Das Lob der Narrheit

By Desiderius Erasmus

The Project Gutenberg EBook of Das Lob der Narrheit, by Desiderius Erasmus

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Title: Das Lob der Narrheit

Author: Desiderius Erasmus

Editor: O. J. Bierbaum

Illustrator: Holbein

Release Date: September 19, 2014 [EBook #46903]

Language: German


*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS LOB DER NARRHEIT ***




Produced by Jana Srna, Norbert H. Langkau, Reiner Ruf, and
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                    Anmerkungen zur Transkription:
                    ##############################

Der vorliegende Text wurde anhand der 1918 erschienenen Neuauflage der
Ausgabe von 1781 möglichst originalgetreu wiedergegeben. Ungewöhnliche,
alte und regionale Schreibweisen (z.B. "eckelhaft", "Hinderlassung",
"willt du") wurden beibehalten, ebenso inkonsistente Schreibweisen
(z.B. "Ulysses/Ulisses", "bewußt/bewust"), sowie alle Abweichungen in
Groß- und Kleinschreibung.

Die folgenden Stellen wurden korrigiert:

    # Vorwort: "Dulce est decipere in loco" --> "Dulce est desipere in
      loco"
    # S. 2: "Göttern" --> "Götter"
    # S. 5: "Stregreife" --> "Stegreife"
    # S. 7: "Pupurröckchen" --> "Purpurröckchen"
    # S. 11: "jenern" --> "jenen"
    # S. 12: "Angen" --> "Augen"
    # S. 27: "Possenweisser" --> "Possenreisser"
    # S. 28: doppeltes "und"; eines entfernt
    # S. 53: "zween Steine" --> "zween Steinen"
    # S. 74: "schmeicheit" --> "schmeichelt"
    # S. 90: "jeder" --> "jede"
    # S. 94: "den Aeneas" --> "dem Aeneas"
    # S. 101: "Babara" --> "Barbara"
    # S. 122: "Titil" --> "Titel"
    # S. 129: "Argonoute" --> "Argonaute"
    # S. 197: "voll süsses Weins" --> "voll süssen Weins"
    # S. 207: "einen" --> "einem"

Der Orignaltext wurde in Frakturschrift gesetzt; einige Passagen wurden
durch Antiquaschrift hervorgehoben. Diese Stellen werden hier mit
Unterstrichen gekennzeichnet (_antiqua_). Gesperrte Textstellen stehen
zwischen Tilden (~gesperrt~).




                      Die Bücher der Abtei Thelem

                             Zwölfter Band

                      Erasmus / Lob der Narrheit

                            [Illustration]




             [Illustration: Die Bücherei der Abtei Thelem

                   Herausgegeben von O. J. Bierbaum]




                        [Illustration: ERASME.

                                MORUS.

                               HOLBEIN.]




                                  Das

                           Lob der Narrheit

                         aus dem Lateinischen

                             des Erasmus.

                       Berlin und Leipzig, 1781.

            Bey Georg Jacob Decker, Königl. Hofbuchdrucker.

                Mit Kupfern von Holbein, neu erschienen
               bei Georg Müller zu München im Jahre 1918




Vorwort


Als ein Kind launiger Muse will Erasmus von Rotterdam seine
weltberühmte Schrift ~Das Lob der Narrheit~ beurteilt wissen.
In dem Widmungsbriefe an den jüngeren, damals (1498) zwanzigjährigen
Thomas Morus, späteren Kanzler Heinrichs VIII. von England, dem
ihn gemeinsame humanistische Studien verbanden, erzählt der Verfasser,
wie ihm die Idee zu dem Buche auf dem Heimritt von Welschland gekommen
sei. Es ist kein Grund daran zu zweifeln, daß dieses populärste Werk
des deutschen Humanismus mehr oder minder zufällig koncipiert und mit
einer Art spielerischen Vergnügens ausgeführt wurde. Erasmus selber hat
wohl nie geahnt, daß die geistreiche aber leicht gezimmerte Arbeit,
die ihm nichts als ein Ausruhen von ernsten, gelehrten Forschungen
bedeutete, seinen internationalen Ruhm für alle Zeiten begründen würde.

Das in eleganter Latinität geschriebene und in alle Kultursprachen
übersetzte Werk verdankt seine äußere Anregung dem deutschen
»Narrenschiff« des Sebastian Brant, kommt aber geistig aus viel
früherer Zeit her, nämlich aus der freieren Sphäre des attischen
Spötters Lukian, von dem es den feineren Witz, die überlegene Ironie
und die aller Didaktik fremde, jeglicher Moralisation abholde
weltmännische Art hat. Hinter dem tollen Wirrwarr menschlichen
Treibens, hinter den Mängeln, Schwächen, Fehlern und Untugenden sieht
Erasmus die Thorheit als etwas nur Allzumenschliches an. Sie ist ihm
dasjenige geistige Element, das dem Erdendasein überhaupt erst Reiz
und Wert verleiht. Das Horazische _Dulce est desipere in loco_
ist hier zu einem Prinzip der Weltanschauung erhoben und wird halb
im Ernst, halb im Scherz von einer lächelnden Lebensphilosophie als
_Vademecum_ für jeden Erdenpilger gepriesen. Daß der geistreiche
und seine Thesen mit unzähligen gelehrten Zitaten erhärtende Autor
sich dabei nicht immer konsequent bleibt und mitunter wie z. B. in
seiner Polemik gegen Kirche und Theologie aus dem Ton und der Rolle
eines Lobredners der Thorheit fällt, darf weiter nicht verwunderlich
erscheinen.

Die vorliegende Übersetzung ist mit ausgewählten Holzschnitten nach den
Randzeichnungen von Erasmus Freunde Holbein geziert, die der Meister in
ein Exemplar der Frobenschen zu Basel aufbewahrten Ausgabe eingetragen
hat.

    Der Herausgeber




[Illustration]




Lobrede, welche die Narrheit sich selbst hält.


Was die Sterblichen auch immer von mir schwatzen mögen (ich weiß es,
meine Herren, ich weiß es, in welchem bösen Rufe die Narrheit auch bey
den gröbsten Narren steht) so bin doch ich es, ich, wie Sie mich hier
vor sich stehen sehen, durch deren übermenschliche Kraft den Herzen
der Götter und der Menschen die muntersten Freuden eingeflößt werden.
Wollen Sie hierüber einen Beweis? Hier ist ein überzeugender:

Kaum war ich aufgetreten, um in dieser zahlreichen Versammlung eine
Rede zu halten, so ward plötzlich jedes Antlitz mit einem neuen
und ungewöhnlichen Schimmer der Fröhlichkeit übergoldet; plötzlich
entfaltete sich jede Stirn; im hellsten liebenswürdigsten Lächeln
wird mir von allen Orten der holdeste Beyfall zugewinkt. Wo ich meinen
Blick hinrichte, sehe ich Gesichter, die mich nicht anderst denken
lassen, als jedermann habe sich bey dem Nektar, dem es die Homerischen
Götter bey ihrem Gelache gewiß an dem Safte des die Traurigkeit
verbannten Ochsenzungenkrautes nicht fehlen lassen, in die beste Laune
getrunken: und vorhin sah jeder so finster und grämlich aus, als ob
er geradesweges aus einer Eremitenzelle zurückkomme. Wie wenn die
Sonne am frühen Morgen ihr goldschönes Antlitz der Erde zuwendet; wie
wenn nach dem rauhen Winter der neue Frühling mit seinem belebenden
Hauche kommt: jugendlich glänzt das Antlitz der ganzen Natur; Farbe,
Anzug, alles hat sich verjüngt: also, meine Herren, hat sich auch auf
ihren Angesichtern, sobald sie einen Blick auf mich gerichtet hatten,
alles geändert. Große Redner! schwarze Sorgen wollt ihr aus den Herzen
der Zuhörer verbannen; und wie betreibt ihr's? in einer viele Nächte
hindurch abgezirkelten langweiligen Rede arbeitet ihr oft vergeblich
daran. Schämet euch! Sehet, mit einem einzelnen Blicke hab ichs zu
Stande gebracht!

Warum ich heute in einem so ungewöhnlichen Aufputze erscheine? Sie
werden es sogleich vernehmen, meine Herren, wenn es ihnen nicht
zu beschwerlich ist, mir ein geneigtes Ohr zu gönnen; aber bey
Leibe ja nicht ein solches, das Sie den ehrwürdigen Kanzelrednern
zuwenden, sondern ein solches, das Marktschreyern, Possenspielern und
Lustigmachern immer offen steht; ein solches, wie ehedem unser Midas
dem Pan ein stattliches Paar zuwendete.

Mich hat die Laune angewandelt, mich Ihnen für eine Weile als
Sophistin zu weisen; nicht von der Art jener, die in unsern Zeiten
der Schuljugend einige Armselichkeiten ängstlich einbläuen und dabey
lärmend ein mehr als weibisches Gekeif ergellen lassen. Ich werde jenen
Alten nachahmen, die sich, um dem mir so verhaßten Namen der Weisen
klüglich auszuweichen, Sophisten nannten. Sie übernahmen es, das Lob
der Götter und der Helden herauszustreichen. Man halte sich also in
Bereitschaft, eine Lobrede anzuhören; nicht auf einen Herkules, einen
Solon, sondern auf mich, d. i. auf die Narrheit.

Ich mache mir nicht das geringste daraus, wenn jene Weisen jeden, der
sich selbst lobt, für einen Narren und Unverschämten ausschreyen.
Närrisch so viel sie wollen, wenn sie nur eingestehen, daß es dem
Charakter angemessen sey. Und was könnte sich für die Narrheit besser
schicken, als ihr Lob selbst auszuposaunen, und nach ihrer eigenen
Pfeife zu tanzen? Wer wird mich natürlicher schildern, als ich es
selbst thun kann? Wer steht in genauerer Bekanntschaft mit mir, als ich?

O ja, man wird mir eingestehen, daß ich mich noch bescheidener betrage,
als der Haufe der Großen und Weisen, welche bey einer verkehrten
Schamhaftigkeit, einen fuchsschwänzerischen Schwätzer, oder einen
windichten Dichter mit baarem Gelde dingen, um aus seinem Munde
ihr eigenes Lob anhören zu können; das ist eitele Lügen: und dann
steht der Schamprahler da wie der Pfau, der mit dem ausgebreiteten
Schweife stolziert, den Kamm hochtragend. Der unverschämte Schmeichler
vergleicht den Taugenichts mit den Göttern; er streicht ihn als
das vollkommenste Tugendmuster heraus und weiß doch, daß derselbe
himmelweit davon entfernt sey; er verziert eine kleine Krähe mit
fremden Federn; wascht einen Moren; macht aus einer Mücke einen
Elephanten. O ich, ich folge dem gemeinen Sprüchworte; wenn niemand
mich loben will, so lob ich mich selbst.

[Illustration]

Verwundern muß ich mich über das Betragen der Sterblichen. Ists
Undankbarkeit? ists Trägheit? Sie machen mir alle den Hof; meine
Wohlthätigkeit gegen sie erwecket in ihnen vieles Vergnügen: doch
ist seit so vielen Jahrhunderten noch niemand aufgetreten, der aus
Erkenntlichkeit das Lob der Narrheit feyerlich angestimmt hätte; und
doch schonte man in Herausstreichung eines Bustiris, eines Phalaris,
des viertägigen Fiebers, eines Kahlkopfs, oder was dergleichen tolles
Zeug mehr seyn mag, weder der Nachtlampe, noch dem Schlafe.

Eine unausgearbeitete und im Stegreife gehaltene, deßwegen aber um
so viel natürlichere und der Wahrheit angemessenere Rede werden Sie
von mir hören. Bilden Sie sich ja nicht ein, ich sage dieses nach
der Weise gemeiner Redner, um dadurch meinen Geistesfähigkeiten
Bewunderung zu erkünsteln. Diese haben sich etwa bey Verfertigung einer
Rede dreyßig Jahre hindurch erschwitzt, wenn es ja nicht gar eine
zusammengeborgte Waare ist: und doch behaupten sie mit einem tapfern
Eidschwure, sie haben sie inner drey Tagen spielend zu Papier gebracht.
Meine Sache aber ist es, alles gerade heraus zu sagen, wie es mir auf
die Zunge springt.

Man erwarte nicht, daß ich mich, nach der Weise der Alletagsredner, bey
einer kunstmäßigen Beschreibung meiner selbst oder wohl gar bey einer
kopfbrechenden Eintheilung meines Gegenstandes, verweilen werde. Beydes
würde für mich sehr unschicklich seyn. Wie! ich sollte mir selbst
Schranken setzen, mir, deren Herrschaft sich über die ganze weite
Welt erstreckt? Ich sollte da pedantisch trennen und theilen, wo alle
Völker in ihrer Berechnung übereinstimmen? Wozu würde es dienen, ein
würkliches Schattenbild von mir hier aufzustellen, da man mich selbst
mit Augen sehen kann? Ich mache Sie, meine Herren, zu Augenzeugen: bin
ich nicht die ächte Austheilerinn alles Guten, die man in der ganzen
Welt die Narrheit zu nennen gewohnt ist?

O ja, ich Närrinn hätte dieses zu sagen nicht nöthig gehabt. Aus
meinem Antlitze läßt sichs sehen, auf meiner Stirn lesen, was ich
im Schilde führe. Wenn mich jemand für die Minerva ausgeben wollte,
für die Göttinn der Weisheit, so würde er widerlegt seyn, so bald
man mir ins Angesicht sähe. In diesem, wenn ich auch den Mund nicht
aufthue, ist meine Gemüthsart nach dem wahren Leben geschildert. Ich
bediene mich keiner Schminke; wie ich von innen bin, zeig ich mich von
aussen; ich bin mir immer so gleich, daß man mich auch an denen nicht
verkennen kann, die sich unter der Larve der Weisheit für hochweise
Männer ausgeben; Affen, die im Purpurröckchen einher strotzen; Esel,
die in einer Löwenhaut umher traben: wenn sie sich auch noch so listig
verstellen, so verrathen doch die hervorragenden Oerchen ihren Midas.

In Wahrheit, das sind undankbare Geschöpfe: sie sind unstreitig
unsre Zunftgenossen, und schämen sich doch öffentlich unsern Nahmen
anzunehmen; ja sie schimpfen auf die, welche von sich ein ehrlicheres
Bekenntniß ablegen. Da sie wirklich Erznarren sind; und doch für
weiser als ein Thales wollen angesehen werden: können wir sie nicht
mit allem Rechte Närrisch-Weise nennen? Es scheint, daß sie diesorts
unsern heutigen Rednern nacheifern, die sich bald gar für Götter
halten, wenn sie die Leute bereden können, daß sie, gleich den
Blutsaugern, zweyzüngig seyen; sie sehen sich für Helden an, wenn sie
eine lateinische Rede mit einigen griechischen Wörtern durchspicken,
und also eine unschickliche Mosaikarbeit zu Markte bringen können.
Und wenn es ihnen an ausländischen Wörtern fehlt, so scharren sie aus
verschimmelten Schriften etliche veraltete Wörter hervor, mit denen
sie dem Leser einen Dunst vor die Augen zaubern: dadurch setzen sie
sich in die Gunst derer, die sich darauf verstehen; die übrigen werden
um so viel tiefer in Verwunderung gesetzt, je unwissender sie sind.
Auch dieses macht einen schönen Theil unsrer Wonne aus, daß wir uns
durch das, so von weitem kömmt, am meisten rühren lassen. Die, welchen
es an Ehrfurcht nicht fehlt, lächeln ihren Beyfall zu, und bewegen
geheimnißvoll, gleich den Esel, die Ohren, damit man denke, sie seyen
mit der Sache tief bekannt; ja, sprachen sie scharfsinnig: die Sache
verhält sich wirklich so, wie sie sich verhält. Ich lenke wieder ein.

Sie wissen also meinen Namen, Sie, meine Herren! Welchen Ehrentittel
soll ich Ihnen beylegen? Das Wort Erznarren wird Ihnen wohl nicht
zuwider seyn; mit einem schicklichern weiß die Göttin der Narrheit ihre
Verehrer, die mit ihren Geheimnissen vertraulich bekannt sind, nicht zu
bezeichnen. Weil aber meine Abkunft eben nicht vielen bewust seyn wird,
so will ich solches unter dem guten Beystande der Musen zu eröfnen
trachten.

Nicht Chaos, Orkus, Saturn, Jupiter, war mein Vater, noch irgend einer
der veralteten und ausgedienten hausgrunzerischen Göttergreisen:
Plutus hieß er; dieser, und dieser allein (trotz dem Hesiodus, dem
Homerus, und dem Jupiter selbst) war der Vater der Menschen und Götter;
Plutus, auf dessen Wink auch jetzt noch, wie vor Zeiten, alles, was
heilig und unheilig ist, unter einander gemengt wird. Krieg, Friede,
Reiche, Rathsversammlungen, Gerichtsplätze, Landtäge, Ehen, Bündnisse,
Verträge, Gesetze, Künste, das Scherzhafte; das Ernsthafte (o an Athem
gebrichts mir!) kurz alle öffentlichen und besonderen Angelegenheiten
der Sterblichen, richten sich nach seiner Willkühr. Ohne sein Zuthun
würde das ganze poetische Göttervolk, (ich will freyer von der Brust
weg reden) würden selbst die Götter der ersten Classe entweder gar
nicht seyn, oder doch gewiß am häuslichen Tisch ihr Leben sehr sparsam
durchbringen müssen. Dem, über den er zörnt, wird selbst Pallas
kümmerlich zu helfen wissen. Der, den er begünstigt, wird er mit dem
obersten Jupiter, und seinem Tonnerkeile, sicher aufnehmen können.

Eines solchen Vaters hab ich mich zu rühmen. Er erzeugte mich, nicht
aus seinem Gehirne, wie Jupiter jene saure und scheußliche Minerva,
sondern mit der jugendlichen Neotes, der schönsten und muntersten
Nymphe. Er war mit ihr nicht im traurigen Bande des Ehestandes
verstricket; ich ward nicht wie jener Vulkan, der hinkende Schmidt,
gebohren; ich bin eine Tochter der freyen und freudigen Liebe.

Mein Vater war nicht (irren Sie sich nicht, meine Herren!) jener
aristophanische Plutus, der abgelebte, halbblinde; nein munter war
er noch, in der Blüthe der jugendlichen Hitze; ja, nicht nur der
jugendlichen, sondern auch der durch den Nektar entzündeten, den er
damals an einem Freudenfeste der Götter reichlich geschlürft hatte.

Wollen Sie auch meinen Geburtsort wissen? O ja, heut zu Tage kömmt es
in Absicht auf den Adel vieles darauf an, wo man in der Wiege zuerst
geschrien habe. Ich ward nicht in der schwimmenden Insel Delos geboren;
nicht in dem wogenreichen Meere; nicht in einer verborgenen Höle;
sondern in jenen beglückten schlarafischen Inseln, wo alles ungesäet
und unbepflügt hervor sprudelt; da weiß man nichts von Arbeiten, vom
Altern, von Krankheiten. Goldwurzeln, Pappeln, Zwiebeln, Feigbohnen,
Erbsen, oder andre dergleichen Aermlichkeiten verstellen da die Felder
nicht; dem Auge und Geruche schimmern, und duften von allen Seiten her
Amaranten, Rosen, Majoran, Violen, Hyacinthen, entgegen; man glaubt, in
dem Garten des Adonis zu seyn.

In einer solchen wonnevollen Gegend gebohren, fieng ich das Leben nicht
mit Weynen an; schmeichelnd lächelte ich, kleine Närrinn, meiner Mutter
sogleich ins Angesicht. Den saturnischen Jupiter beneide ich nicht, daß
er eine Ziege zur Amme hatte. Zwo drollichte Nümphen reichten mir ihre
Brüste dar: die taumelnde Methe, Tochter des Bachus; und die sorglose
Apädia, Tochter des Pans. Beyde befinden sich hier in der Gesellschaft
meiner Gefehrten und Aufwärterinnen. Ich soll sie bey ihren Namen
nennen? Gut, hier sind sie! Diese, die ihre Stirn hoch trägt, ist die
sich selbst liebende Philautia. Diese mit ihren zulächelnden Augen,
beyfallklatschenden Händen ist die schmeichelnde Kolakia. Diese
halbschlafende, die man bereits träumend glauben sollte, ist die
vergeßliche Lethe. Diese, die sich auf ihre Elenbogen steuert, und
die Hände gefaltet hält, ist die arbeitscheuende Misoponia. Diese mit
Rosenkränzen umschlungen, Wolgerüche duftend, ist die wollüstige Edone.
Diese mit ihren unstet umherschweifenden Augen, ist die wahnsinnige
Anoia. Diese mit der glatten Haut, deren ganzer Körper sich sowohl
genährt zeigt, ist die verzärtelte Tryphe. Unter diesen Mädchen sind
auch zween Götter zu sehen. Der Eine ist der sich bey jugendlichen
Trinkgelagen munter hervorthuende Komus; der Andere der sich dann in
den tiefsten Schlaf versterbende Nagretos-Hypnos. Mit dem Beystande
dieser meiner getreuen Bedienten unterwerf ich alles meiner Herrschaft,
und Monarchen selbst ertheil ich meine Befehle.

[Illustration]

Ich habe nun von meiner Abkunft, meiner Auferziehung, und meinem
Gefolge, Nachricht gegeben. Damit niemand meyne, ich bediene mich ohne
Grund des Tittels einer Göttinn, will ich zeigen, wie viel Gutes ich
an Göttern und Menschen thue, und wie weit sich meine göttliche Macht
erstrecke. Man öffne die Ohren!

Jemand hat die nicht unschickliche Anmerkung gemacht: um ein Gott zu
seyn, müsse man den Menschen Wohlthaten erweisen. Man hat der Zunft
der Götter mit Recht jene einverleibt, welche die Menschen über den
Gebrauch des Weines, des Getreides, und andre Lebensbedürfnisse von
dieser Art unterrichtet haben. Wo hätte man das Recht her, mich nicht
für das Alpha aller Götter zu halten, mich, welcher einzig jedermann
alles und jedes zu verdanken hat?

Zuerst, was kann angenehmer, was köstlicher seyn, als das Leben an sich
selbst? Und von wem anders, als von mir, hat man den Anfang desselben
erhalten? Nicht die Lanze der aus dem stärksten der Väter gebohrnen
Pallas, nicht der Schild des wolkensammelnden Jupiters, hat einen
Einfluß in die Zeugung und Fortpflanzung des Menschengeschlechtes. Noch
mehr; selbst der Vater der Götter, der König der Menschen, dessen Wink
den ganzen Olympus zittern macht, muß seinen dreygespitzten Donnerkeil
weglegen samt seiner titanischen Mine, mit welcher er, nach seinem
Belieben, allen Göttern einen Schrecken einjagt; nach der armseligen
Weise des Schauspielers muß er einen andern Charakter annehmen, wenn er
das thun will, das er zuweilen thut; das ist, wenn er zum Vater eines
kleinen Jupiters werden will.

Auf die nächste Stelle nach den Göttern machen die Stoiker Anspruch.
Gebt mir einen solchen! Und wenn er auch tausendmal ein Stoiker
ist, so muß er mir, wo nicht den Bart, dieses Merkmahl der Weisheit,
wenn er ihn auch gleich so groß als der Bock hat, doch gewiß seine
Gravität, weglegen; seine Stirn muß sich entfalten; er muß sich seiner
demantfesten Grundsätze entschlagen; er muß ein wenig faseln und den
Narren spielen; kurz, mich, mich, sag ich, muß der weise Mann zu Hülfe
rufen, wenn er zum Vater werden will.

Warum soll ich nicht nach meiner Weise, offenherzig schwatzen? Man sage
mir: ists das Haupt, das Antlitz, die Brust, die Hand, das Ohr, irgend
eines der für ehrhaft gehaltenen Kleider, die zur Zeugung der Götter
und Menschen erfordert werden? Mich deucht es nicht; es ist etwas so
närrisches und Lächerliches, daß Sie, meine Herren und Damen, wenn
ich es nennen sollte, sich des Lachens nicht enthalten würden, dem
man diese Ehre zuerkennen muß. Dieses ist weit richtiger, als jener
pythagorische Quaternio, die heilige Quelle, aus welcher Alles das
Leben schöpft.

Wo ist der Mann, der dem ehelichen Kapzaume sein Maul darreichen würde,
wenn er vorher (wie jene weisen Leute zu thun gewohnt sind) allen
Jammer des Ehestandes erwogen hätte? Welche Frau würde zur vertrauten
Unterhaltung mit dem Manne sich entschließen, wenn ihr ein Gedanke an
die gefährliche Geburtsarbeit und das verdrüßliche Ammengeschäft käme?
Da Sie also, meine Herren, ihr Leben dem Ehestande, und diesen der
Anoia, meinem hirnlosen Aufwartsmädchen, zu verdanken haben, so ist es
Ihnen leicht auszurechnen, in welcher tiefen Schuld Sie bey mir stehen.
Die, welche einmal in dieser Noth gewesen ist, würde sich nicht wieder
darin wagen, wenn sie sich nur an meine Gefährtinn, die vergeßliche
Lethe, gehalten hätte. Venus selbst (Lucrez mag sagen, was er will!)
wirds nicht leugnen, daß es ohne meine Hinzukunft um ihre ganze Kraft
etwas ohnmächtiges und unnützes seyn würde.

Mein Spielwerke mag auch noch so taumelnd und lächerlich seyn, so
entstanden doch aus ihm jene steifen Philosophen, an deren Stelle
sich jetzt die befinden, die man Mönche zu nennen pflegt; in Purpur
gekleidete Könige, fromme Priester, und dreymal allerheiligste Päbste;
ja die ganze Zunft der poetischen Götter, so zahlreich, daß der Olymp
(dessen Raum eben so klein nicht ist) sie kaum fassen kann. Ich würde
mit mir selbst nicht zufrieden seyn, wenn man nur bloß die Quelle und
Pflanzschule des Lebens mir zu verdanken hätte; ich will zeigen, daß
auch alle Bequemlichkeiten des Lebens von mir herkommen.

Was ist dieses Leben, verdient es auch nur den Namen des Lebens, wenn
man das Vergnügen davon wegnimmt? O ja! Sie, meine Herren, klatschen
mir Ihren Beyfall zu! ich wußte es wohl, daß niemand unter Ihnen so
weise ist, oder so närrisch, nein, so weise, daß er solche Gedanken
hegen sollte. Selbst die Stoiker verachten die Wollust nicht, ob sie
sich gleich aufs geflissenste verstellen, und sie öffentlich mit
tausenderley Schimpfnamen belegen; die Tückmäusler, nur um andere
davon wegzuscheuhen, und sich eines desto größern Theiles derselben zu
versichern. Aber beym Jupiter fordere ich sie auf, diese Heuchler, mir
zu sagen, welcher Theil des Lebens nicht traurig, unlustig, eckelhaft,
abgeschmackt, lästig wäre, wenn ich nicht dabey für Salz und Gewürze
sorgte? Den Sophokles (Und wer ist im Stande diesen Mann genug zu
loben?) kann ich hierüber zum unverwerflichen Zeugen aufführen, indem
er, um mir Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, ausrief: Weg mit
Weisheit, wenn man sich des Lebens recht erfreuen will!

Wir wollen eines nach dem andern beherzigen. Wer weiß nicht, daß die
erste Scene der Kindheit die freudigste und angenehmste ist? Was
befindet sich in den Kindern, das uns auffordert, sie zu küssen,
zu umarmen, ihnen zu schmeicheln? das die Hand des rohsten Feindes
nöthigt, sie aus jeder Noth zu retten? Anderes ist es nichts, als
dieses. Die vorsichtige Natur hat sich Mühe gegeben, die Säuglinge mit
der Gabe närrischer Schmeicheleyen zu versehen, damit sie mit einer
angenehmen Art von Ersatze die Arbeit der sie Besorgenden erwiedern,
und zugleich ihnen fernere Mühwaltungen scherzhaft abbetteln.

Wenn sie die kindlichen Jahren mit den jugendlichen vertauschet haben,
so versichern sie sich der Huld jedermanns; man liebt sie; ereifert
sich, ihnen nützlich zu seyn; springt ihnen bey allen Anlässen
dienstfertig bey. Und wer hat sie mit einem solchen herzengewinnenden
Wesen versehen? Niemand als ich. Weil ich ihnen meine Huld schenke, so
sind sie noch fern von aller Weisheit, und folglich von allem Grame.
Sobald sie zu mehrern Jahren gelangen, und beym Unterricht und dem
Umgange mit der Welt, den verwünschen Weg der männlichen Weisheit
betreten (ich will eine Erzlügnerinn seyn, wenn ich nicht die Wahrheit
rede!) so ist es um die Blüte ihres aufgehellten Wesens geschehen; ihre
Munterkeit fällt ins Träge; ihr artiges Betragen sinkt ins Frostige;
die Lebhaftigkeit erstirbt.

Je weiter der Mensch sich von mir entfernt, desto minder erfreut er
sich des Lebens; und endlich wird er zum mürrischen Greisen, der nicht
nur andern, sondern auch sich selbst zur Last fällt. O ja, keinem
Sterblichen würde dann sein Zustand erträglich seyn, wenn ich nicht
mich seiner so vielen Mühseligkeiten erbarmend, ihm zum Beystand eilte.
Wenn die poetischen Götter jemanden sehen, der zu Grunde gehen will, so
kommen sie ihm mit einer Verwandlung zu Hülfe: ich, wenn ich jemanden
erblike, der bald reif zur Baare geworden, ruf ihn, so viel möglich
ist, wieder in die Kindheit zurück; wie man dann von der zweyten
Kindheit derselben vieles zu reden pflegt.

Wie ich sie verwandle? Man soll es hören. Zur Quelle meines Flusses
Lethe (er entspringt in den Inseln der Glückseligkeit, und von ihm
rinnt nur ein kleines Bächlein in die unterirdischen Gegenden) führ ich
sie; und sobald sie sich bey diesem das Vergessen zeugenden Getränk
erlabet haben, wird das Gemüth allmählig seines Grams entladen, und
vergnügt stehen sie da. -- Aber, sie schwatzen ja ganz närrisches
Zeug? -- Es sey so! Eben dieses heißt ja, wieder jung werden; gerade
so muß man plaudern, wenn man Kind heissen will: wirklich ihr
unweises Tändeln bringt Ergötzen. Ein Junge, aus dem die Weisheit
des Mannes hervorstrotzt: o das ist in Wahrheit ein Mißgeschöpf!
Ueberwitz zeugt Ekel. Anbey, wer könnt es ausstehen, einen Greisen,
der bey seinem langen Erfahrungskram alles mit Sprüchen durchwürzte,
die er mit Anspannung aller seiner scharfen Beurtheilungskräfte
zusammengedrechselt hätte, zum alltäglichen Gefehrten zu haben?

Weil ich gütig bin, mach ich den Alten zum Narren, der über alle die
elenden Sorgen hinausgesetzt ist, mit denen der Weise sich ermartert.
Er ist kein unlustiger Tischgefehrte; läßt sich das Zutrinken wohl
schmecken; das Leben hängt ihm nicht mehr, wie manchem, als eine Last
an; etwann wandert er wieder in die Schule zurück, darinn man sich
Einsicht in die Anfangsgründe der Liebe verschaft; ein Zustand, darinn
er unglücklich seyn würde, wenn er sich noch unter der Herrschaft der
Weisheit befände; bey seinen Freunden ist er ein willkommener und zu
Freuden aufgelegter Gast. Aus dem Munde des alten Nestors (beym Homer
finden wir es) flossen honigsüsse Reden, indem aus dem Munde des
Achilles nichts als Bitterkeiten hervorsprudelten. Und bey eben diesem
Dichter sitzen Greisen auf den Mauern der Stadt, und ertändeln sich in
blumichten Wortspielen. In diesem Gesichtspunkt ist die zweyte Jugend
der ersten vorzuziehen, die zwar ein Vergnügen verschaft, doch ein noch
zu kindisches; dem es an der vornehmsten Belustigung des Lebens fehlt,
an der unermüdeten Schwatzhaftigkeit. Hiezu kömmt, daß Alte stets an
den Kindern, Kinder an den Alten, Vergnügen finden: Gleich und gleich
gesellt sich gern.

Alles stimmt bey diesen überein; ausser daß der Runzlichte mehr
Geburtsfeste gefeyert hat. Sonst ist alles gleich: weisse Haare,
zahnloser Mund, nach der Erde sich bükender Leib, Begierde
nach Milchspeisen, Stammeln, Plaudern, Possen, Vergeßlichkeit,
Unbesonnenheit, kurz, alles. Je älter der Mensch wird, desto näher
kömmt er wieder der Kindheit, bis er auf eine recht kindische Weise,
ohne des Lebens überdrüssig zu seyn, ohne den Tod zu fürchten, aus dem
Leben heraus watschelt.

Es gehe nun, wer dazu Lust hat, und vergleiche das, dadurch ich die
Menschen beglücke, mit den Verwandlungen, die das Werk der übrigen
Götter waren. Was diese manchmal im auffahrenden Zorne thun, o darüber
will ich kein Wort verlieren! Was thun sie aber gegen ihre trautesten
Lieblinge? Sie verwandeln sie in einen Baum, einen Vogel, eine Grille,
oder wohl gar eine Schlange: als ob eine solche Veränderung und das
zu Grunde gehen, nicht die nämliche Sache wäre. Ich aber, ich stelle
den gleichen Menschen wieder in die besten und glücklichsten Umstände
seines Lebens. Wenn die Sterblichen sich durchgehends alles Umganges
mit der Weisheit entschlagen, und ihr Leben einzig bey mir zubringen
wollten, so würde das, was man das Veralten nennt, ihnen immer
unbekannt bleiben, und in steter Jugend würden sie beglückt seyn.

Sehen Sie mir doch einmal jene Murrköpfe! Philosophisches Grübeln,
oder das Betreiben ernsthafter und schwerfälliger Geschäfte, hat sie,
ehe sie noch recht Jünglinge waren, zu Greisen verhudelt; Besorgnisse,
stete und scharfe Gedankenanstrengung, haben ihre Geisteskräfte, ihre
Lebenssäfte, nach und nach erschöpft. Sehen Sie dort meine tollen
Lieblingssöhne: o wie wohl ausgefüttert sind sie nicht! ihre Haut, wie
glänzend, wie gespannt! nein, die besten Eichwälder Akarnaniens hätten
keine so drolichten Ferkelsgeschöpfe aufzuweisen gehabt. Gewiß sie
würden vor allen und jeden Altersbeschwerden ein für allemal gesichert
bleiben, wenn sie sich nur stets vor jedem Angriffe der Weisheitsseuche
geflissentlich bewahren wollten. O daß sich doch in des Menschen Leben
Dinge einschleichen müssen, die ihm eine durchgehende Glückseligkeit
neidisch abzustehlen trachten!

Zum Ueberflusse kann ich mich auf eine alte Sache berufen, wer zufolge
die Narrheit das sicherste Mittel ist, die Jugend in ihrem schnellen
Laufe aufzuhalten, und das unbeliebige Alter weit wegzutreiben. Den
Brabantern sagt man nicht ohne Grund nach, da das Alter andere Leute
klug mache, so gerathen diese, je mehr sie an Jahren zunehmen, in
desto größere Narrheiten: und wirklich ist dieses unter allen Völkern
dasjenige, welches im gemeinen Umgange das fröhlichste ist, und an dem
sich von dem närrischen Wesen alter Leute am wenigsten finden läßt.
Man kann ihnen disorts ihre Nachbaren, meine Holländer, an die Seite
setzen, die sich so eifrig für meine Anhänger dargeben, daß sie sich
ein Recht auf den Ehrentitel der Narren erworben haben; nicht nur
schämen sie sich nicht, dieses von sich zu gestehen, sondern sie sind
sogar stolz darauf.

