlt, daß Ocollo
ihn nicht lieben kann.«

Tausend rührende Betrachtungen stellte Almagro an den Senat, aber auf
der Stirne Ocollos erglänzte der Abscheu, den ihre Seele zu Pizarro
hatte, und es war kein Abkommen möglich, weil die Peruaner die Schöne
niemals zum Opfer ihrer Angelegenheiten machen würden. Nachdem der
Spanier Huascar, Vericochas und den Räthen tausend zärtliche Umarmungen
ertheilt, bat er sie, ihm zu gestatten, auch die Gefangenen zu umarmen;
er weinte innig mit ihnen, versprach ihnen, daß sie bald in ihr Lager
und in ihr Vaterland zurückkehren würden, und fröhlich ging er aus der
Stadt, um die Uebereinkünfte mit seinen Gefährten zu behandeln.

Die schöne Coya schwur ihrem Geliebten von Neuem ihre Liebe zu.
Tausend Zärtlichkeiten und tausend Liebkosungen versicherten ihr
diejenige Almagros und glücklich sahen sie dem Ende ihrer Qualen
entgegen. Obschon im Heere erzogen, segnete Coya den Frieden, und
obwohl unter dem Getöse der Waffen geboren, fand Almagro nur im Frieden
das Mittel, sich an den Liebkosungen seiner Coya zu erfreuen. Die
Peruaner behielten ihre Gesetze und ihre Tempel, ihre Ehre war in
Nichts herabgewürdigt; wenn sie auch den Spaniern ungeheure Summen
bezahlten, lernten sie doch ihre Wissenschaften, ihre Künste und ihre
Civilisation; die einen wie die andern wären glücklich, die Zeiten
und die Sitten umschlängen ihre Bande, in Spanien würden Ströme
peruanischen Goldes fließen und Freunde und freie Brüder wären ihnen
vortheilhafter als unglückliche Sklaven. So schrieb es die Zukunft vor
und befahl es das Wohl der Nationen, aber im sechszehnten Jahrhundert
wogen am Hofe Karls des Fünften und seiner Abgesandten das Schwert und
das Kreuz mehr als die Vernunft, mehr als die Menschlichkeit und mehr
als das Wohl der Nationen.




                            [Illustration]




                              Kapitel 19.

                                 Sieg.


Der Donner der Kanone erschreckte die Cuzcaner nicht, es glänzten
keine Waffen in den Strahlen der Sonne und zwischen den beiden Heeren
herrschte die tiefste Ruhe. Voll von den süßen Hoffnungen, welche ihm
seine Vernunft, seine Empfindsamkeit und seine Liebe einflößten,
ging Almagro aus der Stadt hinaus, und der Senat und die Peruaner
warteten ruhig das Endergebniß der Unterhandlung ab. An der Spitze
ihrer Bataillone, schien Coya jene kriegerische Begeisterung, welche
sie in den einheimischen Kämpfen zum Siege geführt hatte, bereits zu
verlieren; das Schmachten der Liebe glänzte in ihrer Miene, und die
Liebe versüßte ihre Seele und erhöhte ihre Reize. In Schmerz versunken,
weinte Ocollo um Atahulpa und den Untergang ihres Vaterlandes; sie an
den Namen Pizarros zu erinnern, war ihre größte Qual; die Erde konnte
den Mörder des Inkas nicht zugleich mit der Schönen tragen.

Almagro kam in seinem Lager an, und unermüdlich dachten Pizarro und
Luque nicht an einen ehrenvollen Frieden mit den Peruanern, sie
dachten nur daran, ihre Zerstörungs- und Eroberungspläne mit Feuer und
Schwert auszubreiten und zu entrollen. Sie warteten jedoch ungeduldig
auf den Boten, um den Zustand der Niedergeschlagenheit zu kennen, in
welchem sich zufolge der von ihm einzuleitenden Friedensvorschläge der
Hof befand, und um die Tapferkeit und die Begeisterung der Peruaner
vollends zu kennen. Voller Zufriedenheit umarmte Almagro seine
Gefährten; »einen eurer Tapferkeit und der Größe unseres Herrschers
würdigen Frieden anerbietet uns das Reich: Dieses sind die Bedingungen,
sie werden unsere Brüder sein, sie werden unsere Größe ausmachen und
werden uns ihr Glück verdanken. Wenn ihr den Frieden annehmt, wie es
die Vernunft und das Interesse vorschreibt, werden die Schwüre nicht
von Neuem übertreten werden, mein Schwert ist für deren Heiligkeit
eingestanden«. Pizarro und Luque schwiegen mit geheimnißvollem
Stillschweigen.

Nachdem die Bedingungen, welche Almagro brachte, gesehen worden
waren, schrie Pizarro, daß er Sklaven wollte, und Luque, daß er im
Namen Jesus die Zerstörung der Sonnentempel verlangte. »Nein, weder
Waffenstillstand, noch Frieden«, sagte der Statthalter, »niemals«. »Die
Ehre der spanischen Waffen, das Interesse meines Herrschers befiehlt
den Krieg; die an Ketten gebundenen Peruaner werden das Kreuz anbeten
und werden dem Innern der Berge die Schätze erpressen, um den Thron des
Königs von Castilien zu zieren«. »Du weißt es, Pizarro,« unterbrach
ihn Almagro, »im Kriege erzogen, bin ich der erste gewesen, sich in
Gefahren zu stürzen, der Tod macht mir nicht bange, die Unehre entsetzt
mich; für mein Vaterland zu kämpfen und zu sterben ist meine Wonne
gewesen und wird mein Ruhm sein. Das Interesse aber unseres Monarchen,
die Vernunft, die Billigkeit, Alles schreibt den Frieden vor, welchen
uns das Reich anbietet; euch reißt vielleicht euer allzugroße Eifer,
eure Tapferkeit hin. Zur Sklaverei der Knechtschaft verdammt, durch
unsere Waffen zerfleischt, wird das Geschlecht der unglücklichen
Peruaner von der Erde verschwinden, und Menschen und Städte sind
vortheilhafter als Schutt und Leichen.«

Von Fanatismus erfüllt schrie Luque übermäßig auf: »Und du, Almagro,
du sähest die Tempel der Götzendiener, und fürchtetest dich nicht vor
dem Zorne deines Gottes?« »Mein Gott«, antwortete Almagro, »wird ihren
Verstand mit der Fackel des Glaubens erleuchten, sie werden seine
Allmacht kennen und seine Barmherzigkeit anbeten lernen. Dolch und
Flammen nehmen die Vernunft nicht gefangen, sie erpressen den Lippen
nur kalte Worte, die Seelen rühren sie nie, und Jesus Christus will
den innern Glauben, der äußere ist eitle Pracht.« »Satan bemächtigt
sich deines Herzens; flehe die Gnade Gottes an, den du verehrst.«
Luque schauderte vor Entsetzen. In tiefes Stillschweigen versunken
löste Pizarro dort in seinen Gedanken blutige Pläne.... »Und Ocollo«,
sagte er zu Almagro, »ist sie meiner Liebe zugänglich, geben ihre
Reize der Macht des Siegers von Peru nach? Deine Schmeicheleien
und deine Liebkosungen könnten vielleicht, wenn dein Herz auf die
Zärtlichkeit hört, ihre Seele fesseln, jetzt aber graut ihr davor,
den Namen Pizarros zu hören. -- Sie schaudert. -- Noch fließt in
ihrem Gedächtniß das Blut Atahulpas.« »Und soll die Liebe«, sagte
Luque, »die kostbaren Augenblicke, welche ihr Gott und eurem König
schuldet, mit Gewalt entreißen! Denkt einzig an die Eroberung von
Peru, verachtet die eitle Pracht des Satans: Ocollo und Coya sind vom
Teufel besessen, um die Zwietracht in unserm Lager zu säen; hört auf
die Stimme eures Verwesers. Meine Söhne, eilt zu den Waffen, verkündigt
den Sieg, fordert nicht den Zorn Gottes heraus, macht nicht, daß euch
der fürchterliche Bannstrahl zerschmettere«. »Hört das Mitleid an,«
rief Almagro. »Dein Gott befiehlt den Sieg«, sagte Luque. »Die Ehre der
spanischen Waffen verlangt die Zerstörung« rief Pizarro aus.

Umsonst war die Vermittlung Almagros; der Fanatismus trifft niemals
Vergleiche, der Untergang des Reiches war beschlossen. Inzwischen litt
sein Herz die roheste Qual. Würde der Friede nicht angenommen, sähe
er seine Angebetete nicht wieder: An der Spitze ihrer Krieger ginge
Coya in den Tod, das Grab entrisse seine Wonne, oder die Erbitterung
des Krieges trennte sie auf ewig. Pizarro im Gegentheil, fand nur im
Kriege seine Hoffnungen von wegen Ocollo; seine Gemüthsart gestattete
ihm nicht, sich der Zärtlichkeit nachgiebig zu zeigen, und der Stolz
als Sieger vermochte in seiner Seele mehr, als die Einflüsterungen der
Liebe.

Tausend Gedanken quälten Almagro. Seiner Liebe zu entsagen, war ihm
nicht möglich; sein Vaterland zu verrathen, war ein Verbrechen; wider
sein Leben zu trachten, war eine dem Christenthum entgegengesetzte
Moral. In so bedauernswerthem Zustande rannte er, vor Wahnwitz außer
sich, in die Nähe von Cuzco: »Fliegt zu den Waffen«, sagte er zu den
Peruanern, »Luque und Pizarro leugnen den Frieden; sagt dem Senate,
daß Almagro die Seelen seiner Gefährten nicht zu erweichen vermochte,
daß der Untergang des Reiches beschlossen ist; sagt Coya, daß Almagro
sie anbetet.« Ebenso schnell wie der Blitz floh er von den Mauern
und kehrte, die Cuzcaner voller Schrecken und Verwirrung lassend, zu
seinen Zelten zurück; und indessen Luque und Pizarro sorgfältig das
Entzücken ihres Gefährten beobachteten, sahen sie sich vor, sich vor
einem Verrath seiner Waffen zu sichern und bereiteten den Schlag vor,
um einen Anführer, der ihnen bei ihren Plänen in keinerlei Hinsicht
nützlich sein konnte, zu vernichten.

Das Abkommen wurde nicht so geheim gehalten, als daß nicht das ganze
spanische Lager die Bedingungen wußte, welche die Peruaner anboten, und
wenn die Mehrzahl für Raub und Angriff war, hatte auch Almagro seine
Anhänger, weil es gefühlvolle Menschen gab. Pizarro jedoch setzte,
gewaltthätig in seinen Befehlen, auf den Ungehorsam den Tod, und Luque
hatte, im Namen des Himmels redend, über die Fanatiker des sechszehnten
Jahrhunderts eine zauberische Gewalt. Einer wie der andere wußten sie,
den militärischen Schwenkungen Ueberstürzung gebend und so keinen Raum
zu Vernunftgründen und Verschwörungen lassend, sich die Augenblicke
nutzbar zu machen, und Pizarro drohte mit dem Tode und Luque mit dem
Kirchenbann. Den gewaltthätigen Schritt zu thun, Almagro abzusetzen,
konnte sie in den mißlichsten Augenblicken bloßstellen, und einmüthig
beschlossen sie, bis zur Vervollständigung des Sieges sich weiter zu
verstellen.

In der Stadt nahm man eine schnelle Bewegung wahr, die Rufe Almagros
griffen gar bald bis vor die Rathsversammlung um sich und widerhallten
in den fernsten Umkreisen von Cuzco; Alle eilten zu den Waffen:
Unermüdlich beseelte Huascar mit seiner Begeisterung die Krieger
und die Sonnenpriester ergossen mit trügerischen Schmeicheleien und
Prophezeihungen das Zutrauen unter die Tapfern. Von Vaterlandsliebe
entflammt, zerrissenen Herzens bei der Erinnerung an die Verlassenheit
ihrer Altäre, ermuthigte Coya, andrerseits die in ihren Augen
erhabenen Tugenden Almagros bewundernd, ebenfalls ihre Soldaten, und
Alle gingen, Gesänge an die Sonne und an die Freiheit anstimmend, in
den Tod.

Pizarro stellte seine Division von Neuem auf und wild begann der Kampf.
Die schwachen, beinahe schon zertrümmerten Mauern erbebten beim Donner
der Kanone und stürzten zusammen. Drei Mal rückte Pizarro an der
Spitze seiner Colonne zum Ansturm vor, drei Mal schlugen die Peruaner,
mit wehrlosen Brüsten gegen die Panzer und die Waffen fechtend, die
Spanier von den Mauern zurück; tausende von Peruanerleichen dienten
den Belagerern als Sturmleiter, aber die den Gefahren und dem Tode
überlegene Tapferkeit der Indianer erschrak nicht beim Zischen des
brennenden Bleies, noch beim Glanze der Waffen. Der Kampf war blutig:
Die kriegstüchtigen und von den Waffen ihrer Gegner unverwundbaren
Spanier gaben jedoch der Zahl und der Anstrengung nach und die Fahne
des Reiches flatterte ruhig auf den Mauern.

So lange Zeit in Peru kämpfend, kannte Pizarro die Taktik und die
Art der Kriegsführung der Peruaner. Bald aus sichern Beobachtungen,
bald aus Nachrichten, welche er von Gefangenen nahm, wußte er, daß,
die Fahne des Reiches ergreifend, das Heer sich zur Flucht erklärte
und der Sieg dem Feinde war. Von diesem Gedanken überzeugt, ordnete
er sein Angriffssystem an. An die Spitze von hundert auserlesenen
Soldaten gestellt und von seiner ganzen Abtheilung in geschlossener
Colonne unterstützt, ging er rasch auf die Fahne zu, welche auf den
Trümmern der Bresche wehte. Huascar und die vornehmsten Krieger thaten
hier Wunder der Tapferkeit; mit hundert Klauen verschlang hier der Tod
jeden Augenblick tausend Opfer, das Blut floß, die Zerstörung flog
umher, aber die unwiderstehliche Gewalt Pizarros, seine Waffen, seine
Mannszucht sollten über den Sieg entscheiden, und den Degen in seiner
Rechten schwingend, riß Pizarro mit seiner Linken die Fahne weg, und
das Reichsheer erklärte sich in eilfertiger Flucht.

Das Verderben hinter sich her führend, stürzten sich die Sieger auf die
Stadt und gaben sich lieber der Plünderung hin, als daß sie den Resten
des besiegten Heeres folgten; Pizarro aber, vorhersehend und immer
nach der schönen Ocollo ausschauend, hatte, indeß er siegreich die
Hauptstadt überzog, dem verwegenen Kapitän Soto befohlen, dem übrigen
Heere, das durch Feld und Fluren floh, mit der ganzen Reiterei so lange
nachzusetzen, bis daß er sich im schlimmsten Falle mit aller Gewalt
der Schönen bemächtigte, die er vergötterte, indem er ihm, wenn es ihm
gelänge, seinen entscheidenden Schutz für sein Vorrücken und einen
unermeßlichen Antheil an der Beute von Cuzco anbot. So würde, wenn
Ocollo in der Stadt geblieben war, Pizarro sich ihrer bemächtigen, floh
sie mit dem Heere, war es möglich, daß sie die Gefangene des kühnen
Sotos wurde; denn er glaubte, daß die Eroberung von Cuzco ihm auch den
Triumph seiner brennenden Wünsche sicherte, und nur das Grab Ocollo vor
ihrem unwiderstehlichen Verfolger retten könnte.

Ihre Hauptstadt verlierend, kamen die Peruaner um das ganze Reich:
Die ungeheuren Ebenen stellten ihnen, wenn sie, schon schwach und zu
Boden geworfen, auf’s Neue wagten, ihre Arme mit den unwiderstehlichen
Waffen der Spanier zu messen, nur Gräber vor. Dennoch boten sie von
den Cordilleren der Anden, wie Covadonga den Gothen, immer noch eine
Zuflucht dar; zwischen den steilen und uneinnehmbaren Gebirgen konnten
sie ihre physische Freiheit und ihr Dasein erhalten, um den Untergang
des Reiches zu beweinen.

Zwanzigtausend Peruaner fielen unter der Wucht der Waffen;
zwanzigtausend legten auf Gnade oder Ungnade der Sieger die Waffen ab;
viele flohen in entlegene Gegenden und noch andere folgten Huascar und
dem Rathe auf die Gipfel der Anden. Ocollo, welche als schwaches Weib
ebenfalls floh, war nicht im Stande, der Flucht des Heeres längere Zeit
zu folgen; Soto hieb den Nachtrab der Besiegten unwiderstehlich nieder,
und umsonst verkauften tausend Peruaner theuer ihr Leben, um die Schöne
zu retten, welche endlich Sotos Gefangene wurde, mit der er stolz nach
der Stadt marschirte. Coya, die nach Almagro, nach ihrem Vaterlande
seufzte, fuhr, um ihre Krieger jammernd, fort, sich zu schlagen und
sich in den Tod zu stürzen, aber das Blei und die Waffen achteten ihr
kostbares Leben und sie rettete sich mit den Ihrigen in die Anden.

Pizarro gab die Stadt der Plünderung preis; überall verbreitete er
Schrecken, und auf den Trümmern von Cuzco sitzend, gebot er als Sieger
über das Reich der Inkas; Luque hob die Hände zum Himmel empor und
dankte dem Herrn für den Sieg; und Almagro schien, bei dem Anblick der
Trophäen der spanischen Waffen, in tiefer Erstarrung wie versteinert.
Der Thron Karls des Fünften stieg auf den Schultern Pizarros über einem
Berg von Gold bis an den Himmel; die von diesem ruhmreichen Tage ab
leuchtende Sonne verbarg sich niemals für die spanischen Besitzungen.
Als sie sich, um dem mächtigen Hofe der Gothen Ruhe zu gönnen, zwischen
den Wellen begrub, fing sie an, für die neuen Erdtheile, wo ihre
Sklaven die Schätze, womit sich der Hof von Castilien schmückte, aus
dem Innern der Erde schafften, zu glänzen. Paul III. sah über den
Gestaden des südlichen Meeres vom Vatikane aus das Kreuz erglänzen, und
für die alte Welt und für das Christenthum eröffnete sich um die Mitte
des sechszehnten Jahrhunderts ein neuer Zeitabschnitt.

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 20.

                                Duell.


Die Einnahme der Hauptstadt und die vollständige Niederlage des
Heeres entschied das Schicksal des Reiches. Als Pizarro die schwachen
Mauern von Cuzco stürmte, beherrschte er die Grenzen des ausgedehnten
Inkareiches; der Schrecken breitete seine Flügel über Peru aus, die
Kreuzesfahne flatterte siegreich auf den Trümmern der Sonnentempel und
die Unterthanen der Inkas bogen vor der Macht des Königs von Spanien
den Nacken. Als das feindliche Banner von Pizarro ergriffen wurde,
setzte sich das Heer in eilfertige Flucht. Von einer kleinen Abtheilung
gefolgt und von den Großen des Reiches begleitet, rettete sich Huascar
in die Unzugänglichkeiten der Anden, und die Stadt wurde viele Stunden
lang der Plünderung und der Zerstörung preisgegeben.

Nachdem die Abenteurer den Ehrgeiz gesättigt hatten, dachte Pizarro
daran, sein Staatssystem zu befestigen und als Statthalter des Reiches
seine Befehle auszubreiten. Dieselben Verordnungen, dasselbe Benehmen,
das man in Cajamalca beobachtete, wiederholten sich in Cuzco; die
Einwohner wurden zur Knechtschaft, und indem sie das Wasser der
Erlösung empfingen, dazu verdammt, ihren frommen Glaubenslehren zu
entsagen, und die militärische, von dem rohesten Fanatismus geschürte
Gewaltherrschaft bildete die Grundlage der peruanischen Regierung.
Zu allen Zeiten Despoten, haben sich die Sieger unter den gleichen
Trümmern begraben, welche ihre Wuth niedergerissen hat.

Eine traurige, von den Seufzern der Sterbenden und von den Androhungen
der Sieger unterbrochene Todtenstille herrschte in der Stadt und
auf dem Lande, und nach dreitägigem Verweilen in Cuzco zerstreute
Pizarro den größten Theil seiner Macht in kleine, unter dem Befehl
der tapfersten Kapitäne stehende Colonnen, damit sie die Umkreise
des Gebietes durchzögen und die Mittheilungen der Hauptstadt in Gang
brächten. Beinahe nicht ohne Widerstand liefen die Detachements die
Umgegenden ab; kleine Horden von Peruanern flohen entsetzt, und in
wenigen Wochen dehnte sich die spanische Herrschaft in allen Grenzen
des Reiches aus.