So gehet denn nun, schwindlichte Sterbliche, um eine Medea, Circe,
Venus, Aurora, und ich weiß nicht was für einen Zauberbrunnen
aufzusuchen, da man sich wieder jung machen könne: ich, ich allein,
bin im Stande dieses zu bewirken, und ich thue es auch. Ich besitze
den Wundersaft, vermittelst welchem Memnos Tochter die Jugend Tithons,
ihres Ahnen, verlängert hat. Ich bin jene Venus, die den alten Phaon
wieder so jung machte, daß Sapho sterblich in ihn verliebt wurde. Ich
(wenn irgend jemand) bin im Besitze der Kräuter, der Zaubermittel, des
Brunnens, der nicht nur die verflogene Zeit der Jugend wieder zurück
bringt, sondern sie auch (welches unvergleichlich besser ist) für das
ganze Leben dauerhaft befestigt. Nun denn ja, meine Herrn, Sie werden
alle meinen Ausspruch unterschreiben: es giebt nichts liebenswürdiges,
als die Jugend, nichts abscheulichers als das Alter. Gut! Sie sehen
also, in welcher Schuld sie bey mir stehen; bey mir, die ich ein so
grosses Gut gewähre, ein so grosses Uebel verbanne.

Was halt ich mich so lange bey Sterblichen auf? Lasset den ganzen
Himmel durch die Musterung gehen; und man sage mir den Namen, den ich
führe, mit einem Hohngelächter ins Angesicht hinein, wenn sich nicht
jede Gottheit als etwas widerliches und verächtliches darstellen
würde, sobald ich sie meines Einflusses berauben sollte. Warum
zeigt sich Bacchus als ein blondhaarichter Jüngling? Weil er bey
der Nectarfeuchte, Gastereyen, Tänzen, Spielen, sein ganzes Leben
zubringt, und mit der Pallas nicht den geringsten Umgang hat; er, dem
kein Gedanke kömmt, sich für einen Weisen auszugeben; der sich freut,
wenn man ihn mit Aeffereyen und drollichten Scherzen verehrt; der sich
nicht ärgert, wenn man ihn einen Stocknarren nennt; wenn er an der Thür
seines Tempels sitzt, und ein muthwilliger Bauernlümmel ihm das Antlitz
mit Most und reifen Feigen beschmiert. Mit welchen Spottnamen hat nicht
die alte Komödie ihn belegt! O des abgeschmackten Gottes (hieß es)
man kann ihm den Ort anriechen, aus dem er gebohren worden! Aber bey
allem dem, wer wollte nicht lieber dieser abgeschmackte Thor seyn, der
immer lustig ist, immer jugendlich-munter, immer Spiel und Wollust mit
sich bringend, als Jupiter mit den schiefen Zornblicken, die jedermann
Furcht einjagen; oder Pan, bey dessen sauerm Grunzen man bald selbst
zum närrischen Schreckbilde werden könnte; oder Vulkan, der mit Aschen
und Schmutz verziert aus seiner rauchigen Werkstätte hervorhinkt; oder
auch die schielende Pallas selbst, die zu nichts taugt, als mit ihrem
Medusenkopf und ihrer Lanze den Leuten einen Schrecken einzujagen.

Warum bleibt Amor immer ein Junge? warum? blos weil er ein
Possenreisser ist, und nichts thut und denkt, das man auch nur einem
Scheine von Ueberlegung zuschreiben könnte. Wie kömmts, daß man die
goldschöne Venus stets mit ihrer Frühlingsmine sieht? Sie steht mit mir
in Verwandtschaft; die Farbe meines Vaters glüht auf ihrem Antlitze:
daher Homer sie die goldene Göttinn nennt; auch lacht sie beständig,
wenn Dichter und die ihnen nacheifernden Bildhauer Glauben verdienen.
Welche Gottheit ward von den Römern andächtiger verehrt, als Flora, die
Mutter aller Wollüste?

Wie steht es um das Thun und Lassen der sauern Götter? Wenn man sich
darüber bey dem Homer und den übrigen Dichtern, Raths erholt, so zeigt
sichs, daß es selbst ihnen an nichts weniger fehle, als an Narrheit.
Was würd es helfen, die Thaten der Andern weitläufig zu erzehlen, da
alle Welt von der Verliebtheit und den Narrentheidungen Jupiters, des
Donnergottes, nur zu vieles zu sagen hat? Die strenge Diana, die auf
ihren beständigen Jagdschwärmereyen ihres Geschlechts vergießt, wie
jämmerlich hat sie sich nicht in ihren Endymion verliebt? Doch mir wär
es lieber, wenn die Götter sich ihre Geschichte von dem Momus wollten
erzehlen lassen, der sie ihnen ehedem oft vorgepredigt hat: aber
neulich stürzten sie ihn im Zorne, samt der keifenden Ate, auf die Erde
hinab, weil er, der Verdrüßliche, neidisch auf das Glück der Götter,
ihnen mit seiner Weisheit stets in den Ohren lag; kein Sterblicher
würdigt ihn, ihn unter Dach zu nehmen; und noch weniger findet er
einen Eingang an den Höfen der Fürsten, wo mein Folgemädchen, die
schmeichelnde Kolakia, in der grösten Achtung steht; und mit ihr stimmt
Momus so wenig überein, als der Wolf mit dem Lamme.

[Illustration]

Also haben die Götter sich von dem Momus los gemacht; und jetzt
können sie, von jedem Sittenrichter befreyt, frey und lustig
den Narren spielen. Priapus, ehedem ein Feigenklotz, was bringt
er jetzt nicht für Scherze hervor! Merkur, mit seinen Diebereyen
und Taschenspielerstreichen setzt alles ins Lachen. Selbst Vulkan
spielt im Gelache der Götter den Stocknarren, und läßts am
Herumhinken, an Spöttereyen, an lächerlichen Sprüchen nicht fehlen,
die Trinkgesellschaft bey guter Laune zu erhalten. Sogar Silen, der
alte Verliebte, hüpft im ländlichen Tanze mit dem Polyphem und den
barfüssigen Nymphen, wacker umher. Satyren ertanzen sich mit ihren
Bocksspringen. Pan, mit einem ungesalzenen Liedchen, bringt alles ins
Lautlachen: lieber hört man ihn, als die Musen; besonders wenn der
Nektar anfängt in den Kopf hinaufzudünsten. O was könnte ich hier für
herrliche Dinge von der Wirthschaft der sich sattgenektarisirten Götter
sagen! Da, da gehts (beym Herkules schwör ich!) so närrisch her, daß
ich, ich selbst, mich zuweilen des Lachens nicht erwehren kann. Doch
besser ists, ich lege, gleich dem Harpokrates, den Finger auf den Mund;
leicht könnte sonst ein corycäisch-auflaurender Gott zuhorchen, wenn
ich Dinge erzehlte, die selbst dem Momus nicht unbestraft entwischet
sind.

Es ist Zeit, daß ich, nach homerischer Weise von den Himmelsbewohnern,
zu den Kindern der Erde herabschländre. Ach da, werden wir sehen, daß
sich nichts freudiges und glückliches befinde, das nicht mein Geschenk
ist.

Sie sehen meine Herren, wie vorsichtig die Natur, die Mutter und
Schöpferinn des Menschengeschlechts, alles mit Narrheit durchwürzt hat!
Die Stoiker, die es in der Kunst des Beschreibens weit gebracht haben,
sagen: sich durch die Vernunft führen lassen, sey Weisheit; Narrheit
sey es, wenn man sich nach der Willkühr der Leidenschaften richte.
Nun, damit das Leben der Menschen nicht etwas ganz trauriges und
finsteres seyn müsse, hat Jupiter in ein Pfund von Leidenschaften kaum
eine Unze von Vernunft gemengt; die Vernunft hat er in einen kleinen
Winkel des Kopfes gebannt, und den ganzen Leib den regen Leidenschaften
zum Taumelplatz angewiesen. Der Vernunft hat er zween der heftigen
Tyrannen entgegen gesetzt; den Zorn, der seine Herrschaft in der Burg
und der Quelle des Lebens hat, in dem Herzen; und die Lüsternheit,
die in der Gegend des Unterleibes alles zum Gehorsam nöthigt. Was die
Vernunft wider diese zween Feinde vermöge, zeigt sich zureichend aus
dem gemeinen Betragen der Menschen; sie schreyt sich heischer, um ihnen
ihre Tugendsprüchgen einzupredigen; aber um den Zügel ihrer Königinn
bekümmern sie sich wenig, und treiben die Widerspenstigkeit so weit,
daß endlich die müde Fürstin sich zum Nachgeben gezwungen sieht, und
sich alles gefallen läßt.

Weil der Mann zur Betreibung der Geschäfte gebohren ist, so mußte ihm
von der Unze der Vernunft etwas mehrers eingepfropft werden. Damit auch
dieses richtig angeordnet werde, ward ich, wie über alles andere, zu
Rath gezogen; und ich that einen Vorschlag, der meiner würdig war: man
soll ihm ein Weib zugesellen; ein närrisches und schwindlichtes Thier,
aber zugleich ein holdes und lächerliches; ein Hausmittel, welches das
Düstere des männlichen Scharfsinns durch eigenthümliche Narrheit zu
würzen, und zu versüssen im Stande ist.

Plato der im Zweifel zu seyn scheint, ob das Weib zu den vernünftigen
oder zu den vernunftlosen Thieren zu ordnen sey, wollte dadurch blos
die grosse Narrheit dieses Geschlechtes andeuten. Wenn ein Weib
Anspruch auf Weisheit macht, so erweist sie sich als eine doppelte
Närrinn; sie will gerade wider den Strom schwimmen: wer sich auf
eine naturwidrige Weise mit der Schminke der Tugend beschmiert, und
seiner Gemüthsart Gewalt anthut, der verdoppelt seinen Fehler. Bey
den Griechen hieß es: der Affe bleibt ein Affe, wenn er gleich in der
Purpurjacke einherschwanzt: also bleibt ein Weib ein Weib, das ist eine
Närrinn, was sie auch immer für eine Rolle spielt.

Nein, meine Damen, so närrisch wird wohl keine unter Ihnen seyn,
deßwegen böse auf mich zu werden, daß ich, selbst ein Weib, die
Erznärrinn, Ihnen Narrheit beymesse. Wenn es Ihnen beliebt, die Sache
genau zu erwägen, so werden Sie mir, der Narrheit, es danken, daß ich
Sie weit glücklicher gemacht habe, als die Männer es seyn können.

[Illustration]

Ohne mich besässen die Weiber jene reizende Schönheit nicht,
die sie mit Recht allen Dingen vorziehen, und vermittelst welcher
sie selbst über Tyrannen tyrannisieren. Etwas wegschreckendes in
der Mine, die faltige Haut, das Bartgestrauche, das greisenmässige
frostige Wesen, wem hat der Mann dieses Lumpenzeug zu verdanken, als
der bösen Klugheit? Die Wangen der Weiber hingegen sind immer glatt;
fein ist stets ihre Stimme, weich ihre Haut, als ob sie sich einer
immerdaurenden Jugend versichert hätten. Was wünschen sie sich in
diesem Leben anders, als den lieben Männern recht wohl zu gefallen?
Diesen Endzwecke haben sie bey ihrem Aufputzen, ihrem Schminken, ihrem
Baden, ihrem Haarkräuseln, allen den Künsteleyen, durch die sie ihre
Gesichtszüge ordnen, ihre Liebäugeln, und so weiter. Wie! preisen sie
sich denn wirklich den Männern durch irgend etwas nachdrücklicher an,
als durch die Narrheit? Was ists, daß diese den Weibern nicht erlauben?
und, haben sie dabey andere Absichten, als die Befriedigung ihrer
dringenden Begierden? Wirklich finden sie ihr Vergnügen an nichts, als
an der Narrheit. Man wird einsehen, daß diese Bemerkung sich ganz auf
die Wahrheit gründe, sobald man bey sich überlegt, wie viele Thorheiten
der Mann dem Weibe vorplaudere welche Possen er treibe, so oft er sich
vorgenommen hat, sein Vergnügen bey ihr zu bewirthen.

Ich habe die Quelle der ersten und vornehmsten Freuden des Lebens
aufgedeckt. Ja, es fehlt an einigen nicht, die man eben so weibisch
nicht nennen kann; es sind alte durstige Brüder, welche die höchste
Wollust beym Weine finden. Ob sichs eine gute Mahlzeit thun lasse, wo
Weiber davon ausgeschlossen sind, ist eine Frage, deren Entscheidung
ich andern überlasse. Gewiß ist dieses: jedem Orte fehlt es am Gewürze,
an Munterkeit, wo man der Narrheit den Eingang versperrt hat; wenn
keiner der Gesellschafter ein wirklicher Narr ist, oder sich als einen
Narren zu bezeigen das Geschick hat, so läßt man einen mit Gelde
gedungenen Lustigmacher kommen, oder einen lächerlichen Schmarotzer,
um durch seine lustigen, das ist, närrischen Schwänke das düstere
Schweigen, oder die Traurigkeit, von der Tafel zu verbannen; denn, wozu
würd' es dienen, mit so vielen Niedlichkeiten und Leckerbissen den
Bauch zu beladen, wenn man nicht Augen, Ohren, und das ganze Gemüth bey
Lachen, Scherzen, und artigen Einfällen gastierte?

[Illustration]

Nun bin ich es, ich einzig, die verdient, die Erfinderinn solcher
Tafelherrlichkeiten betitelt zu werden. Auch die übrigen feyerlichen
Spiele solcher Gelage; zum Exempel, durch das Loos einen Tafelkönig
wählen, das Würfelspiel, eine Gesundheit im Ringe herum trinken,
ein Liedchen dabey anstimmen, mit einem Myrtenzweige in der Hand
wechselweise singen, tanzen, springen, und so weiter. Das sind Dinge,
die nicht von den sieben Weisen Griechenlandes erfunden worden,
sondern von mir, da ich mir das Wohlseyn des menschlichen Geschlechtes
angelegen seyn lasse. Je mehr Narrheit in solche Dinge gemischt ist,
desto heilsamer sind sie für das Leben der Sterblichen, welches, wenn
es traurig ist, den Namen des Lebens nicht verdient; und traurig muß es
werden, wenn man es nicht vermittelst solcher heilsamen Gaukeleyen vor
dem Ueberdrusse sicher stellt.

Vielleicht aber giebt es Leute, bey denen diese Art von Wollust
keinen Werth hat, weil sie sich mit lieben Freunden und Bekannten
begnügen. Die Freundschaft für sich schon (sagen sie) ist allem andern
vorzuziehen; ist eben so unentbehrlich, als Luft, Feuer, Wasser,
es immer seyn mögen; sie führt so viele Freuden bey sich, daß, sie
verbannen eben so viel wäre, als die Sonne verbannen; sie ist etwas
so Tugendhaftes (man hätte ihr wohl ein besseres Lob beylegen können)
daß selbst die Philosophen keinen Anstand finden, sie zum höchsten
Gute zu rechnen. Wie aber, wenn ich zeigen könnte, daß es auch bey
dieser herrlichen Sache alles auf mich ankomme? Wolan, ich will es
thun; und zwar nicht durch krumme verfängliche Trugschlüsse, sondern so
ehrlich-einfältig, daß jeder, der auch nur seiner Nase nachzugehen im
Stande ist, die Sache mit Händen wird greifen können.

Aufgehorcht! Wenn man bey den Fehlern des Freundes die Augen schließt,
sie nicht sehen will, sie liebenswürdig findet, etwann auch seine
grossen Laster als liebenswürdige Tugenden herausstreicht: ist man
da nicht auf dem geraden Wege zur Narrheit? Sehet doch diesen, der
die Warze küßt, die seine Geliebte mit auf die Welt gebracht hat;
jenen, der seines Mädchens ranzichten Athem balsamisch findet; dort
den über die schielenden Augen seines Söhnchens entzückten Vater. Ists
nicht pur-lautere Narrheit? Ja, man schreie so lange man will, daß es
Narrheit sey: diese Narrheit einzig ist im Stande, Freundschaft zu
stiften, und dauerhaft zu machen. Ich rede von den Sterblichen, von
denen keiner ohne seine Fehler auf die Welt kömmt; wer die wenigsten
hat, ist der beste. Wenn sich zu jenen weisen Philosophen, die sich
Götter zu seyn träumen, je eine Freundschaft naht, so ists eine
störrische und freudenlose; und auch dieser sind nur die wenigsten
fähig; ich sage mit Fleisse nicht alle: der gröste Theil der Menschen
spielt den Narren; ja, keinen wird man finden; der nicht auf vielerley
Weise faselt; nun sind nur die, welche einander ähnlich sind, der
vertrauten Freundschaft fähig.

Gesetzt es ereigne sich etwann unter diesen Sauertöpfen, daß einer dem
andern sein Wohlwollen bezeige, so wirds doch von keiner langen Dauer
seyn: kein Adler, kein Drache, ist so scharfsüchtig, als sie es bey
den Fehlern ihrer Freunde sind; die ihrigen können sie nicht sehen,
denn die Schlauköpfe haben sie in den Sacke hinten auf ihren Schultern
gelegt. Da nun kein Mensch so verständig ist, daß er nicht seine großen
Fehler hätte; da sie an Jahren und Neigungen so verschieden; solchem
Straucheln, solchen Ausschweifungen, solchen Zufällen des sterblichen
Lebens unterworfen sind: wie könnte die freudige Freundschaft sich bey
diesen spitzäugigen Ausspühren auch nur eine Stunde lang verweilen,
wenn sich nicht die gesittete und gutmuthige Narrheit zugleich mit ihr
einstellte? Und wie! ist nicht Cupido der Uhrheber und Vater aller
Vertraulichkeit, starrblind, so daß er leicht das Häßliche für das
Schöne ergreift? Schämen Sie sich nicht, meine Herren, die Wahrheit
zu gestehen: hat der lose Vogel nicht auch Sie so bethört, daß jeder
das Seine schön findet; daß der Kahlkopf in sein Mütterchen, wie der
Gelbschnabel in sein Püpchen vernarrt ist? O aller Orten findet mans
so, und belacht es! aber gerade diese Lächerlichkeiten sind das Kitt
und die Bänder der herzerquickenden Gesellschaft.

[Illustration]

Was von der Freundschaft gesagt worden, das läßt sich noch
füglicher vom Ehestande denken, dem für Zeitlebens dauernden
Freundschaftsbande. O ihr unsterbliche Götter! wie würde nicht alles
von Ehescheidungen, oder auch noch schlimmern Dingen, aller Orten
wimmeln, wenn nicht Schmeicheley, Scherz, gefälliger Leichtsinn,
Irrung, Verstellung, meine ganze Scharwache, den Hausfrieden zwischen
Mann und Weib unterstützen, und nährten? Zum Henker! wie dünne würden
die Ehen gesäet werden, wenn der Herr Bräutigam klüglich nachspührte,
in was für Spiele sein verschlecket-schamhaft aber naseweises
Jüngferchen schon lange vor dem hochzeitlichen Leben, sich eingelassen
habe? und wie manches schon geknüpfte Band würde zerreissen, wenn nicht
(Dank sey es der Nachlässigkeit oder Tummheit des Herrn Gemahls!)
vieles von dem Thun und Lassen des lieben Weibchens verborgen bliebe?

[Illustration]

Freylich schreibt man alles dieses mit Rechte der Narrheit zu; diese
aber betreibts inzwischen so, daß der Mann sich des Weibes erfreut, das
Weib des Mannes, und die Eintracht sich im friedlichen Hause befestigt.
Hahnrey, und was dergleichen Wörterchen mehr sein mögen, ruft hier und
da ein Hohnlacher; thut nicht das gute Weibchen wohl, daß sie darüber
Thränen vergießt; und der gutherzige Hörnerträger, daß er in bester
tröstender Laune sie ihr von den Wangen wegküßt? O wie weit seliger
ists, sich hier also irren, als im Taumel der Eifersucht sich selbst
aufzehren, und ein Trauerspiel aller Orten verbreiten? Kurz, ohne mich
kann keine Gesellschaft, keine Vertraulichkeit munter oder standhaft
seyn; unerträglich wird der Fürst dem Volke, der Knecht dem Herrn, die
Magd der Frau, der Schüler dem Lehrer, der Freund dem Freunde, die Frau
dem Manne, der Verkäufer dem Käufer, ein Tischgefehrte dem andern, wenn
sie nicht wechselweise irren, klüglich durch die Finger sehen, und sich
mit tollen Honigwörterchen abspeisen. Ja, meine Herren, Sie halten was
ich bisher gesagt, für wichtige Dinge; aber Geduld, Sie werden noch
wichtigere hören!

[Illustration]

Kann der jemanden lieben, der sich selbst haßt? der mit Andern
einträchtig seyn, der sich selbst in den Haaren liegt? der jemanden
Freude machen, der sich selbst zur Last und zum Ueberdrusse lebt?
Niemand wirds behaupten, als der, welcher närrischer als die
Narrheit ist. In Wahrheit, wo man mich auf die Strasse hinaussperrt,
wird jeder dem andern unerträglich, stinkt sich selbst an, faßt Eckel
ab allem dem seinigen, hat keinen verhaßtern Feind als sich selbst.
Stiefmütterlich wühlt oft die Natur in den Köpfen der Sterblichen,
sonderlich den besten, so daß ihnen das Ihrige mißfällt; und das Fremde
bewundern sie; dann wird alles geschändet, geht alles zu Grunde,
dadurch sonst das Leben bereichert, und geschmückt wird. Wozu nützt
die Schönheit, das edelste Geschenck der unsterblichen Götter, wenn
sie garstig befleckt wird? Wozu die Jugend, wenn des Alters gährender
Gram sie angestecket hat? Was wirst du bey dem beglücktesten Leben
zu Hause und draussen mit Anständigkeit thun (und auf diese kömmt
hauptsächlich alles an) wenn dir nicht die sich selbst liebende
Philautia, die ich billig als meine leibliche Schwester verehre, mit
ihrer Geschicklichkeit beysteht? O tapfer vertheidigt sie durchgehends
meine Sache!

Nun, was kannst du närrischers thun, als dir selbst gefallen? dich
selbst bewundern? Was schönes, holdes, einnehmendes, kannst du zu
Stande bringen, wenn du mißvergnügt mit dir selbst bist? Wenn du
dieses Gewürze des Lebens wegschafst, so steht der Redner mit seinem
Gewäsche frostig da; nur höhnisches Mitleiden ertrillert sich der
Tonkünstler; der sich müde erarbeitende Schauspieler wird ausgepfiffen;
zum Gelächter wird der Dichter samt seinen Musen; der Mahler erpinselt
sich Verachtung; bey seinen Lebenspillen hungert der Arzt sich zu Tode;
wenn du dich schön wie Nireus zu seyn dünkst, jugendlich wie Phaon,
weise wie Minerva, so wird man dich für garstig halten wie Thersites
war, veraltet wie Nestor, tumm wie ein Schwein. Ja, unumgänglich nöthig
ists, daß jeder sich schmeichle, und sich selbst mit einem Beyfällchen
anpreise, wenn er sich bey andern in Gunst schwingen will. Endlich,
da die Glückseligkeit hauptsächlich darum besteht, daß du wirklich
nichts anders seyn willst, als was du bist, so hast du dich mit der
Grundregel meiner Philautia bekannt zu machen, die also lautet: Niemand
werde seines Looses überdrüssig, seines Witzes, seiner Abkunft, seines
Vaterlandes, seiner Auferziehung. Der Irrländer wünsche sich nicht ein
Italiäner zu seyn, der Thracier ein Athenienser, der Scythe ein Bürger
des gesegneten Schlarafenlandes. Herrlicher Kunstgriff der Natur,
der so verschiedene Dinge ins gleiche Gleis bringt! Wo sie bey ihrer
Gabenaustheilung etwas kärglich zu Werke gegangen, läßt sie den Abgang
durch die Philautia ersetzen -- nur den Abgang? -- Ich rede wie eine
wirkliche Närrin, sie theilt auf diese Weise ihr herrlichstes Geschenke
mit.

Ich darf wohl sagen: ohne meinen Antrieb geschicht keine edle That; wo
schöne Künste betrieben werden, preisen sie mich als ihre Erfinderinn.
Muß man sich nicht an den Krieg wenden, wenn man belobte Heldenthaten
in ihrem Elemente finden möchte? Nun, was kann wohl närrischer seyn,
als um einer Ursache willen, die man selbst nicht anzugeben weiß, sich
in einen Streit einlassen, bey dem man beiderseits mehr Böses als Gutes
einzuerndten hat? Von dem, der da mit seiner Haut bezahlt, kräht kein
Hahn nicht. Wenn die beyden Heere in Schlachtordnung gegen einander
stehen, und die Hörner im frischern Tone zum Angriffe geblasen haben:
wozu taugen dann jene Söhne der Weisheit, durch Nachgrüblen erschöpft,
beym dünnen und kalten Geblüte kaum den Athem zu ziehen vermögend?
Solcher ist man da benöthigt, derer Adern vom dicken und fetten Geblüte
strotzen; desto kühner, um so viel unverständiger sie sind. Oder will
man sich mit Fleisse einen Demosthenes zum Soldaten wählen? Kaum kam
der Feind ihm ins Gesicht, so warf er, nach dem Rathe des Archilochus,
herzhaft den Schild weg; unter dem Hasenpanier sah man den feigen
Soldaten an dem weisen Redner.

Auf Klugheit, heißts, kömmt im Kriege vieles an. O ja, an einem
Feldherren; aber auf eine kriegerische, nicht eine philosophische!
Mit Schmarotzern, Hurenjägern, Strassenräubern, Meuchelmördern,
Bauernklötzen, Tummköpfen, Bankerottierern, und dergleichen Abschaume
des Menschengeschlechtes, nicht mit bey der Nachtlampe verrauchten
Philosophen, werden solche herrlichen Ding erfochten. Sokrates, der
nach dem eben nicht weisen Ausspruche des Apollo einzige Weise, kann
zum Gewährsmanne dienen. Er unterfieng sich, etwas, ich weiß nicht was,
öffentlich zu betreiben; und unter dem Hohngelächter der ganzen
Versammlung schlich er sich vom Rednerstuhle weg. Und doch war der
Mann nicht Narrs genug, sich mit dem Titel des Weisen zu brüsten; er
gab ihn dem Gotte zurück; er hielt dafür, ein Weiser solle sich in
die Verwaltung des gemeinen Wesens nicht mengen; nur hätte er noch
hinzusetzen sollen: jeder, der seinen Platz in der Zunft der Menschen
behaupten wolle, müsse sich der Weisheit enthalten. Anbey, hatte er
es nicht blos der Weisheit zu verdanken, daß er verklagt worden; und
sich den Schirlingsbecher wählen mußte? Ueber Wolken und Hirngespinste
philosophierend, einen Flohfuß messend, das Mückensumsen bewundernd,
vergaß er, Dinge zu erlernen, die zum gemeinen Leben unentbehrlich sind.

[Illustration]

Zum Schutzredner seines sich in Lebensgefahr befindenden Lehrers
wirft sich der Schüler Plato auf. Ein mannhafter Vertheidiger! weil
ein Geräusch entsteht, verstummt er, ehe er von seinem ersten Satze
die Hälfte herausgemartert hatte. Und was soll ich vom Theophrast
sagen? Kaum hatte er eine Rede angefangen, so blieb er mit offenem
Munde stehen, als ob ein Wolf ihm in die Quer gekommen wäre. Wie
würde der Mann den Soldaten Muth zur Schlacht gemacht haben! Isokrates
war zu furchtsam, als daß er es jemals gewagt hätte, den Mund
aufzuthun. Cicero, der Vater der römischen Beredsamkeit, fieng seine
Reden, gleich einen gluchsenden Schuljungen, mit einem unangenehmen
Stammeln an; Fabius ist so gut, daß er behauptet, daraus erkenne man
einen verständigen die Gefahr einsehenden Redner; er hätte besser
gethan, rund und ehrlich heraus zu sagen: zur schicklichen Betreibung
öffentlicher Geschäfte tauge die Weisheit nicht. Was würden Leute,
die vor Furcht halb todt sind, wenn sie sich blos in ein Wortgefecht
einlassen sollen, da ausrichten, wo man die Sache mit dem Schwerdt
ausfechten muß?

Nun gehe man, und erhebe den berühmten Ausspruch des Plato bis in
den Himmel: »Beglückt wäre das Land, wo Philosophen herrschten, oder
Beherrscher zu Philosophen würden.« Wenn man die Geschichtsschreiber
zu Rathe zieht, so zeigt sichs, daß es nirgends schlimmer zugegangen,
als wo die Herrschaft einem Philosophosten oder Buchgelehrten zu
Theile geworden. Man kann sich hier kecklich auf die Catonen berufen:
durch wahnsinnige Anklagen störte der Eine die Ruhe der Republik;
und der Andere richtete die Freyheit derselben zu Grunde, indem er
sie allzuweislich vertheidigte. Man denke sich hier auch den Brutus,
Cassius, die Gracchen, und selbst den Cicero, welcher der römischen
Republik zu einer eben so schädlichen Pest ward, als Demosthenes
der atheniensischen. Gesetzt, Marcus Antoninus sey ein guter Kaiser
gewesen; bin ich deßwegen genöthigt, meinen Satz aufzugeben? gewiß
nicht: eben deßwegen, weil er ein Philosoph war, wird er seinen
Unterthanen lästig und verhaßt. Ja, gesetzt er sey für sich gut
gewesen, so fügte er doch durch Hinderlassung seines Sohnes dem Reiche
einen weit grössern Schaden zu, als er ihm durch seine Regierung
nützlich gewesen. Solche weisen Leute sind, wie in allen übrigen
Dingen, also besonders im Kinderzeugen, höchst unglücklich; und dieses,
wie mich deucht, hat die Natur vorsichtig geordnet, damit diese Seuche
der Weisheit unter den Sterblichen nicht zu viel um sich fasse. So
wissen wir von dem Cicero, daß er einen aus der Art geschlagenen Sohn
gehabt hat; und von den Kindern des weisen Sokrates hat man die feine
Anmerkung gemacht, sie seyen der Mutter ähnlicher als dem Vater; das
ist, Narren gewesen.

Es würde noch alles zu ertragen seyn, wenn diese Philosophen gleich zur
Verwaltung der öffentlichen Geschäfte so ungeschickt wären, als der
Esel zum Lautenschlagen; insofern sie nur nicht auch zur Betreibung der
Angelegenheiten des gemeinen Lebens eben so schief befunden würden.
Bitte einen Weisen zu Gaste; er wird durch ein düsteres Schweigen, oder
durch ein lästiges Frägeln, die Freude der Gesellschaft stören. Fordere
ihn zum Tanz auf; er wird so flink als ein Camel umher tramplen.
Nimm ihn zu einem öffentlichen Schauspiele mit; sein Gesicht wird
die Zuschauer ihres Vergnügens berauben; der weise Cato, der seine
feyerliche Mine nicht ablegen will, wird genöthigt werden, die Bühne
zu verlassen. Er kömmt in eine Gesellschaft, und alles verblaßt, als
ob ein Wolf sich hätte sehen lassen. Wo es zu thun ist, um etwas zu
kaufen, um einen Handel zu treffen, kurz, um etwas vorzunehmen, ohne
welches man im gemeinen Leben nicht bestehen kann, da wird man diesen
Weisen ehender für einen Klotz als für einen Menschen ansehen. Also
kann er sich, dem Vaterlande, den Seinigen, zu nichts dienen, weil die
gemeinsten Dinge, Meynungen, Einrichtungen, ihm ganz spanische Dörfer
sind.

Bey den Unternehmungen der Sterblichen ist alles voll Thorheit: Narren
unterhalten sich mit Narren. Dem, der sich allen widersetzen will,
möcht ich den Rath erteilen, in die Fußstapfen Timons zu treten, in
eine Einöde zu wandern, und sich da seiner Weisheit satt zu erfreuen.

Ich lenke wieder ein. Welche Macht hat stein- und eichenharte rohe
Menschen ins gesellschaftliche Leben vereint? Die Schmeicheley. Sie
wird durch die Leyer des Amphion und des Orpheus angedeutet. Was hat
das römische Volk, da es unter sich aufs äusserste zerfallen war,
wieder einträchtig gemacht? Wars eine philosophische Rede? nichts
weniger: es war die lächerliche und kindische Fabel von dem Bauche und
den übrigen Gliedern. Ein gleiches Wunder that Themistokles durch die
Fabel von dem Fuchsen und dem Igel. Welche Rede eines Weisen hätte
so vieles vermocht, als jenes erdichtete Rehe des Sertorius? als die
beiden Hunde jenes lacedämonischen Gesetzgebers? als die lächerliche
Erdichtung von den ausgeraufenen Haaren des Pferdeschweifes? Um nichts
von dem Minus zu reden, und von dem Numa, welche den närrischen Pöbel
durch fabelhafte Erfindungen nach ihrem Willen lenkten: durch solche
Possen läßt sich dieses grosse und mächtige Thier, etwas aufbinden.

[Illustration]

[Illustration]

Welche Stadt hat jemals die Gesetze und Aussprüche eines Plato,
Aristoteles, Sokrates, angenommen? was hat die Decier beredet, sich
von freyen Stücken den unterirdischen Göttern aufzuopfern? was hat
den Quintus Curtius in die Grube gezogen? was anders, als die eitele
Ruhmsucht, eine sanft-lockende Sirene, die von jenen Weisen so sehr
verabscheuet wird? was kann närrischer seyn, sprechen sie, als daß der,
welcher sich um ein Amt bewirbt, im weissen Röckchen demüthig dem Pöbel
schmeichelt? daß man sich die Gunst desselben durch ein Korngeschenk
erkauft? dem Händeklatschen so vieler Narren nachjagt? im
Zujauchzen desselben seine Wonne findet? im Triumphe sich von ihm
gleich einer Bildsäule angaffen läßt? in Erzt gegossen auf dem Markte
steht? andre Namen und Beynamen annimmt? einem menschlichen Taugenichts
göttliche Ehre erweißt? mit öffentlichem Gepränge tyrannische
Schandbuben in die Classe der Götter erhebt? O gewiß, Narrheit ist
dieses, zu deren verdienten Belachung ein einziger Demokritus nicht
zureichend wäre! Wer leugnet es? Und doch ists die Quelle großer
Heldenthaten, die von Rednern bis in den Himmel erhoben werden.

[Illustration]

Narrheit zeugt Städte, Reiche, Obrigkeiten, Religionen, Raths-
und Gerichtsversammlungen; und das menschliche Leben ist blos ein
Narrenspiel. Wenn die Rede von Künsten und Wissenschaften ist: was
hat die Menschen aufgemuntert, so herrliche Dinge (wie man sie dafür
auszuposaunen pflegt) zu ersinnen, und auf die Nachwelt zu bringen?
war es nicht die Ruhmsucht? In so vielen durchwachten Nächten, unter
so vielem Schweisse, haben sie, die Erznarren, sich, ich weiß nicht,
was für einen durch und durch unnützen Ruhm ausgehecket. Indessen
haben Sie, meine Herren, der Narrheit bereits so viele herrliche
Bequemlichkeiten des Lebens zu verdanken; und, was dabey noch weit das
angenehmste ist, Sie machen sich der Narrheit Anderer zu Nutzen.