Wie wir angegeben haben, wurde Ocollo auf dem Rückzuge durch den
Kapitän Soto zur Gefangenen gemacht, aber auch Huascar führte viele
spanische Gefangene mit sich, welche bisher nicht als Feinde behandelt
worden waren, sondern wie Männer, die, den Befehlen ihrer Anführer
gehorchend, unterlagen; als er aber die Greuelthaten von Cuzco erfuhr,
bemächtigte sich die Verzweiflung seiner Brust; er schwur vor der
Sonne, den Krieg bis auf den Tod zu führen, und die Gefangenen
wurden durch die Wuth der Besiegten zerfleischt. Jene gefühlvollen
Männer, welche von einer süßen, zarten Religion begeistert, sich damit
begnügten, ihre Feinde zu besiegen und sie über das Meer hinüber zu
werfen, verwandelten sich in blutdürstige Tiger, die verzehrten, was
ihnen in den Weg kam. Da sie ihre Freiheit, ihre Gesetze verloren
hatten, ihre Tempel zerstört und sie an die schmähliche Sklaverei der
Knechtschaft gebunden waren, konnte nur das Blut ihre Rache stillen;
beim Anblick des Todes malte sich die Fröhlichkeit in ihren Zügen, und
das Grab war die Stätte des Friedens der Peruaner.

Das wäre künftighin der Krieg, den die Inkas führten; die von Osten
Gekommenen würden ein Gegenstand ihres unversöhnlichen Hasses sein, der
Rachedurst würde sich auf die Geschlechter übertragen und der Boden der
neuen Welt würde sich mit Blut röthen. Ein Volk, das seine Freiheit
ausbreitend, in Verzweiflung geräth, ist ein rasender Strom, der den
Sieg hinter sich her reißt. Ein Volk, das für seine Freiheit und für
seine Voreingenommenheiten kämpft, ist unbesiegbar.

Als Pizarro erfuhr, daß Ocollo gefangen genommen worden war, glaubte er
alle seine feurigen Wünsche erfüllt. Peru hatte er bereits bezwungen
und er sah den Triumph seiner Liebe sehr nahe; Ocollo mußte seinen
verliebten Bitten nachgeben, oder die Stimme des Eroberers sollte die
Unglückliche zu Boden schlagen. Soto zog nach einigen Tagen in der
Stadt ein, und in Thränen versunken, mit aufgelösten Haaren, stellte
sich Ocollo vor den Sieger des Reiches, und vor Schmerz zerrissen,
aber mit kalter Ruhe, rief sie aus: »Ja, Pizarro, ich weiß mein
Schicksal bereits; glaube nicht, daß ich mich schwach zu deinen Füßen
niederwerfe, um ein Dasein flehend, das ich verabscheue. Als das
Leben Atahulpas mir Thränen abforderte, vergoß ich sie über deinen
Füßen; jetzt leidet Ocollo allein.« Wie von Raserei hingerissen, faßte
Pizarro die Schöne am Arme und trennte sie ein wenig von den Spaniern,
welche sie beobachteten. »Siehe, Unglückliche,« rief er aus, »siehe
meine Macht und fürchte meinen Zorn. Du, die du Atahulpa liebtest,
wirst den Taumel der Liebe fühlen können. Deine Schönheit, Ocollo,
entzündete, wenn es mir nicht gelingt, dieselbe in deinen Armen zu
ersticken, in meiner Brust eine unauslöschliche Feuerflamme; gieb
meinen Schmeicheleien nach, du sollst im Reiche befehlen, und ich werde
dein Sklave sein und werde glücklich sein.« »Du kannst dein Glück
nur unter Schutt und Leichen finden, du wirst schon glücklich sein.«
»Meine Seele giebt auch den Reizen nach, du allein hörst mich jetzt....
Diese Siegespracht, diese Berge von Gold, von Trophäen, das Alles
tauschte ich für deine Liebkosungen um, bedaure mich und zittere.«
»Ich bin ruhig.« »Liebe mich, Ocollo.« »Du bist besudelt mit dem Blute
Atahulpas.« »Mein Vaterland forderte es.« »Seine Liebe befiehlt, daß
ich dich verabscheue.«

Lange Zeit hindurch schien Pizarro, bleich, erstarrt, ein Opfer der
Ueberraschung und der Wuth, ein lebloses Wesen zu sein; aber wie
der Sturmwind das schwache Rohr hinreißt, so schleppte er sie, die
keusche Gattin, wüthend packend, bis vor seine Soldaten. »Fliegt, sie
soll sterben,« rief er verstimmt aus; doch ruhig, verwirrte weder ein
Seufzer, noch eine einzige Thräne das Antlitz Ocollos. Die Leidenschaft
Pizarros war dem Heere nicht unbekannt, und beim Anblick seiner
Gewaltthätigkeiten, seines geheimnißvollen Schweigens, durchschauten
sie alsbald die Ursache, welche das Opfer zur Richtstätte schleppte,
und ein dumpfes Gemurmel rührte die Abenteurer. Endlich erhob, als
Ocollo ihre schmachtenden Blicke nach ihm richtete, Almagro, voller
Tapferkeit und Edelmuth, seine Stimme und brach entschlossen aus:

»Nein, Pizarro, hoffe nicht, dieses arglose Opfer nach dem Richtplatze
zu schleppen; ich bin ein christlicher Ritter, meine Religion und
meine Empfindsamkeit rühren meinen Degen zugleich; Ocollo stirbt
nicht, ohne daß wir zuvor die Waffen messen.« Die Wuth erglänzte in
den Augen Pizarros, die Ruhe in den Mienen Ocollos und Almagros und
die Verwirrung in den Stellungen Luques und aller Abenteurer. Niemals
daran gewohnt, sich nicht befolgt zu sehen, und am wenigsten von einem
Menschen, auf den er mit Haß und als seinen Untergebenen herabsah, zog
Pizarro mit Blitzesschnelle seinen Degen, um sich auf den gefühlvollen
Ritter zu stürzen, und auch Almagro setzte sich im Augenblick zur
Wehre. Ein so edler und so tapferer Krieger rechnete auf Anhänger
im Lager, und eine elektrische Bewegung theilte sich der Masse mit:
Die blitzenden Waffen kochten in ihren Scheiden, und der Bürgerkrieg
drohte in einem Augenblick mit seiner ganzen Schrecklichkeit. Weltklug
genug, um die Resultate des immer bedrohlicher werdenden Ausbruches zu
erkennen, griff Luque, seinem Brauche gemäß, zur Stimme des Himmels,
um die Rechte zu entwaffnen. »Jesus Christus sieht euch, meine Söhne,
euch droht der Bannstrahl, haltet ein mit eurer Wuth.« Die Abenteurer
zogen sich ein wenig zurück, aber die Anführer waren bei der Stimme
des Priesters bereits taub, und umsonst hob der Verweser zwischen den
Degen das Kreuz empor. »Bei der Stimme Pizarros giebt das Weltall
nach,« rief der Statthalter aus. »Almagro fürchtet ihn nicht,« bestritt
sein Stellvertreter. »Vertheidige dich, Bösewicht.« »Nimm deine Brust
in Acht.« Benalcazar und Soto bemühten sich ebenfalls, die wüthenden
Degen zurückzuhalten, und Luque gelang es endlich, das Duell so lange
aufzuschieben, bis daß sie sich, von der Truppe getrennt, als Ritter
schlugen.

Die Empfindlichkeiten wurden wegen der Uebereinkunft nicht schwächer,
noch verminderte sich die Wuth. Man kam überein, daß Ocollo von
zwanzig, zehn von Pizarro und zehn von Almagro, gewählten Soldaten
bewacht würde, und der Eine wie der Andere befahlen, ihre Pferde zu
schirren, um in den Kampf zu ziehen. Die unglückliche Ocollo weinte
trostlos bei der Betrachtung der Lage ihres großmüthigen Vertheidigers
Almagro, und bekümmert rief sie: »Nein, Almagro, setze dein kostbares
Dasein nicht aus, um meine Qualen zu verziehen; der Tod ist mein
einziger Trost, das Ende meiner Leiden. Lebe, großmüthiger Krieger,
lebe, um Coya anzubeten und um an ihrem Glück zu schaffen.« Es war
nicht mehr Zeit; die Ehre gilt mehr, als das Leben und die Liebe;
Almagro sollte siegen oder besiegt werden.

Schon am Abend neigte sich die Sonne nach Westen hin, als die beiden
von Luque, Soto und Benalcazar und der ganzen spanischen Abtheilung
begleiteten Krieger muthig zum Kampf hinauszogen. In kurzer Entfernung
von Cuzco sollten sich die Klingen kreuzen, und zum ersten Mal genoß
die neue Welt das angenehme Schauspiel, zu sehen, wie sich deren
Eroberer untereinander die Brust zerfleischten, und wie sich zwischen
ihren Uneinigkeiten der Baum ihrer Freiheit und ihrer Unabhängigkeit
erhob. Kaum waren sie bei der Stelle angelangt, wurden die Entfernungen
genommen und die Degen aus der Scheide gezogen: Die blassen Strahlen
der scheidenden Sonne leuchteten trübselig auf den Hinterhalt, die
Helme und die Panzer, und die traurigen Ceremonieen Luques und die
Niedergeschlagenheit der Zuschauer erhöhten das Schauspiel mit dem
ganzen erhabenen Aufwand des Ritterstandes. Auf die Erde niedergeworfen
und die Hände zum Himmel emporgehoben, betete Luque zu dem ewigen Gott,
daß er die erregten Seelen erleuchtete und das Christenthum rettete,
die Kriegshelden aber bereiteten sich von einem Augenblick zum andern
vor, den Kampf zu beginnen. Man erwartete nur noch das Zeichen zum
Angriff; Soto gab das Zeichen, und wie wüthende Tiger stürzten sie
aufeinander los. Vom Sturmwind fortbewegten Mühlenflügeln glichen
die Degen; ihr Widerschein war ein weißliches, nie verschwindendes
Blitzen, und das Krachen der Panzer ähnelte dem Donner am fernen
Horizonte, der sich dumpf zwischen unwegsamem Gebirgslande dahinzieht.
Mit Blitzesschnelle folgten die Schläge aufeinander, und der Muth
und die Geschicklichkeit machten ihre letzten Anstrengungen. Die von
den spitzen Sporen angestachelten Pferde wieherten, weiß geworden
vor dampfendem Schaum, und dem furchtsamen Schauspiele entfliehend,
begrub sich die Sonne in den Bergen und schickte nur einen schwachen
Dämmerschein auf die Erde. Vergebens beabsichtigten die Kämpfenden mit
den blitzenden Waffen, dem Tode einen Weg zu bahnen; die Rechte ließ
ermüdet nach und die Schatten der Nacht dehnten sich am Himmel aus. Die
Zuschauer, welche unbeweglich die Kämpfenden bewundert hatten, gaben
das Zeichen, den Kampf einzustellen, und Luque hob das Kreuz zwischen
den Degen empor. Beim Aufschieben eines Duells verschwand unter Rittern
des sechszehnten Jahrhunderts der Zorn, die Feinde wurden zu Gefährten,
welche bis zur Wiederkehr des Kampfes einander fröhlich bei den
Schmäusen zutranken, und Almagro und Pizarro waren zu höflich und zu
sehr Ritter, um nicht den Einwirkungen ihres Jahrhunderts zu gehorchen;
alle zogen sich nach der Stadt zurück und gaben sich unter dem Lebehoch
der Soldaten den Annehmlichkeiten eines Gastmahles hin.

Ocollo unterdessen bewahrte ihre Seelenruhe in einem bequemen, ihrer
hohen Rangordnung entsprechenden Gefängnisse, ihr Herz aber war von den
grausamsten Qualen bekämpft. In Mitten ihrer Feinde, von den Mördern
Atahulpas umgeben, unter dem Drucke der Erinnerung an Huascar, Coya und
des Rathes, die am Ende frei lebten, Schreckensauftritten beiwohnend,
sehnte sie sich bald darnach, zu sterben um ihre Leiden zu beschließen,
bald war ihr das Leben kostbar, um das Schicksal derer zu sehen, die
sich in die Anden retteten. Almagro verließ sie nicht; nach dem Kampfe
waren seine ersten Sorgen sie zu trösten, und am nächsten Tage sollte
er zu ihrer Vertheidigung wieder zum Duell gehen.

Coya, die Dank der Raschheit ihrer Fußgänger das großmüthige Benehmen
Almagros mit ihrer zärtlichen Freundin erfahren hatte; Coya, welche
wußte, daß das Dasein Almagros und Ocollos zugleich Gefahr liefen,
konnte, ohne auf Kosten irgend welcher Gefahren zur Vertheidigung ihrer
beiden Lieben in die unmittelbare Nähe von Cuzco zu fliegen, nicht
unter den Ihrigen bleiben. Umsonst widersetzte sich der Rath ihren
Plänen, Coya gab mit unwiderstehlichem Zauber zu erkennen, daß sie, von
wenigen und flinken Kriegern begleitet, die Flur von Cuzco befeinden
würde, und der unerschrockene Huascar, der schon vor Blutgier brannte,
billigte den Plan Coyas, indeß er ein neues Heer vorbereitete, um damit
in einen wilden Feldzug zu ziehen.

Die Peruaner hatten auf Kosten von Strömen von Blut die Kriegskunst
der Spanier erlernt und hatten sich mit dem Gewieher der Pferde und
dem Knalle der Kanonen vertraut gemacht. Mit den Gefangenen hatten sie
einige Pferde ergriffen, und Huascar und Coya führten bereits Krieg
auf den Vierfüßlern, welche ihnen so großen Schrecken einflößten. An
der Spitze von tausend Peruanern fiel die verliebte Kriegerin, nicht
nur von dem brennenden Verlangen, ihren Almagro zu sehen, sondern
auch von dem Wunsche getrieben, die Rettung ihrer geliebten Ocollo zu
bewerkstelligen, oder einen ruhmvollen Tod zu finden, über die Fluren
von Cuzco her. Als Almagro erfuhr, daß Coya sich der Stadt näherte,
war das Feuer seiner Liebe bereits unwiderstehlich; in Mitten seines
Taumels glaubte er, daß es einzig ihre Liebe war, welche die Schöne
führte, bald aber sah er andrerseits, daß ein von der Anstrengung der
Eroberer besiegtes, furchtbares Heer floh. Was konnte sich Coya mit
tausend Kriegern mehr versprechen, als eine sichere Niederlage? Huascar
hatte die Spanier, welche besiegt worden waren, eines grausamen Todes
sterben lassen; Pizarro verbreitete Schrecken in Cuzco und im ganzen
Reiche, einzig die schwarze Fahne flatterte an den westlichen Gestaden,
und Coya würde, gefangen genommen, unter Qualen aushauchen. Ocollo
fühlte bereits keine Kraft mehr, ihre Leiden zu ertragen, tausend Mal
zöge sie den Tod dem Unglücke Coyas vor, und Almagro sollte sich immer
noch für sie schlagen.

Die Kriegsmacht, welche Coya anführte, schüchterte Pizarro wenig ein;
eine kurze Truppenabtheilung genügte, um sie zu besiegen; Luque aber,
wie gewohnt vorherzusehen, fürchtete ihren Einfluß auf die Spanier;
mit Schätzen schon zufriedengestellt, erkannte er mit den innern
Zerwürfnissen das Mißliche des spanischen Lagers. Es schien ihm, daß
das, was sich am Besten mit der Sache des Christenthums schickte,
wäre, den ganzen Einfluß des Priesterthums geltend zu machen, um das
Duell der Anführer einige Tage aufzuschieben und so die Einigung
herbeizuführen, darnach zu trachten, daß Ocollo der Liebe Pizarros
nachgeben würde, oder Almagro einen Schlag vorzubereiten, dessen
er sich nicht erwehren könnte. Das war seine Thätigkeit, das war
die Macht, welche der Verweser über die Fanatiker des sechszehnten
Jahrhunderts ausübte, denn er siegte endlich, und das Duell wurde für
zehn Tage aufgeschoben.

Da die Kriegsmacht Coyas keine gebietende war, und sich, damit
begnügend, die nahen Berge zu besetzen und die Auswanderung zu
beschützen, kaum feindselig zeigte, ging man ebensowenig in deren
Verfolgung thätig vor, und nur eine kurze, so viel wie möglich war,
von Almagro lahm gelegte Truppenabtheilung sorgte dafür, daß sie nicht
auf die Fluren herniederstiegen, noch die Mittheilungen hinderten.
Benalcazar befehligte das Detachement; Benalcazar, wiewohl er im
Verborgenen der erste von Almagros Anhängern war, und Coya lief niemals
Gefahr.

Sobald die Nacht ihren schwarzen Schleier ausbreitete, ritt, trotz
des Hasses und dem fortwährenden Mißtrauen, das er seinen Gefährten
einflößte, der verliebte Ritter auf seinem schnellen Pferde in die
Berge, auf der Suche nach seiner Angebeteten. Luques und Pizarros
gewaltthätiger Charakter konnte nicht mehr länger einen Gefährten
dulden, welcher, weit entfernt, bei der Zerstörung der neuen Welt
mitzuwirken, ihre sämmtlichen Pläne durchkreuzte und die Zwietracht
säete: Die Entzweiung war unerläßlich, und Almagro sollte, weil es
sowohl dem Throne als auch der römischen Curie also daran lag, ein
Opfer ihrer Wuth werden.

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                              Kapitel 21.

                            Staatsklugheit.


Wir werden mit der schnellen Erzählung der Ereignisse einen Augenblick
inne halten, und dabei verweilen müssen, einen flüchtigen Blick auf
das sechszehnte Jahrhundert zu werfen und die politische Lage Europas
zu untersuchen, und folglich auch die politische Lage, worauf die
neuen Festländer gegründet werden sollten, wohin der Ehrgeiz die
Europäer schleuderte. Das große peruanische Reich gehorchte, wie wir
gesehen haben, den Befehlen Pizarros, und hatte als erobertes Land,
und am meisten in jenem unheilvollen Zeitabschnitte, gerade eine
schreckliche militärische Gewaltherrschaft zu erleiden, und nur in den
Unwegsamkeiten der Anden athmete man den balsamischen Duft der Freiheit
und der Unabhängigkeit; aber das geringe in die Berge geflüchtete Heer
konnte keinerlei Hoffnungsstrahl auf sein Vaterland zurückwerfen.
Das Reich der Inkas war unter den siegreichen Fußstapfen Pizarros
verschwunden; Pizarro als Eroberer war das unumschränkte Oberhaupt des
Reiches, und bei der Stimme Pizarros erzitterten die eroberten Gestade.

Wie wir bereits ebenfalls gesehen haben, nahmen bei der Ankunft
Fernandos in Cajamalca mit den achthundert Abenteurern von Panama und
den umliegenden Kolonieen viele von den mit der unermeßlichen Beute
schon Bereicherten ihren Urlaub und kehrten mit Schätzen beladen an
ihren Herd zurück. Die Folgen waren natürlich; der Ehrgeiz mußte
sich durch die zunächst liegenden Festländer in schnelle Bewegung
setzen, und da die Verbindung mit Panama, Darien und den angrenzenden
Kolonieen gesichert war, würden Tausende von neuen Abenteurern nach
dem zerstörten Reiche der Inkas strömen, begierig, ihren Ehrgeiz an
seinen unversiegbaren Quellen des Reichthums zu stillen. So war es in
Wirklichkeit, und alle die nahen Festländer fielen über die Bucht von
San Mateo her; und Cajamalca und Cuzco und alle irgendwie bedeutenden
Ortschaften wurden von neuen Abenteurern verheert, die entweder bald
in die Reihen der Kriegsmacht Pizarros eintraten oder bald wegen
andern weniger ehrlichen Mitteln ihr Thunlichstes zur Beraubung des
Landes beitrugen, doch so, daß ein jeder ein vortheilhaftes Glück
dabei machte. So eröffnete sich denn, aber unter dem Siegel der
Unredlichkeit, der Gewaltthätigkeit und des Raubes, weil es in einem
vom Schwerte und vom Fanatismus beherrschten Lande unmöglich wäre,
an ehrenvolle Handelsbeziehungen zu denken, binnen sehr kurzen Tagen
in der ganzen Ausdehnung der südlichen Gestade ein thätiger Handel.
Verächtliche Manufakturen wurden zu übermäßigen Preisen verkauft, die
köstlichen Früchte Perus wurden mit fünffachem Gewinne exportirt, und
wie ein gehaltreicher Strom floß das Gold und das Silber des üppigen
Inkareiches Europa zu.

Aber so einträgliche Resultate so ein schmählicher Handel auch
darbot, bot sich dem Ehrgeiz eine andere, reichlichere und schnellere
Quelle dar, und das war die Bergwerkskunde. Obschon Pizarro so
vielen erheblichen Ausgrabungen und Ausbeutungen, welche unternommen
wurden, den Stempel königlicher Unternehmungen gab, blieben für die
Arbeitsamkeit und den Gewerbefleiß doch noch große Hülfsquellen übrig.
Die Ströme führten verschiedene Edelsteine mit sich; die Gebirge warfen
in dichte Erdschichten, welche die Menge nicht kannte, eingehüllte
Adern von Gold und Silber wie aus ihrem Schooße heraus, und der
unangebaute Reichthum der neuen Welt erfüllte den Ehrgeiz Aller. Selbst
die königlichen Unternehmungen bedurften, da deren Gewinne wegen des
gänzlichen Mangels an Rechnungsführung und Dazwischenkunft begrenzt
waren, für ihre ungeheuren Arbeiten hundert gewerbsthätiger Arme, und
Pizarro, um den Ehrgeiz der Heeresanführer und nachher den Hof von
Castilien zu befriedigen, gewährte, um sich seinen Günstlingen dankbar
zu erzeigen, vielen Ehrgeizigen, welche auf ihre Rechnung gründliche
Einblicke hätten, Bergwerkspatente, die ihnen allgemein als Resultat
üppige Reichthümer gaben.