Nachdem ich also das Lob meiner Stärke und meines Fleisses befestigt
habe, wird es schicklich seyn, daß ich auch meiner Klugheit das
gleiche Recht widerfahren lasse. So willt du dann (ruft mir, wie mich
deucht, jemand entgegen) Feuer und Wasser zusammen paaren? Auch dieses
hoff ich zu Stande zu bringen, wenn man nur fortfahren wird, achtsam
aufzuhorchen.

Ists nicht Klugheit, wenn man sich die Dinge zu Nutzen macht? Nun,
welches wird wohl der kluge Mann seyn? der Weise? der zu schamhaft
oder zu furchtsam ist, sich an eine Sache zu wagen; oder der Narr,
den weder Scham, die er nicht hat, noch Gefahr, die er nicht erwägt,
von irgend einer Unternehmung abschreckt? Der Weise nimmt seine
Zuflucht zu verschimmelten Büchern, und füllt sich daraus den Kopf mit
schalen Spitzfindigkeiten; der Narr, der sich hurtig an die Sache
selbst macht, sammelt sich daraus, wenn ich mich nicht gröblich irre,
ächte Klugheit. Es scheint auch Homer, so blind er war, habe dieses
eingesehen, da er sagt: »Bey der That gelangt der Narr zur Einsicht.«
Wo es um Einsicht der Dinge zu thun ist, muß man zween Steinen des
Anstossens ausweichen: die Schamhaftigkeit, die den Geist benebelt;
und die Furcht, welche durch Vorspieglung der Gefahr, Unthätigkeit
einpfropft. Großmüthig scheucht die Narrheit diese Popanzen weg. Wenige
Sterbliche sehen es ein, wie bald der unverschämte Waghals sein Glück
machen könne.

Gefällt Ihnen, meine Herren, jene Klugheit besser, die in Beurtheilung
der Dinge besteht? Hören Sie doch einmal, welch eine seltsame Sache es
um diese Klugheit derer sey, die sie in ihrer Weisheitsbude feil bieten!

Erstlich ist bekannt, daß alle menschliche Dinge, gleich den Silenen
des Alcibiades, von innen ein anderes Gesicht haben, als von aussen:
man sieht den Tod, und findet das Leben; man sieht das Leben,
und findet den Tod; das schöne ist häßlich, das reiche arm, das
schändliche herrlich, das gelehrte ungelehrt, das starke schwach, das
edle unedel, das fröliche traurig, das glückliche unglücklich, das
freundliche unfreundlich, das heilsame schädlich; kurz, öffne den
Silen, so wirst alles verkehrt finden. Rede ich aber nicht einigen zu
philosophisch? Gut! ich wills ganz plump heraus sagen.

Einen König stellt man sich als einen reichen und mächtigen Herrn vor;
wenn aber nichts Gutes in seiner Seele ist, und er sich an nichts
sättigen kann, so ist er gewiß blutarm; und wenn er sich vielen Lastern
ergeben hat, so ist er ein schnöder Sclave. Also ließ es sich über
alles und jedes philosophiren; wir haben aber mehrere Beyspiele nicht
nöthig.

Wozu soll alles dieses dienen? -- Man hör es! Wenn jemand sich
unterstünde, den Schauspielern ihre Larven wegzunehmen, und den
Zuschauern die wahren und natürlichen Gesichter zu zeigen: würde
dieser Unbesonnene nicht das ganze Spiel verderben? würde er nicht
verdienen, daß man ihn als einen Rasenden mit Steinen von der Bühne
wegtreibe? Indessen würde sich alles in einer neuen Gestalt gezeigt
haben: das Weib als einen Mann, der Jüngling als einen Greisen, der
König als einen Bettler, Jupiter als ein Menschengesicht. Wenn man den
Irrthum wegnimmt, so setzt man alles in Verwirrung; die Verstellung muß
die Augen der Zuschauer bezaubern. Nun, was ist das ganze Leben der
Sterblichen anders als eine Comödie? Jeder spielt seine Rolle, eine
ganz andere Person vorstellend, als er eigendlich ist, bis er von der
Bühne abtreten muß; und etwann zeigt sich der nämliche Schauspieler in
verschiedener Tracht: als König saß er auf dem Thron; und nachwerts
tritt er im zerlumpten Sclavenkittel auf. Ja, dieses ist alles nur
Schattenwerk: aber, spielt sich dann die grosse Comödie des Lebens auf
eine andere Weise?

Ich stelle mir vor: ein wie vom Himmel gefallener Weiser trete
plötzlich auf, und schreie: der, den man als einen grossen Herrn
halbgöttlich verehre, sey nicht einmal ein Mensch, weil er sich
viehisch durch seine Lüste leiten lasse; er sey nichts als ein
verachtungswürdiger Sclave, weil er sich freywillig so vielen und so
schändlichen Herren als einen Knecht dargebe. Er sieht jemanden, der
über das Absterben seines Vaters weinet, und heißt ihn lachen, weil
sein Vater endlich zu leben angefangen habe, da dieses gegenwärtige
Leben nichts als ein Tod sey. Er begegnet einem Junker, der sich seiner
edlen Abkunft rühmt, und betitelt ihn einen ehrlosen Bankert, weil er
weit von dem Pfade der Tugend gewichen, der einigen Quelle des Adels.
Auf gleichen Schlag behandelt mein Weiser jeden, der ihm aufstößt. Aber
was erbeutet er anders, als daß man ihn gleich einem zum Tollhause
reifen Rasenden ansieht?

Nichts ist närrischer, als eine zur Unzeit angebrachte Weisheit; nichts
unkluger, als eine verkehrte Klugheit. Der beträgt sich schief, der
sich nicht nach der gegenwärtigen Lage der Dinge einrichtet; nicht auf
den Marktpreis achtet; sich nicht des Tischgesetzes erinnert: »Thue
Bescheid, oder packe dich;« nicht will, daß das Spiel ein Spiel sey.
Der Kluge hingegen denket: da ich ein sterblicher Mensch bin, so will
ich mich nicht bestreben, übermenschlich weise zu seyn; ich will mich
gern nach andern Leuten einrichten, und auch etwann aus Höflichkeit
einen Weg mit ihnen gehen, den ich sonst für mich nicht gehen würde.
Ist eben dieses nicht Narrheit? O ja, ihr weisen Männer! doch solltet
ihr mir dagegen eingestehen, dieses heisse: seine Rolle in der Welt
spielen.

Uebrigens -- o ihr unsterbliche Götter, soll ich reden? soll ich
schweigen? Warum sollt ich es nicht frey heraus sagen, da es die
pur-lautere Wahrheit ist? Vielleicht aber ists das beste, daß ich bey
einer so wichtigen Sache die Musen von ihrem Helikon hinunterrufe,
sie, die von den Dichtern oft um einer Schnakerey willen herabgeranzt
werden. So stehet mir denn für eine Weile bey, ihr Töchter Jupiters,
bis ichs bewiesen habe, jene glänzende Weisheit, die hochberühmte Burg
der Glückseligkeit, werde nur denen aufgeschlossen, die sich ihr unter
dem Schutze der Narrheit näheren.

Erstlich ist es eine ausgemachte Sache, daß alle Leidenschaften sich
unter der Botmäßigkeit der Narrheit befinden; denn der Unterschied
zwischen einem Narren und einem Weisen ist dieser: jener richtet sich
nach den Leidenschaften, dieser nach der Vernunft. Daher schaffen die
Stoiker alle Beunruhigungen, als so viele Seuchen, aus ihrem Weisen
weg; und doch (sagen die Peripatetiker) vertreten diese Leidenschaften
die Stelle der Pädadogen bey denen, die sich Mühe geben, in den Port
der Weisheit einzulaufen; ja sie dienen bey allen Tugendpflichten
zu Sporen und Peitschen, dadurch wir zum rechtschaffenen Betragen
angetrieben werden. Doch wendet hier Seneca, der Erzstoiker, so vieles
ein, als er immer auftreiben kann, um den Weisen von jeder Leidenschaft
loszuhalftern. Indem er aber dieses thut, rottet er den ganzen Menschen
aus, den er zu einer Art einer Gottheit umschaft, die nie gewesen ist,
und nie seyn wird; oder damit ichs noch deutlicher sage, er meisselt
ihn zu einem marmornen Menschenbilde, tumm, ohne Menschenverstand. O
immer, ich mag es von Herzen wohl leiden; mögen sich solche Künstler
ihres Weisen unbeneidet erfreuen, und mit ihm Platons Stadt oder das
Gebiet der Ideen oder des Tantalus Gärten bewohnen!

Wer eilt nicht schauernd von einem solchen Menschen weg, wie von einem
Ungeheuer, einem Gespenste! Alle Sinne der Natur sind nicht im Stande,
einen Eindruck in ihn zu machen; er ist ohne Leidenschaften; für die
Liebe, das Mitleiden, ist er so unempfindlich als ein Kieselstein,
als ein Felsenstück; nichts entgeht ihm; nirgends schießt er fehl;
mit Luchsenaugen durchschaut er alles; nach Richtschnur und Bleywaag
beurtheilt er alles auf das pünktlichste; für nichts hat er Nachsicht;
mit nichts ist er zufrieden, als mit sich; er allein ist reich, gesund,
ein König, frey; er allein ist alles, aber auch blos nach seinem
allerliebsten Urtheile; er, der keinen Freund begehrt, hat auch keinen;
er, macht sich kein Bedenken, die Götter selbst zum Henker zu schicken;
er, der alles, was in der Welt vorgeht, als Wahnsinn verdammt, und
verlacht.

Nun, ein solches Thier ist der, den man uns als das Meisterstück der
Weisheit anpreist. Wenn es auf die Wahrheit der Stimmen ankäme, welche
Stadt würd ihn zu ihrem Bürgermeister wählen? welches Kriegsheer würde
sich ihn zum Feldherrn wünschen? welcher Frau würd ein solcher Mann,
welchem Wirth ein solcher Gast, welchem Bedienten ein solcher Herr,
erträglich seyn? Man würde lieber mitten aus dem närrischsten Pöbel
einen Narren wählen, um Narren zu befehlen, das ist den meisten;
sein Weib würd' an ihm einen gefälligen Mann finden; seine Freunde
würden sich seiner erfreuen; er würd einem Tische Ehre machen; die
Gesellschaft würd ihm das Lob beylegen: er führe sich durchgehends als
Mensch auf. Aber schon lange fühl ich einen Ekel, so viele Worte an
Weisen Leuten zu verlieren. Ich sehe mich nach andern Gegenständen um.

Bilden Sie sich ein, meine Herren, daß Sie auf jener Hochwarte stehen,
auf welche die Dichter den Jupiter hingepflanzt haben. Sehen Sie
allen den Jammer, mit dem sich des Menschenleben zu erkämpfen hat.
Elend, garstig, steht es um seine Geburt; um die Auferziehung ists
Holzhackersarbeit; tausenderley Gefahren belagern seine Kindheit;
durch die jugendlichen Jahre muß er sich hindurchschwitzen; ihn beugt
die Last des Alters; und der Tod ist ihm ein verdrüßlicher Bothe. Mit
ganzen Heeren von Krankheiten ist er umgeben; unzählbaren Zufällen
ist er blosgesetzt; Widrigkeiten von allen Arten; bald alles, das er
genießt, ist mit Galle verdorben. Ich möchte nicht einmal von dem
vielen Uebel reden, das die Menschen sich einander selbst zuziehen:
Armuth, Gefängniß, Schande, Schmach, Streithändel, Betrügereyen. O
lieber wollt ich die Sandkörner am Meere zählen!

Durch welche Verbrechen haben die Menschen sich solche Strafen
zugezogen? welcher Gott hat sie in seinem Zorne verdammt, unter solchen
Jammer gebohren zu werden? Nein, meine Herren, noch ist es mir nicht
verstattet, Ihnen hierüber Nachricht zu ertheilen. Wer aber diese Dinge
genau durchdenkt, wird er nicht dem erbarmungswürdigen Entschlusse
der Milesischen Töchter seinen Beyfall gewähren? Welches aber sind
die berühmtesten von denen, die, ihres Lebens überdrüssig, dem Tod
entgegengeeilt sind? Waren es nicht die Benachbarten der Weisheit?
Unter diesen (um jetzt eines Diogenes, Xenokrates, Cato, Cassius,
Brutus, nicht zu gedenken) war jener Chiron, dem die Wahl gegeben
worden, unsterblich zu seyn, und der den Tod wählte.

Man sieht leicht, was daraus entstehen würde, wenn alle Menschen
Weise wären: man würde sich um neuen Leimen, und um einen andern
schöpferischen Prometheus, umsehen müssen. Ich aber, die ich mich
schicklich der Unwissenheit oder Unbedachtsamkeit der Menschen zu
bedienen weiß, etwann sie das Uebel vergessen mache, Hoffnung auf Gutes
einstreue, oder auch etwas von süsser Wollust einmische, komme diesem
grossen Unfuge zu Hülfe; so daß die Leute auch dennoch nicht das Leben
müde sind, wenn die Parzen bereits abgesponnen haben, und das Leben
seit langem mit dem Abschiednehmen den Anfang gemacht hat; je weniger
Ursache sie haben, im Leben zu bleiben, desto tiefer sind sie in das
Leben verliebt; desto weiter entfernt, seiner überdrüssig zu werden.

Mir hat man es zu verdanken, daß man hin und wieder Greisen sieht,
alt wie Nestor, die zwar bald nicht mehr Menschen gleich sehen,
stammeln, aberwitzig sind, grau, zahn-, haarlos, gebücket, runzlicht,
stinkend, lendenlahm, aber sich des Lebens doch so sehr freuen, noch
so kindisch tändeln, daß der Eine sein graues Haarnest schwarz färbt,
und der Andere seine Glatze unter falsches Haar versteckt; dieser
sich solcher Zähne bedient, die er einem seiner Anverwandten aus dem
Schweinstalle abgeborgt hat; jener in ein Mädchen so jämmerlich
verliebt ist, daß kein junger Laffe den Narren so weit treiben könnte.
Daß ein Steinalter, der an der Grube herumkriecht, und zur Todtenbaar
vorbereitet ist, ein junges Töchterchen, das blutarm ist, und Andern zu
Diensten stehen wird, zur Ehe nehme, ist etwas so wenig ungewöhnliches,
daß es zur rühmlichen Mode geworden.

Noch herzbrechender ists, wenn man ein altes Mütterchen sieht, die
schon lange dem Tod entgegengelebt hat, und so geripphaft aussieht,
daß man meynen sollte, sie komme gerad aus dem Reiche der Todten
zurück, aber das Lob des Lebens noch immer herausstreicht, und einen
armen Phaon reichlich bezahlt, um ihr durch seine geheimen Künste die
Lebensliebe fleißig einzupropfen: an Schminke läßt sies nicht fehlen,
ihr Gesicht zu verstecken; vom Spiegel ist sie nicht wegzubringen; sie
erarbeitet sich, was an ihrem Leibe das Alter verräth, bestmöglichst
auszureuten; da steht sie leider im allzutief ausgeschnittenen Wamste;
in ein verliebtes Liedchen brummt ihr kollernde Stimme; da sitzt sie
beym Gesundheittrinken; mischt sich unter die tanzenden Reigen der
Mächden; krazet Liebesbriefe. Freylich rufen die lachenden Spötter,
hier die Wahrheit, daß es alles erznärrisch sey; aber inzwischen
gefällt sie sich selbst, schwimmt in einem Wollustsmeere, und, Dank hat
sie mir, ist beglückt.

Ja freylich, lächerlich machen sich diese Leute. Ihr aber, die ihr
diese weise Anmerkung ausgebrütet habt, überleget es reiflich:
ists nicht besser, bey einer solchen Narrheit wonnevoll leben, als
verzweiflungsvoll sich nach einem Balken, Nagel, und Strick umsehen?
Daß der Pöbel dergleichen Dinge für schändlich halte, das macht meinen
Narren keinen Kummer: sie fühlen dieses Uebel nicht; oder, wenn sie
es fühlen, so achten sie es wenig. Wenn ein Stein ihnen auf den Kopf
fiele, ja, dann würden sie das Uebel fühlen; aber Scham, Schande,
Schimpf, Schmähungen, sind nur da schädlich, wo man sie als schädlich
ansieht; Fühllosigkeit setzt über das Uebel hinaus. Wenn gleich das
ganze Volk dich auszischt, so bleibst du doch unverletzt, so lange
du dir selbst Beyfall zuklatschest; und diese Kunst lernt sich blos
in der Schule der Narrheit. Eben dieses (krächzen mir Philosophen
entgegen) ist ein Elend, wenn man in den Stricken der Narrheit als ein
Tummkopf umherirrt. O nein, eben das heißt, ein Mensch seyn; und anbey,
was plaudert ihr hier vom Elendseyn; seyd ihr nicht selbst gerade so
gebohren, unterrichtet, auferzogen? ists nicht das gemeine Loos allen
Menschen?

Nichts ist elend, das sich in seinem natürlichen Zustande befindet;
sonst müßte man das Loos des Menschen beweinen, der nicht mit den
Vögeln fliegen, nicht mit dem übrigen Viehe auf vier Füssen laufen,
sich nicht mit den Hörnern ochsenmäßig vertheidigen kann. Mit gleichem
Rechte müßte man das schönste Pferd unglücklich nennen, weil es nicht
in der Grammatik unterrichtet worden, und man es nicht mit Pasteten
bewirthet; elend würd es um den Ochsen stehen, weil er nicht auf den
Fechtboden gegangen ist. Wie demnach das ungrammatikalische Pferd
nicht unglücklich ist, so ists auch der närrische Mensch nicht: beide
befinden sich ja in ihrem natürlichen Zustande.

Der Mensch (erwiedern die verdrehten Feinschwätzer) hat das besondere
Vorrecht, sich in Wissenschaften umzusehen, und vermittelst derselben
kann er durch Scharfsinn das erlangen, das die Natur ihm versagt hat.
O wo bleibt die Wahrscheinlichkeit? Die Natur, die bey Mücken, beym
Grase, bey Blumen, so wachsam war, schlummerte gewiß, da die Reihe an
den Menschen kam, nicht so ein, daß sie jene Wissenschaft hätte zu
Hilfe rufen müssen, die Theut, der dem Menschengeschlecht so abholde
Genius, zum Verderben derselben ausgesonnen hat, indem sie nicht nur
zur Glückseligkeit des Menschen nichts beytragen, sondern derselben
sogar sehr hinderlich sind; wie beym Plato der scharfsichtige König
Thamus, in Absicht auf die Erfindung der Buchstaben, sehr richtig
bemerkt hat.

Wissenschaften schlichen sich gleich den übrigen ansteckenden
Seuchen des menschlichen Lebens in der Welt ein; sie hatten eben die
Erfindung, von denen alle Schandthaten herkommen, nämlich die Dämonen,
das ist, Vielwisser. Die Menschen lebten in den ersten goldenen
Zeiten ohne Wissenschaften, und folgten blos dem Naturtrieb. Wozu
hätte die Grammatik dienen sollen, da man nur eine Sprache redte,
und dabey keinen andern Zweck hatte, als einander zu verstehen?
Unnütz waren die Redner, weil niemand den Andern vor Gerichte zog.
Gesetzverständige würden müssige Leute da gewesen seyn, wo man nichts
von Sittenverderbniß wußte, dieser Quelle guter Gesetze. Zu fromm war
man, als daß man, mit ruchloser Neugier, den Geheimnissen der Natur,
dem Maaße, den Bewegungen, und den Wirkungen der Gestirne, und den
verborgenen Ursachen der Dinge, nachgespührt hätte; man würd es für ein
strafwürdiges Verbrechen gehalten haben, wenn ein sterblicher Mensch
über seine Gränze hinaus nach Weisheit gefrefelt hätte; nachzuforschen,
was sich über dem Himmel hinausbefinde -- o ein solcher Wahnsinn wäre
damals niemanden zu Sinne gekommen!

Nach und nach verlohr sich die Reinigkeit des goldenen Zeitalters.
Schadenfrohe Geister (wie gesagt) erfanden Künste, wenige noch,
und von wenigen angenommen. Der Aberglaube der Chaldäer und der
Griechen schwindlichter Leichtsinn erfanden nachwärts eine Menge
ächte Geistesplagen; schon die Grammatik für sich wäre zureichend,
den Menschen sein ganzes Leben hindurch auf der Folterbank zu
martern. Unter diesen Künsten und Wissenschaften hält man die für die
schätzbarsten, die mit dem gemeinen Menschenverstande, das ist, mit
der Narrheit, am besten übereinstimmen. Die Theologen fressen sich vor
Hunger Nägel weg; die halberfrohernen Naturforscher hauchen sich in die
Finger; über Astrologen lacht man; Vernunftlehrer läßt man nach dem
Winde haschen; aber vor dem Arzte sieht man alles die Segel streichen;
je ungelehrter, verwägener, unbedachtsamer er ist, desto höher ist
er bey Fürsten und reichen Leuten angeschrieben. Die Arzeneykunst,
wie sie heut zu Tage von vielen getrieben wird, ist geschwätzige
Fuchsschwänzerey.

Nach diesen kommen die Gesetzkünstler. Vielleicht hätte ich ihnen den
ersten Platz einräumen sollen. Sie betreiben, wenn man doch der ganzen
Zunft der höhnischen Philosophen Glauben zustellen will (denn in den
Handel möcht ich mich nicht mengen) einen Eselsberuf. Und doch richtet
sich alles, grosses und kleines, nach dem Gutdünken dieser Esel; ihnen
fallen grosse Landgüter zu, alldieweil der Theolog, der alle Schränke
der Gottesgelehrtheit durchstänkert hat, an harten Bohnen sich müde
beißt, und sich mit Wanzen und Läusen erfechten muß.

Ja, je näher eine Kunst mit der Narrheit in Verwandtschaft steht, desto
mehr hat man sich von ihr zu versprechen. Die Beglücktesten sind also
die, denen es vergönnet ist, mit keiner der Wissenschaften Verkehr zu
haben, und blos der Natur zu folgen, die nie auf Abwege verleitet,
so lange man nicht die Schranken, die den Sterblichen gesetzt sind,
überspringen will. Die Natur verabscheut jede Schminke; lustig wächst
das hervor, das durch keine Kunst verdorben worden.

Sehen Sie nicht, meine Herren, daß es um alle übrigen Thiere herrlich
steht, die von Wissenschaften keinen Begriff, und blos die Natur zur
Hofmeisterinn haben? Was ist glücklicher, wunderbarer, als die Bienen?
Bey wenigen körperlichen Sinnen erweisen sie sich als unvergleichliche
Baumeister; noch kein Philosoph hat gleich ihnen eine Republik
errichtet. Das Pferd, dessen Sinne etwas Gemeines mit den menschlichen
haben, und das sich verleiten ließ, zum Hausgenossen des Menschen zu
werden, mußte Antheil an den menschlichen Jammer nehmen: denn nicht
selten, wenn es sich in dem Weltlaufe schämt, überwunden zu werden,
läuft es sich bauchschlägig aus dem Athem; und wenn es sich in der
Schlacht um den Triumph erkämpft, wird es durchbohrt, und muß mit samt
dem Reuter in den Staub beissen. Und noch hab ich nichts von rauchen
Gebißen und Zähnen gesagt, scharfen Sporen, Stallkerker, Peitschen,
Banden, Halftern, schwerem Reuter, kurz, allen den jämmerlichen Folgen
der Knechtschaft, denen es sich von freyen Stücken überließ, weil
es heldensüchtig (grossen Kriegern nachahmend) dieses für das beste
(aber freylich hoch zu stehen gekommene) Mittel hielt, den Hirschen,
welchen es nicht leiden konnte, von der Weide zu treiben. O wie
weit glücklicher ist das Leben der Mücken und Vögel, die dem blosen
Naturtriebe folgen, und nichts als die menschliche Arglist zu fürchten
haben! Wenn die Vögel eingebauret, sich von Menschen im Pfeifen und
Schwatzen unterrichten lassen, o wie bald ist nicht ihre natürliche
Munterkeit entartet! In allwege wird das Werk der Natur durch die
Schminke der Kunst geschändet.

Alles mein Lob übersteigt jener pythagorische Hahn. Er war alles:
Philosoph, Mann, Weib, König, Unterthan, Fisch, Pferd, Frosch, und
wie ich glaube, sogar auch Pfifferling; nach seinem Ausspruche ist
der Mensch das elendeste unter allen Thieren, weil er allein (da alle
übrigen mit den Schranken, darein die Natur sie gesetzt hat, herrlich
zufrieden sind) sich inner seinen Gränzen nicht halten will; auch
zieht er unter den Menschen einen Tummkopf dem Gelehrten und Mächtigen
weit vor. Auch Gryllus war ungemein viel weiser, als der verschmitzte
Ulysses, weil er lieber im Stalle grunzen, als mit diesem, ich weiß
nicht, wie manches gefährliche Abentheuer aufsuchen wollte. In dieser
Meynung scheint mir auch Homer gewesen zu seyn, der Vater schnakichter
Fabeln: oft nennt er die Menschen überhaupt arbeitselige Tropfen; und
besonders betitelt er den Ulisses, den er als ein Muster eines weisen
Mannes aufstellt, den Elenden und Unglücklichen; Titel, mit welchen er
nie einen Paris, Ajax, Achilles, beehrt. Und warum? weil jener Krübler
sich in allem nach dem Rathe der Pallas richtete, und zu weise war,
sich vom Naturweg zu weit entfernend.

Ja, unter den Sterblichen weichen keine von der Glückseligkeit weiter
ab, als die, welche sich mit der Weisheit abgeben: zu Menschen sind
sie gebohren, die Tollköpfe vergessen aber ihres Standes; wollen
gleich den unsterblichen Göttern leben; kündigen, nach dem Beyspiele
der Himmelsstürmer, mit Wissenschaftswaffen versehen, der Natur den
Krieg an. Hingegen wird wohl das Elend derer das kleinste seyn, die
an Gesinnung und Narrheit den Thieren am nächsten kommen und sich
an nichts wagen, das dem Menschen zu schwer seyn muß. Wir wollen
doch sehen, ob wir dieses nicht, ohne stoische Künsteley, in einem
handgreiflichen Beispiele, an den Tag legen können. Nun (ich nehme
hierüber die unsterblichen Götter zu Schiedsrichtern): kann was
glücklichers seyn, als der Zustand jener, die man Schalksnarren nennet,
Stocknarren, hirnlose Krautsköpfe, oder was dergleichen Beynahmen sonst
seyn mögen, die ich für die schönsten Ehrentitel erkenne? Ich will
etwas sagen, das dem ersten Anschein nach närrisch und abgeschmackt
ist, sich aber als die Wahrheit selbst anpreist.

Meine gepriesenen Helden wissen erstlich nichts von Todesfurcht, einer
Sache, die (beym Jupiter will ichs beschwören) kein kleines Uebel ist.
Sie wissen nichts von der Folterbande des Gewissens. Die Fabeln von
Erscheinung unterirdischer Geister jagen ihnen keinen Schrecken ein.
Sie fürchten sich nicht vor Gespenstern und Poldergeistern. Weder
kommendes Unglück, noch zauderndes Glück, macht ihnen den Kopf toll.
Kurz, tausenderley Sorgen, denen dieses Leben blosgesetzt ist, nagen
nicht an ihrem Herzen. Scham, Scheu, Ehrfurcht, Neid, Liebe, machen
keinen Eindruck auf sie. Selbst die Theologen werden sagen, je näher
man dem Unverstande vernunftloser Thiere komme, desto weniger sündige
man.

Nun erwäg es einmal bey dir selbst, närrischer Weiser! mit tausenderley
Geistesgrame marterst du dich Tag und Nacht; trag alle Beschwerden
deines Lebens wie in einen Haufen zusammen; sieh dann, wie von
manchem Uebel ich meine Tummköpfe sicher gestellt habe. Immer sind
sie fröhlich; spielen, singen, lachen; wo sie hinkommen, theilen sie
jedermann Wonne mit; alles scherzt, spielt, lacht mit ihnen. Ists nicht
gerade so, als ob die huldreichen Götter sie aus keiner andern Ursache
in die Welt gesetzt hätten, als um das Düstere des menschlichen Lebens
aufzuhellen? der Schwermuth zum Gegengifte zu dienen? Sie (da sonst
jeder nur gewisse Leute begünstigt) erwerben sich jedermanns Zuneigung;
allerorten werden sie gesucht, gespeiset; man schmeichelt ihnen; eilt
ihnen, wenn sie sich in Gefahr befinden, zu Hülfe; ungestraft läßt man
sie alles sagen und thun; niemand trachtet ihnen zu schaden; selbst
die Thiere, wie ihre Unschuld fühlend, gehen ihnen aus dem Wege. Sie
sind wie den Göttern geheiligt, und besonders mir; mit Recht allso hält
jedermann sie in Ehren.

[Illustration]

Fürsten und Königen sind sie vorzüglich lieb und werth; so, daß einige
derselben ohne sie nicht essen, nirgends hingehen, nicht eine Stunde
ausdauern können; ja sie ziehen sie ihren Weisen und sauern Räthen,
derer sie doch auch einige Ehrenthalben mit Speise und Lohn versehen,
weit vor. Und warum thun sie es? Die Ursache ist leicht gefunden,
und eben so wunderbar nicht: diese Weisen tischen den Fürsten nur
traurige Dinge auf; sich auf ihre Gelehrtheit verlassend, scheuen sie
sich etwann nicht, zarte Ohren mit der beissenden Wahrheit zu martern;
die Narren hingegen bringen anders nichts zu Markte, als Dinge, dadurch
die Fürsten sich weit sicherer als durch irgend was anders das Herz
abstehlen lassen: Scherz, Schwänke, die das wonnevollste Lachen zeugen.

Man bemerke auch diese grosse Gabe der Narren: nur durch sie hört
man die pur lautere Wahrheit. Nun, was ist lobenswürdiger, als die
Wahrheit? Wenn man dem Alcibiades beym Plato glauben will, so reden
Wein und Kinder die Wahrheit; wirklich aber gehört dieses Lob mir ganz
zu. Euripides sah es wohl ein, da er sagte, Narren reden närrisch.
Was der Narr im Herzen hat, kann man auf seinem Gesichte lesen, und
in seinen Reden hören. Die Weisen hingegen haben zwo Zungen (wie eben
dieser Euripides bemerkt) mit der einen reden sie die Wahrheit, und mit
der andern so, wie es Zeit und Umstände erheischen; das schwarze machen
sie weiß; aus demselben Munde kömmt kalt und warm; und sie reden nicht
frey von der Brust weg.

Fürsten mögen auch so glücklich seyn, so halt ich sie doch darinn für
höchst unglücklich, daß sie niemanden haben, von dem sie die Wahrheit
hören könnten, und gezwungen sind, sich Schmeichler statt Freunden
zu wählen. Aber (heißt es etwann) den Ohren der Fürsten eckelt von
der Wahrheit; deßwegen scheuchen sie jene Weisen von sich weg; sie
fürchten, ein Freymaul möcht auftreten, um ihnen ihre Freuden durch die
bittere Wahrheit zu verderben. O ja, so verhält sich die Sache; Könige
mögen die Wahrheit nicht wohl leiden. Aber, hierüber thun meine Narren
sich hervor: aus ihrem Munde hört man nicht nur die Wahrheit, sondern
sogar auch die offenbarsten Schmähungen, mit Vergnügen an; Dinge, die
dem Weisen, wenn er sie hervorgebracht hätte, den Hals würden gebrochen
haben. O um die Wahrheit ist es etwas vortrefliches! sie belustigt,
wenn nichts Beleidigendes eingemischt ist: aber das ist auch eine Gabe,
die von den Göttern nur den Narren zugetheilt worden.

Weiber, die von der Natur einen Hang zum Vergnügen und zu lustigen
Zeitvertreiben haben, pflegen sich, bald aus den nämlichen Ursachen, an
diese Art von Menschen zu halten. O wer kann alles wissen, was sie mit
denselben für Possen treiben; oder wie allzuernsthaft es zuweilen dabey
zugeht! Nein, nein, alles ist nur Scherz, nur Spiel gewesen. Ja, das
schöne Geschlecht versteht die Kunst aus dem Grunde, jeden Schritt und
Tritt auf das sinnreichste zu beschönen.

Wir kommen wieder auf die Glückseligkeit der Narren. Nachdem sie ihr
Leben fröhlich durchgebracht haben, ohne Furcht und Gefühl des Todes,
wandern sie gerades Wegs nach den elysischen Feldern, um ihre frommen
und sorgenlosen Seelen an den Zeitvertreiben derselben Theil nehmen zu
lassen.

Kommen Sie nun, meine Herren, um das Loos eines Weisen, welchen Sie
immer wollen, mit dem Loose dieses Narren zu vergleichen. Stellen
sie sich ein rechtes Muster der Weisheit vor, einen Menschen, der
seine Knaben- und Jünglingsjahre bey Erlernung der Wissenschaften
durchgebracht, und den holdesten Theil des Lebens an schlaflose
Nächte, Sorgen und Schweiß verschwendet hat; auch sein ganzes übriges
Leben hindurch erlaubt er sich nicht, einen Bissen von Wollust zu
kosten; immer ist er filzig, arm, traurig, störrisch, feindselig
und hart gegen sich, andern verhaßt und unerträglich, blaß, mager,
kränkelnd, triefäugig, abgemärkelt, vor der Zeit grau, und aus diesem
Leben wegeilend. Doch was liegt daran, wann ein solcher sterbe, der
eigentlich nie gelebt hat? Wie gefällt Ihnen, meine Herren, dieses Bild
des Weisen? verdient er nicht, daß man sich sterblich in ihn verliebe?

Schon betäubt mich wieder das Widerbefzen des stoischen
Froschengequäkes. »Wahnsinnig seyn (schreien sie) ist ja das elendeste
Ding von der Welt; nun kömmt die wirkliche Narrheit dem Wahnsinn
sehr nahe, wenn sie je nicht der Wahnsinn selbst ist; denn was heißt
wahnsinnig seyn anders, als, nicht bey Verstande seyn?« Aber, dieses
heißt wohl recht fehlgeschossen. Dieses Schlußgeplauder wollen wir,
unter dem Beystande der Musen, bald verdunstet sehen. Haben die
Mückenfänger nie gelesen, wie Sokrates beym Plato zwischen Venus und
Venus und zwischen Cupido und Cupido, einen Unterschied macht? also
hätten auch sie Wahnsinn von Wahnsinn unterschieden, wenn es ihnen
darum zu thun wäre, nicht selbst für wahnsinnig gehalten zu werden.
Nicht jeder Wahnsinn ist etwas schädliches und schimpfliches; sonst
würde Horaz nicht von einem liebenswürdigen reden; Plato hätte nicht
die Wuth der Dichter, der Wahrsager, und Verliebten, zu dem gerechnet,
das zum Wohlseyn des menschlichen Lebens das meiste beyträgt; und jene
Wahrsagerinn beym Virgil scheut sich nicht, dem arbeitsamen Aeneas
einen gewissen wahnsinnigen Fleiß zuzuschreiben.

Es giebt also zwo Arten des Wahnsinnes: die Eine kömmt aus der Hölle
von den grausamstrafenden Furien; sie senden etwann ihre Schlangenbrut,
den wütenden Kriegsdurst, die unersättliche Goldbegierde, die
verruchteste und abscheulichste Lüsternheit, Vatermord, Blutschande,
oder irgend eine Pest von dieser Art, in die Brust der Sterblichen,
wenn sie das sich einer Verschuldung bewußte Gemüth mit ihren
Schrecknissen martern wollen. Die andere Art des Wahnsinns ist von
einer ganz verschiedenen Natur; sie kömmt von mir, und für die
Menschen könnte nichts wünschenswürdiger seyn. Dieses ereignet sich,
wenn ein gewisser glücklicher Irrthum des Verstandes das Gemüth von
ängstlichen Sorgen befreyt und es mit vielerlei Wollust segnet. Cicero
schrieb an den Atticus, er wünsche sich von den Göttern eine solche
Verstandslosigkeit und würde sie als ein grosses Geschenke ansehen,
weil er dann bey allen seinen Verdrüßlichkeiten fühllos seyn würde.

Jener Argiver befand sich dabey sehr wohl. In seinem Wahnsinne saß
er ganze Tage hindurch einzig auf dem Schauplatze, lachte, klatschte
Beyfall, war ganz Freude, in dem Wahne, er sehe die Vorstellung eines
herrlichen Schauspiels; und es war doch alles nichts an der Sache;
alle übrigen Lebenspflichten befolgt er auf das beste; »fröhlich war
er bey seinen Freunden, die ihn liebten; artig betrug er sich gegen
seine Frau: seinen Knechten konnt er durch die Finger sehen, und er
überließ sich dem Zorne nicht, wenn gleich einer derselben sich an
einer Flasche vergriffen hatte.« Seine Anverwandten veranstalteten es,
daß seine Krankheit durch dienliche Arzeneymittel gehoben ward. Da
er wieder ganz zu sich selbst gekommen war, hudelte er seine Freunde
also aus: »Beym Henker! ihr, meine Freunde, habt mich umgebracht;
habt mir nicht geholfen; mich meines Vergnügens beraubt; mich mit
Gewalt dem mich beglückenden Irrthum entzogen.« Er hatte recht; sie
schossen fehl, und waren der Nießwurze mehr als er benöthigt; sie,
die auf den unglücklichen Einfall gerathen, einen so glücklichen und
erfreulichen Wahnsinn, als ob er eine Krankheit gewesen wäre, durch
Ausführungsmittel abzutreiben.

Ich habe es noch nicht entschieden, ob man durch den Irrthum der Sinne,
oder den Irrthum des Verstandes, zum Wahnsinnigen werde. Wenn ein
Blödsichtiger ein Maulthier für einen Esel ansieht, oder jemand ein
armseliges Gereime als ein gelehrtes Gedicht bewundert, so muß man ihn
nicht sogleich für wahnsinnig halten. Wenn aber jemand sich nicht nur
durch die Sinne, sondern auch die Einbildungskraft, täuschen läßt, und
zwar auf eine ganz ungewöhnliche Weise und immer, so muß man ihn für
einen Nachbar des Wahnsinns erkennen; wie wenn er so oft er einen Esel
schreien hört, sich einbildet, er höre vortreffliche Sänger; oder wenn
er, ein blutarmer Schlucker, sich in den Kopf gesetzt hat, er sey der
lydische König Crösus. Wenn diese Art von Narrheit (und bald allemal
thut sie es) einen Hang zur Wollust hat, so zeugt sie kein geringes
Vergnügen; so wohl bey denen, die damit behaftet sind, als auch bey
denen, die ihn bemerken und doch davon nicht angesteckt sind. Und diese
Art von Wahnsinne erstreckt sich weiter, als man gemeiniglich dafür
hält. Auch lacht ein Wahnsinniger über den Andern, und jeder teilt dem
Andern etwas von seiner Wonne mit. Nicht selten lacht der grössere Narr
weit heftiger über den kleinen, als dieser über jenen.

Hören Sie, meine Herren, hierüber den Ausspruch der Narrheit: Auf wie
mehrere Arten des Wahnsinns der Mensch verfällt, um so viel glücklicher
ist er; wenn er dabey nur in dem von mir bezeichneten Gleise bleibt.
Doch hat man sich hierüber um so viel weniger zu beklagen, da dasselbe
so ausgedehnt ist, daß ich wirklich nicht weiß, ob sich unter allen
Sterblichen ein einziger finden lasse, der immer weise ist, und sich
von aller und jeder Art des Wahnsinns frey befindet.

Nur ist hiebey dieses zu bemerken: Wer einen Kürbiß sieht, und ihn für
ein Frauenzimmer hält, wird wahnsinnig genennt; und zwar darum, weil
nur wenige in diesen Zustand gerathen. Wenn aber jemand schwört, seine
Frau, die er mit vielen gemein hat, sey keuscher als Penelope, und sich
hierüber, in seinem glücklichen Irrthume, was rechtes zu gute thut, so
muß niemand ihn wahnsinnig nennen. Warum? weil man ja sieht, daß dieses
das gemeine Schicksal der guten Männer ist.

In die gleiche Classe gehören die, welche alles verachten, das nicht
Jagd ist; und behaupten, sie empfinden in sich eine unbeschreibliche
Wollust, so oft sie das heulende Gebrülle der Hörner und Hunde hören.
Haben sie nicht etwann auch ihre Geruchskräfte so verfeinert, daß
es ihnen deucht, der Hundsstall sey mit Zibeth durchduftet. Welches
süsse Vergnügen, wenn es um die Zerreissung des Wildes zu thun ist!
Bey Ochsen, Hämmeln, überläßt man diese Arbeit dem niedern Pöbel; hier
darf nur der Junker Hand anlegen; mit entblößtem Haupte, gebogenen
Knien, dem dazu gewiedmeten Waidemesser (sich hier eines gemeinen
bedienen, würde strafwürdiges Verbrechen seyn) mit gewissen Geberden,
trennt er gewisse Glieder, in einer gewissen Ordnung, religionsmäßig
ab. Die umherstehende Gesellschaft, tief stillschweigend, verwundert
sich inzwischen darüber, wie über etwas ganz neues, ob sie gleich
solchem Schauspiele mehr als tausendmal beywohnte. Wer das Glück hat,
etwas von dem Thiere zu kosten, der glaubt, daß er dadurch im Adel eine
Stuffe höher gestiegen sey. Und doch gewinnen sie durch das geflissene
Verfolgen des Wildes, und das Essen von demselben, anders nichts, als
daß sie, ein königliches Leben zu führen vermögend, bald selbst in
wilde Thiere ausarten.

Mit diesen haben jene viel ähnliches, die, durch unersättliche Bausucht
hingerissen, das Runde viereckig, und das Viereckige rund machen. Sie
wissen weder von Ziel noch Maaß, bis sie in die tiefe Armuth versunken,
weder ein Haus noch etwas zu beissen, und brechen haben. Und bleibt
ihnen denn gar nichts übrig? O ja; das Angedenken, daß sie einige
Jahre in grosser Wollust verträumt haben.

[Illustration]

Diesen kommen, meiner Einsicht nach, jene sehr nahe, die sich
unterfangen, durch neue und geheime Künste, die Natur der Dinge zu
ändern, und zu Wasser und Land ich weiß nicht was für einer fünften
Kraft nachjagen. Diese weiden sich so königlich mit der süssen
Hoffnung: daß sie weder Mühe noch Unkosten bereuen; mit wunderbarem
Scharfsinn ergrübeln sie sich immer etwas neues, um sich zu täuschen
und sanft einzuwiegen, bis sie von allem so entblöst sind, daß sie
ihren Tigel kalt und leer müssen stehen lassen. Doch setzen sie ihre
schmeichelnden Träume fort, und muntern Andere so viel möglich zu einer
gleichen Wonne auf. Wenn sie endlich von aller und jeder Hoffnung
verlassen sind, so schöpfen sie aus dem Sprüchgen »nach grossen Dingen
gestrebt zu haben, ist Ruhms genug« einen unvergleichlichen Trost. Und
dann schmählen sie erbaulich auf die Kürze des Lebens, die so grosse
Unternehmungen neidisch vereitle.

Noch steh ich im Zweifel, ob ich die Spieler für meine Zunftgenossen
erkennen solle. Doch ists närrisch und lächerlich genug, zu sehen, wie
Einigen, so oft sie die Würfel fallen hören, das Herz im Leibe hüpft
und bebt. Wenn sie, durch die Hoffnung auf Sieg stets genarret, an der
Spielklippe (kaum haben ehedem an dem lakonischen Vorgebürge Malea so
viele gestrandet) Schiffbruch gelitten haben, und kümmerlich mit der
Haut entronnen sind, so betrügen sie ehender sonst jedermann, als den
Sieger, um ja Bidermänner zu bleiben. Was ist von jenen halbblinden
Grauschädeln zu sagen, die zum Spielen ihre Augen mit Gläsern bewaffnen
müssen? Von denen, welchen das gerechtigkeitliebende Chiragra die
Finger gelähmt hat, die Andre bestellen, in ihrem Namen die Würfel
zu werfen? Ein feiner Gespaß wär es freilich, wenn nur dieses Spiel
sich nicht oft in Wuth verwandelte, und dann eine Sache für die Furien
würde, nicht für mich.

[Illustration]

Hier aber kommen Leute meines Gelichters: Wunderdinge, teuschende
Lügen, zu hören oder zu erzählen, macht ihre Freude aus. Unersättlich
sind sie bei solchen Fabeleyen, wenn man von Gespenstern,
Poltergeistern und tausenderley dergleichen Teufeleyen redet, die,
je weiter sie sich von der Wahrheit entfernen, desto gieriger geglaubt
werden, und desto nachdrücklicher die Ohren jücken machen. Und diese
herrlichen Dinge dienen nicht nur zum Zeitvertreibe, sondern sind auch
sehr einträglich: man frage gewisse Schwarzröcke.

[Illustration]

In einer nahen Verwandschaft mit diesen stehen jene, die sich eine zwar
närrische aber doch lustige Sparre in den Kopf gesetzt haben, nämlich,
wer auf einen hölzernen oder gemahlten polyphemusmäßigen Christoph die
Augen richte, werde selbiges Tages nicht ersäufen; oder, wer bey einer
geschnitzten Barbara mit vorgeschriebenen Worten seinen Gruß abstatte,
werde unbeschädigt aus der Schlacht kommen; oder, wer an gewissen
Tagen, mit gewissen Wachskerzen, und gewissen kleinen Sprüchen, den
Erasmus besuche, werde in kurzen reich werden. Sie haben ihren Georg,
wie die Heiden ihren Herkules und Hippolytus hatten; mit Spangen und
Bullen ist sein Pferd auf das andächtigste geziert; wenig fehlts,
daß sie es anbeten; von Zeit zu Zeit macht man sich bey dem Ritter
mit einem Geschenkchen beliebt: und, wenn man bey seiner ehernern
Bickelhaube schwört, dünkt man sich was Grosses zu seyn.

Was soll ich von jenen sagen, welche sich bey erdichteten
Ablaßversicherungen ihrer Verbrechen fein gütlich thun, und die
Zeiträume, Jahrhunderte, Jahre, Monate, Tage, Stunden des Fegfeuers,
nach der Sanduhr angeben, oder geometrisch und auf eine ganz
zuverläßige Weise abmessen? Oder von jenen, die sich auf ein magisches
Zedelein oder Gebetlein verlassen, das ein frommer Betrüger in einer
wunderlichen oder eigennützigen Laune ausgesonnen hat, und die sich
daraus ich weiß nicht was für Herrlichkeiten versprechen: Reichthümer,
Ehrenstellen, Wollüste, Niedlichkeiten, stete Gesundheit, langes Leben,
munteres Alter, und endlich in dem Himmel einen recht ausgezeichneten
Platz, den sie doch erst so spät als möglich zu beziehen gedenken; das
ist, wenn die Wollüste dieses Lebens, an die sie sich mit allen Kräften
halten, ihnen doch endlich entwischen: dann wollen sie sichs gefallen
lassen, an den Freuden der Himmelsbewohner Theil zu nehmen.

[Illustration]

Mich deucht, ich sehe, wie ein Krämer, Soldat, Richter hier vermittelst
eines kleinen aus seinem ganzen zusammengeraubten Vermögen genommenen
Stückchen Gelds den Schandpful seines ganzen Lebens ein für allemal
auszureinigen glaubt, so viele Meineide, Schandthaten, Trunkenheiten,
Gezänke, Mördereyen, Teuschereyen, Treulosigkeiten, Verräthereyen:
alles, denkt er, sey jetzt losgekauft, und so gut losgekauft, daß er
nun auf der Lasterbahn getrost fortgehen könne.

Giebt es wohl närrischere, daß ist glücklichere Leute, als die, welche
darum, weil sie täglich sieben Verse aus den Psalmen daher sagen, sich
die höchste Glückseligkeit als etwas unfehlbares versprechen? Man
glaubt, ein gewisser spaßhafter Dämon, der mehr prahlerisch als schlau
gewesen, habe dem ihn teuschenden Bernhard diese Verse gewiesen.

Und solche Dinge, die so närrisch sind, daß ich beynahe selbst mich
ihrer schäme, finden Beyfall, und zwar nicht nur bey dem Pöbel, sondern
auch bey Leuten, die so vieles von Religion schwatzen, daß man bey
ihnen einen ganz andern Witz vermuthen sollte.

Liesse sich hier nicht auch von dem reden, daß jede Gegend ihren
besondern Schutzheiligen hat; und daß jedem Heiligen sein eigenes
Geschäft, und seine eigene Verehrungsart, angewiesen ist: der eine
hülft bey Zahnschmerzen; der andere springt den Gebährenden bey;
ein dritter verschaft dies gestohlene wieder; ein vierter läßt den
Seefahrer eine beglückte Reise machen; ein fünfter bewacht die Heerde,
und so weiter, denn alles daher zu zählen, würde zu weit führen.

Es giebt Heilige, welche für sich allein vieles zu Stande bringen
können; besonders die jungfräuliche Gottesgebährerinn, deren der
gemeine Mann bald mehrers zuschreibt, als dem Sohne.

Was ist alles, das die Menschen sich von dergleichen Heiligen erbeten,
anders als Thorheit? Wohlan! unter so vielen Gedächtnißtafeln, mit
welchen man die Wände und Gewölber der Tempel gelübdsmäßig dick
behangen findet, hat man je eine gesehen, die aus Dankbarkeit von
jemanden dahin verehret worden, der durch ein Wunder der Narrheit
entflohen, oder auch nur um ein Haar weiser geworden ist? Einer
hat sich glücklich durch Schwimmen gerettet; ein Anderer ward durch
den hohlen Leib gestochen, und ist noch bey Leben; ein Anderer ist,
indem die übrigen fochten, glücklich und tapfer durch die Flucht
entronnen; ein Anderer kam an den Galgen, durch Kraft eines die
Diebe begünstigenden Heiligen zerriß der Strick, und nun fährt er im
Liebeswerke fort, diejenigen zu erleichtern, welche durch zu vieles
Geld beschwert sind; ein Anderer durchbrach die Mauer des Kerkers, und
ist in Freyheit; ein Anderer ist, zum grossen Verdrusse des Arztes,
das Fieber bald losgeworden; einem Andern ward ein vergifter Trank
gegeben; er verursachte aber den Tod nicht, sondern half glücklich
einer Verstopfung ab; nur machts seiner guten Ehefrau wenig Freude, und
sie ärgert sich über ihre vergebliche Mühe und Unkosten; ein Anderer
schmiß mit dem Wagen um, ritt aber mit den Pferden gesund nach Hause;
auf einen Andern fiel der Schutt einer einstürzenden Mauer, schlug ihn
aber nicht todt; ein Anderer, der mit einer Frau tändelte, ward von dem
Manne derselben überrascht, log sich aber durch einen listigen Einfall
los. Niemand bezeigt sich dafür dankbar, daß er von der Narrheit
befreit worden.

O meine Herren! wenig Verstand haben, ist etwas so angenehmes, daß
die Sterblichen sich ehender alles verbäten, als die Narrheit. Aber
warum sollt ich mich auf das Meer des Aberglaubens hinauswagen? Wenn
ich gleich hundert Zungen hätte, hundert Mäuler, eine eiserne Stimme,
so würd ich doch nicht alle Gestalten der Thorheit entwickeln, alle
Namen der Narrheit durchlaufen können. In dem Leben der Christen,
ist durchgehends alles von Wahnsinn vollgepfropft; und die Herren
im schwarzen Kleide begnügen sich nicht nur, es so gehen zu lassen,
sondern tragen auch noch das Ihrige wacker dazu bey; wohl wissend, daß
sich dabey allemal ihre Rechnung werde finden lassen.

Ein Weiser, der mir von Herzen mißfällt, wirft sich zum ungebetenen
Prediger auf, und spricht so, wie die Sache an sich selbst ist: »Du
wirst kein böses Ende nehmen, wenn du gut lebst; deine Sünden werden
dir vergeben werden, wenn du, der du die Sache mit einem stückchen
Gelds richtig machen willt, dein gethanes Böse verabscheust, weinest,
wachest, betest, fastest, und dein ganzes Thun und Lassen änderst; der
Heilige wird dir gewogen seyn, wenn du seinem Leben nacheiferst.« O
meine Herren! wenn dieser Weise Ihnen mit dergleichen Geplauder in den
Ohren liegt, bewaffnen sie sich wohl, wenn es Ihnen um Ihre Gemüthsruhe
zu thun ist.

In diese Zunft gehören auch die, welche bey guter Gesundheit pünktlich
verordnen, mit welchem Gepränge ihre Leiche solle bestattet werden;
sie bestimmen die Zahl der Fackeln, der Leidtragenden, der Sänger, der
Lohnheuler; gerad als sie selbst noch Augenzeugen dieses Schauspieles
seyn würden; oder als ob es ein Schandflecke für den Verstorbenen wäre,
wenn man seinen Leichnahm nicht prächtig einscharrte; sie sind damit so
beschäftigt, als ob sie, gleich den Aedilen im alten Rom, das Volk mit
Schauspielen und Mahlzeiten versehen müßten.

Ob ich gleich eile, so viel mir möglich ist, so kann ich doch jene
nicht übergehen, die zwar vor dem niedersten Schuflicker nichts voraus
haben, und sich doch auf den blossen Titel des Adels ich weiß nicht
was Wundergrosses einbilden. Der Eine will von dem Aeneas abstammen;
der Andere von dem Brutus: und ein Dritter von dem König Arthur. Sie
hängen prahlerisch allerorten geschnitzt und gemahlte Bilder ihrer
Ahnen auf; sie berufen sich auf derselben Namen und Beynamen, und sind
selbst stummen Bildsäulen ähnlich; noch weniger werth, als die Thiere,
die ihren Wappen zu Schildhaltern dienen. Doch führen sie, dank sey es
ihrer holden Selbstliebe, ein ganz glückliches Leben; und an ebenso
grossen Narren fehlts nicht, die diese Art von edlen Thieren für halbe
Götter ansehen.

[Illustration]

Warum red ich aber nur von einer oder der andern Art von Narren! die
Selbstliebe zaubert ja allerorten auf tausenderley wunderbare Weise
dergleichen recht glückliche Geschöpfe hervor. Etwann sieht man einen,
mit dem die Natur es noch wohl gemeinet hätte, wenn er von ihr blos mit
einem Affengesichte wäre begabet worden, und er deucht sich schöner zu
seyn, als Nireus es beym Homer ist. Ein Anderer, so bald er vermittelst
seines Zirkels zwo oder drey Linien ziehen kann, glaubt, daß er es
mit dem Euklides aufnehmen könnte. Hier ist einer, der sich zur
Musik so gut schickt, wie der Esel zur Harfe; doch glaubt er sich im
Stande zu seyn, mit einem Hermogenes in die Wette zu singen, ob man
gleich das Gekrähe des die Hänne betretenden Hahnes musikalischer
findet, als sein Gekrächze.

[Illustration]

Lustig ists, wenn man auf das Betragen einer andern Art von
Wahnsinnigen acht hat: aller der Gaben und Geschicklichkeiten, die
ihre Bedienten besitzen, rühmen sie sich, als ob es die ihrigen
wären. Hieher gehört jener glückliche Reiche beym Seneca: wenn er
ein Geschichtchen erzählen wollte, hatt er immer Knechte zur Seiten,
die ihm die Namen einflüsterten; er war von einer so schwächlichen
Leibesbeschaffenheit, daß es leicht gewesen wär, ihn zu Boden zu
hauchen; und doch beredet er sich, im Stande zu seyn, sich in den
Streit der Klopffechter zu mischen; denn er hatte ja zu Hause starke
Bengels, denen er Muß und Brod gab.

Es würde sich der Mühe nicht lohnen, wenn ich viele Worte über die
verlieren wollte, die von Künsten und Wissenschaften Profession
machen. Sie besitzen eine besondere Selbstliebe: ehender thun sie
verzicht auf ihr ganzes väterliches Erbgütchen, als auf ein Früchtchen
ihres Genies. Schauspieler, Musicanten, Redner, Poeten, lieben sich
selbst um so viel heftiger, um so viel ungelehrter sie sind. Was auch
noch so abgeschmackt ist, findet immer einen Gaumen, dem es behagt; es
giebt Leute, denen selbst das Häßliche sich anpreist: denn (wie oft
soll man es noch sagen) die meisten Menschen sind Narren. Also darf
man nur recht unwissend seyn, um sich selbst herrlich zu gefallen, und
von vielen bewundert zu werden. Einfältig müßte man seyn, wenn man
der sogenannten wahren Gelehrtheit nachwerben wollte: dieses würde
hoch zu stehen kommen: und was würde die Ausbeute seyn? schüchtern und
menschenscheu würde man werden, und bald aller Welt mißfallen.

[Illustration]

Wie die Natur einzelne Menschen behandelt, so behandelt sie auch ganze
Völkerschaften; jeder hat sie ihre besondere Eigenliebe eingeimpft. Die
Britten machen hauptsächlich Anspruch auf eine schöne Leibesgestalt,
die Musik, und eine niedlich besetzte Tafel. Die Schotten
schmeicheln sich mit Adel, königlicher Abkunft, und scharfsinniger
Disputierkunst. Die Franzosen behaupten, eine gute Lebensart müsse
man bey ihnen erlernen; besonders aber in Paris die Theologie. Die
Italiäner brüsten sich auf ihre Gelehrtheit und Beredsamkeit; und daher
schmeicheln sie sich, daß sie einzig nicht Barbaren seyn; insonderheit
maaßen sich die Römer dieser Glückseligkeit an; sie wiegen sich zum
süssen Traum ein, daß sie noch im alten Rom leben. Die Venetianer
triumphieren wegen ihrem Adel. Die Griechen prahlen, sie seyen die
Erfinder der Künste und Wissenschaften, und behängen sich mit den
Titeln ihrer alten berühmten Helden. Die Türken, samt allen dem übrigen
Barbarengeschmeisse, schreien, die ächte Religion lasse sich nur bey
ihnen finden; und sie lachen höhnisch über Christen, als Abergläubige.
Gütlich thun die Jüden sich noch heut zu Tage mit der Erwartung des
Messias, und sind dabey so standhaft, als sie es in Bewahrung der
Schriften ihres Moses sind. Die Spanier wollen die berühmtesten
Kriegsleute seyn. Die Germanier spiegeln ihre großen Körper und ihre
Bekanntschaft mit magischen Künsten.

Wir wollen nicht weiter gehen. Es liegt am Tage, wie viele Wollust
die Eigenliebe allen und jeden Sterblichen verschaffe. Sie hat eine
Gesellschafterinn, die Schmeicheley. Wirklich, wenn man sich der
Eigenliebe ergiebt, was thut man anders, als daß man sich selbst
schmeichelt; daß man sich selbst eben die Gefälligkeit erweist, mit
welcher man sich zuweilen in die Gunst Anderer setzt. Heut zu Tag ist
freylich die Schmeicheley in einen bösen Ruf gekommen; aber bey wem?
bey Leuten, die mehr auf die Wörter sehen, als auf die Dinge selbst.
Sie stehen in dem Wahne, Ehrlichkeit könne mit Schmeicheley nicht
wohl bestehen. Damit sie lernen mögen, wie gröblich sie sich irren,
sollte man sie bey vernunftlosen Thieren zu Schule schicken: Was ist
schmeichelhafter als der Hund? und was ist zugleich getreuer als er?
was ists, das sich mit Possirlichkeiten gefälliger machen kann, als
das Eichhörnchen? und doch ists ein Freund des Menschen. Sind etwann
Löwen, Tiger, Panterthiere, große Menschenfreunde, weil sie sich
nicht einschmeicheln?

[Illustration]

O ja, es giebt eine sehr schädliche Schmeicheley, durch welche zuweilen
ein Treuloser, oder ein Spötter, einen Einfältigen ins Verderben zu
locken trachtet. Die meinige hingegen entspringt aus einer gewissen
Gutmüthigkeit und Aufrichtigkeit; sie kömmt der Tugend weit näher, als
ein gewisses rauhes, mürrisches, unschickliches, und schwerfälliges
Wesen; sie flößt den Niedergeschlagenen einen Muth ein, tröstet
die Traurenden, muntert die Trägen auf, macht die Tummen munter,
erleichtert die Kranken, besänftigt die Wütenden, stellt die Liebe
wieder her, macht die Persönlichkeit dauerhaft, locket die Jugend zum
lernen an, belustigt die Alten, ermahnt und unterrichtet die Fürsten
auf eine glimpfliche Weise, indem sie dieselben blos zu loben scheint;
kurz, sie bringts zu Stande, daß jeder sich seiner mehr freut, und sich
selbst mehr liebt; und dieses macht bey der Glückseligkeit gewiß die
Hauptsache aus.

Was kann dienstfertiger seyn, als wenn zween Esel wechselweise einander
kratzen? Ich habe nicht nöthig, erst zu sagen, daß ein solches
Betragen einen grossen Theil der gelobten Beredsamkeit ausmacht, einen
grössern der Arzeneykunst, und den grösten der Dichtkunst; daß in
derselben auch alles bestehe, was das gesellschaftliche Leben aufs
lieblichste durchwürzen kann. Aber betrogen werden (sagen die Weisen)
ist ja ein grosses Elend. Nicht betrogen werden (sag ich) ist das
allergröste. Man kann nicht ärger ausschweifen, als wenn man sich
in Kopf setzt, die Glückseligkeit des Menschen besteh in den Dingen
selbst. Vom Wahne hängt sie ab; denn in dem menschlichen Wesen ist
alles so dunkel, einander so entgegengesetzt, daß nichts sich deutlich
wissen läßt; wie meine Akademiker es sehr richtig bemerkt haben; und
hierinn erwiesen sie sich gewiß nicht als stolze Philosophen. Wenn
sich auch je etwas wissen läßt, so benimmt es nicht selten dem Leben
seine Freude. Der Mensch ist einmal so: Schminke ist ihm reizender als
Wahrheit.

Wenn sich jemand hievon durch eine deutliche und handgreifliche
Erfahrung überzeugen will, so stell er sich nur unter einen
Predigtstuhl, und sehe, wie alles (sobald darauf etwas Ernsthaftes
verhandelt wird) schläft, gähnt, hustet, sich schneizt, vor Eckel
erblaßt; wenn hingegen der Kanzelschreier (ich irre mich, Redner wollte
ich sagen) nach Gewohnheit ein altes Weibermärlein anfängt, erwacht
alles, richtet sich auf, spitzt gierig die Ohren. Und wenn die Rede
auf einen Heiligen kömmt, von dem mehr dichterisches und heldenmäßiges
zu erwarten steht, zum Exempel, einen Georg, einen Christoph, eine
Barbara, o dann ist man mit einer grössern Andacht bereit, als wenn man
nur mit einem Petrus und Paulus, oder auch Christus, unterhalten wird!
Aber hier ist davon die Rede nicht.

Vermittelst des Wahnes läßt sichs, ohne so grossen Aufwand zur
Glückseligkeit kommen. Was die Dinge selbst betrift, so hat man oft
grosse Mühe, sich auch nur die geringsten derselben anzuschaffen: man
denke nur, was für Schweiß schon die Grammatik ausgetrieben hat. Zum
Wahne, die zur Glückseligkeit noch weit mehr beyträgt, gelangt man
sehr leicht. Dort ist einer, dem seine faulen Fische, von welchen
ein Anderer die Nase zuhält, recht königlich schmecken; gewiß ist
er dabey glücklich; und dieses wäre da nicht, wenn man ihm den
köstlich-bereiteten und frischen Störfisch, vor dem ihm aber eckelt,
aufgetischt hätte. Jemand hat eine von Herzen häßliche Frau, findet sie
aber schön wie Venus; ists ihm nicht einerley, ob sie ist, wie sie ist,
oder ein Muster der Schönheit wäre. Jener hat eine Tafel, darauf ein
elendes Geschmire ist, hält sie aber für die Arbeit eines Apelles oder
Zeuxis, und kann sie nicht genug bewundern; ist er nicht glücklicher,
als ein Anderer, der wirklich ein Stück von der Hand dieser Künstler
mit schwerem Geld erkauft hat, aber dabey kein so grosses Vergnügen in
sich fühlt.

Ich kenne einen Menschen, der die Ehre hat, mein Namensverwandter zu
seyn; er verehrte seiner Braut etliche falsche Demante, und beredete
sie (das Bereden verstand er meisterhaft) sie seyen nicht nur ächt,
sondern auch von einem unschätzbaren Werthe. Man sage mir einmal, was
gieng dem Mädchen ab? sie weidete an den Gläschen Augen und Herz, als
ob sie einen grossen Schatz in ihrem Besitze hätte. Inzwischen hatte
der Mann sich einen grossen Aufwand erspahrt, und machte sich des
Irrthums seines Weibchens zu Nutze; sie war ihm um kein Haar weniger
verbunden, als ob er ihr das allerkostbarste geschenkt hätte.

Plato dichtet: in einer Höhle sitzen Leute, welche nur die
Schattenbilder verschiedener Dinge sehen, und bewundern; sie verlangen
weiter nichts, und sind treflich mit ihrem Zustande zufrieden. Nun,
was hat der Weise, der sich aus der Höhle heraus schleicht, und
das Wesentliche jener Bilder angafft, vor jenen voraus? Wenn der
Schuflicker Mycillus, von dem uns Lucian eine Erzehlung macht, und der
sich im Traume ein reicher Mann zu seyn einbildete, stets so geträumt
hätte, so wird er keine Ursache gehabt haben, sich ein anderes Glück
zu wünschen. Zwischen Narren und Weisen ist also höhstens dieses der
Unterschied, daß jene die glücklichern sind; denn, ihre Glückseligkeit
kömmt sie höher nicht zu stehen, als daß sie dieselbe mit einem kleinen
Gedanken erkaufen; und anbey leben sie in einer grossen Gesellschaft;
ein herrlicher Vortheil! denn nichts ist so gut, daß es Vergnügen
macht, wenn man es einzig für sich haben muß. Der Weisen giebt es sehr
wenig; und noch nicht ausgemacht ists, ob sich wirklich einer finden
lasse. Griechenland zählt, inner vielen Jahrhunderten, ihrer sieben;
aber, beym Herkules sey es geschworen! wenn man die Sache genauer
erforschen will, so will ich des Todes seyn, wenn man nur die Hälfte,
nur den Drittel eines Weisen findet.

Unter den vielen Dingen, durch die Bachus sich sein Lob verdient, ist
hauptsächlich dieses, daß er aus dem Gemüthe die Sorgen wegschwemme;
es dauert aber nur eine kleine Weile; denn kaum ich das Räuschlein
ausgeschlafen, so stellt sich der Gram über Hals und Kopf wieder
ein. Mit der Wohlthat, durch die ich segne, hat es eine ganz andere
Beschaffenheit: durch eine gewisse stete Berauschung, die man sich ohne
Entgeld anschaft, setz ich das Gemüth in immerwährende Wonne.

Man wird mir keinen der Sterblichen aufweisen können, der nicht
dieses oder jenes meiner Freygebigkeit zu verdanken hätte; da andere
Gottheiten ihre Gaben nur diesen oder jenen auf eine parteyische Weise
zutheilen. Bachus läßt nicht allerorten den edlen und angenehmen Wein
wachsen, der die Sorgen verjagt, und dabey man sich in süsser Hoffnung
zum reichen Manne trinkt. Nur selten macht Venus schön, und Merkur
noch seltener zum beredten Manne. Herkules ist sehr sparsam, wenn es
aufs Reichmachen ankömmt. Der homerische Jupiter setzt nicht jedermann
auf den Thron. Oft gewährt Mars keinem der streitenden Heere den Sieg.
Schon ein mancher ist mit einem langen Gesichte von dem Dreyfusse des
Apollo weggeschlichen. Der saturnische Jupiter donnert oft. Phöbus
schießt zuweilen pestilenzialische Pfeile. Neptun verschlingt mehr
Menschen, als er rettet. Wenn ich hier von einem Afterjupiter, einem
Pluto, einer schadenfrohen Ate, und andern dergleichen Rache- und
Krankheitsstiftern, reden wollte, so würde man nicht Götter an ihnen
erkennen, sondern Henker.

Ich einzig, die Narrheit, bin eine so gute Närrinn, daß ich
bereitwillig mit meinen Wohlthaten jedermann zu Diensten stehe. Man
hat nicht nöthig, mich durch Gelübde zu bestechen; ich erzörne mich
nicht; begehre kein Aussöhnungsopfer, wenn man sich bey meiner
Verehrung in dieser oder jener Ceremonie verfehlt hat; bringe nicht
Himmel und Erden in Verwirrung, wenn man die übrigen Götter zu Gaste
bittet, mich aber zu Hause sitzen läßt, wo mir kein Opferdunst mit
seinen Wolgerüchen in die Nase steigen kann. Um die übrigen Götter
ist es etwas so mürrisches, daß es bald besser und sicherer ist, man
lasse sie in Ruhe das seyn, was sie sind, als daß man trachte, sich
bey ihnen einzuschmeicheln. Es steht um sie beynahe, wie um Leute, die
so wunderlich und über jede Kleinigkeit so empfindlich sind, daß es
behaglicher ist, keinen Umgang mit ihnen zu haben, als sich mit ihnen
bekannt zu machen.

[Illustration]

Aber niemand (heißt es) opfert der Narrheit, oder errichtet ihr einen
Tempel. O ja (ich habe hierüber bereits mein Herz ausgeschüttet) über
eine solche Undankbarkeit verwundere ich mich ein wenig; doch deut
ich es, nach der mir angebohrnen Gutmüthigkeit aufs beste aus; und im
Grunde: warum sollt ich nach solchen Ehrerweisungen lüstern seyn? was
soll mir ein Körnchen Weihrauchs, etwas Gebackenes, ein Bock, ein
Schwein? Alle Sterblichen dienen mir ja allerorten auf eine Weise, von
welcher selbst die Theologen sagen, daß sie weit die vorzüglichste sey.
Nein, nein, ich beneide die Diana nicht, daß man ihr Menschenblut zum
Versöhnopfer darbringt; ich glaube, daß ich aufs andächtigste verehrt
werde; wenn man mich (und allerorten, und von jedermann, geschieht es
ja) ins Herz aufnimmt, und sich in allem Thun und Lassen nach meiner
Anweisung einrichtet.