Dieser ungeheure Bergwerkszweig erforderte zu den großen Ausgrabungen
gezwungenerweise unendliche körperliche Arme, und hier ist es, wo
sich die Seele entsetzt, die Feder sich sträubt, und kaum die dunklen
Blätter des sechszehnten Jahrhunderts zu durchdringen und seine
Greuelthaten zu beschreiben wagt. Alles wäre dieser unheilvollen
Epoche zu verzeihen, wenn ihre Herabwürdigung nicht so weit ginge, das
Blut der Menschen zu verschachern: Aber die Geschichte aller Nationen
ermächtigte unglückseligerweise die Eroberer von Peru, die Sklaverei
mit allen ihren entsetzlichen Folgen nach jenen jungfräulichen Gestaden
zu bringen. Die Kriegsgefangenen, die Unglücklichen, gegen welche
irgend eine politische oder religiöse Angeberei erlassen wurde, die
Unglücklichen, denen wegen Anklagen irgend welcher Art das Beil des
Scharfrichters oder der Scheiterhaufen des Inquisitionsgerichtes
verzieh, waren als Sklaven erklärt, deren Eigenthum die Kriegsanführer
oder die Verwandten der Mächtigen erwarben, und deren Besitzthum
man durch das Kaufrecht wie irgend eine andere Waare von den einen
Europäern auf die andern übertrug. Die an schwere Ketten gebundenen
unglücklichen Sonnenanbeter wurden zu den Ausgrabungen und zur Führung
der Transporte verwendet, und an ein mildes Klima, und weil der Boden
Perus seine köstlichen Früchte hervorbrachte, ohne daß der Landmann
seinen bittern Schweiß über die Schollen vergoß, auch an leichte Arbeit
gewöhnt, fielen sie, von der Arbeit und der Schärfe einer schwefeligen
Atmosphäre übermannt, in den tiefen Ausgrabungen zu Tausenden erstickt
nieder, und das geringste, mit der Stimme der Empörung geschilderte
Anzeichen von Ungehorsam wurde mit dem Blute von tausend Opfern
bestraft.

Der Feudalismus, welcher in dem barbarischen sechszehnten Jahrhundert
Europa noch beherrschte, schien die Grundlage der ominösen Knechtschaft
Amerikas zu sein; zwischen einem Lehensmann und einem heidnischen
Sklaven war gar kein so großer Unterschied. Ein Christ im sechszehnten
Jahrhundert war ein von der Erde bevorzugtes Wesen, der Lehensherr
jedoch zeichnete ihn wie einen Lieblingshund mit einem eisernen
Halsband aus; ein Götzendiener der Sonne war ein im Himmel und auf
Erden verfluchtes, verabscheuungswürdiges Geschöpf, ein ekelhafter
Aussatz. Was konnte er im sechszehnten Jahrhundert von seinen Siegern
mehr erwarten, als Ketten, Schmach und Knechtschaft? In Peru hatte der
Herr das Recht über Leben und Tod seiner Sklaven, das Recht, den Vater
aus den zarten Armen seiner Kinder zu reißen, das Recht, die Gattin
von dem keuschen Lager des Gatten hinwegzuführen; und das Blut der
unschuldigen Sonnenanbeter war der erste Handelsartikel der Europäer.
Oh! daß sich das Gedächtniß jener Schreckensauftritte nimmermehr
erinnerte!!

Ganze, in Knechtschaft geborene Familien und Kinder hielten sich für
glücklich, die Ketten nachzuschleppen, wenn sie sich wenigstens der
väterlichen Zärtlichkeit und Liebkosungen erfreuen durften; aber
kaum ergoß die Sonne ihr Licht über die Erde, als sich der Horizont
für jene Opfer mit dem Schatten der Hölle färbte. Der rüstige Vater
verließ träge das Lager der Gattin und der Pfänder seiner Liebe, um an
die Arbeit zu gehen, bei der er vielleicht an jenem Tage sein Leben
aushauchte; vielleicht streichelte ihn das zarte Kind mit seinen
unschuldigen Händchen, und der Vater benetzte sie mit Thränen der
Trostlosigkeit, wenn die unerbittliche Peitsche des Herrn auf seine
Schultern niederfiel und ihn seiner Wonne benahm. Hier sah die Gattin
den Europäer den Preis des Gatten merken, und ihn aus ihren Armen
entreißend, ihn fortschleppen, um in der weiten Welt zu sterben;
dort schaute der gefühlvolle Vater in einem blassen Metalle das Blut
seines zarten Sohnes, und gab, wenn ihn der Europäer seinen Armen
entriß, damit er in entlegenen Himmelsstrichen die Ketten der Schmach
schleppte, vor Schmerz den Geist auf. Ah! wie viele Unglückliche
stürzten sich hinter den Schiffen her, welche ihre süßen Lieben
entführten, in die Wogen! Wie viele gaben sich, in Verwünschungen wider
den Herrn ausbrechend, die Augen zum Himmel gewandt, einen gewaltsamen
Tod! Wie viele waren in Todesängsten ein Opfer des Schmerzes, den sie
in ihrer Brust erstickten! Genug, genug, mehr nicht, werfen wir einen
dichten Schleier über so großen Schrecken und so große Schmach.

Aber dem sechszehnten Jahrhundert genügte die körperliche Sklaverei des
Menschengeschlechtes nicht, die Gewissen mußten ebenfalls geknechtet
werden. Luque konnte in den ersten Augenblicken der Eroberung nicht
für sich allein erwarten, weder seines Amtes als Priester zu walten,
noch allen Götzendienern der Sonne zu predigen oder sie zu erschrecken
und über deren Häupter das Wasser der Taufe auszugießen, oder dann
sie als unbußfertig und verflucht in die Flammen zu werfen; und seine
Einladungen einerseits und der Ehrgeiz andrerseits brachten auch in
jene Regionen Priester von allen Klassen und Ständen, welche mit dem
Fanatismus ihres Jahrhunderts die Henker der unschuldigen Anbeter
des Gottes, der die Tage entflammt, wären. Die berühmten Dekrete
von Cajamalca wurden in dem ganzen Reiche zur Ausführung gebracht,
und die Unglücklichen, welche nach dem Gebirge flohen, mußten ihre
neuen Glaubenslehren verleugnen, oder waren Opfer der Wuth und der
Flammen der Inquisition; und diejenigen, welche dem Schrecken oder der
Ueberzeugung entrissen, zur christlichen Kirche gingen, wurden mit der
ganzen Härte eines Katechumenen der ersten Jahrhunderte behandelt.

Von den unglücklichen Sonnenanbetern empfingen die einen, um ihren Tod
zu verzögern, das Wasser der Erlösung, und die wenigsten traten aus
Ueberzeugung getrieben in den Schooß der Kirche ein. Das Gewissen
der Erstern war ihre grausamste Geißel; sie mußten sich bei den
Feierlichkeiten des christlichen Gottesdienstes einfinden, und wenn
sie die Sonne im Osten erglänzen sahen, wurden sie, ihre Abtrünnigkeit
verfluchend, von Schrecken erfaßt, und vielleicht lästerten sie
das Christenthum, und litten mit doppeltem Grausen die Schläge
ihres Gewissens. Diejenigen, welche von ihrem Herzen begeistert, an
Jesus Christus glaubten, waren, ebenfalls unglücklich, Opfer ihrer
Unwissenheit! Die fanatischen Priester erfüllten ihre Seele mit
schwermüthigen Vorurtheilen; sie verkauften den Himmel zu so theuern
Opfern, daß alles Gold und alle menschliche Tugend nicht genügte, die
ewige Seligkeit zu erlangen, und die Gewissensangst ist der größte
moralische Jammer des Menschengeschlechtes. Die zarte Religion Jesus
war ihrem Gründer nicht bekannt; ihr süßes Wesen, ihre einfache
Moral verwandelte sich in die Furcht einer qualvollen Nacht; die
Inquisition verbreitete ihre Greuel, und niemals gelangte an Luque, als
Generalverweser, die Berufung einer Verleumdung; die untergeordneten
Priester genügten, die Opfer bis vor die Flammen zu bringen.

Das war der gesellschaftliche und innere Zustand Perus, und von den
angrenzenden Kolonieen strömten dem Reiche beständig neue Ehrgeizige
zu, und die Kriegsmacht Pizarros war schon beträchtlich, und eben
so üppig waren die Schätze der Abenteurer, als er in den Tagen, da
der Waffenstillstand mit Almagro dauerte, zum ersten Mal von der
Metropole Befehle empfing. Der Hof von Castilien sah mit Erstaunen
die Fortschritte der Expedition von Panama; er bewunderte das Genie
und den kriegerischen Charakter Pizarros: Pizarro war der Abgott der
Könige, der Großen und des Volkes, und mit Uebermuth sah Philipp
II. von seinem umtrauerten Throne herab die Sonne in seinem Reiche
niemals untergehen. Bei den Nachrichten Pizarros und Perus setzte
sich die Diplomatie des Jahrhunderts in schnelle Bewegung; kaltblütig
berechneten die Thronräthe ihrer Gewohnheit gemäß die Interessen ihres
Monarchen und verachteten die Menschen und traten die Menschheit
mit Füßen. Alsbald wurden Gesetze und Vorschriften aufgestellt,
worin man die Sklaverei billigte, worin man den Verkauf von Sklaven
gewährte, worin man die Priester und die Kriegsanführer für die größte
Verbreitung des Christenthums verantwortlich machte, worin man die
Inquisition unter den ungerechtesten Grundlagen festsetzte und worin
man endlich die Zerstörung des neuen Reiches befahl.

Da in jenem dunkeln Jahrhundert die wahrhaftigen Grundlagen des
Reichthums und der Macht der Reiche unbekannt waren, dachte man
nur daran, die Kolonieen zu plündern und ihre Reichthümer nach der
Metropole zu schleppen. Die Throne verachteten im sechszehnten
Jahrhundert die Fortschritte der Künste; der Ackerbau war ein
eingebildeter Name, dessen Resultate dem spärlichen Scharfsinn der
Epoche entgingen, und die gesellschaftlichen Rechte waren mit der
wilden Gewaltherrschaft, welche ihre Flügel von der einen Welt bis
zur andern erstreckte, durchaus im Widerspruch. Von Pizarro wurden
nur Schätze gefordert; die Art und Weise, sie zu entziehen oder zu
entreißen, blieben seiner Willkür überlassen. So ungeheuerliche
Prinzipien bildeten in den ursprünglichen Zeiten die Grundlagen des
Verkehrs der Metropole mit den neuen Festländern.

Die Eroberung von Peru verkleidete sich außerdem mit dem religiösen
Deckmantel, der alle widerrechtlichen Besitzergreifungen jenes
Jahrhunderts zudeckte. Der erste Abenteurer, welcher in einem Festlande
zu Boden sprang, nahm im Namen des höchsten Stellvertreters Christis,
der alsdann den zeitweiligen Königen die Verleihung gewährte, davon
Besitz. Der Hof von Rom entfaltete alle seine Rechte und seinen ganzen
Einfluß auf die Eroberung von Peru, aber er hatte vom Hofe Philipps zu
viel Geschenke empfangen, um ihm undankbar zu sein, und Philipp hatte
zu viel Fußvolk und Reiterei, als daß Rom ihn nicht fürchtete und ihm
seine pflichtschuldigsten Huldigungen darbrachte. Der Hof von Rom
gewährte den Königen von Castilien die Verleihung Perus, aber der Hof
von Rom forderte der Gewohnheit in jenen Jahrhunderten der Unwissenheit
gemäß, für seine eingebildeten Rechte unerhörte Zurechnungen. Das Recht
der Erwählung von Prälaten, die übertriebenen Erpressungen für Bullen
und Bewilligungen, der thätigste und gewinnbringendste Einfluß aller
Art Handel haftete der römischen Curie stets an.

In Mitten der Unruhen seiner heftigen Liebe zu Ocollo, in den
Augenblicken, da er auf das Duell mit Almagro zurückkommen sollte,
empfing Pizarro Mittheilungen von der Metropole, die seinem Stolze und
seiner wirklichen Macht zu sehr schmeichelten. Der Hof von Castilien
ernannte ihn feierlich zum Statthalter und unumschränkten Gebieter des
ganzen Reiches; Pizarro war der erste Priester, das erste militärische
Oberhaupt und die erste obrigkeitliche Person; er war der Caligula
und der Domitian der neuen Welt, und die Metropole forderte nur einen
Fünftel von all’ den Reichthümern, welche er erpreßte, als Belohnung.
Bei der ungeheuren Eroberung war eine unschätzbare Beute in den Händen
der Abenteurer geblieben, und Pizarro, scharfsichtig genug, um die Art
zu kennen, seinen Einfluß bei Hofe zu sichern, hatte für die Krone eine
Unmenge von Gold und Silber vereinigt, womit in San Mateo viele Schiffe
und Galeeren beladen wurden.

Das Schicksal des Reiches änderte sich bei den Mittheilungen der
Metropole in nichts. Die Rathsherrn von Madrid wußten nicht mehr,
noch waren sie menschlicher als die Eindringlinge; derselbe Ehrgeiz,
derselbe Fanatismus beherrschte sie, und die Vorschriften oder legalen
Körperschaften, denen sie die Metropole unterwerfen sollte, mußten
den Raub, die Zerstörung und die Schmach bezwecken. Das Ansehen
Pizarros erwarb neue Kraft und neuen Muth, vergebens mochte irgend ein
gefühlvoller Mensch am Hofe die Stimme gegen seine grausame Tyrannei
erheben; am Hofe Philipps wollte man nur Schätze und Anhänger des
Christenthums; Pizarro überschüttete sie mit Strömen von Gold, und die
Scheiterhaufen der Inquisition brannten fortwährend. Das Schicksal
der neuen Welt schien bereits festgesetzt zu sein; der Hof von Rom
und der Hof von Madrid sollten jenem unschuldigen Boden den Charakter
und das Genie des sechszehnten Jahrhunderts aufdrücken, aber dessen
Bewohner mußten, um sich von der Götzendienerei zu reinigen, den Vater
des Lichtes angebetet zu haben, von der Erde verschwinden. Das war das
Schicksal aller von andern Europäern in Besitz genommenen Festländer
gewesen. Die Diplomatie jener Aera schien ihr Behagen einzig an der
Zerstörung zu finden.

Die bewaffneten Männer und die Priester in Peru waren die Beauftragten,
das Reich seiner Schätze zu berauben, und die unermeßlichen Schätze,
welche ihnen noch übrig blieben, der Metropole zu überweisen. Am
Hofe Philipps schlief man unter dem Golde ein; bis auf unsere Tage
kreuzten schnelle, spanische Galeeren die Meere, um die Reichthümer der
neuen Welt nach Spanien zu überführen; der Hof von Madrid schwelgte
im Ueberfluß, das Gold floß in Strömen: Mit einem Berge von Gold
errichtete man San Lorenzo im Escurial, diesen Prachttempel, das achte
Wunder der Welt; mit einem andern Berge von Gold machte man in der
herrlichen Granja die reizenden Springbrunnen von Versailles vergessen;
ein Berg von jenem Golde sollte dazu bestimmt sein, Alcazar[5] der
Könige in Madrid zu werden; mit einem andern beherrschte man den Tajo
in Aranjuez, um dessen üppige Gärten zu heben; die Kirchthürme und
Münster verschlängen ebenfalls ein Meer von Gold, aber niemals dachten
Philipp noch seine Höflinge daran, auch nur den geringsten Ueberfluß
so übermäßiger Schätze dafür zu bestimmen, dem öffentlichen Reichthum
ihres Vaterlandes aufzuhelfen, die Verkehrswege zu erleichtern, noch
dessen Handel zu beschützen. Ueppige Tempel und Thürme, worin sich der
Stolz und der Hochmuth des Fanatismus des sechszehnten Jahrhunderts
hervorthat; prächtige und prunkhafte Festungspaläste, fantastische und
köstliche Gärten und Obelisken zwischen unfruchtbaren Gebirgen, worin
sich die Könige dem Vergnügen hingaben und ihre armen Gehirne in Stolz
und Wollust schwelgten; das sind die glänzenden Andenken, welche uns
unsere Väter hinterließen, für die Ströme von Gold, von Schweiß und
von Blut, die sie den Sonnenanbetern, den Unterthanen der Inkas, den
unglücklichen Bewohnern der neuen Welt entrissen.

[5] Festungsschloß.

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 22.

                            Verurtheilung.


Wir werden die trübseligen Betrachtungen der religiösen und politischen
Lage der Festländer der neuen Welt in den ursprünglichen Zeiten der
Eroberung der Einsicht unserer Leser überlassen und wiederum auf die
Ereignisse unserer Geschichte zurückkommen.

In den Mittheilungen, welche er vom Hofe empfing, fand Pizarro seinem
Stolze und seinem unbegrenzten Ansehen geschmeichelt; aber die neue
Macht des Statthalters entkleidete ihn nicht des Charakters eines
sonderbaren Ritters und verschmähten Liebhabers; Ocollo war seine Liebe
und seine Qual, und der Waffenstillstand ging zu Ende, und er sollte
auf das Feld der Ehre fliegen, um sich mit Almagro zu schlagen. Luque
hatte die Bestätigung seiner Eigenschaft als Generalverweser ebenfalls
erhalten, und seine Seele hatte mit derjenigen Pizarros zu viele
Berührungspunkte, als daß sie nicht eine innige Freundschaft und ein
vollständiges gegenseitiges Vertrauen vereinigte; und er verzieh kein
Mittel von so vielen, die in seinem Bereiche lagen, um zu verhüten,
daß er von Neuem auf das Duell zurückkam. Er kannte den Muth und die
Standhaftigkeit Pizarros sehr wohl, aber ebensowenig verbarg sich ihm,
daß Almagro tapfer und in der Handhabung der Waffen zu erfahren war,
und Luque schauderte bei der bloßen Betrachtung, daß Pizarro besiegt
werden könnte. Aber er griff ein schwieriges Unternehmen an; umsonst
redete er im Namen des Himmels zu den beiden Kriegern: Pizarro kannte
kein anderes Ziel, als von Ocollo geliebt zu werden, oder ihr ihre
Ehrbarkeit zu entreißen und sie auf den Scheiterhaufen zu schleppen;
und Almagro hatte vor seinem Gott betheuert, daß er die Tugend und die
Unschuld nicht mit Füßen treten sehen würde.

Um seinen Zweck zu erreichen, verwundete Luque, indem er ihm
schilderte, wie unpassend es wäre, sich mit einem Untergebenen zu
schlagen, den Stolz Pizarros, und er sah einen Mord oder eine fromme
Verleumdung für einfacher an; aber immer ritterlich, gab Pizarro Luque
mit Festigkeit sein Mißfallen zu verstehen und bereitete sich zum
Kampfe vor. »Er lebe,« wiederholte er, »um der Gewalt meiner Klinge zu
weichen.« Für seinen Theil waren Almagro an der Seite seiner Ehre sein
Leben und seine Liebe nur zu verächtlich; ein wahrhaft ritterlicher
Charakter beherrschte ihn, und umsonst gebrauchte Luque seine ganze
Macht und seinen Einfluß.

Unterdessen sah, ein Opfer der rohesten Qual, Ocollo Coya großmüthig
in die Gefahren fliegen, um das Vaterland zu retten; sie sah Huascar
und die Adeligen die heldenmüthigsten Anstrengungen machen, um den Muth
der Peruaner wieder zu beleben, um wieder für ihre Freiheit zu kämpfen,
und sie indessen war nahe daran, ihr Leben, ohne das Blut Atahulpas
zu rächen und ohne ihrem Vaterlande einen leichten Trost zu leihen,
auf einem Schaffot auszuhauchen. Andrerseits sollte der großmüthige
Almagro abermals sein Leben aussetzen, um sie zu retten, und Almagro
mußte in dem Kampfe unterliegen oder den Fluch der Meisten seines
Lagers auf sich nehmen und dem Dolche eines Mörders ausgesetzt sein.
Alles konnte ihn retten, indem sie der Liebe Pizarros nachgab, aber es
war unmöglich, daß sie davon ließ, den Mörder ihres angebeteten Inkas
zu hassen, und ihre Seele seufzte, von heftigen und widerstrebenden
Stürmen bekämpft. Jedoch, das Blut Atahulpas, immer vor ihren Augen
gegenwärtig, schrie um Rache, und Ocollo entschloß sich, Pizarro eher
ihre Liebe zu heucheln, als, wenn ihr Blut dem Vaterlande doch nichts
nützte, auf dem Schaffot zu sterben.

Schon rüsteten die beiden Krieger von Neuem ihre Waffen, um in den
Kampf zu fliegen, als Ocollo Almagro an ihr Gefängniß rief, damit er
das Duell aufhöbe. »Ja, mein großmüthiger Almagro«, wiederholte sie
ihm, »dein Name wird ewig in meinem Gedächtniß und meine Dankbarkeit
wird ewig sein; gürte deine Waffen los, ich bin entschlossen, Pizarro
zu lieben.« »Pizarro zu lieben!« entgegnete ihr Almagro. »Ja,
großmüthiger Kriegsheld, Pizarro zu sagen, daß ich ihn liebe; aber mein
Herz lebt nur noch für Atahulpa.« »Ich kann nicht begreifen, Ocollo.«
»Es ist ein großes Geheimniß.« »Ich achte sogar die Geheimnisse der
Schönen, aber wenn du etwa, um mir das Duell zu vermeiden, Ocollo,
deiner Seele Gewalt anthätest....« »Nein, Almagro, nein, ich schwöre
es dir, ich will das Christenthum umarmen.« »Lebe wohl, Ocollo, zähle
stets auf meinen Degen.« »Ah! warte, wenn du Coya sehen solltest, wenn
dich irgend ein Peruaner frägt, sage, daß Ocollo nicht meineidig ist
an ihrem Vaterlande, daß sie Atahulpa mehr als je verehrt, daß sie die
Gattin des Inkas nicht für schwach, noch für verbrecherisch halten.«
Nach kurzem Stillschweigen ging Almagro voll Erstaunen, und Ocollo
richtete einen höflichen Gruß an Pizarro aus.

Trotz Pizarros Hochmuth war die heftige Liebe, welche er zu Ocollo
hatte, eine solche, daß er es nicht verschmähte, nach ihrem Gefängnisse
zu gehen, um sie anzuhören. »Was hast du mir mitzutheilen?« sagte er
zu ihr. Bebend, mit stammelnden Lippen, vermochte Ocollo, weil ihre
Seele nicht an Erdichtung gewohnt war, kaum das Schweigen zu brechen.
»Endlich, Pizarro, triumphirtest du über mein Herz; ich liebe dich!«
»Du liebst mich! Du, die du wiederholtest, daß uns beide nicht zugleich
die Erde tragen könnte!« »Ja, es ist wahr, aber die Hand der Zeit hat
meine Wunden vernarbt, ich will das Christenthum umarmen, mit dir
leben und will dich lieben, Pizarro.« »Und ich werde mich an deinen
Liebkosungen erfreuen, und du wirst meine süße Ehegefährtin sein!« Ein
Lächeln hob sich von seinen Zügen ab; Ocollo seufzte dort in ihrem
Herzen, aber sie erstickte die Seufzer zwischen ihren Lippen, und
Pizarro, nachdem er sie den süßen Schwur hundert Mal hatte wiederholen
lassen, befahl, sie aus dem Gefängnisse hervor zu holen, und sie, da es
der Palast der Inkas war, nach seinem Palaste zu führen.

Gar bald wußte Luque und das ganze Volk, daß Ocollo der Liebe Pizarros
nachgegeben hatte, und der Stellvertreter Christis in der neuen Welt
sah jene plötzliche Umwandlung als ein sichtbares Wunder an, das die
Eroberung von Peru befestigte. Pizarro würde sein kostbares Leben
bereits nicht mehr aussetzen, um sich mit Almagro zu schlagen, und mit
der Gattin des Inkas, durch das Band der Ehe vereint, würden ihn die
Peruaner fröhlicher als ihren rechtmäßigen Herrscher verehren. Ah! ohne
Zweifel wußte Luque nicht, daß die freien Völker die Tyrannen stets
verabscheuen, unter was für einer Gestalt sie sich auch verkleiden!
Alsbald wurde das Duell mit den gewohnten Feierlichkeiten aufgehoben,
und Pizarro strengte sich an, Almagro seine Freundschaft und seine
Achtung vorzuheucheln.

Pizarro, der den Augenblick ersehnte, seine brennenden Begierden
zu erfüllen, belästigte die Schöne unaufhörlich mit feurigen und
unzüchtigen Bitten. Jedoch Ocollo hatte früher an die Art gedacht, die
Hoffnungen desjenigen, den sie haßte, zu narren, und ihren Plan zu Ende
zu führen, und indessen, daß sie die Einbildung und das Anziehende
ihrer Liebe in Pizarro aufrecht erhielt, spottete sie seiner Begierden.
»Du weißt es,« wiederholte sie ihm, »deine Religion verlangt, daß
die Gatten denselben Glauben bekennen; mir Unglückseligen ist deine
Religion nicht bekannt, noch bin ich in deren Geheimnisse eingeweiht;
in Kürze werden mich die christlichen Priester unterweisen, ich
empfange das Wasser der Taufe, und dann, Pizarro, werden wir uns der
Liebeswonne überlassen.« Jener wilde Charakter, jener Pizarro, der Blut
vergießend, sich zum Schrecken des Reiches gemacht hatte, gab, wie ein
unbändiger Stier nachgiebt, den Einflüsterungen der Liebe nach, und
Ocollo hielt ihre Hoffnungen mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit
aufrecht. Weit entfernt von Pizarro der Gedanke an Gewaltthätigkeit,
bei den Thränen der Peruanerin war sein Herz gefühlvoll, und mehr
als ein Mal retteten sie das Leben einiger Unglücklichen. Ocollo
wußte wohl, daß jener Zustand ein gewaltsamer war, daß der feurige
Spanier nicht auf lange Zeit der Spielball ihrer Kunstgriffe war, aber
inzwischen dachte sie über ihre Rache nach und war die großmüthige
Beschützerin ihrer unglücklichen Unterthanen. Mit Pracht im Palaste
behandelt, gewann sie sich ebenfalls die Liebe der Spanier, und das
Christenthum war ihr sicherstes Bollwerk, um den ungestümen Bitten
ihres Liebhabers zu widerstehen.

Luque war der Beauftragte, Ocollo in die Geheimnisse des Christenthums
einzuweihen, damit sie das Wasser der Taufe empfing, und während die
Peruanerin in Anhörung des Priesters Gelehrigkeit zeigte, suchte sie
in ihrem klaren Verständniß nach Ausflüchten, um das Christenthum
vernunftgemäß zu bestreiten. Es ist wohl wahr, daß die neue Welt sich
niemals daran gewöhnte, die Katechumenen in die Lehren einzuweihen: Ein
Priester predigte in dem Tempel über die Vorzüglichkeiten der Religion
Christis, und von der ewigen Pein und der ewigen Seligkeit, es war
aber, nachdem sie das Wasser der Erlösung empfangen hatten, da sie
bis dahin keinen Zutritt in den Tempel gehabt hatten, und die Sprache
der Priester immer prophetisch und erhaben war, wie wenn die neuen
Gläubigen von der Fackel des Glaubens erleuchtet wären. Wie manchmal
gebrauchte ein Priester seine geheimnißvolle Sprache umsonst, damit
die Peruaner die Dreieinigkeit, das Wesen und die Eigenschaften Gottes
begriffen; damit sie die Jungfrauschaft Marias und die Menschwerdung
des Sohnes Gottes erkannten! Von kräftigem, lebhaftem Verstande, sagte
Ocollo, daß es das größte Verbrechen sei, das Wasser der Taufe zu
empfangen, so lange man nicht fest an die christlichen Lehren glaubte,
und Ocollo war geachtet, weil sie den Willen Pizarros beherrschte. Der
Statthalter jedoch, immer den Augenblick des wonnevollen Genusses der
Liebe ersehnend, trieb Luque an, Ocollo zu taufen, und die Lage der
Peruanerin wurde von Tag zu Tag mißlicher und gefährlicher, aber die
Ereignisse der Freiheit des Landes folgten einander sehr schnell, und
Ocollo schöpfte Muth in ihren nächsten Hoffnungen.

Indessen war Almagro mehr als je ein Opfer der Liebe Coyas; seine Wonne
war, an deren Seite zu stehen. Coya war sein Wollen und Verlangen,
Coya sein Ideal, und nur für Almagro lebte Coya auf der Welt. Zwischen
den Bergen liegend, die Cuzco umgaben, sah die Schöne tagtäglich ihre
Streitkräfte mit den Unglücklichen, die der Kette der Knechtschaft
oder den Krallen der Inquisition entrinnen konnten, zunehmen, und
beständig schickte sie Huascar Verstärkungen. Almagro hatte seine Liebe
bereits veröffentlicht, und weder den Spaniern noch den Peruanern war
seine traurige Leidenschaft unbekannt, und er mußte alle Tage nach
dem Gebirge gehen, um seine Schöne zu sehen. Weder Pizarro noch Luque
konnten eine Liebe ertragen, die ihrem Interesse und den Interessen
ihres Vaterlandes so sehr zuwider war, und die Entzweiung mit Almagro
war unerläßlich.

In Wahrheit ließ es Almagro offen an den Regeln der militärischen
Disziplin fehlen, er verkehrte mit dem feindlichen Lager und trug
mit so vielen Mitteln wie immer thunlich zur Erhaltung Coyas bei.
Andrerseits hätte man, da er eine Peruanerin liebte, welche die Spanier
für eine Götzendienerin hielten, an seinem religiösen Glauben zweifeln
können, und es lagen überwiegende Gründe vor, um ihn dem Ausspruch
eines Kriegsgerichtes zu unterwerfen.

Kaum breitete die Nacht ihren friedlichen Schleier aus, als Almagro
sich die Waffen umgürtete, das Pferd anschirrte und schnell nach
dem Gebirge ritt. Hier erwartete Coya ihren Geliebten bereits, ein
wenig von ihren Kriegern getrennt, und der reinsten Wonne überlassen,
sahen sie den Mond das Himmelszelt durchziehen. Die zärtlichste Liebe
vereinigte sie, Almagro lebte für Coya, und Coya für Almagro. »Ah!«
wiederholte ihm in einer heitern Nacht die Schöne, »wie gut sagte mir
mein Herz voraus, daß unsere Liebe ein schwarzer Unstern sein würde!
Grenzenlos ist unser Unglück, jeder nachfolgende Tag scheint unsere
Bitterkeit zu verdoppeln. Mein Vaterland ist in Staub versunken, die
Sonnentempel sind verschwunden, das Blut der Peruaner röthet die
fruchtbaren Fluren, ich habe meinen Gott verkannt.« »Schöne....«
»Vereinige deine Anstrengungen mit den meinen, da du doch als ein von
Osten Gekommener den Dolch in mein unglückliches Vaterland stießest,
heile als Angebeteter Coyas dessen Wunden zu.« »Mein Vaterland,
Coya....« »Ich verließ meinen Gott....« »Als Götzendienerin hätte ich
dich nicht geliebt....« Die Lage jener unglücklichen Seelen läßt sich
nur empfinden; Almagro konnte nicht zum Verräther an seinem Vaterlande
werden, Coya war zu getreu, um ihr Lager zu verlassen, worin sie das
Ansehen bereits verlor, weil man anfing, an ihrem religiösen Glauben zu
zweifeln; und zwei so zärtliche Geliebte konnten sich im Kampfe treffen
und einander tödten.

Coya war im Gebirge vor den Augen Pizarros verächtlich, sie hatte weder
Streitkräfte, noch befeindete sie die Fluren, und der Eroberer hielt
es nicht der Mühe werth sie zu schlagen. Coya ihrerseits erkannte
ebenfalls, daß sie keine Schlacht wagen durfte, und sie besorgte bloß,
den Spaniern wie eine Verliebte zu erscheinen, welche die Annäherung
ihres Geliebten suchte; inzwischen aber waren ihre Streitkräfte ein
Vereinigungspunkt für die Peruaner, die den Ketten entrannen, und ohne
jemals viele Leute heranzubilden, internirte sie dieselben nach den
Anden.

Es war in einer ruhigen Nacht, als Almagro auf der Rückkehr vom
Gebirge die Stadt betrat und der Kapitän Soto mit zwanzig Mann auf
Pizarros Befehl seiner wartete, um ihn gefangen zu nehmen. So sehr
Almagro überrascht war, setzte er dem Befehle seines Vorgesetzten
nicht den geringsten Widerstand entgegen; als guter Soldat achtete
er die Unterwürfigkeit und Mannszucht, und folgte Soto, der ihn nach
dem Palaste des Statthalters führte, wo der versammelte Kriegsrath
bereits seiner wartete. Ein geräumiger, düsterer Saal war der Ort,
wo die Richter sich versammelten; Pizarro war Vorsitzender im Rathe
und Luque wohnte als Priester für die religiösen Anklagen ebenfalls
bei. Dahin wurde Almagro mit den Feierlichkeiten eines Verbrechers
gebracht, aber sein Antlitz und sein Herz waren ruhig, obschon seine
Seele überrascht war. Kaum erschien er in der Versammlung, las ihm der
Staatsanwalt die Anklageschrift, als Verschwörer gegen sein Vaterland,
wegen seiner fortgesetzten Mittheilungen mit dem feindlichen Lager und
als Abtrünniger des Christenthums, wegen unerlaubten Umgangs mit einer
Götzendienerin, vor. Voller Majestät brachte Almagro mit der Kraft
und dem Nachdruck, die ihm seine Unschuld eingab, seine Vertheidigung
vor, er erinnerte die Richter an die Thaten der Tapferkeit und
die Aufopferungen, welche er seinem Vaterlande anrechnete, an die
Anstrengungen, die er für die Eroberung jenes Reiches herzählte,
und verneinte unter wüthendem Drohen den unerlaubten Umgang, dessen
er bezichtigt wurde. »Coya ist ein Schatz von Tugend,« wiederholte
er ihnen, »und Almagro achtet ihre Tugend, wie auch ihr sie achten
dürftet.« Alles war umsonst, das Urtheil war, ehe sich der Rath
versammelte, vorgeschrieben, und Almagro sollte zum Tode verurtheilt
werden. Luque konnte lange Zeit hindurch den Haß, der in seinem
Herzen brannte, nicht verbergen, und mit der Sprache, welche ihm sein
grausamer Fanatismus einflößte, beschuldigte er ihn auf’s Härteste
und Ungerechteste, und bat, daß er als gottlos verbrannt werde. Der
Zweck der Rathsversammlung beschränkte sich jedoch darauf, daß Almagro
zu leben aufhörte, und er wurde endlich verurtheilt, als Soldat,
erschossen zu werden.

Trotz aller Tapferkeit und aller Ruhe Almagros konnte ein so
unerwarteter Schlag nicht umhin, ihn zu überraschen, und seine
entwaffnete Rechte erzitterte. Er verwahrte sich thatkräftig gegen
die Gewaltthätigkeit, aber entwaffnet und von Degen umgeben, fand er
im Ungehorsam nur Schande und Tod. Andrerseits hatten seine Gegner
alle nöthigen Vorsichtsmaßregeln getroffen, um ihn bis zum Richtplatz
zu schleppen, ohne daß ihn ein einziges Schwert vertheidigt hätte.
Benalcazar und einige andere seiner Ergebenen waren außerhalb der
Stadt und auf dem Lande oder in den Provinzen zerstreut, und ein tiefes
Stillschweigen besiegelte die Gefangennahme und die Verurtheilung
des Kriegers. In jener selben Nacht sollte er den geistlichen
Zuspruch empfangen, um beim Anbruch des Tages seinen letzten Seufzer
auszuhauchen. Kein Mensch durchdrang das Geheimniß; die Richter
bewahrten ein tiefes Schweigen, und das Grab that sich für den
großmüthigen Almagro auf.... »Coya ... Coya....« wiederholte er
einzig bei seinen Seufzern, »barbarische Henkersknechte entreißen mich
deinen Armen, du wirst meinen Tod nicht überleben, schnell werden wir
uns in den Wohnungen der Gerechten wiedersehen.«

Ocollo beherrschte das Herz Pizarros, und bald, weil es bei der, die
man anbetet, keine Geheimnisse giebt, oder bald, damit sie, nachdem
er ihren Vertheidiger ermordet hatte, ihn nicht beschuldigte, sagte
er zu ihr, wie wenn er das Schicksal Almagros bedauerte, daß er zum
Tode verurtheilt sei und daß er bei Tagesanbruch erschossen werden
sollte. Ocollo, welche das Dasein des Großmüthigen so nahe bedroht
sah; Ocollo, welche eine tiefe Dankbarkeit empfand, warf sich zu Füßen
Pizarros nieder, benetzte sie mit tausend heißen Thränen und brachte
den Statthalter in den größten Widerstreit; aber er versicherte ihr,
daß er nicht den geringsten Antheil an seinem Urtheilspruche gehabt
habe, daß die Richter unerbittlich und die Vergehen Almagros ungeheuer
seien; er betheuerte ihr endlich, daß er ihn nicht retten konnte, und
zeigte sich unbeugsam. Die Unglückliche erlangte weder Erlaubniß, nach
dem Gefängniß zu gehen, den Verurtheilten zu trösten, noch fand sie in
ihrer Einsamkeit Hülfsquellen, um ihm ihre Dankbarkeit zu zeigen und
ihn zu retten: Sie seufzte trostlos, sie war ein Opfer des tiefsten
Schmerzes, inzwischen aber verflog stillschweigend die Nacht, und
Almagro sollte um die Morgenröthe das Blutgerüst besteigen.

Dem Kriegshelden wurde von einem Geistlichen beigestanden, der ihn
unter traurigen Bräuchen auf den Tod vorbereitete, und ruhig erfüllte
Almagro die christlichen Pflichten. Das Bild Coyas kam ihm keinen
Augenblick aus dem Sinne, und in den letzten Augenblicken schrieb er
ihr, um sie zu trösten: »Entsetzliche Bösewichte schleppen mich zum
Schaffot, und ich sterbe, deine Liebe athmend, Coya verehrend: Mein
Gewissen ist ruhig; obschon einer der Eindringlinge deines Vaterlandes,
sterbe ich mit dem Troste, daß sich kein Peruaner meines Namens mit
Schrecken erinnern wird. Lebe wohl, angebetete Coya, liebe den Gott
der Christen, und in den Wohnungen der Gerechten werden wir uns wieder
unsere Arme ausstrecken. Lebe wohl, ich bete dich an, ich bin deiner
Liebe zum Opfer gebracht; aber ich liebe dich bis an das Grab«. Nachdem
Almagro seine Schulden gebeichtet hatte, empfing er das Abendmahl,
und bereitete sich mit der ganzen Ruhe einer großen Seele vor, zum
Blutgerüst zu gehen.

Noch brach der neue Tag nicht an, als schon einige spanische
Reiterschaaren ohne kriegerische Instrumente hinauszogen, um das
Viereck zu bilden, wo der edle Krieger aushauchen sollte. Soto und
andere vom Statthalter in’s Vertrauen gezogene Offiziere befehligten
das Geleite; Benalcazar und die hauptsächlichsten Ergebenen Almagros
waren außerhalb der Stadt, und das Volk wußte nichts von dem grausamen
Urtheil. So groß war die Dunkelheit und die Schnelligkeit, mit der es
verhängt wurde! Todtenstille lag über Cuzco und der Flur; und unter
Nacht und Grausen brach die Morgenröthe hervor, und die Ruhe schien
verbürgt. Schon erschien das Opfer unter starker Bedeckung, und von
dem grausamen Schauspiel fliehend, verbarg sich die Sonne hinter
schweren Wolkenstreifen, die Erde in dichte Finsterniß versunken
zurücklassend. Der Statthalter hielt es für gerathen, der Hinrichtung
nicht persönlich beizuwohnen, und er anempfahl sie Soto; und von
Priestern umgeben, ohne daß man ihm gestattete, seine Stimme an seine
Gefährten zu richten, stimmte Almagro bereits mit Inbrunst die ersten
Worte des Credo an, und der Tod streckte seine Krallen nach ihm aus,
als wie ein vom Himmel herabgestürzter Strom Coya mit tausend Kriegern
über die barbarischen Henkersknechte herfiel.

Die Spanier schliefen im Vertrauen, die Ueberraschung war schrecklich;
Coya, um ihren Abgott zu retten, war ein rasender Sturmwind; Pizarro
fehlte an der Spitze seiner Gefährten; die Spanier geriethen in
Unordnung und Coya entriß ihren geliebten Almagro aus deren Krallen.
Von den Priestern, welche ihn am nächsten umstanden, waren viele ein
Opfer der Tapferkeit der Peruaner, und obschon ihnen der wilde Soto
eine große Niederlage beibrachte, waren ebenfalls viele Spanier Opfer
auf dem Felde der Ueberraschung. Die Bewegung theilte sich der Stadt
mit; mit Blitzesschnelle flog der Statthalter an den Ort der Gefahr, es
war aber bereits spät, Almagro und Coya entkamen auf schnellen Pferden,
und die Peruaner begruben sich von Neuem zwischen den Unwegsamkeiten
des Gebirges.

                            [Illustration]

                            [Illustration]




                              Kapitel 23.

                              Die Anden.


Coyas Ueberraschung und die Rettung Almagros erfüllte, weil kein
Mensch sich so ein außergewöhnliches Ereigniß genügend erklären
konnte, Luque, Pizarro und alle Eindringlinge, und insbesondere die
militärischen Oberhäupter, welche den Kriegsrath gebildet hatten, mit
Schrecken und Bewunderung. Eine zahlreiche unter dem Befehl Benalcazars
stehende Sondertruppe beobachtete, wie wir bereits angegeben haben, die
Abtheilung Coyas und lähmte und verunmöglichte alle ihre Bewegungen;
und die Gefangennahme, Verurtheilung und Hinrichtung Almagros war mit
so großer Schnelligkeit und so undurchdringlichem Geheimniß gehandhabt
worden, daß es kein Mensch in der Stadt erfahren hatte und noch weniger
auf dem Lande hätte erfahren können.