Auch bey den Christen findet sichs ziemlich selten, daß sie auf eine
solche Weise ihre Heiligen verehren. Wie groß ist nicht die Menge
derer, welche der jungfräulichen Gottgebährerinn eine Wachskerze
anzünden, und das am hellen Mittage, da sie ganz unnütz ist! Hingegen,
wie wenige derer, die ihr durch ein keusches und sittsames Leben, und
durch Liebe zu himmlischen Dingen, nachzueifern trachten! Und doch
wäre dieses der ächteste sich auch den Himmelsbewohnern anpreisende
Gottesdienst.

Ferner, warum sollte mir nach einem Tempel verlangen, da mir (wenn ich
mich nicht irre) die ganze Welt zum schönsten dient? So lange noch
Menschen sind, wirds mir an Verehrern nicht fehlen. Eine solche Närrinn
bin ich nicht, daß ich nach steinernen und mit Farben überschmierten
Bildern lüstern seyn sollte; solche Dinge sind blos Abhaltungen von
einer ächten Verehrung, indem Leute, die nichts als Fleisch und Blut
sind, die Zeichen für die Heiligen selbst nehmen und anbeten; und dann
geht es uns wie denen, die durch ihre eigenen Statthalter vertrieben
werden. Ich halte dafür, mir seyen eben so viele Bildsäulen errichtet,
als es Sterbliche giebt, die, wenn sie es auch selbst nicht meynen,
lebhafte Bilder von mir sind. Ich beneide die übrigen Götter nicht,
wenn die Einen in diesem, und die Andern in jenem Winkel der Welt,
und zwar an gesetzten Tagen angebetet werden: zum Exempel Phöbus in
Rhodus, Venus in Cypern, Juno in Argos, Minerva in Athen, Jupiter auf
dem Olymp, Neptun zu Tarent, Priapus in Lampsokus; die ganze Welt wird
stets fortfahren, mir weit treflichere Opfer darzubringen.

[Illustration]

Es könnte das Ansehen haben, ich sey verwägen genug, die Wahrheit
vorbey zu gehen. Lasset uns aber das Leben der Menschen etwas näher
betrachten, um an den Tag zu bringen, wie vieles die Menschen, vom
höchsten Range bis zum niedersten, mir zu verdanken haben, und wie hoch
sie mich auch wirklich schätzen. Wir wollen nicht das ganze Leben eines
jeden durchgehen, welches viel zu weit führen würde, sondern nur das
Leben der vornehmsten berühren, wo es dann leicht seyn wird, den Schluß
auch auf die übrigen zu machen.

Was den gemeinen Pöbel betrift, so steht er augenscheinlich auf
meinen Seiten: er zeigt sich allerorten in so vielerley Gestalten
der Narrheit, täglich sinnt er diesorts so viele neue Moden aus,
daß tausend Demokritusse nicht zureichend wären, sie gebührend zu
belachen; und noch ein Demokritus wäre nöthig, um über diese tausend
zu lachen. Man würde keinen Glauben finden, wenn man es sagen sollte,
wie lustig sich täglich die Götter über die Menschengeschöpfe machen.
Die Götter bringen ihre nüchteren vormittägigen Stunden damit zu, daß
sie zanksüchtigen Menschen, die sich bey ihnen Raths erholen, Verhör
ertheilen, und auf die Gelübde horchen, die man an sie richtet; wenn
einmal der Nektar ihnen in den Kopf gestiegen ist, und sie zu nichts
Ernsthaftem mehr aufgelegt sind, so setzen sie sich auf das äusserste
Vorgebürg des Himmels, und begaffen mit ausgestrecktem Halse das Thun
und Lassen der Menschen. Von einem angenehmern Schauspiele wissen sie
nichts. O welch eine Schaubühne, auf welcher sich so vielerley Narren
drängen! Auch ich setze mich zuweilen in den Kreis der poetischen
Götter.

[Illustration]

Dieser ist sterblich in ein Mädchen verliebt; und wie weniger er
geliebt wird, desto rasender liebt er. Jener vermählt sich mit der
Morgengabe, nicht mit der Tochter. Dieser führt gefällig seine
Gemahlinn einem Andern selbst zu. Jener bewacht sie aus Eifersucht wie
ein zweyter Argus. O welche thörichte Dinge sagt und thut nicht dieser
in seiner Trauer! Leute, die besser nicht sind als Possenreisser,
bezahlt er, um das Trauerspiel stattlich auszuführen. Jener weint beym
Grabe seiner Stiefmutter. Dieser jagt alles, was er immer aufbringen
kann, durch die Gurgel, um ja bald verhungern zu müssen. Jenem behagt
nichts besser, als schlafen, und nichts thun. Es giebt Leute, die in
Betreibung der Geschäfte Andere schwitzen und keichen, indem sie
die ihrigen vernachlässigen. Es giebt Andere, die Geld aufnehmen, um
ihre Schulden abtragen zu können; beym fremden Gelde dünken sie sich so
lange reich zu seyn, bis sie ihren ganzen übrigen Bettel den Gläubigern
überlassen müssen. Es fehlt an solchen nicht, die alles vollauf haben,
und arm leben, um ihren Erben Reichthümer zu hinterlassen. Um eines
kleinen und ungewissen Gewinnes willen durchfährt Einer alle Meere,
sein mit keinem Gelde zu ersetzendes Leben den Wellen und Winden
anvertrauend. Ein Anderer will lieber sein Glück im Kriege suchen,
als zu Hause sicher, ruhig, und gemächlich leben. Man glaubt, der
leichteste Weg, reich zu werden, sey, sich bey kinderlosen Alten
einzuschmeicheln; oder bey einem steinreichen Mütterchen, Hahn im Korbe
zu seyn. Beide machen, daß die auf sie achthabenden Götter von Herzen
lachen, wenn sie in eben den Stricken, die sie Andern legen, selbst
gefangen werden.

Es giebt eine recht närrische und schändliche Art von Kaufleuten, die
sich mit schändlichen Dingen, und auf eine schändliche Weise abgeben:
lügen, schwören, stehlen, betrügen, übersetzen, sind bey ihnen etwas
gewöhnliches; und doch strauben sie sich so, als ob ihnen durchgehends
der Vorrang gebühre, weil sich ihre Geldküsten wohl bespickt befinden.
Auch im geistlichen Stande fehlt es ihnen an Schmeichlern nicht, von
denen sie bewundert und als hochachtungswürdige Leute gepriesen werden,
nur damit sie ihnen etwas weniges von dem mit Unrecht erworbenen
Vermögen zufliessen lassen.

Einigen von der Sorte des Pythagoras scheint alles so sehr theil
und gemein zu seyn, daß sie alles, was von Andern nicht auf das
sorgfältigste verwahrt wird, als ob es ihr rechtmäßiges Erbgut wäre, an
sich ziehen. Es giebt deren, die nur in ihren Wünschen und Hoffnungen
reich sind; sie lassen sich recht angenehme Dinge träumen, und stehen
in dem Wahne, zur Glückseligkeit werde weiter nichts erfordert. Einige
haben das Vergnügen, daß man sie für reiche Leute hält; und zu Hause
können sie sich kümmerlich des Hungers erwehren. Dieser läßt es an
nichts fehlen, das Seinige recht geschwind durchzubringen; jener
vermehrt es mit Recht und Unrecht. Der Eine durchläuft alle Strassen,
um sich Stimmen zu einem Amte zu erbettlen; der Andere lebt zufrieden,
indem er in seinem Ofenwinkel verrostet. Viele verwickelen sich in
Rechtshändel, die kein Ende nehmen, und bemühen sich beyderseits wie um
die Wette, einen zögernden Richter und schelmischen Fürsprecher, reich
zu machen. Dieser sinnt immer auf Neuerungen; jener geht stets mit
grossen Entwürfen schwanger. Dort ist einer, der nach Jerusalem, Rom,
Compostell, wo er keine Geschäfte hat, als Pilger zieht, und inzwischen
Weib und Kinder zu Hause darben läßt.

[Illustration]

Wenn Sie, meine Herren, (gleich dem Menippus beym Lucian) das
unzählbare Gewirre der Sterblichen vom Monde herab sehen könnten, so
würd es Sie dünken, Sie sehen Heere von Mücken oder Schnaken, die
sich unter einander erzanken, bekriegen, belauren, berauben, spielen,
Muthwillen treiben, gebohren werden, fallen, sterben. Es ist nicht zu
ersagen noch zu erglauben, wie viel verwirrtes Gezeug und Unheil ein
so kleines und hinfälliges Thierchen stifte. Etwann reißt ein kleiner
Kriegs- oder Pestssturm auf einmal bey vielen tausenden hin. Ich würde
aber eine Erznärrinn seyn und würdig, daß Demokritus sein ganzes Lachen
über mich ausschütte, wenn ich fortfahren würde, allen Pöbelswahnsinn
in seinen so vielen Gestalten daher zu zählen. Ich werde mich an die
halten, von denen man glaubt, daß sie alle Weisheit verschlungen haben:

An der Spitze treten die Grammatiker auf, ein pedantisches Völkchen;
elender könnt es um sie nicht stehen, und die Götter selbst würden
sie anfeinden, wenn nicht ich ihren Jammer mit einer angenehmen Art
von Wahnsinne gemildert hätte. Griechen haben ein Sprüchwort von fünf
Plagen, hier aber findet man bey tausenden: Hunger und Durst martert
sie; beschmutzt, bestaubt, sitzen sie in ihren Schulen, Jammerlöchern,
rechten Zuchthäusern; bey den Folterbänken, unter einer Heerde von
Buben, werden sie bey der Arbeit eselsgrau, durch Geschrey betäubt,
durch Hitze und Gestank ausgedörrt; und doch (Dank haben sie mir)
dünken sie sich die Ersten unter den Menschen zu seyn. Sie geniessen
einer rechten Herzenslust, wenn sie mit ihrem Tyrannengesichte,
ihrer Donnerstimme, dem bebenden Häuflein einen Schrecken einjagen
können; mit Stöcken und Ruthen dreschen sie auf die armen Jungen zu;
und indem sie nach Willkühr auf vielerley Weise wüten, geht es ihnen
wie dem Esel in der Löwenhaut.

[Illustration]

Ihr schmutziger Unrath deucht sie Reinlichkeit zu seyn; ihre Nase
haben sie zum Wohlgeruche des Gestanks gewöhnt; in ihrer jämmerlichen
Sclaverey dünken sie sich Könige zu seyn; und ihre Tyrannenmonarchie
würden sie nicht mit der Herrschaft eines Phalaris oder Dionisius
vertauschen. Noch beglückter macht sie ihre seltsame Ueberzeugung, daß
sie grundgelehrte Männer seyen. Alldieweil sie den Schuljungen lauter
Wahnsinn einbläuen, denken sie Wunder, wie weit sie sich über einem
Palämon, einen Donat, hinaufgeschwungen haben. Und ich weiß nicht
durch welche Zauberkünste sie es zu Stande gebracht haben, daß sie
närrischen Müttern und tummen Vätern gerade so verkommen, wie sie sich
selbst zu seyn glauben. Wollust ists für einen solchen, wenn er in
einem halbvermoderten Buche etliche veraltete Wörter erstänkert, oder
ein Stück von einem mit verstümmelten Buchstaben bezeichneten Stein
hervorgegraben hat; o Jupiter! wie hüpft er nicht vor Freude! welcher
Triumph! welches Lobgewäsch! als ob er Afrika besiegt, oder Babilon
erobert hätte. Wenn sie ihre frostigen und abgeschmackten Verslein
allerorten spiegeln und Bewunderer finden, so zweifeln sie nicht,
Virgils Seele sey mit Haut und Haar in ihren Leib gefahren. Lustiger
ist nichts, als wenn sie sich unter einander loben, bewundern, krazen.
Wenn der Eine sich an einem Wörtchen verstossen und ein Scharfsichtiger
es von ungefehr entdeckt hat; o Herkules! welch eine Trauerscene öffnet
sich! welches Gekeife, welche Spottnamen, welche Beschimpfungen!

Alle Grammatiker sollen mir über den Nacken kommen; wenn ich nicht die
runde Wahrheit erzehle: Ich kenne einen Tausendkünstler, Griechen,
Lateiner, Mathematiker, Philosophen, Arzt, und das alles im höchsten
Grad; er ist schon sechzig Jahr alt; seit mehr als zwanzig Jahren
ereselt und ermartet er sich, alle übrigen Geschäfte hindansetztend,
mit der Grammatik; er würde sich für ein rechtes Glückskind halten,
wenn es ihm so lange zu leben verstattet würde, bis er es bey sich
festgesetzt hätte, wie man die acht Theile der Rede von einander
unterscheiden müsse; eine Sache, über die sich bisher kein Grieche
und kein Römer zuversichtlich erkläret habe. Er scheut sich nicht,
den grausamsten Krieg anzufangen, wenn jemand das Beywort an die
Stelle setzt, wo sich das Fügwort befinden sollte. Da es so viele
Gramatiken als Grammatiker giebt, ja noch mehr (denn mein Freund Aldus
schrieb ihrer fünf) so läßt unser Held doch keine vorbey, wenn sie
auch noch so barbarisch und kopfbrechend geschrieben ist, ohne sie
aufs genauste zu durchwühlen; neidisch auf einen jeden, der sich auch
auf die widersinnigste Weise an eine solche Arbeit gewaget hat, in
der herzabnagenden Furcht, es möchte jemand ihm dieses Ehrenkränzlein
ablaufen und ihm die Arbeit so vieler Jahre schänden. Bey Ihnen, meine
Herren, steht es, dieses Wahnsinn zu nennen oder aber Narrheit: mir
liegt wenig daran, wenn man mir nur eingesteht, meiner Güte und Gnade
sey es zuzuschreiben, daß dieser, der sonst das elendeste unter allen
Viehe seyn würde, sich auf eine solche Stuffe der Glückseligkeit
schwinge, daß er sein Loos auch mit keinem persischen Könige
vertauschen würde.

So sehr sind die Dichter mir nicht verpflichtet, ob sie gleich
unstreitig von meiner Zunft sind; sie, denen, wie den Mahlern alles
erlaubt ist; deren Bemühung keinen andern Zweck hat, als die Ohren
der Narren durch possenhafte Schwänke und lächerliche Fabeln, zu
kitzlen. Und dennoch ist es zum Erstaunen, was für grosse Dinge sie
auf diesen Wind bauen: weniger nicht, als daß sie sich und Andern die
Unsterblichkeit und ein wonnevolles Götterleben herzhaft versprechen.
Mit der Eigenliebe und der Schmeicheley leben sie vorzüglich vertraut;
unter allen Sterblichen ist niemand, der mich mit mehrerer Einfalt und
Standhaftigkeit verehrt.

Die Redner treten freilich ein wenig aus dem Gleise, und spielen mit
den Philosophen unter dem Hütchen; doch sind sie auch von meiner
Parthey. Wo der Beweis sey? Ich könnte vieles anführen, man merke aber
nur dieses: unter andern Possen haben sie vieles und unanständlich
von der Kunst zu scherzen geschrieben. Der, (er mag seyn wer er will)
welcher die Redekunst geschrieben und dem Herennius zugeeignet hat,
zählt die Narrheit selbst unter die verschiedenen Arten des Scherzes.
Quintilian, den die Redner für ihren Vortänzer erkennen, schrieb vom
Lachen ein ellenlanges Capitel. Diese Schriftsteller schreiben der
Narrheit eine so grosse Kraft zu, daß sie oft das, was sich durch
keine Vernunftgründe wegräumen liesse, durch ein Lachen in die Flucht
treiben. Man wird es mir doch nicht streitig machen wollen, durch
kunstreiche Schwänke ein Gelächter erwecken, gehöre zu den Gaben der
Narrheit.

Dieses Gelichters sind auch die, welche sich durch Bücherschreiben
einen unsterblichen Ruhm erhaschen wollen. Sie sind mir alle sehr stark
in der Dinte; hauptsächlich die, welche das Papier mit nichts als
Lappereyen überschmieren. Was die betrift, welche nach dem Urtheile
einiger weniger Gelehrten gelehrt schreiben, so scheinen sie mir nicht
so fast glücklich zu seyn, als aber erbarmungswürdig, wenn sie es
gleich auf den Entscheid eines Persius oder Cälius wollen ankommen
lassen; denn sie marteren sich selbst beständig; sie flicken hierzu,
ändern, streichen weg, setzen wieder hin, wiederholen, wärmen auf,
erholen sich Raths, haltens neun oder zehen Jahre zurück, sind nie mit
sich selbst zufrieden; eine nichtswerthe Belohnung, das Lob einiger
wenigen, erkaufen sie theuer, viele Nächte hindurch sich des Schlafes
beraubend, des angenehmsten Dinges von der Welt; bey vielem Schweiß
und Grame, ist ihr Verlust groß; ihre Gesundheit wird vergeudet; die
Schönheit geht zu Grunde; sie werden triefäugig, wo nicht gar blind;
ziehen sich Armuth und Neid zu, finden nirgends einen Eingang zum
Vergnügen, altern und sterben vor der Zeit, und so weiter. Ein solcher
Weiser meynt, alles dieses Uebel werde ihm reichlich dadurch ersetzt,
daß hier oder da ein Blinzer ihn seines Beyfalls gewährt.

Weit glücklicher ist ein Schriftsteller, der sich bey seinen
Träumereyen an mich hält; er darf sich den schalen Kopf nicht
zerbrechen; wie es ihm einfällt, in die Feder schießt, träumt, setzt er
es sogleich auf; es geht dabey nichts verlohren, als ein wenig Papier;
er ist des Erfolgs versichert: je possenhaftere Possen er schreibt, von
desto mehrern, das ist allen Narren und Tummköpfen, erhält es Beyfall.
Es kostet ja keine Mühe, drei oder vier Gelehrten (gesetzt daß sie es
lesen) zu verachten. Der Ausspruch so wenig Weiser gilt, bey einem so
unzählbaren Haufen der Widersprecher, so viel als nichts.

Auch die verstehen die Sache besser, die eine fremde Arbeit für die
ihrige ausgeben; den Ruhm, um den Andern mit grosser Mühe gearbeitet
haben, ziehen sie leicht an sich; ja, eines gelehrten Diebstahls wird
man sie anklagen; das aber, darauf sie sich verlassen, ist dieses: sie
werden sich wenigstens bis dahin die Sache zu Nutze machen. Es ist
der Mühe werth, Acht darauf zu haben, wie vieles diese sich darauf
zu Gute thun, wenn man sie auf den Strassen lobt, im Gedränge mit
Fingern auf sie weist, und spricht: sehet, dort geht der grundgelehrte
Mann! Auf den Läden der Buchhändler stehen ihre Werke feil; auf den
Titelblättern liest man ihre auf verschiedene Weise verkünstelten
Namen, die ein ganz fremdes und magisches Ansehen haben. Und diese
Namen, o Himmel, was sind sie anders, als Namen? Anbey sind sie in
dieser grossen weiten Welt nur sehr wenigen bekannt; und noch von weit
wenigern werden sie gelobt: denn auch bey den Ungelehrten hat jeder
seinen eigenen Geschmack. Nicht selten sind diese Namen erdichtet, oder
aus den Schriften der Alten an Kindesstatt angenommen. Der eine nennt
sich Telemachus, ein anderer Stelenus, ein dritter Laentes, ein vierter
Polykratus, ein fünfter Thrasymachus, und so weiter. Mit eben so gutem
Fuge könnten sie ihr Buch Cameleon betitlen, oder Krautskopf, oder A
oder B oder C, und so weiter.

Das Artigste ist, wenn sie sich unter einander, die Narren und
Dummköpfe, in ihren Briefen und Versen panegyrisieren. Dieser nennt
jenen seinen Alcäus, und bekömmt zur Dankbarkeit den Titel Callimachus.
Sie, mein Herr, spricht Einer, sind beredter als Cicero; und Sie,
erwiedert der Andere, sind gelehrter als Plato. Etwann fordert man
einen Gegner zum Kampf heraus, um sich durch einen Klopffechterstreich
einen noch grössern Ruhm zu erwerben: dann wankt der gaffende Pöbel,
unentschlüssig, welcher Seiten er Beyfall zujauchzen wolle; bis daß es
heißt, jeder der beiden Streiter habe den Sieg erfochten, und beiden
wird die Ehre des Triumphes zuerkannt. Hier lachen die Weisen als über
eine Erznarrheit. So mag es seyn; niemand leugnet es: inzwischen aber
verdanken es die Streiter mir, daß sie ein vergnügtes Leben haben,
und ihre Triumphe mit keinem der Scipionen vertauschen wollen. Auch
die Gelehrten, die hierüber recht von Herzen lachen und sich an dem
Wahnsinne Anderer belustigen, sind mir vieles schuldig und werden es
nicht leugnen, wenn sie ja nicht die Undankbarkeit bis ins Unverschämte
treiben wollen.

Die Rechtsgelehrten wollen allen Andern den Rang ablaufen. Das ist ein
Völkchen, das vor allem austreflich mit sich selbst zufrieden ist. Wenn
man sich einen Begriff von ihrer Arbeit machen will, so mache man sich
mit den Bemühungen des Sistyphus, und dem Erfolge derselben bekannt. In
einem Athemzuge stoppeln sie viele hundert Gesetze zusammen. Gehören
sie auch zur Sache? Davon ist die Frage nicht. Wenn nur Kunstwörter
auf Kunstwörter, Meynungen auf Meynungen, gehäuft stehen; und die Leute
wunder denken, welch eine riesenmässige Arbeit diese Herren zu Stande
gebracht haben: denn das, dabey man wie ein Pferd arbeiten muß, das muß
ja nothwendig etwas vortrefliches seyn!

Bemerken wir jetzt die Logiker und Sophisten, Leute, die geschwätziger
sind, als die Dodonäischen Kessel. Man wähle unter den plauderhaftesten
Weibern zwanzig aus; jeder unsrer Helden wird es mit ihnen allen
aufnehmen. Doch würden sie noch glücklicher seyn, wenn sie weiter
nichts als eine geläufige Zunge hätten; leider haben sie zu viel Galle,
und sie erkämpfen sich um den Schatten mit einer solchen Heftigkeit,
daß mehrentheils über dem Gekeife die Wahrheit verlohren geht. Doch
macht die Eigenliebe auch sie glücklich; mit ein paar Syllogismen
versehen, finden sie keinen Anstand, über jede Sache mit jedermann
handgemein zu werden. Eigensinn macht sie unüberwindlich, wenn sie auch
gleich einen Stentor zum Gegner haben.

Auf diese kommen die durch Bart und Mantel ehrwürdig-gemachte
Philosophen, die sich für die einzigen Weisen ausgeben, da alle übrigen
Sterblichen blos ein Schatten der Menschheit sind, ein Auskericht
der Schöpfung. Allerliebst schwärmen sie, wenn sie unzählbare Welten
bauen: das Maaß der Sonne, des Mondes, der Sternen, der Weltkreise, bis
auf die Breite eines Haares angeben; die Ursachen der Blitze, Winde,
Finsternisse, und aller unerklärbarer Dinge, bestimmen; nirgends so
wenig einen Anstand findend, als ob sie die Geheimräthe der Natur,
der Baumeisterinn der Dinge, gewesen, und gerad aus dem Rathe der
Götter zu uns herabgekommen wären. Inzwischen helfen sie der Natur,
mit ihren Muthmassungen, zu einem recht herzlichen Lachen. Daß sie
nichts verstehen, ist schon dieses ein zureichender Beweis: über jedes
Ding gerathen sie sich so in die Haare, daß sie nicht aus einander zu
reissen sind.

Ob sie gleich nichts wissen, geben sie sich doch für allwissend aus.
Ihnen selbst sind sie fremd. Sie sehen die Grube nicht, den Stein
nicht, darauf sie gerade zugehen; entweder weil sie blödsichtig sind,
oder weil sie ihren Geist an das Umherschweifen gewöhnt haben; und
doch prahlen sie, daß sie Ideen, Universalien, getrennte Formen, die
ersten Stoffe, Quidditäten, Ecceitäten, sehen, das alles so überfeine
Dinge sind, daß ich wohl sagen darf: auch Luchsenaugen seyen zu stumpf
dazu. Nie aber verachten sie den unheiligen Pöbel mehr, als wenn sie
mit Dreyangeln, Vierecken, Zirkeln, und dergleichen mathematischen
Figuren, die in einander verschlungen, verlabyrinthisiert, und mit wie
in verschiedene Schlachtordnungen gestellten Buchstaben durchspickt
sind, den Ungelehrten einen blauen Dunst vor die Augen machen. Und
in diese Classe gehören auch die, welche, um künftige Dinge vorher
zu sagen, die Gestirne zu Rathe ziehen, und mehr als magische Wunder
versprechen; auch so glücklich sind, Menschen zu finden, die ihnen
tummen Glauben zustellen.

Vielleicht würd ich am besten thun, wenn ich bey den Theologen
stillschweigend vorüber gienge, und diese Seite ganz und gar nicht
berührte. Diese Art von Menschen trägt den Kopf gewaltig hoch, und
ist ungemein reizbar; ich laufe Gefahr, daß sie mit tausenderley
Folgerungen auf mich losstürmen; und mir bleibt dann anders nichts
übrig, als zu palinodisieren, wenn ich nicht für eine Erzketzerinn will
ausgeschrien werden. Wenn sie jemanden auch nur ein wenig ungünstig
sind, so sind sie gleich bereit, ihm mit einem Bannstrahle einen
Schrecken einzujagen. Freylich sind sie unter allen Menschen die,
welchen es am widerlichsten vorkömmt, mich für ihre Wohlthäterinn zu
erkennen; und doch sind sie auch aus verschiedenen nicht unwichtigen
Ursachen in meiner Schuld: die Eigenliebe, die sich in meinen Diensten
befindet, versetzt sie wie in den dritten Himmel, wo sie alle übrigen
Sterblichen, als so viele auf der Erden kriechende Thiere, von ihrer
Höhe herab verachten, und beynahe bemitleiden. Mit einem ungeheuern
Heer von magisterialischen Definitionen, Conclusionen, Corollarien,
expliciten und impliciten Propositionen, sind sie rund umschanzt; so
vielerley Ausflüchte stehen ihnen bereit, daß es auch einem Vulkan
unmöglich seyn würde, sie zu verstricken; immer bahnt eine Distinction
ihnen den Ausweg; auch ist dieses das beste Mittel jeden Knoten zu
durchschneiden; schärfer und hurtiger, als jene Art, mit welcher
der Richter in Teredos dem, der den Proceß verlohren hatte, den
Kopf zu zerspalten pflegte; und zu diesem Ende haben sie sich mit
neuausgedachten Wörtern reichlich versehen; Redensarten, die Schauer
einjagen.

Verborgene Geheimnisse erklären sie nach ihrem Gutdünken: auf welche
Weise die Welt erschaffen und eingerichtet worden; durch welche
Canäle sich jene Sündenseuche in die Nachkommenschaft ergossen habe;
wie, in welchem Maasse, in welchem Zeitpunkte, Christus in dem Leibe
der Jungfrau vollendet worden; wie sich im Abendmahle Accidentien
ohne Behausung beherbergt befinden. Doch dieses sind nur gemeine
und ausgenützte Dinge. Es giebt andere, die verdienen von grossen
und hocherleuchteten Theologen fein behandelt zu werden; wenn diese
vorkommen, dann wacht man erst recht auf; zum Exempel: hat Gott einen
Zeitpunkt nöthig, wenn er etwas hervorbringt? giebts in Christo
verschiedene Sohnschaften? läßt sichs sagen, Gott der Vater haßt den
Sohn? hätte Gott sich mit einem Weibe vereinen können, mit dem Satan,
mit einem Esel, mit einer Pflanze, mit einem Steine? wie hätte in
einem solchen Falle die Pflanze predigen, Wunder thun, ans Kreuz
geheftet werden können? was würde Petrus eingesegnet haben, wenn er
zu eben der Zeit eingesegnet hätte, in welcher Christi Leib am Kreuze
hieng? hätte man alsdann Christum einen Menschen nennen können? wird es
nach der Auferstehung erlaubt seyn, zu essen, und zu trinken? O diesen
Herren liegt vieles daran, sich zum voraus und in Ewigkeit hinein vor
Hunger und Durste zu bewahren! Solcher fein gesponner Possen giebt es
eine unzählbare Menge.

Es fehlt ihnen an noch weit feinern nicht: von Zeitpunkten bey
göttlichen Zeugungen; von Notionen, Relationen, Formalitäten,
Quidditäten, Ecceidäten; Dingen, die selbst der Argonaute Lynceus,
der durch eine Mauer hindurch sehen konnte, nie würde entdeckt haben;
denn hier muß man durch die dickste Finsterniß hindurch das sehen, was
nirgends ist. Hieher gehören auch ihre Moralsätze, die so seltsam sind,
daß die paradoxesten Behauptungen der Stoiker, in Vergleichung mit
denselben, eine gemeine und Alletagswaare scheinen würde; zum Exempel
es sey ein kleineres Verbrechen, tausend Menschen todt schlagen, als
auch nur einmal einem Armen am Sonntage den Schuh flicken; man solle
ehender die ganze Welt mit aller ihrer Zubehörde zu Grunde gehen
lassen, als nur die allerkleinste und nichtsbedeutendste Unwahrheit
sagen.

Diese so feinen Feinigkeiten werden durch eine Menge von scholastischen
Ränken noch mehr befeinert; so daß man sich ehender aus allen
Labyrinthen heraus finden könnte, als aus dem Gewirre der Realisten,
Nominalisten, Thomisten, Albertisten, Occanisten, Scotisten, wer möchte
sie alle nennen? dieses sind nur die vornehmsten: Hier ist alles so
voll von Gelehrtheit, von Schwürigkeit, daß ich wirklich glaube, die
Apostel müßten mit einem ganz andern Geiste versehen seyn als dem,
der sie ehedem belebte, wenn sie gezwungen wären, über diese Dinge
mit diesem neuen Geschlechte von Theologen handgemein zu werden.
Dem Paulus hat es an Glauben nicht gefehlt, wenn er aber sagt: »der
Glaube sey eine Zuversicht dessen, das man hofft, und nicht zweifelt
an dem, das man nicht sieht,« so hat er ihn nicht magistraliter
definiert. Er erwieß sich auf eine vortrefliche Weise liebreich, aber
bey seiner Beschreibung und Eintheilung der Liebe, in dem dreizehnten
Capitel seines ersten Briefs an die Corinther, verräth er wenig
Logik. Die Apostel bezeigten sich bey Einsegnung des Abendmahls
andächtig und fromm; wenn man sie aber gefragt hätte, was sich bey
dem Anfang und Fortgange des Erfolgs der Einsegnung ereigne; wie es
mit der Transsubstantiation beschaffen sey; wie der nämliche Körper
an verschiedenen Orten seyn könne; mit welchem Unterschiede der Leib
Christi im Himmel, am Kreuze, im Abendmahle gewesen sey; in welchem
Zeitpunkte die Transsubstantiation vorgehe, da die Einsegnung durch
Sylben und Worte geschieht, die sich nur nach und nach aussprechen
lassen: o so würden sie wohl nicht so scharfsinnig geantwortet haben,
wie die Scotisten es heut zu Tage thun.

Die Apostel kannten die Mutter Jesu, aber welcher von ihnen hat es so
philosophisch demonstriert, wie sie vor Adams Fehler bewahrt worden,
als unsre Theologen es thun? Petrus empfieng die Schlüssel, und
empfieng sie von dem, der sie keinem Unwürdigen anvertrauen würde:
und doch weiß ich nicht, ob er es verstanden habe (gewiß äussert
er nirgends eine solche Spitzfindigkeit) wie auch der, indem sich
keine Erkenntniß befindet, den Schlüssel der Erkenntniß habe. Sie
tauften allerorten, und lehrten doch nirgends, welches die förmliche,
materielle, wirksame, und endzweckliche Ursache der Taufe sey; auch
thun sie keine Meldung von einem auslöschlichen und unauslöschlichen
Charakter. Sie beteten an, aber im Geiste, und befolgten blos die
evangelische Anweisung. »Gott ist ein Geist, und die, so ihn anbeten,
müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.« Es zeigt sich aber
nicht, es sey ihnen damals geoffenbaret worden, man müsse das an der
Wand mit einer Kohle gezeichnete Bildchen mit der nämlichen Anbetung
wie Christum selbst anbeten, wenn er nur mit zween emporgestrebten
Fingern gezeichnet sey, mit langem Haare, und mit Strahlen sowohl
auf dem Wirbel, als auch an beiden Schläfen. Nein, niemand kann zu
solchen Einsichten gelangen, der nicht sechs und dreißig Jahre lang die
aristotelische und scotistische Physik und Metaphysik durchgeschwitzt
hat.

Die Apostel schärfen die Lehre von der Gnade ein, nirgends aber zeigen
sie den Unterschied zwischen der aus Gnade gegebenen Gnade, und der
begnadigenden Gnade. Sie vermahnen zu guten Werken; unterscheiden aber
nicht zwischen einem wirkenden Werke, und einem gewirkten. Sie schärfen
oft die Liebe ein, unterscheiden aber nicht zwischen der eingeflößten,
und der erlangten; auch zeigen sie nicht, ob diese Tugend etwas
Zufälliges sey, oder etwas Wesentliches; etwas Erschaffenes, oder etwas
Unerschaffenes. Sie verabscheuen die Sünde; ich will aber sterben,
wenn sie es kunstmäßig hätten bestimmen können, was das sey, was wir
Sünde nennen, insofern sie etwann nicht von dem Geiste der Scotisten
dessen belehrt worden. Man wird mich nie dahin bringen können, daß ich
glaube, Paulus (man mache von der Gelehrtheit desselben einen Schluß
auf die übrigen) würde so oft wider spitzfindige Fragen, Zänkereyen,
Wortkriege, geredet haben, wenn er mit allen jenen feinen Dingen
bekannt gewesen wäre; insonderheit, wenn man das rohe und bäurische
Gezänke seiner Zeiten mit den mehr als chrysippischen Feinheiten unsrer
grossen Meister vergleichen will. Doch muß man auch ihre grosse
Bescheidenheit zu rühmen nicht vergessen: wenn sie in den Schriften
der Apostel etwas nachlässiges finden, das vor Meister und Gesellen
nicht bestehen kann, so fahren sie nicht gleich mit der Verdammung zu,
sondern legen es auf das beste aus; und dieses ist die Ehre, die sie
theils dem Alterthume, theils dem apostolischen Namen erweisen. Und
gewiß würde es nicht billig seyn, so grosse Dinge von ihnen zu fordern,
über welche ihr Lehrer nie auch nur ein Wörtchen mit ihnen verlohren
hat.

[Illustration]

Wenn sie beym Chrysostomus, Basilius, Hieronymus, etwas dergleichen
antreffen, so sprechen sie ohne Umschweif: dieses hat man nicht
angenommen. Jene Alten haben die heidnischen Philosophen und die Juden
widerlegt; Leute, denen es von Natur an Hartnäckigkeit nicht fehlte;
sie thaten es aber mehr durch Leben und Wunder, als durch Syllogismen;
und die Leute, die bekehrt wurden, waren ehrlich-einfältige Leute, die
mit Anspannung alles ihres Witzes nicht im Stande gewesen wären, ein
einziges Quodlibet des Scotus zu verstehen. Nun aber, wo ist ein
Heid, ein Ketzer, welcher vor so feinen Subtilitäten nicht sogleich
die Waffen strecken müßte? Es sey denn, daß er, der Tummkopf, es
nicht fassen konnte; oder unverschämt genug wäre, es auszuzischen;
oder sich mit ähnlichen Waffen und Fallstricken versehen hätte, so
daß man im Treffen keinen Vortheil vor einander haben würde; wie
wenn zween Zauberer einander beym Kopfe kriegen; oder wenn jeder ein
Zauberschwerdt hat: da würde die Sache so wenig zu Ende kommen, als das
Gewebe der klugen Frau Penelope.