Die schöne Ocollo, welche Almagro so viel verdankte, und in deren
Busen die reinste Dankbarkeit glühte, benachrichtigte, da sie ihre
Bitten und ihre Thränen zu Füßen Pizarros nutzlos sah, durch einen
ihrer allervertrautesten Fußgänger, einen schnellen Indianer, sogar
in jenen ängstlichen Augenblicken Coya; sinnberaubt und taumelnd,
stürzte sich Coya in die Gefahr, weil ihre größte Qual gewesen wäre,
ihren Angebeteten zu überleben. Benalcazar, der erste Freund und
Parteigenosse Almagros, schon früher im Einverständnisse mit Coya,
schwur, um seinem Freunde zu gefallen, weit entfernt, die Bewegungen
der Peruanerin zu lähmen, mit ihr den Helden zu retten, und nachdem
alle von Benalcazar befehligten Streitkräfte beisammen waren, fielen
sie über das Viereck her, worauf der großmüthige Geliebte jeden
Augenblick so unmenschlicherweise hingeopfert werden sollte.

Die Rathsmitglieder, die einzigen Personen, welche mit in das Geheimniß
gezogen waren, schienen die einzigen Verantwortlichen zu sein, es
gebrochen zu haben, und sehnlichst suchte man den Meineidigen, damit
er eine exemplarische Strafe erlitte, aber kein Mensch wagte den
Statthalter zu beschuldigen. Pizarro jedoch in seinem Gewissen,
zweifelte an Ocollo, da aber sein Herz von der Peruanerin beherrscht
und unterjocht war, beruhigte er es, sich ihrer Reize bedienend, gar
bald.

Ihre Streitkräfte wieder ordentlich zusammenfaltend, zogen sich
Almagro, Coya und Benalcazar in die uneinnehmbaren Gebirge zurück,
und bereits fern von der Gefahr, fingen sie an den süßesten Trost
zu fühlen, der sich wie beim Abschütteln eines düstern Traumes über
den Sterblichen ergießt. Erstaunt sahen sie gerührt einander an und
zweifelten noch, ob der Schrecken, der sie so nahe bedroht hatte, eine
fantastische Einbildung wäre; aber endlich wieder ruhiger geworden,
schwor Almagro seinen grausamen Peinigern ewigen Haß, und Coya ermahnte
ihn zur Rache, und Benalcazar bot ihm großmüthig seinen tapfern Degen
an. Coya berichtete ihm die Art und Weise, womit ihr Ocollo die
Mittheilung machte, daß er ohne Ocollo nicht am Leben wäre, daß Ocollo
Pizarro nicht liebte; daß seine Wohlthäterin und ihr Vaterland gerettet
werden mußte, daß gekämpft und immer wieder gekämpft und die Freiheit
Perus ausgerufen werden mußte, wenn sie sich der Liebe, welche die
Götter in ihrem Herzen entzündet hatten, ruhig erfreuen sollten.

Trotz so vieler Unziemlichkeiten, die er von seinen Gefährten empfing,
trotz den Greuelthaten, die in der neuen Welt begangen wurden und die
seinem Herzen so zuwider waren, liebte Almagro sein Vaterland und die
Spanier, und bereitwillig gäbe er sein Dasein für sie her; als er
aber das treulose Urtheil sah, als er sah, daß sein Blut ebenfalls
den verzehrenden Durst sättigen sollte, der in den Eindringlingen der
neuen Welt brannte, war seine Seele nur noch für das Rachegeschrei
empfindlich, sein Verlangen, seinen Degen in der Brust Pizarros zu
begraben, und sein ganzes Glück, die Spanier aus dem Vaterlande seiner
Coya zu werfen, um ruhig seine Liebe zu genießen. Kaum sahen sich
die süßen Geliebten in dem Gebirge, dachten sie nur noch daran, die
Krieger, welche Coya folgten, geordnet dem Befehle Benalcazars zu
überlassen, und auf verborgenen und schwierigen Wegen marschirten sie
nach den Anden, um sich Huascar vorzustellen, und an den Feldzugsplan
zu denken. In kurzen Tagen gelangten sie dahin, sich mit dem Nachfolger
der Inkas zu vereinigen, und es wäre unmöglich, die Ueberraschung des
Monarchen zu schildern, als er Almagro in seinem Lager sah, und ihm den
süßen Namen eines Freundes gab. Von jenem Augenblicke an hielt er den
Sieg für sich, und die Ankunft Almagros wurde mit größerem Gepränge
gefeiert als die Krönung eines Inkas. Der tapfere, edle und großmüthige
Huascar kannte die Kriegskunst immer noch nicht, um sich in’s Feld zu
wagen; Almagro war unter den Peruanern wegen seiner Tapferkeit und
seiner militärischen Erfahrenheit wohl bekannt, und Almagro mußte die
Zielscheibe aller Hoffnungen sein.

Obschon die Peruaner sich lange Zeit mit den Spaniern geschlagen
hatten, hatten sie ihre Waffen und noch weniger ihre Strategie nicht
begriffen, und obgleich sie die Pferde und die Artillerie nicht mehr
mit so großem Schrecken ansahen, waren sie dessenungeachtet in dem
Augenblicke besiegt, da sie sich auf dem Schlachtfelde zeigten. Almagro
wurde feierlich und ausführlich von Huascar ermächtigt, mit allen
möglichen Mitteln die nöthigen Vorbereitungen zu einer entscheidenden
Schlacht zu treffen, in welcher entweder Peru auf immer die Ketten
schleppte, oder das Lied der Freiheit anstimmen konnte; und Almagro
fing mit der ganzen Schnelligkeit, die ihm seine Rachgier eingab, zu
handeln an.

In Mitten der Gewaltherrschaft, mit der Pizarro und Luque Peru
heimsuchten, war es unerläßlich, daß die Peruaner tausend Mal vorzögen,
in den Tod zu gehen, als das grausame und schimpfliche Joch ihrer
Knechtschaft zu ertragen; und sogar aus den entferntesten Provinzen
des Reiches wanderten trotz der spanischen Truppen, welche das Gebirge
umgaben oder die Mittheilungen verunmöglichten, Unglückliche nach den
Anden aus, um sich unter die Fahnen einreihen zu lassen. Arme waren
genügend vorhanden, es bedurfte nur der Betriebsamkeit und Leitung.
Von dem Augenblicke an dachte Almagro an die Befestigung des beinahe
unüberwindlichen Bollwerks, das ihm die Natur in den Anden darbot; an
die Herstellung von Hieb- und Feuerwaffen und an die Unterweisung der
Krieger. In wenigen Monaten wurden Gewehre und Feldstücke verfertigt,
die Peruaner mit der Handhabung der europäischen Waffen vertraut
gemacht und die strenge Mannszucht verdoppelt, welche zum Siege führt.

Almagro arbeitete unermüdlich Tag und Nacht; er hielt die Peruaner in
steter Thätigkeit; aus Allem zog er Hülfsquellen, und zu Allem wurde
er durch die Blicke seiner Coya aufgemuntert. Die Anden liehen ihm
in ihrem Schooße so viele Hülfsmittel, als er zu den Verarbeitungen
bedurfte; die reichsten und überflüssigsten kleinen Pfützen warfen
für sich allein das Eisen, den Schwefel und aller Art von Metallen
aus, und die Gipfel der Berge schienen die Stätte Vulkans zu sein.
Huascar seinerseits, der sich der Liebe der Peruaner erfreute, hielt
die sicherste Kundschaft; thätige Werber, welche der Wachsamkeit der
Staatsbeamten entwischend, die schmeichelhaftesten Hoffnungen unter
die unglücklichen Sklaven verbreiteten, durchzogen alle Provinzen,
und belebten die Auswanderung nach dem Gebirge, und im ganzen Reiche
gährte ein heftiges und verborgenes Feuer, das dem Scharfblick des
Statthalters und aller Eindringlinge entging, das aber eines Tages wie
ein rasender Vulkan losbrechen sollte.

Almagro war die Triebfeder aller Unternehmungen und das Bollwerk
der Freiheit Perus; aber Almagro war ein Christ und Fanatiker des
sechszehnten Jahrhunderts, und lebte unter Götzendienern, und dies war
ein unüberwindliches Hinderniß. Freilich hatten ihn seine Tugenden im
ganzen Reiche verehrt gemacht, und ein tugendhaftes Wesen empfiehlt die
Religion, die es verehrt, für sich allein; aber die Christen hatten das
Land mit Blut überschwemmt, und mit Schrecken sahen dessen unschuldigen
Bewohner die Religion, welche zerstörerische Menschen zu Anhängern
zählte. Sich seiner Stellung und seines Ansehens bedienend, dachte
Almagro daran, Proselyten im Gebirge zu machen: Seine erste Sorge war
eine Klause zu erbauen, worin er so viel als möglich dem wahrhaftigen
Gott Anbetung erwies, und er machte, daß Coya ihn bei allen frommen
Handlungen begleitete, und machte endlich bekannt, daß Coya das
Christenthum umarmt hatte. Weder Huascar noch die Peruaner konnten sich
diesem Betragen widersetzen, noch Coya anklagen; Almagro war mit ihren
Interessen verschmolzen; Almagro war ihre Zukunft und ihre Hoffnung;
sie vermochten seinen Wünschen selbst im Allergeringsten nicht zu
widersprechen; Almagro setzte sie mit seinen Tugenden in Erstaunen,
und auf dem Gipfel der Anden gab es eine Klause Christi’s und einen
Sonnentempel. Las-Casas, ein ehrwürdiger, christlicher Priester,
durch sein Wissen wie durch seine Tugenden gleich ausgezeichnet, litt
grausame Verfolgungen von seinen Gefährten, weil er sich ihren Plänen
der Zerstörung widersetzte, und von derselben Gemüthsart wie Almagro,
vereinigte sie die innigste Freundschaft. Der Krieger konnte ihm
heimlicherweise eine Nachricht hinterbringen, indem er ihm versicherte,
daß es für das Christenthum von der größten Wichtigkeit sei, daß er
an seiner Seite stände im Gebirge, und Las-Casas zweifelte keinen
Augenblick; er flüchtete sich in die Anden, und die Klause Almagros
hatte den ehrwürdigsten Priester. Von jenem Augenblick an dachte
man mit Inbrunst an die Verkündigung des Christenthums; Almagro und
Las-Casas waren die Vorbilder der reinsten Tugenden; weit entfernt von
Dolch und Scheiterhaufen, waren das Beispiel und die Ueberzeugung ihre
Waffen. Täglich predigte der ehrwürdige Las-Casas in seiner Klause
über die Unsterblichkeit der Seele, die Reinheit der Religion Jesus,
die ewige Belohnung der Tugenden, und über die ewige Bestrafung der
Vergehen jener Handlungen, welche dem Bereiche der bürgerlichen Gesetze
entgingen. Er schilderte einen gerechten die Gewissen beherrschenden
Gott der Wahrheit, aber nur in seinen Privatansprachen trat er auf die
Auslegung der Wunder und Mysterien ein, er wollte nicht von begrenzten
Verstandeskräften riesenhafte Anstrengungen fordern, und unmerklich
bereiteten sich die Gemüther zur Annahme des Christenthums vor.

Der erste Neubekehrte, um den sich die Christen bemühten, war, als Inka
und Herrscher des Reiches, Huascar; aber trotz der Verehrung, welche er
für Almagro und den Priester hatte, hielt er sich für einen Sohn der
Sonne, und war wenig geneigt, den Glauben seiner Väter zu verlassen:
Andrerseits sah er, daß ein übereilter Schritt die Liebe seiner
Unterthanen in Abscheu vertauschen könnte, und Huascar betete trotz
der Bekehrung Coyas und den Ermahnungen der Christen die Sonne an; sie
erlangten aber endlich, daß er seinen Unterthanen vollständige Freiheit
gewährte, den Cultus zu bekennen, den ihnen ihre Vernunft vorschrieb,
und viele empfingen, nicht aus Furcht, sondern aus Ueberzeugung
getrieben, das Wasser der Taufe.

In Vericochas, wie in allen Sonnenpriestern, brannte unauslöschlich
das Feuer des Fanatismus, das gemeiniglich die Herzen der Diener aller
Religionen verzehrt. Der Sonnencultus ergoß freilich die Erhabenheit
und die Lieblichkeit seiner Glaubenslehren in die Seelen, aber
dessen Priester trieben ihre Tugend nicht bis zur Duldung, andere
Glaubenslehren noch andere Culte möglich zu finden; mit Entrüstung
sahen sie die in den Anden erbaute christliche Klause, und verbreiteten
unter die Peruaner die Besorgnisse, welche ihre Einbildung aufregte,
wenn sie den Gott des Tages erzürnt glaubten. Als Vericochas die
Bekehrung Coyas erfuhr, als er sich davon überzeugte, daß es unmöglich
war zu verhüten, daß Almagro das Christenthum ausbreitete, und
Las-Casas das Evangelium predigte, als er die Neubekehrten gewahrte,
die sie machten, und endlich selbst Huascar schwanken sah, bemächtigte
sich seines Herzens eine düstere Traurigkeit, und unablässig, in
Thränen versunken, vor dem Sinnbilde der Sonne knieend, bat er seinen
Gott, dem Reiche sein wohlthätiges Feuer und sein belebendes Licht
nicht zu versagen. Seine Thränen und seine tiefe Schwermuth zehrten
sein Leben sichtlich auf, und in Kürze bezahlte er der Natur seinen
Tribut. Sein Tod wurde, wie man den Tod des Gerechten beweinen soll,
durch das ganze Reich beweint; bei seinem Begräbniß entfaltete man die
ganze Herrlichkeit des Cultus, und seine Büste wurde im Tempel zwischen
den Bildnissen der Schutzgötter Perus beigesetzt.

Inzwischen betrieb man die Vorbereitungen zum Kriege mit erstaunlicher
Schnelligkeit; die in das Gebirge Geflüchteten beliefen sich auf
zwanzig Tausend Mann, von denen die einen die Nahrungsmittel besorgten,
die andern sich in der Handhabung der Waffen ausbildeten, andere
unermüdlich in den Gießereien arbeiteten, und Alle sich, immer
unter der Leitung des thätigen und arbeitsamen Almagros, bei den
verschiedenen Arbeiten ablösten. Ah! die Gipfel der Anden gewährten
bereits das Bild der Wiedergeburt der neuen Welt.

Pizarro und Luque fuhren in ihrem Schreckenssystem, das sie über alle
Provinzen ausbreiteten, in Cuzco fort; die rohe Militärgewaltherrschaft
führte Tausende von Opfern zum Blutgerüst, und die ewig brennenden
Scheiterhaufen der Inquisition gaben der Luft in dichten Rauchsäulen
die Glieder der Unglücklichen, welche der Götzendienerei angeklagt
waren. Die ominöseste Knechtschaft führte Tausende von Unglücklichen
in die harte Sklaverei, und ihre tiefen, mit dem Freudengeschrei
der Eindringlinge vermischten Seufzer hörte man einzig im Reiche
an. Der Metropole war das politische und religiöse Betragen des
Statthalters und der Priester wohl bewußt, aber trotz der Gründung
legaler Körperschaften athmeten die Gesetze den gleichen Schrecken und
menschliche Entwürdigung, und deren Vollziehung man Pizarro und Luque
anvertraute. Das ganze staatliche und religiöse System der Metropole
beruhte auf der Entziehung von Schätzen der neuen Welt, und darin,
dem Christenthum Neubekehrte zuzuführen; über die Folgen einer so
ungeheuerlichen Politik sah man hinweg, und Pizarro und Luque empfingen
vom Hofe von Madrid beständig Beifallsbezeigungen, und Machtentfaltung,
um als Herrscher und Despoten zu handeln.

Einen so sonderbaren Gegensatz bildete die Verwaltung Pizarros und
Luques mit derjenigen Almagros und Las-Casas. Bei der einen war Alles
Milde, Ueberzeugung und Tugend; bei der andern Tod, Gewaltherrschaft
und Schwelgerei. Und es waren Alle Christen! So sehr wechseln, je
nach der Faser eines jeden Gläubigen, die religiösen Sekten ab!
Die christliche Religion in der neuen Welt war den Peruanern ein
unerklärliches Räthsel; abscheulich im Munde Luques, und verehrt im
Munde Las-Casas; die Herrschaft der Spanier bildete unter dem Reiche
Almagros das Glück Perus, unter dem Reiche Pizarros war sie seine
Zerstörung und sein Untergang; ohne Despotismus hätte die Metropole
jene unermeßlichen Kolonieen Jahrhunderte lang behalten, aber mit ihrer
traurigen Politik konnte sie, das Blut von vierzig Tausend Spaniern
verlierend, während der Dauer ihrer kurzen Herrschaft kaum die Schätze
zurückzahlen, die sie ihr kosteten.

Das war die Thätigkeit für die Kriegsvorbereitungen in den Anden,
und das die Hoffnungen, die sich in den Provinzen verbreiteten, die
trotz dem Vertrauen, in welchem der Statthalter schlief, nichts desto
weniger seine Aufmerksamkeit nach den Bergen hinlenkte. Alsbald
setzte er voraus, daß Almagro an der Spitze jenes Aufstandes sein
mußte, aber niemals glaubte er, daß er auf so gewaltige Hülfsquellen
rechnete. Pizarro war nicht Staatsmann genug, um die Macht eines
Helden zu berechnen, der bei einem geknechteten Volke die Fahne der
Freiheit erhebt! Mit dreihundert Mann zog der Kapitän Soto aus, die
Aufständischen anzugreifen, und der Statthalter in Cuzco gab sich
inzwischen den verstellten Liebkosungen Ocollos hin, und überließ sogar
die Zügel der Regierung Luque und der Geistlichkeit.

Die Lage Ocollos war mit jedem Augenblicke mißlicher; die feurigen
Begierden ihres Unterdrückers jedes Mal um so lebhafter, und die
Unglückliche fand keine Hülfsquellen mehr, den Empfang der Taufe
länger aufzuschieben. Wohl könnte sie, die Brust des Mörders Atahulpas
durchbohrend, in einer Nacht ihre Rache vervollständigen, aber ihre
Flucht war schwierig und ihr Blutgerüst sicher. Die Eindringlinge wären
ob des Mordes ihres Anführers entrüstet, und würden mit noch größerem
Entsetzen das Verderben verbreiten, und Ocollo könnte, auf dem Schaffot
ihr Leben aushauchend, der Freiheit nicht die unschätzbaren Dienste
leisten, die sie an sie verschwendete. In Verbindung mit Huascar und
Almagro, gab sie ihnen die sichersten und wichtigsten Nachrichten,
und an der Seite des Statthalters versüßte sie sein Herz ein wenig,
und befreite viele Unglückliche vom Tode. Augenblicklich theilte sie
Almagro den Ausgang des Kapitän Sotos in die Anden mit, und Almagro
hatte Zeit, einen glücklichen Hinterhalt zu legen. Soto ging ohne
Vorsicht, die Macht des Feindes verachtend, und sicher, daß er wie
immer zum Siege zog, als plötzlich tausend, von Almagro befehligte und
mit europäischen blanken Waffen versehene Indianer über ihn herfielen.
Die spanische Abtheilung stob, nicht an jene überraschenden Angriffe,
noch daran gewohnt, mörderischen Waffen zu widerstehen, vor Schrecken
auseinander, und die Peruaner richteten, da sie sich zum ersten Male
als Sieger auf ihrem Boden sahen, unter den bestürzten und zerstreuten
Spaniern ein gräßliches Blutbad an. Soto that Wunder der Tapferkeit,
aber Alles war umsonst; dank seines Panzers rettete er sich vor dem
Tode, und zog bestürzt aus dem Gebirge heraus, wo er die wenigen Reste
seiner Mannschaft versammelte, die dem Kampfe entrinnen konnten, und
theilte dem Statthalter umständlich einen Theil der Niederlage mit.

Das Christenthum inzwischen machte Fortschritte, und die Klause
Las-Casas war für die neuen Gläubigen bereits ein kleiner Raum. Die
reinsten Tugenden herrschten unter den Neubekehrten, und einige der
Ausgezeichnetsten erlangten die Ehre, zum Priesteramt befördert
zu werden; eine in den Gesetzen Pizarros verbotene Ehre. Dieser
staatskluge Schritt, dem Volke Priester aus dessen Schooß zu geben,
gewann dem Evangelium Tausende von Anhängern, und selbst Huascar trat,
als er die Mehrzahl seiner Unterthanen entschieden sah, und sah,
daß der Gott seines Freundes und Beschützers dessen Waffen den Sieg
verlieh, mit der ganzen Ueberzeugung seiner Vernunft in den Schooß der
Kirche ein. Von jenem Augenblick an blieb der Sonnentempel bei seinen
pompösen Ceremonieen leer: Die Kreuzesfahne flatterte siegreich auf dem
Gebirge, und die reinsten Sitten erhöhten die Bewohner der Anden, und
bereiteten sie zum Kriege und zum Siege vor.

Pizarro empfing den Bericht der Niederlage Sotos, und die Wuth
erglänzte in seinen funkelnden Augen. Schnell vereinigte er bis zu
zwölfhundert Mann, und an deren Spitze gestellt, zog er, die Wuth
und das Verderben ausrufend, nach den Anden. Die unglückliche Ocollo
athmete in ihrer Bedrückung in dem Augenblick auf, da sie nicht mehr
wußte, welchen Entschluß zu fassen in ihrem Widerstreite, und verblieb
unter der Beobachtung Luques in Cuzco. Schnell benachrichtigte sie
sowohl Huascar als Almagro von dem Ausgang des Statthalters, und ihre
Seele erweiterte sich beim Betrachten der Dienste, die sie der Freiheit
ihrer Unterthanen lieh.

In wenigen Tagen hatte Pizarro an den Abhängen der Anden Stellung
genommen, und Almagro bereitete sich freudig zu einem Kriege vor,
in welchem er vielleicht, Körper an Körper, die Waffen mit seinem
Gegner messen konnte. Jeden Tag nahmen die Streitkräfte Huascars
immer mehr zu, und noch einige Spanier, bald Anhänger Almagros,
bald ob der Strenge der Mannszucht oder der Gewaltherrschaft des
Statthalters und des Fanatismus des Verwesers erbittert, vergrößerten
seine Reihen und richteten die Indianer, die ebenfalls in den Anden
die wichtigsten Dienste leisteten, mit dem tapfern Benalcazar ab. Von
heftiger Gemüthsart, unerschrockenen Muthes, sättigte sich Pizarro
nicht damit, irgend welche geringfügigen Streitkräfte, die sich ihm in
den Engpässen darboten, mit fortzuwälzen, er bereitete sich vor, eine
allgemeine Hetzjagd im Gebirge zu geben und die Spitze zu erstürmen,
worauf der Sonnentempel und die christliche Klause erbaut worden war,
der Punkt, der den Hof Huascars und den Heerd der Empörung bildete.
Almagro sorgte, daß die kleinen Detachements, welche die Kriegsmacht
des Statthalters im Gebirge unterhielten, keinerlei Gewehre noch
Feuerwaffen gebrauchten, und obschon man mehr Regelmäßigkeit in den
Heeresmassen und verschiedene Mannszucht in den Kämpfen gewahrte, zogen
sich die Peruaner, den erhaltenen Befehlen gemäß, immer mit geringem
Widerstand zurück, und Pizarro stürzte sich mit Riesenschritten in
den Hinterhalt. In wenigen Tagen stellte er seine Truppe auf, um
den Gipfel zu erstürmen, und als er mit mehr Vertrauen die steilen
Unebenheiten erkletterte, den Sieg anzustimmen, griff Almagro, die
Artillerie und das Gewehrfeuer dabei gebrauchend, welche unter so
vielen Anstrengungen in den Anden zu gießen ihm gelungen war, mit der
ganzen Kriegsmacht an; und vor Schrecken überrascht, fielen die Spanier
zu Hunderten, vom Feuer der Kanone verbrannt oder auf ihrer Flucht
zwischen den Felsen abgestürzt. Almagro setzte ihnen auf der Flucht
tapfer nach; umsonst versuchte der Statthalter, den Soldaten Muth
einzuflößen, er war ein Opfer der Ueberraschung, und kaum zweihundert
Mann retteten sich vor dem Tode und versammelten sich auf der Flur;
aber besiegt, in die Flucht geschlagen, von außergewöhnlichen, nach
europäischer Art geschulten und von dem tapfern und erfahrenen Almagro
befehligten Streitkräften, mit gleich mörderischen Waffen angegriffen,
zeigte der Statthalter nie mehr Anstrengung und Herzhaftigkeit, als
indem er einen Rückzug bis vor die Mauern von Cuzco aushielt.

An diesem berühmten Tage geschah, wenn wir den Ueberlieferungen glauben
sollen, die sich noch im Lande erhalten, ein seltsames Wunder. Der
unerschrockene Statthalter wurde weder von der Tapferkeit Almagros
noch von der Tollkühnheit und der neuen Mannszucht der Peruaner
besiegt; der erhabene Schatten Columbus, durch die Krümmungen der Anden
streifend, gab den Ruf zur Freiheit, und band die Rechte Pizarros.
Von seinem Drange getrieben, entdeckte Columbus die neue Welt, und
führte die Europäer nach jenen köstlichen Gegenden, um die alte
und neue Welt mit brüderlichen Banden zu vereinen; aber nimmermehr,
damit die unschuldigen Bewohner der neuen Gestade herabgewürdigte
Sklaven der traurigen Europäer des sechszehnten Jahrhunderts wären.
Menschenfreundlich und gefühlvoll war Columbus, so lange er an der
Spitze der Expedition stand, der Trost der Indianer aller Umgegenden,
aber ergriffen und angekettet, schimpflich nach Europa zurückgekehrt,
fiel, wie wir bereits gesehen haben, von jenem Augenblicke an
eine eiserne und vertilgende Hand über die neuen Festländer. Von
Gewissensbissen verzehrt, die Europäer nach jenen entlegenen und
unbekannten Himmelsstrichen geführt zu haben, seufzte der Schatten
Columbus in seinem Grabe, und es geht das Gerücht, daß er ebenfalls
nach den Anden schwebte, die Freiheit Perus zu verkünden, und daß er
Almagro begeisterte, und die Rechte aller Peruaner stärkte. Bei der
Niederlage Pizarros, versichern die Aeltesten des Landes, daß eine
Feuersäule daherflog, welche den Statthalter und seine Abtheilung
umnachtete, und die Peruaner erleuchtete. Jene Feuerwolke war der
Schatten Columbus, der, um seine Gewissensbisse, jene köstlichen
Gestade entdeckt zu haben, damit sein Geschlecht sie mit Blut röthete,
zu beschwichtigen, ebenfalls für die Freiheit der neuen Welt kämpfte.

                            [Illustration]

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                              Kapitel 24.

                                Rache.


Hartnäckig von den Peruanern verfolgt, langte Pizarro in Cuzco an; auf
seinem Rückzuge that er Wunder der Tapferkeit, die ihm andere Male
zum Siege verholfen hätten, aber die Unterthanen der Inkas schlugen
sich wie europäische Soldaten, und ihre Anzahl sicherte ihnen den
Triumph. Almagro gab den bewaffneten Massen, die durcheinander irrend
in den Tod rannten, Regelmäßigkeit, und die Morgenröthe der Freiheit
Perus schien bereits im Osten zu tagen. Die Hauptstadt gerieth in
Bestürzung, als sie den Statthalter in unordentlicher Flucht daher
kommen sah; der Starke, der sich niemals besiegt gesehen, sah sich
von einem furchtbaren Feinde gedemüthigt und bedroht. Da fing man an,
die unüberlegte Staatsklugheit einzusehen, mit Almagro und andern
Gefährten, die vor Pizarro und Luque fliehend, zum feindlichen Lager
gehen mußten, gebrochen zu haben. Die Mannszucht bei den Kämpfen, der
undurchdringliche Verband der Massen, Alles sah man als Wirkung der
Unterweisung der Spanier an, und das Blut der Peruaner sollte nicht
mehr ungestraft auf den Schlachtfeldern fließen. Tapfere, voll Liebe
zu ihrem Vaterlande, ließen sich angesichts der Gräber nimmermehr
einschüchtern; ihre Bogen aber und ihre Pfeile, ihre schwachen Lanzen
könnten sich niemals mit den europäischen Degen kreuzen; aber als man
sah, daß sie Waffen ergriffen, als sie, weit entfernt, vor dem Knalle
der Kanone entsetzt zu fliehen, ebenfalls mit ihrer Artillerie den Tod
verbreiteten, mußten die Eroberer ohnmächtig werden. Ein Volk, das
Waffen und Tugenden hat, beugt niemals seinen Nacken vor dem Joche der
Tyrannen.

Pizarro zog mit zweihundert Soldaten in die Stadt ein, gar bald aber
stellten sich auf der Flur viele peruanische Bataillone auf, welche
ihm auf seinem Rückzuge folgten, und die Eroberer schienen bereits
nur auf die Defensive angewiesen zu sein. Almagro, um die Hauptstadt
einzunehmen, wollte nicht, daß der Schrecken der ersten Niederlage
vorüberginge. Tapfer, bis zur Tollkühnheit verwegen, sprühte Pizarro
Feuer aus seinen Augen; tausend Mal würde er den Tod der Schmach,
besiegt zu werden, vorziehen, und er entschloß sich, die Belagerer mit
Wuth anzugreifen. Trotzdem Luque weltklug genug war, um zu erkennen,
wie sehr die Umstände des Reiches verändert waren, war er zu fanatisch,
um vernünftig denken zu können. »Nie sah man das Kreuz von Heiden
mit Füßen getreten,« sagte er zu dem Statthalter, und schickte sich
Almagro, Las-Casas und so viele Spanier, welche den Fahnen Huascars
folgten, feierlich mit dem Kirchenbann belegend, zum Feldzug an. Wohl
wußte er, daß alle das Christenthum predigten, daß Huascar und der
größere Theil des peruanischen Heeres das erlösende Wasser bereits
empfangen hatten, er wußte aber auch, daß der Sonnentempel offen stand,
und daß man das Teufelsgepränge duldete, und er hielt jene Christen für
Sklaven des Teufels. Nach Rache schnaubend, in die Erinnerung, besiegt
worden zu sein, versunken, vergaß der Statthalter darüber die Liebe zu
Ocollo, und seine Seele nährte sich nur von Blutgier. Ocollo indessen
lebte in der verzweifeltsten Besorgniß: In das Lager Huascars zu
entwischen, war nicht möglich, eben so wenig war ihre Rache vollbracht,
und der Statthalter konnte zur Verzweiflung kommen.

Pizarro brachte binnen Kurzem fünfhundert Mann zusammen, und trotz
sechsfacher feindlicher Uebermacht zweifelte er nicht, sich in den
Kampf zu wagen; sein Rachedurst stürzte ihn in’s Verderben....
Obschon Luque nicht die ganze Gefahr kannte, welche sie bedrohte,
sah er mit ruhigerem Sinne als dem Pizarros sechstausend von Almagro
befehligte Streiter nach europäischer Art mit andern unendlichen
nicht geschulten Streitkräften, und er hielt es für angemessen, das
Kreuz im Kampfe aufzupflanzen, weil er wußte, daß ihm die Mitwirkung
des Himmels höchst nothwendig war. Es sollte um die Freiheit
eines großen Volkes gestritten werden, und zwei, von persönlichen
Empfindungen beherrschte Helden jenes Jahrhunderts befehligten die
streitenden Kräfte; der Zusammenstoß konnte nicht umhin, entsetzlich
zu sein, und das Schlachtfeld mußte sich in einen mit Blut bedeckten
Friedhof verwandeln. Pizarro rechnete auf geringere Streitkräfte,
aber seine Soldaten waren taktischer und erprobter, und er zählte
tapfere Offiziere. Obschon mit zahlreicher Kriegsmacht, mußte Almagro
die Belagerung abwarten; schwerlich würde er alle seine Bataillone
beim Kampfe verwenden können, und so sehr auch die Peruaner in der
europäischen Kriegskunst fortgeschritten waren, waren sie doch
Neuangeworbene, und der Anführer konnte nicht auf vertraute Untergebene
rechnen. Das war der Zustand der feindlichen Heere, als Almagro Cuzco
belagerte, und Pizarro, seinen Schimpf rächend, sich vorbereitete, ihn
zurückzuschlagen.

So anmaßend ein Krieger im sechszehnten Jahrhundert war, zog er niemals
auf das Schlachtfeld hinaus, ohne allen geistlichen Trost empfangen
zu haben, wenn er etwa dem Tode wiche. Pizarro dachte damals nicht
an solche Bräuche; aber Luque ermahnte die Soldaten, um ihnen Muth
zu geben; im Namen seiner Heiligkeit gewährte er ihnen allgemeine
Freisprechung, und theilte inbrünstig das Abendmahl aus. Eine schwarze
Fahne, in der ein rothes Kreuz glänzte, wurde unter den Eroberern
aufgepflanzt, und den Statthalter an ihrer Spitze, zogen sie wie ein
reißender Strom zur Stadt hinaus. Almagro hielt seine Bataillone
beständig unter Waffen, und seine weiße Fahne mit rothem Kreuz
ermunterte sie zum Siege.

Die feindlichen Heerlager betrachteten einander nicht lange. Wie ein
wüthender Tiger warf sich der Statthalter auf seine Gegner, und sehr
bald kam man, da Gewehre und Artillerie unnütz geworden, zu den blanken
Waffen, indem ein Jeder unverzagt in Reih und Glied starb. Obschon die
streitenden Kräfte nicht mächtig waren, floß dennoch das Blut, und flog
die Zerstörung umher; die Rechte stritten sich mit Heftigkeit um die
Ehre zuerst zu verwunden, und die Spanier schienen vom Muthe der Götter
beseelt. Wiewohl Pizarro und Almagro die Nothwendigkeit erkannten, das
Commando der Ihrigen nicht zu verlassen, trieben sie ihre Rachegelüste
doch mehr als ein Mal, die Klingen persönlich zu kreuzen, schnell
gaben sie aber nach und flogen an den Punkt von größerem Interesse.
Die Soldaten des Statthalters waren eben so viele Helden; Pizarro
zeigte an jenem berühmten Tage mehr Muth und Geschicklichkeit denn
je; Pizarro war das Entsetzen seiner Gefährten und seiner Feinde;
aber der unerschrockene, tapfere Almagro, an der Spitze von durch
einen Monarchen, den sie verehrten, aufgemunterten Soldaten, die
mit weit überlegener Kriegsmacht für ihre Freiheit stritten, war
ein unwiderstehlicher Strom. Die Anzahl sollte endlich den Sieg
entscheiden; der Statthalter mußte, nachdem er sich tausend Mal in den
Tod gestürzt hatte, den Rückzug anordnen, und zum zweiten Male sah sich
der Eroberer der neuen Welt besiegt und in die Flucht geschlagen, in
seinen prunkhaften Hof einziehen. Das Blut von tausend Peruanern floß,
um den Sieg zu besiegeln, aber dreihundert spanische Leichen bedeckten
ebenfalls den Kampfplatz.

Schmerz und Trauer verbreitete sich in Cuzco unter den Eindringlingen,
als sie den Statthalter, von Neuem in die Flucht geschlagen, einziehen
sahen; zitternd seufzten Alle, nur Pizarro nicht, der allein groß war
in Gefahren und darin mehr Ruhe zeigte als beim Wohlergehen. Luque sah
mit Entsetzen zu, daß der Gott der Schlachten den Sieg den Ketzern
überlassen haben würde; er muthmaßte dort in seinem Gewissen, daß es
eine Strafe für die Sünden der Christen wäre; in den Tempeln aber und
auf den Straßen verkündete er die hohen Rathschlüsse des Herrn, seine
unaussprechliche Mildthätigkeit, die Prophezeihung der im Evangelium
geschriebenen Ausbreitung des Christenthums durch die ganze Erde, und
hielt so die Begeisterung aufrecht, und bereitete die Besiegten zum
Tode vor. Inzwischen dachte der tapfere Pizarro nur an den Krieg, und
entfaltete eine außerordentliche Thätigkeit und Geschicklichkeit. Er
durfte nicht an einen neuen Ausfall gegen den Feind denken, aber er
bereitete sich vor, irgend welchem Angriffe oder Kampf, wozu sie ihn
herausforderten, zu widerstehen, um Verstärkungen von der Metropole zu
empfangen; von Ocollo, von sich selbst vergessen, sehnte er sich nur
nach Rache und nach dem Sieg, und niemals standen der Statthalter und
der Verweser in engeren Beziehungen, noch handelten sie einmüthiger.

Almagro seinerseits hielt mit unermüdlicher Thätigkeit den Muth und
die Disziplin in seinen Bataillonen aufrecht: Kaltblütig berechnete
er die Wahrscheinlichkeiten, welche ihm zum Siege und zur Eroberung
Perus verhalfen, und bereitete sich vor, die Hauptstadt des Reiches
zu stürmen. Der stets tapfere und großmüthige, von Almagro geschulte
Huascar war bereits ein herzhafter europäischer Feldherr, der sich,
obwohl er sich seinen Soldaten in Herrlichkeit zeigte, der Pracht
und der Gebräuche der Inkas entkleidend, sich nicht mehr mit dem
Gedanken als erhabene Gottheit und Nachfolger der Sonne trug. Tapfer,
aber ohne Stolz, geschickt, aber ohne Anmaßung, erkannte er die
Ueberlegenheit Almagros, und machte ihm das Commando niemals streitig,
noch widersprach er dem geringsten seiner Befehle. Vor Liebe zu ihrem
herzhaften Ritter berauscht, fand Coya ihre Lust nicht mehr an dem
Hochmuth der Waffen, dem Willen Almagros nachgebend, setzte sie,
obschon sie die Pfeile und den Bogen handhabte und die Begeisterung der
Peruaner beseelte, ihr kostbares Leben nicht in der Hitze der Kämpfe
aus. Las-Casas, der täglich das Opfer der Messe feierte, die reinste
Moral predigte, die allerheiligsten Tugenden ausübte, breitete das
Christenthum im ganzen Heere aus, und die Sonnenanbeter fielen vor dem
hölzernen Kreuze nieder.

Mit der Schnelligkeit eines Lauffeuers theilte sich das Gerücht von den
beiden durch Almagro erlangten Siegen, und von der Bekehrung Huascars
und des ganzen Heeres, den Provinzen mit; sowie der Sittenreinheit
und der Menschlichkeit des christlichen Priesters, des ehrwürdigen
Las-Casas. Trotz des harten Joches der Eroberer, und des Blutbades
und der Niederlage, womit sie das geringste Anzeichen der Empörung
bestraften, gährte es in den Provinzen, gleichwie das Feuer in
den Höhlen der Erde, und schon donnerte der Tag des entsetzlichen
Ausbruches.

Die Freiheitsapostel durchzogen, das Feuer schürend, geschäftig die
Provinzen: Viele wurden entdeckt und zur Sühne ihres Verbrechens
niedergemacht, aber die freien Männer entstehen wieder unter dem
Beile des Henkers, und jedes Opfer war durch hundert andere ersetzt,
die sich auf das Märtyrerthum vorbereiteten. Die Eindringlinge
und die Peruaner arbeiteten, ein Jeder unermüdlich, bald um die
Gewaltherrschaft und die Tyrannei aufrecht zu halten, bald um die
Freiheit und die Unabhängigkeit zu erlangen. In jenem Jahrhundert besaß
man die Kunst zu tyrannisiren noch nicht, wohl aber die Begeisterung,
die Unabhängigkeit ausrufend, unerschrocken in den Tod zu gehen. Eine
entsetzliche Thätigkeit fuhr in den Mauern und auf den Fluren von
Cuzco fort; die Belagerer bereiteten sich zum Sturme vor, und die
Belagerten, sie zurückzuschlagen. Die Garnison der Reichshauptstadt
zählte, nachdem sie eine zweimalige Ersteigung ausgehalten hatte,
sehr geringe Streitkräfte, und die Bataillone Almagros gingen über
zwanzigtausend Mann. In einer ruhigen Nacht war es, der Mond brach kaum
verschleiert hinter Wolken hervor, und eine Grabesstille herrschte
auf den Fluren, als Almagro unter dem Schutze der Schatten eine große
Anzahl Strickleitern anlegte und das Zeichen zum Sturme gab. Pizarro
schlief nicht, den Liebkosungen Ocollos hingegeben; tapfer fing er auf
den Mauern an, Tod und Verderben zu verbreiten, und der Kampf wurde
mit dem ganzen Schrecken der Erbitterung geführt. Die Peruaner, nach
Freiheit rufend, hauchten unter der Wucht der Waffen der Eindringlinge
die Seele aus, aber die Sterblichkeit schwächte die Begeisterung nicht,
sodaß sich die Stärke des Ansturms verdoppelte. Von wilder Heftigkeit
hingerissen, hielt der Statthalter, der Erste im Kampfe und in
Gefahren, den Muth und die Unerschrockenheit der Belagerten aufrecht;
aber bald erlahmte die Rechte, müde zu tödten, und die Mauern von Cuzco
bedeckten sich mit losgelösten Feinden, welche ihre Feinde ebenfalls
niederhieben, als Luque, ein Crucifix in der Hand, den Zorn der
Fanatiker entflammte und ihren Muth neu belebte. Eine übermenschliche
Kraft trieb Hände und Herzen an; Pizarro beherrschte schon die Seinen,
und die Peruaner wurden, als sie den Sieg sicher glaubten, von den
Mauern herabgestürzt. Das Feld war mit Leichen bedeckt, und das Blut
überfloß auf der Erde, aber die Belagerten erlitten ebenfalls einen
furchtbaren Verlust, und ihre geringe Kriegsmacht konnte keinen zweiten
Ansturm mehr aushalten.