Wenn die Christen (ich rede nach meiner Einsicht) weise wären, so
würden sie anstatt jener Scharen von schwerfälligen Soldaten, derer man
sich seit langem aber nicht mit dem besten Erfolge bedient, lärmende
Scotisten, hartnäckige Occanisten, unüberwindliche Albertisten, mit dem
ganzen Geschleppe der Sophisten, wider Türken und Saracenen senden;
man würde (ich zweifle nicht daran) das allerlustigste Gefechte
sehen, und einen noch nie gesehenen Sieg. Wo sollte sich eine so
kalte Seele finden lassen, die nicht bey der Glut solcher Männer in
Flammen gerathen müßte? der allerträgste würde dadurch zur Hurtigkeit
angespannt werden; dem Scharfsichtigsten würde hier Staub in die Augen
geworfen werden.

Mich deucht bald, ich scheine euch dieses alles nur im Scherze gesagt
zu haben. Kein wunder! es giebt ja auch unter den Theologen, den
gelehrtesten, solche, denen vor dergleichen elenden (das ist ihr Wort)
theologischen Spitzfindigkeiten eckelt. Es giebt derer, die es als
eine Gotteslästerung verabscheuen und es für die höchste Ruchlosigkeit
halten, wenn man von so geheimen Dingen, die ehender anzubeten als zu
erklären sind, mit einem so unausgespühlten Munde redet; sich darüber
mit unheiligen von Heiden ausgesonnenen Grübeleyen erzankt; alles stolz
erklärt; und die Majestät der göttlichen Theologie mit einem frostigen
und unsaubern Wörtergemische beschmutzt.

[Illustration]

Indessen sind sie aufs herrlichste mit sich selbst zufrieden, und
klatschen sich Beyfall; mit diesen allerliebsten Kindereyen Tag und
Nacht beschäftigt, finden sie die geringste Zeit nicht, nur einmal das
Evangelium, oder die paulinischen Briefe, aufzuschlagen. Unter diesen
Schulärmlichkeiten bereden sie sich, daß sie die ganze Kirche, die
sonst einsinken müßte, mit ihren Syllogismenstützen gerade so aufrecht
erhalten, wie der Himmel bey den Dichtern sich auf die Schultern des
Atlas steuert. Wie glückselig dünken sie sich nicht auch dann zu seyn,
wenn sie Schriftstellen, wie ein Stück Wachs, nach Willkühr bilden
und ändern! Wenn diesen ihren Entscheidungen die Unterschrift einiger
Scholastiker beygefügt ist, so sehen sie dieselben für ehrwürdiger
an, als Solons Gesetze; sie ziehen sie den päbstlichen Decreten
vor; sie, als Censoren der Welt, wollen jedermann einen Wiederruf
abzwingen, der sich für etwas erkläret hat, das mit ihren mittelbaren
und unmittelbaren Folgerungen nicht haarklein übereinstimmt; mit einer
schnarrenden Orakelstimme sprachen sie: »dieser Satz ist ärgerlich;
dieser vergreift sich an der Ehrbarkeit; dieser riecht nach Ketzerey;
dieser klingt nicht gut.« Also lässet man weder die Tauf noch das
Evangelium, weder Paulus noch Petrus, weder Hieronymus noch Augustinus,
ja den so sehr aristotelesierenden Thomas selbst nicht für christlich
gelten, wenn es den Herren Baccalauren nicht einleuchten will: denn
ohne ihre Feinheiten läßt sich kein gesundes Urtheil fällen. In der
That, wer würde es haben fühlen können, daß der kein Christ sey, der
sagen würde; »die beiden Sätze: du, Nachttopf, stinkst, und, der
Nachttopf stinkt; ferner, in Hafen südets, und, der Hafen südet, lassen
sich beide sagen« wenn er nicht bey diesen Weisen zur Schule gegangen
wäre. Wer würde die Kirche von solchen Irrthumsfinsternissen befreyt
haben, die man nirgends auch nur einmal gelesen hätte, wenn diese
Herren nicht so gut gewesen wären, sie mit angehängten grossen Insiglen
an das Taglicht kommen zu lassen? Aber, sind sie nicht eben hiedurch
für erzglückliche Geschöpfe zu erkennen?

Alles, was sich in den unterirdischen Gegenden zuträgt, beschreiben
sie so mit den kleinsten Umständen, als ob sie in selbiger Republik
viele Jahre zugebracht hätten. Nach Willkühr bauen sie einen neuen
Himmel über den andern; und lassen es zuletzt an dem weiten und schönen
Empyreum nicht fehlen, damit es den beglückten Seelen an Raume nicht
gebreche, sich zu ergehen, ihre festlichen Mahlzeiten zu halten, oder
den Ball zu schlagen.

[Illustration]

Mit diesen und tausend dergleichen Schnakereyen haben sie den Kopf so
vollgestopft, daß ich glaube, Jupiters mit der Pallas beschwängertes
Gehirne sey nicht ausgespannter gewesen, da er die Art des Vulkans
um Hülfe anrief. Kein Wunder also, daß sie in ihren öffentlichen
Disputationen den Kopf mit so vielen Binden auf das sorgfältigste
umschlungen haben; denn ohne dieses würde er augenblicklich zerplatzen.
Auch dieses macht zuweilen selbst mich zu lachen. Erst alsdann dünken
sie sich recht grosse Theologen zu seyn, wenn sie eine garstige
rothwelsche Sprache plaudern, und alles so durch einander hudeln
können, daß nur ein ganz zerrütteter Kopf darinnen Verstand finden
kann; denn, für einen Scharfsinnigen wär es ja ein ewiger Schimpf, wenn
der Pöbel ihn verstehen könnte! Die Würde des Theologen müßte sich
zu tief erniedrigen, wenn er sich unter die Gesetze der Grammatiker
zwingen liesse. Wunderbare Majestät dieser Männer! sie machen einen
Anspruch auf das Vorrecht, fehlerhaft zu reden. Und doch findet sich
auch mancher Schuflicker im Besitze desselben. Endlich dünken sie sich
erhaben wie Götter zu seyn, wenn man sie mit einer ehrfurchtsvollen
Mine, als Magister grüßt; ein Titel, in welchem sie etwas so Grosses
zu stecken glauben, als in dem bey den Juden für unaussprechlich
gehaltenen Namen von vier Buchstaben. Ein Todesverbrechen, sagen sie,
würde man begehen, wenn man _MAGISTER NOSTER_ anderst als mit
grossen Buchstaben schriebe; und auch dann, wenn man das letztere Wort
dem erstern vorhersetzte, würd es um die ganze theologische Majestät
erbärmlich stehen.

Bald eben so glücklich als diese sind jene, die sich Religiosen und
Mönche zu nennen pflegen, und beydes falsch; ein grosser Theil von
ihnen weiß von der Religion so viel als nichts; und Mönche, daß ist
in der Einsamkeit Lebende, sind sie eben so wenig, weil wir uns in
allen Strassen an sie stossen. O ja, die elendesten Tropfe würden
sie seyn, wenn ich ihnen nicht auf vielerley Weise zu Hülfe käme.
Diese Art von Menschen wird gemeiniglich so verabscheut, daß man
es für ein böses Zeichen hält, wenn man von ungefehr einem dieser
Unglücksvögel begegnet; ich aber mache, daß sie grosse Dinge von
sich selbst denken. Sie halten es für den Gipfel der Frömmigkeit,
wenn sie so ungelehrt sind, daß sie auch nicht einmal lesen können.
Wenn sie ihre vorgezählten und nicht verstandenen Psalmen mit ihrer
Eselsstimm in den Tempeln herauskrächzen, so glauben sie dem Häuflein
der Frommen die Ohren mit einem Wollustsgefühle zu kitzeln. Einige von
ihnen spiegeln aus Habsucht ihre schmutzige Betteley; vor den Thüren
brüllen sie um Brod; Gasthäuser, Reisewagen, Schiffe, alles wird von
ihnen angeranzt, wenn auch gleich den übrigen Bettlern noch so vieles
dadurch abgestohlen wird. Also pflegen diese holden Geschöpfe durch ihr
garstiges, tummes, bäurisches, unverschämtes Wesen, uns das Muster der
Apostel vorzulügen.

Recht zum lachen ists, wie sie alles auf die vorgeschriebene Weise
einrichten; kein Mathematiker könnt es genauer auszirkeln; das
geringste Versehen würde Todsünde seyn: wie viele Knoten am Schue seyn
müssen; von welcher Farbe der Gurt, von welchem Schnitte das Kleid, von
welchem Stoffe, wie viele Strohhalme breit, der Gürtel; wie gestaltet,
wie viele Scheffel haltend, die Kappe; wie viel Finger breit die
Blasse; und wie viele Stunden der Schlaf dauern müsse. Wer sieht nicht,
wie unschicklich bey einer so grossen Verschiedenheit des Leibes und
auch des Gemüths, eine solche Gleichheit sey? Und doch sind es solche
ärmliche Possen, um derentwillen sie nicht nur Andere weit unter sich
herabsetzen, sondern auch einander selbst verachten; sie die auf den
Besitz einer apostolischen Liebe prahlen, machen sich kein Bedenken,
wegen einem anderst gegürteten Kleide, einer etwas bräunern Farbe, den
blutigsten Unfug zu stiften.

Einige derselben sind so streng religios, daß sie das feine Hemd unter
dem härenen Rocke ja nicht sehen lassen; andere hingegen tragen den
Leinwand über der Wolle. Einige wollten viel lieber das giftigste Kraut
in die Hände nehmen, als ein Stück Gelds berühren; und doch haben sie
keinen Abscheu vor dem Weine, noch von dem Betasten eines Weibes. Es
läßt sich nicht genug sagen, wie vielen Fleiß sie alle anwenden, sich
in allem von einander zu unterscheiden. Es liegt ihnen nichts daran,
Christo ungleich zu seyn, wenn sie nur auch unter einander ungleich
sind. Strickträger nennen sie sich, Coleten, Minoriten, Minimen,
Bullisten, Benedictiner, Bernhardiner, Brigittenser, Augustiner,
Wilhelminer, Jacobiten; als ob es zu gering wäre, sich Christen zu
nennen.

[Illustration]

Viele von ihnen zählen so sehr auf Ceremonien und armselige Legenden,
daß sie glauben, der Himmel für sich sey nicht im Stande, so
verdienstvolle Leute zureichend zu belohnen; sie denken nicht daran,
daß Christus auf alles dieses nicht achte, und von den Menschen nur
die Beobachtung seines grossen Gebotes fordere, das sich auf die Liebe
bezieht. Am Gerichtstage wird der Eine mit seinem aufgedunsenen Bauche
prahlen, den man einen vollgestopften Fischkasten nennen könnte; ein
Anderer wird von hundert Scheffeln herausgeschriener Psalmen schwatzen;
ein Anderer wird Myriaden von Festtägen daher zählen, und wie oft er,
des Tags nur einmal essend, den Magen bald bis zum zerplatzen angefüllt
habe; ein Anderer wird einen solchen Haufen von Ceremonien daher
schleppen, daß man sie auch in sieben Lastschiffe nicht zusammendrängen
könnte; ein Anderer wird sich rühmen, er habe sechzig Jahre lang nie
ein Stück Gelds anderst als mit Büffelhandschuen berührt; ein Anderer
wird in einer so garstig beschmutzten Mütze einherstrotzen, daß auch
ein Bootsknecht lieber die Ohren abfrieren als sie mit derselben wider
den Frost schützen würde; ein Anderer wird erzehlen, daß er seit
mehr als fünfzig Jahren sein Leben, gleich einem Pfifferlinge, stets
am gleichen Orte zugebracht habe; ein Anderer wird sich auf seiner
durch stetes Singen heischer gewordene Stimme berufen; ein Anderer
wird erweisen, daß er sich durch sein einsames Leben die Schlafsucht
zugezogen habe; ein Anderer wird seine durch stetes Schweigen
starrgewordene Zunge hervorstrecken.

Christus, um diesem sonst nie zu Ende kommenden Geprahle abzuhelfen,
wird fragen, woher dieses neue Judengeschmeiß entstanden sey? »Nur
ein einziges Gesetze, wird er sagen, erkenne ich für das meinige; und
nur von diesem hör ich nichts; ehedem versprach ich deutlich, ohne
es in Parabeln zu hüllen, mein väterliches Erbe, nicht dieser oder
jener Kappe, diesem oder jenem Gebetlein, noch dem Fasten, sondern
der Liebthätigkeit; ich kenne die nicht, die von ihren Thaten zu
groß denken; diese, die das Ansehen haben wollen, als ob sie mich an
Heiligkeit überträfen, mögen, wenn es ihnen beliebt, den Himmel der
Abraxasianer beziehen; oder sich von denen, deren Legenden sie meinen
Geboten vorgezogen haben, einen neuen Himmel erbauen lassen.« Wenn sie
dieses hören und sehen werden, daß man Matrosen und Fuhrknechte ihnen
vorziehe, o stellen Sie meine Herren, sichs einmal vor, mit welchen
langen Gesichtern werden die Tropfen einander anstarren! Inzwischen
sind sie bey ihrer Hoffnung glücklich, mit welcher sie von meiner
Gutmüthigkeit ausgerüstet worden.

Wenn diese Geschöpfe gleich von der Republik ausgeschlossen sind, so
hat man sie doch nicht zu verachten; sonderlich die Bettelmönche: denn
die Beicht hat sie mit den Geheimnissen eines jeden bekannt gemacht.
Freylich halten sie es nicht für erlaubt, aus der Schule zu schwatzen;
aber, was geschieht nicht, wenn man ein Glas Wein zu viel im Kopfe
hat, und zur Ergötzung etwas Lustiges auf die Bahn bringen will? dann
aber tragen sie die Sache nur räthselhaft vor und verschweigen die
eigentlichen Namen. Wenn jemand hier in das Hornissennest sticht, so
wissen sie sich in der ersten besten Predigt redlich zu rächen; durch
gewisse Umstände wissen sie ihren Feind auf eine so versteckte Weise
zu schildern, daß nur die ihn nicht erkennen, die ganz und gar nichts
begreifen können. Ihr Gebelle nimmt kein Ende, bis man zu dem Mittel
des Eneas greift, der dem Cerberus etwas zum Fressen in den Rachen warf.

Nein, meine Herren, bey keinem Schauspieler, keinem Marktschreyer
würden Sie stehen bleiben, wenn Sie einen solchen Prediger auftreten
sehen. Freilich giebts da possierliche Rednersprünge; sie sind alle
den Regeln der Muster in dieser Kunst auf das lieblichste nachgeahmt.
O meine Herren! merken Sie dann wohl auf jede Geberde; wie schicklich
ändern die Leute nicht ihre Stimme! ihre Rede ist Gesang; alles
an ihnen regt und bewegt sich; niemand versteht besser die Kunst,
Gesichter zu schneiden und mit dem durchdringendsten Geschreye die
Gewölker erschallen zu machen. Und diese Rednerkunst pflanzt sich als
ein Geheimniß durch die Ueberlieferung von einem Klosterbruder auf
den andern fort. Mir freylich, einem Weibe ist die Einsicht in solche
Dinge nicht verstattet; ich kann also davon nur so viel sagen, als ich
durch Muthmaassung erhaschen könnte.

[Illustration]

Sie vergessen nie, eine Anrufung vorher zu schicken; ein Kunstgriff,
den sie den Dichtern abgeborgt haben. Hierauf, wenn sie zum Exempel
von der Liebe reden wollen, bringen sie den egyptischen Nilfluß
in den Eingang. Wenn sie von dem Geheimnisse des Kreuzes zu reden
haben, so lassen sie den Drachen von Babel feyerlich auftreten. Eine
Fastenpredigt läßt zuerst die zwölf himmlische Zeichen in ihrer Ordnung
vor dem Gesichte der Zuhörer vorbey ziehen. Bey einer Glaubenspredigt
muß ihnen die Quadratur des Zirkels den Eingang eröffnen. Ich habe
einen Erznarren (ich irre mich; einen Erzgelehrten wollte ich
sagen) gehört, der in einer weltberühmten Predigt an Erklärung
des Geheimnisses der göttlichen Dreyeinigkeit arbeitete; um seine
ungemeine Gelehrtheit auszukramen und theologischen Ohren ein Vergnügen
zu verschaffen, schlug er einen nagelneuen Weg ein: er sprach von
Buchstaben, Sylben, Redetheilen, der Uebereinstimmung des Nennworts
mit dem Zeitworte, des Hauptworts mit dem Beyworte. Alles war erstaunt
und bewunderungsvoll; und Einige murmelten zwischen den Zähnen: was
wird zuletzt aus dem verzweifelten Zeuge werden? Endlich leitete er
es so ein, daß er in den ersten Grundsätzen der Grammatik das Bild
der Dreyeinigkeit den Zuhörern so natürlich vor Augen legte, daß man
jeden Mathematiker Trotz bieten könnte, es lebhafter in den Staub zu
kritzlen. In Verfertigung dieser Rede durchschwitzte der superlative
Theolog ganze acht Monate, und so, daß keine Schärmaus stockblinder
seyn kann, als er es heutiges Tages ist: die Geistesspitze zerkratzt
ihm die Augenschärfe so ganz erbärmlich. Doch hält der Mann seine
Blindheit für keinen Verlust und findet, daß er einen so grossen Ruhm
um einen Spottpreis eingewuchert habe.

Ich hörte auch einen andern achtzigjährigen Graubart, der so ganz
Theolog war, daß man darauf geschworen hätte, der leibhafte Scotus sey
in ihm auferstanden. Um das Geheimniß des Namens Jesu zu erklären,
bewieß er mit bewunderungswürdiger Scharfsinnigkeit, daß alles, was
sich von ihm sagen lasse, bereits schon in den Buchstaben verborgen
liege. Weil das Wort nur drey Endungen habe, so sey dieses eine
augenscheinliche Darlegung der göttlichen Dreyeinigkeit. Ferner, in den
drey Endungen dieses Namens (nämlich Jesus, Jesum, und Jesu) seyen die
drey letzten Buchstaben: S, M, und U; hierin liege das unaussprechliche
Geheimniß; er sey Summus, Medius, und Ultimus; der Anfang, die Mitte,
und das Ende. Noch war ein viel verworreneres Geheimniß, als es irgend
ein mathematisches Problem seyn könnte, zu entwicklen: Er zeigte, wie
das aus fünf Buchstaben bestehende Wort Jesus durch den mittlern, ein
S, in zween gleiche Theile getrennt werde; nun werde bey den Hebräern
dieser Buchstabe Syu genannt; und Syu bedeute (wenn ich nicht unrecht
habe) in der schottländischen Sprache so viel als Sünde; folglich sey
es sonnenklar, Jesus sey der, welcher die Sünden der Welt wegnehme.

Ein so nagelneuer Eingang zeugte bey jedermann, insonderheit den
Theologen, eine so staunende Bewunderung, daß man bald hätte denken
sollen, sie seyen gleich der Niobe zu Steine geworden; mir aber war es
beynahe wie dem Priapus gegangen, als er den nächtlichen Gebräuchen
der Canidia und Sagana zusah; da war es ihm nicht mehr wie ehedem, als
er noch ein feigenbäumener Klotz gewesen; nun konnt er erschrecken;
die Wirkung des Schreckens aber schall und roch, zu seinem Glücke, den
bösen Weibern so wirksam in Ohren und Nasen, daß sie über Hals und Kopf
die Flucht ergriffen.

Ueber einen solchen Erfolg ist sich nicht zu verwundern; denn, bey
Griechen und Römern, einem Demosthenes oder Cicero, würde man sich
vergeblich nach einem solchen Einschmeichlungseingange umsehen.
Eine sich von der Sache entfernende Vorrede hielten sie für einen
Fehlschluß. Wirklich auch lehrt die Natur ganz andere Dinge; sogar ein
Schweinshirt, der bey der Natur zu Schule gegangen ist, macht so wenig
Umschweife, daß er lieber sogleich mit der Thür ins Haus fallen will.
Diese Gelehrten hingegen halten ihr Präambulieren alsdann erst für
feinrhetorisch, wenn es mit dem Gegenstande ihrer Rede nicht in der
geringsten Verwandschaft steht, und die Zuhörer einander zuflüstern:
wo wird der Kerl zuletzt noch hingerathen?

[Illustration]

Drittens berühren sie nur wie beyläufig und obenhin, gleichsam nur
erzehlungsweise, etwas aus dem Evangelium; und doch wär es ihre
Pflicht gewesen, sich einzig bey der Erklärung desselben aufzuhalten.
Viertens fangen sie wieder eine ganz andere Rolle an, und nehmen
eine Theologalfrage vor die Hand, die sich auf das vorhergehende so
schicklich wie eine Faust auf das Auge reimt; denn auch dieses halten
sie für kunstmässig. Nun fängt der Theolog sich erst recht zu brüsten
an; er betäubt die Ohren der Zuhörer mit seinen solennen, subtilen,
subtilsten, seraphischen, heiligen, irrefragablen Lehrern, und was
dergleichen prächtige Töne mehr seyn mögen. Darauf prahlen sie ihre
Syllogismen, Vordersätze, Hindersätze, Folgerungen, Corollarien,
frostige Voraussetzungen, und mehr als scholastische Possen, dem tummen
Pöbel vor.

Nun ists noch um den fünften Aufzug zu thun, in dem man sich als
einen ganzen Meister dargeben muß. Hier ziehen sie ein närrisches
und tummes Märchen, ich weiß nicht aus was für einem Historienspiegel
oder aus Abentheuern der Römer hervor, das sie sodann allegorisch,
tropologisch, und anagogisch behandeln. Und auf diese Weise bringen sie
ein Wundergeschöpfe zu Stande, das weit lustiger anzusehen ist, als
jenes, welches Horaz, gleich anfangs seiner Dichtkunst, vorzuspiegeln
getrachtet hat. Weil sie, ich weiß nicht von wem, gehört haben, man
müsse die Rede sanft und ohne Geschrey anfangen, so sind sie anfangs
so leise, daß sie sich selbst nicht hören; als ob sie Dinge sagen
müßten, die niemand verstehen dörfe. Man hat ihnen etwann gesagt, um
die Leidenschaften rege zu machen, seyen Ausrüfe ein vortrefliches
Mittel; sie daher, alldieweil sie ganz sanft reden, erheben unversehens
die Stimme zu einem ganz rasenden Geschreye, wo sie es doch nicht im
geringsten nöthig hätten. Man würde einen Eid ablegen, daß der Mensch,
der nur schreyt, damit er schreye, der Nüßwurze benöthigt wäre.

[Illustration]

Sie haben gehört, mit dem Fortgange der Rede müsse die Stimme sich
erheben; nun, beym Anfange jedes Theiles der Rede sind sie
ziemlich gelassen; bald aber fängt die Stimme gewaltig zu lermen an,
wenn sie auch die frostigsten Dinge von der Welt sagen; und allemal
beym Ende sinken sie so, daß man meynen sollte, von Athem sey nichts
mehr in ihnen. Endlich haben sie bey den Redekünstlern gelernt, daß
auch das Lachenmachen eine Kunst sey; sie sind daher auch beflissen,
etwas Scherzhaftes einzumischen; aber, o huldreiche Venus! wie
grazienmäßig, wie schicklich! ists nicht gerade so, wie da der Esel
sich als Lautenschlager hervorthun wollte. Ja, beissig sind sie etwann
auch; doch so, daß sie mehr kitzeln, als verwunden; wenn sie sich
recht Mühe geben, frey von der Brust zu reden, so erweisen sie sich
als leibhafte Schmeichler. Kurz, ihr ganzes Betragen ist so, daß man
schwören sollte, sie haben Marktschreyer zum Muster gewählt, können
aber dasselbe bey weitem nicht erreichen; doch sind sie in gewissem
Verstande einander so ähnlich, daß niemand zweifelt, diese haben von
jenen, oder jene von diesen, die Redekunst erlernt.

[Illustration]

Bey allem dem müssen sie mir es verdanken, daß sie Zuhörer haben, die
glauben, sie besitzen an ihnen mehr, als sie an einem Demosthenes
oder Cicero würden besessen haben. Hieher gehören insonderheit Krämer
und Weiber, denen die gedachten Redner vorzüglich die Ohren zu kitzlen
trachten; denn die Erstern lassen ihnen etwann, für das besänftigende
Schmeicheln, etwas weniges von ihrem zusammenbetrogenen Vermögen
zukommen; und die Letztern sind, unter vielen andern Ursachen, diesem
Orden besonders darum gewogen, weil sie den Grollen, den sie wider
ihre Ehemänner haben, in den Schooß desselben auszuschütten pflegen.
Man müßte also blind seyn, wenn man nicht sähe, wie tief diese Art von
Menschen bey mir in der Schuld sey, da sie durch kleine Zeremonien,
lächerliche Possen, und kein kleines Geschrey, die Sterblichen
gewissermaßen beherrschen und sich mehr als ein Paulus und Antonius
zu seyn einbilden. Genug aber von diesen Marktschreyern, die meine
Wohlthaten so undankbar verkennen, und sich auf eine ruchlose Weise für
fromm ausprahlen.

Es hat mich schon seit langem gelüstet, etwas von Königen und
Hofleuten, die sich offenherzig für meine Verehrer angeben, nach Recht
und Billigkeit zu berühren. Wenn sie auch nur eine halbe Unze gesunden
Menschenverstandes hätten: was könnte traurigers und fliehenswürdigers
seyn, als ihr Loos? Nein, derjenige wird sich gewiß nicht durch Meineid
und Vatermord auf einen Thron schwingen wollen, der bey sich erwogen
hat, welch eine Last auf den Schultern dessen liege, der die Rolle
eines Fürsten ehrlich zu spielen gedenkt. Wer am Steuerruder sitzt,
hat für das Allgemeine nicht das Eigenthümliche zu sorgen; auf jenes
muß er alle seine Gedanken wenden; von Gesetzen, die er selbst gegeben
hat, und die er handhaben muß, nicht eines Fingers breit abweichen;
auf alles Thun und Lassen der Beamten und Richter ein wachsames Auge
haben; denken, die Augen Aller seyen auf ihn gerichtet, wie auf ein
günstiges Gestirn; durch ein schuldloses Betragen könne er das Wohlseyn
der Menschen ungemein befördern; oder durch eine widrige Aufführung
gleichsam zu einem verderblichen Cometen werden; wenn andere Leute
Fehler begehen, so haben sie nicht so empfindliche und ausgebreitete
Folgen; wenn der Fürst auch nur ein wenig von dem guten Weg abweiche,
so schleiche sich sogleich eine Sittenpest in die Herzen vieler
Menschen ein; die Glücksumstände eines Fürsten führen vieles bey
sich, das geschickt ist, vom Guten wegzulocken; zum Exempel Wollust,
Freyheit, Schmeicheley, Ueppigkeit; er könne nicht genug arbeiten,
nicht zu sorgfältig wachen, um nicht irgendwo von seiner Pflicht
weggeteuscht zu werden; endlich (um von Hinderlist, Haß, Furcht,
Gefahr, nichts zu reden) er habe einen König über sich, der in kurzem
Rechenschaft über jeden seiner Fehltritte von ihm fordern werde; und
dieses um so viel schärfer, je grösser die ihm anvertraute Herrschaft
gewesen.

Ja, wenn der Fürst dieses, und vieles dergleichen bey sich erwägen
wollte (und erwägen würd er es, wenn er weise wäre) so würden ihm
wohl weder Schlaf noch Speise schmecken. Nun aber, Dank sey mir,
überlassen die Fürsten alle diese Sorgen den Göttern, thun sich gütlich
und gönnen nur denen das Ohr, die es verstehen, ihnen angenehme
Dinge vorzuplaudern, damit sich ja nichts von Bekümmerniß in ihr
Gemüth einschleichen möge. Sie bereden sich, alle Obliegenheiten
eines Fürsten redlich erfüllt zu haben, wenn sie fleißig auf die
Jagd reiten; stattliche Pferde halten; obrigkeitliche Stellen und
Statthalterschaften theuer verkaufen; täglich neue Handgriffe
aussinnen, das Vermögen der Unterthanen zu schmälern, und in ihren
Schatz zusammenzuscharren; dabey aber schützen sie verschiedene Dinge
vor, um dadurch der ungerechtesten Sache einen Schein von Billigkeit zu
geben; mit vielem Fleisse mengen sie etwas schmeichlendes ein, um ja
das Herz des Volkes nicht ganz zu verlieren.

Stellen Sie sich, meine Herren, einen Menschen vor (denn zuweilen wird
es so ungefehr eintreffen) der von den Gesetzen so viel als nichts
versteht, beynahe ein geschworner Feind des gemeinen Besten ist, blos
auf seine Gemächlichkeiten sieht, Wollüsten ergeben ist, Gelehrtheit,
Freyheit und Wahrheit haßt, an nichts weniger als an die Wohlfahrt
des gemeinen Wesens denkt, alles nach seiner Lüsternheit und seinem
Eigennutzen abmißt; hängen Sie ihm dann eine goldene Kette um, das
Zeichen der Übereinstimmung zusammenhängender Tugenden; setzen Sie ihm
eine mit Edelsteinen bereicherte Kron auf, die ihn erinnern soll,
er müsse an allen Heldentugenden jedermann übertreffen; versehen
Sie ihn mit einem Zepter, dem Merkmahle der Gerechtigkeit und einer
wider alle Bestechungen bewaffneten Seele; kleiden sie ihn endlich
in Purpur, um anzudeuten, daß er für das Wohlseyn des Volkes eine
inbrünstige Liebe habe. Wenn der Fürst solche Verzierungen mit seinem
Leben zusammenhalten wollte, so deucht mich, er würde sich seines
Putzes schämen, und fürchten, ein naseweiser Dollmetsch möchte dieses
Theatergepränge spöttisch ins Gelächter ziehen.

Was soll ich von den vornehmen Hofschranzen sagen? gemeiniglich
ist nichts abhänglichers, knechtischers, abgeschmackteres,
niederträchtigeres zu finden, und doch bereden sie sich, daß ihnen
nichts beykomme. Ja, in einer einzigen Sache sind sie überaus
bescheiden: zufrieden, daß sie Geld, Edelgesteine, Purpur, und
die übrigen Zeichen der Tugenden und der Weisheit an ihrem Leib
umherschleppen können, lassen sie sichs großmüthig gefallen, daß Andere
die bezeichneten Dinge sich anschaffen. Sie glauben sich überglücklich
zu seyn, daß sie den König ihren Herren nennen dürfen; daß sie
gelernet haben, ihn mit ein paar Worten sinnreich anzureden; daß sie es
verstehen, wo die Titel, Eure Königliche Hoheit, Eure Majestät, und so
weiter schicklich anzubringen seyn; daß sie das Gesicht in verschiedene
Falten legen, und eine Schmeicheley artig anbringen können. Dieses,
dieses sind die Künste eines Edelmannes, eines Hofmannes. Wenn man ihr
übriges Leben genauer beym Lichte betrachtet, so findet man sie noch
schöpsenmässiger, als es ehedem die Phäacier waren, oder die Freywerber
der Penelope, oder -- wenn Sie, meine Herren, noch mehrere wissen
wollen, so schlagen Sie den Horaz nach, denn eben gefällts mir nicht,
sein Echo zu spielen.

Der vornehme Mann schläft bis gegen Mittag. Beym Aufstehen kömmt
der wohlbezahlte Caplan, und thut geschwind das, dazu er amtsmässig
gedungen ist. Dann zum Frühstücke. Bald darauf zum Mittagsmahle.
Hierauf Karten, Würfel, Possenspiele, Stocknarren, Spöttereyen, liebes
Frauenzimmer. Etwas zum Abendbrode. Darauf zur Nachtmalzeit. Auch beym
Nachtische giebts Abwechslungen. Also, ohne sich das Leben abzugrämen,
verstreichen Stunden, Tage, Monate, Jahre, Jahrhunderte. Mir selbst
ist es zuweilen so, als ob ich mich mit Vergnügen vollgepropft hätte,
wenn ich diesem Hochleben zugeschaut habe. Jede der Nymphen meynt, den
Göttern um so viel näher zu seyn, je länger die Schleppe ihres Rockes
ist; die Hofleute zerstossen sich die Ellbögen gewaltig, um dem Fürsten
näher zu kommen, und für den grössern Günstling angesehen zu seyn.
Jeder schmeichelt sich um so viel mehr, je gewichtiger seine Halskette
ist; als ob er nicht nur seinen Reichthum sondern auch seine Stärke
zugleich aufzuweisen hätte.

Das Betragen der Fürsten hat schon seit langem, Päbste, Cardinäle
und Bischöffe, zu unermüdeten Nacheiferern; und bald haben diese
jenen den Vorzug abgelaufen. Was bedeutet das schneeweise Gewand?
Ein durchgehends schuldloses Leben. Was die zweyhörnichte Inful? ein
Band vereint die beyden Spitzen, und bezeichnet die Einsicht in das
Alte und Neue Testament. Was die Handschue? die reine und vor aller
irdischen Verunreinigung gesicherte Ausspendung der Sacramente. Was
der Hirtenstab? rathsame Besorgung der anvertrauten Heerde. Was das
vorhergetragene Kreuz? den Sieg über alle menschlichen Leidenschaften.
Wer dieses, und vieles dergleichen bey sich erwägen wollte, der würde
ein betrübtes und grämliches Leben führen? Aber herrlich haben sie die
Sache eingerichtet: sie weiden sich selbst. Die Sorge für die Schafe
empfehlen sie Christo, oder überlassen sie ihren Stellvertretern. Nicht
einmal an ihren Titel denken sie; er würde sie an die Arbeit, Sorge,
Bekümmerniß eines Bischoffs erinnern. Ja, wenn es um Geldsammlen zu
thun ist, dann erinnern sie sich, Bischoff bedeute einen Aufseher, und
sie haben die Augen ganz offen.

Die Cardinäle sollten freylich denken: wir sind an die Stelle der
Apostel gekommen; was sie thaten, wird auch von uns gefordert; wir
sind nicht die Herren der geistlichen Gaben, sondern nur die Verwalter
derselben; in kurzem werden wir darüber die genauste Rechenschaft
abzulegen haben; was bedeutet unser weisses Gewand? die höchste
und erhabenste Unschuld des Lebens. Was der Purpur darunter? die
inbrünstige Liebe gegen Gott. Was der so weite Obermantel, daß er
das ganze Maulthier Seiner Eminenz bedecket, ja ein Kameel, bedecken
könnte? eine weit ausgedehnte Liebe, die sich jedermanns annimmt;
lehrt, ermahnt, bestraft, erinnert, Streitigkeiten schlichtet,
ruchlosen Fürsten widersteht, und willig nicht nur Reichthümer, sondern
das Blut selbst zum Besten des Christenvolkes aufopfert. Aber wozu
solche Reichthümer für Statthalter der armen Apostel? Ja, wenn sie
diese Dinge bedenken wollten, so würden sie sich keine Mühe geben,
diese Würde zu erhalten; oder sie würden sich ihrer mit Freuden
entschlagen; oder sie würden nach der Weise der alten Apostel ein ganz
arbeitsames und sorgenvolles Leben führen.