Gar bald säumte die Sonne mit ihrem Purpur den Osten, und die auf
dem Schlachtfelde hingestreckten Krieger schliefen wie in einem
lethargischen Schlafe unter den Leichen. Der Statthalter und der
Verweser wachten inzwischen, und kaltblütig die Niederlage betrachtend,
dachten sie über das Mißliche ihrer Umstände nach; aber ihre anmaßenden
Seelen fanden immer noch Zuflucht in der Verzweiflung, und ihr Muth
entsank nicht. Tausend verschiedene Pläne bedrückten ihr Gehirn.
Sie fanden es schwierig, die Hauptstadt zu behaupten, und eben so
schwierig, einen Rückzug, auf dem sie nicht vollständig in die Flucht
geschlagen würden, und ungeduldig erwarteten sie, trotz der schwachen
Garnisonen, die in ihnen die Ruhe sicherten, kraft der Agenten,
welche sie wegen ihres allzugroßen Hochmuthes, obschon verspätet, an
alle geschickt hatten, Verstärkungen aus den Provinzen. Die größten
Besorgnisse des Statthalters waren, daß in der Nacht der Kampf sich
wiederholte, weil er mit sehr wenig Soldaten, und vor Müdigkeit
übermannt war.

Ocollo, in Hoffnungen und Befürchtungen versunken, befand sich in
einem Zustande unerklärlicher Verwirrung. Ist der Sieg Almagro, so
fallen die Tyrannen, sagte ihr ihr Herz, inzwischen aber seufzte sie,
eine Gefangene in seinem Palaste, in der Gewalt des Statthalters; sie
konnte seine brennenden Begierden nicht für länger unterhalten, und
die Verzweiflung riß ihn zur Gewaltthätigkeit hin. Der Palast des
Statthalters war ein prächtiges, mit Unglücklichen bevölkertes Gebäude.
Etwa fünfhundert Sklaven warteten auf seine Stimme, um ihn zu bedienen,
und bildeten seine Größe; fünfhundert Sklaven, welche die Fesseln der
Schmach schleppten, und welche unter der härtesten Tyrannei seufzten.

Ocollo, die Gattin des unglücklichen Atahulpas, voller
Liebenswürdigkeit und Reize, dazu geweiht, ihre Mühen zu erleichtern,
war der Abgott jener Unglücklichen, und auf sie konnte sie entfernte
Hoffnungen gründen.

Das peruanische Lager bot die tiefste Ruhe dar, und der Statthalter,
der sah, daß keinerlei Gefahr drohte, fühlte in seiner Brust die
Liebe neu erstehen, und voller Verzweiflung zog er sich, von seinen
feurigen Begierden hingerissen, von der Mauer zurück. Kaum war er bei
seinem Zimmer angelangt, ließ er anmaßenden Geheißes Ocollo rufen.
»Peruanerin«, sagte er zu ihr, »bald ist es Zeit, daß meine Liebe Trost
in deinen Armen finde: In dieser Nacht, in dieser selben Nacht....«
»Die Unruhe des Krieges, Pizarro,« entgegnete sie ihm.... »In dieser
Nacht vielleicht wiederholt der Feind den Ansturm.« »Nein, er wird
nicht so verwegen sein, ich schwöre es dir, er wird seinen Hochmuth
nicht von Neuem gedemüthigt sehen wollen; sollte er es aber anmaßend
wagen, so sind die Mauern nahe, beim ersten Schrei schüttle ich die
Liebe ab, und fliege zum Kampf: Die Gefahren sind mir köstlicher als
die Liebkosungen.« Vergebens mochte Ocollo die Hülfsquellen erschöpfen,
welche ihr ihre furchtbare Einbildungskraft anbot, die Verzweiflung
hatte sich der Seele Pizarros bemächtigt, seine Liebe war ein schwarzes
Ungewitter, vielleicht wußte er um seine Leidenschaft, und wollte den
glücklichen Augenblick, nach dem er so viele Male geseufzt hatte, nicht
unter seinen Händen entwischen lassen.

Schnell flog der Statthalter nach der Stadt, und an die Mauern, und mit
seiner Gegenwart belebte er die Soldaten, und gab allen militärischen
Anordnungen Kraft. In Thränen versunken, sah Ocollo den Augenblick,
den sie auf eine wunderbare Art so sehr verzögert hatte, unvermeidlich
herankommen. Zu entfliehen wäre unmöglich: Ihr Tod war sicher, und sie
wollte das großartige Schauspiel der Befreiung Perus genießen. Ihre
starke, in den Stürmen große Seele bewahrte Ruhe genug, um die Gefahr
zu erwarten; und durch den Schatten Atahulpas und durch die Liebe
beseelt, die noch in ihrem Busen brannte, dachte sie nur an ihre Rache.

Da die Garnison von Cuzco auf fünfhundert Mann beschränkt und Pizarro
bis zum Verkennen der Gefahren unerschrocken war, setzte er seine Wache
auf eine geringe Anzahl von Soldaten herab, aber seine unendlichen
Sklaven, von dessen Wildheit gewitzigt, zitterten bei seiner Stimme.
Weltklug genug, spiegelte Ocollo niemals eine Vereinigung mit jenen
Unglücklichen vor; manchmal behandelte sie dieselben ebenfalls
mit Anmaßung, und der Statthalter nahm sie mit seinen Interessen
verschmolzen an, weil er in seinem Liebestaumel der Gegenstand zu sein
glaubte, den sie verehrte! Aber Ocollo seufzte um die unglücklichen
Sklaven, und in das Geheimniß der Verstellung eingeweiht, entsprachen
sie ihrer Zärtlichkeit. Einige flößten ihr, bald wegen ihres Muthes,
bald wegen ihren Talenten, größeres Vertrauen ein und sie waren ihre
Hauptagenten für die Mittheilungen mit dem Lager Huascars; und auf
sie gründete sie ihre Hoffnungen und vertraute ihnen einige ihrer
Geheimnisse an. An jenem Tage ermunterte sie ihre Seelen, indem sie
ihnen versicherte, daß in der Nacht die Unabhängigkeit Perus ausgerufen
würde, daß aber ihre Anstrengung unerläßlich war. Die wehrlosen
Peruaner konnten kaum mehr, als großmüthig dem Tode ihre Brust
aussetzen, aber stets vorsehend, wollte Ocollo glückliche Augenblicke
benutzen.

Die geringe Wache, welche die Sicherheit des Palastes des Statthalters
verbürgte, bestand aus Soldaten, die die Nacht auf den Mauern tödtend
zugebracht hatten, die sich zur Feier des Sieges ebenfalls der
Schwelgerei und den geistigen Getränken überlassen hatten, und denen
die Müdigkeit und die Dünste ihre Glieder lähmen, und ein tiefer Schlaf
ihre Augenlider schließen und ihre Köpfe umnebeln würde. Jene Nacht
war die von Pizarro bezeichnete, um seine unkeuschen Begierden zu
sättigen, und die gleichfalls von dem Schicksal bezeichnete, um die
Freiheit Perus auszurufen, und Ocollo kannte ihre Lage, und in ihrer
Brust glühte die Liebe zu ihrem Vaterlande und ihre Rache. Obwohl zu
den Ketten der Knechtschaft herabgewürdigt, bewahrten die Peruaner die
Seelenstärke eines Volkes, das die Wonne der Freiheit gefühlt hat,
und bei dem Ruf der Freiheit flögen sie in den Tod, und Ocollo gab
ihren Lieblingen die erforderlichen Anweisungen, damit sie die Menge
vorbereiteten.

Nach so vielem Bemühen gab Pizarro der Müdigkeit schon nach; wiewohl
seine Glieder stahlhart waren, giebt auch der Stahl nach. Nachdem
alle militärischen Vorsichtsmaßregeln getroffen waren, zog er sich
bereits beim ersten Sturmgeschrei nach seinem Palaste zurück, um einen
Augenblick der Ruhe zu haben, aber die Liebe verzehrte sein Innerstes,
und eine trostlose Unruhe beunruhigte seine Brust. Ausdrucksvoller denn
je, ging Ocollo, ihm tausend verstellte Liebkosungen erweisend, ihm
entgegen, und bei dem Anblick der Schönen erwarb die Seele Pizarros
Kraft und Leben, seine Liebe brannte heftig, und sich entsinnend, daß
jene Nacht die letzte der Verstellung wäre, hielt er den glücklichen
Augenblick für gekommen. Ocollo jedoch, welche Pizarros erregte
Leidenschaften bereits kannte, nahm ein strenges Aussehen an und begann
seinen Liebkosungen auszuweichen. Da wurde der Statthalter wieder
stolz, und erinnerte sie an das Geheiß: »In dieser Nacht, Ocollo, in
dieser selben Nacht; es ist Alles umsonst....«

»Hoffe es nicht, Unmensch,« versetzte die Peruanerin, »niemals wird
Ocollo der Stimme des Mörders Atahulpas nachgeben.« »Ah! Treulose, und
du wagtest.... In dieser Nacht, in dieser selben Nacht ... umsonst
wirst du versuchen, deine Hand loszumachen, in meinen nervigen
Armen wirst du dein Verbrechen sühnen....« Wie ein schwaches
Rohr riß Pizarro das Opfer mit sich fort; bleich, in ihrer Ruhe,
schien Ocollo von einer göttlichen Macht beseelt; schon betastete
der Statthalter mit seinem schwarzen Munde die purpurnen Wangen,
als Ocollo muthig einen Dolch in seine Brust stieß und ihn mitten
durchbohrte. Pizarro fiel, sich in einem Strom von Blut wälzend,
und Ocollo rannte tapfer mit dem rauchenden, im Blute des Eroberers
gerötheten Dolche davon, gab den Ruf der Freiheit, und die Sklaven
flogen in Schaaren herbei. Alle Vorsichtsmaßregeln waren genommen;
die Peruaner bemächtigten sich der Waffen der Wache, welche träge
einen lethargischen Schlaf abschüttelten, um mordend unter dem Getöse
der Sklavenketten zu sterben; die ganze Wache wurde, wiewohl zu
theurem Preise, niedergemacht, und die Aufrührerischen flogen nach
einem Thore der Stadt, um es ihren Gefährten zu öffnen. Die Spanier,
welche die Mauern besetzten, hielten den Tumult für eine Ueberraschung
des Feindes, der Statthalter fehlte ihnen an ihrer Spitze, und sie
geriethen in Unordnung. Zu spät ja erkannten sie, was die Bewegung und
den Tod Pizarros verursachte, man hatte die Thore gesprengt, und das
peruanische Heer rückte eilfertig heran; es entspann sich jedoch, bei
der Dunkelheit der Nacht, ein lebhafter Kampf in den Straßen, und die
Spanier hätten den Sieg angestimmt, aber wie ein starkes Donnerwetter
brach Almagro herein und entschied den Triumph. Das peruanische Heer
weidete sich mit Entsetzen an den Besiegten; vergebens mochte Almagro
in jenen Augenblicken die Macht der Disziplin anrufen: Ein jeder Soldat
hatte tausend Opfer seiner Familie zu rächen, er mußte seine Schmach
in dem Blute seiner Unterdrücker waschen, und man hörte nur furchtsames
Todes-, Freiheits- und Rachegeschrei.

                            [Illustration]


                            [Illustration]




                              Kapitel 25.

                                Schluß.


Die Stadt war in ihrem ganzen Umkreise ein Schlachtfeld, und die
peruanischen Abtheilungen rückten, Tod und Verderben hinter sich
her reißend, überall siegreich vor. Ohne sich von der Spitze der
Bataillone zu entfernen, siegte Almagro, jedoch die Truppe zügelnd
und die Mannszucht bewahrend, und er warf durchdringende Blicke rings
umher, den Statthalter, seinen Gegner zu entdecken, um mit ihm Körper
an Körper die Waffen zu messen, und Coya, stets an seiner Seite,
entflammte die Tapferkeit der Peruaner, und flößte ihnen Muth und
Todesverachtung ein, um Siegeslieder und Freiheitsgesänge anzustimmen.
Obschon den Befehlen Almagros gehorsam, obschon von edler großmüthiger
Seele, führte, eine Division von verschiedenen Flanken anführend,
Huascar hinter seinen Fußstapfen das Verderben nach, und ließ genugsam
erkennen, daß er künftighin den Krieg bis auf den Tod führen würde; und
in Mitten so vielen Greuels nahm die Nacht ihren schwarzen Schleier
zusammen, das Licht des neuen Tages begann den Horizont zu erhellen und
glänzend brach die Morgenröthe der Freiheit Perus an.

Gar bald aber gelangte die Nachricht von der Ermordung Pizarros,
den er unter den Kämpfenden glaubte, an Almagro, und da zeigte der
junge Kriegsheld seinen ganzen Seelenadel: Er beweinte den Tod seines
Feindes, und schwermüthig warf er den Degen weg, den seine Rechte
schwang. Huascar, inzwischen siegreich vorrückend, bemächtigte sich
des Palastes des Statthalters, der früheren Wohnstätte der Inkas,
und in starrer Betäubung betrachtete er den Leichnam des kühnen und
ruhmvollen Spaniers, der das kolossale Reich in Staub versenkt hatte,
als auch Almagro herzutrat; und Ocollo ermüdet, und mit schwerem und
ängstlichem Athem in tiefer Ohnmacht dalag. »Inka«, sagte der Spanier
zu ihm, »bereits bewohnst du die Stätte deiner Vorfahren; hier hast du
meinen Degen; ich werde nicht mehr an deiner Seite kämpfen; ich habe
keinen Feind mehr zu besiegen; dieser kalte Leichnam hat meine Rechte
entwaffnet.« »Wie, tapferer Almagro, ich konnte dich beleidigen!«
»Nein, Huascar, nein, du bist edel und großmüthig, aber mein tadel- und
fleckenloser Name wird mit Schmach bedeckt werden, wenn ich fortfahre,
gegen meine Brüder zu kämpfen. Pizarros Stolz und Luques Fanatismus,
die Unduldsamkeit und die Gewaltherrschaft der beiden, brachten mich
in dein Lager, und die persönlichen Beleidigungen des Statthalters
forderten einzig meine Rache heraus. Die entfernten Geschlechter werden
vielleicht glauben, daß aus dem Blute Pizarros die Freiheit Perus
hervorquoll, weil seine Ermordung uns den Sieg verliehen hätte; die
peruanischen Waffen würden sich, den Eroberer überwindend, mit Ruhm
bedeckt haben, nun aber sind sie befleckt, und ich muß mich, von dem
Schauplatz des Krieges abtretend, vor der Schmach retten.« »Ocollo
rächte den Schatten Atahulpas; sieh, wie sie zuckend in tiefer Ohnmacht
versunken ist.« Da fing Ocollo an, ihre Schlafsucht abzuschütteln, und
sich von den Armen der sie umstehenden Peruaner losmachend, wollte
sie erschreckt entfliehen, und schrie krampfhaft: »Nein, Unmensch,
niemals, der Schatten Atahulpas.« Mit großer Mühe konnten sie sie in
ein gesondertes, ruhiges Zimmer bringen, wo sie, nachdem man ihr die
eifrigste Sorgfalt angedeihen ließ, bald wieder stille wurde und in
ihrem Geiste entsetzliche Erinnerungen vorüberziehen sah.

»Nein, Huascar,« wiederholte Almagro, »ich beschuldige Ocollo nicht;
ihre Rache und ihre Ehre erforderten ihre Tollkühnheit, doch Pizarro
ist todt, und es ist bereits meine Pflicht, die Waffen abzulegen.
Ich habe dich schon zum Siege vorbereitet, Benalcazar und andere
berühmte Kapitäne verstärken deine Reihen; du hast bereits gelernt,
die europäischen Waffen nicht zu fürchten; das Reich jauchzt dir als
seinem Herrscher zu, und du bemeisterst den Sieg schon. Lebe wohl,
großmüthiger Huascar; lebe wohl, Heer der Peruaner, lebe wohl. -- Im
Osten geboren, kam ich, um euer Glück zu stören; der barmherzige Gott
wollte mich mit weniger Ehrgeiz, oder mit mehr Empfindsamkeit, als
meine Gefährten ausstatten, und ich trachtete, in eurem gemeinsamen
Unglück eure Stütze und euer Trost zu sein. Die Undankbarkeit und der
Stolz Pizarros, die Liebe Coyas, die Einflüsterungen meines Herzens
brachten mich in euer Lager; ich kämpfte für eure Freiheit, und habe
euch vielleicht zum Siege verholfen. Wenn ihr mir etwas schuldet, wenn
ich würdig wäre, nach eurer Erkenntlichkeit zu trachten, so verzeiht
die Verbrechen meiner Gefährten, flucht ihrem Andenken nicht.... Ihre
Verbrechen sind Verbrechen ihres Jahrhunderts gewesen.«

Reichliche Thränen vergossen die einfachen Gemüther; eine tiefe Stille
herrschte unter den berühmten Personen, und die Blut- und Greuelscenen,
welche die neue Welt entsetzten, fingen an, sich in Scenen der Rührung
und der Freude zu verwandeln. Coya, die an den Blicken Almagros ihr
reines Herz entflammte, hing immerwährend an seinen Lippen; der
Wille, die Launen ihres Geliebten waren für die Schöne heilige und
unverletzliche Gebote, und wenn sie an der Seite ihres Almagros stand,
hielt sie ihre ganze glückliche Zukunft und ihre goldenen Träume
verwirklicht. Huascar, welcher in dem herzhaften jungen Manne keinen
Nebenbuhler, sondern einen Freund, eine unüberwindliche Stütze sah,
erschöpfte alle möglichen Hülfsquellen, damit er nicht die Waffen
ablegte, doch der herzhafte Spanier konnte nicht einem Feldzuge folgen,
worin sein mächtiger Nebenbuhler ermordet worden war. Es war alles
umsonst; Almagro hatte unwiderruflich seinen Entschluß gefaßt, und er
wandte sich endlich an Huascar: »Du weißt es,« sagte er zu ihm, »Sklave
der Schönheit und der Reize Coyas, ist die ganze Glückseligkeit, nach
der ich mich sehne, sie als Gattin zu besitzen, da ich schon vor so
langer Zeit ihr Herz besitze. Gewähre mir, als Herrscher von Peru, als
Oberhaupt der Familie der Inkas, diese Gabe, und meine geringen Dienste
für die Sache des Reiches, werden höchlich belohnt sein.« Huascars
größte Ehre war, Almagro unter die Familie der Inkas zu zählen, und
bald vermählte sie, indeß in dem ganzen ausgedehnten Reiche die
Vermählung unter Lustbarkeiten und herrlichem Gepränge gefeiert wurde,
der ehrwürdige Priester Las-Casas, mit allen kirchlichen Bräuchen, im
Tempel von Cuzco; und nach den gleichzeitigen Chroniken lebten die
beiden Gatten noch lange Jahre froh und glücklich in dem prächtigen
Palaste Coyas, den unsere Leser bereits kennen.

Der tugendhafte Las-Casas blieb als Oberhaupt und Generalverweser der
christlichen Priester des Reiches ebenfalls in Cuzco und predigte
unermüdlich von der Zärtlichkeit und dem balsamischen Troste der
hehren Religion des Gekreuzigten; er ertheilte den neuen Priestern
die heiligen Befehle, er war der Schutzengel der Unglücklichen, und
er ließ in seinen Tugenden das wahrhaftige Bildniß eines allmächtigen
und anbetungswürdigen Gottes wiederstrahlen. Ocollo, die Tugenden
des frommen Dieners bewundernd, und durch die Bekehrung Huascars
angespornt, haßte die Christen nicht; sie hätte vielleicht sogar
bereitwillig das Wasser der Taufe empfangen, aber die Liebe Atahulpas
lebte unauslöschlich in ihrer Brust, und niemals wollte sie den
Glauben ihres angebeteten Inkas aufgeben, und in stiller Einsamkeit sah
sie ihr von herrlichen Erinnerungen kontrastirtes Leben dahinziehen;
und bald stellte sich der blutige Schatten Atahulpas ihrer beunruhigten
Einbildungskraft vor, bald ließ ein rächender in eine anmaßende Brust
gestoßener Dolch ihre Seele lächeln.

Wie irrende Kometen gingen die Helden Perus dem Ende ihrer Laufbahn
und ihrem Untergange entgegen; doch knüpfen wir, um ihre Seiten
abzuschließen, wieder an die Erzählung unserer Geschichte an.

Trotz des vollständigen Sieges der Peruaner konnten doch noch einige
Spanier aus Cuzco und dem Tode entrinnen, welche auf die Befehle des
Kapitäns Soto eiligst nach Cajamalca flohen. Die Beharrlichkeit und die
Tapferkeit waren bereits vergebens, die Revolution Perus war bereits
ausgebrochen, um nicht wieder zurückzugehen; die Peruaner hatten
bereits mörderische Waffen, sie waren tugendhaft und kämpften für ihre
Freiheit, das ist es, was die Völker zum Siege führt, und schwächere
und ohnmächtigere Streitkräfte würden sich dem reißenden Strome
widersetzen können. Der fanatische und blutdürstige Luque rettete sich
ebenfalls vor dem Gemetzel von Cuzco, und floh, wenngleich er nicht
mehr auf jene zauberhafte und unwiderstehliche Gewalt rechnete, die ihm
der Aberglaube in den ersten Augenblicken verlieh, weil sein düsterer
Fanatismus sogar die Fanatiker ermüdet hatte, mit den Ueberresten des
besiegten Heeres.