Wenn die Päpste, Christi Statthalter, seinem Leben nachzueifern
trachteten, nämlich seiner Armuth, seinen Arbeiten, seiner Lehre,
seinem Kreuze, seiner Verachtung des Lebens; wenn sie auch nur an den
Namen Pabst, daß ist, Vater, oder an den Beynamen Allerheilichster,
dächten: was würde dann auf Erden traurigers seyn? wer würde sein
Vermögen zur Erkaufung dieser Stelle anwenden? wer würde Schwerdt,
Gift, und jede Gewaltthat hervorsuchen, um sich auf der erkauften
Stelle zu behaupten? wie viele Bequemlichkeiten würden wegfallen,
wenn sie einmal der Weisheit Gehör geben! Der Weisheit, sage ich? Ja,
wenn sie auch nur ein Körnlein des von Jesu gelobten Salzes in sich
hätten! So viele Reichthümer, Ehren, Herrschaft, Siege, Pflichten,
Verwaltungen, Zölle, Ablässe, Pferde, Maulthiere, Trabanten, Wollüste,
Ergötzlichkeiten. O welch einen Reichthum von Herrlichkeiten hab ich in
wenige Worte zusammengefaßt! einen ganzen Jahrmarkt, eine ganze Erndte!

An die Stelle dieser Dinge würden schlaflose Nächte kommen, Fasten,
Thränen, Gebete, Predigten, Tiefsinnigkeiten, Seufzen, und tausenderley
dergleichen jämmerliche Arbeiten. Hiezu kommen so viele Schreiber,
Copisten, Notäre, Advocaten, Promotoren, Secretäre, Eseltreiber,
Roßkamme, Schmarotzer, Unterhändler, Gelegenheitmacher; und ich hätte
bald noch etwas schändlichers hinzugesetzt, wenn ich nicht die Ohren
schonen wollte. Kurz, eine so grosse Menge von Menschen, die dem Sitze
zu Rom zur Last fällt (nein, ich irre mich, Ehre macht) würde sich des
Hungers nicht verwehren können. Ja, unmenschlich, abscheulich wäre
dieses; aber noch weit verruchter, wenn man sogar die öbersten Fürsten
der Kirche, diese wahren Lichter der Welt, an den Bettelstab bringen
wollte. Jetzt aber wird alles, was nur ein wenig mühsam ist, einem
Petrus und Paulus überlassen, die dazu Zeit und Musse genug haben. Was
prächtig und angenehm ist, behält man weislich für sich selbst.

Also geschieht es durch meine Vermittlung, daß bald keine Art
von Menschen weichlicher lebt, unbekümmerter. Sie glauben, ihrer
Christenpflicht vollkommen zu entsprechen, wenn sie in einem mystischen
und beynahe theatralischen Aufputze, mit Ceremonien, mit Titeln,
die alles was heilig ist, in sich schliessen, und mit Segnen und
Verwünschen, Bischoffe spielen. Wunder thun ist etwas veraltetes, und
den heutigen Zeiten ganz und gar nicht angemessen; das Volk lehren,
ist knechtische Arbeit; die Schrift erklären, schulfüchsisch; beten,
Zeitverschwendung; weinen, elend und weibisch; arm seyn, schändlich;
sich besiegen lassen, schimpflich, und dem unanständig, der kaum die
grösten Könige zum heiligen Fußkusse läßt; sterben, unangenehm; sich
ans Kreuz schlagen lassen, ein Schandfleck. Es bleiben ihnen keine
andern Waffen und sanfte Segnungen übrig, als die, deren Paulus (Röm.
16. 18.) Meldung thut; und mit denselben sind sie gewiß sehr freygebig:
Interdictionen, Suspensionen, Aggravationen, Anathematisationen,
Verdammungsgemählde, und der entsetzliche Bannstrahl, der schon einig
ein Stand ist, die Seelen der Sterblichen mit einem Winke bis in die
unterste Hölle zu stürzen.

[Illustration]

Die in Christo allerheiligsten Väter, und Statthalter Christi,
schiessen solche Pfeile wider niemanden schärfer los, als wider
die, welche sich durch den Teufel verleiten lassen, das Patrimonium
des Petrus zu schmälern. Dieser Apostel sagt im Evangelium: »Wir
haben alles verlassen, und sind dir nachgefolgt« und doch nennt man
Landgüter, Städte, Zölle, Schätze, Herrschaften, das Patrimonium
desselben. Um solcher Dinge willen ergreift sie der Eifer Christi; mit
Feuer und Schwerdt vertheidigen sie den Besitz derselben, wenn gleich
noch so viel Christenblut darüber vergossen wird; dann erst glauben
sie, daß sie die Kirche, die Braut Christi, apostolisch vertheidigt
haben, wenn die sogenannten Feinde tapfer abgetrieben worden. Als
ob es schädlichere Feinde der Kirche gebe, als gottlose Päbste, die
durch ihr Stillschweigen Christum lassen zernichtet werden, ihn durch
eigennützige Gesetze binden, durch erzwungene Auslegungen schänden,
durch ein vergiftendes Leben tödten.

Durch Blut wird die christliche Kirche gezeugt, befestigt,
ausgebreitet; jetzt; als ob kein Christus mehr wäre, der die Seinen
auf seine Weise beschützen könnte, wird seine Sache durch das Schwerdt
betrieben. Um den Krieg ist es etwas so unmenschliches, daß man ihn
den wilden Thieren überlassen sollte; nach der Meynung der Dichter
ist er ein Geschenk der Furien; er ist eine solche Pest, daß die
Sitten dadurch ganz und gar verdorben werden; etwas so ungerechtes,
daß er durch die schlimmsten Straßenräuber am besten betrieben wird;
so ruchloses, daß er mit Christo nicht in der geringsten Gemeinschaft
steht: doch setzt man alles übrige hindan, und betreibt nur diesen.
Man sieht Grauköpfe, die sich hier jugendlich-munter erweisen, keinen
Aufwand sich dauern lassen, durch kein Arbeiten ermüdet, durch nichts
abgeschreckt werden, wenn es zu thun ist, die Religion, den Frieden,
alle Menschlichkeit, in die äusserste Zerrüttung zu setzen. Es fehlt
auch an gelehrten Fuchsschwänzern nicht, die diese handgreifliche
Tobsucht, Eifer, Frömmigkeit, Tapferkeit nennen. Sie haben einen
Weg ausgedacht, auf dem man dem Bruder den Dolchen durch das Herz
jagen kann, ohne sich an dem Gebote Christi von der Nächstenliebe zu
vergreifen.

Ich bin noch nicht mit mir einig, ob einige deutsche Bischöffe hier
gelernt oder gelehrt haben, ganz geradezu Gottesdienst, Segen, und
andere dergleichen Ceremonien, an einen Nagel hängend, völlige Satrapen
zu spielen; so, daß sie es bald an einem Bischoffe für Feigheit und
Unanständigkeit halten, irgendwo sonst, als in einer Schlacht, Gott
die tapfere Seele zu übergeben. Gemeine Priester würden sichs zur
Sünde rechnen, von der Heiligkeit ihrer Prälaten abzuarten. O man
sehe, wie kriegerisch sie die Rechte der Zehnten mit Schwerd, und
Spieß, und Steinen, und allen Arten von Kriegsgeräthe vertheidigen!
Vortreflich scharf sind ihre Augen, wenn es zu thun ist, aus alten
Schriften etwas heraus zu grüblen, dadurch sie dem armen Pöbel einen
Schrecken einjagen, und darthun können, daß ihnen noch mehr als nur der
Zehnden gebühre; inzwischen haben sie es ganz vergessen, wie vieles
man hin und wieder von ihren Pflichten gegen die Lügen lese; und doch
sollte wenigstens ihr beschorner Scheitel sie erinnern, ein Priester
müsse von allen Lüsten dieser Welt frey seyn, und blos himmlischen
Dingen nachsinnen. Die allerliebsten Männerchen sprachen, sie haben
sich ihrer Amtspflicht redlich entladen, wenn sie ihre Gebeterchen so
herausgemurmelt haben, das ich mich ich weiß nicht zu was verwundern
sollte, wenn irgend ein Gott es hört, oder versteht; denn sie selbst
hören und verstehen es kaum, wenn sie es aus dem Maule herausdrängen.

Doch stimmen Priester und Layen diesorts überein: wenn es um Einerndten
zu thun ist, so ist alles ungemein wachsam, und die dahin gehörenden
Gesetze sind jedermann bekannt; wenn sich aber etwas Lästiges zeigt, o
da wirft Einer es weislich auf die Schultern des Andern; man sollte
meynen, beym Ballspiele zu seyn. Wie Fürsten die Regierungssachen ihren
Räthen, und diese wieder den Unterbeamten, übertragen: so überlassen
die grossen Cleriker, aus Bescheidenheit, den Fleiß der Gottseligkeit
ganz dem gemeinen Manne; dieser sendet ihn an die sogenannten
Geistlichen, als ob er mit den geistlichen Geschäften nichts zu thun
und durch das Taufgelübd zu nichts dergleichen verpflichtet wäre; die
sogenannten Secularpriester wählen (als ob sie sich nicht Christo
sondern der Welt gewidmet hätten) diese Last auf die Regularen; die
Regularen auf die Mönche; die strengern müssen sie von den weniger
strengen annehmen; alles fällt zuletzt auf die Bettelmönche; doch
wissen auch diese es auf die Cartheuser zu schieben, bey welchen
einzig die Frömmigkeit begraben liegt; denn wirklich liegt sie da so
verborgen, daß schwerlich jemand sich wird rühmen können, etwas davon
gesehen zu haben. Also weihen Päbste, die in der Gelderndte unermüdet
sind, jene allzu apostolischen Arbeiten an die Bettelbrüder, diese
wieder an solche, welche den Schafen alle Wolle abscheren.

Doch, hieher gehörts nicht, das Leben der Päbste und Priester durch
die Musterung gehen zu lassen; man würde sonst denken, es sey mir um
eine Satire, und nicht um eine Lobrede zu thun; und man würde auf den
Argwohn gerathen, ich wolle gute Fürsten durch die Hechel ziehen,
indem ich böse lobe. Ich habe aus keiner andern Ursache auf diese
Dinge gedeutet, als daß man es desto deutlicher einsehen möge, kein
Sterblicher könne ein wonnevolles Leben führen, so lang er nicht
zu meinem Dienst eingeweiht ist, und in meiner Gunst steht. Denn,
wie solle dieses möglich seyn, da selbst die rhamnusische Göttinn,
die Beglückerinn aller menschlichen Dinge, mit mir so sehr unter
dergleichen Decke liegt, daß sie sich jenen Weisen stets im höchsten
Grade feindselig erwiesen, und hingegen den Narren auch im Schlaf
alles Gute zugeschanzet hat. Ihnen, meine Herren, wird jener Timotheus
bekannt seyn, der atheniensische Feldherr, den man das Glückkind zu
nennen pflegte; von ihm kömmt das Sprüchwort her: »dem schlafenden
Fischer hüpfen die Fische ins Garn« und: »ihn begünstigt die Eule der
Minerva« von dem Weisen hingegen heißts »erst unter einem bösen
Planeten gebohren; immer reutet er ein stolperndes Pferd; sein Gold ist
Flitterwaare.« Doch, genug gesprüchwörtelt; man möchte sonst glauben,
ich habe den Adagienkasten meines Erasmus geplündert.

[Illustration]

Ich lenke wieder ein. Die Göttinn des Glücks liebt die Schwindelköpfe,
die Tollkühnen, die alles aufs Spiel setzen. Die Weisheit macht
schüchtern; daher sieht man, wie die Weisen mit der Armuth kämpfen,
den Magen voll Hungers, und den Kopf voll Winds haben, und ein
verachtetes unberühmtes, verhaßtes Leben führen. Den Narren regnet
das Geld zu; sie sitzen am Steuerruder; alles ist blühend bey ihnen.
Wenn es einmal ein Glück ist, grossen Fürsten zu gefallen, und unter
meinen Günstlingen, den mit Edelgesteinen behangenen Erdengöttern,
seinen Wandel zu führen: was kann unnützers seyn, was von diesen
Menschengeschöpfen mehr verabscheutes, als die Weisheit? Wenn es um
Reichthümer zu thun ist, wie wird es um den Gewinn des sich auf der
Weisheitsjagd vertändelnden Kaufmannes stehen! wenn ein Meineid ihm
ein Stein des Anstosses ist? wenn er, auf einer Lüge ertapt, roth
wird? wenn er sich um die Gewissensgrübeleyen der Weisen, über Diebstal
und Wucher, nur ein Haar bekümmert. Wer sich nach den Ehrenstellen und
Gütern der Kirche bestrebt, muß sich der Weisheit hurtig entschlagen,
sonst wird jeder Esel, jeder Büffel, ihn überlaufen. Wenn Sie, meine
Herren, eine Neigung zur Wollust haben, so lassen Sie sich berichten,
daß ein Mädchen (ein solches wird Ihnen wohl im Kopfe stecken) einem
Narren von ganzem Herzen gewogen ist, und den Weisen wie einen Scorpion
verabscheut und flieht. Wenn es Ihnen um ein lustiges Leben zu thun
ist, o so lassen Sie sich ja keinen Weisen mehr kommen, und wählen
Sie sich lieber den ersten den besten Tummkopf zum Gefehrten. Kurz,
wohin man sich immer wendet, an Päbste, Fürsten, Richter, Obrigkeiten,
Freunde, Feinde, Hohe, Niedere, alles richtet sich nach dem Gelde.
Freylich verachtet der Weise das Geld; aber, es läßt sich auch recht
angelegen seyn, ihn zu fliehen.

[Illustration]

Ja, meine Herren, wenn man einmal anfängt, mich zu loben, so verliert
man Maaß und Ziel; und doch muß jede Rede einmal zu Ende gehen.
Auch ich werde zu reden aufhören, aber dann erst, wenn ich mit wenigem
werde gezeigt haben, es fehle nicht an grossen Schriftstellern, die
mich durch Feder und Leben berühmt gemacht haben; sonst würd ich blos
eine arme Närrinn zu seyn scheinen, die niemanden als sich gefällt;
auch würden die Herren Gesetzdrechsler es mir zur Schande rechnen, daß
ich nicht citiere. Nun denn, nach ihrem Beyspiele will in das Kreuz
und in die Quer citieren. Erstlich hab ich weiß nicht wo gelesen, »wo
es am Wesentlichen fehle, sey das Scheinbarste das beste.« Auch der
Schuljugend selbst pflegt man es einzuschärfen, »gelegentlich den
Narren zu spielen, sey grosse Weisheit.« Schon hieraus wird man den
Schluß ziehen können, um die Narrheit müsse es etwas vortrefliches
seyn, weil auch ihr täuschender Schatte, und ihre blosse Nachahmung,
von den Gelehrten so sehr herausgestrichen wird. Horaz, der sich selbst
ein fettes und glänzendes Schwein aus Epikurs Heerden betittelt, sagts
recht ehrlich heraus, »in die Weisheit müsse sich Narrheit mischen,«
nur hätt er der Narrheit nicht das Lumpenwörtchen »kurzdaurend«
vorhersetzen sollen. Eben dieser sagt auch, »schicklich den Narren zu
treiben, macht Vergnügen;« und »besser ists, ein Narr und Tölpel zu
scheinen, als Weise zu seyn, und ausgezischt zu werden.« Homer trachtet
seinen Telemach wo möglich bis in den Himmel zu erheben, und doch nennt
er ihnen zuweilen einen närrischen Jungen; und ein gutes Zeichen für
jeden ist es, den die Dichter mit diesem Beynamen beehren. Was enthält
die heilige Ilias anders, als den Zorn närrischer Könige und Völker?
Cicero redet mein Lob frey heraus, da er sagt »die Welt ist ganz
mit Narren bevölkert.« Und wer weiß nicht, daß jedes Gute um soviel
vortreflicher sey, um so viel ausgedehnter es ist?

Vielleicht stehen diese Schriftsteller bey den Christen in schlechten
Rufe; ich will daher, wenn man es für gut findet, mein Lob auch auf
Stellen der heiligen Schrift steuern oder gründen. Euch aber, ihr
Herren Theologen, muß ich zuvor in Demuth um Erlaubniß dazu bitten; und
weil ich ein schweres Werk beginne, und es vielleicht ein Verbrechen
wäre, die Musen von ihrem Helikon, eine so weite Strecke, zum
zweytenmale herab zu bemühen, insonderheit da ihnen mein Gegenstand
etwas fremd seyn möchte: so wirds vielleicht verträglicher seyn, daß
mitlerweil, alldieweil ich die Rolle eines Theologen spiele, und mich
durch so dörnichte Wege hindurchreisse, die Seele des Scotus, spitziger
als ein Igel oder Stachelschwein, in meine Brust wandere, aber sich
bald wieder wegdrolle, wohin es ihr dann belieben wird, wenn es auch
auf den Rabenstein seyn sollte.

Möcht ich mein Gesicht ändern, und mich recht theologisch aufstutzen
können! Ich fürchte aber anbey auch, man werde mich eines Diebstals
beschuldigen, daß ich so vieles theologisches Zeug aus meiner Ficke
hervorziehend, die Schränke der grundgelehrten Männer heimlich
geplündert habe. Man hat sich aber nicht groß zu verwundern, wenn ich
in meinem langen und genauen Umgange mit den Theologen, etwas erhascht
habe; dann hat nicht auch jener Holzbock, der Gott Priapus, beym Lesen
seines Herrn und Meisters, einige griechische Wörter bemerkt und im
Gedächtnisse behalten? und Lucians Hahn, der lange unter den Menschen
lebte, hat er nicht auch wie ein Mensch geplaudert? Wohlan denn; Glück
zum Unternehmen!

Der Prediger schreibt im ersten Capitel: »die Zahl der Narren ist
unendlich.« Nun, sollte die unendliche Zahl nicht alle Sterblichen
in sich schliessen; ausser einige wenige; aber, wer ist so glücklich
gewesen, diese zu sehen? Noch offenherziger sagt Jeremias im zehnten
Capitel, die Sache heraus: »durch ihre Weisheit sind alle Menschen
zu Narren geworden.« Gott einzig legt er Weisheit bey, und wirft den
Menschen überhaupt die Narrheit zum Erbtheile hin. Kurz vorher hatte
er gesagt »der Mensch rühme sich nicht in seiner Weisheit.« Warum,
ehrlicher Jeremia, soll der Mensch sich nicht in seiner Weisheit
rühmen? Auf diese Frage würd er anders nichts sagen, als: weil er
keine Weisheit besitzt. Ich komme wieder auf den Prediger. Da er
ausruft: »Eitelkeit der Eitelkeiten; alles ist eitel,« so wird wohl
niemand glauben, daß er dadurch etwas anders habe andeuten wollen,
als was bereits gesagt worden: das menschliche Leben sey ein bloses
Narrenspiel. Dieses legt dem auf mich verfertigten und bereits
angeführten Lobspruche des Cicero seine Stärke bey: es wimmle alles
von Narren. Wenn jener weise Mann ferner sagt: »der Narr ändert sich
wie der Mond, der Weise bleibt wie die Sonne« was sagt er dadurch
anders, als: das ganze Menschengeschlecht sey närrisch, und Gott allein
gebühre der Titel eines Weisen? denn, durch den Mond versteht man die
menschliche Natur; durch die Sonne hingegen Gott, die Quelle alles
Lichtes. Christus stimmt in dem Evangelium diesem bey, da er sagt, man
müsse Gott allein gut nennen; nun, wenn jeder Unweise ein Narr, jeder
Gute aber ein Weiser ist, wie die Stoiker lehren, so folgt nothwendig,
daß alle Sterblichen närrisch sind.

[Illustration]

Salomon sagt im fünfzehnten Capitel seiner Sprüche: »die Narrheit
macht dem Narren Freude;« er gesteht es also rund heraus, ohne die
Narrheit habe dieses Leben nichts angenehmes. Hieher gehört auch
dieses: »wo viele Weisheit ist, da ist viel Schmerzen; und wo viel
Verstand ist, grämt man sich sehr.« Eben hievon redet auch dieser
vortrefliche Prediger, im siebenden Capitel: »das Herz der Weisen
ist bey der Traurigkeit; das Herz der Narren bey der Freude.« Es war
ihm nicht genug, daß er sich mit der Weisheit bekannt machte, nein,
er wollte zugleich mich kennen. Wer mir auf mein Wort nicht glauben
will, der höre seine Worte des ersten Capitels: »ich habe mein Herz
darauf gesetzt, zu wissen was Klugheit und Lehre, was Irrthümer und
Narrheit seyen.« Hier ist zu bemerken, daß er aus Ehrerbietung für die
Narrheit sie zuletzt genennet hat; denn der Prediger schreibt (und
bekanntermaassen ist dieses die Predigerweise) der, welcher an Würde
der erste ist, solle die letzte Stelle einnehmen; und hiemit stimmt das
evangelische Gebot überein.

Daß die Narrheit der Weisheit vorzuziehen sey, sagt auch deutlich jener
Ecclesiasticus, wer er immer gewesen, in seinem vier und vierzigsten
Capitel. Doch nein, meine Herren, ich werde seine Worte nicht ehender
anführen, als bis Sie mir (beym Herkules sey es geschworen) gewisse
Einleitungsfragen, wie es beym Plato die machen, welche sich mit dem
Socrates unterreden, richtig beantwortet haben. Nun, schickt sichs
besser, etwas seltenes und kostbares zu verbergen, als etwas gemeines
und geringes? Wie! Sie schweigen? Gut! wenn Sie gleich mäusestill
da stehen, so soll das Sprüchwort der Griechen für Sie antworten:
»Den irdenen Wasserkrug läßt man an der Thür stehen.« Nein, niemand
versündige sich durch Verspottung dieses Sprüchworts; wir finden es
bey dem von unsern Meistern göttlich verehrten Aristoteles. Würde,
meine Herren, einer von Ihnen Narrs genug seyn, seine Edelgesteine und
sein Geld auf die Strasse hinaus zu legen? Im innersten Zimmer, in den
geheimsten Winkeln eiserner Küsten, werden Sie es verschlüssen; was Sie
öffentlich liegen lassen, muß wirklich ein Quark seyn. Wenn man also
das Kostbare verschließt, und das Schlechte öffentlich liegen läßt:
folgt nicht deutlich, die Weisheit, die er zu verbergen verbietet? Nun
möge man seine eigenen Worte hören. »Der Mensch, der seine Narrheit
verbirgt, ist besser, als der Mensch, der seine Weisheit verbirgt.«

Die heiligen Bücher schreiben auch der Narrheit ein aufrichtiges Gemüth
zu, alldieweil der Weise meynt, daß niemand ihm zu vergleichen sey.
Einmal versteh ich es so, was der Prediger im zehnten Capitel sagt.
»Wenn der Narr auf der Strasse geht, so glaubt er, weil er närrisch
ist, jeder, der ihm begegnet, sey ein Narr.« O welche Redlichkeit!
er achtet jeden so gut als sich; er, da jedermann hohe Gedanken an
sich selbst hat, theilt seinen Ruhm mit jedermann. Ein so grosser
König schämte sich auch dieses Beynamens nicht, da er im dreißigsten
Capitel sagt: »Ich bin der Närrischste unter den Menschen.« Und auch
Paulus, der Heidenlehrer, bezeugt in seinem Brief an die Corinther,
daß er sich den Titel eines Narren sehr wohl gefallen lasse: »als ein
Narr (spricht er) sag ich es; mehr als irgend ein anderer« als ob er
sichs zur Schande rechnete, an Narrheit übertroffen zu werden. Freylich
widersprechen mir einige Nasenweise, die sich mit ihrem Griechischen
brüsten, die heut zu Tage, recht krähenmäßig, die Augen so vieler
Theologen auspicken, und ihren Auslegungsquark Andern aufdringen
wollen; und hier kann mein Erasmus (den ich oft aus Hochachtung nenne)
Anspruch, wo nicht auf die erste doch auf die zweyte Stelle machen.
Ja (rufen sie), sich so auf die angeführte Stelle zu beziehen, ließ
sich wirklich von niemanden als von der Narrheit erwarten; der Apostel
hatte was ganz anders im Sinn, als ihm hier angeträumt wird; in diesen
Worten ist es ihm nicht darum zu thun, daß man ihn für närrischer
als Andere halten solle, sondern er sagt: »sie sind Diener Christi,
und auch ich bin es;« und sich gleichsam rühmend, daß er den übrigen
nicht nur gleich sey, sondern sie diesorts noch übertreffe, setzt
er hinzu, »noch mehr als sie.« Damit man aber nicht denken möge, er
sage dieses aus Stolze, verwahrt er sich durch den Zusatz, er habe
thöricht geredet. »Als ein Unweiser (spricht er) sag ich es,« denn
bekanntermaßen haben die Narren das Vorrecht, Dinge zu reden, an denen
man sich aus ihrem Munde nicht ärgert.

Was Paulus, da er das obige geschrieben, bey sich gedacht habe, überlaß
ich diesen Herren, es auszufechten. Ich trete in die Fußtapfen der
grossen, fetten, dicken und den meisten Beyfall erhaltenden Theologen;
denn (beym Jupiter!) ein grosser Theil der Lehrer will lieber mit
diesen irre gehen, als mit jenen griechischen, lateinischen, und
hebräischen Dreyzünglern den richtigen Weg einschlagen. Auf ihre Reden
achtet man so wenig als auf ein Krähengewäsche; insonderheit da ein
ruhmvoller Theolog[1] (dessen Namen ich mit Vorbedacht verschweige,
damit nicht eine griechische Krähe das »der Esel bey der Leyer«
spöttisch ausrufe) diese Stelle theologisch-meisterhaft erklärt. Mit
den Worten »als ein Unweiser sag ich es; ich bin es mehr als sie« fängt
er ein neues Capitel an; und mit einem dialectischen Meisterzuge fügt
er einen neuen Abschnitt bey; und dieses auf folgende Weise, dabey ich
seine eigenen Worte nicht nur formaliter sondern auch materialiter
anführen will: »Als ein Unweiser sag ich es,« daß ist wenn ich euch als
Narr vorkomme, indem ich mich den falschen Aposteln an die Seite setze,
so werdet ihr mich noch für närrischer halten, daß ich ihnen den Weg
ablaufe. Aber bald darauf fällt der gute Mann, der kein eisenmässiges
Gedächtniß haben muß, auf etwas ganz anders.

Aber, was hab ich nöthig mich ängstlich auf ein einzelnes Beispiel
zu berufen? Die Theologen haben sich ja augenscheinlich das Recht
verschaft, den Himmel, daß ist die heilige Schrift, wie der Schuster
das Leder auszudehnen. Beym Paulus widersprechen sich gewisse Worte
der Schrift, die sich an den Stellen, daraus sie gezogen sind, nicht
widersprechen; wenn man den fünfzüngigen (griechisch, lateinisch,
hebräisch, chaldäisch, und Dalmatisch redenden) Hieronymus Glauben
zustellen kann. Zum Exempel, der Apostel sah in Athen die Aufschrift
eines Altars; er verdreht sie zum Behufe des christlichen Glaubens;
indem er alles das wegläßt, was seiner Sache hätte nachtheilig seyn
können, und nur diese Worte »dem unbekannten Gott« und zwar auch
geändert, anführt; die ganze Aufschrift lautete also: »Den Göttern
von Asia, Europa und Afrika, den unbekannten und fremden Göttern.«
Nach diesem Beyspiele, wie mich deucht, richten sich unsre heutige
Theologen; hier und da klauben sie vier oder fünf Wörtchen zusammen,
und auch diese, wenn es nöthig ist, drehen sie so lang herum, bis
sie dabey ihren Vortheil finden, wenn gleich das Vorhergehende und
Folgende nichts dazu hülft, oder ihm wohl gar gerade widerspricht.
Dieses thun sie mit einer so glücklichen Unverschämtheit, daß oft die
Rechtsgelehrten auf die Theologen eifersüchtig werden.

Worinn sollt es ihnen jetzt nicht gelingen? Jener grosse Theolog (bald
hätt ich ihn wieder genannt, wenn der Esel bey der Leyer mich nicht
nochmals abgeschreckt hätte) hat ja aus einigen Worten des Lucas eine
Meynung herausgeleiert, die mit dem Sinne Christi so verträglich ist,
wie das Feuer mit dem Wasser. Da sich die äusserste Gefahr näherte,
eine Zeit, in welcher getreue Anhänger sich am geflissensten erweisen,
ihren Gönnern beyzustehen, und nach bestem Vermögen auf ihrer Seiten zu
streiten, da fragte Christus seine Jünger, die er lehren wollte, sich
auf keine solche äusserlichen Vertheidigungsmittel zu verlassen, ob sie
je an etwas Mangel gehabt haben, da er sie ohne Reisegeld ausgesandt
hatte; da sie weder mit Schuhen zur Vertheidigung wider Dornen und
Steine, noch mit einem Reisesack und Nahrungsmittel zur Abtreibung des
Hungers versehen gewesen. Nein, sagten sie, nie hatten wir Mangel.
Jetzt aber, sprach er, wer einen Beutel und Sacke hat, nehm ihn; und
wer kein Schwerdt hat, kaufe eines, wenn er gleich deßwegen seinen
Rock verkaufen müßte. Da Christus stets die Sanftmuth, Verträglichkeit
und Verachtung des Lebens einschärfte, so ist hier seine Meynung
nicht schwer zu finden; nämlich, um seine Gesandten jetzt noch mehr
zu entwaffnen, sagt er ihnen, sie sollen sich nicht nur der Schue
und des Sackes entschlagen, sondern auch den Rock wegwerfen, um das
evangelische Geschäft desto hurtiger und ungehinderter betreiben zu
können; sie sollen sich nichts anschaffen, als ein Schwerdt; nicht ein
solches, mit welchem Räuber und Mörder zu würgen pflegen, sondern das
Schwerdt des Geistes, das bis in das Innerste der Seele dringt, und
daraus alle Leidenschaften so ausrottet, daß nichts als Frömmigkeit in
dem Herzen herrscht.

Man sehe aber, wie jener Theolog die Sache zu verdrehen weiß: das
Schwerdt erklärt er für die Vertheidigung gegen die Verfolgung; durch
den Sack versteht er einen zureichenden Vorrath von Lebensmitteln; als
ob Christus seine Meynung ändernd, weil es das Ansehen haben könnte,
er habe seine Gesandten nicht stattlich genug ausgerüstet, über seine
vorige Anordnung einen Widerruf thue. Also hätte er seiner vorigen
Aussprüche vergessen: sie werden selig seyn, wenn man sie schmähe,
schimpfe, peinige; sie sollen den Bösen nicht widerstehen; denn die
sanftmüthigen seyen selig, nicht die trotzigen; sie sollen die Vögel
und die Lilien zum Beyspiele nehmen; jetzt sollen sie sich wohl hüten,
die Reise ohne Schwerdt anzutreten; ehender sollen sie ihre Kleider
verkaufen. Wie er also meynt, daß unter dem Worte Schwerdt alles
verstanden werde, das zur Abtreibung eines feindlichen Angriffes
dienlich seyn kann: also versteht er durch Beutel und Sack alle
Lebensbedürfniß.

Also versteht dieser Dolmetscher des Geistes Gottes die Apostel mit
Ober- und Untergewehr, um soldatenmäßig den Gekreuzigten zu predigen;
auch läßt er es ihnen an Reisegepäcke und Mundproviant nicht fehlen,
damit sie nicht genöthigt seyen, auch das schlechteste Gasthaus
mit hungerndem Magen zu verlassen. Der Mann läßt sichs auch nicht
anfechten, daß auf den Befehl, ein Schwerdt zu kaufen, bald ein anderer
erfolgte, der das Schwerdt einstecken hieß; auch daß es nie erhört
worden, daß die Apostel sich wider Angriffe der Heiligen des Schwerdtes
und Schildes bedient haben; etwas, das sie ohne Zweifel gethan hätten,
wenn ihnen dazu ein Befehl wäre gegeben worden.

Ein Anderer[2], den ich aus Hochachtung nicht nenne, und der ein sehr
berühmter Mann ist, macht aus den bey dem Habakuk vorkommenden Häuten,
das ist Gezelten der Midianiten, die Haut des lebendiggeschundenen
Bartholemäus.

Neulich wohnt ich, wie ich es oft thue, einer theologischen Disputation
bey; jemand kam mit der Frage angestochen, auf welche Schriftstelle
sichs gründe, daß man einen Ketzer ehender durch Feuer und Schwerdt
als durch Vernunftgründe besiegen müsse. Ein saurer Graukopf, an dem
schon die gerümpfte Stirn den Theologen verrieth, schrie auf eine
hämische Weise, dieses Gesetz hat ja Paulus gegeben, da er sprach:
»einen ketzerischen Menschen meide, nachdem du ihn etlichemal ermahnet
hast.« Nachdem er diese Worte mit grossem Nachdrucke verschiedenemal
wiederholet hatte, und jedermann im Zweifel war, was sich doch in des
Mannes Kopfe müsse zugetragen haben, ließ er sichs endlich gefallen,
sich näher zu erklären. Um diese seine Erklärung zu verstehen, müssen
Sie meine Herren wissen, daß der Mann latein geredet habe, und, »meide«
in dieser Sprache heisse _devita_; nun spaltete der verschmitzte Mann
dieses Wort, und schrie: heißt es nicht ausdrücklich _de vita_ »aus dem
Leben weg« und ists nicht klar, daß man die Ketzer verbrennen und die
Asche in die Luft streuen müsse?

Einige lachten; doch fehlt es auch an solchen nicht, denen diese
Erklärung recht theologisch zu seyn schien. Weil sich aber doch noch
Ungläubige finden lassen, ließ sichs unser unbesiegbare Held gefallen,
den Knoten mit einmal zu zerschneiden, indem er sprach: Merket auf;
es steht geschrieben, einen Maleficanten soll man nicht leben lassen;
nun ist jeder Ketzer ein Maleficant; und folglich, und so weiter. Alle
Anwesenden bewunderten des Mannes Scharfsinn, und fielen seiner Meynung
mit Haut und Haaren bey; keinem träumte auch nur, daß das Gesetz von
Zauberern rede, die hier durch Maleficanten verstanden werden; sonst
müßte man auch jeden Hurer und Trunkenbold, die ja auch Maleficanten
oder Uebelthäter sind, mit dem Tode bestrafen.

Bin ich aber nicht närrisch, daß ich mich bey Dingen verweile, deren
es so unzählbar giebt, daß sie in den tausend von dem Chrysippus und
dem Didymus geschriebenen Bänden nicht Raum finden könnten. Nur dieses
möcht ich mir ausgebeten haben: da man es jenen Meistergelehrten
nicht übel nimmt, wenn sie zuweilen einen Fehlschluß thun, so hoff
ich, man werde für mich auch, deren theologische Einsichten noch auf
sehr schwachen Füssen stehen, Nachsicht haben, wenn ich nicht alles
haarklein abgezirkelt habe.

Endlich komm ich wieder auf den Paulus. Indem er von sich selbst redet,
spricht er: »Ihr pfleget die Thoren mit Geduld zu ertragen -- nehmet
auch mich als einen Thoren an -- ich rede nicht nach Gott, sondern wie
in Thorheit -- wir sind Narren um Christi Willen.« Man hat gehört,
wie der grosse Mann zum Lobredner der Narrheit wird. Ja, öffentlich
fordert er zur Narrheit auf, als zu der nothwendigsten und heilsamsten
Sache:»Wer unter euch weise zu seyn scheint, der werde ein Narr, damit
er weise werde.« Beym Lucas werden zween Jünger, zu denen Jesus sich
auf dem Wege gesellt, von ihm Narren genennt. Noch mehr verwundere ich
mich darüber, daß Paulus das Herz hat, Gott selbst etwas von Narrheit
zuzuschreiben: Gottes Narrheit ist besser als der Menschen Weisheit.
»Der Ausleger Origines will nicht, daß man diese Narrheit der Meynung
der Menschen beylege; wie auch nicht die Stelle das Wort des Kreuzes
ist Narrheit bey denen, die verlohren gehen.«

Warum bemühe ich mich aber, die Sache ängstlich durch so viele
Zeugnisse zu unterstützen? In den mystischen Psalmen sagt Christus
gerade heraus zum Vater: »Dir ist meine Thorheit bekannt.« Es
geschicht nicht von ungefehr, daß Gott an den Narren ein so herzliches
Wohlgefallen hat; die Ursache wird wohl diese seyn: Bey den grösten
Fürsten sind die, welche allzuklug und scharfsichtig sind, verdächtig
und verhaßt; also traute Cäsar dem Brutus und Cassius nicht, setzte
aber kein Mißtrauen in den nassen Bruder Antonius; Nero konnte den
Seneca nicht leiden; Dionysius den Plato nicht. Hingegen machen ihnen
die Dickköpfichten und Unweisen ein grosses Vergnügen. Gleicherweise
verabscheut und verdammt Christus durchgehends jene Weisen, die sich
auf ihre Klugheit was grosses einbilden. Paulus giebt es deutlich zu
verstehen, wenn er sagt: »was närrisch vor der Welt ist, das hat Gott
gewählt -- es hat Gott gefallen, durch Narrheit die Welt zu erhalten;«
die Welt, die durch Weisheit nicht zu verbessern war. Ja, Gott selbst
spricht durch den Mund des Propheten: »ich will die Weisheit der Weisen
verderben, und die Klugheit der Klugen zernichten.« Auch hat Christus
Gott gedankt, daß er das Geheimniß des Heils den Weisen verborgen,
und den Unmündigen (nach der Kraft der Grundsprache, den Narren)
geoffenbaret habe, die er den Weisen entgegensetzt.

Hieher gehört auch, daß Christus in dem Evangelium durchgehends, den
Pharisäern, Schriftgelehrten und Gesetzerklären, den Krieg ankündigt,
und hingegen den ungelehrten Pöbel in seinen Schutz nimmt; denn das
»wehe euch Schriftgelehrten Pharisäern« wird zuletzt anders nichts
sagen wollen, als »wehe euch Weisen.« Kindern, Weibern, Fischern, war
er vorzüglich gewogen.

Unter den Thieren gefielen ihm die vorzüglich, welche von der Klugheit
des Fuchses am weitesten entfernt sind. Er wählte sich einen Esel bey
seinem Einzuge, und hätte sich, wenn es ihm beliebt hätte, eben so
sicher dazu eines Löwen bedienen können. Der heilige Geist kam in der
Gestalt einer Taube herab, nicht eines Adlers oder Geiers.

Ferner nimmt die heilige Schrift oft Gleichnisse von Hirschen, Rehen
und Lämmern her. Die zur Unsterblichkeit Auserwählten werden Schafe
genannt; nun giebts nichts dümmers als dieses Thier; und schon beym
Aristoteles steht ein Schafskopf in keinem grossen Ruhme. Christus
schämt sich nicht, für den Hirten einer solchen Heerde gehalten zu
werden; und Johannes bezeugt, daß es ihm gefallen habe, wenn man ihn
ein Lamm nennte »siehe das Lamm Gottes.« Und so wird er im Buche der
Offenbarung oft betitelt.

Was heißt alles dieses anders, als die Menschen, auch die Frommen,
seyen Narren? Christus, um der Narrheit der Sterblichen zu Hülfe zu
kommen, da er die Weisheit des Vaters war, habe selbst etwas von dieser
Art mit des Menschen Natur angenommen, da er in seinen Geberden als
ein Mensch erfunden worden? so wie er auch um der Sünde abzuhelfen,
zur Sünde geworden; und abhelfen wollte er ihr blos durch die Thorheit
des Kreuzes; sich auch nur tummer und ungelehrter Apostel bedienend,
denen er fleisig Narrheit empfiehlt, sie von der Weisheit abschreckend,
indem er ihnen Kinder, Lilien, Senfkörner, Sperlinge, zum Muster der
Nachahmung anpreist; tumme und verstandlose Geschöpfe, die blos durch
den natürlichen Instinkt, ohne Kunst und Sorge fortdauern. Er will, daß
sie sich nicht darum bekümmern sollen, was sie von den Grossen der Welt
reden wollen; er verbietet ihnen, den Zeiten und ihren Veränderungen
nachzuforschen, damit sie sich in nichts auf eigene Klugheit sondern
ganz auf ihn verlassen mögen.

Gott, der Baumeister der Welt, verbietet den ersten Menschen, von dem
Baume der Erkenntniß nur das geringste zu kosten; gerade, als ob dieses
für die Glückseligkeit ein Gift wäre. Paulus spricht deutlich, daß das
Wissen etwas aufblähendes und schädliches sey. Bernhardus, wenn ich
mich nicht irre, nahm ihn zum Muster, da er den Berg, den Lucifer nach
einer Meinung zu seinem Wohnsitze gewählt, den Berg der Erkenntniß
nennt. Vielleicht verdient auch dieses zum Beweise angeführt zu werden,
daß die Narrheit bey den Himmelsbewohnern in Gunst stehe: man beruft
sich auf sie, wenn man Verzeihung wegen einen Fehler erhalten will; der
Weise weiß wohl, daß er nicht Vergebung finde, wenn er etwas verfehlt
hat; und was thut er in solchem Falle? er giebt vor, daß er sich gleich
einem Narren betragen habe. Wenn Aaron (wenn ich mich recht erinnere,
im vierten Buche des Moses) die Sünde seines Weibes abbittet, so
spricht er: »ich bitte dich, mein Herr, rechne uns diese Sünde nicht
zu, die wir thöricht begangen haben.« Auch Saul bittet den David also
um Vergebung: »es liegt ja klar am Tage, daß ich thöricht gehandelt
habe.« David selbst trachtet sich also bey Gott einzuschmeicheln: »ich
bitte dich, Herr, nimm das Verbrechen von deinem Knechte weg, denn
wir haben thöricht gethan,« als ob er keine Vergebung hätte erhalten
können, wenn er nicht Narrheit und Unwissenheit vorgeschützt hätte.

[Illustration]

Das überzeugendeste ist dieses: da Christus am Kreuze für seine
Feinde bath, sprach er: »Vater, vergieb ihnen, denn sie wissen nicht
was sie thun.« Ihre Unklugheit hält er für ihre beste Entschuldigung.
Also schrieb Paulus an den Timotheus: »Gott erwieß sich mir barmherzig,
weil ich es im Unglauben unwissend that.« Was heißt das »unwissend«
anders, als er habe es aus Narrheit und nicht aus Bosheit gethan? Und
sieht man hier nicht zugleich, nur unter dem Schutze der Narrheit
sey ihm Barmherzigkeit wiederfahren? Auch dient hieher die Stelle
(ich führe sie aus Vergeßlichkeit etwas spät an) des mystischen
Psalmdichters: »Gedenke nicht der Uebertretungen meiner Jugend und
meiner Unwissenheiten.« Haben Sie es bemerkt, meine Herren, daß er
seine Jugend vorschützt, die mich zur steten Gefehrtinn hat, und seine
Unwissenheiten, wo die gebrauchte mehrere Zahl die Grösse seiner
Thorheit andeutet.

Damit ich mich nicht ins Unendliche vertiefe, will ich nur überhaupt
dieses sagen: Es scheint wirklich, die christliche Religion stehe mit
der Narrheit in einer Art von Verwandtschaft und vertrage sich mit
der Weisheit ganz und gar nicht. Wie! man verlangt Beweise hierüber?
Hier sind sie: Erstlich; Kinder, Greisen, Weiber, Blödsinnige, haben
vorzüglich ein Vergnügen an Kirchlichen Gebräuchen und Ceremonien;
sie drängen sich stets am nächsten zu den Altären; und zwar blos
durch einen Naturtrieb. Anbey waren die ersten Stifter der Religion
wunderbare Freunde der Einfalt und geschworne Feinde der Gelehrtheit.
Endlich giebt es keine tümmere Stocknarren, als die, in denen die
Flamme der christlichen Frömmigkeit lichterloh brennet; sie werfen ihr
Geld reichlich aus, achten keine Beschimpfung, lassen sich betrügen,
machen keinen Unterschied zwischen Freunden und Feinden, verabscheuen
die Wollust, mästen sich mit Fasten, Wachen, Weinen, Arbeiten,
Grümmungen; sind des Lebens überdrüssig, wünschen sich nichts als den
Tod; kurz, es scheint, selbst der gemeine Menschenverstand könne keinen
Eindruck mehr in sie machen; es ist, als ob sich ihr Geist um eine
andere Herberge umgesehen, und seinen Leib verlassen habe. Und was ist
dieses anders als Wahnsinn? Nein, es ist sich eben nicht groß darüber
zu verwundern, daß es schien, die Apostel seyen voll süssen Weins; und
daß es den Richter Festus deuchte, Paulus rase.

Da es mir einmal geglückt ist, mich, gleich jenem Esel, in der
Löwenhaut sehen zu lassen, so will ich es wagen, auch dieses zu
behaupten; die Glückseligkeit der Christen, um die sie sich so mühsam
bearbeiten, ist anders nichts, als eine Art von Wahnsinn und Narrheit.
Nein, meine Herren, bey den Worten müssen sie sich nicht aufhalten,
sondern die Sache selbst erwägen.

Die Christen, die in vielen Stücken mit den Platonikern übereinstimmen,
behaupten, die Seele sey mit Banden des Körpers gefesselt, und werde
durch die Schwere desselben gehindert, sich zur Betrachtung und zum
Genusse des Wahren hinaufzuschwingen. Daher beschreibt Plato die
Philosophie als eine Betrachtung des Todes, weil sie die Seele von
sichtbaren und körperlichen Dingen entfernt; etwas, das sie mit dem
Tode gemein hat. So lange die Seele sich der Werkzeuge des Leibes
richtig bedient, ist sie gesund zu nennen; wenn sie aber, die Bande
zerreissend, sich nach Freyheit bestrebt, und auf Flucht aus dem
Kerker denkt, nennt man es Wahnsinn. Und doch sehen wir zuweilen,
daß diese Art von Menschen künftige Dinge vorhersagt, Sprachen und
Wissenschaften besitzt, die sie vorhin nicht erlernet hatte, und
durchgehends etwas Göttliches äussert. Ohne Zweifel kömmt dieses daher,
daß die von der Knechtschaft des Leibes etwas freyere Seele anfängt,
sich ihrer angebohrnen Stärke zu bedienen. Und eben dieses halte ich
auch für die Ursache, daß Sterbende zuweilen wie Begeisterte reden.

Wenn eine übertriebene Frömmigkeit hieran schuld hat, so ists
vielleicht eine andere Art von Wahnsinne, doch jenem so nahe verwandt,
daß die wenigsten Menschen den Unterschied einsehen; insonderheit da
die Zahl derer sehr klein ist, die sich in allen Theilen ihres Lebens
von den übrigen Menschen unterscheiden. Plato soll uns helfen, sie zu
beschreiben: Menschen befinden sich in einer Höle eingeschlossen, da
sie nichts als den Schatten der Dinge sehen; einer von ihnen hat sich
daraus durch die Flucht gerettet; er kömmt wieder zu ihnen und spricht,
er habe wirkliche Dinge gesehen; sie befinden sich in einem gewaltigen
Irrthume, da sie glauben, es gebe nichts ausser den elenden Schatten;
dieser Weise hat Mitleiden mit dem Wahnsinne der sich so sehr Irrenden;
sie aber lachen über ihn, als über einen Blödsinnigen, und stossen ihn
von sich.

Also bewundert der Pöbel die körperlichen Dinge am meisten, und glaubt,
daß es keine andern gebe. Fromme hingegen verachten das, welches dem
Körper am nächsten kömmt, am meisten, und werden ganz zur Betrachtung
unsichtbarer Dinge hingerissen. Jene ziehen die Reichthümer allem
vor; dann denken sie auf die Gemächlichkeit des Leibes; und die Seele
muß sich mit der letzten Sorge behelfen; ja die meisten glauben nicht
einmal eine Seele: denn sie läßt sich ja nicht sehen! Diese hingegen
steuern sich zuerst ganz auf Gott selbst, das einfältigste unter
allen Wesen; nach diesem sehen sie auf das, was demselben am nächsten
kömmt, auf ihre Seele; auf den Leib wenden sie keine Sorge; und das
Geld verachten und fliehen sie, als ob es Koth wäre. Wenn sie sich je
mit etwas dergleichen abgeben müssen, so thun sie es als eine schwere
Arbeit mit Widerwillen; sie habens, als hätten sies nicht; besitzens,
als besässen sies nicht. Durchgehends sind sie auch noch auf vielerley
Weise von einander verschieden.

Ja, alle Sinnen sind dem Leibe anverwandt; doch sind einige derselben
gröber, als das Gefühl, das Gehör, das Gesicht, der Geruch, der
Geschmack; andere sind von dem Körper entfernter, als das Gedächtniß,
der Verstand, der Wille. Da, wo die Seele sich am meisten an etwas
tastet, ist sie am stärksten. Weil die Frommen alle ihre Seelenkräfte
dem widmen, das sich von den gröbern Sinnen am weitesten entfernt, so
sind sie hier wie tumm und betäubt. Mit dem Pöbel verhält sich die
Sache gerade verkehrt. Haben wir nicht von einigen Gottesgelehrten
gehört, daß sie in ihrer Zerstreuung Oel anstatt Wein getrunken haben?

Unter den Leidenschaften der Seele haben einige mit dem groben Körper
mehrere Gemeinschaft; zum Exempel die Lüsternheit der Wollust, die
Begierde zum Essen und Schlafen, der Zorn, der Stolz, der Neid;
mit diesen sind die Frommen in steten Kriege verflochten; die
Irdischgesinnten hingegen meynen, daß sichs ohne dieselbe nicht leben
lasse.

Es giebt Leidenschaften von einer mittlern Natur; sie sind gleichsam
etwas natürliches; zum Exempel Liebe gegen das Vaterland, gegen die
Kinder, die Aeltern, die Freunde. Der gemeine Mann räumt denselben
etwas ein; jene aber trachten auch diese Leidenschaften aus der Seele
zu verbannen; wenigstens sich ihrer nur dann zu bedienen, wenn sie
sich in den höchsten Grad der geistigen Tugend verfeinert haben; so
daß sie jetzt zwar den Vater lieben, aber nicht als Vater, denn dieser
hat ja nichts als den Leib gezeigt (ja ihn hat man eigentlich Gott zu
verdanken) sondern als einen rechtschaffenen Mann, aus welchem das Bild
jenes obersten Geistes hervorleuchtet, der allein das Höchste Gut zu
nennen ist, und ausser welchem nichts liebens- und wünschenswürdig seyn
kann.

Eben dieser Richtschnur bedienen sie sich auch bey allen übrigen
Lebenspflichten; so daß sie allerorten das Sichtbare, wo nicht ganz
verachten, doch weit geringer als das Unsichtbare schätzen. Sie sagen,
daß sich auch in den Sacramenten und in den übrigen gottesdienstlichen
Handlungen Körper und Geist finden lassen. Beym Fasten zum Exempel
halten sie nicht vieles darauf, wenn man sich nur von dem Fleischessen
und der Nachtmahlzeit enthält, (etwas, das der gemeine Mann für ein
vollkommenes Fasten hält) wenn man nicht zugleich auch den Neigungen
etwas entzieht; wenn man nicht dem Zorne oder dem Stolze, weniger als
sonst erlaubt; wenn nicht die sich jetzt durch das Körperliche weniger
beschwerte Seele Mühe anwendet, zum Geschmack und Genusse himmlischer
Güter zu gelangen. Beym heiligen Abendmahle (sprechen sie) ist das
ceremonialische nicht zu verachten, doch ist es an sich selbst wenig
nützlich, etwann schädlich, wenn nicht das geistliche hinzukömmt,
nämlich, was durch die sichtbaren Zeichen vorgebildet wird; und
vorgebildet wird der Tod Christi, dem die Menschen durch Bezwingung,
Tödtung und gleichsam Begrabung der Neigungen des Leibes nachahmen
müssen, um zu einem erneuerten Leben zu auferstehen, und sich mit ihm
und untereinander zu vereinigen.

Also beträgt sich und also denkt jener Fromme. Hingegen glaubt der
Gemeine Mann, daß die Religion anders nichts fordere, als sich bey
den Altären einzufinden, sich zu denselben zu drängen, den Schall der
Stimmen zu hören, und andere dergleichen kleine Ceremonien zu sehen.
Und nicht nur in denen Dingen, die ich Beyspielsweise angeführt habe,
sondern durchsgehends in allem Thun und Lassen, flieht der Fromme von
dem Körperlichen zum Ewigen, unsichtbaren und geistlichen.

Weil sich zwischen diesen Leuten durchgehends ein so grosser
Unterschied befindet, so kömmt jeder dem andern als wahnsinnig vor.
Doch läßt sich (wenigstens nach meiner Meynung) dieses Wort richtiger
den Frommen beylegen, als den andern. Und dieses wird sich deutlicher
einsehen lassen, wenn ich meinem Versprechen nach, kürzlich werde
dargethan haben, jene unendliche Belohnung sey anders nichts, als eine
Art von Wahnsinne.

Sie, meine Herren, müssen wissen, daß es dem Plato schon damals etwas
dergleichen geträumet habe, da er schrieb, die Wuth der Liebenden sey
unter allen andern die glücklichste. Wer durch und durch verliebt ist,
lebt nicht mehr in sich, sondern in dem Geliebten; und je mehr er sich
von sich selbst entfernt und sich dorthin wendet, desto mehr wächst
seine Freude. Wenn die Seele darauf umgeht, aus ihrem Leibe zu ziehen,
und sich ihrer körperlichen Werkzeuge nicht richtig bedient, so legte
man diesem ohne Zweifel mit Grunde den Namen der Wuth bey. Was würden
sonst die gewöhnlichen Redensarten sagen wollen, »er ist nicht bey
sich; kehre in dich selbst zurück; er ist wieder zu sich gekommen?«
Ferner, je unumschränkter die Liebe ist, desto grösser und glücklicher
ist die Wuth. Wie wird es demnach mit jenem Leben der Himmelsbewohner
beschaffen seyn, nach welchem fromme Seelen so inbrünstig seufzen? Mit
siegreicher Stärke ausgerüstet, wird der Geist den Körper verschlingen;
und schwer wird ihm solches nicht fallen: er ist bereits schon wie in
seinem Reiche; und schon in vorigen Leben hat er den Körper zu einer
solchen Verwandlung gereinigt und verfeinert.

Hernach wird die Seele von jenem höchsten unendlichstärkern Geiste
auf eine wunderbare Weise verschlungen werden. Der ganze Mensch wird
dann ausser sich selbst seyn, nur dadurch beglückt, daß er ausser
sich selbst gesetzt ist, und sich durch jenes höchste alles an sich
ziehende Gut unaussprechlich beseligt befindet. Diese Seligkeit gelangt
mithin erst dann zur Vollkommenheit, wenn die Seelen mit ihren vorigen
Leibern wieder werden bekleidet, und beide unsterblich seyn; doch,
weil das Leben der Frommen anders nichts ist, als eine Betrachtung
jenes Lebens, und gleichsam ein Schattenriß desselben, so geschieht es,
daß sie sich hier schon zuweilen bey einem entzückenden Vorschmacke
desselben erquicken können. Freylich ist dieses nur ein überaus kleines
Tröpflein, in Vergleichung mit jener Quelle der ewigen Glückseligkeit;
doch übertrift es weit alle Wollüste des Körpers, gesetzt, daß man
auch alle Vergnügungen aller und jeder Sterblichen in sich vereinigen
könnte. So weit besser ist das Geistige als das Körperliche, das
Unsichtbare als das Sichtbare. Dieses ists, was ein prophetischer
Apostel hierüber zu sagen gehabt hat: »kein Auge hats gesehen, kein
Ohr gehört, in keines Menschen Herz ists gekommen, was Gott denen
bereitet hat, die ihn lieben.« Und dieses war Maria Theil, der bey der
Veränderung nicht wegfällt, sondern zur Vollkommenheit gelangt.

Wer mit einem solchen Gefühle begnadigt worden (nur wenige haben
sich dessen zu rühmen) der fühlt in sich etwas, das dem Wahnsinne
sehr ähnlich ist; er redet Dinge, die nicht zusammenhängen; er redet
nicht wie die übrigen Menschen; Töne sind es, bey denen sich kein
Verstand äussert; in seinem Gesichte zeigen sich etwann die seltsamsten
Geberden; bald fröhlich, bald niedergeschlagen; weinend, lachend,
seufzend; kurz, er ist nicht bey sich selbst; und wenn er wieder nach
Hause kömmt, so will er nichts davon wissen, wo er gewesen sey; im
Körper oder ausser demselben; ob er gewacht oder geschlafen habe;
was er gehört, gesehen, gesagt, gethan, sind alles Dinge, deren er
sich nicht erinnern kann, als nur durch einen Nebel, einen Traum; nur
dieses weiß er, er sey am glücklichsten gewesen, alldieweil ein solcher
Wahnsinn ihn beseligt habe. Seine Genesung beweint er; sein eifrigster
Wunsch ist, daß ein solcher Wahnsinn ihm ewig möchte zu Theil werden.
Und dieses ist ein sehr kleiner Vorschmack der künftigen Glückseligkeit.

Doch schon lange hab ich meiner vergessen, und bin aus meinen Schranken
gewichen. Wem es scheinen möchte, ich sey in meinen Reden zu frey und
zu schwatzhaft gewesen, der erinnere sich, daß die Narrheit und ein
Weib bisher geplaudert hat. Dennoch bitte ich Sie, meine Herren recht
schön, zu bedenken, daß man schon bey den alten Griechen gesagt habe,
ein Narr rede oft sehr schicklich. Und den unhöflichen Einwurf will
ich von Ihnen nicht erwarten, die Griechen haben dieses Lob nur einem
Narren, nicht aber einer Närrinn, beygelegt.

Ohne Zweifel erwarten Sie, meine Herren, zum Beschluß eine feyerliche
Zueignung; in ihren Minen sehe ich es; aber, seyen Sie nicht
Erznarren, daß Sie sich bereden, ich werde mich alles des von mir
herausgeschwatzten Wörterplunders noch erinnern können? Die Alten
sagten: weg vom Trinkgelage mit dem der nichts vergessen kann! Ich
sage: weg aus meinem Hörsaale mit dem, der ein gutes Gedächtniß hat!
Nun, meine Herren, weltberühmte Anhänger der Narrheit, leben Sie wohl,
und wenn Sie mir Ihren Beyfall zugeklatscht haben, so vergessen Sie
nicht, auf meine Gesundheit zu trinken.




                         Druck von Mänicke und Jahn in Rudolstadt.




Fußnoten:


[Fußnote 1: _Nicolaus de Lyra._]

[Fußnote 2: _Jordanus._]





End of Project Gutenberg's Das Lob der Narrheit, by Desiderius Erasmus

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  electronic work is discovered and reported to you within 90 days of
  receipt of the work.

* You comply with all other terms of this agreement for free
  distribution of Project Gutenberg-tm works.

1.E.9. If you wish to charge a fee or distribute a Project
Gutenberg-tm electronic work or group of works on different terms than
are set forth in this agreement, you must obtain permission in writing
from both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and The
Project Gutenberg Trademark LLC, the owner of the Project Gutenberg-tm
trademark. Contact the Foundation as set forth in Section 3 below.

1.F.

1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable
effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
works not protected by U.S. copyright law in creating the Project
Gutenberg-tm collection. Despite these efforts, Project Gutenberg-tm
electronic works, and the medium on which they may be stored, may
contain "Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate
or corrupt data, transcription errors, a copyright or other
intellectual property infringement, a defective or damaged disk or
other medium, a computer virus, or computer codes that damage or
cannot be read by your equipment.

1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the "Right
of Replacement or Refund" described in paragraph 1.F.3, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project
Gutenberg-tm trademark, and any other party distributing a Project
Gutenberg-tm electronic work under this agreement, disclaim all
liability to you for damages, costs and expenses, including legal
fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT
LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3. YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE
TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE
LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
DAMAGE.

1.F.3. LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a
defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can
receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a
written explanation to the person you received the work from. If you
received the work on a physical medium, you must return the medium
with your written explanation. The person or entity that provided you
with the defective work may elect to provide a replacement copy in
lieu of a refund. If you received the work electronically, the person
or entity providing it to you may choose to give you a second
opportunity to receive the work electronically in lieu of a refund. If
the second copy is also defective, you may demand a refund in writing
without further opportunities to fix the problem.

1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth
in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO
OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT
LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.

1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
warranties or the exclusion or limitation of certain types of
damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement
violates the law of the state applicable to this agreement, the
agreement shall be interpreted to make the maximum disclaimer or
limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or
unenforceability of any provision of this agreement shall not void the
remaining provisions.

1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in
accordance with this agreement, and any volunteers associated with the
production, promotion and distribution of Project Gutenberg-tm
electronic works, harmless from all liability, costs and expenses,
including legal fees, that arise directly or indirectly from any of
the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this
or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or
additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any
Defect you cause.

Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm

Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of
computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
from people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg-tm and future
generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
Sections 3 and 4 and the Foundation information page at
www.gutenberg.org Section 3. Information about the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
U.S. federal laws and your state's laws.

The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the
mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its
volunteers and employees are scattered throughout numerous
locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt
Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to
date contact information can be found at the Foundation's web site and
official page at www.gutenberg.org/contact

For additional contact information:

    Dr. Gregory B. Newby
    Chief Executive and Director
    [email protected]

Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment. Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements. We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
DONATIONS or determine the status of compliance for any particular
state visit www.gutenberg.org/donate

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations. To
donate, please visit: www.gutenberg.org/donate

Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works.

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be
freely shared with anyone. For forty years, he produced and
distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of
volunteer support.

Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper
edition.

Most people start at our Web site which has the main PG search
facility: www.gutenberg.org

This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.


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will be renamed.

Creating the works from public domain print editions means that no
one owns a United States copyright in these works, so the Foundation
(and you!) can copy and distribute it in the United States without
permission and without paying copyright royalties.  Special rules,
set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to
copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to
protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark.  Project
Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you
charge for the eBooks, unless you receive specific permission.  If you
do not charge anything for copies of this eBook, complying with the
rules is very easy.  You may use this eBook for nearly any purpose
such as creation of derivative works, reports, performances and
research.  They may be modified and printed and given away--you may do
practically ANYTHING with public domain eBooks.  Redistribution is
subject to the trademark license, especially commercial
redistribution.



*** START: FULL LICENSE ***

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To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free
distribution of electronic works, by using or distributing this work
(or any other work associated in any way with the phrase "Project
Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project
Gutenberg-tm License (available with this file or online at
http://gutenberg.org/license).


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electronic works

1.A.  By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm
electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to
and accept all the terms of this license and intellectual property
(trademark/copyright) agreement.  If you do not agree to abide by all
the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy
all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your possession.
If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a Project
Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound by the
terms of this agreement, you may obtain a refund from the person or
entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8.

1.B.  "Project Gutenberg" is a registered trademark.  It may only be
used on or associated in any way with an electronic work by people who
agree to be bound by the terms of this agreement.  There are a few
things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works
even without complying with the full terms of this agreement.  See
paragraph 1.C below.  There are a lot of things you can do with Project
Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this agreement
and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm electronic
works.  See paragraph 1.E below.

1.C.  The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the Foundation"
or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project
Gutenberg-tm electronic works.  Nearly all the individual works in the
collection are in the public domain in the United States.  If an
individual work is in the public domain in the United States and you are
located in the United States, we do not claim a right to prevent you from
copying, distributing, performing, displaying or creating derivative
works based on the work as long as all references to Project Gutenberg
are removed.  Of course, we hope that you will support the Project
Gutenberg-tm mission of promoting free access to electronic works by
freely sharing Project Gutenberg-tm works in compliance with the terms of
this agreement for keeping the Project Gutenberg-tm name associated with
the work.  You can easily comply with the terms of this agreement by
keeping this work in the same format with its attached full Project
Gutenberg-tm License when you share it without charge with others.

1.D.  The copyright laws of the place where you are located also govern
what you can do with this work.  Copyright laws in most countries are in
a constant state of change.  If you are outside the United States, check
the laws of your country in addition to the terms of this agreement
before downloading, copying, displaying, performing, distributing or
creating derivative works based on this work or any other Project
Gutenberg-tm work.  The Foundation makes no representations concerning
the copyright status of any work in any country outside the United
States.

1.E.  Unless you have removed all references to Project Gutenberg:

1.E.1.  The following sentence, with active links to, or other immediate
access to, the full Project Gutenberg-tm License must appear prominently
whenever any copy of a Project Gutenberg-tm work (any work on which the
phrase "Project Gutenberg" appears, or with which the phrase "Project
Gutenberg" is associated) is accessed, displayed, performed, viewed,
copied or distributed:

This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
almost no restrictions whatsoever.  You may copy it, give it away or
re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
with this eBook or online at www.gutenberg.org/license

1.E.2.  If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is derived
from the public domain (does not contain a notice indicating that it is
posted with permission of the copyright holder), the work can be copied
and distributed to anyone in the United States without paying any fees
or charges.  If you are redistributing or providing access to a work
with the phrase "Project Gutenberg" associated with or appearing on the
work, you must comply either with the requirements of paragraphs 1.E.1
through 1.E.7 or obtain permission for the use of the work and the
Project Gutenberg-tm trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or
1.E.9.

1.E.3.  If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is posted
with the permission of the copyright holder, your use and distribution
must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any additional
terms imposed by the copyright holder.  Additional terms will be linked
to the Project Gutenberg-tm License for all works posted with the
permission of the copyright holder found at the beginning of this work.

1.E.4.  Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg-tm
License terms from this work, or any files containing a part of this
work or any other work associated with Project Gutenberg-tm.

1.E.5.  Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this
electronic work, or any part of this electronic work, without
prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with
active links or immediate access to the full terms of the Project
Gutenberg-tm License.

1.E.6.  You may convert to and distribute this work in any binary,
compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including any
word processing or hypertext form.  However, if you provide access to or
distribute copies of a Project Gutenberg-tm work in a format other than
"Plain Vanilla ASCII" or other format used in the official version
posted on the official Project Gutenberg-tm web site (www.gutenberg.org),
you must, at no additional cost, fee or expense to the user, provide a
copy, a means of exporting a copy, or a means of obtaining a copy upon
request, of the work in its original "Plain Vanilla ASCII" or other
form.  Any alternate format must include the full Project Gutenberg-tm
License as specified in paragraph 1.E.1.

1.E.7.  Do not charge a fee for access to, viewing, displaying,
performing, copying or distributing any Project Gutenberg-tm works
unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9.

1.E.8.  You may charge a reasonable fee for copies of or providing
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that

- You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from
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     you already use to calculate your applicable taxes.  The fee is
     owed to the owner of the Project Gutenberg-tm trademark, but he
     has agreed to donate royalties under this paragraph to the
     Project Gutenberg Literary Archive Foundation.  Royalty payments
     must be paid within 60 days following each date on which you
     prepare (or are legally required to prepare) your periodic tax
     returns.  Royalty payments should be clearly marked as such and
     sent to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation at the
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     the Project Gutenberg Literary Archive Foundation."

- You provide a full refund of any money paid by a user who notifies
     you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he
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     License.  You must require such a user to return or
     destroy all copies of the works possessed in a physical medium
     and discontinue all use of and all access to other copies of
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- You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of any
     money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
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     of receipt of the work.

- You comply with all other terms of this agreement for free
     distribution of Project Gutenberg-tm works.

1.E.9.  If you wish to charge a fee or distribute a Project Gutenberg-tm
electronic work or group of works on different terms than are set
forth in this agreement, you must obtain permission in writing from
both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and Michael
Hart, the owner of the Project Gutenberg-tm trademark.  Contact the
Foundation as set forth in Section 3 below.

1.F.

1.F.1.  Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable
effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
public domain works in creating the Project Gutenberg-tm
collection.  Despite these efforts, Project Gutenberg-tm electronic
works, and the medium on which they may be stored, may contain
"Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate or
corrupt data, transcription errors, a copyright or other intellectual
property infringement, a defective or damaged disk or other medium, a
computer virus, or computer codes that damage or cannot be read by
your equipment.

1.F.2.  LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the "Right
of Replacement or Refund" described in paragraph 1.F.3, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project
Gutenberg-tm trademark, and any other party distributing a Project
Gutenberg-tm electronic work under this agreement, disclaim all
liability to you for damages, costs and expenses, including legal
fees.  YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT
LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3.  YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE
TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE
LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
DAMAGE.

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defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can
receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a
written explanation to the person you received the work from.  If you
received the work on a physical medium, you must return the medium with
your written explanation.  The person or entity that provided you with
the defective work may elect to provide a replacement copy in lieu of a
refund.  If you received the work electronically, the person or entity
providing it to you may choose to give you a second opportunity to
receive the work electronically in lieu of a refund.  If the second copy
is also defective, you may demand a refund in writing without further
opportunities to fix the problem.

1.F.4.  Except for the limited right of replacement or refund set forth
in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS' WITH NO OTHER
WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO
WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.

1.F.5.  Some states do not allow disclaimers of certain implied
warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages.
If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the
law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be
interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
the applicable state law.  The invalidity or unenforceability of any
provision of this agreement shall not void the remaining provisions.

1.F.6.  INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance
with this agreement, and any volunteers associated with the production,
promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works,
harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees,
that arise directly or indirectly from any of the following which you do
or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.


Section  2.  Information about the Mission of Project Gutenberg-tm

Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of computers
including obsolete, old, middle-aged and new computers.  It exists
because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
remain freely available for generations to come.  In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
and the Foundation web page at http://www.pglaf.org.


Section 3.  Information about the Project Gutenberg Literary Archive
Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service.  The Foundation's EIN or federal tax identification
number is 64-6221541.  Its 501(c)(3) letter is posted at
http://pglaf.org/fundraising.  Contributions to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
permitted by U.S. federal laws and your state's laws.

The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
throughout numerous locations.  Its business office is located at
809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email
[email protected].  Email contact links and up to date contact
information can be found at the Foundation's web site and official
page at http://pglaf.org

For additional contact information:
     Dr. Gregory B. Newby
     Chief Executive and Director
     [email protected]


Section 4.  Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment.  Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States.  Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
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where we have not received written confirmation of compliance.  To
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particular state visit http://pglaf.org

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Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses.  Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations.
To donate, please visit: http://pglaf.org/donate


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works.

Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm
concept of a library of electronic works that could be freely shared
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