Der herzhafte Huascar schlief nicht unter den Lorbeeren seiner ersten
Triumphe ein, und Sieger über die Mauern von Cuzco, war er noch immer
nicht Sieger über das Reich der Inkas. Die Eindringlinge beherrschten
viele Provinzen, und sie mußten sich von Neuem vorbereiten, zu kämpfen
und zu siegen. Die Kundschafter Huascars und der Freiheit durchzogen
das Land nach allen Theilen, das Mangels an Garnisonen nur aus einer
eingebildeten Furcht seinen Hals der Gewaltherrschaft bog, und mit
Leichtigkeit erhoben sich die Provinzen und gaben, auf den geringen
Schutz, den ihnen eine Division Huascars anbot, den Ruf der Freiheit
und Unabhängigkeit. Einzig von Cajamalca nach San Mateo breitete
die Herrschaft ihren Schrecken aus, weil es der Punkt war, wo die
geringe feindliche Macht, welche immer noch die neue Welt besetzte,
zusammengezogen war.

Jeden Tag rief eine Provinz ihre Freiheit und Unabhängigkeit aus;
im ganzen Reiche brannte ein heftiges, unterirdisches Feuer der
Revolution; mit bewunderungswürdiger Thätigkeit war Huascar allerorts
zugegen; die Eindringlinge waren, schon auf einen kurzen Raum
beschränkt, und zu Tausenden strömten die Peruaner nach Cuzco, das Heer
der Freiheit zu vergrößern. Huascar konnte nicht mehr länger dulden,
daß Cajamalca und San Mateo unter fremder Herrschaft fortfuhren, und
an der Spitze eines mächtigen und wohlorganisirten Heeres brach er
auf, jenen köstlichen Gegenden die Freiheit zu geben, und der Thron
von Madrid und der Vatikan erbebten bei den Schritten des Befreiers
der neuen Welt. Auch in dieser Provinz loderte das Feuer des Aufruhrs;
vergebens strengten sich die Eindringlinge an, um es zu ersticken, und
Huascar zog eilig daher, und sie mußten sich zum Kampfe vorbereiten.
Eine kurze, entmuthigte, besiegte, von der Metropole verlassene
Division, konnte ohne Hülfsquellen, und auf dem Boden, den sie betrat,
mit Wuth befeindet, nicht gut dem Siege trauen; aber Soto und seine
Soldaten waren tapfer und kriegerisch, sie konnten nicht einmal den
Schimpf ertragen, besiegt zu werden, und sie würden nicht vom Platze
weichen, ohne mit Anstrengung die Waffen zu messen.

Gleichwie ein reichhaltiger Strom, der seine Dämme durchbrechend sich
dahin stürzt und sich majestätisch über die Fluren ergießt, so dehnte
und breitete Huascar seine Kriegsmacht auf den Feldern von Cajamalca
aus, und schickte sich an, der Anmaßung der Eindringlinge den Todesstoß
zu versetzen. Soto hatte seine Kriegsmacht ebenfalls zusammengezogen,
und rüstete sich kühnen Muthes zur Schlacht, und die alte und neue Welt
erwarteten mit Begierde den Schlag, der ihre moralische und politische
Zukunft so sehr beeinflussen sollte.

Wie wir schon angezeigt haben, erfreute sich Luque weder einer
so großen Macht, noch eines so großen Ansehens; sein Fanatismus
beherrschte nicht mehr ausschließlich die Gewissen, und es fing an,
eine Umgebung von Vorurtheilslosigkeit zu herrschen, welche den Seelen
eine ziemlich deutliche Stimmung verlieh. In jenen Gegenden waren
ebenfalls die beiden Culte vorherrschend, das Christenthum und die
Sonnenanbetung, welche in vielen Peruanerherzen geweihte Tempel hatte;
die Glaubensunduldsamkeit und die militärische Gewaltherrschaft fuhren
fort, mit mehr oder weniger Rohheit ihre Schrecken zu verbreiten, und
die Peruaner würden einen ruhmvollen Tod vorziehen, als die Fesseln der
Sklaverei weiter schleppen. Die Nachrichten von der Annäherung Huascars
entflammten die Gemüther, und in Cajamalca heulte ebenfalls eine
fürchterliche Revolution.

Aufbrausend und anmaßend zog Soto bei den Neuigkeiten von der Ankunft
Huascars hinaus auf’s Feld, und von seiner tollen Heißblütigkeit
getrieben, schickte er sich an, einen verwegenen Zusammenstoß zu wagen.
Luque konnte nicht begreifen, wie der Gott der Schlachten, die Waffen
der Nazarener verlassend, den Sieg einem von ihm mit dem Kirchenbann
belegten Heere verlieh, und in seinem barbarischen Fanatismus sah
er die Kehrseiten ihres Lagers als eine sichtbare Strafe der Sünder
und als einen schwierigen Beweis dessen an, wozu der gerechte Gott
die Christen aussetzte, und inbrünstig eröffnete er öffentliche
Bußpredigten, belegte das Reichsheer und die abtrünnigen Christen,
welche ihm nachfolgten, von Neuem mit dem Kirchenbann, und feierte, so
den Muth der Besiegten in etwas aufrecht haltend, tägliche Gebete.

Huascar verdankte Almagro eine kluge Tapferkeit und eine strenge
Mannszucht, und er zweifelte nicht daran, den Kampf, wozu ihn Soto
herausforderte, anzunehmen, weil er kaltblütig seine gewaltigen
Vortheile erwog und überdachte. Gar bald entspann sich angesichts
Cajamalcas der hartnäckige Kampf; der so muthige und todesverachtende
Soto hatte nicht das Ansehen wie Pizarro, noch dessen Takt und
militärische Kenntnisse; die kriegerischsten Soldaten und die
erfahrensten Anführer waren in den Anden und in Cuzco umgekommen,
und bald sahen sich die Eindringlinge umzingelt und in die Flucht
geschlagen, und sie mußten den Rückzug antreten.

Unglücklicherweise hatte sich in Cajamalca zugetragen, was Soto
hätte voraussehen sollen. In dem Augenblick, in welchem er seine
ganze Kriegsmacht auf das Feld hinausnahm, um Huascar eine Schlacht
zu liefern, platzte in der Stadt der Vulkan los, der im Verborgenen
glühte; die geknechteten Bewohner liefen mit viel früher ausgedachter
Absicht zu den Waffen; bemächtigten sich der Mauern und der wichtigsten
Punkte, überraschten und hieben die geringe Wache nieder, womit man die
Ruhe gesichert glaubte, und nicht ein einziger Eindringling konnte sich
von dem Tode befreien. Die Sklaven tödteten mit äußerster Erbitterung,
aber sie sehnten sich darnach, ihre ganze Wuth an dem barbarischen
Luque auszulassen.

Pizarro’s Verweser hatte einen unauslöschlichen Haß auf sein Haupt
zugezogen, weil er, so sehr der Fanatismus seines Jahrhunderts seine
Grausamkeit und seine Mordthaten für die kommenden Geschlechter
bedeckt, wie wir gesehen haben, in Mitten eines See’s von Blut gelebt
hatte. Umsonst suchte ihn wüthend das empörte Volk durch die Stadt
und an den verborgensten Orten, da Luque sich angesichts der Gefahr
in den Tempel flüchtete, den er für eine unverletzliche Freistätte
hielt und sich in inbrünstigem Gebete vor dem Altare niederwarf; aber
die Aufrührer hatten es bald erfahren, und sie fielen über den Tempel
her, sprengten dessen Thüren ein, warfen sich wie hungrige Wölfe über
den Fanatiker her und zerfleischten ihn wüthend an demselben Altare,
an welchem er betete. Ihre Wuth war noch immer nicht gesättigt; sie
schleiften seine zuckenden Glieder durch die Stadt, und verbrannten
sie endlich unter Jubel und Freudengeschrei auf einem fürchterlichen
Scheiterhaufen. Luque starb, wie er so viele Unglückliche hatte
sterben lassen, die neue Welt verweigerte ihm sogar einige Fuß Erde,
wo dessen sterbliche Ueberreste ausruhten, seine Asche wurde in
den Wind gestreut, wie er diejenige Atahulpas und tausend anderer
Märtyrer seines barbarischen und blutgierigen Fanatismus gestreut
hatte. Inzwischen veranstaltete Almagro im Gegentheil für den
unsterblichen Eroberer des Inkareiches ein prächtiges und königliches
Leichenbegängniß.

Zwar besiegt und in die Flucht geschlagen, erfuhr Soto die Empörung
und die Schrecknisse von Cajamalca; ohnmächtige Verzweiflung war
seine Qual, aber der Strom war bereits durchaus unwiderstehlich.
Ohne Hülfsquellen irgend welcher Art, von der Metropole, wo sie
sich umsonst auf Verstärkungen und Beistand beriefen, verlassen,
konnten die Eindringlinge dem Andrange eines mächtigen, siegreichen
Heeres, nicht gut die Stirne bieten, da es ihnen sogar an befestigten
Punkten, um sich darin zu wehren, fehlte. Unter tausend heldenmüthigen
Anstrengungen erreichte Soto, die Eindringlinge auf San Mateo
zurückzuwerfen, wo es ebenso wenig möglich war, daß er bestünde, und
sie mußten sich an Bord schwacher und zerstörter spanischer Schiffe
flüchten, welche die Bucht durchfuhren.

Die spanischen Priester verschwanden ebenfalls in dem rasenden Strudel,
aber die christliche Religion blieb gesichert und triumphirend an den
Gestaden des südlichen Meeres, und die süße Moral des Evangeliums
verbreitete in dem Reiche der Inkas die Sanftmuth und den Trost,
welche die göttlichen Lippen des Gekreuzigten auf der Erde kosteten.
Der ehrwürdige Las-Casas war das Oberhaupt der Kirche jener entlegenen
Gestade; unter seinem wohlthätigen Schatten erwuchs dem Lande ein
menschenfreundliches Priesterthum, und voller Zärtlichkeit, und kaum
konnten die entfernten Geschlechter nachher begreifen, daß auch Luque
sich ein Priester des Christenthums genannt hatte.

Peru athmete frei auf von seinen Bedrückern, die Unterthanen der Inkas
warfen die Söhne vom Osten wieder über die Meere zurück, und wenn
auch bei den hartnäckigen Kriegen die Kampfplätze des Reiches mit
Blut bespritzt wurden, lernten die Peruaner doch das Vorhandensein
anderer Gestade, anderer Festländer und anderer Welten kennen, welche
sich ihnen in Zukunft beim Handel und Verkehr eröffnen würden. Sie
schüttelten ihre Vorurtheile, ihre Inkas wie Götter anzusehen, ab;
dieses göttliche Recht verschwand noch früher aus jenen Gestaden, als
aus der alten Welt, und sie erreichten es, den Baum ihrer Freiheit
aufzupflanzen, obschon sie ihn, wie in allen Ländern, mit Blut
begießen mußten. Von der allersüßesten Wehmuth der nazarenischen
Religion begeistert, begriffen ihre Gemüther endlich, daß sie ihren
Cultus einem Theile der Schöpfung, dieser strahlenden Leuchte des
Tages zollten, die so prächtig und erhaben sie über den Welten thront,
der kräftige Verstand des Menschen bis zu ihren empirischen Regionen
gelangt ist, ihr in ihrem Laufe gefolgt ist und ihre Natur erkannt hat,
indem er sie wohl, wie alle Mittelpunkte der Planetensysteme, für eines
der großen Werke des höchsten Schöpfers hielt, ihr aber den Vorrang der
Welten versagte, welchen Manco Capac ihr gewährt haben würde. Das Reich
der Inkas wurde mit Blut geröthet, aber es verdankte den Spaniern seine
politische Bedeutung in der Zukunft der Welt.

Der Hof von Castilien inzwischen zerfiel schmachtend in seiner eigenen
Größe; als Rückfracht der Schätze der neuen Welt schickte er seine
mit spanischem Blute beladenen Galeeren, das fruchtlos an den neuen
Gestaden vergossen wurde. Das spanische Volk war es, das dieses
Blut hergab, die Schätze aber, wofür es sich verkaufte, waren nur
für Philipp und Karl und deren Höflinge, für die römische Curie und
deren Abgeordnete in Europa. Um Ströme Blutes des spanischen Volkes
wurden mit den Schätzen von den Gestaden des südlichen Meeres diese
hoffärtigen Festungsschlösser der Könige von Castilien, diese üppigen
Gärten, diese Porphyr- und Marmorobelisken, diese riesigen Kirchthürme,
diese dem Gotte Luques geweihten orientalischen Tempel errichtet;
und das spanische Volk zerfiel, und die Enkel Karls V. bluteten sich
zwischen unfruchtbaren Bergen von Gold verächtlich zu Tode.

Niemals hätten die berühmte Isabella I. und der kühne Columbus ein so
trauriges Vermächtniß der spanischen Nation erdacht: Der Fanatismus und
die Dummheit des sechszehnten Jahrhunderts tauschten den größten Erfolg
der Zeiten, und worauf sich die Glückseligkeit beider Welten erheben
sollte, in eine öffentliche Calamität um. Das Schicksal aber des Bösen,
welches der Erde vorzustehen, und sie zu beherrschen scheint, bedeckte
den unsterblichen Augenblick, in dem eine Welt die andere kennen
lernte, mit Blut und Trauer; den Augenblick, in dem der kühne Mann,
diese ungeheuren Meereseinöden beherrschend, diese unübersteigliche
Vormauer übersprang, womit die Natur die einen von den andern Brüdern
trennte; den Augenblick, in welchem die Natur den Anstrengungen
des Menschen nachzugeben schien, und sich besiegt vor dessen Füße
niederwarf.

Das war die Geschichte der Inkas und der Söhne vom Osten im
sechszehnten Jahrhundert, gemäß den glaubwürdigsten Quipos und
peruanischen Handschriften, welche uns vor Augen gelegen und deren
Uebertragung wir sorgfältig durch die genaueste Wiedergabe angestrebt
haben. Glücklicherweise begrub die Zeit das sechszehnte Jahrhundert,
und mit ihm die Erinnerungen und den Groll der ursprünglichen Zeiten
der Eroberung von Peru und der übrigen Festländer der neuen Welt
in ihren unergründlichen Abgrund; und nach großen Ereignissen und
großen Trübsalen ist bereits der ersehnte Augenblick gekommen, in dem
wir, die damals kämpfenden Völker, Brüder seien, und unter ihnen die
Brüderlichkeit und die Liebe regierte, welche niemals getrübt werden
durfte. Wir vermachen ihnen unsere Religion, unsere Sprache, unsere
Sitten und Gebräuche; es sind unsere Söhne, es sind unsere Brüder, und
wenn die blutigen Schicksale, welche den Nationen vorzustehen scheinen,
für jetzt die neue Welt dazu verdammen, ihr Blut in den Kämpfen und in
den Bürgerkriegen zu vergießen, wie auch wir Unglückliche es vergießen,
so wird ein Tag leuchten, da der Genius des Guten der Welt vorsteht,
und alsdann werden die Spanier von diesseits und jenseits der Meere
freudig ihre Arme ausbreiten, werden einander Brüder nennen und werden
den Schatten Columbus segnen.


                                 Ende.

                            [Illustration]




                        Verlag von Eduard Moos,

                       Zürich, Erfurt, Leipzig.


                            Vom Zürichsee!

                      Gedichte von Robert Speich.

In der knappen, ansprechenden Form und im einfachen Ausdruck ist der
junge schweizer Dichter ganz Realist, in seinen Gedanken und Gefühlen
aber begeisterter Idealist. Da duftet uns wirklich frisches Leben
entgegen gegenüber den matten, herbstlichen Gefilden der zu Ende
gehenden naturalistischen Schule. Die Wahrheit siegt über die Lüge, --
Freunde der Litteratur werden in dem Bändchen eine eigenartige Neuheit
begrüßen.

Eleganter Einband mit Goldschnitt Mark 2.--, brochirt Mark 1.50.




                   Unterhaltungen eines Gefangenen.

                             Roman von ***

         Aus dem Französischen übersetzt von Adolf Knabenhans.

Es ist dem Autor gelungen, die eigenartige Sprache des Originals voll
und ganz wiederzugeben, sodaß denen, welche nicht der französischen
Sprache mächtig sind, Gelegenheit wird, die Eleganz des französischen
Ausdrucks zugleich mit dem Genuß eines spannend geschriebenen Romans
kennen zu lernen.

In elegantem Calico-Einband Mark 2.50




                             Us Thüringen!

              Schnurren un Schtimmen in Poesie und Prosa

                    von Hermann Töppe, Hauptlehrer.

Die Presse beurtheilte das Buch sehr günstig; u. a. schreibt das
»Deutsche Tagebl.« darüber: »Die köstlich anschauliche und naive
Weise, in welcher der Verfasser uns mit seinen Landsleuten bekannt
macht, läßt in ihm ein außergewöhnliches Talent erkennen. Die Fülle
herzerfrischenden, urwüchsigen Humors, gepaart mit einem Zuge
gemüthvollen Ernstes, den der Dichter im rechten Augenblick walten
läßt, wird dem ›wilden Thüringer Röslein‹ im Rosengarten der deutschen
Dichteraue gewiß ein Plätzchen zu verschaffen im Stande sein. Besonders
auch der außerhalb seiner Heimath lebende Thüringer wird das Büchlein
mit seinen lebendigen Bildern gewiß mit Freuden als einen guten
Kameraden begrüßen.«

Band 1 und 2 in hochelegantem Geschenkband mit Goldschnitt à Mark 3.--,
brochirt Mark 2.25.




                            Erste Veilchen.

                   Gedichte von Franz Litterscheid.

In eleganter Form werden von dem Autor Stimmungen und philosophische
Gedanken producirt, welche, an sich originell, weit über das Maß des
alltäglichen hinausragen. Die edle dezente Sprache wie die Art des
Inhalts empfehlen das elegant ausgestattete Buch als Geschenk für jedes
Alter.

Eleganter Einband mit Goldschnitt Mark 2.50, brochirt Mark 1.75.




                      Anmerkungen des Bearbeiters

Alte Schreibweisen von Wörtern (vor der deutschen Rechtschreibreform)
werden in ihrer gedruckten Form belassen und nicht auf die moderne
deutsche Rechtschreibung aktualisiert.

Die Darstellung der Ellipsen wurde vereinheitlicht.

Im Originaltext fehlten einige Anführungszeichen. Dort, wo der Kontext
es deutlich machte, wurden diese wiederhergestellt.

Verschachtelte Anführungszeichen wurden von zwei Paaren doppelter
Anführungszeichen in ein einfaches Anführungszeichen geändert. In
Antiqua gedruckte Wörter wurden in Kursivschrift geändert oder mit
»_text_« gekennzeichnet. Gesperrter Text ist mit *text* gekennzeichnet.

Seite

  3 »Córtes« wurde korrigiert zu »Cortés«: Die gesetzgebende Gewalt lag
in den Cortés...

 44 »nnterstützten« wurde korrigiert zu »unterstützten«: ...wohlthätigen
Einfluß unterstützten, die Huldigung der Peruaner.

 50 »Angen« korrigiert zu »Augen«: ...des sechszehnten Jahrhunderts so
vor den Augen ihres Gottes...

 50 »Blnt« korrigiert zu »Blut«: ...deren Schweiß und Blut Karls V.
mächtiger Thron...

 58 »hohlen« korrigiert zu »hohen«: ...das dumpfe Getöse des zwischen
den hohen Klippen der Anden...

 61 »Leiches« korrigiert zu »Leichtes«: Es wäre Pizarro ein Leichtes
gewesen, von dem Inka den Eintritt...

 80 »Geberden« korrigiert zu »Gebärden«: Obwohl unter sanften
Vorstellungen und Gebärden,...

 84 »Gleichgiltigkeit« korrigiert zu »Gleichgültigkeit«: Pizarro sah die
Schönheit und Reize Ocollos nicht mit Gleichgültigkeit;... ↩

 87 »Lebensmiteln« korrigiert zu »Lebensmitteln«: ...daß das Lager
Pizarros mit Lebensmitteln zu versehen war...

 87 »Guito« korrigiert zu »Quito«: ...Boten nach Cuzco, Quito, Tititaka
und andern...

 87 »Tititaca« korrigiert zu »Tititaka«: ...Boten nach Cuzco, Quito,
Tititaka und andern...

 99 »Gleichgiltigkeit« korrigiert zu »Gleichgültigkeit«: Pizarro sah die
Schönheit und Reize Ocollos nicht mit Gleichgültigkeit;... ↩

115 »seit« korrigiert zu »seid«: ...sagte sie zu ihm, seid Söhne des
Verbrechens.

122 »Ruchlosigleit« korrigiert zu »Ruchlosigkeit«: ...eine feierliche
Messe, um die Früchte der Ruchlosigkeit zu verheilen.

163 »nnglückliche« korrigiert zu »unglückliche«: Viertausend
unglückliche Sklaven...

209 »mitznwirken« korrigiert zu »mitzuwirken«: ...bei der Zerstörung
der neuen Welt mitzuwirken,...

282 »Isabelle« korrigiert zu »Isabella«: Niemals hätte die berühmte
Isabelle I. und der Kühne Columbus...

Fußnote 2: Fehlendes »=« Zeichen, hinzugefügter: Peso (Piaster) = 5
Frcs.





*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE EROBERUNG VON PERU ***


    

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